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Mittwoch, 5. September 2018

Tschechischer Ministerpräsident Andrej Babiš verzögert seinen Antrittsbesuch in Berlin

Andrej Babiš ist seit Dezember 2017 im Amt. Da kein Élisée-Vertrag existiert, kann man sich mit dem südöstlichen Nachbarn etwas mehr Zeit lassen. Mit Frankreich muss der gegenseitige Antrittsbesuch innerhalb eines Tages erfolgen. Deshalb wurde auch Emmanuel Macron einen Tag nach Amtsantritt mit militärischen Ehren empfangen.

Tschechischer Ministerpräsident Andrej Babiš Antrittsbesuch Angela Merkel
Tschechischer Ministerpräsident Andrej Babiš absolviert seinen Antrittsbesuch bei Angela Merkel. Eines der wenigen Serienfotos mit Blick nach vorn. Draußen skandierten die Sprechchöre "Babiš is a Liar"
Andrej Babiš konnte am Sonntag seinen 64. Geburtstag feiern und hat damit das gleiche Alter wie Angela Merkel. Babiš ist allerdings schon das zweite Mal verheiratet und hat je zwei Kinder, also insgesamt vier Kinder. Er stammt aus Bratislava, das inzwischen zur Slowakei gehört.

Er startete zunächst mit einer kommunistischen Karriere, hatte aber durch seine Eltern einen Außenhandelsbezug zu verschiedenen westlichen Ländern. Das verschaffte ihm nach dem politischen Wechsel der 1990er Jahre eine gute Ausgangsposition für seine weitere Entwicklung. Durch clevere Investitionen und ein Aufkaufen ausländischer Firmen galt er 2015 als der reichste Slowake und der zweitreichste Tscheche. Er besitzt übrigens auch die Lieken AG mit den Marken Lieken Urkorn und Golden Toast.

2011 gründete Andrej Babiš in Tschechien seine eigene Partei ANO 2011. Schon zwei Jahre später konnte ANO fast 20% der Wähler-Stimmen gewinnen. Flankiert wurde das wohl durch die an sein Firmen-Netzwerk angeschlossenen Medien-Unternehmen. Ein wenig erinnert das an italienische Politik, die ja auch in der Slowakei ihre Spuren hinterlassen hat.

Tschechischer Ministerpräsident Andrej Babiš Antrittsbesuch Angela Merkel
Tschechischer Ministerpräsident Andrej Babiš absolviert seinen Antrittsbesuch bei Angela Merkel - Handkuss des tschechischen Botschafters Tomáš Jan Podivínský - Andrej Babiš schaut fast auf allen Serienfotos nach unten.
Der Ministerpräsident hat regelmäßig mit Vorwürfen der Mitarbeit im Geheimdienst der ehemaligen Tschechoslowakei zwischen 1982 und 1985 zu tun. Wegen der Immunitätsregeln für Abgeordnete läuft die Strafverfolgung jedoch recht zäh. Gleiches gilt für die Aufklärung von Vorwürfen der Korruption und der unrechtmäßigen Nutzung von EU-Subventionen. Wieder mal kein leichter Gesprächspartner aus der ehemaligen Tschechoslowakei für Angela Merkel.

Heute bekam Andrej Babiš seine militärischen Ehren im Kanzleramt. Vor dem Ehrenhof skandierten Sprech-Chöre auf Tschechisch und Englisch: "Babiš is a Liar", was auf Deutsch übersetzt heißt: "Babiš ist ein Lügner". Dass er inzwischen um Aufhebung seiner Immunität zwecks Beschleunigung der Verfahren gebeten hat, wird wohl eher als cleverer Schachzug gewertet. Das Vertrauen hat er in seinem Land maßgeblich verspielt und der Geruch des Kriminellen verfolgt ihn bis nach Berlin.

Tschechischer Ministerpräsident Andrej Babiš Antrittsbesuch Angela Merkel
Tschechischer Ministerpräsident Andrej Babiš absolviert seinen Antrittsbesuch bei Angela Merkel
Nach der Begrüßung folgten ein Mittagessen und bilaterale Gespräche. Tschechien ist ja mit Deutschland eng verflochten, insbesondere in der Automobil-Industrie. 30% des tschechischen Exportes gehen nach Deutschland und die deutschen Investitionen im Nachbarland liegen bei 16%. Andrej Babiš warb um eine engere Zusammenarbeit in der Rüstungsindustrie. Tschechien habe die niedrigste Arbeitslosigkeit in der EU und lasse deshalb nur Personen mit Arbeitsvisum dauerhaft zureisen.

So wurde heute auch das heiße Eisen der europäischen Quotenregelung bei der Aufnahme von Flüchtlingen angefasst. Die Quoten waren nach dem Mehrheitsprinzip entschieden worden. Der tschechische Innenminister hatte nicht dafür gestimmt. Die Unstimmigkeiten sind nach wie vor erhalten. Tschechien habe alternativ 100 Millionen Euro nach Afrika gepumpt, um Entwicklungshilfe vor Ort zu leisten. Die EU-Gelder für den Außengrenzenschutz sollten laut Andrej Babiš ebenfalls lieber in Hilfsprojekte fließen.

Dass Babiš erst nach über neun Monaten nach Berlin reist, wertet die tschechische Presse als Ausdruck seiner Ablehnung gegenüber der Flüchtlingspolitik der Kanzlerin. Angela Merkel sei wegen ihrer Quoten-Forderung ohnehin nicht sehr beliebt im Nachbarland. Ein zu früher Besuch hätte demnach auch dem Image des als Populisten geltenden Andrej Babiš geschadet.

Video:
Militärische Ehren zum Antrittsbesuch des tschechischen Ministerpräsidenten Andrej Babiš

Autor: Matthias Baumann

Dienstag, 4. September 2018

127 mm, zwei Hubschrauber und das Ende der Sommerreise 2018 an der Ostsee

Vor über einem Monat hatte die traditionelle Sommerreise der Verteidigungsministerin in Holzdorf begonnen. Danach ging es nach Leipzig, Erfurt, ins tiefste Bayern, nach Mannheim und in den Nordwesten. Den Abschluss bildeten heute die MTS Marinetechnikschule in Parow bei Stralsund und das Marinekommando in Rostock.

Die Anreise von Berlin aus gestaltete sich sehr entspannt. Ich war eine Stunde zu früh vor Ort und konnte das Flachland um Stralsund noch gut für ein morgendliches Ausdauer-Training nutzen. Nach und nach traf die Regionalpresse ein und die beiden schwarzen Blaulicht-Limousinen der Ministerin. Die Ministerin selbst war noch in Bremerhaven, ihrer vorherigen Station. Wegen Nebels werde sie sich um zehn Minuten verspäten - wurde uns mitgeteilt.

MTS Marinetechnikschule Parow Sommerreise 2018
MTS Marinetechnikschule Parow - Sommerreise 2018 der Verteidigungsministerin
So bekamen wir zunächst eine Rundfahrt über das weitläufige Gelände der MTS Marinetechnikschule. Dabei erfuhren wir, dass neue Soldaten immer in Reih und Glied zum Essen gehen, dass man sich neun Jahre verpflichten muss, um am Ende der Dienstzeit seinen Gesellenbrief zu bekommen. Wer Techniker oder Meister werden möchte, müsse 13 Jahre bei der Marine bleiben. Die Erfahrung zeigt, dass Meister am Markt eher nachgefragt werden als Techniker, da mit dem Ausbildungsstatus Techniker da draußen niemand etwas anzufangen weiß.

Die Rundfahrt endete am Hubschrauber-Landeplatz. Wir positionierten uns am Rand und warteten auf den ersten Hubschrauber. Mit diesem sollte die Hauptstadt-Presse einschweben. Diese Option der Kombination mehrerer Stationen der Sommerreise war mir gar nicht bekannt. Das Einschweben des ersten Helikopters vom Typ Cougar war ein sehr stürmischer Akt. Kameras wurden durch den enormen Sog verrissen und Stative wehten mehrere Meter weit über den Platz. Als die Rotorblätter standen, stieg die Hauptstadt-Presse aus und gesellte sich zu uns.

MTS Marinetechnikschule Parow Sommerreise 2018
MTS Marinetechnikschule Parow - Sommerreise 2018 der Verteidigungsministerin - Ankunft der Hauptstadtpresse mit einem Cougar der Flugbereitschaft
Mit einem Zeitversatz von 40 Minuten erschien die Ministerin. Ebenfalls mit einem Cougar der Flugbereitschaft. Die drei für solche Zwecke vorgesehenen Cougars waren in den letzten Wochen aufgemöbelt und teilweise neu lackiert worden, so dass sie ein deutlich besseres Bild abgaben, als noch vor 40 Tagen im Fliegerhorst Holzdorf.

Auf den Landeplätzen stehen immer die Regionalpolitiker: Bürgermeister, Stadträte, Oberbürgermeister und wem sonst noch ein gemeinsames Foto mit der Ministerin wichtig ist. Die Hauptstadt-Presse hat es natürlich nur auf die Ministerin und ihr Statement abgesehen. Ein paar Schnittbilder mit Soldaten und Kanone sind auch noch ganz nett, aber eher Beiwerk.

MTS Marinetechnikschule Parow Sommerreise 2018
MTS Marinetechnikschule Parow - Sommerreise 2018 der Verteidigungsministerin - Erklärung des neuen Waffensystems 127mm
In den besuchten Gebieten ist man da schon etwas aufgeregter. Der jeweilige Kommandeur freut sich regelmäßig über den Überflug der Ministerin. Die Regionalpolitiker hoffen, dass sie von der Ministerin wiedererkannt werden und die Soldaten an den Vorführ-Stationen sind auf eine Einweisung von Ursula von der Leyen am Waffensystem vorbereitet.

MTS Marinetechnikschule Parow Sommerreise 2018
MTS Marinetechnikschule Parow - Sommerreise 2018 der Verteidigungsministerin - Waffensystem 127 mm
In der MTS Parow wurde heute das Waffensystem 127 mm vorgestellt. Eine Inhouse-Kanone, die normalerweise an Bord großer Kampfschiffe montiert wird. An der Marinetechnikschule erfolgt die Ausbildung an diesem Gerät aber in einer trockenen Halle. Das sei eine der modernsten Kanonen der Marine. Sie kann bei Bedarf 32 Schuss in der Minute abgeben und hat einen kombinierten Schuss-Nachlade-Mechanismus. Die 127mm-Kartuschen werden aus dem tiefen Rumpf des Schiffes nach oben befördert, abgefeuert und der Rest ins Meer geworfen.

MTS Marinetechnikschule Parow Sommerreise 2018
MTS Marinetechnikschule Parow - Sommerreise 2018 der Verteidigungsministerin - Kartuschen vor und nach dem Abfeuern
Würde das Waffensystem 127 mm zum Salut-Schießen eingesetzt werden, wäre es schon nach weniger als 40 Sekunden fertig. Die Halle war jedoch nicht für eine solche Vorführung ausgelegt, so dass sich die Ministerin nach der kurzen Trocken-Einweisung in den Bootshafen begab.

Im Bootshafen wurden einige Elemente der Grundausbildung vorgeführt: Personenkontrolle, Abspiegeln eines Fahrzeuges und Brand löschen auf einem Schiff. Etwas ungewohnt waren dabei die Flecktarn-Uniformen der Marinesoldaten.

MTS Marinetechnikschule Parow Sommerreise 2018
MTS Marinetechnikschule Parow - Sommerreise 2018 der Verteidigungsministerin - Dynamische Vorführung der Überprüfung von Personen und Fahrzeugen
Nach diesen Vorführungen folgte das übliche Statement mit Fragerunde. Dem Standort wurden für die nächsten Jahre 30 Millionen Euro als Investitionssumme zugesagt. Immerhin ist die Marinetechnikschule Parow die größte Ausbildungsstätte der Marine mit etwa 500 Lehrgängen pro Jahr und 1.200 Auszubildenden täglich.

Wer als Soldat nach Parow kommt, wird nicht nur sportlich und militärisch ausgebildet. Es ist auch sehr schnell das alte Schulwissen gefragt. Das beginnt bei der Funktionsweise eines Dieselmotors. In diesem Zusammenhang sei noch einmal erwähnt, dass 40% der Rolls-Royce-Kunden auf dem Wasser unterwegs sind. Rolls-Royce baut neben Luxus-Autos und Flugzeug-Triebwerken auch große Diesel-Motoren für Schiffe.

MTS Marinetechnikschule Parow Sommerreise 2018
MTS Marinetechnikschule Parow - Sommerreise 2018 der Verteidigungsministerin
Im Statement und den Pressefragen ging es ferner um die Prioritäten der Budget-Verwendung und die schrittweise Anhebung des Verteidigungshaushaltes auf 1,5% bis 2024. Anschließend schrieb sich Frau von der Leyen noch in zwei große Gästebücher ein und bekam ein Geschenk des Oberbürgermeisters von Stralsund überreicht. Ob das mit der Compliance harmoniert, müsste intern geklärt werden. Seit März 2017 ist Brigadegeneral Friedhelm Tränapp im BMVg für Compliance zuständig und hat mit seinem Team das Compliance Management System (CMS) entwickelt. Am 23. Mai 2018 wurde der erste Workshop dazu durchgeführt. Compliance ist ein modernes Wort für Regeln gegen Korruption.

Während sich die Hauptstadtpresse wieder zu ihrem Hubschrauber begab, gesellte sich die Ministerin zur Truppe und sprach ohne die Augen und Ohren der Öffentlichkeit mit den Soldaten. Das ist so üblich bei diesen Standort-Besuchen. Auf der Rückfahrt nach Berlin war die Autobahn wieder frei. Angeregt durch die Inhalte der Marine-Ausbildung brannte ich mit durchgetretenem Pedal den Diesel-Motor frei. Wo darf man in der Stadt schon längere Strecken mit 253 km/h unterwegs sein?

Video:
MTS Marinetechnikschule Parow als vorletzte Station der Sommerreise 2018

Autor: Matthias Baumann

Dienstag, 28. August 2018

Botschafter aus Fidschi, Swasiland, Senegal und der Schweiz beim Bundespräsidenten im Schloss Bellevue akkreditiert

Ein breites Grinsen ging über das Gesicht des Offiziers, der mir die nächste Botschafter-Akkreditierung ankündigte: Fidschi, Swasiland, Senegal und - die Schweiz. Inzwischen ist ja hinreichend bekannt, dass das Protokoll keine Unterschiede zwischen großen und kleinen Staaten macht und die begleitenden Zeremonien semper talis - immer gleich - ablaufen. Davon konnten wir uns auch heute wieder im Schloss Bellevue überzeugen.

Botschafter im Schloss Bellevue akkreditiert
Botschafter bei Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier im Schloss Bellevue akkreditiert - Ehrenzug und Fahrzeuge des Bundespräsidenten vor dem Haupteingang des Schlosses
Es sollten heute vier Botschafter in folgender Reihenfolge ihre Beglaubigungsschreiben beim Bundespräsidenten abgeben:

Republik Fidschi - Deo Saran
Königreichs Eswatini (ehemals Swasiland) - Sibusisiwe Mngomezulu
Republik Senegal - Cheikh Tidiane Sall
Schweizerischen Eidgenossenschaft - Dr. Paul Seger

Die Botschafter und ihre Delegationen fuhren wie üblich ab zehn Uhr im Halbstundentakt vor.

Botschafter akkreditiert - Republik Fidschi - Deo Saran
Botschafter akkreditiert - Republik Fidschi - Deo Saran (links)
Zuerst erschien Deo Saran von der Republik Fidschi. Die Fidschi-Inseln liegen in Ozeanien - noch weiter weg als Australien. Auch Fidschi hat den Union Jack oben links in der Flagge - umgeben von ganz viel Hellblau. Das soll wohl ein Symbol für das viele Wasser sein. 1774 hatte James Cook die Inseln besucht und nur wenige Jahre später siedelten sich Europäer dort an und bestimmten bald die Politik und die Wirtschaft. Im Zweiten Weltkrieg dienten die Inseln als strategischer Stützpunkt der Alliierten. 1970 wurde Fidschi unabhängig und schloss sich dem Commonwealth an. Unabhängigkeit nach britischen Vorstellungen. Damit gehören sie nun zu den Hoffnungsträgern des Brexits. Wenn die EU-Verträge ab April 2019 nicht mehr nutzbar sind, muss eben innerhalb des Commonwealth gehandelt werden.

Botschafter akkreditiert - Republik Fidschi - Deo Saran
Botschafter akkreditiert - Republik Fidschi - Deo Saran - Eintrag ins Gästebuch des Schlosses Bellevue
Fidschi hat ein recht hohes Bruttoinlandsprodukt pro Kopf. Wichtige Faktoren dafür sind Goldvorkommen und der Tourismus.

Etwa die Hälfte der heutigen Bevölkerung besteht aus den fidschianischen Ureinwohnern. Diese müssen vor etwa 3.000 Jahren aus Südostasien auf die Inseln verschlagen haben. Ende des 19. Jahrhunderts wurden Gastarbeiter aus Indien geholt, die fortan auch die gesellschaftlichen Strukturen prägten. Fidschi hat insgesamt weniger als eine Million Einwohner. Etwa die Hälfte bezeichnet sich als evangelisch, ein Viertel sind Hindus und der Rest teilt sich auf römisch-katholisch und andere Zugehörigkeiten auf.

Botschafter akkreditiert - Republik Fidschi - Deo Saran
Botschafter akkreditiert - Republik Fidschi - Deo Saran - Flaggenparade
Entsprechend klein war auch die Delegation des Botschafters, Deo Saran. Deo Saran kommt aus der Wirtschaft. Seine Karriere begann er nach einschlägigen Studiengängen bei Price Waterhouse und stieg dann als CEO in diverse Unternehmen ein. Er saß in verschiedenen Vorständen und Beratungskreisen in Fidschi, Australien und Europa. Er ist begeisterter Golfer und interessiert sich auch privat für Wirtschaft und Regierungsthemen.

Botschafter akkreditiert Swasiland Königreich Eswatini Sibusisiwe Mngomezulu
Botschafter akkreditiert - Königreich Eswatini (ehemals Swasiland) - Sibusisiwe Mngomezulu (links)
Swasiland wurde im April in Königreich Eswatini umbenannt. Kritisch ist das, wenn die richtige Fahne aus dem Flaggenkeller des Schlosses Bellevue geholt werden soll und diese mit einem anderen Namen beschriftet ist. Wer kennt schon Eswatini und würde die Fahne bei S wie Swasiland suchen?

Eswatini hat etwa 1,5 Millionen Einwohner und liegt wie Lesotho als Enklave inmitten von Südafrika. Ein Drittel sind Protestanten und ein Drittel afrikanische Christen, die keiner klassischen europäischen Denomination zuzurechnen sind. Knapp 40% der Bevölkerung sind HIV-positiv und Eswatini ist damit weltweit Spitzenreiter. Im Gegensatz dazu zählt das Land bei der Pressefreiheit zu den globalen Schlusslichtern.

Botschafter akkreditiert Swasiland Königreich Eswatini Sibusisiwe Mngomezulu
Botschafter akkreditiert - Königreich Eswatini (ehemals Swasiland) - Sibusisiwe Mngomezulu - Flaggenparade
Über den Botschafter Sibusisiwe Mngomezulu ist bekannt, dass er 1973 in Swasiland geboren wurde, verheiratet ist und zwei Kinder hat. Er hatte zunächst Sozialwissenschaften studiert und war dann auf Unternehmensführung und Projekt-Management umgeschwenkt. Seine Abschlüsse hatte er in Südafrika und den USA gemacht. Anschließend war er in verschiedenen Wirtschaftsbranchen tätig, ging dann im Regierungsauftrag nach Malaysia und im Mai 2017 nach Brüssel, wo er sein Land bei der EU und diversen europäischen Ländern inklusive Vatikan vertritt.

Botschafter akkreditiert Republik Senegal - Cheikh Tidiane Sall
Botschafter akkreditiert - Republik Senegal - Cheikh Tidiane Sall (links)
Senegal liegt an der Westküste Afrikas und grenzt im Osten an Mali. Senegal hat die typischen afrikanischen Nationalfarben: Grün, Gelb, Rot. Mit 15 Millionen hat es das zehnfache der Einwohner Swasilands. Vor 60 Jahren waren es noch drei Millionen Einwohner. Über 90% der Bevölkerung bekennen sich zum sunnitischen Islam. 1960 erlangte Senegal zusammen mit Mali seine Unabhängigkeit von Frankreich.

Botschafter akkreditiert Republik Senegal - Cheikh Tidiane Sall
Botschafter akkreditiert - Republik Senegal - Cheikh Tidiane Sall - Flaggenparade
Während Swasiland von Südafrika umschlossen wird, umschließt Senegal das Land Gambia. Gambia hat aber Zugang zum Atlantik und beherrscht den Gambia, einen der Hauptströme Westafrikas. Als Ersatz hat Senegal noch den Senegalstrom im Norden.

Botschafter Cheikh Tidiane Sall war zuvor Protokollchef im Senegal und betreibt diverse Social-Media-Kanäle.

Botschafter akkreditiert Schweiz Paul Seger
Botschafter akkreditiert - Schweizerische Eidgenossenschaft - Paul Seger
Und noch ein Land mit S: Schweiz. Wo die Schweiz liegt, dass sie etwa 8 Millionen Einwohner hat und kein Mitglied der EU ist, sollte bekannt sein. Nicht so bekannt ist vielleicht, dass die Flagge der Schweiz quadratisch ist - im Gegensatz zu sämtlichen Fahnen, die im Flaggenkeller des Schlosses Bellevue lagern. Die Schweiz ist übrigens froh über die Umbenennung von Swasiland. Wurde das doch im Internet ständig mit Switzerland verwechselt.

Botschafter akkreditiert Schweiz Paul Seger
Botschafter akkreditiert - Schweizerische Eidgenossenschaft - Paul Seger - quadratische Fahne
Dr. Paul Seger, der neue Botschafter der Schweizerischen Eidgenossenschaft, zieht nun in das Haus neben dem Bundeskanzleramt. Er ist promivierter Jurist. Paul Seger war zwischen 2010 und 2015 Leiter der Schweizer UNO-Mission in New York und Direktor für Völkerrecht. Seine Erkennungszeichen sind ein verschmitztes Lächeln und die Fliege.

Video:
Akkredierung der Botschafter von Fidschi, Swasiland, Senegal und der Schweiz im Schloss Bellevue

Autor: Matthias Baumann

Mittwoch, 22. August 2018

Angolas Staatspräsident João Manuel Gonçalves Lourenço besucht Angela Merkel und den Bundespräsidenten

Am 11.11.1975 erlangte Angola seine Unabhängigkeit von Portugal. Deshalb ist die Amtssprache bis heute Portugiesisch. Angola verzeichnet ein erhebliches Bevölkerungswachstum. Nach Schätzungen sollte inzwischen die 30-Millionen-Marke erreicht sein. In den nächsten 30 Jahren wird ein Anstieg auf 76 Millionen erwartet. Die Demografie-Kurve entspricht einem typischen Entwicklungsland. Das Durchschnittsalter liegt bei etwa 18 Jahren. Angola grenzt an die beiden Kongo-Staaten, an Sambia und an Namibia. Es liegt also südlich des Äquators auf der Höhe von Brasilien.

Angola Staatspräsident João Manuel Gonçalves Lourenço Berlin Angela Merkel
Angolas Staatspräsident João Manuel Gonçalves Lourenço zum Antrittsbesuch bei Angela Merkel in Berlin
Die portugiesische Herrschaft in Angola begann 1483. Während Columbus Amerika entdeckte, Luther die 95 Thesen verfasste und die Malteser eine entscheidende Seeschlacht gegen die Osmanen gewannen, bauten Portugiesen einige Handelsposten an der Atlantikküste Angolas. Das Hinterland war zunächst uninteressant für die neuen Herren und wurde sukzessive bis 1920 erobert. 1974 kam es zu einem Umsturz in Portugal, bei dem die Militärdiktatur gestürzt und unmittelbar danach die Entkolonialisierung Angolas beschlossen wurde.

Das Machtvakuum wollte die USA nicht den Kommunisten überlassen und unterstützte von den Nachbarländern aus die konservativen Kräfte. Die ehemalige Sowjetunion und Kuba unterstützten die kommunistische MPLA (Movimento Popular de Libertação de Angola - Volksbewegung zur Befreiung Angolas). In Angola wurde dadurch ein Bürgerkrieg ausgelöst, in dessen Folge die MPLA die Oberhand gewann und 1975 in Luanda die Unabhängigkeit ausrief. Der Bürgerkrieg ging trotzdem weiter. Ruhe kehrte so langsam erst 2008 ein.

Die Vorherrschaft Kubas und der Sowjetunion bestimmten wohl auch das Symbol auf der schwarz-roten Fahne Angolas: Ein Stern, ein halber Zahnkranz und eine Machete formen das bekannte Sichel-Symbol kommunistischer Fahnen. Die MPLA ist immer noch stärkste Kraft in der Regierung. Wie in solchen Ländern üblich, war auch der letzte Präsident, José Eduardo dos Santos, von 1979 bis 2017 im Amt. Er schied durch nicht erfolgte Neukandidatur aus dem Amt.

Angola Staatspräsident João Manuel Gonçalves Lourenço Berlin Angela Merkel
Angolas Staatspräsident João Manuel Gonçalves Lourenço zum Antrittsbesuch bei Angela Merkel in Berlin
Seit dem 26. September 2017 ist João Manuel Gonçalves Lourenço der Staatspräsident von Angola. Der 64-Jährige ist Sohn eines Krankenpflegers und einer Näherin. Schon als Jugendlicher trat er der MPLA bei. Seine Kampfausbildung erhielt er bei der Artillerie und fungierte anschließend als politischer Offizier. Ein Scharfmacher also, der von 1991 bis 1998 sogar als Sekretär des Politbüros arbeitete. Um die passende Wahrnehmung der Geschichte zu erlernen, erwarb er in der Sowjetunion ein Geschichts-Diplom. Die rote Linie in seinem Lebenslauf sorgte dafür, dass er General der angolanischen Streitkräfte wurde und 2008 in die Politik wechselte - natürlich unter dem Dach der MPLA.

Heute absolvierte er seinen Antrittsbesuch in Berlin. Die Bundeskanzlerin empfing ihn am Mittag mit militärischen Ehren. Weil er als Präsident der Erste im Staate ist, traten heute sogar alle drei Teilstreitkräfte im Kanzleramt für ihn an. Ein "kleines Ehrenbataillon", wie es intern bezeichnet wird.

Bei einem Arbeitsessen redeten die Spitzenpolitiker vorrangig über wirtschaftliche Themen. Angola ist der zweitgrößte Erdöl-Exporteur Afrikas und besitzt interessante Bodenschätze. João Lourenço warb um Investoren aus Deutschland, denen die Kanzlerin mit Hermesbürgschaften ein gewisses Maß an Sicherheit zusagte.

Der Präsident hat zwar eine lupenreine Politkarriere hinter sich, führt jedoch in seinem Land konsequent Reformen durch. Das macht ihn beliebt bei der Bevölkerung, zumal er auch die Korruption angeht und der Vetternwirtschaft seines Vorgängers den Nährboden entzieht. So werden aktuell mehrere Großprojekte neu ausgeschrieben und durchaus auch an Firmen vergeben, die nicht zu 35% in angolanischer Hand sind. IWF und Weltbank bewerten die Entwicklung in Angola sehr positiv.

Morgen Vormittag wird João Manuel Gonçalves Lourenço den Bundespräsidenten im Schloss Bellevue besuchen.

Video:
Angolas Staatspräsident João Manuel Gonçalves Lourenço zum Antrittsbesuch in Berlin

Autor: Matthias Baumann

Freitag, 17. August 2018

Fortsetzung des Berlin-Prozesses mit Montenegros Ministerpräsidenten Duško Marković

Nach der Sommerpause geben sich die Protagonisten der Balkan-Region die Klinke in die Hand. Erst am Montag hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel den Vorsitzenden des Ministerrates von Bosnien und Herzegowina, Denis Zvizdić, empfangen. Heute stand der Ministerpräsident Montenegros auf dem roten Podest im Ehrenhof des Kanzleramtes.

Duško Marković hat gerade seinen 60. Geburtstag gefeiert. Er ist Jurist und hatte ab 2010 diverse Ministerposten belegt. Seit November 2016 fungiert er als Ministerpräsident Montenegros. Viel mehr ist nicht über ihn bekannt.

Montenegros Ministerpräsident Duško Marković Angela Merkel Berlin
Montenegros Ministerpräsident Duško Marković zum Antrittsbesuch bei Angela Merkel in Berlin
Deshalb wird ihn wohl US-Präsident Trump beim NATO-Gipfel im Mai 2017 so bestimmt zur Seite geschoben haben. Immerhin hat die USA mit 660 Milliarden Dollar die weltweit höchsten Rüstungsausgaben. Warum also den Repräsentanten eines Landes mit nur 4,7 Milliarden Dollar Bruttoinlandsprodukt beim Gruppenfoto vor sich stehen lassen?

Duško Marković regiert eine Einwohnerzahl, die in etwa der Population Stuttgarts entspricht. Auch Montenegro setzt sich aus vielen Ethnien zusammen. Die stärkste Fraktion bilden mit 45% die Montenegriner. Es folgen mit 29% die Serben. Ein Großteil der Bevölkerung bezeichnet sich als serbisch-orthodox. Dadurch ist zumindest das religiöse Spannungspotenzial minimiert.

Spannungen gab es dennoch genug nach dem Zerfall Jugoslawiens. Insbesondere die starke Verquickung mit Serbien sorgte immer wieder für Interessenskonflikte und Koalitionen, die nicht von allen Bürgern Montenegros mitgetragen wurden. Mitte 2006 erlangte Montenegro nach dem sehr knappen Ergebnis einer Volksabstimmung seine Unabhängigkeit vom zwischenzeitlichen Verbund "Serbien und Montenegro". Seitdem bemüht sich Montenegro um eine EU-Mitgliedschaft. Die Europäische Kommission hält einen Beitritt bis 2025 für realistisch.

Montenegros Ministerpräsident Duško Marković Angela Merkel Berlin
Montenegros Ministerpräsident Duško Marković zum Antrittsbesuch bei Angela Merkel in Berlin
Seit Juni 2017 ist Montenegro Mitglied der NATO. Das ging also etwas schneller als mit der EU. Zur Erfüllung der 2%-Richtlinie muss Montenegro 94 Millionen Euro in seinen Verteidigungshaushalt investieren. Davon knapp 19 Millionen Euro für Neuanschaffungen. Bereits 2011 hatten die Verteidigungsausgaben einen Stand von 1,9% des BIP erreicht. Die Bundeswehr engagiert sich bei der Ausbildung montenegrinischer Soldaten.

Die Aufnahme in die EU verläuft nicht ohne Grund deutlich zögerlicher. Montenegro bietet einen geeigneten Rückzugsort für die organisierte Kriminalität: illegaler Handel mit Drogen, Waffen, Zigaretten, Fahrzeugen und Menschen. Logische Folge ist ein überproportionales Maß an Korruption. Gelegentlich werden kritische Journalisten oder Polizei-Ermittler beseitigt.

Bei den heutigen Gesprächen im Bundeskanzleramt ging es unter anderem um den EU-Beitritt und die Befriedung der Region im Rahmen des Berlin-Prozesses. Angela Merkel bezeichnete die Unterredung als "Gespräch unter Freunden". Eine EU-Perspektive hätten die Länder des Westbalkan aber nur dann, wenn sie die Grenzen ihrer jeweiligen Nachbarn akzeptierten und die regionalen Konflikte beigelegt seien.

Duško Marković hat verinnerlicht, dass deutsche Investoren nur dann in größerem Maßstab ins Land kommen, wenn das Kriminalitätsproblem aktiv angegangen werde. So habe er heute um Unterstützung durch deutsche Experten gebeten, die ihm die Kanzlerin auch zugesagt habe.

Video:
Antrittsbesuch des Ministerpräsidenten von Montenegro, Duško Marković, in Berlin

Autor: Matthias Baumann

Montag, 13. August 2018

Vorsitzender des Ministerrates von Bosnien und Herzegowina, Denis Zvizdić, leitet im Kanzleramt das Ende der Sommerpause ein

Viel ist über den Mann aus Bosnien und Herzegowina nicht bekannt. Denis Zvizdić wurde in Sarajevo geboren und ist 54 Jahre alt. 2007 hatte er an der Architektur-Fakultät der Universität seiner Heimatstadt promoviert und anschließend dort auch als Professor gearbeitet.

Seit März 2015 ist Denis Zvizdić Vorsitzender des Ministerrates von Bosnien und Herzegowina. Der holperige Amtsbegriff entspricht einem Ministerpräsidenten und stellt ihn damit auf die gleiche administrative Stufe wie die Kanzlerin. Die Regierungsbildung hatte ein halbes Jahr gedauert. So etwas kennen wir neuerdings auch aus Deutschland.

Zudem hatte es über drei Jahre gedauert, bis Denis Zvizdić seinen Antrittsbesuch in Berlin absolvieren konnte. Damit ist seine Amtszeit schon fast wieder vorbei. Heute wurde er mit militärischen Ehren empfangen.

Vorsitzender des Ministerrates Bosnien Herzegowina Denis Zvizdić Angela Merkel Berlin
Vorsitzender des Ministerrates von Bosnien und Herzegowina, Denis Zvizdić, bei Bundeskanzlerin Angela Merkel
Bosnien hat etwa so viele Einwohner wie Berlin, ist Beitrittskandidat der EU und seit acht Jahren offizieller Beitrittskandidat der NATO. Manche Dinge brauchen ihre Zeit. Bei einem Bruttoinlandsprodukt von 18 Milliarden Dollar wäre die Mitgliedschaft in der NATO gar nicht so teuer: 360 Millionen Euro wären für den Verteidigungshaushalt bereitzustellen. Als Friedens-Partner der NATO sind inzwischen über 50 Bosnier in Afghanistan (ISAF) eingesetzt. Bosnien und Herzegowina gilt als das am stärksten mit Landminen verunreinigte Gebiet Europas.

Bosnien und Herzegowina ist föderal und dezentral organisiert und grenzt an Serbien, Kroatien, Montenegro und die Adria. Der Ministerpräsident von Montenegro, Duško Marković, wird am Freitag im Kanzleramt erwartet. In Bosnien leben drei Volksgruppen, die sich ethnisch und religiös voneinander abgrenzen: 50% islamische Bosniaken, 31% orthodoxe Serben und 15% katholische Kroaten.

Vorsitzender des Ministerrates Bosnien Herzegowina Denis Zvizdić Angela Merkel Berlin
Vorsitzender des Ministerrates von Bosnien und Herzegowina, Denis Zvizdić, bei Bundeskanzlerin Angela Merkel - Fahne von Bosnien und Herzegowina in der Mitte
Nach dem Zerfall Jugoslawiens wurde im März 1992 die Republik Bosnien und Herzegowina gegründet. Diese wurde im April 1992 international anerkannt. Dann folgte der Bosnienkrieg zwischen den oben erwähnten Ethnien. 1995 wurde in Dayton (USA) ein Friedensvertrag ausgehandelt und Ende 1995 in Paris unterschrieben.

Auch heute noch gehen die Ambitionen der Politiker der drei Ethnien weit auseinander: Die beherrschenden Bosnier möchten eine Zentralisierung, die Serben möchten eine Dezentralisierung und die Kroaten möchten ein neues Wahlrecht. Gelegentlich kommt es zu gewaltsamen Auseinandersetzungen und der serbischen Drohung, sich von der Republik abzuspalten und damit das Staatsgebiet Serbiens zu vergrößern.

Vorsitzender des Ministerrates Bosnien Herzegowina Denis Zvizdić Angela Merkel Berlin
Vorsitzender des Ministerrates von Bosnien und Herzegowina, Denis Zvizdić, bei Bundeskanzlerin Angela Merkel - Ehrenformation im Ehrenhof des Bundeskanzleramtes mit hartem Schlagschatten - Die Staatengemeinschaft kümmert sich um Stabilität in der Region.
Die Bevölkerung ärgert sich jedoch besonders über die anhaltend hohe Korruption im bosnischen Amtskörper. Wegen der anhaltenden Spannungen unter den Volksgruppen und der noch sehr fragilen Regierung liegt ein Teil der Staatsgewalt in den Händen des Hohen Repräsentanten. Dieser ist von der UNO eingesetzt. Seit neun Jahren bekleidet der Österreicher Valentin Inzko dieses Amt. Deutschland, Schweden und andere Staaten hatten in der Vergangenheit ebenfalls einen Hohen Repräsentanten für Bosnien und Herzegowina gestellt.

Zusammen mit Großbritannien hat Deutschland 2014 ein Stabilisierungsprogramm für den Westbalkan auf den Weg gebracht - bekannt als Berlin-Prozess. So standen heute die allgemeine Stabilisierung der Region, das bosnische Wahlrecht, die Zusammenarbeit in der NATO und die EU-Beitrittsbemühungen auf dem Programm.

Besonders nachdrücklich forderte die Kanzlerin die Abschaffung rechtsfreier Räume und eine Abstellung der gravierenden Korruption. Das sei eine entscheidende Voraussetzung für deutsche Direkt-Investitionen. In wirtschaftlicher Hinsicht unterstützt Deutschland das Land bereits bei der dualen Ausbildung von Jugendlichen. Alles steht und fällt jedoch mit der positiven Veränderung der Situation bei Kriminalität und Terrorismusfinanzierung in Bosnien und Herzegowina.

Angesichts der ethnisch-religiösen Zusammensetzung des Landes und der Abspaltungstendenzen seitens der Serben verzeichnet Bosnien-Herzegowina momentan einen erhöhten Zustrom von serbischen Flüchtlingen. Auch die Kanzlerin zeigte sich überrascht und regte eine Untersuchung der Ursachen an.

Video:
Vorsitzender des Ministerrates von Bosnien und Herzegowina, Denis Zvizdić, mit militärischen Ehren in Berlin empfangen

Autor: Matthias Baumann

Freitag, 3. August 2018

2 Jahre Weißbuch 2016 zur Sicherheitspolitik und der Zukunft der Bundeswehr

Seit zwei Jahren steht das Weißbuch 2016 im Regal. Wie wird mit einem Buch der Bundesregierung umgegangen, das im A4-Format vorliegt und 142 Seiten hat? Ja, es wird gelegentlich durchgeblättert, das eine oder andere Foto betrachtet und dann wieder weggestellt. Zu wertig erscheint der geprägte weiße Einband, um das nur punktuell gelesene Werk dem Recyclingprozess zuzuführen.

Dank der medialen Sommerflaute wurde nun das Weißbuch aus dem Regal geholt und durchgelesen. Das war eine gute Idee. Erklärt sich daraus doch Vieles, was die Bundesregierung zurzeit formuliert und tut.

11. Weißbuch der Bundesregierung

Am 13. Juli 2016 wurde das jüngste Weißbuch verabschiedet. Es ist bereits das 11. Weißbuch der Bundesregierung "zur Sicherheitspolitik und der Zukunft der Bundeswehr". Das erste Weißbuch wurde 1969 herausgegeben. Damals war Gerhard Schröder noch Verteidigungsminister. Während des Kalten Krieges gab es eine erhöhte Weißbuch-Frequenz, bis schließlich im Jahr 2006 das vorletzte Weißbuch gedruckt wurde. Zehn Jahre also bis zum aktuellen Exemplar.

Weißbuch 2016 zur Sicherheitspolitik und der Zukunft der Bundeswehr
Weißbuch 2016 zur Sicherheitspolitik und der Zukunft der Bundeswehr
In den zehn Jahren zwischen 2006 und 2016 hatte sich sicherheitspolitisch Einiges verschoben. Insbesondere war eine neue Form der Kriegsführung hinzugekommen, die mit dem Attribut hybrid auf den Punkt gebracht wird. Hybrid bedeutet, dass die Grenze zwischen Krieg und Frieden verwischt und die Mittel zur Kriegsführung nicht mehr nur auf die drei Dimensionen Land, Wasser und Luft reduziert sind. Es kamen die zwei Dimensionen Weltraum und Cyber-Informationsraum hinzu.

Zwei neue Dimensionen

Wenn also von einem Angriff aus der fünften Dimension geredet wird, ist eine technisch versierte Attacke auf die Software- und Netzwerkarchitektur gemeint: Cyber. Ein Angriff aus der fünften Dimension könnten auch viral verbreitete Fake News sein: Informationsraum. Gerade Letztere stellen noch keine heiße Kriegshandlung dar, sorgen aber für Unsicherheit und destabilisieren Gesellschaften und Staaten.

Hilfe zur Selbsthilfe

Sebastian Kurz aus Österreich hätte seine Freude an diesem Weißbuch. Immerhin tangiert es ständig seinen Lieblingsbegriff Subsidiarität. Subsidiarität wird zwar als Wort nicht verwendet, aber das Prinzip der Hilfe zur Selbsthilfe, also der Hilfe zur Übernahme von Eigenverantwortung wird mehrfach als Leitlinie deutschen Handelns festgeschrieben.

Deutschland setzt auf Ausbildung, Beratung und Ausrüstung, wobei materielle Hilfe nur zur Flankierung nachhaltiger Entwicklungsprozesse einzusetzen sei. Ganz wie es Entwicklungshilfe-Minister Gerd Müller kürzlich formulierte: "Weg von der Gießkanne ... Wir wollen Fortschritte sehen!"

Deutschland mit Führungsverantwortung und Gestaltungsanspruch

Mehrfach taucht auch der Begriff der Rahmennation auf. Eine Rahmennation übernimmt im internationalen Kontext Führungsverantwortung. Entgegen der an den Stammtischen kritisierten Duckmäuser-Politik sieht die Bundesregierung im Weißbuch 2016 einen klaren Führungs- und Gestaltungsanspruch Deutschlands vor. Allerdings in einer Qualität, die auf fairen Regeln basiert und auf eine Reduzierung von Konflikten ausgerichtet ist.

Dieser Führungsanspruch wird wohl einigen EU-Mitgliedern nicht passen. Insbesondere den Staaten, die sich gerne mit deutschem Geld sanieren, aber einer gemeinsamen Verantwortung reserviert gegenüber stehen. Rahmennationen müssen ihre Führungs- und Gestaltungskompetenz vorab unter Beweis gestellt haben. Es führt also nicht, wer gerade Lust auf Macht hat, sondern der, der führen kann.

Russland und weiteres Konfliktpotenzial

Das Weißbuch enthält keine Multi-Kulti-Floskeln. Es grenzt sehr deutlich die Werte-Partnerschaften EU und USA gegenüber anderen Kulturkreisen wie Fernost oder dem arabisch-afrikanischen Raum ab. Dialog sei zwar die erste Wahl, jedoch müsse parallel ein robustes Abschreckungspotenzial aufgebaut und notfalls eingesetzt werden - idealerweise mit einer Wirkungsüberlegenheit.

Mehrfach wird Russland herausgestellt, das seit 2008 seine Streitkräfte modernisiert und immer wieder an den Grenzen der EU- und NATO-Partner ein Kräftemessen provoziert. Russland ist für sein Wirken aus allen fünf Dimensionen bekannt.

Mit sogenannten Ad-hoc-Kooperationen sollen Regionen mithilfe von Partnern befriedet werden, mit denen es sonst keine Verflechtungen gibt. Ad-hoc-Kooperationen sind - wie der Name schon sagt - schnell etablierte und temporär angelegte Partnerschaften zur Lösung eines regionalen Problems, das perspektivisch auch in Europa oder Deutschland ankommen könnte.

Breiter Diskurs und die Praxis

Das vorliegende Weißbuch wurde erstmalig in einem offenen Diskurs unterschiedlicher Experten entwickelt. Soldaten, Politiker, Wissenschaftler, Wirtschaftsvertreter und internationale Experten diskutierten über die Richtlinien zur Sicherheitspolitik und der Zukunft der Bundeswehr. Diese Art des Dialogs wurde konsequent bei den Workshops zum neuen Traditionserlass fortgesetzt. Das Traditionsverständnis wird auf drei Seiten unter Punkt 8.4 im weißen Buch behandelt.

Vergleicht man die Texte im Weißbuch mit dem, was Gerd Müller (BMZ) mit seinem Marshallplan mit Afrika initiiert hat, wie die Kanzlerin mit den Staaten des Nahen und Mittleren Ostens sowie Nordafrikas verhandelt und wie die Verteidigungsministerin um ihren Haushalt kämpft, so stellt man ein fokussiertes Handeln auf Grundlage des Weißbuches fest.

Was ist nun mit den 2%?

"Aufgabenspektrum und Ressourcenausstattung der Bundeswehr wieder in Einklang zu bringen", taucht mehrfach im Text auf und legt die Bundesregierung klar auf das Ziel von 2% des Bruttoinlandsproduktes (BIP) für Verteidigungsausgaben fest. Davon sollen 20% in Rüstungsinvestitionen fließen. So hatte es der NATO-Gipfel von Wales bereits 2014 beschlossen.

Momentan stehen nur 13% des Budgets für die Beschaffung zur Verfügung. Es gibt also noch einiges nachzujustieren, aber die Trendwende ist eingeleitet.

Für 2018 wurden der Bundeswehr bereits 38,5 Milliarden Euro bewilligt. Hinzu kommen 430 Millionen Euro für Tarifsteigerungen. 2019 kommen weitere 4 Milliarden Euro hinzu, so dass sich eine nominelle Steigerung von 10% auf 42,9 Milliarden Euro ergibt.

Bei der Diskussion um die 2% muss immer auch der Eurowert betrachtet werden. So ergibt sich bei 2% aus dem deutschen BIP beispielsweise der 25-fache Eurobetrag gegenüber 2% aus dem ungarischen BIP.

Autor: Matthias Baumann

Dienstag, 24. Juli 2018

Fliegerhorst Holzdorf: Ursula von der Leyen besucht die erste Station Ihrer Sommerreise 2018

Ursula von der Leyen ist deutlich öfter bei der Truppe, als landläufig wahrgenommen wird. Jedes Jahr bricht sie auf zu einer Sommerreise. Dabei besucht sie sämtliche Standorte der Bundeswehr in Deutschland. Im letzten Jahr startete sie in Hammelburg und bewegte sich in einem unkoordiniert wirkenden Zickzack durch Deutschland.

In diesem Jahr begann sie mit Holzdorf. Holzdorf gehört zu Schönewalde und liegt im Nirgendwo zwischen Jüterbog und Wittenberg - genau auf der Grenze zwischen Brandenburg und Sachsen-Anhalt. Allein an diesem ersten Tag der Reise standen drei Orte auf dem Programm: das Hubschraubergeschwader 64 in Holzdorf, die IT-Ausbildung des Heeres in Leipzig und das Logistikkommando in Erfurt.

Fliegerhorst Holzdorf Sommerreise 2018 Ursula von der Leyen
Fliegerhorst Holzdorf - Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen auf ihrer Sommerreise 2018 - Ministerin im Dialog mit der Truppe
Die B101 von Berlin nach Holzdorf fuhr sich bemerkenswert entspannt. Wenig Verkehr, keine Blitzer, kaum Baustellen, Urlaubszeit, Sonne und brandenburgische Kiefernwälder. Bei unserem Eintreffen standen die beiden schwarzen Blaulicht-Limousinen der Ministerin bereit. Ursula von der Leyen kam pünktlich mit einem Hubschrauber vom Typ Cougar von Hannover aus angeflogen.

Der Cougar ist eines der VIP-Fluggeräte, die regelmäßig im Regierungseinsatz sind und sicher auch schon bessere Tage erlebt haben. Der Flug könnte auch als Einstimmung auf den CH-53 gedient haben. Die avisierte Vorführung eines Waffensystems lockt schon eher mal ein Kamera-Team ins Gelände, als die Vorführung eines Computerprogramms. So standen letztlich mehr als zehn Presse-Fahrzeuge auf dem Parkplatz: ARD, mdr, RBB, Reuters und andere.

Fliegerhorst Holzdorf Sommerreise 2018 Ursula von der Leyen
Fliegerhorst Holzdorf - Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen auf ihrer Sommerreise 2018 - Zeichen der Lufttransportgruppe Hubschraubergeschwader 64, rechts mit rot-weiß für Brandenburg und zwei blauen Strichen für Elbe und Elster sowie drei gelben Sternen als Symbol für die Fluggeräte
Wie üblich wurden wir mit einem 40-Personen-Bus zur ersten Station gebracht: Hubschrauber-Landeplatz. Wie schon erwähnt, erschien die Ministerin pünktlich am Westhimmel, drehte eine Runde über dem Landeplatz und flog dann wieder weg. Ein Storch nutzte die Gelegenheit zum Überflug und löste damit ein reges Presse-Interesse aus. Und wieder knatterte der Cougar von Westen auf den Platz zu. Diesmal landete der blau-weiße Helikopter.

Fliegerhorst Holzdorf Sommerreise 2018 Ursula von der Leyen
Fliegerhorst Holzdorf - Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen auf ihrer Sommerreise 2018 - Flexibilität bei der Wahl der Transportmittel
Ursula von der Leyen hatte sich zunächst einen Überblick über das Areal der Lufttransportgruppe verschafft und konnte gleich damit ins Gespräch einsteigen. Sie wurde von Oberstleutnant Knut Brantin, dem Kommandeur, begrüßt. Danach ging es zu den schwarzen Fahrzeugen, bei denen ein Landrat, ein Bürgermeister und weitere Regionalprominenz warteten.

Die nächste Station war eine Halle, in der ein riesiger Transporthubschrauber CH-53 aufgebaut war. Mit Vorführung des Waffensystems war da nichts. Vor dem Hubschrauber standen die verschiedenen Kompetenzen zum Bewegen und Warten des Gerätes. Die Türen, ein Triebwerk und die Heckklappe waren geöffnet.

Auch ein Doorgunner war dabei. Doorgunner sind regelmäßig in Afghanistan und anderen Einsatzgebieten unterwegs. Mit langen Gurten sind sie an der Innenseite des Hubschraubers befestigt und schießen bei Bedarf mit einem Maschinengewehr (Gun) aus der geöffneten Heckklappe (Door). Höhenangst oder Angst vor dem Rausfallen habe er nicht. Hubschrauber fliegen empfinde er inzwischen wie Busfahren. Ein Fallschirm werde im Hubschrauber generell nicht verwendet, da sich dieser nicht mit den Rotorblättern vertrage. Ein Hubschrauber stürze übrigens auch nicht wie ein Stein ab, sondern könne bei intakten Rotorblättern über die aerodynamischen Möglichkeiten gelandet werden. Wieder etwas gelernt!

Fliegerhorst Holzdorf Sommerreise 2018 Ursula von der Leyen
Fliegerhorst Holzdorf - Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen auf ihrer Sommerreise 2018 - Rotor des Transporthubschraubers CH-53
In Grenzsituationen kann die Mechanik des alten CH-53 von Vorteil sein. Was bei neueren Maschinen nur per Elektronik bewegt wird, kann beim CH-53 zur Not per Seilzug und Muskelkraft gesteuert werden. Die Ausbildung für solch einen Hubschrauber dauert bis zu acht Jahre. Da ständig die Elektronik erweitert wird, muss regelmäßig nachgeschult werden. Das ist ein Grund dafür, dass hier nur Berufssoldaten anzutreffen sind. Die zivilen Angestellten haben entsprechende Vertragslaufzeiten.

Fliegerhorst Holzdorf Sommerreise 2018 Ursula von der Leyen
Fliegerhorst Holzdorf - Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen auf ihrer Sommerreise 2018 - Gespräch mit den Soldaten, rechts der Adjutant mit Notizheft
Irgendwann stieß die Ministerin dazu und mengte sich unter die Truppe. Es konnte alles erzählt und gesagt werden. Sie hörte zu, fragte nach und ließ ihren Adjutanten viele Notizen machen. Sie schaute in den dringend aufzufüllenden Werkzeugkoffer eines Mechanikers, hörte sich das persönliche Dilemma von Qualifikation versus Planstellen an und erlebte hautnah, wo bei den Soldaten der Schuh drückt. Offene Worte und ein offenes Ohr.

Immer wieder - auch in ihrem Statement - betonte die Ministerin, dass sie sich beim Parlament um mehr Mittel bemühe und ihre Prioritäten auf die Personalentwicklung und die persönliche Ausstattung der Soldaten setze. Momentan werden etwa 33% des Verteidigungshaushaltes für Personal, 13% für Beschaffung und 8,7% für Wartung ausgegeben. Das sollte sich anhand der genannten Prioritäten in Zukunft verschieben. Bis 2024 wird der Haushalt auf 1,5% des Bruttoinlandsproduktes angehoben, so dass auch nominell mehr Geld vorhanden ist. Die jahrelange Sparpolitik hatte die Depots geleert und Nachschub-Lücken produziert, die bei einem Koloss wie der Bundeswehr erst einmal wieder gefüllt werden müssen.

Fliegerhorst Holzdorf Sommerreise 2018 Ursula von der Leyen
Fliegerhorst Holzdorf - Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen auf ihrer Sommerreise 2018 - Pressestatement vor dem Transporthubschrauber CH-53
Die Kulisse des CH-53 veranlasste Frau von der Leyen zum Hinweis, dass die dringend benötigten neuen Transporthubschrauber kurz vor der Anschaffung stehen. Man werde sich in Kürze für eines der beiden am Markt verfügbaren Modelle entscheiden. Also Kaufen statt Entwickeln.

Nach einigen Fragen zum Haushalt verabschiedete sich die Ministerin und fuhr ins Offiziersheim weiter. Dort wollte sie sich ohne Kameras mit den Soldaten unterhalten. Wir krabbelten durch den CH-53, sprachen mit den dortigen Soldaten und wurden anschließend per Bus zu unseren Autos gebracht. Mit Sonne, Musik und freier Bahn ging es über die B101 zurück nach Berlin.

Video:
Sommerreise der Verteidigungsministerin 2018 - Auftakt im Fliegerhorst Holzdorf

Autor: Matthias Baumann

Freitag, 20. Juli 2018

355 Rekruten: Feierliches Gelöbnis zum 20. Juli im Bendlerblock

Tatsächlich: Wenn die Rekruten aus den verschiedenen Verwendungen zusammenzählt werden, ergibt sich eine Summe von 355. Wie üblich hatten die Veranstalter einen bunten Mix aus Logistik, Cyber, Marine, Luftwaffe und Heer zusammengestellt. Die Cyber-Truppe war erwartungsgemäß sehr klein - zumindest bezüglich ihrer Personalstärke. Auch differierten Körpergröße und Uniformen bei den Computerfreaks stark voneinander. Ein wichtiges Indiz dafür, dass hybride Kampfführung nur mit kreativer Expertise zu bewerkstelligen ist.

Feierliches Gelöbnis 20. Juli 2018 Bendlerblock BMVg
Feierliches Gelöbnis zum 20. Juli im Bendlerblock - Glückwünsche der Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen
Deutlich homogener wirkten die Sanitäter, die Semper-Talis-Abordnung des Wachbataillons oder die besonders sportlichen Männer und Frauen des Gebirgsjägerbataillons 233. Letztere trugen mit Stolz ihre grauen Mützen. Überhaupt sind diese Mützen nach Trendsetter Erich Pfeffer in letzter Zeit öfter im Bendlerblock zu sehen. Deshalb war es eine besondere Ehre, dass Generalleutnant Pfeffer vom Einsatzführungskommando zusammen mit dem frisch gebackenen Vizeadmiral Carsten Stawitzki im Promiblock an der Südostflanke des Paradeplatzes saß.

Feierliches Gelöbnis 20. Juli 2018 Bendlerblock BMVg
Feierliches Gelöbnis zum 20. Juli im Bendlerblock - Tribüne mit Generälen, Admirälen, Diplomaten und Bundespolitikern
Auf der großen Tribüne an der Nordseite saßen die Familienangehörigen. Kaum Anzüge - dafür aber Sommerkleider, Sonnenbrillen und Smartphones. Die Privatgäste hatten das Privileg, das echte Wachbataillon - also die mit den Karabinern 98k - und das Musikkorps der Bundeswehr von Vorne sehen zu können. Die Presse war auf der Südseite platziert, so dass die Rekruten im Blick waren. Dadurch konnten die Barette und Schirmmützen des Ehrenbataillons gut als Vordergrund für Rekrutenfotos genutzt werden.

Feierliches Gelöbnis 20. Juli 2018 Bendlerblock BMVg
Feierliches Gelöbnis zum 20. Juli im Bendlerblock - Blick auf Rekruten und deren Angehörige auf der Nordtribüne
Aber der Reihe nach: Ein Großteil der Gäste traf mit Bussen ein. Als die meisten von ihnen Platz genommen hatten, marschierte das Musikkorps der Bundeswehr aus Siegburg ein: Platzkonzert. Das Gelöbnis fiel in die Urlaubszeit des Stabsmusikkorps, so dass die Siegburger schon die ganze Woche mit protokollarischen Akten inklusive des Großen Zapfenstreichs für NATO-General Brauß zu tun hatten.

Das Musikkorps spielte etwa 20 Minuten. Fünf bekannte Märsche - kurz und knackig. Danach zogen sie wieder vom Platz. Dann stellte sich Oberstleutnant Bernardy (Chef des Wachbataillons) vor dem Rednerpodest auf und wartete. Ein Kommentator erklärte den Ablauf und wann die Gäste aufzustehen hätten. Die neun Rekruten-Gruppen zogen ein und wurden durch ihre jeweiligen Hauptleute optisch ausgerichtet. Danach gingen die Hauptleute zu Patrick Bernardy und meldeten, dass sie angetreten seien. Wieder Warten. Diesmal auf die Ministerin.

Feierliches Gelöbnis 20. Juli 2018 Bendlerblock BMVg
Feierliches Gelöbnis zum 20. Juli im Bendlerblock - Rekruten des Gebirgsjägerbataillons 233
Die Ministerin erschien zusammen mit Generalinspekteur Eberhard Zorn. Für mehr als drei Minuten schritten sie die Ehrenformation und die Aufstellung der Rekruten ab. Nur gut, wenn es dafür den Preußischen Präsentiermarsch gibt, der in Endlosschleife gespielt werden kann. Darauf folgte die Ansprache der Ministerin, in der sie den mutigen Schritte der Rekruten in einen nicht ganz ungefährlichen Dienst würdigte. Bevor Jesuiten-Pater Klaus Mertes vom Kolleg St. Blasius redete, wurde noch "Des großen Kurfürsten Reitermarsch" gespielt. Ein immer wieder gern gehörter Klassiker, den sich auch General Brauß vor zwei Tagen zu seiner Verabschiedung gewünscht hatte.

Feierliches Gelöbnis 20. Juli 2018 Bendlerblock BMVg
Feierliches Gelöbnis zum 20. Juli im Bendlerblock - Rede von Pater Klaus Mertes
Pater Mertes baute seine Rede auf den drei Schlüsselbegriffen Hingabe, Verrat und Gewissen auf. Mit einer stilechten Radiostimme ermutigte er die Rekruten zum Reflektieren von Befehlen und problematischen Umständen in ihrem zukünftigen Kasernenalltag. Er wies ferner darauf hin, dass man auch bei unterschiedlicher Herkunft und Meinung in der Sache an einem Strang ziehen könne. Das sei auch bei den Widerständlern des 20. Juli 1944 so gewesen. Klaus Mertes hoffe jedoch für die Rekruten, dass sie nie in eine so gravierende Situation kommen werden.

Nach den Reden gab es ein weiteres Musikstück. Dann traten die drei Soldaten mit der Fahne in die Mitte des Paradeplatzes und neigten die 3.500 Euro teure Truppenfahne um 90° Richtung Westen. Sollte uns das zu denken geben? Nein, denn im letzten Jahr war sie nach Süden geneigt - wohl immer parallel zur Ehrenformation des Wachbataillons.

Feierliches Gelöbnis 20. Juli 2018 Bendlerblock BMVg
Feierliches Gelöbnis zum 20. Juli im Bendlerblock - Rekruten des Wachbataillons
Die Abordnung der Rekruten gruppierte sich um die Fahne. Frauenquote 66%. Während die Abordnung ihre Hände auf das edle Tuch legte, vollzogen die übrigen 349 Rekruten den eigentlichen Akt des Gelöbnisses:

"Ich gelobe/schwöre, der Bundesrepublik Deutschland treu zu dienen und das Recht und die Freiheit des deutschen Volkes tapfer zu verteidigen. So wahr mir Gott helfe."

Soldaten auf Zeit schwören. Alle anderen geloben. Anschließend standen die Gäste zur Nationalhymne auf. Im Gegensatz zu internationalen Fußballspielen, ist es bei der Bundeswehr und der Bundesregierung üblich, den Text mitzusingen. Oberstleutnant Bernardy führte dann die Gelöbnisfeststellung durch und gab den Weg für die Handschläge und Glückwünsche der Ministerin, des Generalinspekteurs und des Jesuiten-Paters frei.

Feierliches Gelöbnis 20. Juli 2018 Bendlerblock BMVg
Feierliches Gelöbnis zum 20. Juli im Bendlerblock - Gratulation durch Generalinspekteur Eberhard Zorn (links) und Jesuiten-Pater Klaus Mertes (Mitte)
Der Ausmarsch von Musikkorps und Ehrenbataillon folgte nach der Europahymne. So manch ein Kameramann wäre in diesem Moment geneigt, die Technik abzuschalten. Aber - die Schlachtrufe der neun Rekruten-Gruppen waren noch nicht auf die SD-Karte gebannt. Leider sind diese Schlachtrufe oft so schwer zu verstehen, dass sie im Nachhinein von Insidern beschafft werden müssen. Wenigstens das Semper Talis (immer gleich) vom Wachbataillon war gut zu verstehen. Eine gute Voraussetzung zur nächsten protokollarischen Begrüßung des Bundespräsidenten, der Kanzlerin oder der Ministerin.

Video:
Feierliches Gelöbnis zum 20. Juli im Bendlerblock

Autor: Matthias Baumann

Donnerstag, 19. Juli 2018

Botschafter von Kosovo, Mali, Liberia, Honduras und Chile beim Bundespräsidenten akkreditiert

Sommerzeit ist Wechselzeit bei Botschaftern und deren Mitarbeitern. Manch ein Botschafter wird diametral über den Globus versetzt und muss mit dem neuen Umfeld klarkommen. Wer nicht gerne umzieht, sollte nicht in den diplomatischen Dienst gehen.

Heute stand wieder ein bunter Mix an Akkreditierungen auf dem Programm: zwei Amerikaner, zwei Afrikaner und ein Europäer gaben sich die Klinke im Schloss Bellevue in die Hand. Besser gesagt, hatten sie ihre Beglaubigungsschreiben in der Hand und reichten diese an den Bundespräsidenten weiter, der sie wiederum einem Mitarbeiter zur Verwahrung übergab. Die Schreiben werden entweder in Umschlägen mit Golddruck oder in Ledermappen mit Golddruck überreicht.

Den neuen Botschaftern steht eine Fahrt im Wagen des Bundespräsidenten zu. Dazu werden die schwarzen Limos des Fahrdienstes oder des BKA mit Standarten des Bundespräsidenten versehen, so dass der Eindruck entsteht, es handele sich tatsächlich um den Wagen des Präsidenten. Clever! Je nach Wichtigkeit und Sicherheitsbedürfnis reicht die Fahrzeugpalette vom älteren Audi A8 bis zu gepanzerten BMW 7er-Fahrzeugen mit Rundumleuchte.

Im Halbstunden-Takt rollten heute folgende Botschafter auf den Vorhof des Schlosses: 

Kosovo - Beqë Cufaj
Mali - Oumou Sall-Seck
Liberia - Youngor Telewoda
Honduras - Christa Castro Varela 
Chile - Cecilia Mackenna Echaurren

Botschafter akkreditiert Kosovo Beqë Cufaj
Botschafter der Republik Kosovo akkreditiert: Beqë Cufaj
Auch wenn die Presse kaum noch über den Kosovo berichtet, ist die Lage dort weiterhin fragil. Die KFOR ist weiterhin aktiv und Spezialkräfte der Bundeswehr kontrollieren regelmäßig die Lagerung von toxischen Materialien. Kosovo hat weniger als zwei Millionen Einwohner. Von diesen ist mehr als die Hälfte unter 25 Jahren alt. Rentner gibt es so gut wie gar nicht. 95% der Bevölkerung zählen sich zum sunnitischen Islam. Der Rest teilt sich in serbisch-orthodox und römisch-katholisch auf.

Botschafter akkreditiert Kosovo Beqë Cufaj
Botschafter der Republik Kosovo akkreditiert: Beqë Cufaj
Botschafter Beqë Cufaj ist mit seinen 47 Jahren vergleichsweise alt. Sein Alter kann mit Weisheit gleichgesetzt werden. Immerhin hat er Sprach- und Literaturwissenschaften studiert. Beqë Cufaj ist Buchautor und freier Mitarbeiter bei namhaften Blättern wie der FAZ oder der Neuen Zürcher Zeitung.

Botschafter akkreditiert Mali Oumou Sall-Seck
Botschafterin der Republik Mail akkreditiert: Oumou Sall-Seck
Ein ebenfalls muslimisch dominiertes Land ist Mali. 90% der über 18 Millionen Einwohner bekennt sich zum sunnitischen Islam. Auch Mali ist durch das Engagement der Bundeswehr in die Wahrnehmung der Öffentlichkeit gekommen. Obwohl die Frauen Malis im Durchschnitt mehr als sechs Kinder zur Welt bringen, ist die Lebenserwartung doch sehr gering und die Altersstruktur noch niedriger als im Kosovo.

Botschafter akkreditiert Mali Oumou Sall-Seck
Botschaftein der Republik Mali akkreditiert: Oumou Sall-Seck
Botschafterin Oumou Sall-Seck war in der Region Timbuktu als Bürgermeisterin tätig. Als Frau musste sie sich im islamischen Umfeld durchsetzen, wurde aber aufgrund ihrer Kompetenz mehrfach in regionale Verantwortungen gewählt. Sie ist Mitglied in diversen Gremien zur Befriedung Nordafrikas und der Sahelzone. Oumou Sall-Seck löst ihren männlichen Vorgänger in Berlin ab. Dieser ist nun in Paris eingesetzt.

Botschafter akkreditiert Liberia Youngor Telewoda
Botschafterin der Republik Liberia akkreditiert: Youngor Telewoda
Einige Kilometer südwestlich von Mali liegt Liberia. Liberia hat etwa so viele Einwohner wie Berlin, die sich zu 85% als christlich bezeichnen. Das Durchschnittsalter liegt bei 18 Jahren. Der Name Youngor Telewoda suggeriert eine entsprechende Jugend. Aber weit gefehlt. Frau Youngor Telewoda ist 65 Jahre alt und hat schon viele diplomatische Stationen durchlaufen, darunter Japan, Neu Seeland und Singapur.

Botschafter akkreditiert Liberia Youngor Telewoda
Botschafterin der Republik Liberia akkreditiert: Youngor Telewoda
Die Fahne von Liberia ist ein Mix aus USA und Chile. Eine besondere Herausforderung an das Flaggenkommando des Wachbataillons, das immer die richtige Fahne aus dem Flaggenkeller des Schlosses holen muss. Wenigstens sind inzwischen die Ränder der Flaggen mit schwarzem Edding beschriftet. Vor einigen Jahren hätte es fast einen Fauxpas mit der Verwechslung der Fahnen zweier rivalisierender Staaten gegeben. Danach wurden die Ränder beschriftet.

Botschafter akkreditiert Honduras Christa Castro Varela
Botschafterin der Republik Honduras akkreditiert: Christa Castro Varela
Wer von Liberia aus über den Atlantik segelt und dabei leicht nach Norden abdriftet, könnte nach Passieren des Karibischen Meeres in Honduras landen. Von dort kommt Christa Castro Varela. Sie vertritt etwa 9 Millionen Menschen, deren Durchschnittsalter bei 19 liegt. Also nur ein Jahr älter als die Menschen in Liberia. Auch in Honduras fühlen sich über 80% der Bevölkerung einer der christlichen Denominationen zugehörig. Honduras hat so einiges durchgemacht mit Diktaturen und schwierigen Demokratisierungsprozessen.

Botschafter akkreditiert Honduras Christa Castro Varela
Botschafterin der Republik Honduras akkreditiert: Christa Castro Varela
Christa Castro Varela war im Energie-Ministerium von Honduras beschäftigt und kümmerte sich unter anderem um Klima- und Umwelt-Themen sowie erneuerbare Energien. Seit 2017 war sie im Präsidialumfeld als Ministerin für Kommunikation und Strategie tätig. Als Botschafterin sitzt sie in Berlin. Von hier aus vertritt sie Honduras auch gegenüber Österreich, Polen, Tschechien, Türkei, Georgien, Ungarn und Albanien.

Botschafter akkreditiert Chile Cecilia Mackenna Echaurren
Botschafterin der Republik Chile akkreditiert: Cecilia Mackenna Echaurren
Den Abschluss der heutigen Botschafter-Akkreditierung bildete Cecilia Mackenna Echaurren aus Chile. Chile liegt südwestlich von Honduras und hat - wie Mali - um die 18 Millionen Einwohner. Viele davon sind römisch-katholisch. Über die Hälfte der Bevölkerung ist jünger als 35 Jahre.

Botschafter akkreditiert Chile Cecilia Mackenna Echaurren
Botschafterin der Republik Chile akkreditiert: Cecilia Mackenna Echaurren
Cecilia Mackenna Echaurren hatte in Chile Philosophie studiert und noch ein Studium in Politikwissenschaften angehängt - in Heidelberg. Im chilenischen Außenministerium war sie für Planung, Nord-Amerika und Umwelt zuständig. Interessante Kombination.

Botschafter akkreditiert Chile Cecilia Mackenna Echaurren
Botschafterin der Republik Chile akkreditiert: Cecilia Mackenna Echaurren, ihre Delegation und die Bezugspersonen des Auswärtigen Amtes
Als ihre Exzellenz Cecilia Mackenna Echaurren mit der Limo und der Standarte des Bundespräsidenten vom Hof rollte, waren fünf neue Botschafter akkreditiert. Diese reihen sich nun ganz hinten in die Defilee-Listen ein: first come - first serve. Last come - last serve. Der Diplomat nennt das Anciennität.

Video:
Akkreditierung der Botschafter von Kosovo, Mali, Liberia, Honduras und Chile

Autor: Matthias Baumann