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Dienstag, 3. Juni 2014

Tatsachen und Wahrnehmung - Norbert Lammert in der Konrad-Adenauer-Stiftung

"Nicht die Tatsachen bewegen die Welt, sondern deren Wahrnehmung". Mit diesem alten Zitat reagierte Bundestagspräsident Norbert Lammert auf den Impulsvortrag von Dr. Dr. h.c. Manfred Gentz, Vorsitzender der Regierungskommission Deutscher Corporate Governance Kodex, beim heutigen Podiumsgespräch in der Konrad-Adenauer-Stiftung.

Bundestagspräsident Norbert Lammert Konrad-Adenauer-Stiftung
Nico Lange, Prof. Dr. André Habisch und Bundestagspräsident Prof. Dr. Norbert Lammert in der Konrad-Adenauer-Stiftung

Manfred Gentz hatte zunächst den tendenziösen und an Sachverstand mangelnden Journalismus in Deutschland kritisiert, ging dann auf eine neue "Compliance-Hysterie" in Unternehmen ein, welche ein sinnvolles gesellschaftliches Engagement verhindere und schloss mit einem Appell an die Medien, mehr auf Persönlichkeiten als auf Einschaltquoten zu achten. So manch ein Hidden Champion falle durch das mediale Raster, da sich die dahinter stehende Persönlichkeit eher bescheiden gibt und deshalb nicht wahrgenommen werde.

Firmen, Verbände und Kirchen strahlen nicht durch sich selbst, sondern durch deren Persönlichkeiten. Diese Persönlichkeiten strahlen eine Symbiose aus Kompetenz und Charakter aus.

Bundestagspräsident Norbert Lammert Konrad-Adenauer-Stiftung
Norbert Lammert in der Konrad-Adenauer-Stiftung
"Wahrnehmung" war dann auch das Stichwort für Norbert Lammert, der die Differenz zwischen Tatsachen und individueller Betrachtung insbesondere in Sicht auf die deutsche Wirtschaft und die Politik als besorgniserregend empfand. Interessant sei dabei, dass Menschen das Vertrauensverhältnis zu ihrer direkten Umgebung wie Arbeitgeber oder Regionalpolitik nicht auf bundesweite Vorgänge zu adaptieren vermögen.

Die Diskussion über Firmen wie Siemens, Springer, Grundig und andere, die zwar ihre Namen von deren Gründer-Persönlichkeit herleiten, nun aber in einer anonymisierten Kapitalgesellschaftsstruktur aufgegangen seien, schweifte dann etwas vom eigentlichen Thema des Abends "Verantwortung als Rendite - Vom Glanz und Elend der öffentlichen Rede" ab und ging in Richtung Regulierung der Kapitalmärkte.

Auch wenn man sich einig war: "Regulierung tötet Verantwortungsgefühl", so war man sich ebenfalls einig, dass ein gewisses Maß an Regulierung ein gutes Instrument zum Selbstschutz sei. Wenn alle Unternehmer nach den Prinzipien des ehrbaren Kaufmannes arbeiten würden, bräuchte man gar keine Regulierung.

Norbert Lammert wurde sehr emotional, als er die Diskrepanzen zwischen realer und virtueller Wirtschaft aufzeichnete. Vor zwanzig Jahren stand das Umsatzverhältnis der Realwirtschaft zum Kapitalmarkt noch bei 20:3. Inzwischen habe es sich auf ein Verhältnis 60:600 zugunsten der "virtuellen" Wirtschaft verschoben. Auf den Einwand, dass die Abgeltungssteuer ja nur eine verkappte Mehrwertsteuer sei, gab der Bundestagspräsident zu bedenken, dass für sämtliche "reale" Waren wie Auto, Waschmaschine, Brötchen die Mehrwertsteuer fällig sei. Warum dann nicht erst recht für virtuelle Mehrwerte?

Um den Bogen zu Ethik und Verantwortung zu schließen, warf Manfred Gentz das Thema Derivate ein. Diese seien per se durchaus sinnvoll. Allerdings dürfe man diese nicht so weit mit anderen Derivaten vermengen, dass am Ende nicht mehr klar sei, wer eigentlich haftet. Norbert Lammert ging sogar soweit, dass er sagte, dass einige Finanzprodukte so offenkundig unseriös seien, dass man diese verbieten müsse. Letzteres klang sehr entschlossen und fand breite Zustimmung im Publikum.

Konrad-Adenauer-Stiftung
Die Diskussion über Verantwortung und den "Glanz der öffentlichen Rede" ging etwa zwei Stunden und nicht jeder Zuhörer hatte die entsprechende Ausdauer, der ausgezeichneten Rhetorik des Bundestagspräsidenten zu folgen.

Ausdauer wurde jedoch belohnt. Beim anschließenden Networking diskutierten Norbert Lammert und die anderen Podiumsteilnehmer noch eine ganze Weile bei Brezeln und Wein. Auch Wirtschaftssenatorin Yzer trafen wir nach der Veranstaltung im Foyer.

Autor: Matthias Baumann

Samstag, 18. Januar 2014

Bundesrat - 110 Jahre Herrenhausgebäude

Dr. Harald Grüning kennt sie alle, die Ereignisse, die an einem 18. Januar stattfanden und Einfluss auf die deutsche Geschichte hatten. Der freie Journalist und Moderator brachte immer wieder fachlich fundierte Berichte und Zwischenrufe in das genau 90-minütige Programm zum 110. Jahrestag des Herrenhausgebäudes ein.

Bundesrat 110 Jahre Herrenhausgebäude
Bundesrat - 110 Jahre Herrenhausgebäude
Dieses Haus in direkter Nachbarschaft des Potsdamer Platzes wurde damals von Felix Mendelssohn-Bartholdy gekauft und überlebte in unterschiedlichster Funktion vier konträre Epochen der Zeitgeschichte.

Der "Fahrplan" der mit dem Bundesrats-Gong eingeleiteten Zeitreise war maßgeblich durch Dr. Michael Dauskardt von muventa international network zusammengestellt und inszeniert worden. Er führte auch Regie und brachte die Akteure zusammen. Michael Dauskardt ist hervorragend im klassischen Musikbereich vernetzt und war eher zufällig mit Antje Lorenz vom Bundesrat zusammengetroffen. Die Chemie stimmte sofort und so entstand ein exzellentes Projekt aus Geschichtsinformationen, erstklassiger Klaviermusik und professionellen Gesangsdarbietungen. Bemerkenswert war der rote Faden, an dem sich die "Fahrt" durch das Kaiserreich, die Weimarer Republik, das Dritte Reich und das geteilte Deutschland bis in die Gegenwart zog.

Bundesrat 110 Jahre Herrenhausgebäude
Bundesrat - 110 Jahre Herrenhausgebäude
Am schwarzen Flügel überzeugte die aus Moskau stammende Pianistin Vera Claus, die in der Nacht zuvor erst eine Beziehung zu diesem Instrument aus dem Schatz der Bundestagsverwaltung aufgebaut hatte. Vera Claus hat heute Geburtstag.

Über Helena Kolb war im Programmheft zu lesen, dass sie ein "wandlunsfähiger Sopran" sei. Das bestätigte sich bei den vielen sehr unterschiedlichen Gesangsdarbietungen. Wandlungsfähig war auch die zur jeweiligen Epoche passende Kleidung und ihre schauspielerische Ausdrucksstärke während des Gesangs.

Bundesrat 110 Jahre Herrenhausgebäude
Bundesrat - Helena Kolb
Ergänzt wurde Helena Kolb durch die gebürtige Berlinerin Yvonne Zeuge. Beide wechselten sich ab oder traten gemeinsam auf. Die Sopranistin Yvonne Zeuge ist eine vielseitig talentierte Sängerin, die bisher vorwiegend im Operettenbereich unterwegs war, aber das Zeug für mehr hat. In ihrem neuen Soloprogramm ist sie zusammen mit ihrem Pianisten auf dem Balkon oder im Salon zu erleben.

Hoch hinaus wollte Schauspieler Manfred Eisner, der oben im Plenarsaal des Bundesrates in einem geöffneten Fenster saß. Er war mit Seilen gesichert und sprach die Stimmen aus dem Off. Die Idee dazu stammte von Antje Lorenz, die liebevoll auch "Madame Bundesrat" genannt wird. Kein Wunder, denn die Leiterin des Besucherdienstes konnte ihre Begeisterung für das Herrenhaus in der Leipziger Straße nicht verbergen.

Bundesrat 110 Jahre Herrenhausgebäude
Manfred Eisner, Dr. Michael Dauskardt, Yvonne Zeuge, Helena Kolb, Dr. Harald Grüning, Antje Lorenz
Bei der anschließenden Premierenfeier im gegenüberliegenden Ristorante Peppone erzählten wir ihr, welch eine positive Atmosphäre dieses Haus bereits beim Betreten ausstrahle. Man fühle sich sofort wohl und genieße die - nicht immer in Regierungsgebäuden übliche - Bewegungsfreiheit. Antje Lorenz bestätigte daraufhin, dass sie sich über jeden Tag freue, an dem sie im Haus des Bundesrates sein könne.

Vielen Dank für diesen interessanten Einblick in die Geschichte und die erstklassige Präsentation musikalisch-schauspielerischen Könnens.

Autor: Matthias Baumann

Donnerstag, 12. Dezember 2013

Lebensversicherung - GDV bei der Bundespressekonferenz

Der GDV Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V. hatte am Mittwoch zu einem Werkstattgespräch "Blackbox Lebensversicherung" in das Haus der Pressekonferenz neben dem "Band des Bundes" eingeladen.

Das Thema Lebensversicherung steht angesichts steigender Lebenserwartung, niedriger Zinsen und Turbulenzen auf dem Kapitalmarkt immer wieder auf dem Prüfstand und Experten streiten sich über das Für und Wider dieser Art der Rentenvorsorge.

GDV Haus der Pressekonferenz
Dr. Peter Schwark (GDV) und Dr. Johannes Lörper (ERGO)
Dr. Peter Schwark vom GDV und ERGO-Vorstandsmitglied Dr. Johannes Lörper informierten in einem zeiteffizienten Werkstattgespräch sehr gut verständlich und mit vielen Diagrammen untermalt über die Vorsorgesituation der Deutschen und mögliche Mechanismen zum Schließen von Versorgungslücken.

Johannes Lörper ließ immer wieder Beispiele aus seinem privaten Umfeld einfließen. Der sympathische Finanzmathematiker gab uns einen kleinen Einblick in seine eigene Entscheidungsfindung bei der Wahl von Anlageprodukten.

Es wurde auch der oft gehörte Rat bestätigt, eine möglichst breite Streuung der Kapitalanlagen vorzunehmen. Selbst die viel gelobten Immobilien sollten nur zu einem gewissen Prozentsatz im Portfolio enthalten sein.

Mit der Altersvorsorge sollte bereits in jungen Jahren begonnen werden. Ein 30-Jähriger, der seinen Renteneintritt mit 67 und eine monatliche Rente von 500 Euro anstrebt, muss dann etwa 110.000 Euro auf dem Konto haben oder ab sofort monatlich 120 Euro sparen.

Verträge und gesetztliche Regularien sollen sicherstellen, dass dieser angehende Rentner einen Tag nach einem möglichen Finanzcrash den gleichen Betrag ausgezahlt bekommt wie sein Zwillingsbruder, der einen Tag vor dem Finanzcrash seine Auszahlung abruft. Ein wichtiges Instrument zur Gewährleistung dieser Sicherheiten stellen die Bewertungsreserven dar. Bewertungsreserven werden in ertragsreichen Jahren aufgebaut und in ertragsschwachen Jahren ausgeschüttet. Wegen des niedrigen Zinsniveaus werden zur Zeit Bewertungsreserven abgebaut. Das könnte insofern kritisch werden, wenn die Zinsen über längere Zeit auf diesem Tiefstand rangieren.

Interessant waren auch die Verhaltensmuster der Anleger, die zumeist prozyklisch auf den Markt reagieren und dadurch wertvolles Renditepotenzial verschenken.

Was die Lebenserwartung betrifft, liegen die subjektiven Schätzungen befragter Personen bis zu 10% unter den tatsächlichen Werten. So haben Frauen nach der Generationentafel des DAV eine Lebenserwartung von 90,69 Jahren und Männer eine Lebenserwartung von 85,91 Jahren. Da bisherige Lebensversicherungen eher auf eine Lebenserwartung von etwa 85 Jahren berechnet waren, wird sich bei vielen Anlegern danach eine erhebliche Versorgungslücke auftun.

Diese Versorgungslücke lässt sich nur durch die passende Vertragsgestaltung auffangen. Als "finanzmathematischen Schwachsinn" bezeichnete Dr. Lörper deshalb den Auszahlungsplan mit Verzinsung und Kapitalverzehr. Die "ewige Rente" sei noch eine gewisse Option. Das Produkt der Wahl sei demnach eine Rentenversicherung mit Verzinsung, Kapitalverzehr und einem Restguthaben aus der Versichertengemeinschaft. Auch wenn es makaber klingt, so profitiert doch der Längerlebende vom solidarisch abgelebten Mitversicherten.

In einem dritten Block gingen Dr. Schwark und Dr. Lörper noch auf die Kosten für Lebensversicherungen, Fonds- sowie Banksparpläne ein und stellten die längerfristigen Auswirkungen gegenüber. Auch wenn man die Eigenschaften von Finanzprodukten wie Sicherheit, Rendite, Verfügbarkeit und Komfort gegenüberstellt, lässt sich kein "besser" oder "schlechter" definieren, da jedes Finanzprodukt Stärken und Schwächen habe, die je nach Zweck der Anlage gewichtet werden müssen.

Leider mussten wir vor der abschließenden Fragerunde zu einem nächsten Termin aufbrechen, danken aber an dieser Stelle für dieses informative Plädoyer für die durch die Versichertengemeinschaft getragene Rentenversicherung.

Autor: Matthias Baumann

Donnerstag, 5. Dezember 2013

Moderner Staat - 17. Fachmesse und Kongress

Open Data, Open Knowledge, Open Source - der Öffentliche Dienst schließt sich den technologischen Trends der Zeit an. Die Stadt Köln setzt sogar Server mit SuSE Enterprise ein. Gerade das Beispiel Köln zeigt, dass findige Bürger die Initiative ergreifen und sich eigene Tools für die bessere Handhabung ohnehin veröffentlichter Daten der Ämter zu bauen.

So erwachsen die zielführenden Ideen gar nicht so oft aus den theoretischen Überlegungen von Arbeitskreisen, sondern aus den formulierten Bedürfnissen der Praxis. Laut Dirk Blauhut von der Stadt Köln freut sich so manch ein Beamter darüber, dass "seine" Daten endlich auch mal gebraucht werden.

Moderner Staat
Moderner Staat - 17. Fachmesse und Kongress
Allerdings sollten Open Data und Big Data nicht verwechselt werden. Open Data sind allgemein zugängliche Daten und Big Data beschreibt große Datenmengen, die durchaus vertrauliche Informationen enthalten können. Mit dem Handling von Big Data beschäftigte sich auch Heiko Hartenstein vom Fraunhofer FOKUS. Es müsse Metadaten, Kontextualisierung und Standardisierung geben, so dass sinnvolle Muster in extrem heterogenen Datenstrukturen erkennbar werden und sinnvoll genutzt werden können. Eines der Ziele sei es, diese Daten dann automatisch in Wertschöpfungsketten zu integrieren.

Dr. Johannes Loxen von SerNet zeigte die Vorteile von Open Source auf, die unter anderem in Wiederverwendbarkeit und breiter Entwicklungsfähigkeit bestehen. Damit liegt er mit uns auf einer Wellenlänge bezüglich Einsparung von Lizenzgebühren und Nutzung weiterer Kosteneffekte.

Die 17. Fachmesse mit begleitendem Kongress "Moderner Staat" fand gestern und vorgestern im Estrel Convention Center an der Sonnenallee statt.

Neben technisch orientierten Fachvorträgen ging es auch um allgemeine Fragen der Kostenoptimierung im öffentlichen Bereich. Das Wort "Nachhaltigkeit" wurde ganz groß geschrieben und mit entsprechenden Inhalten gefüllt. So komme der Begriffsursprung aus der Forstwirtschaft und sei auch im neuen Koalitionsvertrag in genau diesem Kapitel zu finden.

Die Teilnehmer der Podiumsdiskussion "Nachhaltigkeit im öffentlichen Sektor" waren sich einig, dass der Wandel in den Köpfen beginne. Die sogenannte "Silo-Mentalität" sei in den Behörden noch weit verbreitet und hindere innovative Ansätze wie das Shared Government. Laut Dr. Günther Bachmann, Generalsekretär des Rates für nachhaltige Entwicklung, habe sich der regelmäßige Nachhaltigkeitsbericht vom Reputationsmittel zum Steuerungsinstrument gewandelt.

Reflexion und Evaluierung tue der Verwaltung gut und helfe dabei, ihre wichtigsten Ressourcen, nämlich Legitimation und Vertrauen, zu erhalten und zu fördern.

Auf dieser 17. Fachmesse "Moderner Statt" stellten auch viele namhafte und kleinere Unternehmen ihre thematisch passenden Produkte und Leistungen vor. Darunter war auch das ITDZ aus Berlin, mit dem wir seit einiger Zeit in Kontakt stehen.

Autor: Matthias Baumann

Freitag, 29. November 2013

Diversity 2013 - Konferenz im Tagesspiegel

Seit gestern treffen sich Vertreter von Wirtschaft, Politik und Presse im Haus des Tagesspiegels, um über Aspekte der Vielfalt zu reden und neue Impulse mitzunehmen. "Diversity 2013" ist die Konferenz betitelt, zu der namhafte Firmen und die "Charta der Vielfalt" eingeladen hatten.

Diversity 2013 Tagesspiegel
Chefredakteur Casdorff - Diversity 2013 im Tagesspiegel
Schaut man im Langenscheidt-Wörterbuch Latein nach "diversitas", erhält man Übersetzungen wie "Verschiedenheit" oder "Widerspruch". Das sehr nahe Wort "dives" ergänzt diese Bedeutung jedoch noch um "reich", "reichhaltig" und "fruchtbar". Mit diesem letztgenannten Mehrwert von Diversity beschäftigen sich inzwischen viele Unternehmen, um ihre Marktposition zukunftsweisend auszubauen oder zu erhalten.

Diversity sei kein Sprint, sondern ein Marathon. Man habe mehrere Hürden zu nehmen, deren erste die Entscheidung für eine Akzeptanz von Vielfalt sei. Nach der Entscheidung folge ein entsprechendes Umdenken und nach dem Umdenken das Handeln. Das machte Tagesspiegel-Chefredakteur Stephan-Andreas Casdorff mit seinen einleitenden Worten deutlich.

Diversity 2013 Tagesspiegel
Staatsministerin Böhmer - Diversity 2013 im Tagesspiegel

Staatsministerin Prof. Dr. Maria Böhmer freute sich, dass die "Charta der Vielfalt" im gerade verabschiedeten Koalitionsvertrag namentlich erwähnt wurde. Sie zitierte Passagen von Seite 106 des 185 Seiten umfassenden Vertrages. Vielfalt sei inzwischen "Motor für Erfolg". Deshalb sei es wichtig, Ausländerbehörden mit ihren gelegentlich schwer nachvollziehbaren Entscheidungsprozessen in "Willkommens-Zentren" umzufunktionieren. Allerdings sei die deutsche Sprache eine der wichtigsten Voraussetzungen für das Bestehen auf dem inländischen Arbeitsmarkt. Es gehe dabei nicht nur um die Umgangssprache, sondern auch um fachspezifisches Vokabular.

Diversity 2013 Tagesspiegel
Wilfried Porth - Diversity 2013 im Tagesspiegel
Es ging ferner um den demographischen Wandel. Wilfried Porth, Personalvorstand der Daimler AG, berichtete in seiner Keynote, dass in zehn Jahren jeder zweite Mitarbeiter bei Daimler die 50 überschritten habe. Vorruhestand sei inzwischen kein Thema mehr, da im Zuge des allgemeinen Fachkräftemangels wertvolles Potenzial verloren gehen würde. Wilfried Porth gab jedoch zu bedenken, dass momentan noch eine gefährliche Gelassenheit herrsche, die wohl erst dann auf die demographischen Gegebenheiten reagiere, wenn es zu spät sei.

Der Personalvorstand der Daimler AG ist erprobt im Thema Diversity. Zum Ende der Apartheid leitete er eine Produktionsstätte in Südafrika. Dort habe man noch mit ganz anderen Konflikten im Rahmen der Diversity zu tun gehabt.

Auch Vorstandsmitglieder anderer Großunternehmen wie Frau Prof. Dr. Marion Schick von der Deutschen Telekom AG berichteten über Erfolge und Herausforderungen bei der gezielten Nutzung von Vielfältigkeit in ihren Unternehmen.

In den Pausen war Gelegenheit, mit den Teilnehmern ins Gespräch zu kommen. Ein Mitarbeiter der BSR Berliner Stadtreinigung erzählte vom Arbeitsalltag seiner Diversity-Abteilung.

Etwa zehn Mitarbeiter bieten Sprachkurse an, organisieren Essen mit internationalen Spezialitäten oder besuchen Seminare, die sich mit den unterschiedlichsten Ausprägungen von Diversity beschäftigen. Die BSR lebt Diversity. Es steht dort nicht nur eine Frau an der Spitze. Es wurde auch durchgesetzt, dass Frauen neuerdings auch aktiv an der Straßenreinigung teilnehmen dürfen. Eine besondere Herausforderung stelle die Überalterung der Müllwagenfahrer dar. Aber auch das wird die BSR wohl gut in Griff bekommen.

Alles in allem war die Diversity-Konferenz eine professionell organisierte und breit unterstütze Veranstaltung mit hochkarätigen Rednern zu den entsprechenden Fachthemen. Schade nur, dass Schalke-Spieler Kevin-Prince Boateng verletzt war und deshalb seine Keynote absagen musste.

Autor: Matthias Baumann

Montag, 25. November 2013

Frühstück mit dem Wehrbeauftragten des Bundestages

Es ist schon traurig, wenn man an die Erosion Europas im weltpolitischen Kontext denkt. Nicht nur, dass sich die Bevölkerungszahl ausdünnt. Auch wirtschaftlich legen insbesondere die asiatischen Länder so zu, dass Volker Tschapke, den wir bereits im Foyer des Hiltons trafen, von seiner Chinareise berichtete: "Die haben uns nicht eingeholt. Die haben uns schon überholt."

Wehrbeauftragter Hellmut Königshaus
Wehrbeauftragter Königshaus im Hilton am Gendarmenmarkt
Das herrliche Wetter und das gute Frühstück konnten die Stimmung deutlich verbessern, und so waren wir gespannt, was der Wehrbeauftragte des Deutschen Bundestages Hellmut Königshaus (FDP) zur Zukunft der Bundeswehr zu sagen hatte.

Der Wehrbeauftragte stellt die parlamentarische Kontrollinstanz der Bundeswehr dar. Unangemeldet darf er die zivilen und militärischen Einrichtungen besuchen und seine eigene Meinung zu wehrpolitischen Themen einbringen.

Diese Meinung korreliert nicht immer mit der des Verteidigungsministers, so dass ihm schon entgegengehalten wurde: "Der nervt".

Hellmut Königshaus ging in seiner Rede auf die präventiven Qualitäten von Drohnen, die Truppenstärke und demographische Herausforderungen ein. Auch das Thema Qualifikation in Breite und Tiefe spielte eine Rolle. Besonders bewegt war er über die soziale Situation in der Truppe mit einer hohen Rate an Scheidungen und sogar Suiziden. Die Truppe fungiere letztlich als eine Art Ersatzfamilie, da schon aus rein zeitlichen Gründen kaum soziale Kontakte zu Sportvereinen, Kirchenchören oder anderen Netzwerken möglich seien.

Wehrbeauftragter Hellmut Königshaus
Volker Tschapke und Hellmut Königshaus
Was den Verteidigungshaushalt betrifft, liegen Deutschland und die anderen EU-Staaten weit unter dem durch die NATO vorgesehenen Limit. Allein Polen setze konsequent den verfassungsmäßig festgeschriebenen Anteil am Bruttoinlandsprodukt für Verteidigungsausgaben ein.

Interessant war auch die Zusammensetzung des Publikums dieses durch die Preußische Gesellschaft organisierten Unternehmerfrühstücks. Es saßen diverse europäische und südamerikanische Militärattachés den Teilnehmern aus der Wirtschaft gegenüber. Der Militärattaché Polens freute sich über das Lob seines Landes und reihte sich in die anschließende Fragerunde ein.

Das Format dieses Unternehmerfrühstücks ermöglichte dann jedoch eine zügige Rückkehr in die Büros und die vor uns liegende Arbeitswoche.

Autor: Matthias Baumann

Mittwoch, 13. November 2013

Hauptstadtpreis für Integration und Toleranz 2013

23 Jahre ist es nun her, dass ich das letzte Mal das Eingangsportal der Charlottenstraße 36 durchschritten hatte. Der damalige Lückenbau des ZOD Zentrum für Organisation und Datenverarbeitung, Rechenzentrum des Berliner Bauwesens, welches Standort der ersten acht Jahre meines Berufslebens als Informatiker war, ist nun einem stilecht den klassizistischen Nachbargebäuden nachempfundenen Haus gewichen.

Hauptstadtpreis Deutsche Bank Norbert Lammert Bundestagspräsident
Hauptstadtpreis 2013 im Atrium der Deutschen Bank
Der Blick in den Hinterhof aus dem einzigen Fenster des Großrechnerraumes war noch gut in Erinnerung. Diesen Hof gibt es immer noch: das Atrium der Deutschen Bank mit einer Glasüberdachung, die den Bereich auch bei ungünstigen Witterungsverhältnissen nutzbar macht.

In diesem Atrium fand heute die Verleihung des Hauptstadtpreises für Integration und Toleranz 2013 statt. Dieser wurde in diesem Jahr zum sechsten Mal vom Initiative Hauptstadt Berlin e.V. ausgeschrieben.

Vereine, Projekte und nichtstaatliche Institutionen aus Berlin konnten sich um diesen Preis bewerben. Die Jury bestand unter anderem aus Suat Bakir von der TD-IHK, dem ehemaligen Finanzsenator Peter Kurth und dem IHB-Vorsitzenden Christoph Wegener. Sponsoren wie Hochtief oder die COPRO-Gruppe hatten über die Jahre mehr als 100.000 Euro für den Hauptstadtpreis zusammengetragen.

Die Preisträger 2013 waren mit zahlreichen Projektbeteiligten anwesend, so dass das Publikum insgesamt sehr heterogen wirkte. Letztlich passte das aber auch zum Charakter dieser auf ethnische und religiöse Diversity zugeschnittenen Veranstaltung.

Hauptstadtpreis Deutsche Bank Norbert Lammert Bundestagspräsident
Hauptstadtpreis 2013 - Theaterprojekt SATOE
Der dritte Preis ging an den Street University City Berlin e.V., der sich um die Förderung junger Menschen im Kiez verdient gemacht hatte. So können Jugendliche für ein Jahr verschiedene Kurse belegen und anschließend einen Master of Street University erhalten. "Jeder Mensch hat Potenzial", ist der motivierende Tenor dieser Initiative, die die Identität ihrer oftmals orientierungslosen Zielgruppe stärkt.

Der mit 5.000 Euro dotierte zweite Preis ging an den Maler- und Lackierermeister Cemal Ates, der während seiner 25 Jahre unternehmerischer Tätigkeit  in Berlin bereits 150 Praktikanten mit Migrationshintergrund und teilweise körperlichen Behinderungen bei sich angestellt hatte. Auch vor schwer erziehbaren Jugendlichen scheut sich Malermeister Ates nicht. Er sieht sie als besondere Herausforderung an und freut sich über Erfolge in deren Sozialverhalten.

Der erste Preis wurde von Suat Bakir übergeben und ging an JUGA. JUGA steht für "jung - gläubig - aktiv". In diesem Projekt treffen sich Christen, Muslime, Bahai und Juden zum Austausch über Ihre religiösen Ansichten, ohne sich gegenseitig zu missionieren. Es werden gemeinsame Aktionen wie das Putzen der überall im Stadtgebiet verteilten "Stolpersteine" durchgeführt. JUGA hat einen Ethikcodex mit sieben Schwerpunkten aufgestellt: Verantwortung, Offenheit, Gerechtigkeit, Respekt, Vergebung, Empathie und Wissen.

Ein Sonderpreis ging an das ethnisch durchmischte Theaterprojekt "SATOE Gesegnete Heimat", welches sich mit der Thematik von Migranten in zweiter Generation auseinandersetzt, deren Identität zwischen der Zugehörigkeit zur alten und zur neuen Heimat schwankt.

Hauptstadtpreis Deutsche Bank Norbert Lammert Bundestagspräsident
Bundestagspräsident Prof. Dr. Norbert Lammert - Hauptstadtpreis
Im Vorfeld hatten wir uns besonders auf das Grußwort von Bundestagspräsident Prof. Dr. Norbert Lammert gefreut. Seine spitzfindigen und den Kern der Sache treffenden Reden ohne Ansehen der Person hatten uns schon immer begeistert. Auch seine heutigen Ausführungen waren ein Genuss an scharfsinniger Wortwahl und Inhalten.

So sei die Akzeptanz der Rechtsordnung "auf der Ebene normativer Sätze unangefochten, jedoch in der Praxis anders". Norbert Lammert ging insbesondere auf das Thema Integration durch Erlernen der deutschen Sprache ein. Eine Schule in Berlin habe das bemerkenswerte Projekt gestartet, Deutsch als Hauptkommunikationssprache im Unterricht und auf dem Schulhof einzuführen. Daraufhin habe man sich den Vorwurf der Zwangsgermanisierung gefallen lassen müssen.

Die Sprache sei jedoch einer der entscheidenden Faktoren einer erfolgreichen Integration. Allerdings gebe es noch erhebliche Mängel bei der Integrationsbereitschaft, da sich beide Seiten verweigern. Die Deutschen sollten doch bitte bei der Integration helfen.

Was das oft gebrauchte Schlagwort "Toleranz" betrifft, sei das ein rein humanes Thema, da die Natur per se keine Toleranz kenne. Toleranz sei der große Bruder der Freiheit. Eindringlich warnte er jedoch auch davor, Toleranz mit Dummheit zu verwechseln.

Abgerundet wurde der Abend durch die musikalische Begleitung des Upsala Quartetts und ein hervorragendes italienisches Catering.

Autor: Matthias Baumann