Posts mit dem Label SiPol werden angezeigt. Alle Posts anzeigen
Posts mit dem Label SiPol werden angezeigt. Alle Posts anzeigen

Freitag, 9. August 2019

Crew VII/2019 an der Marineschule Mürwik in Flensburg vereidigt

Die Marineschule Mürwik in Flensburg gilt als eine der schönsten Liegenschaften der Bundeswehr. Sie wurde sogar kurzzeitig als Austragungsort des Großen Zapfenstreiches für Ursula von der Leyen diskutiert. Dass sie öfter für Große Zapfenstreiche genutzt wird, belegen die Berichte des Wachbataillons und die Wachsflecken auf den Stufen zur Hafenanlage. Bezüglich Bausubstanz und Zustand könnte als ziviler Vergleich das Schloss Neuschwanstein herhalten.

Crew VII/2019 an der Marineschule Mürwik in Flensburg vereidigt
Crew VII/2019 an der Marineschule Mürwik in Flensburg vereidigt - Fahnenabordnung und Gelöbnisabordnung kurz vor der Vereidigung
Das "Rote Schloss am Meer" wurde 1910 durch Kaiser Wilhelm II. eingeweiht und erlebte epochale Wandel. Bereits bei der Anfahrt zuckten die etwa 40 Soldaten des Wachbataillons zusammen, als ihnen noch einmal nahegelegt wurde, unbedingt auf den korrekten Sitz von Knöpfen, Hosen und sonstigen Uniformteilen zu achten. Man würde gerne auf die zu erwartenden stundenlangen Rechtfertigungen auf den Gängen der Schule verzichten.

Crew VII/2019 an der Marineschule Mürwik in Flensburg vereidigt
Crew VII/2019 an der Marineschule Mürwik in Flensburg vereidigt - Rotes Schloss am Meer
Wie straff die Kleiderordnung gehandhabt wird, erlebten wir aus unmittelbarer Nähe. Ein Fregattenkapitän bekam nämlich "eins auf die Mütze", weil der weiße Teil seiner Kapitänsmütze nicht straff genug aufgespannt war - ähnlich einer Kochmütze. Bei den anderen Offizieren war das weiße Oberteil - hier gibt es sicher einen Fachbegriff - so straff gespannt, dass jeden Moment ein Plopp mit anschließendem Abflug zu erwarten war. Die Legende erzählt, dass auch im Essenssaal harte Regeln bestanden hatten. So durften die Studenten erst dann aufstehen, wenn auch der Admiral aufgestanden war. Bei zeitversetztem Essen etwas praxisfremd. Das scheint inzwischen etwas entspannter zu sein. Auch außerhalb der Bundeswehr gibt es Personen, die solche harten Vorschriften mögen: zum Beispiel meine Frau.

Crew VII/2019 an der Marineschule Mürwik in Flensburg vereidigt
Crew VII/2019 an der Marineschule Mürwik in Flensburg vereidigt - Vorübung am Donnerstag in Flecktarn
Heute wurde die Crew VII/2019 vereidigt. Crew ist hier als Studienjahrgang zu verstehen. Anhand stilbrechender Mützen in der Gelöbnisaufstellung war zu erkennen, dass auch Franzosen, Polen, Afrikaner und weitere Nationalitäten an der Marineschule Mürwik studieren. Es war sogar ein Heeresoffizier mit Schirmmütze erschienen. Graue Schirmmützen müssen inzwischen selbst gekauft werden, da das Heer das Barett zum Standard erklärt hat. Der Träger meinte jedoch, dass Schirmmützen "wieder im Kommen" seien.

Crew VII/2019 an der Marineschule Mürwik in Flensburg vereidigt
Crew VII/2019 an der Marineschule Mürwik in Flensburg vereidigt - Schirmmütze des Heeres vor gestelltem Gruppenfoto mit Offiziersanwärtern der Crew VII/2019
Für die Vereidigung war die 4. Kompanie des Wachbataillons angereist. Es ist zwar unüblich, dass das Wachbataillon bei Gelöbnissen einer Teilstreitkraft auftritt, aber auf Nachfrage lässt sich das gelegentlich einrichten. Immerhin ist die kleine 4. Kompanie die Marinekompanie im Wachbataillon. Besser gesagt, sind die Soldaten dieser Kompanie Marineinfanteristen. Das ist ein wichtiges Detail, denn die "echten" Marinesoldaten reißen ihre Witze über die Marineinfanterie. Diese ist nämlich vorrangig für Sicherungsaufgaben an Land, also im Hafen, am Strand oder in Küstennähe mit Schnellbooten eingesetzt. Viele von ihnen haben in ihrer Dienstzeit noch nicht eine Seemeile zurückgelegt. Dafür aber viele Kilometer im Bus.

Crew VII/2019 an der Marineschule Mürwik in Flensburg vereidigt
Crew VII/2019 an der Marineschule Mürwik in Flensburg vereidigt - Rasurkontrolle und letzte Korrekturen an der Kleidung der 4. Kompanie des Wachbataillons
Die Vereidigung lief wie üblich ab: Einmarsch der Offiziersanwärter, Einmarsch der Truppenfahnen mit Ehrenformation, dazu Musik vom Heeresmusikkorps Hannover. Wegen der atemberaubenden Kulisse fiel es gar nicht so sehr auf, dass die Hannoveraner in Heeresuniform über den Rasen marschierten und damit den Stil der Gesamtformation brachen. Hinter der Truppenfahne des Wachbataillons wurde die Truppenfahne der Marineschule Mürwik getragen und dahinter folgte die Truppenfahne einer polnischen Partnerschule. Auch das stellte einen gewissen Stilbruch dar, weil Fahnenträger aus anderen Ländern ihre eigenen Bewegungen und Fahnenhaltungen haben. Optisch erinnerte es an die demokratischen Aufbrüche in Polen zur Zeit der Solidarność.

Crew VII/2019 an der Marineschule Mürwik in Flensburg vereidigt
Crew VII/2019 an der Marineschule Mürwik in Flensburg vereidigt - Flottillenadmiral Abry vor der Marineschule Mürwik
Die Rede des Leiters der Schule, Flottillenadmiral Abry, war eine überzeugende PR für die Schule. Er zeigte sich begeistert von der eigenen Bildungseinrichtung und motivierte die Soldaten, sich mit Tradition und Moderne zu beschäftigen. Danach hielt der Präsident des Schleswig-Holsteinischen Landesverfassungsgerichts, Bernhard Flor, seine Rede. Zunächst erklärte er ausführlich mehrere Artikel des Grundgesetzes. Auch lernten die Zuhörer, dass die Bundeswehr deshalb eine Parlamentsarmee sei, weil das Parlament über deren Bezahlung entscheide. Neu war auch der Wunsch, den er am Ende gegenüber den zukünftigen Marineoffizieren aussprach: "Ich wünsche Ihnen die sprichwörtliche Handbreit Wasser unter dem Wasser!"

Crew VII/2019 an der Marineschule Mürwik in Flensburg vereidigt
Crew VII/2019 an der Marineschule Mürwik in Flensburg vereidigt - Welcher Dienstgrad ist das? Bestimmung der Dienstgrade ist erlernbar in drei Tagen: Das Foto zeigt einen Fregattenkapitän alias Kap'tän alias Oberstleutnant. Die Streifen sind entscheidend. Der Stern hat für die Bestimmung des Dienstgrades keine Bedeutung..
Da es sich um Offiziersanwärter und nicht um Rekruten handelte, wurde geschworen und nicht gelobt. Deshalb war das auch kein Gelöbnis, sondern eine Vereidigung. Wie wichtig die Verwendung der korrekten Begriffe ist, kann der Besucher der Marineschule in einem Selbsttest erfahren, wenn er durch die Gänge wandelt, anerkennend nickend auf die vielen Exponate an der Wand zeigt und zu einem der Herren mit gut gespannter Offiziersmütze sagt: "Das sind aber große Paddel hier."

Videos:
Vereidigung der Crew VII/2019 an der Marineschule Mürwik in Flensburg
Vorübung zur Vereidigung der Crew VII/2019 an der Marineschule Mürwik in Flensburg

Autor: Matthias Baumann

Donnerstag, 25. Juli 2019

Annegret Kramp-Karrenbauer besucht das Einsatzführungskommando in Schwielowsee

Das Plastikschild mit der Aufschrift "PRESSE" verschmolz heute mit den Konturen des Armaturenbretts. Schon um halb zehn war es unangenehm heiß. "Brauchen Sie Sonnencreme?", wurden die reichlich erschienenen Pressevertreter gefragt. Eine Kiste mit kleinen Sonnencremetuben stand bereit. Wer verneinte, hörte: "Sie brauchen Sonnencreme!"

Im Juni vor zwei Jahren hatte Frank-Walter Steinmeier im Einsatzführungskommando seinen Antrittsbesuch bei der Bundeswehr absolviert. Damals war es ähnlich heiß, aber nur etwa fünf externe Pressevertreter vor Ort. Er war mit dem Auto angereist. Annegret Kramp-Karrenbauer wurde heute mit dem Hubschrauber erwartet.

Annegret Kramp-Karrenbauer #AKK besucht das Einsatzführungskommando in Schwielowsee
Annegret Kramp-Karrenbauer #AKK besucht das Einsatzführungskommando in Schwielowsee - Generalleutnant Erich Pfeffer zeigt der Ministerin den "Ehrenhain Kunduz, Afghanistan".
Kurz nach elf waren die Rotorblätter des "Cougars" der Flugbereitschaft zu hören. Es war derselbe Hubschrauber, der uns Anfang des Jahres in den Himmel über Wunstorf gehoben hatte. In jener Gegend war die frisch gebackene Ministerin gestern. Sie hat ein straffes Pensum: Dienstag vor einer Woche die Entscheidung, Verteidigungsministerin zu werden. Am Mittwoch die Amtseinführung mit militärischen Ehren. Am Samstag die erste rede beim Gelöbnis zum 20. Juli und gestern die Vereidigung im Bundestag. Unmittelbar nach der Vereidigung mit Learjet nach Celle, dort gelernt, wie Unteroffiziere und Feldwebel an Gewehren und Pistolen ausgebildet werden. Heute Einsatzführungskommando.

Annegret Kramp-Karrenbauer #AKK besucht das Einsatzführungskommando in Schwielowsee
Annegret Kramp-Karrenbauer #AKK besucht das Einsatzführungskommando in Schwielowsee - Oberstleutnant in Flecktarn mit dem Abzeichen des Einsatzführungskommandos: Adler auf goldenem Grund mit Eisernem Kreuz als Zeichen der Verbundenheit des Landes Brandenburg mit der Bundeswehr
Auf dem Landeplatz wurde sie von Generalleutnant (3 Sterne) Erich Pfeffer begrüßt. Erich Pfeffer trägt normalerweise eine Gebirgsjägermütze. Diese hatte er abgesetzt und hielt sie fest in der Hand - wegen der extremen Saugkraft der Rotorblätter. Die erste Begegnung war sehr ungezwungen und freundlich. Die Ministerin verschwand dann sehr schnell in ihre schwarzen Limousine und wurde zum Kommandogebäude gebracht. Während sie sich ohne Presse über die aktuelle Lage in den Einsatzgebieten informierte, bekamen wir eine Einweisung in die Operationszentrale.

Das Gespräch über die Lagebilder dauerte deutlich länger als geplant. Annegret Kramp-Karrenbauer setzte Prioritäten und nahm sich die Zeit für die Inhalte ihrer neuen Arbeit. Die Presse konnte warten. Nachdem sie durch die Panzertür zur Operationszentrale getreten war, bekam auch sie eine kurze Einweisung in die Besonderheiten dieses wichtigen Ortes. Sie und General Pfeffer fühlten sich dadurch sichtlich gelangweilt. Das änderte sich, als die Liveschaltung zu den drei Einsatzorten Gao (MINUSMA in Mali), Erbil (Counter Daesh im Irak) und Mazar-e-Sharif (Resolute Support in Afghanistan) hergestellt war. Die Ministerin stellte Fragen zur aktuellen Lage, zur Ausrüstungssituation, zur Einsatzdauer und dem Ausbildungsstand. Immer wieder machte sie Notizen. In den nächsten Wochen wird sie verschiedene Einsatzgebiete bereisen.

Annegret Kramp-Karrenbauer #AKK besucht das Einsatzführungskommando in Schwielowsee
Annegret Kramp-Karrenbauer #AKK besucht das Einsatzführungskommando in Schwielowsee - Kranzniederlegung am "Ort der Stille"
Es folgten der obligatorische Gästebucheintrag, ein Gespräch mit Soldaten und ein Pressestatement. Bei Letzterem durften diesmal auch Fragen gestellt werden. Anschließend ging es in den benachbarten Wald der Erinnerung. Interessiert schaute sich AKK die Gedenksteine mit den Namen der im Einsatz gestorbenen Soldaten an. Das Areal ist so angelegt, dass der Besucher durch die Namensstelen hindurch direkt auf den "Ort der Stille" zukommt. Dort ist ein riesiges Eisernes Kreuz befestigt - das Symbol der Bundeswehr. Hier legte Annegret Kramp-Karrenbauer einen Kranz nieder. Begleitet wurde das durch ein Trompetenstück: "Ich hatt' einen Kameraden".

Das Zuhören und das Interesse an den Themen der Bundeswehr sorgten dafür, dass die Ministerin kaum auf die Presse achtete. Wer gestellte Fotos für die Titelseite einer Zeitung brauchte, ging heute leer aus. Egal, wichtiger ist die Arbeit, die sie zu tun hat. Und davon wartet reichlich auf sie.

Videos:
Besuch von Annegret Kramp-Karrenbauer im Einsatzführungskommando
Pressestatement im Einsatzführungskommando
Liveschaltung in drei Einsatzgebiete der Bundeswehr

Autor: Matthias Baumann

Samstag, 20. Juli 2019

20. Juli 2019 und das Gelöbnis im Bendlerblock

Der 20. Juli entwickelt sich zu einem Tag der multiplen Bedeutungen: Am 20. Juli 1944 scheiterte der Anschlag auf Hitler und Stauffenberg wurde noch in derselben Nacht erschossen. Das war vor genau 75 Jahren. Am 20. Juli 1969 gelang die erste Mondlandung, der bis heute nachgesagt wird, sie sei in Hollywood gedreht worden. Das war vor genau 50 Jahren. Am 20. Juli 1967 starb Heinrich Steinbeck. Er war der Komponist des Regimentsgrußes, der regelmäßig beim Ausmarsch der Ehrenformation nach militärischen Ehren gespielt wird. Das Fatale daran ist allerdings, dass das vor genau 52 Jahren war. Damit können noch 18 Jahre lang Urheberrechte für ein Stück geltend gemacht werden, dessen Anlässe und Interpreten bereits über unsere Steuern finanziert sind.

20. Juli 2019 Gelöbnis Bendlerblock AKK Kramp-Karrenbauer Bundeskanzlerin Angela Merkel
20. Juli 2019 Gelöbnis Bendlerblock - Bundeskanzlerin Angela Merkel und die neue Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer im Gespräch mit der Rekrutenabordnung; im Hintergrund links Generalinspekteur Eberhard Zorn und rechts hinter der Kanzlerin der Kommandeur des Wachbataillons, Oberstleutnant Kai Beinke
Der 20. Juli 2019 stand ganz im Zeichen der neuen Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer. Der Presseandrang war ungewohnt hoch und die Redakteure lauerten auf den nächsten Fauxpas der neuen Ministerin aus dem Saarland. Aber weder die Kanzlerin zitterte, noch lieferte Annegret Kramp-Karrenbauer Anlass zum Spott.

Ganz im Gegenteil: Angela Merkel und AKK nahmen sich viel Zeit für den direkten Kontakt mit den Rekruten an der Truppenfahne. Sie stellten Fragen und hörten interessiert zu. Die herzliche, aber bestimmte Körperhaltung sowie der feste Blick der neuen Ministerin lassen erwarten, dass sie das Amt mit Gewissenhaftigkeit und Energie ausfüllen wird.

20. Juli 2019 Gelöbnis Bendlerblock AKK Kramp-Karrenbauer Bundeskanzlerin Angela Merkel
20. Juli 2019 Gelöbnis Bendlerblock - Die Alten und die Neuen: Im Vordergrund Soldaten der 5. Kompanie des Wachbataillons und im Hintergrund Rekruten des Wachbataillons
Die Kanzlerin und auch Annegret Kramp-Karrenbauer würdigten in ihren Reden die Bürger in Uniform und insbesondere die Soldaten in den Auslandseinsätzen. Thema war auch das gescheiterte Attentat auf Hitler vor 75 Jahren und die Pflicht des Nachdenkens statt des blinden Gehorsams.

Die heute stellvertretend zum Gelöbnis erschienenen Soldaten kommen aus folgenden Einheiten: Panzergrenadierbataillon 212 aus Augustdorf, Wachbataillon aus Berlin, Logistikbataillon 171 aus Burg, Informationstechnikbataillon 281 aus Gerolstein, Sanitätsregiment 1 aus Weißenfels, Marineunteroffizierschule aus Plön und Luftwaffenausbildungsbataillon aus Roth.

Videos:
Gelöbnis zum 20. Juli 2019 im Bendlerblock
Rede der neuen Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer

Autor: Matthias Baumann

Mittwoch, 17. Juli 2019

AKK ersetzt UvdL als Verteidigungsministerin

Gelächter schallte über den Parkplatz des Verteidigungsministeriums (BMVg). Ein Kameramann hatte gerade den Witz "AKK47" gerissen, der eine Kombination aus der Abkürzung AKK für Annegret Kramp-Karrenbauer und dem russischen Sturmgewehr AK47 (Kalaschnikow) ist. Während AKK im Saarland eine geschätzte Persönlichkeit war, macht sie sich in der Hauptstadt ständig zum Gespött der Medien. Wird über AKK berichtet, dann über eine linkische Reaktion auf die YouTube-Szene oder einen peinlichen Versprecher im Kreise von CDU-Freunden.

Beim Pressestatement nach ihrem heutigen Amtsantritt waren keine Fragen zugelassen. Das liegt zwar in der Natur eines Statements, war aber für die reichlich anwesende Presse wenig befriedigend. So wird sie wohl nicht nur an den Fronten in Mali, Afghanistan und anderen Auslandseinsätzen kämpfen müssen, sondern einen erheblichen Gegenwind von der Presse bekommen. Sie wäre nicht die erste Spitzenpolitikerin, die mit der Presse steht und fällt. Macron wurde durch die Presse zum Präsidenten "gemacht", Martin Schulz wurde durch die Presse hochgejubelt und Martin Schulz wurde durch die Presse "wie eine Tontaube" abgeschossen.

AKK Kramp-Karrenbauer neue Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen Bendlerblock militärische Ehren
#AKK Annegret Kramp-Karrenbauer wird neue Verteidigungsministerin. Mit Ursula von der Leyen steht sie auf dem roten Podest im Bendlerblock und bekommt zum Amtsantritt die vorgesehenen militärische Ehren.


Die Entscheidung, Annegret Kramp-Karrenbauer zur Nachfolgerin Ursula von der Leyens zu machen, muss wohl sehr kurzfristig gefallen sein. Vermutlich gestern kurz vor halb eins. Das Wachbataillon stand nämlich im Ehrenhof des Kanzleramtes und wartete auf das Erscheinen von Angela Merkel. Sie sollte ein Geburtstagskind aus dem Musikkorps der Bundeswehr beglückwünschen. Zuvor hatte der betreffende Musiker noch Fotos mit Instrument und Luftballon aufgenommen und freute sich auf das Händeschütteln mit der Kanzlerin. Die Kanzlerin erschien jedoch nur wenige Sekunden vor dem Eintreffen der Ministerpräsidentin von Moldawien. Sie hatte im Büro bis Ultimo mit AKK geredet.

Die Saarländerin hatte wohl auch im BMVg niemand als Nachfolgerin auf dem Radar. Ein Wunschkandidat wäre Peter Tauber gewesen. Immerhin ist er Hauptmann der Reserve. Insgesamt bleibt bei diesem spontanen und intransparenten Personalkarussell ein gewisser Beigeschmack. Wer entscheidet? Nach welchem Schema laufen die Entscheidungsprozesse?

AKK muss zeigen, was sie als ehemalige Innenministerin des Saarlandes über Sicherheitspolitik gelernt hat. Sie muss Erfolge bei der Ausrüstung der Bundeswehr vorweisen und dem Bundestag die 2% des Bruttoinlandsproduktes für den Verteidigungshaushalt aus den Rippen leiern. Wenigstens hat sie Peter Tauber und Thomas Silberhorn als Parlamentarische Staatssekretäre bestätigt. Zudem hat sie einen regionalen Bezug zum Generalinspekteur. Eberhard Zorn stammt nämlich auch aus dem Saarland. Die frankophile AKK könnte einen wichtigen Beitrag zum Aufbau gemeinsamer europäischer Streitkräfte leisten. Vielleicht war das der finale Punkt zur Entscheidung.

Der nächste wichtige Schritt für die neue Ministerin ist wohl, die Truppe für sich zu gewinnen.

Video:
Militärische Ehren zum Amtsantritt von Annegret Kramp-Karrenbauer #AKK

Autor: Matthias Baumann

Montag, 15. Juli 2019

Israels Luftwaffe zu Gast in Berlin

Seit 1948 hat sich Israel gegen personell weit überlegene Nachbarn zu verteidigen. Wer der eigenen Hybris oder dem allgemeinen Hass auf alles Jüdische folgte und sich mit dem winzigen Staat anlegte, zahlte in der Regel einen hohen Preis: Am Boden zerstörte Luftwaffen, umfangreiche Gebietsverluste oder festsitzende Flüchtlinge. Besonders hart hatte es die Palästinenser getroffen, die eigentlich nur mal kurz die Fläche räumen wollten, bis Israel "ins Meer getrieben" sein würde.

Inzwischen ist Israel ein wichtiger Berater in Sicherheitsfragen für die westliche Welt. Es stellt die berühmte Handfeuerwaffe UZI und allseits begehrte Drohnen her. Fallschirmjäger werden in der Nahkampftechnik Krav Maga ausgebildet und regelmäßig fliegen Expertenteams zwischen Israel und Deutschland hin und her. Der aktuelle israelische Botschafter hat eine Vergangenheit als Sicherheitsexperte.

Israeli Air Force Amikam Norkin Berlin Inspekteur Luftwaffe Generalleutnant Ingo Gerhartz
Kommandeur der Israeli Air Force (IAF), Generalmajor Amikam Norkin, besucht in Berlin den Inspekteur der Luftwaffe, Generalleutnant Ingo Gerhartz.
Heute trafen sich der Inspekteur der Luftwaffe, Generalleutnant Ingo Gerhartz, und sein israelischer Kollege - pardon Kamerad - Generalmajor Amikam Norkin in Berlin. Das war eine der seltenen Gelegenheiten, militärische Ehren mit einer sortenreinen Luftwaffen-Kompanie mitzuerleben.

Die israelische Luftwaffe ist legendär und im Nahen Osten zu Recht gefürchtet. Mit 322 Kampfflugzeugen ist Israel nach Ägypten (375) und Saudi Arabien (333) die stärkste Luftmacht in der Region. Dabei handelt es sich vorrangig um F15 und F16. Mit seinen 490 Kampfpanzern rangiert es auf Platz 6 und mit seiner Mannschaftsstärke von 169.500 auf Platz 5. Die technologische Überlegenheit kompensiert das jedoch problemlos. Israel hat seine Anstrengungen auf dem Cyber-Sektor seit 2012 stark erhöht und führt auch Lagebereinigungen in der 5. Dimension - dem Cyber-Informationsraum - durch.

Hinzu kommt, dass jeder Israeli Wehrdienst leisten muss: Frauen 24 Monate, Männer 32 Monate und Offiziere entsprechend länger. Bei 8,5 Millionen Einwohnern gibt es 465.000 Reservisten. Die Altersgrenze beträgt dort 40 Jahre. Für Spezialisten gilt eine Altersgrenze von 54 Jahren. Der heutige Gast, Amikam Norkin, ist 52 Jahre alt.

Video:
Militärische Ehren für den Kommandeur der israelischen Luftwaffe, Amikam Norkin

Autor: Matthias Baumann

Samstag, 13. Juli 2019

Tag der offenen Tür 2019 in der Julius-Leber-Kaserne

Julius Leber wurde im Januar 1945 in Plötzensee hingerichtet. Plötzensee befindet sich in der Nachbarschaft der heutigen Julius-Leber-Kaserne. Als sozialdemokratischer Reichstagsabgeordneter war er schon in den ersten Tagen der nationalsozialistischen Herrschaft inhaftiert worden und verbrachte einige Jahre in Gefängnissen und Konzentrationslagern. 1937 kam er frei und tauchte in Berlin unter. Er nahm Kontakt zu Claus Graf Schenk von Stauffenberg auf und sollte nach einem gelungenen Attentat neuer Innenminister werden. Julius Leber wurde jedoch bereits am 5. Juli 1944 verhaftet - also zwei Wochen vor dem Stauffenberg-Attentat. Er wurde zur Veranstaltung eines Schauprozesses benutzt. Im Januar 1945 wurde sein Todesurteil vollstreckt.

Tag der offenen Tür 2019 Julius-Leber-Kaserne Wachbataillon
Tag der offenen Tür 2019 in der Julius-Leber-Kaserne - Flagge des Wachbataillons
Die Julius-Leber-Kaserne wurde einst von den französischen Alliierten genutzt und hieß bis Ende der 1980er Jahre "Quartier Napoleon". Das war wohl auch der Grund, warum heute so viele Franzosen durch das Besucherbild des Tages der offenen Tür liefen. Man erkannte sie am anderen Flecktarn. Die Farben sind zwar denen der Bundeswehr ähnlich, aber die grünen und braunen Flächen viel größer. Zudem liefen sie mit Sturmgewehren durch die Gäste. Der Laie hätte bei diesem Anblick Angst bekommen. Es waren aber keine Magazine eingesetzt.

An der dynamischen Vorführung des Heeres nahmen auch Franzosen mit einem Infanteriepanzer VBCI teil. Der Programmpunkt ließ eine Gefechtssimulation mit Knall und Peng erwarten. Es blieb jedoch beim bildstarken Durchpflügen einer großen Wiese auf dem Gelände der Julius-Leber-Kaserne. Sehr zur Freude des Wachbataillons, das nun endlich auf das eigene Grundstück ausweichen kann, falls die Löscharbeiten auf den Truppenübungsplätzen im Umland wieder etwas länger dauern.

Tag der offenen Tür 2019 Julius-Leber-Kaserne Wachbataillon Heer
Tag der offenen Tür 2019 in der Julius-Leber-Kaserne - dynamische Vorführung von Panzern wie Leopard 2, Fennek, VBCI (Véhicule Blindé de Combat d’Infanterie) und Fuchs. Hier im Bild ist ein Transportpanzer Fuchs zu sehen, mit dem auch Rundfahrten mit Besuchern durchgeführt wurden. Auch das Wachbataillon hat Transportpanzer Fuchs im Einsatz.
Die neu in die Kaserne eingezogene GSG9 trat gar nicht in Erscheinung und die Protokoll-Vorführung der Feldjäger fand diesmal auch nicht statt. Die Feldjäger hatten eine statische Fahrzeugpräsentation aufgebaut, die von Kindern und interessierten Erwachsenen berührt und beklettert werden durfte. Besonders praktisch waren die Karrierecenter der Bundeswehr. Sie boten am Nachmittag einen guten Schutz vor Gewitter und Starkregen. Über den zusätzlich gewonnenen Nachwuchs lagen bis Redaktionsschluss keine belastbaren Zahlen vor.

Jedenfalls freute sich Oberstleutnant Kai Beinke, der Kommandeur des Wachbataillons, über die zahlreich erschienenen Gäste. Er war selbst in Flecktarn unterwegs und tauchte mal hier und mal dort auf. Auch das S3-Protokoll des Wachbataillons hatte alle Hände voll zu tun. Am Ende demonstrierte der Drill Sergeant sogar, wie Bundeswehr-Flecktarn bei 100-prozentiger Durchnässung aussieht. Er hatte keine Zuflucht im Karrierecenter gefunden, sondern das Drillteam vorbereitet. Kaum war der letzte Regentropfen gefallen, trat ein Drillteam der 4. Kompanie auf. Die 4. Kompanie des Wachbataillons ist eine Marinekompanie und besteht nur aus etwa 40 Soldaten. Gerade waren sie von einem "Gastspiel" aus Kanada zurückgekehrt und mussten nun im verregneten Deutschland die Karabiner 98 durch die Luft wirbeln.

Tag der offenen Tür 2019 Julius-Leber-Kaserne Platzkonzert
Tag der offenen Tür 2019 in der Julius-Leber-Kaserne - Auf der Bühne am Bärchenplatz wurden mehrere Platzkonzerte veranstaltet. Hier sind französische Musiker zu sehen.
Sehr positiv fiel die Versorgung mit Trinkwasser auf. Überall standen Paletten mit kleinen Wasserpäckchen, wie sie in der Bundeswehr üblich sind: 500 ml in lila mit Babyaufdruck. Das muss also sehr gesund sein. Es gab auch wieder einige Infostände: Militärseelsorge, Reservisten, T-Shirt-Verkäufer und weitere wichtige Einrichtungen. Zusätzlich konnte man sich bei der Tombola aufhalten, Sandkastenspiele mitmachen, Waffen anschauen, ein Feldlager betreten und sich Flyer über einen Einstieg beim Wachbataillon mitnehmen.

Auf der Bühne am Bärchenplatz - wegen der zwei kleinen Bären rechts und links der Freitreppe - fanden die meisten Vorführungen statt. Es gab ein Platzkonzert des Reservisten Musikzugs Schleswig-Holstein, diverse weitere Musikdarbietungen, eine Vorführung des Salutzuges und den bereits genannten Auftritt des Drillteams.

Man konnte sich hier problemlos mehrere Stunden aufhalten und brauchte keine Bedenken zu haben, einen Programmpunkt zu verpassen. Einige der Vorführungen wurden nämlich mehrfach veranstaltet. Bei cleverer Planung konnte man in vier Stunden sämtliche spannende Dinge mitgenommen haben. Vielen Dank für die gute Organisation dieser Veranstaltung!

Videos:
Drillteam des Wachbataillons
Dynamische Vorführung verschiedener Panzer

Autor: Matthias Baumann

Montag, 24. Juni 2019

Bundespräsident besucht die Streitkräftebasis an der LogSBw in Garlstedt

Der Terminkalender des Bundespräsidenten ist straff getaktet. Viele Termine dauern maximal eine Stunde. Dann ist er wieder weg. Dennoch setzt sich Frank-Walter Steinmeier gerne einmal über die protokollarischen Gepflogenheiten hinweg. Bei der Obdachlosenhilfe verquatscht er sich mit den sozial benachteiligten Besuchern, bei Staatsbesuchen ändert er ad hoc die Bildpositionen, bei Botschafter-Akkreditierungen holt er die Ehepartner zum Gruppenfoto vor seine Fahne und für die Streitkräftebasis nimmt er sich sogar vier Stunden Zeit.

Streitkräftebasis #SKB Logistikschule #LogSBw Bundespräsident Steinmeier
Bundespräsident Steinmeier besucht die Streitkräftebasis #SKB an der Logistikschule der Bundeswehr #LogSBw in Garlstedt: "Wir verstehen Zivil!", war ein passender Slogan für die gute Verständigung beim Besuch des Bundespräsidenten an der LogSBw.
Aber nicht genug damit. Heute erschien er fünf Minuten vor Beginn in der Logistikschule Garlstedt. Die Logistikschule der Bundeswehr - kurz LogSBw - ist das Sprungbrett in sämtliche logistische Verwendungen bei der Bundeswehr. Hier werden Fahrlehrer, Medienexperten und Lagerwirtschafter ausgebildet. Ohne Logistik gibt es keine Versorgung und keinen Nachschub an Kugelschreibern, Handgranaten, Drehstühlen, Laptops, Gartengeräten oder Panzern. Ein spannendes Feld, dass der Streitkräftebasis unterstellt ist. Die Streitkräftebasis steht neben den bekannten Teilstreitkräften Heer, Marine und Luftwaffe und bildet zu diesen eine wichtige Schnittmenge.

Streitkräftebasis #SKB Logistikschule #LogSBw Bundespräsident Steinmeier
Bundespräsident Steinmeier besucht die Streitkräftebasis #SKB an der Logistikschule der Bundeswehr #LogSBw in Garlstedt: Bundespräsident im Gespräch mit der Truppe.
Alles, was nicht so eindeutig den drei Teilstreitkräften oder dem Cyber-Informationsraum (CIR) zuzuordnen ist, wird der Streitkräftebasis unterstellt. Dazu gehören die Feldjäger, das Diensthundewesen, das Kommando territoriale Aufgaben und damit das hier oft thematisierte Wachbataillon. Das Wachbataillon und das Protokoll BMVg waren wohl das initiale Appetithäppchen für den Bundespräsidenten. Hat er doch etwa einmal pro Woche damit zu tun. Während er bei seinem Amtsantritt im März 2017 etwas unbeholfen wirkte und die Ehrenformation mit "Tach Soldaten!" grüßte, konnte er sich in den folgenden Monaten gut an die militärische Präsenz im Schloss Bellevue gewöhnen.

Streitkräftebasis #SKB Logistikschule #LogSBw Bundespräsident Steinmeier
Bundespräsident Steinmeier besucht die Streitkräftebasis #SKB an der Logistikschule der Bundeswehr #LogSBw in Garlstedt: Überschneidung der Zuständigkeiten von Bundespolizei, Landespolizei, Bundeskriminalamt und Feldjägern beim Besuch des Bundespräsidenten an der LogSBw in Garlstedt. Die Feldjäger gehören auch zur Streitkräftebasis und werden in Teilbereichen an der LogSBw ausgebildet.
Der Besuch in Garlstedt beweist, wie wichtig der Link zwischen Bundeswehr und Politik ist. Gelingt es dem Protokoll BMVg, die mit militärischen Ehren bedienten Spitzenpolitiker für sich zu gewinnen, hat das äußerst positive Auswirkungen auf die Bundeswehr. Brigadegeneral André Denk, der aktuelle Kommandeur der LogSBw war bis Januar 2019 Leiter des Protokolls und daher ein vertrautes Gesicht für den Bundespräsidenten. Mit der entsprechenden Sprezzatura des Protokolls führte ihn dieser dann auch an die verschiedenen Stationen des vierstündigen Aufenthaltes.

Das Programm konnte sich sehen lassen: Es begann mit militärischen Ehren - diesmal von einem Logistikbataillon mit G36 statt Karabiner 98 durchgeführt. Am Ende der Ehrenformation standen schon drei Regionalpolitiker bereit, die dem Bundespräsidenten in das Kommandeursgebäude folgten. Bei Kaffee und Keksen erkundigte sich Frank-Walter Steinmeier nach dem Zusammenspiel zwischen Bundeswehr und Zivilgesellschaft in dieser Gegend zwischen Bremen und Bremerhaven. Das Gespräch lief sehr ungezwungen.

Streitkräftebasis #SKB Logistikschule #LogSBw Bundespräsident Steinmeier
Bundespräsident Steinmeier besucht die Streitkräftebasis #SKB an der Logistikschule der Bundeswehr #LogSBw in Garlstedt: Erklärungen zum Standort Garlstedt während der Zusammenkunft mit Regionalpolitikern (rechts und links außerhalb des Bildes), (v.l.n.r.) Schulkommandeur Brigadegeneral Denk, stellvertretender Schulkommandeur Oberst Betz, Verbindungsoffizier BMVg/Bundespräsidialamt Oberst Hoppe, Bundespräsident Steinmeier, Inspekteurs der Streitkräftebasis Generalleutnant Martin Schelleis (Schulterklappe).
Nach einer halben Tasse Kaffee gab es einen Szenenwechsel. Die Regionalpolitiker wurden verabschiedet und es ging ins Büro von General Denk. "Da darf ich sogar Fußball spielen", hatte uns sein Sohn kurz zuvor berichtet. "Jetzt darf ich aber nicht, weil dort ein Fernseher steht", fügte er hinzu und avisierte damit die Power-Point-Präsentation des Inspekteurs der Streitkräftebasis (SKB), Generalleutnant Martin Schelleis. Martin Schelleis ist von Hause aus Luftwaffenoffizier und war auch heute wieder in Blau und mit Schirmmütze erschienen. Die Schirmmütze ist bei der Bundeswehr nur noch selten zu sehen und ist weitestgehend dem Barett gewichen.

Streitkräftebasis #SKB Logistikschule #LogSBw Bundespräsident Steinmeier
Bundespräsident Steinmeier besucht die Streitkräftebasis #SKB an der Logistikschule der Bundeswehr #LogSBw in Garlstedt: Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und der Inspekteur der Streitkräftebasis, Generalleutnant Martin Schelleis.
Sommer und ein Ausflug in die Natur laden natürlich zu einem Gang im Freien ein. So ging es relativ schnell weiter zu einer größeren Freifläche mit Wasseraufbereitungsanlagen, Lastkraftwagen, Kränen, Gabelstaplern, Radladern und weiteren Stationen. Feldjäger erklärten, wie die Tataufklärung nach einen Anschlag auf Fahrzeuge im Auslandseinsatz funktioniert und es wurden Diensthunde vorgestellt. Letztere erfreuten sich besonderer präsidialer Aufmerksamkeit. Frank-Walter Steinmeier blieb stehen, stellte sehr viele Fragen, hörte zu und wollte immer wieder auch wissen, wo der Schuh drückt.

Streitkräftebasis #SKB Logistikschule #LogSBw Bundespräsident Steinmeier
Bundespräsident Steinmeier besucht die Streitkräftebasis #SKB an der Logistikschule der Bundeswehr #LogSBw in Garlstedt: Der Bundespräsident nimmt sich Zeit für ausführliche Erklärungen zur Technik und fragt immer wieder, wo der Schuh drückt.
Schnell waren zwei Stunden um und es ging zum Mittagessen. Hier wieder die klassische Situation, dass sich Frank-Walter Steinmeier zwar zur Essensausgabe führen lässt, dann aber selbst entscheidet, wo er sitzt. An diesem Tisch war jedenfalls kein Platz mehr für die begleitenden Generale. Die neben ihm sitzende Frau Major - oder Majorin - oder wie man das momentan politisch korrekt gendert - jedenfalls die Frau neben ihm - wirkte sichtlich aufgeregt. Während sich der Präsident das Bundeswehressen schmecken ließ, versuchte er, ein Gespräch anzukurbeln.

Streitkräftebasis #SKB Logistikschule #LogSBw Bundespräsident Steinmeier
Bundespräsident Steinmeier besucht die Streitkräftebasis #SKB an der Logistikschule der Bundeswehr #LogSBw in Garlstedt: Oberstleutnant Bollinger erklärt die Ausbildung am Logistischen Übungszentrum.
Nach dem Essen ging es in die große Halle des Logistischen Übungszentrums. Eine moderne Schulungseinrichtung, an der sämtliche Fähigkeiten von der mobilen Datenerfassung bis zum Führen gepanzerter Fahrzeuge erlernt werden können. Das hier eingesetzte Lehrpersonal ist international tätig und schult regelmäßig auch vor Ort. Immer wieder konnte Frank-Walter Steinmeier an seinen Truppenbesuch in Afghanistan erinnert werden. Hier sah er Fotos, Gerätschaften und echte Soldaten aus dem Auslandseinsatz. Er schaute sich einen Gefechtsstand mit vielen PCs und Landkarten an, überwand erfolgreich seine Mittagsmüdigkeit und traf sich dann mit verschiedenen Kommandeuren am Stehtisch.

Die letzte Station war eine Unterrichtsstunde in politischer Bildung. Es ging um das Thema "Vielfalt". Um den Tisch saßen viele Oberleutnants - ohne ST und ohne Eichenlaub. Diese hatten sich mithilfe von Unterrichtsmaterial, das das Zentrum Innere Führung entwickelt hatte, dem Thema angenähert. Es kam insbesondere zur Sprache, dass die Bundeswehr medial gerne in die rechte Ecke gestellt werde. Ein besonders mutiger Oberleutnant forderte den Bundespräsidenten mehrfach heraus, über seinen Beitrag zur Imageverbesserung der Bundeswehr zu reden. Hier schließt sich der Kreis: Je besser das Verhältnis der wenigen Schnittstellen zwischen Bundespolitik und Bundeswehr gestaltet ist, umso mehr wird der "Bürger in Uniform" in die Wahrnehmung der Gesellschaft rücken.

Streitkräftebasis #SKB Logistikschule #LogSBw Bundespräsident Steinmeier
Bundespräsident Steinmeier besucht die Streitkräftebasis #SKB an der Logistikschule der Bundeswehr #LogSBw in Garlstedt: Schulkommandeur Brigadegeneral Denk verlinkt die Bundeswehr mit der Bundespolitik.
Nach vier Stunden jedenfalls war Frank-Walter Steinmeier mit vielen guten Eindrücken versorgt. Er hatte sich an seine Erfahrungen in Afghanistan und während des eigenen Grundwehrdienstes erinnern können sowie von der Professionalität und dem Ausrüstungsstand der Truppe ein Bild gemacht. Ach ja, ein Bild wurde zum Schluss auch noch gemacht mit den aktuellen Lehrgangsteilnehmern und dem Bundespräsidenten. Dann rauschten die schwarzen Limos davon.

Video:
Bundespräsident besucht die Streitkräftebasis #SKB an der Logistikschule der Bundeswehr #LogSBw in Garlstedt

Autor: Matthias Baumann

Samstag, 22. Juni 2019

Tag der offenen Tür an der LogSBw in Garlstedt

Es hätte kein besserer Zeitpunkt für den Tag der offenen Tür an der Logistikschule der Bundeswehr (LogSBw) in Garlstedt gefunden werden können. Zwei Tage vor dem Besuch des Bundespräsidenten präsentierte sich das Gelände der Schule als Schnittstelle zwischen Bundeswehr und Gesellschaft. Ab 10 Uhr fluteten unentwegt Besucher auf das weitläufige Areal.

Garlstedt liegt zwischen Bremen und Bremerhaven und galt lange Zeit als strukturschwach. Es kommt deshalb gelegentlich vor, dass die Bundeswehr Standorte zusammenfasst oder neu aufbaut, damit die regionale Wirtschaft angekurbelt wird. Während man im "roten" Bremen so gar nicht gut auf alles konservative, militärische oder die Bundeswehr zu sprechen ist, hat sich im Großraum Garlstedt eine regelrechte Fangemeinde herausgebildet. Die Logistikschule ist fest in das gesellschaftliche Leben eingebunden und die Regionalpolitik geht hier ein und aus.

Tag der offenen Tür an der Logistikschule Bundeswehr #LogSBw in Garlstedt
Tag der offenen Tür an der Logistikschule der Bundeswehr (LogSBw) in Garlstedt: Feldgottesdienst
Noch bevor der Schulkommandeur den Tag der offenen Tür eröffnete, fand ein ökumenischer Feldgottesdienst statt. Ökumenisch waren wohl nur die Gäste und das abschließende Vaterunser. Ansonsten alles katholisch. Katholisch heißt übersetzt allumfassend, so dass das mit der Ökumene dann doch wieder klappte. Die Evangelen schwitzten beim Kirchentag in Dortmund, während wir in katholischen Gesangsbüchern blätterten. Letztere konnten wir anschließend sogar mitnehmen, da es jetzt eine Neuauflage gibt: Rot statt Blau. Einen Einband in Flecktarn habe man im Gremium nicht durchbekommen.

Tag der offenen Tür an der Logistikschule Bundeswehr #LogSBw in Garlstedt
Tag der offenen Tür an der Logistikschule der Bundeswehr (LogSBw) in Garlstedt: schweres Gerät
Anschließend wurde der Tag der offenen Tür - kurz TdoT - offiziell eröffnet. Begrüßt wurden die örtlichen Spitzenpolitiker und diverse Feuerwehren. Ein Wettbewerb der unzähligen, aber freiwilligen Feuerwehren vermittelte den Eindruck, dass zwischen Bremen und der Nordsee ununterbrochen die Heide brennt. Das Internet als Suchtmittel zum Wegspülen von Freizeit scheint bei der regionalen Jugend noch nicht angekommen zu sein, sonst hätten sie nicht so viel Zeit zum Feuerwehren. Das wird sich wohl ändern, wenn Günther Oettinger die Funklöcher in ganz Deutschland beseitigt hat.

Tag der offenen Tür an der Logistikschule Bundeswehr #LogSBw in Garlstedt
Tag der offenen Tür an der Logistikschule der Bundeswehr (LogSBw) in Garlstedt: Selbstfahrer mit Wassereimer
Während die Feuerwehren gegeneinander kämpften, schlenderten alle anderen über das weite Gelände und bestaunten die riesigen Fahrzeuge, Wasseraufbereitungsanlagen, Fahrsimulatoren, Hebebühnen oder Diensthunde. Ganz Mutige durften im Panzer mitfahren. Selbstfahrern standen Radlader oder Aufsitzrasenmäher zur Verfügung. Da erwachte das Kind im Manne. Als Belohnung gab es Luftballons, Kugelschreiber und Schreibblöcke. Wer Hunger hatte, konnte die legendären Einmannpackungen kosten oder sich an einem der vielen Stände mit Steak, Wurst, Eis oder Getränken versorgen.

Tag der offenen Tür an der Logistikschule Bundeswehr #LogSBw in Garlstedt
Tag der offenen Tür an der Logistikschule der Bundeswehr (LogSBw) in Garlstedt: Platzkonzert des Heeresmusikkorps Hannover
Zwei größere Programmpunkte waren das Platzkonzert des Heeresmusikkorps aus Hannover. Es wurden neun sehr lange Stücke gespielt, die das universelle Können der Musiker zeigten. Am Montag, wenn der Bundespräsident erscheint, sind sie für die Nationalhymne und den Präsentiermarsch verantwortlich. Heute ging es noch etwas entspannter zu und es wurde sogar gesungen.

Tag der offenen Tür an der Logistikschule Bundeswehr #LogSBw in Garlstedt
Tag der offenen Tür an der Logistikschule der Bundeswehr (LogSBw) in Garlstedt: schusssicheres Glas am Stand der Feldjäger
Etwas später gab es eine außergewöhnliche Modenschau. Auf dem Laufsteg wurden Uniformen und Spezialbekleidung der Bundeswehr vorgestellt. Die Moderation war sehr kurzweilig und enthielt Wissenswertes aus Gegenwart und Historie. Am Abend wurden die Sieger der freiwilligen Feuerwehren geehrt. Es folgten einige Bands und vor der Bühne begann der gesellige Teil: Biwak genannt. Erst mit der plötzlich einsetzenden Abendkälte ging der Tag der offenen Tür langsam seinem Ende entgegen.

Autor: Matthias Baumann

Montag, 17. Juni 2019

Wilhelmshaven wird 150 Jahre alt und feiert das mit einem Großen Zapfenstreich

Wer hätte gedacht, dass eine so bekannte Stadt wie Wilhelmshaven erst 150 Jahre alt ist?

Die Planungen gehen auf das Jahr 1852 zurück, in dem Preußen mit dem Ausbau seiner Marine begann. Dazu wurde ein geeigneter Standort mit Nordseezugang gesucht und an der Stelle des heutigen Wilhelmshavens gefunden. Nach entsprechenden Verhandlungen und Vertragsschlüssen wurde fleißig gebaut und 1869 - also vor 150 Jahren - bekam der Ort den Namen Wilhelmshaven.

Wilhelmshaven 150 Jahre Großer Zapfenstreich
Großer Zapfenstreich zum 150-jährigen Jubiläum von Wilhelomshaven
Mit Wilhelm war König Wilhelm I. von Preußen gemeint. Dieser lebte von 1797 bis 1888 und wurde 1871 sogar zum Kaiser. Wilhelmshaven wurde konsequent ausgebaut. Immer mehr Soldaten und Zivilbeschäftigte siedelten sich an. Die Stadt beherbergte nicht nur einen Hafen, sondern auch Werftanlagen, die bemerkenswert große Schiffe produzieren konnten. Immer mehr der umliegenden Ortschaften wurden eingemeindet.

Während des Ersten Weltkrieges wurde Wilhelmshaven zur Festung erklärt. In dieser Zeit wurden hauptsächlich Reparaturen ausgeführt oder zivile Schiffe in militärische umgebaut. Wer die Seeschlachten nicht überlebte, wurde auf dem neuen Friedhof am Rüstringer Stadtpark beigesetzt. Ein infrastrukturell geschlossenes System. Am Ende des Ersten Weltkrieges wollte aber niemand mehr solch eine Grabstätte nutzen, so dass es 1918 zu Meutereien und der anschließenden Novemberrevolution kam.

Nach dem Ersten Weltkrieg musste Deutschland erhebliche Auflagen bezüglich seiner Rüstungsindustrie erfüllen. Das wirkte sich spürbar auf den Wirtschaftsstandort Wilhelmshaven aus. Abwanderung, Arbeitslosigkeit und politische Extreme kennzeichneten die Region. Der Aufschwung kam mit der erneuten Aufrüstung ab 1933. Dass Wilhelmshaven ein wichtiger Militärstandort ist, war auch den Alliierten bewusst. So wurde es bereits seit 1939 bombardiert und im Laufe des Zweiten Weltkriegs stark zerstört.

Wilhelmshaven 150 Jahre Großer Zapfenstreich
Großer Zapfenstreich zum 150-jährigen Jubiläum von Wilhelomshaven
Um wohl noch alte Rechnungen aus dem ersten Weltkrieg zu begleichen, sprengten die Briten nach 1945 weite Teile der Marineanlagen. Bereits 1956 begann der Aufbau der Bundesmarine und damit auch der Aufbau von Wilhelmshaven. 1968 wurde wieder ein deutscher Marinestützpunkt eröffnet.


Heute hat Wilhelmshaven knapp 80.000 Einwohner, die sich relativ gleichmäßig auf Männer und Frauen verteilen. Das Durchschnittsalter liegt bei 46 Jahren. Etwa 60% der Wilhelmshavener sind Singles. Letzteres könnte am Marinestandort liegen. Marine im Speziellen und Bundeswehr im Allgemeinen bringen naturgemäß erhebliche Entbehrungen beim Familienleben mit sich. Etwa 9.000 Soldaten und zivile Angestellte arbeiten am Bundeswehr-Standort Wilhelmshaven. Das sind über 10% der Einwohner.

Zur heutigen Übergabe einer Fregatte war sogar die Verteidigungsministerin angereist. Am Abend fand auf dem Rathausplatz ein Großer Zapfenstreich statt.

Video:
Großer Zapfenstreich anlässlich von 150 Jahren Wilhelmshaven

Autor: Matthias Baumann

Donnerstag, 13. Juni 2019

Albanische Verteidigungsministerin Olta Xhaçka zum Antrittsbesuch in Berlin

In brütender Mittagshitze erschien heute die albanische Verteidigungsministerin Olta Xhaçka zu ihrem Antrittsbesuch in Berlin. Olta Xhaçka ist 39 Jahre alt und seit fast zwei Jahren Verteidigungsministerin von Albanien. In den USA hatte sie Politikwissenschaften und verwandte Fächer studiert und war dann als Dozentin an der University of New York Tirana eingesetzt.

Albanische Verteidigungsministerin Olta Xhaçka zum Antrittsbesuch in Berlin
Albanische Verteidigungsministerin Olta Xhaçka zum Antrittsbesuch in Berlin - im Hintergrund links die deutsche Delegation und im Hintergrund rechts die albanische Delegation, dahinter eine Baustelle und das BMVg; im Vordergrund links Olta Xhaçka und rechts Ursula von der Leyen; dahinter in der Mitte der ehemalige Kampfhubschrauber-Kommandeur und jetzige Leiter Protokoll BMVg, Oberst Dr. Bauersachs
In einem Land mit 3 Millionen Einwohnern ist der Sprung an die Pole Positionen der Politik deutlich einfacher und schneller zu bewerkstelligen als in Deutschland. Mit 30 Jahren wurde Olta Xhaçka erstmalig ins albanische Parlament gewählt und machte offensichtlich einen so guten Job, dass sie auch in den Jahren 2013 und 2017 gewählt wurde. Im März 2017 wurde sie zunächst Ministerin für Jugend und Soziales, um im September 2017 in das Verteidigungsressort zu wechseln.

Albanien ist seit 2009 Mitglied der NATO, hat jedoch mit seinen 8.000 Soldaten eher interne Themen zu lösen. Der albanische Luftraum wird durch Italien und Griechenland geschützt. Altes sowjetisches Militärgerät ist weitestgehend verkauft. So wartet Albanien nun auf weitere Investitionen seitens der NATO. Das betrifft die Lieferung gebrauchter Schiffe und den Ausbau der Kucove-Luftwaffenbasis. Es gibt eine übersichtliche Waffenindustrie, die sich auf die Produktion von Kleinwaffen, Sprengstoff und Munition konzentriert.

Gegenstand der heutigen Gespräche zwischen den Amtskolleginnen wird insbesondere die Entwicklung des "Berliner Prozesses" sein. Dieser sieht eine Befriedung des Westbalkans vor. Als Konfliktpartei an der Seite des Kosovo spielt Albanien eine nicht ganz unbedeutende Rolle.

Video:
Militärische Ehren für Albaniens Verteidigungsministerin Olta Xhaçka

Autor: Matthias Baumann

Mittwoch, 12. Juni 2019

Militärbischof Sigurd Rink und die ethischen Grundlagen einer wehrhaften Demokratie

Die Nahkampftechnik Krav Maga lehrt, dass im Falle einer Selbstverteidigung sämtliche verfügbaren Alltagsgegenstände eingesetzt werden sollten. Bei ausgedehnten Spaziergängen über Pfingsten hatte ich ein handsigniertes Exemplar von "Können Kriege gerecht sein?" dabei. Das Buch ist nur bedingt für eine physische Konfrontation geeignet: Die 288 Seiten sind zwar in einen stabilen Einband gefasst. Dieser wird jedoch von einer Papierhülle umschlossen, die wegen ihrer Glätte bei einem Konterschlag durch die Hand rutschen würde. Eine derart barbarische Anwendung entspricht vermutlich auch nicht dem Zweck dieses vor wenigen Tagen bei Ullstein veröffentlichten Buches von Militärbischof Sigurd Rink.

Dennoch: In seiner Funktion als oberster evangelischer Militärseelsorger muss er sich ständig selbst verteidigen - gegenüber dem Klerus, vor Familienangehörigen, Freunden, Studenten, Gottesdienstbesuchern, Gemeindekirchenräten und Fundamentalpazifisten

Militärbischof Sigurd Rink Können Kriege gerecht sein?
Evangelischer Militärbischof Sigurd Rink - Vorstellung seines neuen Buches "Können Kriege gerecht sein?" - Vordergrund rechts: Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen; links: Sigurd Rink
Sigurd Rink sitzt zwischen vielen Stühlen. Als Externer beseelsorgt er die gesellschaftliche Parallelwelt Bundeswehr. Die Evangelische Militärseelsorge agiert außerhalb der Befehlsstrukturen als Teil der Evangelischen Kirche innerhalb der Truppe. Die Militärseelsorge hat keine Berichtspflicht und kann vertrauliche Informationen unter dem Siegel der Verschwiegenheit halten. Das wird von den Bundeswehrangehörigen sehr geschätzt und gerne genutzt. Die Militärseelsorge ist ein ziviler Rückzugsort für die Soldaten. Pardon, Rückzug gibt es ja bei der Bundeswehr gar nicht. Nennen wir es also einen zivilen Ort des Ausweichens.

Sigurd Rink nähert sich dem Themenkomplex Christ, Bundeswehr, staatliche Gewalt, gerechte Kriege von verschiedenen Seiten aus. Zunächst beschreibt er seine eigene Entwicklung inklusive der begleitenden Denkprozesse und Entscheidungsmomente. Er war Friedensaktivist und kam während des Völkermordes in Ruanda vor über 20 Jahren ins Grübeln über seine fundamentalpazifistische Einstellung.

Als nächstes wendet er sich bedeutenden Theologen von Augustinus bis Luther zu, die ebenfalls ihre Positionen zu Frieden, Krieg und Gewaltanwendung entwickeln mussten. In seinen Texten auch außerhalb dieses Buches zitiert Sigurd Rink oft die sogenannte Kriegsleuteschrift von Luther. Sein Amt hat diese kürzlich sogar neu verlegt.

Als den spannendsten Teil des Buches empfand ich das 3. Kapitel über ethische Herausforderungen bei den deutschen Militäreinsätzen. Die 145 Seiten sind ein Mix aus eigenem Erleben vor Ort und den politischen oder strategischen Hintergründen. Es werden sämtliche Auslandseinsätze der Bundeswehr thematisiert. Der Schreibstil ist flüssig, so dass der Leser gut folgen kann und sich anschließend gut informiert fühlt. Man könnte schon fast von autobiografischem Journalismus sprechen. Kriege stellen für den Theologen ein Versagen der Politik dar.

Im letzten Kapitel geht es um "Zukunftsfragen". Sigurd Rink überlegt, wie sich beispielsweise das Afghanistan-Dilemma auflösen ließe, wie die Bundeswehr stärker ins Bewusstsein der Gesellschaft rücken könnte, wie der Dienst der Soldaten die notwendige Wertschätzung bekäme und dass jeder gesellschaftliche Akteur ein gewisses Maß an Verantwortung trägt.

Ursula von der Leyen höchst persönlich hatte das Buch am 6. Juni 2019 im Tagungszentrum der Bundespressekonferenz vorgestellt. Sie arbeitet inzwischen fünf Jahre mit dem Evangelischen Militärbischof zusammen und schätzt ihn als einen "besonnenen Gesprächspartner", der offen mit Zweifeln umgehe. Sie habe das Buch mit großem Interesse gelesen. Als ihr Adjutant wegen des nächsten Termins drängelte, wäre sie lieber noch dabei geblieben, als Sigurd Rink von Evelyn Finger ("Die Zeit") interviewt wurde.

Bei diesem Interview sprach der Bischof vom massiven Gegenwind und lächelte dabei. Er habe wohl einen "Hang zu Grenzbereichen der Ethik". Er habe sich sogar schon einmal mit Geschäftsethik befasst, was ein gutes Übungsfeld beim Umgang mit der Anfeindung aus den eigenen Reihen war. Wie oben schon erwähnt, wird er jedoch bei der Truppe gerne gesehen. Ein halbes Jahr ist er an den Standorten unterwegs und ruft am ersten Abend immer einen Beer-Call aus. Beim Bier - nach Feierabend - trifft er die Soldaten und unterhält sich mit diesen in einer ungezwungenen Atmosphäre. Erst am zweiten Tag trifft er sich mit seinen Mitarbeitern vor Ort, den Militärseelsorgern. Sigurd Rink ist in Summe mehr an den Standorten unterwegs, als so manch ein Offizier.

Der Militärbischof empfindet den fehlenden Respekt gegenüber den Soldaten als "nicht fair". Bereits im Vorwort des Buches schreibt er, dass es ein besonderes Geschenk sei, "in einem derart komplexen und schwierigen Handlungsfeld von so viel kompetenten und zugleich warmherzigen Menschen umgeben zu sein." Diese Wertschätzung beruht auf Gegenseitigkeit. In den Kirchgemeinden sieht das anders aus. Gemeinderäte diskutieren darüber, ob man "so jemanden" überhaupt auf die Kanzel lassen könne. Darf er dann doch predigen, fallen die lieben "Geschwister" beim anschließenden Kirchenkaffee über ihn her. Solch ein Szenario wurde ihm auch familienintern avisiert. Er solle zum nächsten Treffen genügend Exemplare des Buches mitbringen.

Dennoch wirkt Sigurd Rink gelassen und ausgeglichen. Wie ein Fels steht er in der Brandung der Widersprecher aus den eigenen Reihen, der Friedensbewegung und der halbinformierten Gesellschaft. Sigurd Rink hat wohl seinen Weg und die passenden Weggefährten gefunden, um weiterhin seinen "Hang zu den Grenzbereichen der Ethik" auszuleben.

Autor: Matthias Baumann

Samstag, 8. Juni 2019

MG5 soll bis 2022 das betagte MG3 ersetzen

Männer haben schon ein seltsames Gefühlsleben: Der Sound eines V8-Motors, das satte Klappen von Fahrzeugtüren, das Klacken der Stiefel des Wachbataillons oder das Dauerfeuer eines MG3 bringen Gänsehaut auf die Arme eines Mannes. Die Augen verdrehen sich genussvoll.

Interessant ist, dass das MG3 nicht nur Verzückung bei deutschen Nostalgikern hervorruft, sondern auch bei ehemaligen Alliierten: Russen, Amerikaner, Briten diskutieren über das MG3 und schauen mit Respekt auf dessen Vorgänger, das MG42, zurück. Das MG42 wurde im Zweiten Weltkrieg eingesetzt, war an diversen Kriegsverbrechen beteiligt und diente als Basis für das MG3 der Bundeswehr. Das MG3 nutzt allerdings kleinere Patronen von 7,62 x 51 mm und hat auch eine niedrigere Kadenz, wie die Anzahl der Schüsse pro Minute bezeichnet wird.

MG5 MG4 PzGrenBtl 212
MG5 (HK121) mit 7,62 x 51 mm Patronen - Das PzGrenBtl 212 trainiert den scharfen Schuss.
2013 fiel die Entscheidung, dass das MG3 quer durch die Bundeswehr durch das HK121 des deutschen Herstellers Heckler & Koch abgelöst wird. Das HK121 nummeriert die Bundeswehr selbst mit MG5 durch. Das MG5 ist ein in RAL 8000 lackiertes Maschinengewehr. RAL 8000 kann auch als Grünbraun bezeichnet werden. Laut Google werden damit wohl nur Waffen, Motorräder und Fahrzeuge lackiert. Eine geniale Farbe zum schnellen Wiederfinden des Autos auf urbanen Großparkplätzen. In Brandenburg, Mecklenburg Vorpommern, der Sahel-Zone und Afghanistan kann das MG5 ohne weitere Tarnung genutzt werden. Für Gebirgsjäger und andere Regionen der Welt ist RAL 8000 eher ungeeignet.

MG5 MG4 PzGrenBtl 212
MG4 (vorne) und MG5 (HK121) im direkten optischen Vergleich inklusive Munitionskästen mit 5,56 x 45 mm (MG4) und 7,62 x 51 mm (MG5)
Dafür gibt es das MG4 in Schwarz. Das MG4 schließt die Lücke zwischen G36 und MG5. Es schießt schneller und wirkungsvoller als das G36. Das G36 ist mit seinen etwa 3 kg extrem leicht. Das MG4 wiegt knapp 8 kg und ist damit leichter als das MG5 mit seinen 11,6 kg plus 2,6 kg für das Ersatzrohr. Ersatzrohre haben beide Maschinengewehre, da diese wegen der hohen Schussfrequenz regelmäßig gewechselt werden müssen. Wenn dann mal wieder ein Laie den Kommentar "G36 = Müll" in unseren Social-Media-Kanälen hinterlässt, bezieht er sich auf die Meinungsmache zum G36 nach dem Karfreitagsgefecht. Beim Karfreitagsgefecht hatte das Dauerfeuer mit G36 zu einer so hohen Erwärmung des Rohres geführt, dass sich das auf die Treffergenauigkeit ausgewirkt hatte. MG-ähnliches Dauerfeuer war jedoch bei der Konzeption des G36 gar nicht vorgesehen gewesen.

MG5 MG4 PzGrenBtl 212
Das PzGrenBtl 212 trainiert Ortskampf im scharfen Schuss mit G36. Das G36 hat die gleiche Munition wie das MG4 mit 5,56 x 45 mm.
Während das G36 ein Magazin mit 30 Schuss hat, kann das MG4 Gurte mit 200 Schuss aufnehmen und hintereinander verschießen. Rein theoretisch kann ein MG4 850 Schuss pro Minute abgeben, so nicht mehrfach nachgeladen werden müsste. Danach ist ohnehin ein Rohrwechsel fällig. Der geht deutlich einfacher als beim MG3. Beim MG3 musste der Schütze einen Lappen in die Hand nehmen, eine Seitenklappe öffnen, das heiße Rohr mit dem Lappen greifen und entnehmen. Dann wurde das Wechselrohr eingelegt, die Seitenklappe geschlossen und fertig. Bei MG4 und MG5 gibt es einen Griff, so dass der Lappen nicht mehr gebraucht wird. Verriegelung auf, Griff drehen, Rohr nach vorne wegziehen und Wechselrohr in umgekehrter Reihenfolge einsetzen. Das geht wesentlich schneller und entspricht höheren Arbeitsschutznormen. MG5 und MG4 entwickeln auch wesentlich weniger Rauch beim Schießen. Dadurch kann der Gegner den Schützen nicht so schnell lokalisieren.

MG5 MG4 PzGrenBtl 212
Direkter Vergleich der Munition von MG4 (unten; 5,56 x 45 mm) und MG5 (oben; 7,62 x 51 mm)
Das MG4 nutzt die gleiche Munition wie das G36, also den NATO-Standard 5,56 x 45 mm. Wegen des doch recht kleinen Durchmessers ist es im Nahbereich weniger wirkungsvoll als beispielsweise eine Pistole mit 9mm-Munition. Dafür wird eine Pistole nur auf 25 Meter eingesetzt, während G36, MG4 und MG5 eher für Entfernungen ab 300 Meter vorgesehen sind. Bis auf Gewicht, Farbe und Munition unterscheiden sich MG4 und MG5 kaum voneinander. Die Bedienung ist nahezu identisch. Das war auch bei der Konzeption so gewollt.

MG5 MG4 PzGrenBtl 212
Das PzGrenBtl 212 trainiert den scharfen Schuss - hier mit MG5 (hinten rechts), G36 (vorne rechts) und Granapistole AG40-1 (hinten links).
Da das MG5 auf die alten MG3-Lafetten montiert werden kann und auch die gleiche Munition nutzt, kann es bei Lieferung ohne weitere Umstände den Platz des vorherigen MG3 einnehmen. Über aktuelle Zahlen hält sich das Heer bedeckt. Im September 2018 waren laut augengeradeaus.de bereits 4.400 MG5 ausgeliefert. Ein Großteil der Maschinengewehre wird beim Heer und in der Streitkräftebasis eingesetzt. Auch das zur Streitkräftebasis gehörende Wachbataillon verfügt über MG5, hat aber auch noch MG3-Bestände. Bei einer Übung des Panzergrenadierbataillons 212 waren gar keine MG3 mehr zu sehen. Dort wurde mit den reichlich vorhandenen MG4 und MG5 trainiert.

MG5 MG4 PzGrenBtl 212
Das PzGrenBtl 212 trainiert den scharfen Schuss. MG3 sind nicht mehr dabei. Im Vordergrund ein MG4, dahinter eine Panzerfaust 3 mit blauer Übungsmunition (Gips-Füllung), dahinter ein G36 mit abgeklappter Schulterstütze und eine weitere Panzerfaust 3 mit Übungsmunition, ganz hinten im Bild ein MG5.
Laut einer Sprecherin des Heeres weisen viele der Bestands-MG3 belastungsbedingte Schäden auf, deren Instandsetzung nicht mehr lohnt. Das MG3 hatte zudem einen erheblichen Rückstoß in die Schulter des Schützen und war durch "unbeabsichtigte Schussabgabe" aufgefallen. Die letztgenannten Punkte sollten mit MG4 und MG5 behoben werden. Auf Kampfpanzer Leopard und Schützenpanzer Marder sollen die MG3 zwar noch weiter eingesetzt werden, aber ansonsten wird kontinuierlich umgestellt. Die 221 Schützenpanzer Puma sollen das kleinere MG4 in der Version MG4A3 bekommen. Die Umstellung auf MG5 soll 2022 abgeschlossen sein.

Videos:
MG3 im scharfen Schuss - Wachbataillon
MG4 und MG5 im scharfen Schuss - Panzergrenadierbataillon 212
MG4 und MG5 mit Erklärungen

Autor: Matthias Baumann