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Donnerstag, 19. April 2018

Militärische Ehren für den neuen Generalinspekteur Eberhard Zorn

Nach Feuer kam der Zorn: Eberhard Zorn. Keine 12 Stunden nach dem Großen Zapfenmstreich für den 15. Generalinspekteur, Volker Wieker, wurde heute Vormittag dessen Nachfolger ins Amt eingeführt. Generalleutnant Eberhard Zorn wurde standesgemäß mit militärischen Ehren begrüßt und anschließend von der Ministerin in den Bendlerblock begleitet.

Amtseinführung Generalinspekteur Eberhard Zorn
Militärische Ehren zur Amtseinführung des 16. Generalinspekteurs, Eberhard Zorn
Die Ministerin und der 16. Generalinspekteur sitzen im Südflügel des Hauses und haben auch geografisch sehr kurze Wege. Seit August 2017 konnten sie sich an einander gewöhnen, da Eberhard Zorn das letzte halbe Jahr als Personalchef der Bundeswehr fungierte.

Eberhard Zorn ist ausgebildeter Artillerie-Offizier und kann 40 Dienstjahre vorweisen. Besonders verdient gemacht hat er sich um die Division Schnelle Kräfte (DSK), die zum Heer gehört und spezielle Aufgaben der Krisen - und Reaktionsvorsorge zu erledigen hat. Als Saarländer hat er eine ausgeprägte Europasicht und belastbare Kontakte zu den Streitkräften unserer Nachbarn.

Amtseinführung Generalinspekteur Eberhard Zorn
Militärische Ehren zur Amtseinführung des 16. Generalinspekteurs, Eberhard Zorn
Wegen des fortgeschrittenen Alters mehrerer Generäle wird es in den nächsten Wochen diverse Wechsel und Zurruhesetzungen - umgangssprachlich Ruhestand - geben.

Hier eine Liste der Veränderungen (Stand 16. März 2018):

  • BMVg: GenLt Benedikt Zimmer ersetzt Staatssekretärin Katrin Suder (Privatleben)
  • BMVg: KAdm Carsten Stawitzki ersetzt GenLt Benedikt Zimmer
  • BMVg: GenLt Eberhard Zorn ersetzt Gen Volker Wieker (Ruhestand)
  • BMVg: GenLt Klaus von Heimendahl ersetzt GenLt Eberhard Zorn
  • BMVg: GenMaj Makus Laubenthal ersetzt GenLt Klaus von Heimendahl
  • BMVg: GenMaj Bernd Schütt ersetzt GenLt Dieter Warnecke (Ruhestand)
  • BMVg: GenLt Erhard Bühler geht als Commander nach Brunssum
  • BMVg: GenMaj Christian Nikolaus Badia ersetzt GenLt Erhard Bühler
  • Heer: GenLt Johann Langenegger ersetzt GenLt Carsten Jacobsen (Ruhestand)
  • Heer: GenMaj Alfons Mais ersetzt GenLt Johann Langenegger
  • Luft: GenMaj Ingo Gerhartz ersetzt GenLt Karl Müller (Ruhestand)
  • Luft: GenMaj Klaus Habersetzer ersetzt GenLt Joachim Wundrak (Ruhestand)
  • Sani: GenStArzt Dr. Ulrich Baumgärtner ersetzt GenOStArzt Dr. Michael Tempel (Ruhestand)

Video:
Militärische Ehren zum Amtsantritt des 16. Generalinspekteurs, Eberhard Zorn

Autor: Matthias Baumann

Mittwoch, 18. April 2018

Großer Zapfenstreich für Generalinspekteur Volker Wieker - Zurruhesetzung mit Feuer und Zorn

Die Wortwahl der Bundeswehr ist gelegentlich etwas fremd für zivile Ohren. So "wirkt" eine Handgranate im Umkreis von 25 Metern. Ein Berufssoldat wird regelmäßig einer anderen "Verwendung" zugeführt. Der Einsatz eines Hubschraubers wird als "Lagebereinigung aus der dritten Dimension" bezeichnet.

Großer Zapfenstreich Generalinspekteur Volker Wieker
Großer Zapfenstreich für Generalinspekteur Volker Wieker
Der heutige Große Zapfenstreich im Bendlerblock diente der Verabschiedung von Generalinspekteur Volker Wieker - in Bundeswehr-Deutsch: "Zurruhesetzung". Generalinspekteur ist der höchste militärische Rang, der in der Bundesrepublik erworben werden kann. Der Generalinspekteur trägt vier goldene Sterne auf jeder Schulter. Das symbolisiert den Dienstgrad: General. Aber nur einer davon wird Generalinspekteur. Andere Länder setzen für diesen Posten noch Eins drauf: Marschall.

Es gibt nur sehr wenige 4-Sterne-Generäle in der Bundeswehr. Der vergleichbare Rang bei der Marine ist der Admiral. Für den Laien extrem schwer zu erkennen, da Seefahrer nicht immer Schulterklappen auf ihren schwarzen Uniformen tragen. Stattdessen kategorisieren sie sich über die Dicke und Anzahl der Streifen am Ärmel sowie das Vorhandensein von Sternen über den Streifen. Am besten, man spricht sie mit "Käpt'n" an. Dann ist man auf der sicheren Seite.

Der scheidende Generalinspekteur bekleidete seine Position seit Januar 2010. Volker Wieker war der 15. Generalinspekteur und länger als alle seine Vorgänger in dieser Verwendung. Kaum ein Offizier der Bundeswehr ist so lange an einer Stelle eingesetzt. Wechsel nach zwei Jahren sind schon fast die Regel. Volker Wieker war Artillerieoffizier und stand der Bundeswehr 44 Jahre zur Verfügung.

Seine Aufgaben bestanden in der nationalen und multinationalen Ausbildung sowie der Planung und Führung verschiedener militärischer Operationen. Dabei wirkte er in Bosnien-Herzegowina, dem Kosovo und in Afghanistan mit. Diese Einsätze machten ihn zum Kompetenzträger in der Wandlungsphase der Bundeswehr vom Verteidigungsinstrument zur Einsatzarmee.

Großer Zapfenstreich Generalinspekteur Volker Wieker
Großer Zapfenstreich für Generalinspekteur Volker Wieker
Sein Nachfolger als 16. Generalinspekteur ist Eberhard Zorn. Er soll am 1. Mai an dieser Stelle beginnen. Eberhard Zorn ist derzeit Generalleutnant und trägt drei goldene Sterne auf jeder Schulter. Das wird sich dann wohl in den nächsten Tagen auf Vier erhöhen.

Eberhard Zorn ist ebenfalls ausgebildeter Artillerieoffizier und hat 40 Dienstjahre hinter sich. Im Sommer letzten Jahres war er als Personalchef ins Verteidigungsministerium berufen worden. Nach weniger als einem Jahr ändert sich nun wieder seine Verwendung. Zumindest muss er dafür nicht umziehen, wird aber umso mehr unterwegs sein.

Auch er bringt Expertise aus den Einsatzgebieten mit. Er war mehrfach auf dem Balkan, fungierte als Kommandeur der Luftlandebrigade 26 und später als Kommandeur der Division Schnelle Kräfte (DSK). Die DSK ist eine Spezialeinheit, die in Krisensituationen zum Einsatz kommt und dem Mythos der GSG9 folgt: schnelle und flexible Durchführung von Aufträgen. Die DSK evakuiert übrigens auch Bundesbürger, die in Krisenregionen festsitzen.

Generalleutnant Zorn stammt aus dem Saarland und hat von Hause aus einen guten Draht zu den europäischen Nachbarn. So absolvierte er neben der deutschen auch die französische Generalstabsausbildung.

Donald Trump hätte seine Freude am heutigen Großen Zapfenstreich gehabt. "Feuer und Zorn" sind inzwischen geflügelte Worte und es ist sogar schon ein Buch mit diesem Titel erschienen. Während Zorn erst zum Monatswechsel zur Entfaltung kommt, war heute Feuer angesagt.

Großer Zapfenstreich Generalinspekteur Volker Wieker
Großer Zapfenstreich für Generalinspekteur Volker Wieker
Beim heutigen Großen Zapfenstreich erhellten unzählige Fackeln das Areal. Es ist dennoch so finster, dass nur eine schemenhafte Wahrnehmung des Geschehens möglich war. Die Damen und Herren auf dem Podest - also die Ministerin und der zur Ruhe zu setzende Generalinspekteur - wurden zwar von mehreren Fackelträgern flankiert, waren aber so gut wie nicht zu erkennen.

Der Große Zapfenstreich hat eine lange Tradition, die über die Jahrhunderte weiter verfeinert wurde. Ursprünglich diente der Zapfenstreich dem Einsammeln von Soldaten, die in der Kneipe ihre Bettruhe verpasst hätten. Dazu hatte der Offizier demonstrativ auf den Zapfhahn der Wirtschaft geschlagen. Deshalb Zapfenstreich - auch bekannt als Tattoo. Tattoo ist eine Abkürzung des niederländischen "Doe den tap toe!" und bedeutet: "Mach den Hahn zu!"

Apropos Niederländer: Eberhard Zorn hatte die 2.100 Angehörigen der niederländischen 11. Luchtmobiele Brigade in die DSK integrieren können. Luchtmobiel bedeutet luftbeweglich und stellt eine effektive Ergänzung der Division Schnelle Kräfte dar. Bleibt zu hoffen, dass Feuer und Zorn unter dem 16. Generalinspekteur nur in begrenztem Maße zum Einsatz kommen müssen.

Video:
Großer Zapfenstreich für Generalinspekteur Volker Wieker

Autor: Matthias Baumann

Samstag, 14. April 2018

Syrien und die selbst gemachte Wahrheit

Heute Mittag gab Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen folgendes Statement zu den aktuellen Entwicklungen in Syrien ab:

Der Angriff von Assad gegen seine Bevölkerung mit Giftgas ist nicht nur abscheulich, sondern auch ein schwerer Bruch des humanitären Völkerrechts. Chemiewaffen sind zu Recht von der Weltgemeinschaft ganz besonders geächtet und der Einsatz von Chemiewaffen darf nicht hingenommen werden. Das ist die Weltgemeinschaft auch den Opfern schuldig.

Der Weltsicherheitsrat ist in dieser Frage seit Tagen blockiert. Deshalb ist es richtig, dass die USA, Frankreich und Großbritannien wohlüberlegt Maßnahmen ergriffen haben.

Ich wurde in dieser Nacht von meinem amerikanischen Kollegen und meiner französischen Kollegin unterrichtet. Gemessen an der Abscheulichkeit des Chemiewaffenangriffs von Assad sind die Maßnahmen der drei Mitglieder des Weltsicherheitsrates, die ausdrücklich gegen die Chemiewaffen Assads gerichtet waren, verhältnismäßig und erforderlich.

Jetzt muss alles getan werden, damit endlich der politische Prozess der Genfer Gespräche wiederbelebt wird und das Leiden der Bevölkerung in Syrien ein Ende findet.

Die Welt bekommt nun die Quittung für dekadentes Wahlverhalten, infantiles Machtgebaren und neokolonialistisches Vorgehen aufstrebender Autokraten. Das Gemisch ist explosiv und scheint kaum noch unter Kontrolle zu sein.

Syrien Giftgas Statement Verteidigungsministerin von der Leyen
Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (Archivbild, Besuch des britischen Verteidigungsministers am 12.08.2014)
Wer einmal lügt, muss weiterlügen. Schließlich muss ja das Gesicht gewahrt bleiben. Einer beschuldigt den anderen. Jeder sagt, er habe Recht. Das beginnt schon bei kleinen Dingen wie Tatsachenberichten in amerikanischen Zeitungen, die vom Präsidenten sofort als Fake News deklariert werden, wenn sie nicht ins Konzept passen. Oder wer glaubt schon einem Alleinherrscher aus Russland? "Nein, wir waren das nicht." - "Nein, es gab gar keinen Giftgaseinsatz." - "Der Brite war's!" - "Nein, der Russe war's!"

Eine Diskussion, wie wir sie aus dem Sandkasten einer Kindertagesstätte kennen, nachdem der Buddeleimer abhandengekommen ist. Das Problem ist nur, dass es sich beim Syrien-Konflikt um einen deutlich größeren Sandkasten handelt. Dass in Krisenregionen gerne und exzessiv neue Waffensysteme getestet werden, ist bekannt. Während Kinder nur mit Sand schmeißen, wird in großen Konflikten auch anderes Material geworfen.

Es bleibt also nur die Hoffnung, dass hinter den Kulissen - beispielsweise unter Chatham House Rules - noch einige Personen in ihrer mentalen Komfortzone rangieren und miteinander reden.

Autor: Matthias Baumann

Mittwoch, 11. April 2018

Lunch mit dem Militärbischof

Während die Bundesregierung in Meseberg über Abgase von Diesel-Fahrzeugen und andere wichtige Dinge redete, genossen wir die Sonne in der City West. Am Tisch vor dem Savoy saßen der evangelische Militärbischof Dr. Sigurd Rink, sein persönlicher Referent Dr. Klaus Beckmann und der bischöfliche Pressereferent Dr. Roger Töpelmann.

Im Terminplan des Bischofs ist wenig Luft. Er ist viel unterwegs, bereist die Einsatzgebiete und Standorte der Bundeswehr, ist in seiner regionalen Kirchengemeinde aktiv und trifft sich regelmäßig mit Pastoren zum Austausch. So hatte es einige Wochen gedauert, bis ein passender Termin gefunden war: Mittwoch nach Quasimodogeniti 2018.

Evangelischer Militärbischof Sigurd Rink
Evangelischer Militärbischof Dr. Sigurd Rink (links) und sein persönlicher Referent Dr. Klaus Beckmann (rechts)
Bemerkenswert war, dass die drei Doktoren nicht selbst das Wort ergriffen, sondern ein unmittelbares Interesse an BTB concept und meiner persönlichen geistlichen Entwicklung zeigten. War ich ungeplant in eine Seelsorge-Sitzung geraten? Der Bischof und seine Mitarbeiter hatten ein offenes Ohr und stellten Fragen über Fragen. Dabei wollte ich doch Sigurd Rink kennenlernen und erleben, wie er tickt und wie er bestimmte geistliche Themen sieht.

Christliche Parallelwelten

Die christliche Szene in Deutschland hat ja generell ein gespaltenes Verhältnis zur Bundeswehr. Um Militärseelsorger und Christen in der Bundeswehr macht der Otto Normalchrist einen großen Bogen. Pazifismus gehört zum guten Ton. Dabei fühlen sich 56% der Bundeswehrangehörigen einer der großen Volkskirchen verbunden - mit einem leichten Übergewicht zugunsten der Protestanten.

Sigurd Rink war durch den Völkermord in Ruanda (2014) nachdenklich geworden. Paulus und Petrus sprechen im Neuen Testament vom Sinn der obrigkeitlichen Gewalten als bewaffnete Ordnungshüter. Bestätigt wurde der Militärbischof durch die Kriegsleute-Schrift von Martin Luther (1526). Luther greift Bibelpassagen wie Römer 13 auf und entwickelt daraus die so genannte Zwei-Regimente-Lehre. Regiment ist hier im Sinne von Regierung zu verstehen. Das erste Regiment führt Gott und das zweite der Staat. Der Staat ordnet sich idealerweise den ethischen Grundsätzen der Bibel unter. Moral und Ethik sind Dreh- und Angelpunkt der Kriegsleute-Schrift. Am Ende der Ausführungen wünscht sich Luther noch viel mehr Christen in der Armee, die entsprechend positive Akzente setzen könnten.

Traditionserlass und christliche Wurzeln

Der neue Traditionserlass der Bundeswehr enthält viele dieser ethischen Grundlagen, obwohl Gott nicht ein einziges Mal darin erwähnt wird. Die Begleitung des Prozesses zur Erarbeitung der neuen Richtlinien offenbarte eine tiefe Verwurzelung von Offizieren und Generälen im christlichen Glauben. Ein Grund dafür ist die Herkunft aus den alten Bundesländern und die natürliche christliche Sozialisierung. Allerdings gehört auch Mut dazu, seinen Glauben offen zu bekennen. So sei den studierten Theologen aufgefallen, dass prozentual mehr Christen in der Bundeswehr zu finden seien als im wirtschaftlichen Kontext.

Hilfe bei PTBS und das Ohr an der Truppe

Der hohe ethische Standard bei Bundeswehrangehörigen wird auch bei der Behandlung Posttraumatischer Belastungsstörungen (PTBS) sichtbar. Innere Konflikte entstehen nicht nur durch eigenes Leid, sondern auch durch die Verletzung oder Tötung von Gegnern. Die Auslandseinsätze produzieren derzeit etwa vier neue PTBS-Fälle pro Tag. Das ist eine beachtliche Zahl, die durch Fachpersonal der Bundeswehr und eben auch die Seelsorger behandelt wird. Roger Töpelmann warf mit merklichem Stolz ein, dass die Militärseelsorge erhebliche Erfolge bei der Minderung und Überwindung von PTBS habe. Es gibt sogar eine Bundeswehr-App mit dem Namen Coach PTBS.

Die Militärseelsorge ist zwar eingebettet in die Truppe, steht aber administrativ daneben. Durch die Einbettung erleben die Seelsorger den Alltag der Soldaten und können sich ohne große Erklärungen in deren Umstände hineinversetzen. Sie sind an das Seelsorge-Geheimnis gebunden und dienen deshalb als Anlaufstelle für Themen, die sonst niemand erfährt. Auch Toxic Leadership (vergiftende Leitung) kann in der Seelsorge angesprochen werden. Es wird dann nach Lösungswegen gesucht.


Evangelischer Militärbischof Sigurd Rink
Evangelischer Militärbischof Dr. Sigurd Rink in seinem Büro
Gehen statt auf Kommende warten

Was Militärgeistliche an ihrer Arbeit reizt, ist die Gehen-Mentalität in der Bundeswehr. Die Ortsgemeinde lebt vom Kommen: Anwohner kommen in die Kirche. Bei der Bundeswehr geht der Pfarrer an die Standorte, in den Einsatz, zur Truppe. Rumsitzen und auf Zuhörer warten? Das funktioniert bei der Bundeswehr nicht. Es gilt, einen Draht zur Truppe aufzubauen. Auch wenn keine aktive Mission betrieben wird, so entscheiden sich doch immer wieder Soldaten für eine Taufe und eine Lebensausrichtung auf das Vorbild Jesus Christus.

Apropos Jesus Christus: Der immer stärker werdende Migrationsanteil unter den Soldaten bringt neue Herausforderungen für die Seelsorge mit sich. Die wenigen Juden werden zumeist von regionalen Synagogen betreut. Moslems kennen keine Seelsorge. Dennoch konsultieren sie christliche Seelsorger, die wiederum sehr positive Erfahrungen mit den Moslems machen. Auch wenn es im Militärseelsorgevertrag von 1957 anders steht, sind die Seelsorger offen für alle Soldaten, deren Seele eine Sorge hat. Das kann ein Katholik, ein Orthodoxer, ein Moslem, ein Freikirchler oder ein Humanist sein. Da der Seelsorger seiner Kirche untersteht, wird er sich jedoch nicht verbiegen und die Eigenheiten der anderen Denomination adaptieren.

Militärseelsorger ohne Uniform

Die Herren am Tisch waren froh darüber, dass die Militärgeistlichen in Deutschland nicht in die Armeestrukturen eingebunden sind. In anderen Ländern ist das anders geregelt und die Pfarrer tragen sogar Uniformen. Uniformen hebeln zudem die Seelsorgekompetenz aus, da die Geistlichen dem zweiten Regiment (Staat) unterstellt sind. Sigurd Rink führte in diesem Zusammenhang Predigten aus dem Ersten und Zweiten Weltkrieg an, die als Sahnehäubchen für die Kampfmoral gedient hatten und weit entfernt waren von verantwortungsvoller christlicher Lehre.

Die Authentizität und Kompetenz, mit der die drei Gesprächspartner von ihrer Arbeit und ihrem Glauben erzählten, überzeugten mich davon, dass Bischof Rink der richtige Mann am richtigen Platz ist. Ein enger Mitarbeiter der Ministerin hatte mir vorab schon mitgeteilt, dass Sigurd Rink "sehr sehr nett" sei. Das fand ich bestätigt.

Autor: Matthias Baumann

Mittwoch, 28. März 2018

Traditionserlass der Bundeswehr unterzeichnet und Kaserne umbenannt

Die heutige Unterzeichnung des überarbeiteten Traditionserlasses ging mit der Umbenennung einer Kaserne in Hannover einher. Die ehemalige Emmich-Cambrai-Kaserne bekam damit als erste Kaserne den Namen eines im Einsatz gefallenen Bundeswehr-Angehörigen: Hauptfeldwebel Lagenstein.

Hauptfeldwebel Tobias Lagenstein

Tobias Lagenstein war am 28. Mai 2011 als Personenschützer für Generalmajor Markus Kneip in Afghanistan eingesetzt. Am Nachmittag wurde durch einen afghanischen Innentäter eine Bombe zur Detonation gebracht. Es starben sieben Menschen, darunter Tobias Lagenstein. Markus Kneip wurde schwer verletzt, war aber nach zwei Monaten wieder einsatzfähig. Bis Anfang 2012 wirkte er weiter in Afghanistan. Zurzeit ist er als Chef des Stabes beim Supreme Headquarters Allied Powers Europe (SHAPE) in Belgien eingesetzt.

Hauptfeldwebel Tobias Lagenstein Wald der Erinnerung
Hauptfeldwebel Tobias Lagenstein - Gedenktafel im Wald der Erinnerung
Tobias Lagenstein war Angehöriger der Schule für Feldjäger und Stabsdienst in Hannover. Damit schließt sich der tradierende Kreis zur Emmich-Cambrai-Kaserne.

Dass die Kaserne ausgerechnet in der Karwoche umbenannt wurde, ist interessant. War doch auch Jesus Christus stellvertretend für die Menschen gestorben, die ihn als ihren Personenschützer anerkennen.

Die Tradition der Bundeswehr

Der Traditionserlass heißt übrigens gar nicht Traditionserlass. Die offizielle Bezeichnung lautet: "Die Tradition der Bundeswehr - Richtlinien zum Traditionsverständnis und zur Traditionspflege". Intern wird das vermutlich abgekürzt in TradBwRiliTradvstTradPfl - um bei der Tradition von Bundeswehr-Abkürzungen zu bleiben. Für diese gibt es zwar eine umfangreiche Datenbank aber keine zementierten Richtlinien.

Grob zusammengefasst ist der Traditionserlass - bleiben wir bei dieser Formulierung - auf Werte und Ethik orientiert und läuft in den Bahnen der freiheitlich demokratischen Grundordnung (FDGO). Daraus ergeben sich zehn Seiten mit vier Hauptpunkten. Eine bemerkenswerte Leistung, das Thema so straff zusammenzufassen. Manch ein Militärhistoriker hätte sicher eine 300-seitige Doktorarbeit daraus machen können. Als ich Oberst Lange in den Workshops ganze Blöcke vollschreiben gesehen hatte, war ich auf ein entsprechendes Buch zur Neufassung vorbereitet. Aber zehn Seiten sind gut und schnell zu lesen und liefern dennoch die gewünschten Leitplanken.

Vom Weißbuch zur Chefsache

Der Traditionserlass tauchte mit stiefmütterlichen drei Seiten im Weißbuch 2016 auf. Durch Zwischenfälle mit Sympathisanten der Wehrmacht gelangte das Thema akut auf die Agenda der Ministerin und wurde dann mit vier Workshops und diversen weiteren internen Diskussionen in Angriff genommen.

Auch wenn Insider behaupten, der neue Traditionserlass habe längst fertig in der Schublade gelegen, so halte ich diese Ansicht für wenig wahrscheinlich. Die Begleitung von drei der vier Workshops zeichnete ein Bild von Offenheit und respektvoller Diskussion zwischen Experten aus Militär und Gesellschaft. Einige Formulierungen und Gedankenanstöße finden sich auch in der vorliegenden Fassung wieder. Es wäre ja auch schade gewesen, wenn Oberst Lange die ganzen Blätter aus Zeitvertreib vollgeschrieben hätte.

Identifizierung auf Regimentsebene

Nicht nur das Zentrum Innere Führung plädierte dafür, dass Tradition auf Regimentsebene gelebt werde. Auch im Punkt 1.2 ist zu lesen, dass Kopf und Verstand sowie Herz und Gemüt anzusprechen sind. Der einzelne Soldat solle sich mit der Tradition seines direkten Umfeldes identifizieren können. Übrigens ein initialer Gedankenanstoß aus England beim ersten Workshop in Hamburg.

Wehrmacht und NVA

Punkt 2 - Historische Grundlagen - stellt klar, welche Epochen der deutschen Militärgeschichte zur Tradierung genutzt werden können. Die "gesamte deutsche (Militär-)Geschichte" heißt es dort. Allerdings mit einem Dämpfungsfaktor, der jene Teile ausschließt, "die unvereinbar mit den Werten unserer freiheitlich demokratischen Grundordnung sind".

Explizit wird auf die Wehrmacht und die NVA als Instrumente zur Stabilisierung problematischer Ideologien eingegangen. In den Punkten 3.4.1 und 3.4.2 werden diese beiden Armeen noch einmal aufgegriffen. Überschrift "3.4 Ausschlüsse". Durch "Einzelfallbetrachtung" und "sorgfältiges Abwägen" können jedoch Einzelpersonen oder deren Handlungen in die Tradition der Bundeswehr einbezogen werden.

Traditionserlass Wachbataillon Karabiner 98k
Traditionserlass 2018 - Wachbataillon bei einem Staatsbesuch im Schloss Bellevue mit Karabiner 98k
Preußische Geschichte

Damit kann Preußen zur Tradierung herangezogen werden. Davon ist insbesondere das Wachbataillon des BMVg betroffen, das seine Tradition auf das 1. Garderegiment zu Fuß zurückführt. Dieses war 1806 zusammengestellt worden und diente als Leibregiment der Könige Preußens. In dieser Tradition ist das Wachbataillon für den Schutz des Regierungssitzes und des Verteidigungsministeriums zuständig. Zudem erfüllt es protokollarische Aufgaben.

Der dabei genutzte Karabiner 98 gerät regelmäßig in die Kritik. War er doch eine Standardwaffe der Wehrmacht. Der Karabiner 98 war jedoch schon 1898 entwickelt worden. Das bei Staatsbesuchen gezeigte Gewehr hat einen verkürzten Lauf und nennt sich deshalb 98k - k wie kurz. Mit Karabiner 98 waren Stauffenberg und seine Mitstreiter am 20. Juli 1944 hingerichtet worden. Deshalb kann diese Waffe in die Tradition einbezogen werden.

Traditionsstiftendes Verhalten

Die Teilnehmer der vier Workshops zum Traditionserlass waren sich einig, dass es weniger um die Personen als um beispielhafte Taten und Eigenschaften von Personen gehen solle. Beispiel statt Vorbild hatte es Flottillenadmiral Schneider in Hamburg auf den Punkt gebracht. Punkt 3.3 zählt folgende "soldatische Tugenden" auf: "Tapferkeit, Ritterlichkeit, Anstand, Treue, Bescheidenheit, Kameradschaft, Wahrhaftigkeit, Entschlussfreude und gewissenhafte Pflichterfüllung". Darüber hinaus können auch militärische Exzellenz, herausragende Truppenführung und professionelles Können im Gefecht eine Grundlage zur Tradierung bieten.

Alles jedoch immer im Einklang mit dem Grundgesetz, da die Bundeswehr "freiheitlichen und demokratischen Zielsetzungen verpflichtet" ist.

Symbole, Zeremonielle und historische Exponate

Ab Punkt 4.6 wird definiert, welche Symbole, Zeichen und Zeremonielle für die Bundeswehr von Bedeutung sind:
  • schwarz-rot-goldene Nationalfarben
  • Nationalhymne
  • Adler des deutschen Bundeswappens
  • Eisernes Kreuz
  • Feierliches Gelöbnis und Diensteid
  • Ehrenkreuz der Bundeswehr
  • Großer Zapfenstreich
  • Lied vom guten Kameraden
  • Europahymne und Europafahne

Verboten sind nationalsozialistische Symbole und Zeichen wie das Hakenkreuz. Exponate aus der Zeit zwischen 1933 und 1945 sowie der NVA sind deutlich als historisches Anschauungsmaterial zu kennzeichnen und klar vom erlaubten Traditionsgut zu trennen. Werde beispielsweise am Volkstrauertag der Toten des Zweiten Weltkriegs gedacht, geschehe das als allgemeines Totengedenken und sei "keine Tradition früherer Streitkräfte".

Noch Fragen?

Mit diesem Traditionserlass wird insbesondere dem Zentrum Innere Führung eine geeignete Richtlinie an die Hand gegeben, um die Fragen aus der Truppe kompetent beantworten zu können. Für Grauzonen der Traditionspflege wird mehrfach auf das Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften (ZMSBw) in Potsdam verwiesen.

Autor: Matthias Baumann

Mittwoch, 21. März 2018

Serenade zur Verabschiedung der Staatssekretäre Brauksiepe und Grübel

Aus ranghohen Kreisen der Streitkräftebasis wurde mir eine wichtige Information zugespielt: Der Kaffee in der Wache des BMVg soll der Beste in ganz Berlin sein. Zum professionellen Handwerk des Journalisten gehört allerdings eine Prüfung anhand mehrerer Quellen. Deshalb fragte ich gestern Abend bei den Feldjägern nach. Die Reaktionen ergaben eine Bandbreite zwischen Skepsis und der Frage, wer denn diese Falschaussage verbreitet habe. Frischer Kaffee wurde aufgesetzt.

Die Anfangszeit der Serenade war kurzfristig verlegt worden. Schließlich musste es dazu richtig dunkel sein. Die Serenade ist ein Bestandteil des Großen Zapfenstreichs und kann bei Bedarf extrahiert werden. Das heißt, es gibt eine kleine Gruppe Soldaten mit Fackeln, das übliche Musikkorps, mehrere Wunschlieder, die finale Nationalhymne und die Abfahrt mit Blaulicht-Limousinen.

Serenade Staatssekretäre Brauksiepe und Grübel
Serenade zur Verabschiedung der Staatssekretäre Dr. Ralf Brauksiepe und Markus Grübel
Relativ unspektakulär marschierten die Fackelträger gestern Abend auf den Hof und verließen diesen ähnlich unauffällig. Es gab auch ein Ehrenspalier mit Fackeln, das der Ministerin und den geehrten Personen den Weg zum roten Podest wies. Dass das Podest rot war, konnte nur erahnt werden. Immerhin war es auf dem Ehrenhof des Bendlerblocks so finster, dass keine Taste mehr auf der Rückseite der Kamera zu erkennen war. Das Fackel-Spalier verließ noch vor dem ersten Musikstück das Areal. Gespielt wurden je zwei Wunschlieder für jeden der beiden Geehrten. Ein fünftes Stück hatten sich beide gemeinsam gewünscht: "Großer Gott, wir loben dich".

Es wurden zwei Staatssekretäre verabschiedet: Dr. Ralf Brauksiepe und Markus Grübel waren im Dezember 2013 als Parlamentarische Staatssekretäre ins Verteidigungsministerium berufen worden. Dr. Brauksiepe kümmerte sich um Planung, Führung Streitkräfte, Strategie, Einsatz, Haushalt und Controlling. Markus Grübel war für Ausrüstung, IT, Recht, Personal, Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistungen zuständig. Breite Arbeitsfelder, die in Zukunft von den CDU-Politikern Peter Tauber und Thomas Silberhorn bedient werden.

Peter Tauber ist Oberleutnant der Reserve und repräsentiert eine wichtige Schnittmenge aus Bundeswehr, Politik und Zivilgesellschaft. Thomas Silberhorn war die letzten vier Jahre im BMZ tätig und kennt sich von daher bestens mit den Herausforderungen und Möglichkeiten in den Einsatzländern der Bundeswehr aus. Was die neuen Herren im Bendlerblock tatsächlich bewegen, wird die Praxis zeigen.

Ein Praxistest war gestern Abend bestanden worden: Der frische Kaffee aus der Wache entsprach ganz meinem Geschmack. Mal abgesehen von der Wärmeentfaltung, die für die nächste Stunde am Gefrierpunkt hilfreich war.

Video:
Serenade zur Verabschiedung von Dr. Ralf Brauksiepe und Markus Grübel.

Autor: Matthias Baumann

Mittwoch, 14. März 2018

Von der Zipfelmütze zum Barett - Besuch beim Wachbataillon des BMVg

Nieselregen, Baustellen, dichter Verkehr. Kurz vor zehn rollte ich auf das Gelände der Julius-Leber-Kaserne in Tegel. Eine große weiße Tafel wies den Weg zur 48 Alpha, dem Sitz des Wachbataillons - kurz WachBtl oder ganz korrekt abgekürzt WachBtl BMVg. Mein Gesprächspartner saß im Obergeschoss. Beinahe hätte ich ihn nicht erkannt. Keine graue Heeresuniform, kein Barett, sondern baren Hauptes in Camouflage. Die perfekte Tarnung gegenüber Zivilisten mit selektiver Wahrnehmung.

WachBtl Wachbataillon 1. Garde-Regiment zu Fuß Truppenfahne
Wachbataillon - Gemälde mit dem 1. Garde-Regiment zu Fuß - links davor erste Truppenfahne des Wachbataillons
Als Erstes gingen wir ins Nachbarbüro: Dienststube des Kommandeurs. Oberstleutnant Patrick Bernardy trug auch kein Barett und ebenfalls das kampfbereite Flecktarn. Ein Anblick, den ich aus dem Kanzleramt oder dem Schloss Bellevue nicht kannte. Es gab eine herzliche Begrüßung und Staunen über die gemütliche Stube. Überall Traditionsgegenstände aus 200 Jahren Militärgeschichte. Das Wetter tauchte den Raum in eine schummerige Atmosphäre. Der Oberstleutnant fragte, ob wir Licht einschalten sollten. Klick - für die Fotos reichte es.

Kaffee wurde herbeigebracht und so redeten wir über das 1. Garderegiment zu Fuß, protokollarische Abläufe und Zuständigkeiten. Das Garderegiment war hinter unserer Sitzecke in eine entscheidende Kampfhandlung verwickelt. Neben mir die erste Truppenfahne des Wachbataillons und vor uns Tassen mit dem typischen Fraktur-W und den Initialen FR für Fridericus Rex.

WachBtl Wachbataillon Grenadiersmütze
Grenadiers-Mütze: Bommel, Schild mit "Semper Talis", Adler, drei Granaten (Kugeln unter Adler) und FR-Initialen
Diese Initialen fanden sich auch auf der Grenadiers-Mütze wieder, die Patrick Bernardy aus dem Schrank holte. Die Grenadiere heißen so, weil sie zum Werfen von Granaten eingesetzt wurden. Beim Werfen störten jedoch die damals üblichen Dreiecks-Hüte. Deshalb wurden diese gegen Zipfelmützen ersetzt. Damit das dann nicht so verschlafen aussah, wurde noch ein Schild an der Frontseite angebracht. Oben am Schild wurde die Bommel befestigt. Interessante Details, die auf diesem Wege zu Tage traten.

Apropos Bommeln: Eine weitere Tradition des Wachbataillons ist die jährliche Mitnahme einer Kugel vom Weihnachtsbaum des Bundespräsidenten. Joachim Gauck hatte bei seinem Abschiedsbesuch vor einem Jahr die Kugel signiert, die ihm kurz vorher offiziell vom Baum abgenommen worden war. Dem Steuerzahler entsteht dadurch kein Schaden, da die Kugeln im Kreislauf der Behörden verbleiben.

WachBtl Wachbataillon
Wachbataillon - Traditionelle Kugeln vom Weihnachtsbaum des Bundespräsidenten
Viele Fragen, die in unserem YouTube-Kanal aufgekommen waren, wurden während des Gespräches beantwortet. So ist nun bekannt, dass die Karabiner 98 entmilitarisiert sind - bis auf 150 Stück, mit denen man noch Salut schießen könne. Die Pistolen der Zugführer sind alte Walther P1, von denen Schlitten und Lauf entfernt wurden. Ansonsten würden die nicht in die weißen Taschen passen. Das ist aber egal, da die Sicherung von Staatsbesuchen ausreichend durch Bundespolizei und Bundeskriminalamt gewährleistet ist. Bei Verteidigungsministern übernehmen Feldjäger diesen Part.

Dennoch müssen die Mitglieder des Wachbataillons alle üblichen Disziplinen des Heeressoldaten beherrschen. Je mehr Einsätze anstehen - Staatsbesuche, Ehrenspaliere, Ehrenzüge, Zapfenstreiche, Ehrenposten, Staatsbankette - umso höher ist die zeitliche Belastung für die Truppe. Mit der jüngst eingeführten Arbeitszeitregelung ist das kaum zu vereinbaren.

So hat das S3-Protokoll alle Hände voll zu tun, die Einsätze der Kompanien zu organisieren. S3 ist die Abteilung für die Ausbildungsplanung. Das S3-Protokoll stellt darin ein Spezialteam dar, das für die protokollarischen Aufgaben zuständig ist und relativ autonom agiert - vergleichbar mit dem Drill Sergeant der amerikanischen Streitkräfte. Sie sind letztlich nur dem Kommandeur unterstellt.

WachBtl Wachbataillon Kommandeur OTL Bernardy Truppenfahne
Wachbataillon - Kommandeur neben der Truppenfahne - im Hintergrund die Fahnenbänder
Einsatzbefehle können sehr kurzfristig eintreffen. Ehrenspaliere und Ehrenposten werden teilweise erst wenige Stunden vorher angefordert. Bei Salut in Tegel und für Staatsbesuche inklusive der Neuen Wache werden mehrere Tage Vorlauf benötigt. Premierminister im Kanzleramt sind ohne großen Aufwand sehr schnell und mit wenig Übungszeit zu bewerkstelligen. Bei komplexen Aktionen wie dem Großen Zapfenstreich wird länger geprobt. Am schwierigsten sind wohl Staatsbankette, da diese so selten stattfinden.

Nach den Einsätzen folgt die Vergabe von Noten. Auch dafür ist das S3-Protokoll zuständig. War der Kommandeur zugegen, hat er das letzte Wort. Mindestens vier Augen prüfen die Performance der eingesetzten Mannschaft. Lässt ein Soldat das Gewehr fallen, hat das eine 5 zur Folge. Dieser Soldat wird dann "nachgeprottet". Das heißt: Üben bis es klappt. Protter ist ein interner Begriff für Protokoll-Soldaten.

Freunde von NVA und Wehrmacht äußern immer wieder den Wunsch nach Stechschritt. Deshalb führte der Kommandeur sehr anschaulich vor, dass Stechschritt eher etwas für Anfänger ist. Stechschritt lässt sich deutlich einfacher ausführen. Das Knie muss dabei nämlich nicht bewegt werden und der Abstand innerhalb der Rotte ist besser zu halten.

Zur Truppenfahne: Spitzenpolitiker zeigen ihren Respekt gegenüber der Bundeswehr durch eine Verneigung vor der Truppenfahne. Sie unterliegt wegen ihrer regen Nutzung einem hohen Verschleiß. Die Anfertigung kostet inklusive Material etwa 3.500 Euro. Die Fahnenbänder zu den jeweiligen Staatsgästen werden in einer speziellen Zeremonie eingeweiht und dann bei jeder Gelegenheit an die Truppenfahne gehängt. Das erste Fahnenband wurde von der Queen gesponsert. Einige dieser Traditionen entwickeln sich situativ und ohne irgendwelche internationalen Vorgaben.

WachBtl Wachbataillon Fahnenbänder
Wachbataillon - Fahnenbänder in der Dienststube des Kommandeurs - ältestes Band von der Queen
Oft kommt die Frage auf, warum manchmal alle drei Teilstreitkräfte antreten und manchmal nur eine. Die Regel ist simpel: Erste im Staat und Monarchen haben einen Anspruch auf alle drei Teilstreitkräfte (TSK). Das ist dann ein Ehrenbataillon. Kommt nur ein Kanzler oder Ministerpräsident, reduziert sich der Anspruch auf eine TSK. Dann handelt es sich um eine Ehrenkompanie.

Das Protokoll des BMVg legt fest, welche TSK bei einem nachgeordneten Staatsgast antritt. Die etwa 1.000 Mitglieder des Wachbataillons haben alle drei Uniformen in ihrem Spind. Weltweit ist das Heer die stärkste TSK. Bei bekannten Seefahrernationen kann die Ehrenkompanie auch mal als Marineuniformträger (MUT) antreten. In Gedenken an die Luftschlacht 1940 mit England könnte beim Besuch von Theresa May durchaus eine Kompanie in Luftwaffen-Uniform eingesetzt werden.

Die jeweilige Uniform hat zudem Einfluss auf die Märsche, die das Musikkorps spielt. Bei den seltenen Auftritten einer Ehrenkompanie in Marine-Uniform sollten also unbedingt alle Märsche mitgefilmt werden. Marine ist so selten, dass die Fehlentscheidung beim Video zu Neuseelands Premierminister bisher nicht korrigiert werden konnte.

Bei Botschaftern läuft es anders. Die jeweils beauftragte Kompanie tritt in der ihr eigenen Uniform an. Es besteht also keinerlei Zusammenhang zu den jeweils akkreditierten Botschaftern.

Beim Empfang von Staatsoberhäuptern auf dem Flughafen Tegel obliegt es dem S3-Protokoll, die TSK des dortigen Ehrenspaliers auszuwählen. Das Protokoll-Team entscheidet hierbei völlig frei. In Tegel wird gelegentlich auch Salut geschossen. Dabei kommen sechs Haubitzen zum Einsatz, von denen die sechste Haubitze einen Schuss mehr abgibt. Diese Tradition geht auf die Marine zurück. Kriegsschiffe hatten in der Regel 20 Kanonen. Beim Anlaufen eines Hafens gaben sie 20 Schüsse ab, um zu signalisieren, dass die Kanonen leer sind. Der Hafen antwortete darauf mit einem Schuss.

WachBtl Wachbataillon OTL Bernardy
Wachbataillon - Kommandeur Oberstleutnant Patrick Bernardy an seinem Schreibtisch
Das Wachbataillon ist neben den protokollarischen Aufgaben insbesondere für den Schutz des Sitzes der Bundesregierung und des Verteidigungsministeriums zuständig. Deshalb auch die reguläre Ausbildung mit Nachtschießen und ähnlichem.

Der Leitspruch des Wachbataillons ist "semper talis" (stets gleich). Kein Wunder also, dass der Traditionsverband der aktiven und ehemaligen Soldaten des Bataillons mit Semper talis Bund e.V. benannt wurde. Der Bundesvorsitzende ist immer der jeweilige Kommandeur - aktuell Patrick Bernardy. Als Vorsitzender trägt er den goldenen Ring mit der roten Grenadiers-Mütze auf blauem Grund.

Nach drei Stunden verließ ich die Julius-Leber-Kaserne. Voll mit Eindrücken und wertvollen Informationen zur Beantwortung der Fragen in unserem YouTube-Kanal. Es nieselte immer noch ein wenig.

Autor: Matthias Baumann

Sonntag, 19. November 2017

Volkstrauertag mit Kranzniederlegung in der Neuen Wache

Der Volkstrauertag wurde 1919 - nach dem Ersten Weltkrieg - als Gedenktag vorgeschlagen und erstmalig am 1. März 1925 begangen. Bis 1951 fand der Volkstrauertag im Februar oder März statt - Reminiscere, dem fünften Sonntag vor Ostern. 1952 wurde er auf den zweiten Sonntag vor dem ersten Advent gelegt. Gedacht wird insbesondere an die Menschen, die durch Krieg und Gewalteinwirkung ums Leben gekommen sind.

Im Dritten Reich wurde der Tag auf den 16. März festgelegt. Am 16. März 1935 war die Wehrpflicht reaktiviert worden und damit ein passender Anlass, von der christlichen Zeitrechnung abzuweichen.

Volkstrauertag 2017 Neue Wache Kranzniederlegung
Volkstrauertag 2017 - Neue Wache - Kranzniederlegung
Der Volkstrauertag ist nicht zu verwechseln mit dem Totensonntag. Der Totensonntag - auch Ewigkeitssonntag genannt - ist ein evangelischer Gedenktag an die Verstorbenen - egal, in welcher Form sie abgelebt waren. Der Ewigkeitssonntag findet am letzten Sonntag des Kirchenjahres, also am Sonntag vor dem ersten Advent, statt. So ergibt sich die zeitliche Abfolge: Volkstrauertag, Ewigkeitssonntag, 1.Advent.

Heute gedachten der Bundespräsident, der neue Präsident des Bundestages, der neue Präsident des Bundesrates, die Verteidigungsministerin und weitere Präsidenten, Bürgermeister und der Generalinspekteur der Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft. Dazu legten sie Kränze in der Neuen Wache nieder.

Die Neue Wache wurde vor zwei Wochen neu eröffnet. Es hatten umfangreiche Baumaßnahmen stattgefunden. Das nach Plänen von Karl Friedrich Schinkel und Salomo Sachs errichtete Haus zählt zu den Hauptwerken des deutschen Klassizismus.

Volkstrauertag 2017 Neue Wache Kranzniederlegung
Volkstrauertag 2017 - Neue Wache - Fahnen auf Halbmast
Nach den Umbauten verfügt die Neue Wache nun auch über einen barrierefreien Zugang. Wolfgang Schäuble war heute der erste prominente Gast, der die Barrierefreiheit testen konnte. Das war auch ein wichtiger Moment für die Presseabteilung des Deutschen Historischen Museums.

Das DHM ist für die Neue Wache zuständig und hatte heute seine Fahne auf Halbmast gesetzt. Die Fahnen neben der Neuen Wache und an der Humboldt Universität waren ebenfalls auf Halbmast gesetzt. Nur die Staatsoper scheint nichts mit dem Volkstrauertag anfangen zu können. Vielleicht ist aber auch der Mast zu kurz für Trauerbeflaggung.

Die Ewige Flamme lodert übrigens seit Anfang der 1990er Jahre nicht mehr in der Neuen Wache. Deren Glaskörper steht irgendwo im Magazin und wiegt so viel wie ein voll ausgestatteter BMW 7er. Apropos BMW: Die vorwiegend aus Audi und Mercedes bestehende Fahrzeugkolonne der Regierungsvertreter mit ihren Blaulichtern und Standarten bewegte sich nach der Kranzniederlegung zum Reichstag, wo eine Gedenkstunde stattfinden sollte.

Video:
Kranzniederlegung zum Volkstrauertag 2017 in der Neuen Wache

Autor: Matthias Baumann

Freitag, 10. November 2017

4. Workshop zur Überarbeitung des Traditionserlasses an der BAKS in Berlin

Egal, mit wem ich heute an der Bundesakademie für Sicherheitspolitik (BAKS) sprach, die Erwartungshaltung gegenüber dem vierten und letzten Workshop zur Überarbeitung des Traditionserlasses war gedämpft. In Hamburg, Koblenz und Potsdam war soweit alles gesagt worden. Es zog sich eine rote Linie durch die Argumentation und die Themen. Der für die textliche Neufassung verantwortliche Oberst atmete auf, weil keine neuen Baustellen aufgerissen worden waren.

Das Wachbataillon war wieder nicht dabei. Der Generalinspekteur ließ sich durch Vizeadmiral Rühle vertreten und die Ministerin hatte mit Jamaika zu tun. Eine gemütliche Runde mit Herrschaften der obersten sechs Dienstgrade und viele bekannte Gesichter.


4. Workshop Traditionserlass BAKS Berlin
4. Workshop zum Traditionserlass an der BAKS in Berlin
General Pfeffer und die finale Entscheidung

Aus Zeitgründen musste ich eine Entscheidung treffen: Sektion IV Einsatzarmee mit Generalleutnant Pfeffer oder Sektion I mit einer ressortübergreifenden Traditionsbetrachtung. Beim Antrittsbesuch des Bundespräsidenten hatte ich General Pfeffer im Einsatzführungskommando erlebt. Ein kompetenter Mann, der viele Jahre seiner Dienstzeit bei den Gebirgsjägern verbracht hatte. Er wurde von seinem Presseoffizier begleitet. Der Bundespräsident war heute nicht dabei, hatte aber seinen Oberst zum Workshop geschickt.

Auch wenn der Vortrag von Herrn Pfeffer sicher spannend gewesen wäre, fiel die Entscheidung zugunsten der Sektion I. Traditionswürdige Ereignisse aus den Einsätzen waren bereits bei den vorherigen Workshops entfaltet worden. Sektion I hingegen versprach eine ganz neue Blickrichtung auf das Thema. Es sollten nämlich Bundespolizei, GSG 9 und der BND über ihre Traditionen berichten.

Bundespolizei ohne Tradition

Mathias Schaef von der Bundespolizei begann. Er zeichnete ein nüchternes Bild der Traditionslosigkeit. Die Gründung der Behörde erfolgte 1951 und war damit von jeglicher preußischer oder nationalsozialistischer Vergangenheit abgekoppelt.

Konrad Adenauer sorgte zwar für eine Wiedereingliederung ehemaliger Wehrmachtsangehöriger, aber zur Tradierung vergangener Bräuche reichten diese nicht aus. 1956 wurde die Bundespolizei in die Bundeswehr überführt. 1976 fand eine Rückbesinnung auf den Polizeistatus statt, der mit einer Angleichung von Uniformen und Amtsbezeichnungen einherging. Im Jahr des Mauerfalls gab es den ersten Auslandseinsatz - UNTAG Namibia. Bis 1994 hatten sie Kombattantenstatus, also durften an Kriegshandlungen teilnehmen. Erst vor 12 Jahren wurden sie in Bundespolizei umbenannt.

Diese ständigen Wechsel erklären auch, warum sich kaum eine Traditionslinie entwickeln konnte. Übrigens auch eine Argumentation, die vielfach in den Workshops aufkam. Regimenter werden auseinander gerissen, in "blutleere und technokratische" Worthülsen umbenannt und somit jegliche dauerhafte Identifikation des Soldaten mit seinem Regiment verhindert. Im Auslandseinsatz trifft dann eben ein Einsatzkontingent ein und nicht etwa das 3. Soundso-Regiment mit langjähriger gemeinsamer Kampferfahrung.

Die Motivation ziehe die Bundespolizei laut Mathias Schaef aus den täglichen Erfolgen, der guten Bezahlung, der exzellenten technischen Ausstattung und dem kollegialen Umgang miteinander. Ein hoher Wert sei die "Familie Bundespolizei".

4. Workshop Traditionserlass BAKS Berlin
GSG 9 - Kommandeur Jerome Fuchs beim 4. Workshop zum Traditionserlass an der BAKS in Berlin
Tradition und Stolz der GSG 9

Die GSG 9 ist eine Spezialeinheit der Bundespolizei und auf viele Dinge stolz - auch auf ihre Tradition. Der Name der Grenzschutzgruppe 9 wurde bis heute bewahrt. Er konnte sämtliche Umbenennungswellen überleben. Die Kollegen der GSG 9 reden sich als Kameraden an und sind stolz auf ihre Dienstkleidung. Jerome Fuchs, der Kommandeur der GSG 9, war heute mit seiner dunkelgrünen Tagesuniform erschienen. Damit stach er aus dem üblichen Grau-Schwarz im Saal heraus. Seine Mütze klemmte unter dem Dienstgrad-Abzeichen mit den vier gelben Sternen.

Begeistert erzählte der Kommandeur von seiner Truppe, der technischen Ausstattung, der cleveren Taktik, der zügigen Einsatzverlegung und den flachen Hierarchien. Bei der GSG 9 seien unkonventionelle und kreative Lagelösungen gefragt. Überraschungsmomente seien die Stärke der Gruppe. Während der Bewältigung einer komplexen Lage könne es vorkommen, dass der taktische Leiter kurzzeitig durch einen Grenadier - Anfänger - abgelöst wird, wenn dieser im entscheidenden Moment die beste Idee hat oder an der besseren Position steht. Die GSG 9 rekrutiere ihre Kameraden in einem strengen Auswahlverfahren. Dieses gewichte mehr die Praxiserfahrung als den Schein - den Schein von der Uni.

Jerome Fuchs berichtete von Kameradschaftstreffen und dem Gründungsvater Ulrich Wegener, der mit seinen 88 Jahren immer noch regelmäßig anrufe und sich nach dem Wohlergehen der GSG 9 erkundige. Kommandeur Fuchs ist übrigens der einzige Beamte der GSG 9, der öffentlich in Erscheinung tritt. Alle anderen arbeiten mit verdeckten Identitäten. Deshalb kann auch nur ein Teil der ausgeprägten Traditionen in den öffentlichen Raum gelangen.

Die geheime Tradition des BND

Ebenso verschleiert sind die Identitäten der Mitarbeiter des BND. Das liegt wohl in der Natur eines Nachrichtendienstes. Beim BND gibt es keine Uniformen, keine Abzeichen, keine speziellen Orden. Er ist dem Bundeskanzleramt direkt unterstellt und hat etwa 6.500 Mitarbeiter. 10% davon bilden eine Schnittmenge zur Bundeswehr.

Während die Bundeswehr mit eingezogenem Schwanz um die Vergangenheit vor 1945 herumschleicht, gibt der BND offen zu, dass 30% der Anfangsmitarbeiter aus NS-Personal mit Gestapo- und SD-Erfahrung rekrutiert worden waren. Offiziell wurde der BND am 1. April 1956 als Auslandsnachrichtedienst gegründet. Er ging aus der Organisation Gehlen hervor, die bis dahin unter amerikanischer Regie geführt worden war. Schwerpunkt: Abwehr des Kommunismus.

Wegen der natürlichen Intransparenz gab es bislang nur eine passive Aufbereitung der NS-Vergangenheit. Wobei sich das Thema ja bereits biologisch erledigt haben sollte. Seit 2010 wird intensiv an der Geschichte des BND geforscht und die Wissenschaftler haben laut BND-Historiker Bodo Hechelhammer vollen Aktenzugriff.

Das Bildnis des Gründungsvaters Reinhard Gehlen hänge zu Recht in einigen Räumen des BND. Mit einem Bildersturm würde man sich der Organisationsgeschichte berauben. Der kurz vor Kriegsende zum Generalmajor beförderte Gehlen hatte das Gespür dafür, dass die West-Alliierten seine Dienste und Netzwerke in der Auseinandersetzung mit dem kommunistischen Osten benötigen würden.

Tradition auf Regimentsebene

Nach diesen äußerst divergenten Traditionsverständnissen kam noch die Frage nach Migranten in der Bundeswehr auf. Freiheitliche demokratische Grundordnung war die kurze, aber alles zusammenfassende Antwort darauf. Wenn die FDGO das Leitbild des Migranten darstelle, sei die Zusammenarbeit unproblematisch. Bei der Polizei gehe der Trend ohnehin zu einer Öffnung für Beschäftigte aus EU-Ländern.

Ein ranghoher Offizier wiederholte am Rande der Veranstaltung noch einmal den wichtigen Punkt, den Flottillenadmiral Schneider in Hamburg eingebracht hatte: Beispiele statt Vorbilder! Tradierung des fachlichen Geschicks statt einer Person mit all ihren Schwächen und politischen Gesinnungen. Der neue Traditionserlass solle zudem nicht von oben diktiert, sondern auf Regimentsebene in einer persönlicher Beziehung zu der jeweiligen Tradition gelebt werden.

Autor: Matthias Baumann

Donnerstag, 12. Oktober 2017

3. Workshop zur Überarbeitung des Traditionserlasses am ZMSBw in Potsdam

Am ZMSBw ging es heute ans Eingemachte. In zwei Blöcken wurde die deutsche Militärgeschichte vor 1933 sowie nach 1933 diskutiert. Chronologisch korrekt war die Geschichte vor 1933 auf den Vormittag gelegt worden und die Geschichte nach 1933 auf den Nachmittag.

Die Ministerin war schon zum ersten Block erschienen und hatte mit regem Interesse zugehört. Auch der Generalinspekteur saß in der ersten Reihe des Auditoriums. Gruppenarbeiten wie in Hamburg waren diesmal nicht vorgesehen. Dafür gab es jeweils einen Impulsvortrag und geplante Kommentare, die auch als Vortrag hätten durchgehen können, so sie nicht aktiv auf den Vorredner eingegangen wären.

3. Workshop zum Traditionserlass am ZMSBw in Potsdam
3. Workshop zum Traditionserlass - Kommentator Dr. Christian Hartmann vom Institut für Zeitgeschichte München
Bedingt durch Herkunft und Berufsschwerpunkt der Diskutanten ging es wieder sehr kontrovers zu. Jeder setzte eigene Akzente bei der Betrachtung des Themas. Theoretiker und Praktiker kamen zu Wort. Es nütze nichts, wenn sich eine "elitäre Gruppe Intellektueller" treffe und Tradition von oben herab diktiere. Die Truppe müsse einbezogen werden.

Wehrmacht lebt subcutan weiter

So sei insbesondere bei Panzergrenadieren eine tiefe Verbundenheit mit der Wehrmacht zu verzeichnen. Das ist auch der Ministerin bewusst. Auf Befehl lasse sich das zwar in den Untergrund verlegen, schwinge aber im Bewusstsein der Soldaten weiterhin mit. Da wir uns auf intellektuell hohem Niveau bewegten, fiel das Wort subcutan (unter der Haut).

Der Argumentation des ersten Workshops in Hamburg folgend wurde das deutsche Wort Opfer in die lateinischen Begriffe victima und sacrificium zerlegt. Der Deutsche gehe immer noch als Victima (passives Opfer wie z.B. bei einem Unfall) mit der Geschichte um und verliere dadurch den Blick auf das wertvolle Sacrificium (bewusstes Opfer für ein höheres Ziel). Brigadegeneral Sollfrank vom Kommando Spezialkräfte in Calw stellte deshalb - durchaus provokant - handwerklich gelungene Einsätze der Wehrmacht vor. Zuvor hatte Prof. Wolffsohn die Betrachtung der Wehrmacht in Ethik und Funktion gesplittet. Demnach sei die Ethik der Wehrmacht abzulehnen. Ihre funktionale Professionalität sei jedoch noch heute Teil der militärischen Lehrpläne.

Vorbilder und ethische Grundsätze

Durch die bekannte Victima-Blockade erlebe die Truppe ein traditionelles Vakuum, das ausgeglichen werden müsse. Werde kein passendes Beispiel geliefert, komme es oft zur Befüllung mit falschen Vorbildern.

Brigadegeneral Sollfrank nannte einige Grundsätze, die in seiner Einheit gelten:

  • Ehre
  • Mut
  • Loyalität
  • Integrität
  • Entschlossenheit
  • Tapferkeit

Was sagt die Bibel?

Interessant waren auch die mehrfach einfließenden Grundlagen aus der Bibel. Das Tötungsverbot aus den 10 Geboten (2. Mose 20, 13) beziehe sich auf das Morden aus niederen Beweggründen. Aus dem ethischen Kontext des Alten Testamentes gehe jedoch hervor, dass zwischen Morden und Töten differenziert werde. Gekrönt wurden die Ausführungen mit dem Hinweis, dass Jesus als Sohn Davids bezeichnet wurde. David sei zunächst Räuberhauptmann, dann Kämpfer und später sogar Mörder gewesen (2. Samuel 11, 14-27). Ethisch konnte er das jedoch gerade biegen, da er den Mord an Uria bereut und um Vergebung gebeten habe.

Der darauf folgende Kommentator untermauerte das mit einer weiteren Bibelstelle aus 1. Samuel 15. Darin geht es um den ersten israelischen König Saul, der die Amalekiter vernichten soll. Er tötet allerdings nur die Männer und das minderwertige Vieh. Die Frauen, den König und die Wertsachen verschont er. Hier entstehe der Eindruck einer humanitären Maßnahme. Tatsächlich sei das aber ein Akt der Habsucht Sauls gewesen. Kurz darauf wird Saul durch den oben erwähnten David ersetzt.

Islam in der Bundeswehr

Der Traditionserlass muss in diesem Zusammenhang noch eine weitere Kennziffer berücksichtigen: 1/6 der Bundeswehr sei inzwischen durch Menschen mit Migrationshintergrund besetzt. Diese bringen unter anderem auch islamische Denkstrukturen mit. Hier sei ein Verweis auf die Trennung von Politik und Religion angebracht.

3. Workshop zum Traditionserlass am ZMSBw in Potsdam
3. Workshop zum Traditionserlass am ZMSBw in Potsdam
Aber zurück zur postheroischen Gesellschaft Deutschlands:

Im Saal fehlte die Zielgruppe. Dienststellen mit ständigen Anfragen zum richtigen Verhalten versuchten Antworten aus den Diskussionen zu extrahieren. Wie kommt es zur Verbindung des separaten Stranges Ethik mit dem separaten Strang Handwerk? Wie interagieren diese Stränge und wie können sie in den Köpfen und Handlungsmustern der Soldaten miteinander verzahnt werden? Wird der neue Traditionserlass überhaupt praxistauglich sein?

Fragen über Fragen und ein Ringen um nutzbare Ergebnisse. Als Außenstehender war ich davon beeindruckt, mit welcher Wertschätzung auch sehr unterschiedliche Standpunkte diskutiert werden konnten. Ich war davon beeindruckt, dass hochrangige Offiziere ein glaubhaftes Interesse am Dialog mit der Truppe haben und die Umsetzung des neuen Traditionserlasses gerne bis in die untersten Hierarchie-Ebenen verwirklicht sehen möchten. Nicht per Befehl, sondern als verinnerlichte ethische Grundlage zur Ausübung des Handwerks.

Autor: Matthias Baumann

Donnerstag, 17. August 2017

Workshop-Serie zum Traditionserlass startet an der Führungsakademie in Hamburg

Den Diskussionen in unserem YouTube-Kanal folgend reduziert sich Tradition auf folgende Punkte: Pickelhaube, Karabiner und Stechschritt.

Traditionserlass Workshop Führungsakademie Hamburg
Workshop zum Traditionserlass an der Führungsakademie Hamburg - Ankunft der Ministerin
Heute startete an der Führungsakademie in Hamburg eine Workshop-Serie zur Überarbeitung des Traditionserlasses. Dieser war 1982 verfasst worden. Damals herrschte noch der Kalte Krieg. Regeln wie "Kämpfen können, um nicht kämpfen zu müssen" (Ulrich de Maizière) dienten zur Abschreckung und damit zur Sicherung des Friedens. In den folgenden 35 Jahren gab es gravierende Veränderungen, die 1982 nicht abzusehen waren:

  • Wiedervereinigung
  • Armee im Auslandseinsatz
  • Frauen in der Bundeswehr
  • Aussetzung der Wehrpflicht
  • Internationale Kooperationen über die NATO hinaus

Bereits im Weißbuch 2016 wurde auf drei Seiten die Überarbeitung des Traditionserlasses angeregt. Das war zunächst nur eine Absichtserklärung und wurde durch neuerliche Vorkommnisse auf Truppenebene zur Chefsache. Auch diese reduzierten sich auf den Umgang mit Traditionen aus der frühen Mitte des 20. Jahrhunderts: Wehrmacht und Nationalsozialismus.

Tradition ist jedoch ein deutlich breiteres Feld mit vielen Referenzthemen. So waren sich die Teilnehmer in Hamburg darüber einig, dass Geschichte nicht gleich Tradition sei. Geschichte passiert und Tradition hält bestimmte Elemente dieser Geschichte fest. Daraus kann sich ein Brauchtum entwickeln.

Letztlich bestimmt die vorherrschende Ethik, welche Elemente der Geschichte als so wertvoll erachtet werden, dass sich daraus eine Tradition und ein Brauchtum extrahieren lassen. Die Diskussion über den Traditionserlass müsse deshalb bei der Ethik beginnen. Diese sei der Rahmen, in dem der Soldat sein Handwerk ausführt. Dieses Handwerk besteht nicht nur im Bohren von Brunnen oder der Hilfe bei Hochwasser.

Traditionserlass Workshop Führungsakademie Hamburg
Workshop zum Traditionserlass an der Führungsakademie Hamburg - Generalinspekteur Volker Wieker, Bundesministerin Ursula von der Leyen, Konteradmiral Carsten Stawitzki (v.l.n.r.)
Neben Ursula von der Leyen und Generalinspekteur Volker Wieker waren etwa 300 Teilnehmer in die Führungsakademie eingeladen worden. Darunter viele ausländische Offiziere, Professoren, Bundestagsabgeordnete, Beamte, ehemalige Generäle, Admirale, Offiziere von Leutnant bis Oberst und einige Generäle. Es war eine sehr heterogene Zusammensetzung aus allen drei Teilstreitkräften und sämtlichen Waffengattungen.

Mit ihren 62 Jahren ist die Bundeswehr inzwischen älter als die Reichswehr und die Wehrmacht zusammen. Durch verschiedene Einsätze hat sie geschichtliche Marken gesetzt, die durchaus traditionsstiftend sein können. Im Ausland beispielsweise werden Brücken nach deutschen Soldaten benannt und im Inland Schulen. Etwa 3.000 Angehörige der Bundeswehr waren im Dienst verstorben. Es fielen die Worte sacrificium und victima: Opfer im Sinne eines höheren Zieles oder Opfer eines Unfalls.

Traditionserlass Workshop Führungsakademie Hamburg
Workshop zum Traditionserlass an der Führungsakademie Hamburg - Teilnehmer aus dem Ausland
Beispiele aus Nachbarländern zeigten, dass Tradition nicht von oben diktiert werden könne. Per Erlass könnten nur Rahmenbedingungen geschaffen und Traditionen gefördert werden. Das eigentliche Bewusstsein entstehe jedoch auf Regimentsebene. Hilfreich sei dabei Kontinuität in vielfacher Hinsicht: Orte, Namen, Kameraden.

Nach den drei offiziellen Reden wurde auf Chatham-House-Rules umgeschaltet, so dass die heterogenen Diskutanten in den vier Panels frei und ungeschminkt ihre Meinung einbringen konnten. Ein sehr konstruktives Workshop-Klima, das durch hochkarätige Moderatoren geleitet wurde.

Es sind drei weitere Workshops geplant. Der nächste soll noch vor der Bundestagswahl beim Zentrum Innere Führung in Koblenz stattfinden. Bei so viel heterogener Kompetenz, die in einer respektvollen und konstruktiven Atmosphäre am Thema arbeitet, ist ein gut durchdachtes Endergebnis zu erwarten.

Autor: Matthias Baumann

Donnerstag, 20. Juli 2017

20. Juli: Gedenkstunde in Plötzensee und Gelöbnis im Bendlerblock

12 Pfennige für Porto, 1,50 Reichsmark pro Tag für die Haft und 300 Reichsmark für die Hinrichtung mussten die Angehörigen aufbringen. Im Hinrichtungsschuppen von Plötzensee wurde geköpft und gehängt. Die Scharfrichter bekamen ein Jahresgehalt von 3.500 Reichsmark und je Hinrichtung eine Prämie von 65 Reichsmark. Mit einer Hinrichtung pro Woche konnte das  Jahresgehalt verdoppelt werden. In den Jahren 1933 bis 1945 waren es fast 3.000 Menschen, die den Hinrichtungsschuppen mit seinen zwei kargen Räumen nicht lebend verließen.

Feierstunde Gedenkstätte Plötzensee 20. Juli 1944
Feierstunde in der Gedenkstätte Plötzensee anlässlich des 20. Juli

Der heutige 20. Juli ist die symbolische Gedenkmarke für alle Opfer der Nazi-Herrschaft. Er geht zurück auf den 20. Juli 1944, an dem Oberst i.G. von Stauffenberg eine Bombe zündete und vom sicheren Tod Hitlers ausging. Vieles war vorbereitet und lief zunächst nach Plan. Dann wurde die Nachricht verbreitet, dass Hitler noch lebe.

Damit kam der Umsturz ins Stocken. Generäle verweigerten sich dem Umsturz und noch am selben Abend wurden General Olbricht, Oberst i.G. von Stauffenberg, Oberst i.G. von Quirnheim und Oberstleutnant von Haeften wegen Hochverrats im Hof des Bendlerblocks erschossen. Generaloberst Beck sollte sich selbst töten. In den letzten Kriegsmonaten nach dem 20. Juli 1944 starben mehr Menschen als in den vorherigen fünf Jahren. Die Offiziere mit den Adelstiteln hatten das Lagebild wohl realistisch eingeschätzt.

Feierstunde Gedenkstätte Plötzensee 20. Juli 1944
Feierstunde in der Gedenkstätte Plötzensee anlässlich des 20. Juli
Heute waren neben Bundes- und Landespolitikern auch Angehörige der Opfer, Generäle und Offiziere der Bundeswehr sowie mehrere Botschafter erschienen. Der Vorsitzende des Kuratoriums der Stiftung, Dr. Axel Smend, hielt eine glühende Rede gegen das Vergessen und für die Demokratie auf deutschem Boden. Beim Totengedenken und der Nationalhymne wurde auch Veteranen im Rollstuhl beim Aufstehen geholfen. Es war ihnen wichtig, sich für die Symbole des Gedenkens und der Demokratie zu erheben.

Beim Trommelwirbel wurden viele Kränze auf die vorbereiteten Gestelle gehängt und der jeweilige Repräsentant ordnete die Schleifen. Auch Ursula von der Leyen, die amtierende Chefin im Bendlerblock, war dabei. Anschließend gingen die Repräsentanten und interessierte Gäste in den Hinrichtungsschuppen.

Feierstunde Gedenkstätte Plötzensee 20. Juli 1944
Feierstunde in der Gedenkstätte Plötzensee anlässlich des 20. Juli
Die Sonne brannte auf die Schirme der geladenen Gäste. Die Musiker packten ihre Instrumente in den Bus. Botschafter warteten auf ihre Fahrer. Das Timing war perfekt für eine entspannte Fahrt zum Bendlerblock. Dort sollte das traditionelle Gelöbnis zum 20. Juli stattfinden.

Das Eintreffen der Ministerin in ihrem Hause war wohl das Startsignal zum Abriegeln sämtlicher Straßen um das Gelände an der Stauffenbergstraße. Das war deutlich bei der Parkplatzsuche zu erleben. Polizei und Feldjäger führten diesen Auftrag entspannt und sehr professionell aus. Für Besucher gab es spezielle Zugänge, wenn sie nicht ohnehin per Bus aus der Julius-Leber-Kaserne kamen.

Platzkonzert mit Oberstleutnant Kiauka und dem Stabsmusikkorps
Platzkonzert mit Oberstleutnant Kiauka und dem Stabsmusikkorps
Gegen 18:00 Uhr begann das Vorprogramm: Oberstleutnant Kiauka lud zu einem Platzkonzert ein und demonstrierte die Vielseitigkeit des Stabsmusikkorps. Etwa eine halbe Stunde lang untermalte er damit das Eintreffen der Gäste.

Feierliches Gelöbnis im Bendlerblock
Feierliches Gelöbnis im Bendlerblock
Um 19:00 Uhr begann das feierliche Gelöbnis. Erst zogen die Einheiten der Rekruten ein und positionierten sich auf der Süd- und der Westseite. Anschließend erschien das Wachbataillon mit dem Stabsmusikkorps. Heute wurden alle drei Teilstreitkräfte repräsentiert. Es folgte die Ministerin und die Zeremonie konnte beginnen.

Feierliches Gelöbnis im Bendlerblock
Feierliches Gelöbnis im Bendlerblock - Ursula von der Leyen gratuliert der Rekrutenabordnung
Soldaten auf Zeit schwören.
Freiwillig Wehrdienstleistende geloben.

Dazu trat eine Abordnung von sechs Rekruten an die Truppenfahne in der Mitte. Über Lautsprecher wurde der Text vorgelesen und die jeweiligen Uniformierten sprachen ihn laut nach. Es folgte die Nationalhymne und eine Foto-Session mit der Ministerin an der seidigen Truppenfahne mit den drei Bändern und der dicken Kordel am Rand.

Nach etwa einer Stunde verließen die Ministerin und die Gelöbnisformation des Wachbataillons den Platz. Die Einheiten der Rekruten riefen noch ihre jeweiligen Parolen. Dann fluteten die Angehörigen auf den Platz und der familiäre Teil des Abends war eingeläutet.

Videos:
Gedenkfeier in Plötzensee
Platzkonzert mit Oberstleutnant Kiauka und dem Stabsmusikkorps
Feierliches Gelöbnis zum 20. Juli

Autor: Matthias Baumann

Mittwoch, 28. Juni 2017

Viersterne-General Werner Freers mit einem Großen Zapfenstreich verabschiedet

Und wieder geht ein Viersterne-General in den Ruhestand. An gleicher Stelle wurde im März 2016 General Domröse verabschiedet. Gestern war es Werner Freers. Mit vier goldenen Sternen auf der Schulter hat er das höchste EdeKa erreicht, das ein Bundeswehrsoldat erreichen kann. EdeKa steht für das Ende der Karriere.

Großer Zapfenstreich General Freers
Großer Zapfenstreich zur Verabschiedung von General Werner Freers
Werner Freers war zuletzt Befehlshaber des Obersten Hauptquartiers der Alliierten Streitkräfte Europas. Schon lange ergänzen sich die europäischen Armeen mit Material und Fachkompetenz. Dadurch müssen nicht alle notwendigen Ressourcen von jedem Land selbst vorgehalten werden. Deutschland ist stark bei der Logistik, den Sanitätsdiensten und der Unterstützung aus der dritten Dimension, also der Luft.

General Freers war 1973 in die Bundeswehr eingetreten. Er studierte und wurde dann zum Hubschrauberführer ausgebildet. Bis 2012 hatte er viele nationale und internationale Stationen durchlaufen, beispielsweise als Kommandeur der Luftmechanisierten Brigade 1 in Fritzlar, als Kommandeur der Kabul Multinational Brigade sowie als Stabsabteilungsleiter Planung im BMVg.

Von 2010 bis 2012 fungierte er als Inspekteur des Heeres und machte sich um die Neuausrichtung des Heeres verdient. 2012 ging er in seine jüngste Verwendung als Chef des Stabes Supreme Headquarters Allied Powers Europe.

Großer Zapfenstreich General Freers
Großer Zapfenstreich zur Verabschiedung von General Werner Freers
Die Anzahl der Soldaten zum Großen Zapfenstreich musste wegen der Baumaßnahmen im Bendlerblock etwas reduziert werden. Das fiel aber nicht weiter auf. Die mit dem Fackelschein und den Musikstücken erzeugte Stimmung kam gut zur Entfaltung. Unter Jubel und Applaus wurde Werner Freers von den anwesenden Gästen verabschiedet und rollte dann mit einer Blaulicht-Eskorte vom Hof.

Ein Großer Zapfenstreich dauert etwa eine halbe Stunde. Er enthält neben den typischen Elementen wie "Helm ab zum Gebet" drei Wunschlieder des Geehrten. Gestern Abend wurden "Des Großen Kurfürsten Reitermarsch" von Cuno Graf von Moltke, "Verleih uns Frieden gnädiglich" von Johann Sebastian Bach und "Flieger, grüß mir die Sonne" von Allan Gray gespielt. Oberstleutnant Kiauka dirigierte und Oberstleutnant Bernardy kommandierte den Fackelzug.

Video:
Großer Zapfenstreich zur Verabschiedung von General Freers

Autor: Matthias Baumann

Mittwoch, 14. Juni 2017

Georgischer Verteidigungsminister Levan Izoria besucht seine Amtskollegin

Im November 2015 war die georgische Verteidigungsministerin Tinatin Khidasheli mit militärischen Ehren empfangen worden. Damals trüber Himmel über Berlin. Trübe Stimmung in der Schwarzmeer-Region. Letztere hat sich bis heute nicht aufgehellt. Dafür aber der Himmel über der Stadt während des Besuches von Levan Izoria.

Georgischer Verteidigungsminister Levan Izoria Berlin
Georgischer Verteidigungsminister Levan Izoria besucht seine Amtskollegin in Berlin
Levan Izoria fungiert seit dem 1. August 2016 als Nachfolger von Tinatin Khidasheli. Der 43-jährige Mann aus Tblissi hatte nach seinem Studium viele Jahre für das Innenministerium gearbeitet. Bis 2015 war er stellvertretender Innenminister Georgiens. Sein Wechsel ins Ressort der Verteidigung wurde von Frau Khidasheli sehr kritisch gesehen. Die Verquickung mit Izorias bisherigem Aufgabengebiet passe nicht zum neuen Amt.

Georgien ist ein wichtiger Partner der Bundeswehr in Afghanistan. Etwa 1.000 deutsche und 900 georgische Soldaten arbeiten dort als NATO-Partner zusammen. 120 Georgier stehen unter deutschem Kommando.

Georgischer Verteidigungsminister Levan Izoria Berlin
Georgischer Verteidigungsminister Levan Izoria besucht seine Amtskollegin in Berlin
Bei den heutigen Gesprächen zwischen Levan Izoria und Ursula von der Leyen ging es aber nicht nur um den Einsatz der Streitkräfte bei der Resolute Support Mission in Afghanistan. Akute Themen waren auch die Sicherheitspolitik in Europa und in der Schwarzmeer-Region.

Georgien profitiert sehr von den Beziehungen zu Deutschland. Etwa 2.500 Angehörige der Streitkräfte wurden hier bereits ausgebildet. Zudem stellt Deutschland umfangreiches Material zur ABC-Abwehr und für den Sanitätseinsatz bereit. Die Führungsakademie in Hamburg hat einen internationalen Lehrgang für den General- und Admiralstabsdienst entwickelt, an dem schon 18 Offiziere aus Georgien teilgenommen haben.

Video:
Georgischer Verteidigungsminister Levan Izoria mit militärischen Ehren empfangen

Autor: Matthias Baumann

Donnerstag, 1. Juni 2017

Französische Verteidigungsministerin Sylvie Goulard zum Antrittsbesuch in Berlin

Der Staatspräsident Frankreichs hatte bereits einen Tag nach Amtsantritt einen Besuch in Berlin absolviert. Sylvie Goulard brauchte zwei Wochen. Sie hatte die Amtsgeschäfte im französischen Verteidigungsministerium am 17. Mai übernommen. Damit stärkt sie die internationale Frauen-Quote in diesem Regierungssegment.

Verteidigungsministerin Frankreichs Sylvie Goulard Berlin
Verteidigungsministerin Frankreichs Sylvie Goulard zum Antrittsbesuch in Berlin
Die 52-jährige Sylvie Goulard begann ihre politische Laufbahn im Jahr des Mauerfalls. Als Mitarbeiterin des Außenministeriums hatte sie an den Zwei-plus-Vier-Verhandlungen teilgenommen und war anschließend an mehreren Projekten mit dem Auswärtigen Amt beteiligt. Sylvie Goulard war beratend tätig, schreibt Essays und setzt sich für einen europäischen Föderalismus ein.

Beim heutigen Antrittsbesuch im Bendlerblock ging es um verschiedene neue Projekte und die Harmonisierung von Planungsprozessen. Die Dynamik ihres Staatspräsidenten schleift sich auch auf ihre Arbeitsweise durch. Moderner, schneller und effizienter soll die Zusammenarbeit der Streitkräfte und der regionalen Rüstungsindustrie werden. "Mehr Europa schaffen", sei das Ziel.

Verteidigungsministerin Frankreichs Sylvie Goulard Berlin
Verteidigungsministerin Frankreichs Sylvie Goulard zum Antrittsbesuch in Berlin
Es sind eine europäische Offiziersausbildung, ein gemeinsames Sanitätskommando und ein Logistic Hub geplant. Deutschland und Frankreich arbeiten bereits in Mali und Litauen eng zusammen.

Der Einsatz in der Sahel-Region um Mali, Niger, Burkina Faso, Mauretanien und den Tschad war Sylvie Goulard so wichtig, dass sie einen Tag nach Amtsantritt zu den französischen Truppen vor Ort reiste. Dort ließ sie sich bestätigen, dass sich die Zusammenarbeit mit der Bundeswehr unter dem Dach von EUTM und MINUSMA sehr konstruktiv gestalte.

Passend zum wolkenfreien Himmel sprachen die Ministerinnen auch über eine konzertierte Lufttransport-Staffel, die in einem Krisenfall zur gegenseitigen Unterstützung dienen soll. Zusammen mit Italien und Spanien wird derzeit ein Industriezweig für Drohnen aufgebaut. Drohnen, die zwar nur eine mittlere Höhe erreichen, dafür aber mit einer langen Flugdauer punkten.

Video:
Antrittsbesuch der französischen Verteidigungsministerin Sylvie Goulard

Autor: Matthias Baumann