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Dienstag, 29. Mai 2018

Karl Müllner - Inspekteur der Luftwaffe mit einem Großen Zapfenstreich verabschiedet

"Ein begeisterter Flieger" sei Karl Müllner gewesen. Die Ministerin sparte in ihrer Abschiedsrede nicht mit Superlativen. Das ließ den Verdacht aufkommen, dass hier jemand rausgelobt werden sollte. Karl Müllner sei als Mann der Praxis ein "erfahrener Truppenführer und hochgeschätzter Experte für Militärpolitik" gewesen. Nach 42 Dienstjahren ging der Generalleutnant heute in den Ruhestand.

Karl Müllner Inspekteur Luftwaffe Großer Zapfenstreich
Großer Zapfenstreich für den Inspekteur der Luftwaffe, Karl Müllner (v.l.n.r.: Fackelträger des Wachbataillons, Generalinspekteur Eberhard Zorn, Generalleutnant Karl Müllner, Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen)
Normalerweise scheiden Generäle erst nach 44 Dienstjahren aus. Karl Müllner war wohl über seine Expertise gestolpert. Er hatte sich beispielsweise für ein Flugzeug mit den Fähigkeiten des amerikanischen Lockheed Martin F-35 als Tornado-Nachfolger ausgesprochen. Die offizielle politische Linie gibt jedoch den Eurofighter vor.

Karl Müllner Inspekteur Luftwaffe Großer Zapfenstreich
Schleudersitz (Ejection Seat) des Lockheed Martin F-35 (Archivfoto vom 28.04.2018 - ILA 2018)
1976 war er in die Bundeswehr eingetreten. Damals war er knapp 20 Jahre alt und wollte Unteroffizier werden. Bald wechselte er jedoch in die Offizierslaufbahn und wurde bei der Luftwaffe ausgebildet. Sein Lieblingsgerät wurde ab 1981 das F-4F. Dem Normalbürger ist es als Phantom II bekannt. Ein Kampfflugzeug, das 1974 in Dienst gestellt und bis 2012 genutzt worden war.

Karl Müllner war der 15. Inspekteur der Luftwaffe und seit sechs Jahren auf diesem Posten. Länger war bisher niemand in dieser Verwendung geblieben. Kurz nach seinem Amtsantritt hatte er sich für bewaffnete Drohnen stark gemacht. 2013 zog das Kabinett nach. Dadurch war der Weg zur Anschaffung israelischer Heron-Drohnen frei. Dabei gab es noch ein kurzes juristisches Intermezzo mit dem verärgerten Wettbewerber General Atomics aus den USA.

Karl Müllner Inspekteur Luftwaffe Großer Zapfenstreich
Urkundes des Wachbataillons und des Stabsmusikkorps zum GroßenZapfensterich für den Inspekteur der Luftwaffe, Generalleutnant Karl Müllner
Heron-Drohnen sind mit ihrem 200-PS-Dieselmotor in etwa so ausgestattet wie ein BMW 730d und haben in etwa auch dessen Gewicht. Wie bei Oberklasse-Limousinen ist es heute auch bei Drohnen üblich, diese zu leasen. Trotz einer Steuerung durch mehrere Kommando-Instanzen kommt es immer wieder vor, dass einige Soldaten Virtualität und Realität verwechseln und Schäden bei der Zivilbevölkerung erzeugen. Dazu veröffentlichte kürzlich die ARD eine Dokumentation.

Karl Müllner hatte seinen Generalstabslehrgang an der Führungsakademie in Hamburg absolviert. 1998 wurde er erstmalig ins Verteidigungsministerium berufen und zeichnete dort für Militärpolitik und bilaterale Beziehungen verantwortlich. Im Jahr 2000 ging er noch einmal für neun Jahre in die Flieger-Praxis und ab 2009 wieder nach Berlin ins Ministerium: Dezernatsleiter im Führungsstab der Streitkräfte. 2012 stieg er zum Inspekteur der Luftwaffe auf. Das Einreiseverbot nach Russland spricht für die Integrität des scheidenden Generalleutnants.

Karl Müllner Inspekteur Luftwaffe Großer Zapfenstreich
Großer Zapfenstreich für den Inspekteur der Luftwaffe, Karl Müllner
Der 62-jährige Karl Müllner wünschte sich bei der heutigen Serenade zum Großen Zapfenstreich drei Flieger-Märsche. Allein diese Auswahl zeigt, dass Karl Müllner durch und durch Militär-Flieger war. Hier die drei von Oberstleutnant Kiauka dirigierten Stücke:

  • Die tapferen Bayern - Georg Fürst
  • Stratosphärenmarsch - Harry Theis
  • Fliegermarsch - Hermann Dostal

Als Nachfolger ist Generalmajor Ingo Gerhartz vorgesehen. Dieser fungierte bisher als stellvertretender Abteilungsleiter Strategie und Einsatz im BMVg.

Video:
Großer Zapfenstreich für den Inspekteur der Luftwaffe, Generalleutnant Karl Müllner


Autor: Matthias Baumann

Donnerstag, 17. Mai 2018

Niederländische Verteidigungsministerin Ank Bijleveld lässt sich in Lohheide den Leopard 2 A6M A2 zeigen

Allen Verschwörungstheorien zum Trotz konnten wir uns heute davon überzeugen: Bielefeld gibt es doch. Bielefeld kommt aus den Niederlanden und wird dort Bijleveld geschrieben. Ank Bijleveld ist seit Oktober 2017 Verteidigungsministerin der Niederlande. Ursula von der Leyen war schon bei ihr. Heute stand der Gegenbesuch auf der Agenda.

Antrittsbesuche werden normalerweise im Bendlerblock absolviert. Die Ministerinnen kamen sich jedoch entgegen und trafen sich auf halbem Wege. Nicht in Bielefeld, sondern in der Niedersachsen-Kaserne Lohheide.

Niederländische Verteidigungsministerin Ank Bijleveld Antrittsbesuch Lohheide Panzerbataillon 414
Niederländische Verteidigungsministerin Ank Bijleveld zum Antrittsbesuch in Lohheide beim Panzerbataillon 414
Dort ist das Panzerbataillon 414 stationiert. Dieses besteht zum Teil aus niederländischen Soldaten. Es ist der 43. Mechanisierten Brigade aus Havelte unterstellt. Diese untersteht der 1. Panzerdivision aus Oldenburg.

Ein Mix der Herkunftsländer ist in der EU häufiger anzutreffen. Der Vorteil besteht in der Ergänzung der Mentalitäten. So löste Ank Bijleveld in ihrer finalen Rede vor den Soldaten des Bataillons verständnisvolle Heiterkeit aus, als sie von der deutschen Gründlichkeit und der niederländischen Flexibilität redete. Der Niederländer folge nicht gedankenlos jedem Befehl, sondern diskutiere auch mal. Ähnliches wurde ja kürzlich über den neuen Traditionserlass auch in Deutschland salonfähig gemacht.

Niederländische Verteidigungsministerin Ank Bijleveld Antrittsbesuch Lohheide Panzerbataillon 414
Niederländische Verteidigungsministerin Ank Bijleveld zum Antrittsbesuch in Lohheide beim Panzerbataillon 414 - Lagebilderklärung
Äußerlich und sprachlich sind die Soldaten kaum voneinander zu unterscheiden. Als sich heute auch hochrangige deutsche Offiziere in Flecktarn zeigten, war die Irritation für den Laien von der Presse perfekt. Vizeadmiral Rühle kroch zusammen mit den Ministerinnen durch die neuen Gerätschaften des Panzerbataillons. Nur der Aufnäher mit dem Namen und die breiten gelben Streifen ließen seine Funktion des stellvertretenden Generalinspekteurs erkennen. Auch der Adjutant der Ministerin in Flecktarn. Nur das Protokoll bediente den Stil des Staatsaktes.

Heute stand viel auf dem Programm: Zunächst begrüßte Ursula von der Leyen das Geburtstagskind Felix H. im ersten Zug der Ehrenformation. Dann tauchte Frau Bijleveld auf und wurde sehr herzlich begrüßt. Die reichlich anwesenden Kameraleute versperrten die Sicht. Anschließend wurden die Nationalhymnen gespielt, die Ehrenformation abgeschritten und beim Auszug der Ehrenformation zugeschaut.

Niederländische Verteidigungsministerin Ank Bijleveld Antrittsbesuch Lohheide Panzerbataillon 414
Niederländische Verteidigungsministerin Ank Bijleveld zum Antrittsbesuch in Lohheide beim Panzerbataillon 414 - Gefechtsplanung
Dann kam der Action-Teil: Die beiden Damen - eine in Grün und die andere in Blau - ließen sich an einer Art Sandkasten die Lage erklären. "Auf Befehl des Chefs", wurde angegriffen und die möglichen Szenarien des folgenden Kampfes durchgespielt. Dazu bewegte der Mann in Grün kleine rote und blaue Klötzchen über das Gelände. Die Ministerinnen folgten interessiert.

Dann ging es in zwei extrem enge Simulatoren. Ursula von der Leyen tauchte so tief in die Technik ein, dass kein Kameramann ihr hätte folgen können. Das nennt man Truppennähe. Die nächste Station war ein aufgerüsteter Leopard 2. Aufgerüstet ist im Sinne von multimedial aufgewertet zu verstehen. Die Niederländer lieben Smartphone- und Tablet-Steuerungen. Da müssen ihre deutschen Kameraden jetzt auch durch. Deutsche lieben eher das Grobe - zum Beispiel das neue Nachtsichtgerät, das komplett ohne Restlichtverwertung auskommt.

Niederländische Verteidigungsministerin Ank Bijleveld Antrittsbesuch Lohheide Panzerbataillon 414
Niederländische Verteidigungsministerin Ank Bijleveld zum Antrittsbesuch in Lohheide beim Panzerbataillon 414 - Besichtigung des Leopard 2 A6M A2
Bis Juli sollen 70 neue Leoparden mit dieser Ausstattung zur Verfügung stehen. Übrigens nennt sich diese Ausstattungsvariante Leopard 2 A6M A2, was auch immer das im Einzelnen zu bedeuten hat. Ein B wie Bielefeld kommt jedenfalls nicht in der Bezeichnung vor. Vielleicht ist das der Codename für die Stadt, die angeblich in Nordrhein-Westfalen existieren soll. Das weiß aber niemand so genau.

Vom Leoparden aus ging es in den nächsten Simulator. Dort war deutlich mehr Platz als an den bisherigen Fotopunkten. Die Niederländer reisen gerne per Wohnmobil. Das kam auch hier zum Tragen. Während Deutsche immer feste Häuschen für die Kommandeure errichten, erscheinen die Niederländer mit ihren Trailern und stellen die Kommandozentrale dort ab, wo es gerade zweckmäßig erscheint. Damit sind sie deutlich flexibler in ihrer Reaktion auf Lageveränderungen. Wieder eine sinnvolle Befruchtung bei der Zusammenarbeit.

Niederländische Verteidigungsministerin Ank Bijleveld Antrittsbesuch Lohheide Panzerbataillon 414
Niederländische Verteidigungsministerin Ank Bijleveld zum Antrittsbesuch in Lohheide beim Panzerbataillon 414 - Unterzeichnung der Absichtserklärung - Letter of Intent - Vizeadmiral Rühle in Flecktarn (rechts)
Absichtserklärungen haben ja immer den Geschmack der Augenwischerei ohne konkrete Durchführung. Nach den Präsentationen begaben sich die beiden Ministerinnen an einen Tisch mit kleinen Fähnchen, weißem Tischtuch und schwarzen Schreibmappen. Bei heftigem Wind unterzeichneten sie einen "Letter of Intent", was wohl mit Absichtserklärung zu übersetzen ist.

Aus informierten Kreisen war zu vernehmen, dass das eine übliche Praxis sei. Als nächstes folge ein Memorandum. Memory: Wir erinnern uns, dass da ja noch etwas war. Der finale Akt bestehe dann in der Unterzeichnung eines Vertrages. Die Inhalte werden in der Regel von Staatssekretären und anderen Mitarbeitern ausgehandelt. Bei der Unterzeichnung vertrauen die Minister darauf, dass das schon passen wird, was sie gerade unterschrieben haben.

Niederländische Verteidigungsministerin Ank Bijleveld Antrittsbesuch Lohheide Panzerbataillon 414
Niederländische Verteidigungsministerin Ank Bijleveld zum Antrittsbesuch in Lohheide beim Panzerbataillon 414 - Statements der Ministerinnen vor stilechter Kulisse
Und nicht genug damit: Die vierstündige Anreise von Berlin hatte sich wirklich gelohnt. Es folgten Pressestatements beider Damen und die übliche Fragerunde der Journalisten. Pressefreiheit zeigt sich auch darin, dass jeder Pressetexter irgendetwas hätte fragen können, ohne dass es zwangsläufig mit dem Presseoffizier abgestimmt gewesen wäre. Beispielsweise: "Was bedeutet A6M A2?"

Als Sahnehäubchen dieses Antrittsbesuches folgte ein Empfang im Casino der Kaserne. An unzähligen Tischen mit weißen Decken und Getränken standen Soldaten in Flecktarn und lauschten den kurzen Reden der beiden Ministerinnen. Dann war der presseöffentliche Teil zu Ende. Wir hörten gerade noch, dass die Ministerinnen "in gewöhnter Weise" von Tisch zu Tisch gehen werden, um auf Augenhöhe mit den Soldaten zu reden.

Niederländische Verteidigungsministerin Ank Bijleveld Antrittsbesuch Lohheide Panzerbataillon 414
Niederländische Verteidigungsministerin Ank Bijleveld zum Antrittsbesuch in Lohheide beim Panzerbataillon 414 - Truppennähe beim Gespräch mit Kommandeur Oberstleutnant Marco Otto Niemeyer (links)
Ein sonniger Tag in der Natur - irgendwo zwischen Berlin und Bielefeld - neigte sich dem Abend zu. Vier Stunden Heimweg und die Erkenntnis: Frau Ank Bijleveld heißt gar nicht Bijleveld, sondern Bijleveld-Schouten. Sie hat einen Doppelnamen und - es gibt sie wirklich.

Video:
Antrittsbesuch der niederländischen Verteidigungsministerin Ank Bijleveld in Lohheide

Autor: Matthias Baumann

Dienstag, 15. Mai 2018

4. Partnership for Technology in Peacekeeping Symposium - MCC Modular Command Centre

Die Chancen stehen gut, dass Deutschland für die Jahre 2019 und 2020 zum sechsten Mal in den UN-Sicherheitsrat gewählt wird. Die nicht-ständigen Mitglieder dürfen nur zwei Jahre in diesem Gremium verweilen und müssen sich dann wieder neu zur Wahl stellen. Den letzten Zuschlag hatte Deutschland für die Jahre 2011 und 2012 bekommen.

4. Partnership for Technology in Peacekeeping Symposium MCC Modular Command Centre
4. Partnership for Technology in Peacekeeping Symposium in Berlin
Dabei engagieren wir uns beim Peacekeeping (Friedenssicherung) auf verschiedenen Ebenen:

Am VN-Ausbildungszentrum Hammelburg werden unter anderem Zivilpersonen ausgebildet, die als Journalisten oder mit Hilfsorganisationen in Krisenregionen unterwegs sind. So manch ein bekannter ARD-Korrespondent aus dem Nahen oder Mittleren Osten hat das HEAT-Programm in Hammelburg durchlaufen. Außerdem werden dort Militärbeobachter aus aller Welt ausgebildet und beim Verhandeln mit Konfliktparteien trainiert. Ziel: Peacekeeping.

Die Führungsakademie der Bundeswehr bietet Spezialkurse für Offiziere in VN-Missionen an. Ferner gibt es ein MTT Mobile Training Team, das in verschiedenen Ländern unterwegs ist und Soldaten auf ihren Einsatz in VN-Missionen vorbereitet. ergänzend dazu gibt es das IMT In Mission Training, das - wie der Name schon sagt - direkt während einer Mission die Führungskräfte mit weiterem Know-how versorgt. Ein besonderes Augenmerk wird neuerdings auch auf die Förderung weiblicher Peacekeeper gelegt. Frauen haben eine ergänzende operative Wirksamkeit gegenüber ihren männlichen Mitstreitern.

4. Partnership for Technology in Peacekeeping Symposium MCC Modular Command Centre
4. Partnership for Technology in Peacekeeping Symposium - Präsentation: MCC Modular Command Centre
Auch wenn sämtliche internationale Einsätze gerne den US-Streitkräften angehängt werden, so stehen sie doch unter einem klaren UNO-Mandat. Hier einige Einsätze, an denen die Bundeswehr beteiligt ist:

  • MINUSMA (Mali) mit etwa 1.000 Soldaten
  • UNIFIL (Libanon) mit etwa 130 Soldaten
  • UNMISS (Südsudan) mit 15 Soldaten
  • UNAMID (Darfur) mit 6 Soldaten
  • MINURSO (Westsahara) mit 2 Soldaten
  • UNSMIL (Libyen) mit 2 Soldaten

Das ist in Summe nicht viel, aber immer wieder genug Stoff für Debatten im Bundestag.

4. Partnership for Technology in Peacekeeping Symposium MCC Modular Command Centre
4. Partnership for Technology in Peacekeeping Symposium in Berlin
Die heutige Präsentation des MCC Modular Command Centre war Teil des Programms des 4. Partnership for Technology in Peacekeeping Symposiums. Das Symposium findet seit gestern im Sheraton Hotel Berlin statt. Es endet am Donnerstag mit einem Abendessen. Etwa 200 internationale Experten nehmen an der Tagung teil und tauschen sich in verschiedenen Workshops aus.

Mit Mobil und Modular kennt sich die Bundeswehr aus: So waren heute Abend zwei mobile Tribünen auf dem Hubschrauber-Landeplatz des BMVg aufgestellt worden. Daneben ein Technikzelt mit Tarnnetz. Jede Tribüne bot Sitzplätze für 122 Personen - also insgesamt 244 Plätze. Die ersten Reihen blieben leer, da sich unentwegt Regen darüber ergoss.

4. Partnership for Technology in Peacekeeping Symposium MCC Modular Command Centre
4. Partnership for Technology in Peacekeeping Symposium in Berlin
Auch die Redner mussten beschirmt werden. Es war dann schon fast eine Ironie des Schicksals, als Staatssekretär Stephan Mayer in seiner Rede erwähnte, dass das THW (Bundesanstalt Technisches Hilfswerk) "unter dem Schirm" des Innenministeriums (BMI) agiert. Er selbst war heute in seiner Doppelfunktion als THW-Präsident hier.

Und dann Action: Zwei LKW des Technischen Hilfswerks fuhren auf den Platz. Sie hatten weiße Container mit UN-Aufschrift geladen. Die weißen Container waren Black Boxes, die nur vom Fachpersonal und Staatssekretär Silberhorn betreten werden durften. Sie stellen das Herz des MCC Modular Command Centre dar. Flankiert wird das MCC von einem Panzerwagen und einem gepanzerten Sanitätsfahrzeug mit jeweils drei Besatzungsmitgliedern.

4. Partnership for Technology in Peacekeeping Symposium MCC Modular Command Centre
4. Partnership for Technology in Peacekeeping Symposium - Präsentation: MCC Modular Command Centre
Hinzu kommen verschiedene Hilfsmittel wie eine Drohne, ein unbemanntes Aufklärungsflugzeug sowie Detektoren für Geräusche und Bodenerschütterungen. Die Energiezufuhr erfolgt über große Solarpanels. Von der weißen Blackbox aus können Live-Schaltungen zu sämtlichen Einsatzorten bewerkstelligt werden. Heute Abend wurden uns Live-Schaltungen nach Mali (MINUSMA in Gao) und auf die Korvette Magdeburg (UNIFIL) demonstriert. Die 200 Teilnehmer des Symposiums waren beeindruckt.

Nach der Vorführung stellten sich die Akteure von Bundeswehr und THW noch einmal geordnet vor ihren Fahrzeugen auf und genossen den Applaus. Der Regen hatte aufgehört. Während die freien Pressevertreter das Areal verließen, begaben sich die internationalen Gäste zum Empfang mit der Ministerin.

Video:
Vorführung des MCC Modular Command Centre im Bendlerblock

Autor: Matthias Baumann

Montag, 14. Mai 2018

Bundeswehrtagung 2018 Berlin - PS auf die Straße bringen

Da muss man nur 20 Sekunden mit Konteradmiral Stawitzki reden und schon steht die Schlagzeile. "Wollen wir mal gucken, dass wir PS auf die Straße bekommen", war sein Statement nach zwei Stunden: Rede der Kanzlerin und Rede der Ministerin. Besser hätte man das nicht zusammenfassen können.

Die Bundeswehrtagung 2018 findet heute und morgen im Grand Hyatt Berlin statt. Das Areal ist weiträumig abgesperrt und sogar die Zufahrt zum Parkhaus war zeitweilig mit einem großen Polizeiauto verstellt. Ich nutzte den Haupteingang und stand plötzlich inmitten hochdekorierter Herrschaften. Überall goldene Sterne. Gold auf Grau, Gold auf Blau und Gold auf Schwarz. Generalmajor Zudrop vom Zentrum Innere Führung checkte gerade ein.

Bundeswehrtagung 2018 Berlin
Bundeswehrtagung 2018 Berlin - Generalinspekteur Eberhard Zorn, Bundeskanzlerin Angela Merkel und Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (v.l.n.r.)
Für die Presse stand die Jamboree-Bar zur Verfügung. Dort wurden Kuchen, Wasser, Kaffee und andere leckere Dinge gereicht: "Ohne Mampf kein Kampf - Ohne Verpflegung keine Bewegung". Auf den edlen Polstern lagen Kameras und Laptops. Einige Journalisten tippten schon mal die Reden der Kanzlerin und der Ministerin in die Rechner, obwohl diese erst in den nächsten drei Stunden gehalten werden sollten.

Gegen halb drei erschien Angela Merkel. Begleitet wurde sie von Eberhard Zorn, dem neuen Generalinspekteur, und Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen. Ganz nebenbei erfuhren wir, dass Eberhard Zorn am Vorabend seines Amtsantritts - also bereits am 18. April 2018 - seinen vierten Stern bekommen hatte. Man lernt also immer noch dazu. Nach dem gestellten Gruppenfoto mit Kanzlerin vor Camouflage - zusammen mit Generalinspekteur und Ministerin - ging es in den großen Saal des Grand Hyatt. Auch hier Camouflage. Die Kanzlerin trug heute Knallrot, so war sie am Pult trotzdem gut zu erkennen.

Angela Merkel drückte zunächst ihre Wertschätzung gegenüber der Bundeswehr aus. Früher sei vieles übersichtlicher gewesen. Beim Kalten Krieg habe man klare Schwarz-Weiß-Fronten gehabt. 2,3% Militärausgaben war den Bundesbürgern die Sicherheit damals wert. Dann kam eine Phase der Entspannung, so dass die Ausgaben bei 1,1% landeten. "Wir dachten, damit kommen wir hin", sagte die Kanzlerin.

Dass 2% unbedingt notwendig sind, hatte die Kanzlerin bislang auch nicht gewusst. Die jüngsten Forderungen aus dem BMVg und dem BMZ hätten sie jedoch dazu motiviert, sich mit weiteren Experten darüber zu beraten. Ergebnis: "Einleuchtend, was Ursula von der Leyen die letzten Tage immer wieder gesagt hat". Entsprechend enthusiastisch ging die Rede weiter. Angela Merkel hielt Blickkontakt mit dem Publikum und erzählte von ihren Staatsbesuchen inklusive "Kampf für den Eurofighter".

Sie forderte eine ehrliche Herangehensweise an die Themen Krisenprävention und Bündnisverteidigung. So müsse die Ausrüstung eines Kämpfers in Mali oder dem Irak ganzheitlich betrachtet werden. Deutsche Soldaten bilden die Kämpfer vor Ort aus, geben ihnen anschließend Schuhe und einen LKW und dann kommt das Tabu-Thema Gewehr. Dieses Thema wurde in der Vergangenheit gerne an die Nachbarn in der EU delegiert. Das sei unehrlich, zumal die frisch ausgebildeten Kämpfer ja nicht mit den Schuhen und dem LKW kämpfen, sondern den terroristischen Angreifern eine entsprechende Bewaffnung entgegensetzen müssten.

Die Ausmaße des Syrien-Konfliktes verglich sie mit dem Dreißigjährigen Krieg. Dieser begann vor 400 Jahren. Die Undurchsichtigkeit der damaligen Konstellationen und der anschließende Friedensprozess könnten als Muster zur Lösung heutiger Konflikte dienen. Ja, während des Kalten Krieges war vieles einfacher und klarer. Heute kämen dann auch noch Cyber-Angriffe und hybride Kampfszenarien hinzu.

Bundeswehrtagung 2018 Berlin
Bundeswehrtagung 2018 Berlin - Generäle so weit das Auge reicht
Nach Angela Merkel gab es eine kurze Pause und dann die Rede der Ministerin. Sie ergänzte Angela Merkel um diverse Zahlen und Fakten und ging auf mehrere Lücken ein, die durch den Sparkurs und die Entspannungspolitik entstanden waren. Offiziere waren zu früh pensioniert und Neueinstellungen ausgesetzt worden. Dadurch sei eine Generationslücke im Nachwuchs entstanden. Die Bundeswehr fahre deshalb mehrere erfolgreiche Werbekampagnen. Die Bewerbungsverfahren wurden digitalisiert und für zivile und militärische Angestellte zusammengefasst.

Besonders stolz zeigte sich Ursula von der Leyen über die Bundeswehr-Akademie in München. Dort wurde beispielsweise der Master of Intellegence & Security Studies aufgesetzt. Zudem schaue man sich aktiv in der Start-up-Szene um und warte nicht mehr, bis irgendwer komme und seine Leistungen anbiete. Wer passt, wird für die Bundeswehr geworben. Die Ministerin hat wohl das Prinzip von Disruption verstanden.

Die Bundeswehrtagung findet alle zwei Jahre statt. Wie eingangs erwähnt, trifft sich hier das Spitzenpersonal der Bundeswehr. Die Ministerin informiert über die neuesten Trends und gibt Raum zur Diskussion. Schade eigentlich, dass der Rest der Tagung nicht mehr presseöffentlich ist - auch nicht "unter 3" oder nach Chatham House Rules. Aber egal, die Richtung ist vorgezeichnet: 2% und der Wunsch, diese "PS auf die Straße zu bekommen".

Autor: Matthias Baumann

Montag, 7. Mai 2018

Serenade für Katrin Suder im Bendlerblock

In der Serenade stecken die italienischen Wort für heiter und Abend: sereno und sera. Das deutet bereits an, in welchem Ambiente eine Serenade abläuft. Nämlich unter heiterem Himmel und abends. Die heutige Serenade wurde für die ehemalige Staatssekretärin Katrin Suder veranstaltet.

Katrin Suder war 2014 ins Verteidigungsministerium berufen worden und hatte dort einige Veränderungen auf den Weg gebracht. Sie war für Ausrüstung und Planung verantwortlich. Als promovierter Neuro-Informatikerin stand der Bereich Cyber/Informationstechnik unter ihrer direkten Leitung.

Katrin Suder BMVg Serenade
Serenade für Katrin Suder - Die Staatssekretärin hinterlässt eine Lücke im BMVg.
Ihr wirtschaftliches Handwerkszeug hatte sich Katrin Suder bei McKinsey angeeignet. McKinsey sieht sich als Generalist unter den Beratungsgesellschaften. Sie haben das Ziel, die betreuten Unternehmen auf einen langfristigen Erfolg einzunorden. Diesen Hintergrund brachte Katrin Suder mit. Laut der Ministerin ist sie "neue Wege gegangen, hat Transparenz hereingebracht, Prozesse verändert, uns in Krisen den Rücken gestärkt und sich viel Respekt erarbeitet."

Die Wunschlieder einer Serenade sagen viel über die geehrte Person aus. Katrin Suder hatte sich folgende Stücke gewünscht:

  • Whats Up - Linda Perry
  • This is the Life - Amy McDonald
  • Ich liebe das Leben - Klaus Munro und Leo Leandros

Die ehemalige Staatssekretärin zeigte sich auf dem roten Podest sehr bewegt und wippte begeistert mit. Zum Abschluss wurde wie üblich die Nationalhymne gespielt. Dann kamen die schwarzen Limousinen mit Feldjäger-Eskorte. Applaus und satter Motorsound.

Katrin Suder verlässt ihr Amt auf eigenen Wunsch und möchte sich nach bisherigen Angaben dem Privatleben widmen. Ursula von der Leyen bedauerte ihren Weggang sehr. Offizielles Ende der Tätigkeit war der 5. April 2018.

Video:
Serenade für Katrin Suder im Bendlerblock

Autor: Matthias Baumann

Donnerstag, 26. April 2018

Frankreichs Verteidigungsministerin Florence Parly fliegt zum Antrittsbesuch in Berlin ein

Die Halbwertzeit der ersten Mitstreiter von Emmanuel Macron war vergleichbar mit den Hire-Fire-Szenarien der aktuellen amerikanischen Politik. Die erste Verteidigungsministerin unter Macron, Sylvie Goulard, hatte wenige Tage nach ihrer Amtseinführung das Kleid aus dem Pariser Chic auf dem Hof des Bendlerblocks präsentiert. Nach einem Monat war sie dann weg vom Fenster. Als Nachfolgerin wurde am 21. Juni 2017 Florence Parly eingesetzt.

Frankreich Verteidigungsministerin Florence Parly Berlin
Frankreichs Verteidigungsministerin Florence Parly zum Antrittsbesuch in Berlin
Dann kamen erst einmal die Sommerferien und die elend lange Zeit der Regierungsbildung in Deutschland. Anlässlich der ILA 2018 war es dann soweit, dass Florence Parly ihren Antrittsbesuch in Berlin absolvieren konnte. Immerhin hat sie nun schon zehn Monate in der Regierung Macron durchgehalten.

Sie ist mit ihren knapp 55 Jahren eine der ältesten Personen mit Ministerposten in Frankreich. Mit dem Alter bringt sie auch jede Menge Erfahrungen mit. 1987 hatte sie mit der Beratung verschiedener Ministerien begonnen. Von 2008 bis 2014 war sie stellvertretende Chefin der Air France und zeichnete dort für die strategische Ausrichtung verantwortlich. Danach stieg sie bei der Französischen Staatsbahn (SNCF) ein. Seit Juni 2017 fungiert sie als Verteidigungsministerin Frankreichs. Ihr Ehemann, Martin Vial, war übrigens Chef von La Poste, einem großen französischen Postunternehmen.

Frankreich Verteidigungsministerin Florence Parly Berlin
Frankreichs Verteidigungsministerin Florence Parly in Berlin: Ursula von der Leyen gibt den Weg vor. Wer geht mit?
Deutschland und Frankreich arbeiten militärisch sehr eng zusammen. Mit Amtseinführung des neuen Generalinspekteurs Eberhard Zorn wird sich das wohl noch intensivieren. Immerhin stammt Eberhard Zorn aus dem Saarland und hat auch die französische Generalstabsausbildung durchlaufen. In den heutigen Gesprächen soll es um die Beschleunigung der Einsatzfähigkeit und weitere konkrete Projekte gehen. Die großen gemeinsamen Aktivitäten sind MINUSMA in Mali, SOPHIA im Mittelmeer und die NATO-Ostflanke in Litauen.

Der Presseinfostab des Verteidigungsministeriums war schon in der letzten Woche ganz aus dem Häuschen über den heutigen Termin mit Florence Parly. Nach der Begrüßung mit militärischen Ehren stand noch eine kurze Unterredung der Delegationen auf dem Programm.

Anschließend begeben sich die beiden Amtskolleginnen nach Tegel und fliegen von dort aus mit dem Airbus A400M nach Schönefeld. Ein logistisch absurdes Unterfangen, aber ein Akt mit hoher Symbolkraft. Auf der ILA sollen weitere Verträge zwischen Deutschland und Frankreich unterzeichnet werden.

Girls'Day BMVg Infotag Arbeitgeber Bundeswehr
Girls'Day im BMVg - über 4.000 Schülerinnen informieren sich über den Arbeitgeber Bundeswehr
Zeitgleich fand im Bendlerblock auch noch der Girls'Day der Bundeswehr statt. Über 4.000 Schülerinnen informierten sich über die Bundeswehr als zukünftiger Arbeitgeber. Einige dieser Mädchen kamen in den Genuss, zusammen mit der Ministerin fotografiert zu werden und die militärischen Ehren für Florence Parly hautnah mitzuerleben.

Autor: Matthias Baumann

Montag, 23. April 2018

Österreichs Verteidigungsminister Mario Kunasek zum Antrittsbesuch in Berlin

Österreich übernimmt demnächst die EU-Ratspräsidentschaft. Mit Österreich arbeitet die Bundeswehr schon längere Zeit erfolgreich in Mali, in Afghanistan, auf dem Balkan und im Mittelmeerraum zusammen. Es gibt wohl insgesamt etwa 300 gemeinsame Projekte.

Österreichs Verteidigungsminister Mario Kunasek zum Antrittsbesuch in Berlin
Österreichs Verteidigungsminister Mario Kunasek zum Antrittsbesuch in Berlin
Ursula von der Leyen fühlte sich geehrt, dass Deutschland die erste Station der Antrittsbesuche des neuen Verteidigungsministers Mario Kunasek ist. Mario Kunasek ist Mitglied der FPÖ und Stabsunteroffizier. Er bringt also auch fachliche Expertise in sein Ressort ein. Er wurde in Graz geboren, ist Anfang vierzig und schaffte vor zehn Jahren erstmalig den Einzug ins Parlament.

Am 18. Dezember 2017 wurde Kunasek Minister für Landesverteidigung und Sport. Am 8. Januar 2018 fiel der Sport weg, so dass er fortan als Minister für Landesverteidigung Österreichs fungiert.

Mario Kunasek war nun der erste FPÖ-Minister, der überhaupt offiziell in Berlin empfangen wurde. Nach dem Gespräch mit seiner deutschen Amtskollegin zeigte er sich erfreut über die kameradschaftliche Unterredung. Seine Kooperationsvorschläge seien wohlwollend aufgenommen worden. Österreich hat einen besonderen Fokus auf die Lage im Westbalkan.

Österreichs Verteidigungsminister Mario Kunasek zum Antrittsbesuch in Berlin
Österreichs Verteidigungsminister Mario Kunasek zum Antrittsbesuch in Berlin
Österreich ist sehr interessiert am deutschen Know-how bei der Cyberabwehr, arbeitet aktiv an der Seite der Schweiz beim Sanitätswesen mit und hofft auf eine gute Regelung bei der gemeinsamen Luftraum-Überwachung. Für den Sommer ist wieder ein D-A-CH-Treffen geplant.

Video:
Antrittsbesuch des österreichischen Verteidigungsministers Mario Kunasek

Autor: Matthias Baumann

Sonntag, 22. April 2018

Australische Regierungsvertreter im Bendlerblock empfangen - Begegnung mit dem neuen Boxer

Heute fand ein ungewohnter Staatsakt im Bendlerblock statt: Der australische Premierminister Malcolm Turnbull und seine Verteidigungsministerin Marise Payne wurden gemeinsam mit militärischen Ehren empfangen. Premierminister bekommen normalerweise im Kanzleramt ihre militärischen Ehren, zumal es am Montag Gespräche mit Angela Merkel geben wird. Heute jedoch erfolgte die Zeremonie in einem Abwasch.

Australien Premierminister Malcolm Turnbull Verteidigungsministerin Marise Payne Berlin Bendlerblock
Australiens Premierminister Malcolm Turnbull (rechts) und seine Verteidigungsministerin Marise Payne (links) zu Besuch in Berlin - Bendlerblock
Die Bundesregierung scheint gerade Down Under auf der Agenda zu haben. Erst am Dienstag wurde die schwangere Premierministerin von Neuseeland, Jacinda Ardern, empfangen. In den Gesprächen mit Frau Ardern ging es im hauptsächlich um Naturschutz, Tourismus und Wirtschaft.

Mit den Australiern geht es um handfeste Sicherheitspolitik. Das gibt allein schon der duale Empfang im Bendlerblock vor. Handfest wurde es übrigens unmittelbar nach der Kranzniederlegung am Ehrenmal der Bundeswehr. Es durfte ein Boxer angefasst werden. In diesem Falle ging es nicht um einen Porsche Boxter mit Boxer-Motor oder gar einen Sportler, sondern um ein gepanzertes Transportfahrzeug auf acht Rädern.

Australien Premierminister Malcolm Turnbull Verteidigungsministerin Marise Payne Berlin Bendlerblock
Australiens Premierminister Malcolm Turnbull und seine Verteidigungsministerin Marise Payne in Berlin
Australien plant die Beschaffung neuer Boxer-Fahrzeuge. Mit seinen knapp acht Metern ist er nur unwesentlich länger als ein Maybach Pullman (6,5 m). Mit seinen 710 PS ist er sogar stärker als der Maybach, der sich mit beschaulichen 630 PS durch den Stadtverkehr bewegt. Der Boxer ist eben ein echter GTK - pardon: echtes GTK - Gepanzertes Transport-Kraftfahrzeug.

Der neue Boxer ist mit einer adaptierten Verbundpanzerung ausgestattet. Das Fahrzeug soll der technischen Standardisierung in Übungs- und Einsatzszenarien dienen. Auch wenn Australien komplett mit Wasser umgeben ist, benötigen deren Landstreitkräfte solche Fahrzeuge insbesondere für Auslandseinsätze. Einige Soldaten des Jägerbataillons 413 widmeten sich den Fragen von Malcolm Turnbull und Marise Payne - auf Englisch natürlich. Der Premierminister wirkte sehr interessiert.

Australien Premierminister Malcolm Turnbull Verteidigungsministerin Marise Payne Berlin Bendlerblock
Australischer Premierminister Malcolm Turnbull (2. von links) und Verteidigungsministerin Marise Payne (links) lassen sich das neue Panzerfahrzeug "Boxer" erklären
Deutschland und Australien arbeiten schon längere Zeit erfolgreich in Afghanistan zusammen. Ein reger Austausch findet auch bei der Bekämpfung des Terrorismus statt. Geostrategisch ist Australien insofern interessant, da es einen westlich orientierten Gegenpol auf der anderen Seite des Erdballs repräsentiert. Zwischen Deutschland und Australien liegen der Nahe Osten, der Mittlere Osten und das chinesische Engagement OBOR: One Belt - One Road. OBOR zielt mit massiven Infrastruktur-Maßnahmen auf eine weltweite Vernetzung zugunsten des chinesischen Einflusses ab.

Für morgen Abend ist eine Begegnung des Ministerpräsidenten mit Angela Merkel geplant. Zuvor wird er eine Rede in der Konrad-Adenauer-Stiftung halten.

Video:
Australischer Premierminister und seine Verteidigungsministerin im Bendlerblock empfangen

Autor: Matthias Baumann

Donnerstag, 19. April 2018

Militärische Ehren für den neuen Generalinspekteur Eberhard Zorn

Nach Feuer kam der Zorn: Eberhard Zorn. Keine 12 Stunden nach dem Großen Zapfenmstreich für den 15. Generalinspekteur, Volker Wieker, wurde heute Vormittag dessen Nachfolger ins Amt eingeführt. Generalleutnant Eberhard Zorn wurde standesgemäß mit militärischen Ehren begrüßt und anschließend von der Ministerin in den Bendlerblock begleitet.

Amtseinführung Generalinspekteur Eberhard Zorn
Militärische Ehren zur Amtseinführung des 16. Generalinspekteurs, Eberhard Zorn
Die Ministerin und der 16. Generalinspekteur sitzen im Südflügel des Hauses und haben auch geografisch sehr kurze Wege. Seit August 2017 konnten sie sich an einander gewöhnen, da Eberhard Zorn das letzte halbe Jahr als Personalchef der Bundeswehr fungierte.

Eberhard Zorn ist ausgebildeter Artillerie-Offizier und kann 40 Dienstjahre vorweisen. Besonders verdient gemacht hat er sich um die Division Schnelle Kräfte (DSK), die zum Heer gehört und spezielle Aufgaben der Krisen - und Reaktionsvorsorge zu erledigen hat. Als Saarländer hat er eine ausgeprägte Europasicht und belastbare Kontakte zu den Streitkräften unserer Nachbarn.

Amtseinführung Generalinspekteur Eberhard Zorn
Militärische Ehren zur Amtseinführung des 16. Generalinspekteurs, Eberhard Zorn
Wegen des fortgeschrittenen Alters mehrerer Generäle wird es in den nächsten Wochen diverse Wechsel und Zurruhesetzungen - umgangssprachlich Ruhestand - geben.

Hier eine Liste der Veränderungen (Stand 16. März 2018):

  • BMVg: GenLt Benedikt Zimmer ersetzt Staatssekretärin Katrin Suder (Privatleben)
  • BMVg: KAdm Carsten Stawitzki ersetzt GenLt Benedikt Zimmer
  • BMVg: GenLt Eberhard Zorn ersetzt Gen Volker Wieker (Ruhestand)
  • BMVg: GenLt Klaus von Heimendahl ersetzt GenLt Eberhard Zorn
  • BMVg: GenMaj Makus Laubenthal ersetzt GenLt Klaus von Heimendahl
  • BMVg: GenMaj Bernd Schütt ersetzt GenLt Dieter Warnecke (Ruhestand)
  • BMVg: GenLt Erhard Bühler geht als Commander nach Brunssum
  • BMVg: GenMaj Christian Nikolaus Badia ersetzt GenLt Erhard Bühler
  • Heer: GenLt Johann Langenegger ersetzt GenLt Carsten Jacobsen (Ruhestand)
  • Heer: GenMaj Alfons Mais ersetzt GenLt Johann Langenegger
  • Luft: GenMaj Ingo Gerhartz ersetzt GenLt Karl Müller (Ruhestand)
  • Luft: GenMaj Klaus Habersetzer ersetzt GenLt Joachim Wundrak (Ruhestand)
  • Sani: GenStArzt Dr. Ulrich Baumgärtner ersetzt GenOStArzt Dr. Michael Tempel (Ruhestand)

Video:
Militärische Ehren zum Amtsantritt des 16. Generalinspekteurs, Eberhard Zorn

Autor: Matthias Baumann

Mittwoch, 18. April 2018

Großer Zapfenstreich für Generalinspekteur Volker Wieker - Zurruhesetzung mit Feuer und Zorn

Die Wortwahl der Bundeswehr ist gelegentlich etwas fremd für zivile Ohren. So "wirkt" eine Handgranate im Umkreis von 25 Metern. Ein Berufssoldat wird regelmäßig einer anderen "Verwendung" zugeführt. Der Einsatz eines Hubschraubers wird als "Lagebereinigung aus der dritten Dimension" bezeichnet.

Großer Zapfenstreich Generalinspekteur Volker Wieker
Großer Zapfenstreich für Generalinspekteur Volker Wieker
Der heutige Große Zapfenstreich im Bendlerblock diente der Verabschiedung von Generalinspekteur Volker Wieker - in Bundeswehr-Deutsch: "Zurruhesetzung". Generalinspekteur ist der höchste militärische Rang, der in der Bundesrepublik erworben werden kann. Der Generalinspekteur trägt vier goldene Sterne auf jeder Schulter. Das symbolisiert den Dienstgrad: General. Aber nur einer davon wird Generalinspekteur. Andere Länder setzen für diesen Posten noch Eins drauf: Marschall.

Es gibt nur sehr wenige 4-Sterne-Generäle in der Bundeswehr. Der vergleichbare Rang bei der Marine ist der Admiral. Für den Laien extrem schwer zu erkennen, da Seefahrer nicht immer Schulterklappen auf ihren schwarzen Uniformen tragen. Stattdessen kategorisieren sie sich über die Dicke und Anzahl der Streifen am Ärmel sowie das Vorhandensein von Sternen über den Streifen. Am besten, man spricht sie mit "Käpt'n" an. Dann ist man auf der sicheren Seite.

Der scheidende Generalinspekteur bekleidete seine Position seit Januar 2010. Volker Wieker war der 15. Generalinspekteur und länger als alle seine Vorgänger in dieser Verwendung. Kaum ein Offizier der Bundeswehr ist so lange an einer Stelle eingesetzt. Wechsel nach zwei Jahren sind schon fast die Regel. Volker Wieker war Artillerieoffizier und stand der Bundeswehr 44 Jahre zur Verfügung.

Seine Aufgaben bestanden in der nationalen und multinationalen Ausbildung sowie der Planung und Führung verschiedener militärischer Operationen. Dabei wirkte er in Bosnien-Herzegowina, dem Kosovo und in Afghanistan mit. Diese Einsätze machten ihn zum Kompetenzträger in der Wandlungsphase der Bundeswehr vom Verteidigungsinstrument zur Einsatzarmee.

Großer Zapfenstreich Generalinspekteur Volker Wieker
Großer Zapfenstreich für Generalinspekteur Volker Wieker
Sein Nachfolger als 16. Generalinspekteur ist Eberhard Zorn. Er soll am 1. Mai an dieser Stelle beginnen. Eberhard Zorn ist derzeit Generalleutnant und trägt drei goldene Sterne auf jeder Schulter. Das wird sich dann wohl in den nächsten Tagen auf Vier erhöhen.

Eberhard Zorn ist ebenfalls ausgebildeter Artillerieoffizier und hat 40 Dienstjahre hinter sich. Im Sommer letzten Jahres war er als Personalchef ins Verteidigungsministerium berufen worden. Nach weniger als einem Jahr ändert sich nun wieder seine Verwendung. Zumindest muss er dafür nicht umziehen, wird aber umso mehr unterwegs sein.

Auch er bringt Expertise aus den Einsatzgebieten mit. Er war mehrfach auf dem Balkan, fungierte als Kommandeur der Luftlandebrigade 26 und später als Kommandeur der Division Schnelle Kräfte (DSK). Die DSK ist eine Spezialeinheit, die in Krisensituationen zum Einsatz kommt und dem Mythos der GSG9 folgt: schnelle und flexible Durchführung von Aufträgen. Die DSK evakuiert übrigens auch Bundesbürger, die in Krisenregionen festsitzen.

Generalleutnant Zorn stammt aus dem Saarland und hat von Hause aus einen guten Draht zu den europäischen Nachbarn. So absolvierte er neben der deutschen auch die französische Generalstabsausbildung.

Donald Trump hätte seine Freude am heutigen Großen Zapfenstreich gehabt. "Feuer und Zorn" sind inzwischen geflügelte Worte und es ist sogar schon ein Buch mit diesem Titel erschienen. Während Zorn erst zum Monatswechsel zur Entfaltung kommt, war heute Feuer angesagt.

Großer Zapfenstreich Generalinspekteur Volker Wieker
Großer Zapfenstreich für Generalinspekteur Volker Wieker
Beim heutigen Großen Zapfenstreich erhellten unzählige Fackeln das Areal. Es ist dennoch so finster, dass nur eine schemenhafte Wahrnehmung des Geschehens möglich war. Die Damen und Herren auf dem Podest - also die Ministerin und der zur Ruhe zu setzende Generalinspekteur - wurden zwar von mehreren Fackelträgern flankiert, waren aber so gut wie nicht zu erkennen.

Der Große Zapfenstreich hat eine lange Tradition, die über die Jahrhunderte weiter verfeinert wurde. Ursprünglich diente der Zapfenstreich dem Einsammeln von Soldaten, die in der Kneipe ihre Bettruhe verpasst hätten. Dazu hatte der Offizier demonstrativ auf den Zapfhahn der Wirtschaft geschlagen. Deshalb Zapfenstreich - auch bekannt als Tattoo. Tattoo ist eine Abkürzung des niederländischen "Doe den tap toe!" und bedeutet: "Mach den Hahn zu!"

Apropos Niederländer: Eberhard Zorn hatte die 2.100 Angehörigen der niederländischen 11. Luchtmobiele Brigade in die DSK integrieren können. Luchtmobiel bedeutet luftbeweglich und stellt eine effektive Ergänzung der Division Schnelle Kräfte dar. Bleibt zu hoffen, dass Feuer und Zorn unter dem 16. Generalinspekteur nur in begrenztem Maße zum Einsatz kommen müssen.

Video:
Großer Zapfenstreich für Generalinspekteur Volker Wieker

Autor: Matthias Baumann

Samstag, 14. April 2018

Syrien und die selbst gemachte Wahrheit

Heute Mittag gab Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen folgendes Statement zu den aktuellen Entwicklungen in Syrien ab:

Der Angriff von Assad gegen seine Bevölkerung mit Giftgas ist nicht nur abscheulich, sondern auch ein schwerer Bruch des humanitären Völkerrechts. Chemiewaffen sind zu Recht von der Weltgemeinschaft ganz besonders geächtet und der Einsatz von Chemiewaffen darf nicht hingenommen werden. Das ist die Weltgemeinschaft auch den Opfern schuldig.

Der Weltsicherheitsrat ist in dieser Frage seit Tagen blockiert. Deshalb ist es richtig, dass die USA, Frankreich und Großbritannien wohlüberlegt Maßnahmen ergriffen haben.

Ich wurde in dieser Nacht von meinem amerikanischen Kollegen und meiner französischen Kollegin unterrichtet. Gemessen an der Abscheulichkeit des Chemiewaffenangriffs von Assad sind die Maßnahmen der drei Mitglieder des Weltsicherheitsrates, die ausdrücklich gegen die Chemiewaffen Assads gerichtet waren, verhältnismäßig und erforderlich.

Jetzt muss alles getan werden, damit endlich der politische Prozess der Genfer Gespräche wiederbelebt wird und das Leiden der Bevölkerung in Syrien ein Ende findet.

Die Welt bekommt nun die Quittung für dekadentes Wahlverhalten, infantiles Machtgebaren und neokolonialistisches Vorgehen aufstrebender Autokraten. Das Gemisch ist explosiv und scheint kaum noch unter Kontrolle zu sein.

Syrien Giftgas Statement Verteidigungsministerin von der Leyen
Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (Archivbild, Besuch des britischen Verteidigungsministers am 12.08.2014)
Wer einmal lügt, muss weiterlügen. Schließlich muss ja das Gesicht gewahrt bleiben. Einer beschuldigt den anderen. Jeder sagt, er habe Recht. Das beginnt schon bei kleinen Dingen wie Tatsachenberichten in amerikanischen Zeitungen, die vom Präsidenten sofort als Fake News deklariert werden, wenn sie nicht ins Konzept passen. Oder wer glaubt schon einem Alleinherrscher aus Russland? "Nein, wir waren das nicht." - "Nein, es gab gar keinen Giftgaseinsatz." - "Der Brite war's!" - "Nein, der Russe war's!"

Eine Diskussion, wie wir sie aus dem Sandkasten einer Kindertagesstätte kennen, nachdem der Buddeleimer abhandengekommen ist. Das Problem ist nur, dass es sich beim Syrien-Konflikt um einen deutlich größeren Sandkasten handelt. Dass in Krisenregionen gerne und exzessiv neue Waffensysteme getestet werden, ist bekannt. Während Kinder nur mit Sand schmeißen, wird in großen Konflikten auch anderes Material geworfen.

Es bleibt also nur die Hoffnung, dass hinter den Kulissen - beispielsweise unter Chatham House Rules - noch einige Personen in ihrer mentalen Komfortzone rangieren und miteinander reden.

Autor: Matthias Baumann

Mittwoch, 11. April 2018

Lunch mit dem Militärbischof

Während die Bundesregierung in Meseberg über Abgase von Diesel-Fahrzeugen und andere wichtige Dinge redete, genossen wir die Sonne in der City West. Am Tisch vor dem Savoy saßen der evangelische Militärbischof Dr. Sigurd Rink, sein persönlicher Referent Dr. Klaus Beckmann und der bischöfliche Pressereferent Dr. Roger Töpelmann.

Im Terminplan des Bischofs ist wenig Luft. Er ist viel unterwegs, bereist die Einsatzgebiete und Standorte der Bundeswehr, ist in seiner regionalen Kirchengemeinde aktiv und trifft sich regelmäßig mit Pastoren zum Austausch. So hatte es einige Wochen gedauert, bis ein passender Termin gefunden war: Mittwoch nach Quasimodogeniti 2018.

Evangelischer Militärbischof Sigurd Rink
Evangelischer Militärbischof Dr. Sigurd Rink (links) und sein persönlicher Referent Dr. Klaus Beckmann (rechts)
Bemerkenswert war, dass die drei Doktoren nicht selbst das Wort ergriffen, sondern ein unmittelbares Interesse an BTB concept und meiner persönlichen geistlichen Entwicklung zeigten. War ich ungeplant in eine Seelsorge-Sitzung geraten? Der Bischof und seine Mitarbeiter hatten ein offenes Ohr und stellten Fragen über Fragen. Dabei wollte ich doch Sigurd Rink kennenlernen und erleben, wie er tickt und wie er bestimmte geistliche Themen sieht.

Christliche Parallelwelten

Die christliche Szene in Deutschland hat ja generell ein gespaltenes Verhältnis zur Bundeswehr. Um Militärseelsorger und Christen in der Bundeswehr macht der Otto Normalchrist einen großen Bogen. Pazifismus gehört zum guten Ton. Dabei fühlen sich 56% der Bundeswehrangehörigen einer der großen Volkskirchen verbunden - mit einem leichten Übergewicht zugunsten der Protestanten.

Sigurd Rink war durch den Völkermord in Ruanda (2014) nachdenklich geworden. Paulus und Petrus sprechen im Neuen Testament vom Sinn der obrigkeitlichen Gewalten als bewaffnete Ordnungshüter. Bestätigt wurde der Militärbischof durch die Kriegsleute-Schrift von Martin Luther (1526). Luther greift Bibelpassagen wie Römer 13 auf und entwickelt daraus die so genannte Zwei-Regimente-Lehre. Regiment ist hier im Sinne von Regierung zu verstehen. Das erste Regiment führt Gott und das zweite der Staat. Der Staat ordnet sich idealerweise den ethischen Grundsätzen der Bibel unter. Moral und Ethik sind Dreh- und Angelpunkt der Kriegsleute-Schrift. Am Ende der Ausführungen wünscht sich Luther noch viel mehr Christen in der Armee, die entsprechend positive Akzente setzen könnten.

Traditionserlass und christliche Wurzeln

Der neue Traditionserlass der Bundeswehr enthält viele dieser ethischen Grundlagen, obwohl Gott nicht ein einziges Mal darin erwähnt wird. Die Begleitung des Prozesses zur Erarbeitung der neuen Richtlinien offenbarte eine tiefe Verwurzelung von Offizieren und Generälen im christlichen Glauben. Ein Grund dafür ist die Herkunft aus den alten Bundesländern und die natürliche christliche Sozialisierung. Allerdings gehört auch Mut dazu, seinen Glauben offen zu bekennen. So sei den studierten Theologen aufgefallen, dass prozentual mehr Christen in der Bundeswehr zu finden seien als im wirtschaftlichen Kontext.

Hilfe bei PTBS und das Ohr an der Truppe

Der hohe ethische Standard bei Bundeswehrangehörigen wird auch bei der Behandlung Posttraumatischer Belastungsstörungen (PTBS) sichtbar. Innere Konflikte entstehen nicht nur durch eigenes Leid, sondern auch durch die Verletzung oder Tötung von Gegnern. Die Auslandseinsätze produzieren derzeit etwa vier neue PTBS-Fälle pro Tag. Das ist eine beachtliche Zahl, die durch Fachpersonal der Bundeswehr und eben auch die Seelsorger behandelt wird. Roger Töpelmann warf mit merklichem Stolz ein, dass die Militärseelsorge erhebliche Erfolge bei der Minderung und Überwindung von PTBS habe. Es gibt sogar eine Bundeswehr-App mit dem Namen Coach PTBS.

Die Militärseelsorge ist zwar eingebettet in die Truppe, steht aber administrativ daneben. Durch die Einbettung erleben die Seelsorger den Alltag der Soldaten und können sich ohne große Erklärungen in deren Umstände hineinversetzen. Sie sind an das Seelsorge-Geheimnis gebunden und dienen deshalb als Anlaufstelle für Themen, die sonst niemand erfährt. Auch Toxic Leadership (vergiftende Leitung) kann in der Seelsorge angesprochen werden. Es wird dann nach Lösungswegen gesucht.


Evangelischer Militärbischof Sigurd Rink
Evangelischer Militärbischof Dr. Sigurd Rink in seinem Büro
Gehen statt auf Kommende warten

Was Militärgeistliche an ihrer Arbeit reizt, ist die Gehen-Mentalität in der Bundeswehr. Die Ortsgemeinde lebt vom Kommen: Anwohner kommen in die Kirche. Bei der Bundeswehr geht der Pfarrer an die Standorte, in den Einsatz, zur Truppe. Rumsitzen und auf Zuhörer warten? Das funktioniert bei der Bundeswehr nicht. Es gilt, einen Draht zur Truppe aufzubauen. Auch wenn keine aktive Mission betrieben wird, so entscheiden sich doch immer wieder Soldaten für eine Taufe und eine Lebensausrichtung auf das Vorbild Jesus Christus.

Apropos Jesus Christus: Der immer stärker werdende Migrationsanteil unter den Soldaten bringt neue Herausforderungen für die Seelsorge mit sich. Die wenigen Juden werden zumeist von regionalen Synagogen betreut. Moslems kennen keine Seelsorge. Dennoch konsultieren sie christliche Seelsorger, die wiederum sehr positive Erfahrungen mit den Moslems machen. Auch wenn es im Militärseelsorgevertrag von 1957 anders steht, sind die Seelsorger offen für alle Soldaten, deren Seele eine Sorge hat. Das kann ein Katholik, ein Orthodoxer, ein Moslem, ein Freikirchler oder ein Humanist sein. Da der Seelsorger seiner Kirche untersteht, wird er sich jedoch nicht verbiegen und die Eigenheiten der anderen Denomination adaptieren.

Militärseelsorger ohne Uniform

Die Herren am Tisch waren froh darüber, dass die Militärgeistlichen in Deutschland nicht in die Armeestrukturen eingebunden sind. In anderen Ländern ist das anders geregelt und die Pfarrer tragen sogar Uniformen. Uniformen hebeln zudem die Seelsorgekompetenz aus, da die Geistlichen dem zweiten Regiment (Staat) unterstellt sind. Sigurd Rink führte in diesem Zusammenhang Predigten aus dem Ersten und Zweiten Weltkrieg an, die als Sahnehäubchen für die Kampfmoral gedient hatten und weit entfernt waren von verantwortungsvoller christlicher Lehre.

Die Authentizität und Kompetenz, mit der die drei Gesprächspartner von ihrer Arbeit und ihrem Glauben erzählten, überzeugten mich davon, dass Bischof Rink der richtige Mann am richtigen Platz ist. Ein enger Mitarbeiter der Ministerin hatte mir vorab schon mitgeteilt, dass Sigurd Rink "sehr sehr nett" sei. Das fand ich bestätigt.

Autor: Matthias Baumann

Mittwoch, 28. März 2018

Traditionserlass der Bundeswehr unterzeichnet und Kaserne umbenannt

Die heutige Unterzeichnung des überarbeiteten Traditionserlasses ging mit der Umbenennung einer Kaserne in Hannover einher. Die ehemalige Emmich-Cambrai-Kaserne bekam damit als erste Kaserne den Namen eines im Einsatz gefallenen Bundeswehr-Angehörigen: Hauptfeldwebel Lagenstein.

Hauptfeldwebel Tobias Lagenstein

Tobias Lagenstein war am 28. Mai 2011 als Personenschützer für Generalmajor Markus Kneip in Afghanistan eingesetzt. Am Nachmittag wurde durch einen afghanischen Innentäter eine Bombe zur Detonation gebracht. Es starben sieben Menschen, darunter Tobias Lagenstein. Markus Kneip wurde schwer verletzt, war aber nach zwei Monaten wieder einsatzfähig. Bis Anfang 2012 wirkte er weiter in Afghanistan. Zurzeit ist er als Chef des Stabes beim Supreme Headquarters Allied Powers Europe (SHAPE) in Belgien eingesetzt.

Hauptfeldwebel Tobias Lagenstein Wald der Erinnerung
Hauptfeldwebel Tobias Lagenstein - Gedenktafel im Wald der Erinnerung
Tobias Lagenstein war Angehöriger der Schule für Feldjäger und Stabsdienst in Hannover. Damit schließt sich der tradierende Kreis zur Emmich-Cambrai-Kaserne.

Dass die Kaserne ausgerechnet in der Karwoche umbenannt wurde, ist interessant. War doch auch Jesus Christus stellvertretend für die Menschen gestorben, die ihn als ihren Personenschützer anerkennen.

Die Tradition der Bundeswehr

Der Traditionserlass heißt übrigens gar nicht Traditionserlass. Die offizielle Bezeichnung lautet: "Die Tradition der Bundeswehr - Richtlinien zum Traditionsverständnis und zur Traditionspflege". Intern wird das vermutlich abgekürzt in TradBwRiliTradvstTradPfl - um bei der Tradition von Bundeswehr-Abkürzungen zu bleiben. Für diese gibt es zwar eine umfangreiche Datenbank aber keine zementierten Richtlinien.

Grob zusammengefasst ist der Traditionserlass - bleiben wir bei dieser Formulierung - auf Werte und Ethik orientiert und läuft in den Bahnen der freiheitlich demokratischen Grundordnung (FDGO). Daraus ergeben sich zehn Seiten mit vier Hauptpunkten. Eine bemerkenswerte Leistung, das Thema so straff zusammenzufassen. Manch ein Militärhistoriker hätte sicher eine 300-seitige Doktorarbeit daraus machen können. Als ich Oberst Lange in den Workshops ganze Blöcke vollschreiben gesehen hatte, war ich auf ein entsprechendes Buch zur Neufassung vorbereitet. Aber zehn Seiten sind gut und schnell zu lesen und liefern dennoch die gewünschten Leitplanken.

Vom Weißbuch zur Chefsache

Der Traditionserlass tauchte mit stiefmütterlichen drei Seiten im Weißbuch 2016 auf. Durch Zwischenfälle mit Sympathisanten der Wehrmacht gelangte das Thema akut auf die Agenda der Ministerin und wurde dann mit vier Workshops und diversen weiteren internen Diskussionen in Angriff genommen.

Auch wenn Insider behaupten, der neue Traditionserlass habe längst fertig in der Schublade gelegen, so halte ich diese Ansicht für wenig wahrscheinlich. Die Begleitung von drei der vier Workshops zeichnete ein Bild von Offenheit und respektvoller Diskussion zwischen Experten aus Militär und Gesellschaft. Einige Formulierungen und Gedankenanstöße finden sich auch in der vorliegenden Fassung wieder. Es wäre ja auch schade gewesen, wenn Oberst Lange die ganzen Blätter aus Zeitvertreib vollgeschrieben hätte.

Identifizierung auf Regimentsebene

Nicht nur das Zentrum Innere Führung plädierte dafür, dass Tradition auf Regimentsebene gelebt werde. Auch im Punkt 1.2 ist zu lesen, dass Kopf und Verstand sowie Herz und Gemüt anzusprechen sind. Der einzelne Soldat solle sich mit der Tradition seines direkten Umfeldes identifizieren können. Übrigens ein initialer Gedankenanstoß aus England beim ersten Workshop in Hamburg.

Wehrmacht und NVA

Punkt 2 - Historische Grundlagen - stellt klar, welche Epochen der deutschen Militärgeschichte zur Tradierung genutzt werden können. Die "gesamte deutsche (Militär-)Geschichte" heißt es dort. Allerdings mit einem Dämpfungsfaktor, der jene Teile ausschließt, "die unvereinbar mit den Werten unserer freiheitlich demokratischen Grundordnung sind".

Explizit wird auf die Wehrmacht und die NVA als Instrumente zur Stabilisierung problematischer Ideologien eingegangen. In den Punkten 3.4.1 und 3.4.2 werden diese beiden Armeen noch einmal aufgegriffen. Überschrift "3.4 Ausschlüsse". Durch "Einzelfallbetrachtung" und "sorgfältiges Abwägen" können jedoch Einzelpersonen oder deren Handlungen in die Tradition der Bundeswehr einbezogen werden.

Traditionserlass Wachbataillon Karabiner 98k
Traditionserlass 2018 - Wachbataillon bei einem Staatsbesuch im Schloss Bellevue mit Karabiner 98k
Preußische Geschichte

Damit kann Preußen zur Tradierung herangezogen werden. Davon ist insbesondere das Wachbataillon des BMVg betroffen, das seine Tradition auf das 1. Garderegiment zu Fuß zurückführt. Dieses war 1806 zusammengestellt worden und diente als Leibregiment der Könige Preußens. In dieser Tradition ist das Wachbataillon für den Schutz des Regierungssitzes und des Verteidigungsministeriums zuständig. Zudem erfüllt es protokollarische Aufgaben.

Der dabei genutzte Karabiner 98 gerät regelmäßig in die Kritik. War er doch eine Standardwaffe der Wehrmacht. Der Karabiner 98 war jedoch schon 1898 entwickelt worden. Das bei Staatsbesuchen gezeigte Gewehr hat einen verkürzten Lauf und nennt sich deshalb 98k - k wie kurz. Mit Karabiner 98 waren Stauffenberg und seine Mitstreiter am 20. Juli 1944 hingerichtet worden. Deshalb kann diese Waffe in die Tradition einbezogen werden.

Traditionsstiftendes Verhalten

Die Teilnehmer der vier Workshops zum Traditionserlass waren sich einig, dass es weniger um die Personen als um beispielhafte Taten und Eigenschaften von Personen gehen solle. Beispiel statt Vorbild hatte es Flottillenadmiral Schneider in Hamburg auf den Punkt gebracht. Punkt 3.3 zählt folgende "soldatische Tugenden" auf: "Tapferkeit, Ritterlichkeit, Anstand, Treue, Bescheidenheit, Kameradschaft, Wahrhaftigkeit, Entschlussfreude und gewissenhafte Pflichterfüllung". Darüber hinaus können auch militärische Exzellenz, herausragende Truppenführung und professionelles Können im Gefecht eine Grundlage zur Tradierung bieten.

Alles jedoch immer im Einklang mit dem Grundgesetz, da die Bundeswehr "freiheitlichen und demokratischen Zielsetzungen verpflichtet" ist.

Symbole, Zeremonielle und historische Exponate

Ab Punkt 4.6 wird definiert, welche Symbole, Zeichen und Zeremonielle für die Bundeswehr von Bedeutung sind:
  • schwarz-rot-goldene Nationalfarben
  • Nationalhymne
  • Adler des deutschen Bundeswappens
  • Eisernes Kreuz
  • Feierliches Gelöbnis und Diensteid
  • Ehrenkreuz der Bundeswehr
  • Großer Zapfenstreich
  • Lied vom guten Kameraden
  • Europahymne und Europafahne

Verboten sind nationalsozialistische Symbole und Zeichen wie das Hakenkreuz. Exponate aus der Zeit zwischen 1933 und 1945 sowie der NVA sind deutlich als historisches Anschauungsmaterial zu kennzeichnen und klar vom erlaubten Traditionsgut zu trennen. Werde beispielsweise am Volkstrauertag der Toten des Zweiten Weltkriegs gedacht, geschehe das als allgemeines Totengedenken und sei "keine Tradition früherer Streitkräfte".

Noch Fragen?

Mit diesem Traditionserlass wird insbesondere dem Zentrum Innere Führung eine geeignete Richtlinie an die Hand gegeben, um die Fragen aus der Truppe kompetent beantworten zu können. Für Grauzonen der Traditionspflege wird mehrfach auf das Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften (ZMSBw) in Potsdam verwiesen.

Autor: Matthias Baumann

Mittwoch, 21. März 2018

Serenade zur Verabschiedung der Staatssekretäre Brauksiepe und Grübel

Aus ranghohen Kreisen der Streitkräftebasis wurde mir eine wichtige Information zugespielt: Der Kaffee in der Wache des BMVg soll der Beste in ganz Berlin sein. Zum professionellen Handwerk des Journalisten gehört allerdings eine Prüfung anhand mehrerer Quellen. Deshalb fragte ich gestern Abend bei den Feldjägern nach. Die Reaktionen ergaben eine Bandbreite zwischen Skepsis und der Frage, wer denn diese Falschaussage verbreitet habe. Frischer Kaffee wurde aufgesetzt.

Die Anfangszeit der Serenade war kurzfristig verlegt worden. Schließlich musste es dazu richtig dunkel sein. Die Serenade ist ein Bestandteil des Großen Zapfenstreichs und kann bei Bedarf extrahiert werden. Das heißt, es gibt eine kleine Gruppe Soldaten mit Fackeln, das übliche Musikkorps, mehrere Wunschlieder, die finale Nationalhymne und die Abfahrt mit Blaulicht-Limousinen.

Serenade Staatssekretäre Brauksiepe und Grübel
Serenade zur Verabschiedung der Staatssekretäre Dr. Ralf Brauksiepe und Markus Grübel
Relativ unspektakulär marschierten die Fackelträger gestern Abend auf den Hof und verließen diesen ähnlich unauffällig. Es gab auch ein Ehrenspalier mit Fackeln, das der Ministerin und den geehrten Personen den Weg zum roten Podest wies. Dass das Podest rot war, konnte nur erahnt werden. Immerhin war es auf dem Ehrenhof des Bendlerblocks so finster, dass keine Taste mehr auf der Rückseite der Kamera zu erkennen war. Das Fackel-Spalier verließ noch vor dem ersten Musikstück das Areal. Gespielt wurden je zwei Wunschlieder für jeden der beiden Geehrten. Ein fünftes Stück hatten sich beide gemeinsam gewünscht: "Großer Gott, wir loben dich".

Es wurden zwei Staatssekretäre verabschiedet: Dr. Ralf Brauksiepe und Markus Grübel waren im Dezember 2013 als Parlamentarische Staatssekretäre ins Verteidigungsministerium berufen worden. Dr. Brauksiepe kümmerte sich um Planung, Führung Streitkräfte, Strategie, Einsatz, Haushalt und Controlling. Markus Grübel war für Ausrüstung, IT, Recht, Personal, Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistungen zuständig. Breite Arbeitsfelder, die in Zukunft von den CDU-Politikern Peter Tauber und Thomas Silberhorn bedient werden.

Peter Tauber ist Oberleutnant der Reserve und repräsentiert eine wichtige Schnittmenge aus Bundeswehr, Politik und Zivilgesellschaft. Thomas Silberhorn war die letzten vier Jahre im BMZ tätig und kennt sich von daher bestens mit den Herausforderungen und Möglichkeiten in den Einsatzländern der Bundeswehr aus. Was die neuen Herren im Bendlerblock tatsächlich bewegen, wird die Praxis zeigen.

Ein Praxistest war gestern Abend bestanden worden: Der frische Kaffee aus der Wache entsprach ganz meinem Geschmack. Mal abgesehen von der Wärmeentfaltung, die für die nächste Stunde am Gefrierpunkt hilfreich war.

Video:
Serenade zur Verabschiedung von Dr. Ralf Brauksiepe und Markus Grübel.

Autor: Matthias Baumann

Mittwoch, 14. März 2018

Von der Zipfelmütze zum Barett - Besuch beim Wachbataillon des BMVg

Nieselregen, Baustellen, dichter Verkehr. Kurz vor zehn rollte ich auf das Gelände der Julius-Leber-Kaserne in Tegel. Eine große weiße Tafel wies den Weg zur 48 Alpha, dem Sitz des Wachbataillons - kurz WachBtl oder ganz korrekt abgekürzt WachBtl BMVg. Mein Gesprächspartner saß im Obergeschoss. Beinahe hätte ich ihn nicht erkannt. Keine graue Heeresuniform, kein Barett, sondern baren Hauptes in Camouflage. Die perfekte Tarnung gegenüber Zivilisten mit selektiver Wahrnehmung.

WachBtl Wachbataillon 1. Garde-Regiment zu Fuß Truppenfahne
Wachbataillon - Gemälde mit dem 1. Garde-Regiment zu Fuß - links davor erste Truppenfahne des Wachbataillons
Als Erstes gingen wir ins Nachbarbüro: Dienststube des Kommandeurs. Oberstleutnant Patrick Bernardy trug auch kein Barett und ebenfalls das kampfbereite Flecktarn. Ein Anblick, den ich aus dem Kanzleramt oder dem Schloss Bellevue nicht kannte. Es gab eine herzliche Begrüßung und Staunen über die gemütliche Stube. Überall Traditionsgegenstände aus 200 Jahren Militärgeschichte. Das Wetter tauchte den Raum in eine schummerige Atmosphäre. Der Oberstleutnant fragte, ob wir Licht einschalten sollten. Klick - für die Fotos reichte es.

Kaffee wurde herbeigebracht und so redeten wir über das 1. Garderegiment zu Fuß, protokollarische Abläufe und Zuständigkeiten. Das Garderegiment war hinter unserer Sitzecke in eine entscheidende Kampfhandlung verwickelt. Neben mir die erste Truppenfahne des Wachbataillons und vor uns Tassen mit dem typischen Fraktur-W und den Initialen FR für Fridericus Rex.

WachBtl Wachbataillon Grenadiersmütze
Grenadiers-Mütze: Bommel, Schild mit "Semper Talis", Adler, drei Granaten (Kugeln unter Adler) und FR-Initialen
Diese Initialen fanden sich auch auf der Grenadiers-Mütze wieder, die Patrick Bernardy aus dem Schrank holte. Die Grenadiere heißen so, weil sie zum Werfen von Granaten eingesetzt wurden. Beim Werfen störten jedoch die damals üblichen Dreiecks-Hüte. Deshalb wurden diese gegen Zipfelmützen ersetzt. Damit das dann nicht so verschlafen aussah, wurde noch ein Schild an der Frontseite angebracht. Oben am Schild wurde die Bommel befestigt. Interessante Details, die auf diesem Wege zu Tage traten.

Apropos Bommeln: Eine weitere Tradition des Wachbataillons ist die jährliche Mitnahme einer Kugel vom Weihnachtsbaum des Bundespräsidenten. Joachim Gauck hatte bei seinem Abschiedsbesuch vor einem Jahr die Kugel signiert, die ihm kurz vorher offiziell vom Baum abgenommen worden war. Dem Steuerzahler entsteht dadurch kein Schaden, da die Kugeln im Kreislauf der Behörden verbleiben.

WachBtl Wachbataillon
Wachbataillon - Traditionelle Kugeln vom Weihnachtsbaum des Bundespräsidenten
Viele Fragen, die in unserem YouTube-Kanal aufgekommen waren, wurden während des Gespräches beantwortet. So ist nun bekannt, dass die Karabiner 98 entmilitarisiert sind - bis auf 150 Stück, mit denen man noch Salut schießen könne. Die Pistolen der Zugführer sind alte Walther P1, von denen Schlitten und Lauf entfernt wurden. Ansonsten würden die nicht in die weißen Taschen passen. Das ist aber egal, da die Sicherung von Staatsbesuchen ausreichend durch Bundespolizei und Bundeskriminalamt gewährleistet ist. Bei Verteidigungsministern übernehmen Feldjäger diesen Part.

Dennoch müssen die Mitglieder des Wachbataillons alle üblichen Disziplinen des Heeressoldaten beherrschen. Je mehr Einsätze anstehen - Staatsbesuche, Ehrenspaliere, Ehrenzüge, Zapfenstreiche, Ehrenposten, Staatsbankette - umso höher ist die zeitliche Belastung für die Truppe. Mit der jüngst eingeführten Arbeitszeitregelung ist das kaum zu vereinbaren.

So hat das S3-Protokoll alle Hände voll zu tun, die Einsätze der Kompanien zu organisieren. S3 ist die Abteilung für die Ausbildungsplanung. Das S3-Protokoll stellt darin ein Spezialteam dar, das für die protokollarischen Aufgaben zuständig ist und relativ autonom agiert - vergleichbar mit dem Drill Sergeant der amerikanischen Streitkräfte. Sie sind letztlich nur dem Kommandeur unterstellt.

WachBtl Wachbataillon Kommandeur OTL Bernardy Truppenfahne
Wachbataillon - Kommandeur neben der Truppenfahne - im Hintergrund die Fahnenbänder
Einsatzbefehle können sehr kurzfristig eintreffen. Ehrenspaliere und Ehrenposten werden teilweise erst wenige Stunden vorher angefordert. Bei Salut in Tegel und für Staatsbesuche inklusive der Neuen Wache werden mehrere Tage Vorlauf benötigt. Premierminister im Kanzleramt sind ohne großen Aufwand sehr schnell und mit wenig Übungszeit zu bewerkstelligen. Bei komplexen Aktionen wie dem Großen Zapfenstreich wird länger geprobt. Am schwierigsten sind wohl Staatsbankette, da diese so selten stattfinden.

Nach den Einsätzen folgt die Vergabe von Noten. Auch dafür ist das S3-Protokoll zuständig. War der Kommandeur zugegen, hat er das letzte Wort. Mindestens vier Augen prüfen die Performance der eingesetzten Mannschaft. Lässt ein Soldat das Gewehr fallen, hat das eine 5 zur Folge. Dieser Soldat wird dann "nachgeprottet". Das heißt: Üben bis es klappt. Protter ist ein interner Begriff für Protokoll-Soldaten.

Freunde von NVA und Wehrmacht äußern immer wieder den Wunsch nach Stechschritt. Deshalb führte der Kommandeur sehr anschaulich vor, dass Stechschritt eher etwas für Anfänger ist. Stechschritt lässt sich deutlich einfacher ausführen. Das Knie muss dabei nämlich nicht bewegt werden und der Abstand innerhalb der Rotte ist besser zu halten.

Zur Truppenfahne: Spitzenpolitiker zeigen ihren Respekt gegenüber der Bundeswehr durch eine Verneigung vor der Truppenfahne. Sie unterliegt wegen ihrer regen Nutzung einem hohen Verschleiß. Die Anfertigung kostet inklusive Material etwa 3.500 Euro. Die Fahnenbänder zu den jeweiligen Staatsgästen werden in einer speziellen Zeremonie eingeweiht und dann bei jeder Gelegenheit an die Truppenfahne gehängt. Das erste Fahnenband wurde von der Queen gesponsert. Einige dieser Traditionen entwickeln sich situativ und ohne irgendwelche internationalen Vorgaben.

WachBtl Wachbataillon Fahnenbänder
Wachbataillon - Fahnenbänder in der Dienststube des Kommandeurs - ältestes Band von der Queen
Oft kommt die Frage auf, warum manchmal alle drei Teilstreitkräfte antreten und manchmal nur eine. Die Regel ist simpel: Erste im Staat und Monarchen haben einen Anspruch auf alle drei Teilstreitkräfte (TSK). Das ist dann ein Ehrenbataillon. Kommt nur ein Kanzler oder Ministerpräsident, reduziert sich der Anspruch auf eine TSK. Dann handelt es sich um eine Ehrenkompanie.

Das Protokoll des BMVg legt fest, welche TSK bei einem nachgeordneten Staatsgast antritt. Die etwa 1.000 Mitglieder des Wachbataillons haben alle drei Uniformen in ihrem Spind. Weltweit ist das Heer die stärkste TSK. Bei bekannten Seefahrernationen kann die Ehrenkompanie auch mal als Marineuniformträger (MUT) antreten. In Gedenken an die Luftschlacht 1940 mit England könnte beim Besuch von Theresa May durchaus eine Kompanie in Luftwaffen-Uniform eingesetzt werden.

Die jeweilige Uniform hat zudem Einfluss auf die Märsche, die das Musikkorps spielt. Bei den seltenen Auftritten einer Ehrenkompanie in Marine-Uniform sollten also unbedingt alle Märsche mitgefilmt werden. Marine ist so selten, dass die Fehlentscheidung beim Video zu Neuseelands Premierminister bisher nicht korrigiert werden konnte.

Bei Botschaftern läuft es anders. Die jeweils beauftragte Kompanie tritt in der ihr eigenen Uniform an. Es besteht also keinerlei Zusammenhang zu den jeweils akkreditierten Botschaftern.

Beim Empfang von Staatsoberhäuptern auf dem Flughafen Tegel obliegt es dem S3-Protokoll, die TSK des dortigen Ehrenspaliers auszuwählen. Das Protokoll-Team entscheidet hierbei völlig frei. In Tegel wird gelegentlich auch Salut geschossen. Dabei kommen sechs Haubitzen zum Einsatz, von denen die sechste Haubitze einen Schuss mehr abgibt. Diese Tradition geht auf die Marine zurück. Kriegsschiffe hatten in der Regel 20 Kanonen. Beim Anlaufen eines Hafens gaben sie 20 Schüsse ab, um zu signalisieren, dass die Kanonen leer sind. Der Hafen antwortete darauf mit einem Schuss.

WachBtl Wachbataillon OTL Bernardy
Wachbataillon - Kommandeur Oberstleutnant Patrick Bernardy an seinem Schreibtisch
Das Wachbataillon ist neben den protokollarischen Aufgaben insbesondere für den Schutz des Sitzes der Bundesregierung und des Verteidigungsministeriums zuständig. Deshalb auch die reguläre Ausbildung mit Nachtschießen und ähnlichem.

Der Leitspruch des Wachbataillons ist "semper talis" (stets gleich). Kein Wunder also, dass der Traditionsverband der aktiven und ehemaligen Soldaten des Bataillons mit Semper talis Bund e.V. benannt wurde. Der Bundesvorsitzende ist immer der jeweilige Kommandeur - aktuell Patrick Bernardy. Als Vorsitzender trägt er den goldenen Ring mit der roten Grenadiers-Mütze auf blauem Grund.

Nach drei Stunden verließ ich die Julius-Leber-Kaserne. Voll mit Eindrücken und wertvollen Informationen zur Beantwortung der Fragen in unserem YouTube-Kanal. Es nieselte immer noch ein wenig.

Autor: Matthias Baumann