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Freitag, 20. Juli 2018

355 Rekruten: Feierliches Gelöbnis zum 20. Juli im Bendlerblock

Tatsächlich: Wenn die Rekruten aus den verschiedenen Verwendungen zusammenzählt werden, ergibt sich eine Summe von 355. Wie üblich hatten die Veranstalter einen bunten Mix aus Logistik, Cyber, Marine, Luftwaffe und Heer zusammengestellt. Die Cyber-Truppe war erwartungsgemäß sehr klein - zumindest bezüglich ihrer Personalstärke. Auch differierten Körpergröße und Uniformen bei den Computerfreaks stark voneinander. Ein wichtiges Indiz dafür, dass hybride Kampfführung nur mit kreativer Expertise zu bewerkstelligen ist.

Feierliches Gelöbnis 20. Juli 2018 Bendlerblock BMVg
Feierliches Gelöbnis zum 20. Juli im Bendlerblock - Glückwünsche der Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen
Deutlich homogener wirkten die Sanitäter, die Semper-Talis-Abordnung des Wachbataillons oder die besonders sportlichen Männer und Frauen des Gebirgsjägerbataillons 233. Letztere trugen mit Stolz ihre grauen Mützen. Überhaupt sind diese Mützen nach Trendsetter Erich Pfeffer in letzter Zeit öfter im Bendlerblock zu sehen. Deshalb war es eine besondere Ehre, dass Generalleutnant Pfeffer vom Einsatzführungskommando zusammen mit dem frisch gebackenen Vizeadmiral Carsten Stawitzki im Promiblock an der Südostflanke des Paradeplatzes saß.

Feierliches Gelöbnis 20. Juli 2018 Bendlerblock BMVg
Feierliches Gelöbnis zum 20. Juli im Bendlerblock - Tribüne mit Generälen, Admirälen, Diplomaten und Bundespolitikern
Auf der großen Tribüne an der Nordseite saßen die Familienangehörigen. Kaum Anzüge - dafür aber Sommerkleider, Sonnenbrillen und Smartphones. Die Privatgäste hatten das Privileg, das echte Wachbataillon - also die mit den Karabinern 98k - und das Musikkorps der Bundeswehr von Vorne sehen zu können. Die Presse war auf der Südseite platziert, so dass die Rekruten im Blick waren. Dadurch konnten die Barette und Schirmmützen des Ehrenbataillons gut als Vordergrund für Rekrutenfotos genutzt werden.

Feierliches Gelöbnis 20. Juli 2018 Bendlerblock BMVg
Feierliches Gelöbnis zum 20. Juli im Bendlerblock - Blick auf Rekruten und deren Angehörige auf der Nordtribüne
Aber der Reihe nach: Ein Großteil der Gäste traf mit Bussen ein. Als die meisten von ihnen Platz genommen hatten, marschierte das Musikkorps der Bundeswehr aus Siegburg ein: Platzkonzert. Das Gelöbnis fiel in die Urlaubszeit des Stabsmusikkorps, so dass die Siegburger schon die ganze Woche mit protokollarischen Akten inklusive des Großen Zapfenstreichs für NATO-General Brauß zu tun hatten.

Das Musikkorps spielte etwa 20 Minuten. Fünf bekannte Märsche - kurz und knackig. Danach zogen sie wieder vom Platz. Dann stellte sich Oberstleutnant Bernardy (Chef des Wachbataillons) vor dem Rednerpodest auf und wartete. Ein Kommentator erklärte den Ablauf und wann die Gäste aufzustehen hätten. Die neun Rekruten-Gruppen zogen ein und wurden durch ihre jeweiligen Hauptleute optisch ausgerichtet. Danach gingen die Hauptleute zu Patrick Bernardy und meldeten, dass sie angetreten seien. Wieder Warten. Diesmal auf die Ministerin.

Feierliches Gelöbnis 20. Juli 2018 Bendlerblock BMVg
Feierliches Gelöbnis zum 20. Juli im Bendlerblock - Rekruten des Gebirgsjägerbataillons 233
Die Ministerin erschien zusammen mit Generalinspekteur Eberhard Zorn. Für mehr als drei Minuten schritten sie die Ehrenformation und die Aufstellung der Rekruten ab. Nur gut, wenn es dafür den Preußischen Präsentiermarsch gibt, der in Endlosschleife gespielt werden kann. Darauf folgte die Ansprache der Ministerin, in der sie den mutigen Schritte der Rekruten in einen nicht ganz ungefährlichen Dienst würdigte. Bevor Jesuiten-Pater Klaus Mertes vom Kolleg St. Blasius redete, wurde noch "Des großen Kurfürsten Reitermarsch" gespielt. Ein immer wieder gern gehörter Klassiker, den sich auch General Brauß vor zwei Tagen zu seiner Verabschiedung gewünscht hatte.

Feierliches Gelöbnis 20. Juli 2018 Bendlerblock BMVg
Feierliches Gelöbnis zum 20. Juli im Bendlerblock - Rede von Pater Klaus Mertes
Pater Mertes baute seine Rede auf den drei Schlüsselbegriffen Hingabe, Verrat und Gewissen auf. Mit einer stilechten Radiostimme ermutigte er die Rekruten zum Reflektieren von Befehlen und problematischen Umständen in ihrem zukünftigen Kasernenalltag. Er wies ferner darauf hin, dass man auch bei unterschiedlicher Herkunft und Meinung in der Sache an einem Strang ziehen könne. Das sei auch bei den Widerständlern des 20. Juli 1944 so gewesen. Klaus Mertes hoffe jedoch für die Rekruten, dass sie nie in eine so gravierende Situation kommen werden.

Nach den Reden gab es ein weiteres Musikstück. Dann traten die drei Soldaten mit der Fahne in die Mitte des Paradeplatzes und neigten die 3.500 Euro teure Truppenfahne um 90° Richtung Westen. Sollte uns das zu denken geben? Nein, denn im letzten Jahr war sie nach Süden geneigt - wohl immer parallel zur Ehrenformation des Wachbataillons.

Feierliches Gelöbnis 20. Juli 2018 Bendlerblock BMVg
Feierliches Gelöbnis zum 20. Juli im Bendlerblock - Rekruten des Wachbataillons
Die Abordnung der Rekruten gruppierte sich um die Fahne. Frauenquote 66%. Während die Abordnung ihre Hände auf das edle Tuch legte, vollzogen die übrigen 349 Rekruten den eigentlichen Akt des Gelöbnisses:

"Ich gelobe/schwöre, der Bundesrepublik Deutschland treu zu dienen und das Recht und die Freiheit des deutschen Volkes tapfer zu verteidigen. So wahr mir Gott helfe."

Soldaten auf Zeit schwören. Alle anderen geloben. Anschließend standen die Gäste zur Nationalhymne auf. Im Gegensatz zu internationalen Fußballspielen, ist es bei der Bundeswehr und der Bundesregierung üblich, den Text mitzusingen. Oberstleutnant Bernardy führte dann die Gelöbnisfeststellung durch und gab den Weg für die Handschläge und Glückwünsche der Ministerin, des Generalinspekteurs und des Jesuiten-Paters frei.

Feierliches Gelöbnis 20. Juli 2018 Bendlerblock BMVg
Feierliches Gelöbnis zum 20. Juli im Bendlerblock - Gratulation durch Generalinspekteur Eberhard Zorn (links) und Jesuiten-Pater Klaus Mertes (Mitte)
Der Ausmarsch von Musikkorps und Ehrenbataillon folgte nach der Europahymne. So manch ein Kameramann wäre in diesem Moment geneigt, die Technik abzuschalten. Aber - die Schlachtrufe der neun Rekruten-Gruppen waren noch nicht auf die SD-Karte gebannt. Leider sind diese Schlachtrufe oft so schwer zu verstehen, dass sie im Nachhinein von Insidern beschafft werden müssen. Wenigstens das Semper Talis (immer gleich) vom Wachbataillon war gut zu verstehen. Eine gute Voraussetzung zur nächsten protokollarischen Begrüßung des Bundespräsidenten, der Kanzlerin oder der Ministerin.

Video:
Feierliches Gelöbnis zum 20. Juli im Bendlerblock

Autor: Matthias Baumann

Mittwoch, 18. Juli 2018

NATO-General Heinrich Brauß mit einem Großen Zapfenstreich in den Ruhestand verabschiedet

Am späten Abend wurde heute Generalleutnant Heinrich Brauß in den Ruhestand verabschiedet. Das passierte stil- und formgerecht mit einem Großen Zapfenstreich im Ehrenhof des Bendlerblocks. Da es zum Großen Zapfenstreich dunkel sein muss, war der Termin zu 22:00 Uhr angesetzt.

Großer Zapfenstreich GenLt Heinrich Brauß
Großer Zapfenstreich für Generalleutnant Heinrich Brauß
Etwa 200 Gäste waren anwesend und - wie üblich - nur wenige Pressevertreter. Letztere waren wohl wegen der Urlaubszeit und des medialen Desinteresses an Sicherheitspolitik fern geblieben. Dabei war Heinrich Brauß in seinen jüngsten Verwendungen mehr Politiker als Soldat. Bereits 2004 war er nach Brüssel gekommen und dort zunächst als Assistant Chief of Staff im Militärstab der Europäischen Union eingesetzt. 2005 ist er Direktor der neu gegründeten Civil-Military-Cell und des EU Operations Centre geworden. Seit 2007 ist er bei der NATO in den Bereichen Verteidigungspolitik und Streitkräfteplanung tätig gewesen.

Sechs Jahre später - also 2013 - wurde er zum Generalleutnant befördert. Das ist ein General mit drei goldenen Sternen auf jeder Schulter. Gleichzeitig übernahm er das Amt des Assistant General for Defense Policy and Planning bei der NATO. Übersetzt heißt das, dass er für Verteidigungspolitik und Planung verantwortlich zeichnete. Im Prinzip das, was er schon seit 2007 in kleinerem Maßstab zu machen hatte. 11 Jahre Kontinuität, die bei Dienstgraden mit Laub auf der Schulter nicht selbstverständlich ist.

Großer Zapfenstreich GenLt Heinrich Brauß
Großer Zapfenstreich für Generalleutnant Heinrich Brauß
Heinrich Brauß ist 65 Jahre alt, verheiratet und hat drei Söhne. In die Bundeswehr war er 1972 eingetreten, hatte dort vier Jahre Erziehungswissenschaften und Neuere Geschichte studierte, hatte in Artillerie- und Panzerbataillonen gedient und das übliche Hin- und Her der Verwendungen eines Offiziers der Bundeswehr erlebt. Erste Auslandserfahrungen hatte er bei SFOR in Bosnien und Herzegowina gesammelt.

Nach 46 Dienstjahren ging Heinrich Brauß heute in den Ruhestand. Zur Serenade des Großen Zapfenstreiches hatte er sich folgende Stücke gewünscht:

1) "Des großen Kurfürsten Reitermarsch" von Cuno Graf von Moltke
2) "NATO - Hymne" von André Reichling
3) "Nun danket alle Gott" von Martin Rinckart, Arrg. Roland Kernen

Video:
Großer Zapfenstreich für Generalleutnant Heinrich Brauß

Autor: Matthias Baumann

Dienstag, 10. Juli 2018

Chilcot: The Good Operation und die konstruktive Behandlung eines Lagebildes

Das Erfrischende an sicherheitspolitischen Begegnungen ist die Auseinandersetzung mit der Realität und der ehrliche Umgang zwischen den Akteuren. In dieser Klarheit war das bisher weder in wirtschaftlichen noch in politischen Kontexten zu erleben. Immerhin geht es bei der Sicherheit schnell mal um Leben und Tod. Das lässt keinen Raum für Machtspielchen und planlose Experimente. Eigentlich...

Nach der gescheiterten Mission im Irak fragten sich die Briten, wo denn die Ursachen lagen. Zunächst einmal war die Mission unter dem Lack politisch gewollter Mythen initiiert worden. Ein angebliches Waffenarsenal Saddam Husseins sollte neutralisiert und die Diktatur entfernt werden. Themen wie Machtvakuum, regionale Kräfte, kulturelle Eigenheiten und geografische Herausforderungen spielten in der Vorbereitung kaum eine Rolle.

Um es zukünftig besser zu machen, beauftragte man Sir John Chilcot mit einer Untersuchung des Irak-Krieges zwischen 2001 und 2009. Er und sein Team verfassten dazu 13 dicke Bücher, die im Juli 2016 veröffentlicht wurden. Es war also sehr detailliert geforscht worden.

Ein Extrakt der Lehren aus diesen 13 Bänden findet sich im Handbuch "The Good Operation" wieder. Dieses Handbuch ist wie eine Checkliste aufgebaut. Es ist in die einzelnen Phasen des Einsatzes von der Planung bis zur Nachbereitung eingeteilt. Immer wieder wird empfohlen, auch ein Nichtstun in Erwägung zu ziehen.

Chilcot The Good Operation
Sir John Chilcot und Team - The Good Operation ist ein Handbuch für Entscheider in Operationen, die gelingen sollen.
Das Handbuch mit seinen knapp 60 Seiten lässt sich innerhalb einer Stunde durchlesen. Es sensibilisiert den Leser, in der richtigen Situation die richtigen Fragen zu stellen. Die Antworten sollten dann nach Möglichkeit zu den richtigen Entscheidungen führen.

Egal, mit wem man in London redet - ob deutsche Botschaft, Außenministerium oder Ministry of Defense - Chilcot ist in aller Munde. Bedient Chilcot doch die eingangs erwähnte nüchterne Betrachtung des Lagebildes und gewährt Raum für kreative Lösungen.

Ein wichtiger Punkt in der Einleitung zu "The Good Operation" ist die Feststellung homogener Denkstrukturen, die gar keinen Platz für eine objektive Betrachtung des Lagebildes bieten. Dabei unterscheiden sich gewisse Ansichten sogar schon zwischen europäischen Nachbarn diametral voneinander. So sei der Brite durch Kampf und Einsätze zu einem längeren Dienst in der Armee zu motivieren. Auch wolle der Brite seine Leitkultur in die Welt tragen und dort nachhaltig etabliert wissen. In Deutschland wird eher mit Studien-Optionen, Gehalt und familienfreundlichen Arbeitsbedingungen gelockt.

Dieses kleine Beispiel zeigt, wie unterschiedlich die Betrachtung und Wahrnehmung ein und desselben Themas sein kann. Deshalb spricht sich Chilcot für Diversität aus, für konträre Gedanken, für differenzierte Sichtweisen und ein konstruktives Zusammenführen der unterschiedlichen Impulse zu einem realitätsnahen Lagebild. Darauf wird dann mit einem heterogenen Team die Lösung aufgebaut. Die Lösung kann letztlich auch Nichtstun heißen.

In einer ähnlichen Herangehensweise wurde der neue Traditionserlass der Bundeswehr erarbeitet. In den vier Workshops hatten sehr unterschiedliche Kompetenzen zusammengesessen und sich offen, konstruktiv und respektvoll ausgetauscht.

Dennoch berichten Insider, dass im Bendlerblock bestimmte Gedanken gar nicht gedacht werden dürfen. Wer auch immer von dieser Regel abweiche, müsse mit seiner vorzeitigen Zurruhesetzung rechnen. Jüngstes Beispiel ist Karl Müllner, der seine fachliche Expertise gegen volkswirtschaftliche Ambitionen artikulierte.

Da General ein eher politischer Status ist, kann ein General (oder auch Admiral) durch die Verteidigungsministerin ernannt, befördert und entlassen werden. Die Angst um den Posten kann zu Verschiebungen bei der Wahrnehmung und öffentlichen Bewertung von Lagebildern führen. Das ist aber mit sämtlichen gesellschaftlichen Bereichen vergleichbar, die als hierarchische Konstrukte aufgebaut sind.

Dass Chilcot bei den Briten in aller Munde ist, setzt schon mal die richtigen Akzente. Überhaupt scheinen die Ministerien auf der Insel deutlich besser zusammenzuarbeiten als in Deutschland. So verlässt man das Foreign & Commonwealth Office (Außenministerium) und betritt wenige Meter weiter das Verteidigungsministerium. Die Strukturen sind so gut vernetzt, dass Entscheidungen im engen Einklang getroffen werden. In Berlin legt man die Strecke vom Bendlerblock zum Auswärtigen Amt in etwa 30 Minuten zu Fuß zurück.

Es gibt also viel zu lernen von Chilcot und der empfohlenen Herangehensweise: Ehrlichkeit, Einbeziehung von Querdenkern und Beratern, Offenheit, Mut zur Veränderung sind nur einige Stichworte, die uns Chilcot vermittelt. Damit ist Chilcot keine reine Militär-Angelegenheit, sondern lässt sich auf sämtliche Lebensbereiche adaptieren.

Autor: Matthias Baumann

Mittwoch, 20. Juni 2018

#VJTF2019 - Schnelle Eingreiftruppe der NATO greift Schnöggersburg in der Altmark an

"Diese Schuhe werden staubig, sehr staubig", ein breites Grinsen lag auf dem Gesicht von  Presseoffizier Ingo Prieß. Zum gestrigen Termin in Gardelegen war ein Dresscode empfohlen, der bei protokollarischen Anlässen für Irritationen sorgen würde: "Wetterfeste Kleidung und festes Schuhwerk".

VJTF #VJTF2019 NATO Schnöggersburg Schnelle Eingreiftruppe
VJTF - Schnelle Eingreiftruppe der NATO in Schnöggersburg - Teilnermer vor Rathaus und Fahnen: Deutschland, Niederlande, Norwegen, NATO (v.l.n.r.)
Der Aufenthaltsraum füllte sich mit Zivilisten: B.Z. BILD, augengeradeaus.de und diverse große Regionalsender trafen nach und nach ein. Mit Kameras, ohne Kameras, mit Plüschmikrofonen und Notizbüchern. Kaffee und Brötchen standen bereit, denn ohne Mampf kein Kampf. Zwei Reisebusse warteten vor dem Haus. Wir sollten uns anschnallen.

Kaum hatten die Busse die Tore der Altmark-Kaserne passiert, verließen sie auch die befestigten Wege. Staub umhüllte uns. Ab und zu waren Büsche, kleine Wäldchen und tief durchfurchte Wege aus Zuckersand zu erkennen. Als sich der gelbe Nebel etwas gelichtet hatte, kam ein markanter Hügel zum Vorschein. Drei Geländewagen parkten vor dem Zugang zum Berg. Der künstliche Berg ist eingezäunt und dient in diesem Übungsgelände als Beobachtungspunkt für den Kommandeur.

VJTF #VJTF2019 NATO Schnöggersburg Schnelle Eingreiftruppe
VJTF - Schnelle Eingreiftruppe der NATO in Schnöggersburg - (v.l.n.r.) Inspekteur des Heeres, Generalleutnant Jörg Vollmer, und designierter VJTF2019-Kommandeur, Brigadegeneral Ullrich Spannuth, bei den Presse-Statements
Wir sollten das Areal auf keinen Fall verlassen. Oben war wenig Platz. Einige Stative wurden wieder eingeklappt und beiseite geräumt. Der Inspekteur des Heeres, Jörg Vollmer, stand oben und begrüßte die Journalisten. Neben ihm der angehende Kommandeur der VJTF(L)2019, Brigadegeneral Ullrich Spannuth, und der Chef der 1. Panzerdivision, Brigadegeneral Jürgen-Joachim von Sandrart. Letzterer trug ein sandfarbenes Halstuch und das schwarze Barett der Panzertruppen.

VJTF #VJTF2019 NATO Schnöggersburg Schnelle Eingreiftruppe
VJTF - Schnelle Eingreiftruppe der NATO in Schnöggersburg - Kommandeur der 1. Panzerdivision, Brigadegeneral Jürgen-Joachim von Sandrart, vor Teilnehmern der NATO-Übung
Wir drängten uns um die Fachkompetenz und wurden in die Bedeutung von VJTF und dieser Übung eingeführt. VJTF steht für Very High Readiness Joint Task Force und bedeutet soviel wie Schnelle Eingreiftruppe aus internationalen Kräften. Hinter VJTF wird gerne noch ein (L) wie Landstreitkräfte und eine Jahreszahl gesetzt. In diesem Falle 2019, also VJTF(L)2019. Die Zuständigkeit für die Schnelle Eingreiftruppe der NATO rotiert jährlich. Deutschland ist 2019 dran.

Schnell ist hier in dem Sinne gemeint, dass innerhalb von 48 Stunden Truppen und Materialien an jeden beliebigen Ort der Welt verlegt werden können. Das ist insbesondere deshalb wichtig, da Länder wie Russland das auch können. Die Very High Readiness wird stufenweise auf- und abgebaut. Im Vorjahr zu 2019 - also jetzt - werden die Stunden zu Tagen. Es reicht also ein Monat für die komplette Verfügbarkeit. Im Jahr danach gilt das Gleiche. Das ist aber so vorgesehen, denn in 2018 oder 2020 sind andere NATO-Staaten für die VJTF zuständig.

Der Verband umfasst 8.000 Soldaten aus 9 Nationen. Bei der heutigen Übung waren hauptsächlich Norweger, Niederländer und Deutsche dabei. Der Laie fragt sich natürlich, wie die 48 Stunden realisiert werden können. Jörg Vollmer erklärte dazu, dass dann alle Materialien konfektioniert bereit stehen und nur noch verladen werden müssten. Er ließ keinen Zweifel daran, dass die Materialausstattung zu 100% den Bedarf deckt. Der General wandte sich auch gegen den Mythos, dass jeder Soldat jedes Gerät gleichzeitig zur Verfügung haben müsse. So sei ein wechselseitiger Austausch von Materialien je nach Einsatz-Szenario normal.

VJTF #VJTF2019 NATO Schnöggersburg Schnelle Eingreiftruppe
VJTF - Schnelle Eingreiftruppe der NATO auf dem Weg nach Schnöggersburg
Dann ging es los. Alle sollten ihre Ohrstöpsel einsetzen. Dumpf hörten wir den Befehl des Kommandeurs zum Angriff auf das Gelände um Schnöggersburg. Es war nicht nur ein Befehl, sondern viele Teilbefehle. Es dauerte einen Moment, bis er alle Einheiten zu Fahrtrichtung, Timing und gewünschtem Ergebnis instruiert hatte. Neben dem Beobachtungshügel positionierten sich kleine Spähwagen Fennek. Einige Soldaten stiegen aus und positionierten sich mit Panzerfäusten im Gelände. Nicht ganz ungefährlich bei der folgenden Verkehrslage.

VJTF #VJTF2019 NATO Schnöggersburg Schnelle Eingreiftruppe
VJTF - Schnelle Eingreiftruppe der NATO im Gelände vor Schnöggersburg
Die Verkehrslage wurde unentwegt kommentiert, so dass wir in etwa wussten, was da genau passiert und bezweckt wird. Von links nach rechts zogen dichte Staubwolken. Darin waren jede Menge Leoparden und Marder verhüllt. Zusätzlich wurden Nebelgranaten als Sichtschutz vor Schnöggersburg abgeworfen. Marder und Leopard 2 fahren auf Ketten. Ein Leopard 2 hat 1.500 PS und schafft damit 68 km/h. Sein kleinerer Bruder heißt Marder, hat 600 PS und schafft 65 km/h. Der Kommandeur muss genau wissen, wann er welches Gerät von welcher Seite aus anrollen lässt. Er spielt seine Trümpfe zeitversetzt aus wie beim Skat. Die Reaktion des Gegners könnte ja konträr zu seinem Plan laufen.

Nachdem wir ordentlich eingestaubt waren, begaben wir uns zu den Bussen. Die drei Generäle wurden mit drei G-Klassen zum nächsten Standort gebracht. Die Busse folgten. Am Wegesrand standen Panzer. Einige umrahmt von verbrannter Erde. Teilweise brannte das Gras noch. Das weithin sichtbare gelbe Gebäude am Ortseingang von Schnöggersburg kam näher.

VJTF #VJTF2019 NATO Schnöggersburg Sakralbau Schnelle Eingreiftruppe
VJTF - Schnelle Eingreiftruppe der NATO in Schnöggersburg - Touristenbusse parken vor dem Sakralbau von Schnöggersburg
Bus, Sand und Bebauungsplan von Schnöggersburg gaukelten einen Urlaubsort an der spanischen Meeresküste vor. Stilecht hielten die Busse auch direkt vor dem Sakralbau. Der Sakralbau sollte eigentlich ein Mix aus Kirche, Synagoge und Moschee sein - wegen der politischen Korrektheit. In der Praxis redet aber jeder hier von Moschee. Die Häuser befinden sich alle im Rohbau. Es gibt kaum ein Haus mit Wasser oder Stromanschluss. Es sind nur die zur Übung nötigen Elemente wie Wände, Türen, Fenster, Räume und Treppen vorhanden.

VJTF #VJTF2019 NATO Schnöggersburg Schnelle Eingreiftruppe
VJTF - Schnelle Eingreiftruppe der NATO in Schnöggersburg - Ein Oberst kommentiert den gesamten Ablauf vom gegenüberliegenden Haus aus. Hier nach der Einnahme des Ortes durch die VJTF-Truppen.
Die Stadtreinigung machte heute Siesta: Patronenhülsen in allen Größen und Farben lagen auf der Straße herum. Wir wurden zu einem Platz geführt, wo bereits die G-Klassen der Generäle parkten. Ein Haus mit Dachterrasse war als Beobachtungspunkt vorgesehen. Von hier aus konnte der Bereich des Ortes eingesehen werden, der für den folgenden Angriff relevant sein solte. Vom gegenüberliegenden Dach aus bekamen wir noch einige Erklärungen zum Geschehen. Dann tauchte der Oberst dort ab.

Nun folgte der Kampf um Schnöggersburg. Das Kräfteverhältnis war sehr ungleich. Die NATO-Truppen griffen zeitversetzt von verschiedenen Richtungen aus an. Es gab direkt vor uns einen Verwundeten, der parallel zu den lauten Kampfszenen versorgt und aus dem Hotspot gebracht wurde. Die Dachterrasse gegenüber füllte sich mit Patronenhülsen. Knall, Peng, Puff und reichlich Staub und Qualm kennzeichneten die knappe halbe Stunde des Gefechtes um Schnöggersburg.

VJTF #VJTF2019 NATO Schnöggersburg Sakralbau Schnelle Eingreiftruppe
VJTF - Schnelle Eingreiftruppe der NATO in Schnöggersburg - Die VJTF-Kräfte sichern die eroberten Positionen. Im Hintergrund der Sakralbau von Schnöggersdorf.
Die psychologische Anspannung beim Häuserkampf muss enorm sein. Deshalb beobachtet der Kommandeur sehr genau die Lage und muss schnell über Rückzug oder Verstärkung entscheiden können. Eine festgelegte Einsatzdauer für die kämpfenden Soldaten gibt es nicht. Deren Belastbarkeitsgrenzen müssen situativ eingeschätzt und behandelt werden. Erleidet ein Soldat PTBS (Posttraumatische Belastungsstörung), ist eine rechtzeitige Erkennung notwendig. Dafür sind nicht die Sanitäter, sondern die Führungskräfte zuständig. Der Betroffene sollte zeitnah aus der Truppe genommen werden. Durch die geminderte Leistungsfähigkeit kann er zum Risiko für das gesamte Team werden. Problematisch wird es, wenn der Leiter selbst von PTBS betroffen ist.

Die NATO geht davon aus, dass sich zukünftige Konflikte zu 70% im urbanen Bereich abspielen werden. Deshalb sind hochmoderne Übungsorte wie Schnöggersburg so wichtig. Es können hier diverse Szenarien geübt werden. Die Realität ist jedoch wesentlich herausfordernder. Die Innenaufteilung des Hauses ist unbekannt. Wer wird einem im Haus begegnen? Wer von den fünf Personen vor dem Gewehrlauf ist nun der potenzielle Feind? Eine Patrone, fünf Patronen?

Drei bis vier Soldaten pro Tag kommen mit diesem extremen Entscheidungsdruck nicht klar und kehren mit PTBS aus den Einsätzen zurück. Je besser sie auf Grenzsituationen geschult sind, umso besser können sie in Bruchteilen von Sekunden die richtigen Entscheidungen treffen. Die Bundeswehr hat eine PTBS-App entwickelt und das Thema in die kompetenten Hände von Generalarzt Bernd Mattiesen delegiert. Aus der Militärseelsorge war zu erfahren, dass die Heilungs-Chancen bei PTBS sehr gut stehen.

VJTF #VJTF2019 NATO Schnöggersburg Schnelle Eingreiftruppe
VJTF - Schnelle Eingreiftruppe der NATO in Schnöggersburg - Generalleutnant Jörg Vollmer im Gespräch mit der Presse
Den Abschluss des Ausflugs nach Schnöggersburg bildeten zwei Statements der Generäle Vollmer und Spannuth. Es konnten Fragen gestellt werden. Dabei schauten wir auf das Rathaus. Es war an der Kuppel und den vier Fahnen davor zu erkennen: Deutschland, Niederlande, Norwegen und NATO. Zum Rathaus hätten wir nicht durchdringen können, da sich die VJTF-Soldaten mit ihren Fahrzeugen in Hollywood-Pose davor aufgereiht hatten.

VJTF #VJTF2019 NATO Schnöggersburg Schnelle Eingreiftruppe
VJTF - Schnelle Eingreiftruppe der NATO in Schnöggersburg - Teilnehmer aus den Niederlanden und im Hintergrund ein GTK Boxer unter der Leitung eines deutschen Sanitäts-Teams
Nach den Fragen verteilten sich die Anwesenden auf dem Platz, kletterten in die Panzer, redeten mit den Soldaten und nahmen O-Töne der Offiziere auf. Immer begleitet vom allgegenwärtigen Staub.

Irgendwann rollte der erste Panzer vom Platz. Das war das Signal zur Rückfahrt. Die Busse brachten uns wieder zur Altmark-Kaserne. Ein spannender Tag in der Natur ging zu Ende. An einer Baustellenampel wischte ich mir durchs Auge: gelber Sand.

Video:
VJTF2019 - Schnelle Eingreiftruppe der NATO nimmt die Übungsstadt Schnöggersburg ein

Autor: Matthias Baumann

Mittwoch, 13. Juni 2018

Kroatischer Verteidigungsminister Damir Krstičević zum Antrittsbesuch im Bendlerblock empfangen

Damir Krstičević wollte schon immer Soldat werden. Der vor 49 Jahren im ehemaligen Jugoslawien geborene Junge machte seinen Traum wahr, indem er zunächst die Militärhochschule Sarajevo absolvierte und an der Militärakademie Belgrad seine Ausbildung fortsetzte. 1991 - nach dem Zerfall von Jugoslawien - trat er in die 4. Brigade der Kroatischen Nationalgarde ein und diente sich dort hoch.

Kroatischer Verteidigungsminister Damir Krstičević Antrittsbesuch Berlin
Kroatischer Verteidigungsminister Damir Krstičević zum Antrittsbesuch in Berlin - Militärische Ehren
In dieser Zeit gab es viel für ihn zu tun, da die Segmentierung Jugoslawiens nicht gerade friedlich verlaufen war. 1997 wurde er an das U.S. Army War College (USAWC) geschickt, um sich weiter qualifizieren zu lassen. Im Jahr 2000 war er Mitunterzeichner des sogenannten Zwölf-Generäle-Briefes. Dieser Brief kritisierte die Regierung und die Berichterstattung über Einsätze der kroatischen Streitkräfte.

Spätestens seit Karl Müllner ist bekannt, dass kritische Generäle gerne mal vorfristig in den Ruhestand versetzt werden. Damir Krstičević kam bereits im zarten Alter von 31 Jahren in diesen Genuss. "Geschafft", würde so manch ein Otto Normalbürger sagen. Damir Krstičević sah das anders und betätigte sich als Geschäftsführer in einem kroatischen Software-Unternehmen.

Die Leidenschaft für militärisches Abenteuer ließ ihn aber auch als Manager nicht los. So stürzte er 2007 mit einem Hubschrauber ab. Er überlebte und sicherte sich einen Platz in der Hall of Fame am USAWC. Bei den Parlamentswahlen 2016 gewann seine Partei. Dadurch wurde ihm der Weg geebnet, seinen Kindheitstraum als Verteidigungsminister zu leben.

Kroatischer Verteidigungsminister Damir Krstičević Antrittsbesuch Berlin
Kroatischer Verteidigungsminister Damir Krstičević zum Antrittsbesuch in Berlin - Anschließend fanden Gespräche im Bendlerblock statt. Im Hintergrund steht ein Teil der Delegation.
Damir Krstičević ist einer der wenigen Verteidigungsminister, die erstens männlich und zweitens vom Fach sind. Betrachtet man die Frauenquote der jüngsten Antrittsbesuche, so fallen Gäste wie Mario Kunasek (Österreich) oder eben Damir Krstičević (Kroatien) besonders auf.

Deutschland und Kroatien arbeiten enger zusammen, als landläufig wahrgenommen wird. Als EU- und NATO-Partner sichert Kroatien die Südostflanke Europas, kämpft an der Seite der Bundeswehr in Afghanistan und im Kosovo und zeigt in Litauen Präsenz. In den heutigen Gesprächen mit Ursula von der Leyen soll es - wie nicht anders zu erwarten - um Sicherheitspolitik und Fragen der EU gehen.

Video:
Begrüßung des Kroatischen Verteidigungsministers Damir Krstičević mit militärischen Ehren

Autor: Matthias Baumann

Montag, 11. Juni 2018

Raum der Information am Ehrenmal der Bundeswehr durch Ursula von der Leyen eröffnet

Ein Jahr kann sehr lang sein. Ein Jahr lang zierten OSB-Platten den Bereich zwischen dem Ehrenmal der Bundeswehr und der Zufahrt an der Hildebrandstraße. Ein Jahr lang musste die Ehrenformation einen Schlenker laufen. Auch Ministerbesuche und der Große Zapfenstreich waren davon betroffen. Staatsgäste stiegen neben dem Gitterzaun am Paradeplatz aus und die Presse stand auf einem Boden aus Holzlatten.

Und plötzlich war der OSB-Zaun weg. Nach einem Jahr hatte man sich schon so daran gewöhnt, dass das gerade Einmarschieren zum Großen Zapfenstreich für Karl Müllner für einen Aha-Effekt sorgte. Leider war es bei diesem Anlass zu dunkel, um dem verschwundenen Sichtschutz weiter nachzugehen. Es war auch keine architektonische Unregelmäßigkeit zu erkennen.

Raum der Information Ehrenmal der Bundeswehr
Raum der Information am Ehrenmal der Bundeswehr - Schlüsselübergabe durch Petra Wesseler vom Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (links) an Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (rechts)
Heute wurde das Geheimnis gelüftet: Der Raum der Information wurde mit einer symbolischen Schlüsselübergabe eröffnet. Schlichte Architektur auf 120 m². Das entspricht in etwa der Grundfläche einer 5-Zimmer-Wohnung in Berlin. Die Referenzen von TRU Architekten offenbaren, dass diese ihre Kreativität mit schlicht, eckig und modern entfalten. Damit waren sie genau die Richtigen zur Gestaltung eines Anbaus für das Ehrenmal der Bundeswehr.

Das Ehrenmal der Bundeswehr erinnert an die nunmehr 3.267 Männer und Frauen, die während ihres Dienstes ums Leben gekommen waren. Hier mischen sich Victima und Sacrificium: Victima betrifft Unglücksfälle, die beispielsweise auf fehlerhafte Bedienung von Geräten zurückzuführen sind oder auch in anderen Lebenssituationen hätten passieren können. Sacrificium ist beispielsweise der Tod von Tobias Lagenstein, der als Personenschützer stellvertretend für General Markus Kneip in Afghanistan gestorben war.

Markus Kneip war heute Abend nicht dabei. Dafür aber mehrere Generäle und Admiräle sowie Angehörige der Verstorbenen. Insgesamt nahmen etwa 200 Gäste an der feierlichen Eröffnung teil. Die erste Rede hielt die Ministerin. Danach sprach Jutta-Kathrin Pauli als Vertreterin der Hinterbliebenen. Den Abschluss inklusive Schlüsselübergabe bildete Petra Wesseler vom Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung.

Raum der Information Ehrenmal der Bundeswehr
Raum der Information am Ehrenmal der Bundeswehr - Zugang vom Paradeplatz aus - Eisernes Kreuz an den jeweiligen Außenseiten der massiven Türen (siehe geöffnete Tür zum Paradeplatz)
Der Raum der Information ergänzt - wie der Name schon sagt - das Ehrenmal der Bundeswehr um Hintergrundinformationen zu den verstorbenen Personen. Besucher können den Raum wechselseitig von der Hildebrandstraße oder vom Paradeplatz aus betreten. In Vitrinen sind Gegenstände zu sehen, die Angehörige im Ehrenmal liegen gelassen hatten.

Per Audio und Video werden die Gäste auf Deutsch und Englisch über die Umstände des Ablebens informiert. Die Bilder sind in Schwarz-Weiß gehalten und unterstreichen damit den Charakter des Themas.

In die massiven Eingangspforten ist ein Eisernes Kreuz - das Symbol der Bundeswehr - eingelassen. Der Raum der Information wird von der Südseite aus betreten. Zuerst nimmt der Besucher ein Schriftband mit Zitaten wahr. Dieses spiegelt sich in der Außenscheibe. Hinter einer Holzwand eröffnet sich ein Raum mit Sitzgelegenheiten. Dieser Bereich ist durch eine weitere Holzwand auf der Nordseite abgeteilt. Dahinter findet der Besucher Ruhe zum Nachdenken. Dabei schaut er in einen kleinen Lichthof mit einer dreistämmigen Hainbuche.

Raum der Information Ehrenmal der Bundeswehr
Raum der Information am Ehrenmal der Bundeswehr - Rundgang nach der Eröffnung mit Staatssekretär Peter Tauber, Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen, Generalinspekteur Eberhard Zorn (v.l.n.r.)
Der Raum der Information fügt sich fast unmerklich in das Ensemble von Ehrenmal der Bundeswehr und Wachgebäude ein. Es bildet eine harmonische Einheit. Die Hinterbliebenen sind dankbar für diesen weiteren "Baustein" des Gedenkens.

Video:
Feierliche Eröffnung des Raumes der Information am Ehrenmal der Bundeswehr

Autor: Matthias Baumann

Freitag, 8. Juni 2018

9. Juni 2018 - Tag der Bundeswehr in Dresden und 15 weiteren Orten

Das Tor zur Graf-Stauffenberg-Kaserne war mit einem Tarnnetz überzogen. Fast hätte ich es übersehen, wenn nicht ein hellblauer Schriftzug die Gäste zum Tag der Bundeswehr begrüßt hätte - zum #TDBW18. Ein Trupp Soldaten in Camouflage trug Biertisch-Garnituren und hantierte mit weiteren Tarnnetzen herum. Die Festzelte waren schon aufgebaut, Gabelstapler entluden sperrige Teile und eine Panzerbesatzung dekorierte die Munition ihrer Selbstfahr-Haubitze. "Bitte nicht berühren!", soll wohl morgen die kleinen und großen Kinder von der Mitnahme der Munition abhalten.

#TDBW18 Tag der Bundeswehr 2018 Dresden
#TDBW18 Tag der Bundeswehr 2018 Dresden - Brigadegeneral Harald Gante, Leiter der Offiziersschule des Heeres
Wegen einer Vollsperrung auf der A13 war ich fünf Minuten zu spät beim Presse-Briefing eingetroffen. Brigadegeneral Harald Gante hatte gerade seine Kurzeinführung zur Offiziersschule des Heeres begonnen. Er zeigte sich zuversichtlich, dass die Ausstattung der Bundeswehr kontinuierlich verbessert werde. Es waren vorwiegend Bildreporter vor Ort, so dass nur wenige Fragen gestellt wurden. Das war auch gut so, denn das KSK (Kommando Spezialkräfte) aus Calw machte sich bereits für eine Lagebereinigung aus der dritten Dimension startklar - zu Deutsch: Hubschraubereinsatz.

#TDBW18 Tag der Bundeswehr 2018 Dresden
#TDBW18 Tag der Bundeswehr 2018 Dresden - Einsatz des KSK mit Hubschrauber H145M
Es wurden zwei leichte Einsatzhubschrauber des Typs H145M verwendet. Schon wieder kamen getarnte Soldaten zum Einsatz. Diesmal sogar mit beschmierten Gesichtern und G36-Gewehren. Unsere offiziellen Begleiter mit Barett nahmen diese ab und verstauten sie sicher in ihren Taschen. Bäume und Gebüsche bewegten sich wild unter dem Einfluss der schneller werdenden Rotorblätter. Fast wurde meine Kamera weggesogen. So nah waren wir dran! Die beiden Helikopter hoben ab und entschwanden Blicken und Gehör.

#TDBW18 Tag der Bundeswehr 2018 Dresden
#TDBW18 Tag der Bundeswehr 2018 Dresden - Leopard 2 bei der Sicherung einer mobilen Brückenverlegung
Danach ging es im Konvoi zu einem anderen Schauplatz. Dieser war zwar nicht so windig, dafür aber ebenso laut. Motor-Sound vom Feinsten: Fuchs, Leopard und Brückenlegepanzer zeigten auf einem rustikalen Parkplatz ihr Können. Wer auch immer in der Berliner Innenstadt die Tempo-Schilder "30 Luftreinhaltung" angebracht hat, wäre hier in Ohnmacht gefallen. Dicke schwarze Dieselwolken aus einem 45-Tonnen-Fahrzeug, das mit Schmackes über den Platz sauste und elegante Drifts vollführte. Das erinnerte ein wenig an die BMW Driving Experience mit M4.

#TDBW18 Tag der Bundeswehr 2018 Dresden
#TDBW18 Tag der Bundeswehr 2018 Dresden - Leute aus dem "Fuchs" mit Panzerfaust, Ersatzmunition, G36 und Granatpistole
Es wurden die Besatzungen, technischen Daten und Gewichte der Fahrzeuge vorgestellt. Da wir ja zur Generalprobe des morgigen Tages erschienen waren, durften wir sogar für Fotos und Videos den abgesperrten Bereich betreten. Der Kommandeur des Brückenfahrzeuges mit seiner einsatzbereiten UZI wollte aber nicht für ein Foto aufstehen, da er sonst die Deckung verlassen hätte. Der Mann versteht sein Handwerk und lässt sich auch nicht durch Paparazzi aus dem Konzept bringen.

#TDBW18 Tag der Bundeswehr 2018 Dresden
#TDBW18 Tag der Bundeswehr 2018 Dresden - Brückenlegepanzer: Drift und Diesel-Skandal
Anschließend stiegen wir wieder in die Autos und steuerten das Militärhistorische Museum an. Schon bei der Zufahrt auf den Olbrichtplatz beeindruckt der Bau, der wie ein Mix aus Schloss Bellevue und Jüdischem Museum aussieht. Man stelle sich das Schloss Bellevue vor, dessen linker Flügel gerade von einer Fregatte durchpflügt wird.

#TDBW18 Tag der Bundeswehr 2018 Dresden
#TDBW18 Tag der Bundeswehr 2018 Dresden - Militärhistorisches Museum
Zunächst musste eine beeindruckende Freitreppe erklommen werden. Oben zwei Offiziere: Oberstleutnant Dr. Armin Wagner, der Chef des Museums, und Brigadegeneral Alexander Sollfrank, der Kommandeur der Spezialkräfte aus Calw. Alexander Sollfrank hat einen guten Ruf bei der Truppe. Dieser geht über die Grenzen des KSK hinaus. Das KSK hat drei Schwerpunkte: deutsche Geiseln im Ausland befreien, Kriegsverbrecher aufspüren und festnehmen sowie Aufklärung in feindlichen Gebieten.

Die Spezialkräfte sind personell und materiell gut ausgestattet und erinnern damit ein wenig an die GSG 9. "Wir suchen tatsächlich nach den Besten", erklärte Alexander Sollfrank auf eine Frage zum Nachwuchs. Die Frauenquote liegt beim KSK im einstelligen Prozentbereich, da die körperlichen Anforderungen für Frauen und Männer identisch seien. Gepäck, Gerätschaften, Munition, Verpflegung wiege für alle gleich. Hinzu kämen extreme Bedingungen wie Wüste oder arktische Kälte. Wie bei der GSG 9 war nur der Kommandeur zu erkennen. Alle anderen Spezialkräfte trugen Masken und Schutzbrillen.

#TDBW18 Tag der Bundeswehr 2018 Dresden
#TDBW18 Tag der Bundeswehr 2018 Dresden - Brigadegeneral Alexander Sollfrank (links) und drei unerkannte Soldaten des Kommandos Spezialkräfte aus Calw
Die Ausführungen wurden durch das Abseilen von zwei Soldaten unterbrochen. Sie seilten sich von der stilisierten Fregatte am linken Flügel des Museums ab.

#TDBW18 Tag der Bundeswehr 2018 Dresden
#TDBW18 Tag der Bundeswehr 2018 Dresden - Bitte nicht (alles) berühren!
Morgen wird es diese Vorführungen noch einmal geben. Dann aber vor einem breiten Publikum aus dem Sachsenland. Insgesamt werden an den 16 Standorten 300.000 Besucher erwartet. Das ist das Anderthalbfache der Sollstärke der Bundeswehr. Von Flensburg bis Ingolstadt können Gäste Großgeräte anfassen, mit Soldaten reden und diverse Vorführungen sehen. Leitthemen sind die aktuellen Auslandseinsätze und die Reserve. Für Berliner ist wohl der Fliegerhorst Holzdorf südlich der A10 am schnellsten zu erreichen. Der heutige Tag in Dresden gab jedenfalls schon einen interessanten Vorgeschmack auf den morgigen Tag der Bundeswehr 2018 oder eben #TDBW18.

Video:
Generalprobe zum Tag der Bundeswehr 2018 in Dresden - #TDBW18

Autor: Matthias Baumann

Dienstag, 29. Mai 2018

Karl Müllner - Inspekteur der Luftwaffe mit einem Großen Zapfenstreich verabschiedet

"Ein begeisterter Flieger" sei Karl Müllner gewesen. Die Ministerin sparte in ihrer Abschiedsrede nicht mit Superlativen. Das ließ den Verdacht aufkommen, dass hier jemand rausgelobt werden sollte. Karl Müllner sei als Mann der Praxis ein "erfahrener Truppenführer und hochgeschätzter Experte für Militärpolitik" gewesen. Nach 42 Dienstjahren ging der Generalleutnant heute in den Ruhestand.

Karl Müllner Inspekteur Luftwaffe Großer Zapfenstreich
Großer Zapfenstreich für den Inspekteur der Luftwaffe, Karl Müllner (v.l.n.r.: Fackelträger des Wachbataillons, Generalinspekteur Eberhard Zorn, Generalleutnant Karl Müllner, Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen)
Normalerweise scheiden Generäle erst nach 44 Dienstjahren aus. Karl Müllner war wohl über seine Expertise gestolpert. Er hatte sich beispielsweise für ein Flugzeug mit den Fähigkeiten des amerikanischen Lockheed Martin F-35 als Tornado-Nachfolger ausgesprochen. Die offizielle politische Linie gibt jedoch den Eurofighter vor.

Karl Müllner Inspekteur Luftwaffe Großer Zapfenstreich
Schleudersitz (Ejection Seat) des Lockheed Martin F-35 (Archivfoto vom 28.04.2018 - ILA 2018)
1976 war er in die Bundeswehr eingetreten. Damals war er knapp 20 Jahre alt und wollte Unteroffizier werden. Bald wechselte er jedoch in die Offizierslaufbahn und wurde bei der Luftwaffe ausgebildet. Sein Lieblingsgerät wurde ab 1981 das F-4F. Dem Normalbürger ist es als Phantom II bekannt. Ein Kampfflugzeug, das 1974 in Dienst gestellt und bis 2012 genutzt worden war.

Karl Müllner war der 15. Inspekteur der Luftwaffe und seit sechs Jahren auf diesem Posten. Länger war bisher niemand in dieser Verwendung geblieben. Kurz nach seinem Amtsantritt hatte er sich für bewaffnete Drohnen stark gemacht. 2013 zog das Kabinett nach. Dadurch war der Weg zur Anschaffung israelischer Heron-Drohnen frei. Dabei gab es noch ein kurzes juristisches Intermezzo mit dem verärgerten Wettbewerber General Atomics aus den USA.

Karl Müllner Inspekteur Luftwaffe Großer Zapfenstreich
Urkundes des Wachbataillons und des Stabsmusikkorps zum GroßenZapfensterich für den Inspekteur der Luftwaffe, Generalleutnant Karl Müllner
Heron-Drohnen sind mit ihrem 200-PS-Dieselmotor in etwa so ausgestattet wie ein BMW 730d und haben in etwa auch dessen Gewicht. Wie bei Oberklasse-Limousinen ist es heute auch bei Drohnen üblich, diese zu leasen. Trotz einer Steuerung durch mehrere Kommando-Instanzen kommt es immer wieder vor, dass einige Soldaten Virtualität und Realität verwechseln und Schäden bei der Zivilbevölkerung erzeugen. Dazu veröffentlichte kürzlich die ARD eine Dokumentation.

Karl Müllner hatte seinen Generalstabslehrgang an der Führungsakademie in Hamburg absolviert. 1998 wurde er erstmalig ins Verteidigungsministerium berufen und zeichnete dort für Militärpolitik und bilaterale Beziehungen verantwortlich. Im Jahr 2000 ging er noch einmal für neun Jahre in die Flieger-Praxis und ab 2009 wieder nach Berlin ins Ministerium: Dezernatsleiter im Führungsstab der Streitkräfte. 2012 stieg er zum Inspekteur der Luftwaffe auf. Das Einreiseverbot nach Russland spricht für die Integrität des scheidenden Generalleutnants.

Karl Müllner Inspekteur Luftwaffe Großer Zapfenstreich
Großer Zapfenstreich für den Inspekteur der Luftwaffe, Karl Müllner
Der 62-jährige Karl Müllner wünschte sich bei der heutigen Serenade zum Großen Zapfenstreich drei Flieger-Märsche. Allein diese Auswahl zeigt, dass Karl Müllner durch und durch Militär-Flieger war. Hier die drei von Oberstleutnant Kiauka dirigierten Stücke:

  • Die tapferen Bayern - Georg Fürst
  • Stratosphärenmarsch - Harry Theis
  • Fliegermarsch - Hermann Dostal

Als Nachfolger ist Generalmajor Ingo Gerhartz vorgesehen. Dieser fungierte bisher als stellvertretender Abteilungsleiter Strategie und Einsatz im BMVg.

Video:
Großer Zapfenstreich für den Inspekteur der Luftwaffe, Generalleutnant Karl Müllner


Autor: Matthias Baumann

Donnerstag, 17. Mai 2018

Niederländische Verteidigungsministerin Ank Bijleveld lässt sich in Lohheide den Leopard 2 A6M A2 zeigen

Allen Verschwörungstheorien zum Trotz konnten wir uns heute davon überzeugen: Bielefeld gibt es doch. Bielefeld kommt aus den Niederlanden und wird dort Bijleveld geschrieben. Ank Bijleveld ist seit Oktober 2017 Verteidigungsministerin der Niederlande. Ursula von der Leyen war schon bei ihr. Heute stand der Gegenbesuch auf der Agenda.

Antrittsbesuche werden normalerweise im Bendlerblock absolviert. Die Ministerinnen kamen sich jedoch entgegen und trafen sich auf halbem Wege. Nicht in Bielefeld, sondern in der Niedersachsen-Kaserne Lohheide.

Niederländische Verteidigungsministerin Ank Bijleveld Antrittsbesuch Lohheide Panzerbataillon 414
Niederländische Verteidigungsministerin Ank Bijleveld zum Antrittsbesuch in Lohheide beim Panzerbataillon 414
Dort ist das Panzerbataillon 414 stationiert. Dieses besteht zum Teil aus niederländischen Soldaten. Es ist der 43. Mechanisierten Brigade aus Havelte unterstellt. Diese untersteht der 1. Panzerdivision aus Oldenburg.

Ein Mix der Herkunftsländer ist in der EU häufiger anzutreffen. Der Vorteil besteht in der Ergänzung der Mentalitäten. So löste Ank Bijleveld in ihrer finalen Rede vor den Soldaten des Bataillons verständnisvolle Heiterkeit aus, als sie von der deutschen Gründlichkeit und der niederländischen Flexibilität redete. Der Niederländer folge nicht gedankenlos jedem Befehl, sondern diskutiere auch mal. Ähnliches wurde ja kürzlich über den neuen Traditionserlass auch in Deutschland salonfähig gemacht.

Niederländische Verteidigungsministerin Ank Bijleveld Antrittsbesuch Lohheide Panzerbataillon 414
Niederländische Verteidigungsministerin Ank Bijleveld zum Antrittsbesuch in Lohheide beim Panzerbataillon 414 - Lagebilderklärung
Äußerlich und sprachlich sind die Soldaten kaum voneinander zu unterscheiden. Als sich heute auch hochrangige deutsche Offiziere in Flecktarn zeigten, war die Irritation für den Laien von der Presse perfekt. Vizeadmiral Rühle kroch zusammen mit den Ministerinnen durch die neuen Gerätschaften des Panzerbataillons. Nur der Aufnäher mit dem Namen und die breiten gelben Streifen ließen seine Funktion des stellvertretenden Generalinspekteurs erkennen. Auch der Adjutant der Ministerin in Flecktarn. Nur das Protokoll bediente den Stil des Staatsaktes.

Heute stand viel auf dem Programm: Zunächst begrüßte Ursula von der Leyen das Geburtstagskind Felix H. im ersten Zug der Ehrenformation. Dann tauchte Frau Bijleveld auf und wurde sehr herzlich begrüßt. Die reichlich anwesenden Kameraleute versperrten die Sicht. Anschließend wurden die Nationalhymnen gespielt, die Ehrenformation abgeschritten und beim Auszug der Ehrenformation zugeschaut.

Niederländische Verteidigungsministerin Ank Bijleveld Antrittsbesuch Lohheide Panzerbataillon 414
Niederländische Verteidigungsministerin Ank Bijleveld zum Antrittsbesuch in Lohheide beim Panzerbataillon 414 - Gefechtsplanung
Dann kam der Action-Teil: Die beiden Damen - eine in Grün und die andere in Blau - ließen sich an einer Art Sandkasten die Lage erklären. "Auf Befehl des Chefs", wurde angegriffen und die möglichen Szenarien des folgenden Kampfes durchgespielt. Dazu bewegte der Mann in Grün kleine rote und blaue Klötzchen über das Gelände. Die Ministerinnen folgten interessiert.

Dann ging es in zwei extrem enge Simulatoren. Ursula von der Leyen tauchte so tief in die Technik ein, dass kein Kameramann ihr hätte folgen können. Das nennt man Truppennähe. Die nächste Station war ein aufgerüsteter Leopard 2. Aufgerüstet ist im Sinne von multimedial aufgewertet zu verstehen. Die Niederländer lieben Smartphone- und Tablet-Steuerungen. Da müssen ihre deutschen Kameraden jetzt auch durch. Deutsche lieben eher das Grobe - zum Beispiel das neue Nachtsichtgerät, das komplett ohne Restlichtverwertung auskommt.

Niederländische Verteidigungsministerin Ank Bijleveld Antrittsbesuch Lohheide Panzerbataillon 414
Niederländische Verteidigungsministerin Ank Bijleveld zum Antrittsbesuch in Lohheide beim Panzerbataillon 414 - Besichtigung des Leopard 2 A6M A2
Bis Juli sollen 70 neue Leoparden mit dieser Ausstattung zur Verfügung stehen. Übrigens nennt sich diese Ausstattungsvariante Leopard 2 A6M A2, was auch immer das im Einzelnen zu bedeuten hat. Ein B wie Bielefeld kommt jedenfalls nicht in der Bezeichnung vor. Vielleicht ist das der Codename für die Stadt, die angeblich in Nordrhein-Westfalen existieren soll. Das weiß aber niemand so genau.

Vom Leoparden aus ging es in den nächsten Simulator. Dort war deutlich mehr Platz als an den bisherigen Fotopunkten. Die Niederländer reisen gerne per Wohnmobil. Das kam auch hier zum Tragen. Während Deutsche immer feste Häuschen für die Kommandeure errichten, erscheinen die Niederländer mit ihren Trailern und stellen die Kommandozentrale dort ab, wo es gerade zweckmäßig erscheint. Damit sind sie deutlich flexibler in ihrer Reaktion auf Lageveränderungen. Wieder eine sinnvolle Befruchtung bei der Zusammenarbeit.

Niederländische Verteidigungsministerin Ank Bijleveld Antrittsbesuch Lohheide Panzerbataillon 414
Niederländische Verteidigungsministerin Ank Bijleveld zum Antrittsbesuch in Lohheide beim Panzerbataillon 414 - Unterzeichnung der Absichtserklärung - Letter of Intent - Vizeadmiral Rühle in Flecktarn (rechts)
Absichtserklärungen haben ja immer den Geschmack der Augenwischerei ohne konkrete Durchführung. Nach den Präsentationen begaben sich die beiden Ministerinnen an einen Tisch mit kleinen Fähnchen, weißem Tischtuch und schwarzen Schreibmappen. Bei heftigem Wind unterzeichneten sie einen "Letter of Intent", was wohl mit Absichtserklärung zu übersetzen ist.

Aus informierten Kreisen war zu vernehmen, dass das eine übliche Praxis sei. Als nächstes folge ein Memorandum. Memory: Wir erinnern uns, dass da ja noch etwas war. Der finale Akt bestehe dann in der Unterzeichnung eines Vertrages. Die Inhalte werden in der Regel von Staatssekretären und anderen Mitarbeitern ausgehandelt. Bei der Unterzeichnung vertrauen die Minister darauf, dass das schon passen wird, was sie gerade unterschrieben haben.

Niederländische Verteidigungsministerin Ank Bijleveld Antrittsbesuch Lohheide Panzerbataillon 414
Niederländische Verteidigungsministerin Ank Bijleveld zum Antrittsbesuch in Lohheide beim Panzerbataillon 414 - Statements der Ministerinnen vor stilechter Kulisse
Und nicht genug damit: Die vierstündige Anreise von Berlin hatte sich wirklich gelohnt. Es folgten Pressestatements beider Damen und die übliche Fragerunde der Journalisten. Pressefreiheit zeigt sich auch darin, dass jeder Pressetexter irgendetwas hätte fragen können, ohne dass es zwangsläufig mit dem Presseoffizier abgestimmt gewesen wäre. Beispielsweise: "Was bedeutet A6M A2?"

Als Sahnehäubchen dieses Antrittsbesuches folgte ein Empfang im Casino der Kaserne. An unzähligen Tischen mit weißen Decken und Getränken standen Soldaten in Flecktarn und lauschten den kurzen Reden der beiden Ministerinnen. Dann war der presseöffentliche Teil zu Ende. Wir hörten gerade noch, dass die Ministerinnen "in gewöhnter Weise" von Tisch zu Tisch gehen werden, um auf Augenhöhe mit den Soldaten zu reden.

Niederländische Verteidigungsministerin Ank Bijleveld Antrittsbesuch Lohheide Panzerbataillon 414
Niederländische Verteidigungsministerin Ank Bijleveld zum Antrittsbesuch in Lohheide beim Panzerbataillon 414 - Truppennähe beim Gespräch mit Kommandeur Oberstleutnant Marco Otto Niemeyer (links)
Ein sonniger Tag in der Natur - irgendwo zwischen Berlin und Bielefeld - neigte sich dem Abend zu. Vier Stunden Heimweg und die Erkenntnis: Frau Ank Bijleveld heißt gar nicht Bijleveld, sondern Bijleveld-Schouten. Sie hat einen Doppelnamen und - es gibt sie wirklich.

Video:
Antrittsbesuch der niederländischen Verteidigungsministerin Ank Bijleveld in Lohheide

Autor: Matthias Baumann

Dienstag, 15. Mai 2018

4. Partnership for Technology in Peacekeeping Symposium - MCC Modular Command Centre

Die Chancen stehen gut, dass Deutschland für die Jahre 2019 und 2020 zum sechsten Mal in den UN-Sicherheitsrat gewählt wird. Die nicht-ständigen Mitglieder dürfen nur zwei Jahre in diesem Gremium verweilen und müssen sich dann wieder neu zur Wahl stellen. Den letzten Zuschlag hatte Deutschland für die Jahre 2011 und 2012 bekommen.

4. Partnership for Technology in Peacekeeping Symposium MCC Modular Command Centre
4. Partnership for Technology in Peacekeeping Symposium in Berlin
Dabei engagieren wir uns beim Peacekeeping (Friedenssicherung) auf verschiedenen Ebenen:

Am VN-Ausbildungszentrum Hammelburg werden unter anderem Zivilpersonen ausgebildet, die als Journalisten oder mit Hilfsorganisationen in Krisenregionen unterwegs sind. So manch ein bekannter ARD-Korrespondent aus dem Nahen oder Mittleren Osten hat das HEAT-Programm in Hammelburg durchlaufen. Außerdem werden dort Militärbeobachter aus aller Welt ausgebildet und beim Verhandeln mit Konfliktparteien trainiert. Ziel: Peacekeeping.

Die Führungsakademie der Bundeswehr bietet Spezialkurse für Offiziere in VN-Missionen an. Ferner gibt es ein MTT Mobile Training Team, das in verschiedenen Ländern unterwegs ist und Soldaten auf ihren Einsatz in VN-Missionen vorbereitet. ergänzend dazu gibt es das IMT In Mission Training, das - wie der Name schon sagt - direkt während einer Mission die Führungskräfte mit weiterem Know-how versorgt. Ein besonderes Augenmerk wird neuerdings auch auf die Förderung weiblicher Peacekeeper gelegt. Frauen haben eine ergänzende operative Wirksamkeit gegenüber ihren männlichen Mitstreitern.

4. Partnership for Technology in Peacekeeping Symposium MCC Modular Command Centre
4. Partnership for Technology in Peacekeeping Symposium - Präsentation: MCC Modular Command Centre
Auch wenn sämtliche internationale Einsätze gerne den US-Streitkräften angehängt werden, so stehen sie doch unter einem klaren UNO-Mandat. Hier einige Einsätze, an denen die Bundeswehr beteiligt ist:

  • MINUSMA (Mali) mit etwa 1.000 Soldaten
  • UNIFIL (Libanon) mit etwa 130 Soldaten
  • UNMISS (Südsudan) mit 15 Soldaten
  • UNAMID (Darfur) mit 6 Soldaten
  • MINURSO (Westsahara) mit 2 Soldaten
  • UNSMIL (Libyen) mit 2 Soldaten

Das ist in Summe nicht viel, aber immer wieder genug Stoff für Debatten im Bundestag.

4. Partnership for Technology in Peacekeeping Symposium MCC Modular Command Centre
4. Partnership for Technology in Peacekeeping Symposium in Berlin
Die heutige Präsentation des MCC Modular Command Centre war Teil des Programms des 4. Partnership for Technology in Peacekeeping Symposiums. Das Symposium findet seit gestern im Sheraton Hotel Berlin statt. Es endet am Donnerstag mit einem Abendessen. Etwa 200 internationale Experten nehmen an der Tagung teil und tauschen sich in verschiedenen Workshops aus.

Mit Mobil und Modular kennt sich die Bundeswehr aus: So waren heute Abend zwei mobile Tribünen auf dem Hubschrauber-Landeplatz des BMVg aufgestellt worden. Daneben ein Technikzelt mit Tarnnetz. Jede Tribüne bot Sitzplätze für 122 Personen - also insgesamt 244 Plätze. Die ersten Reihen blieben leer, da sich unentwegt Regen darüber ergoss.

4. Partnership for Technology in Peacekeeping Symposium MCC Modular Command Centre
4. Partnership for Technology in Peacekeeping Symposium in Berlin
Auch die Redner mussten beschirmt werden. Es war dann schon fast eine Ironie des Schicksals, als Staatssekretär Stephan Mayer in seiner Rede erwähnte, dass das THW (Bundesanstalt Technisches Hilfswerk) "unter dem Schirm" des Innenministeriums (BMI) agiert. Er selbst war heute in seiner Doppelfunktion als THW-Präsident hier.

Und dann Action: Zwei LKW des Technischen Hilfswerks fuhren auf den Platz. Sie hatten weiße Container mit UN-Aufschrift geladen. Die weißen Container waren Black Boxes, die nur vom Fachpersonal und Staatssekretär Silberhorn betreten werden durften. Sie stellen das Herz des MCC Modular Command Centre dar. Flankiert wird das MCC von einem Panzerwagen und einem gepanzerten Sanitätsfahrzeug mit jeweils drei Besatzungsmitgliedern.

4. Partnership for Technology in Peacekeeping Symposium MCC Modular Command Centre
4. Partnership for Technology in Peacekeeping Symposium - Präsentation: MCC Modular Command Centre
Hinzu kommen verschiedene Hilfsmittel wie eine Drohne, ein unbemanntes Aufklärungsflugzeug sowie Detektoren für Geräusche und Bodenerschütterungen. Die Energiezufuhr erfolgt über große Solarpanels. Von der weißen Blackbox aus können Live-Schaltungen zu sämtlichen Einsatzorten bewerkstelligt werden. Heute Abend wurden uns Live-Schaltungen nach Mali (MINUSMA in Gao) und auf die Korvette Magdeburg (UNIFIL) demonstriert. Die 200 Teilnehmer des Symposiums waren beeindruckt.

Nach der Vorführung stellten sich die Akteure von Bundeswehr und THW noch einmal geordnet vor ihren Fahrzeugen auf und genossen den Applaus. Der Regen hatte aufgehört. Während die freien Pressevertreter das Areal verließen, begaben sich die internationalen Gäste zum Empfang mit der Ministerin.

Video:
Vorführung des MCC Modular Command Centre im Bendlerblock

Autor: Matthias Baumann

Montag, 14. Mai 2018

Bundeswehrtagung 2018 Berlin - PS auf die Straße bringen

Da muss man nur 20 Sekunden mit Konteradmiral Stawitzki reden und schon steht die Schlagzeile. "Wollen wir mal gucken, dass wir PS auf die Straße bekommen", war sein Statement nach zwei Stunden: Rede der Kanzlerin und Rede der Ministerin. Besser hätte man das nicht zusammenfassen können.

Die Bundeswehrtagung 2018 findet heute und morgen im Grand Hyatt Berlin statt. Das Areal ist weiträumig abgesperrt und sogar die Zufahrt zum Parkhaus war zeitweilig mit einem großen Polizeiauto verstellt. Ich nutzte den Haupteingang und stand plötzlich inmitten hochdekorierter Herrschaften. Überall goldene Sterne. Gold auf Grau, Gold auf Blau und Gold auf Schwarz. Generalmajor Zudrop vom Zentrum Innere Führung checkte gerade ein.

Bundeswehrtagung 2018 Berlin
Bundeswehrtagung 2018 Berlin - Generalinspekteur Eberhard Zorn, Bundeskanzlerin Angela Merkel und Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (v.l.n.r.)
Für die Presse stand die Jamboree-Bar zur Verfügung. Dort wurden Kuchen, Wasser, Kaffee und andere leckere Dinge gereicht: "Ohne Mampf kein Kampf - Ohne Verpflegung keine Bewegung". Auf den edlen Polstern lagen Kameras und Laptops. Einige Journalisten tippten schon mal die Reden der Kanzlerin und der Ministerin in die Rechner, obwohl diese erst in den nächsten drei Stunden gehalten werden sollten.

Gegen halb drei erschien Angela Merkel. Begleitet wurde sie von Eberhard Zorn, dem neuen Generalinspekteur, und Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen. Ganz nebenbei erfuhren wir, dass Eberhard Zorn am Vorabend seines Amtsantritts - also bereits am 18. April 2018 - seinen vierten Stern bekommen hatte. Man lernt also immer noch dazu. Nach dem gestellten Gruppenfoto mit Kanzlerin vor Camouflage - zusammen mit Generalinspekteur und Ministerin - ging es in den großen Saal des Grand Hyatt. Auch hier Camouflage. Die Kanzlerin trug heute Knallrot, so war sie am Pult trotzdem gut zu erkennen.

Angela Merkel drückte zunächst ihre Wertschätzung gegenüber der Bundeswehr aus. Früher sei vieles übersichtlicher gewesen. Beim Kalten Krieg habe man klare Schwarz-Weiß-Fronten gehabt. 2,3% Militärausgaben war den Bundesbürgern die Sicherheit damals wert. Dann kam eine Phase der Entspannung, so dass die Ausgaben bei 1,1% landeten. "Wir dachten, damit kommen wir hin", sagte die Kanzlerin.

Dass 2% unbedingt notwendig sind, hatte die Kanzlerin bislang auch nicht gewusst. Die jüngsten Forderungen aus dem BMVg und dem BMZ hätten sie jedoch dazu motiviert, sich mit weiteren Experten darüber zu beraten. Ergebnis: "Einleuchtend, was Ursula von der Leyen die letzten Tage immer wieder gesagt hat". Entsprechend enthusiastisch ging die Rede weiter. Angela Merkel hielt Blickkontakt mit dem Publikum und erzählte von ihren Staatsbesuchen inklusive "Kampf für den Eurofighter".

Sie forderte eine ehrliche Herangehensweise an die Themen Krisenprävention und Bündnisverteidigung. So müsse die Ausrüstung eines Kämpfers in Mali oder dem Irak ganzheitlich betrachtet werden. Deutsche Soldaten bilden die Kämpfer vor Ort aus, geben ihnen anschließend Schuhe und einen LKW und dann kommt das Tabu-Thema Gewehr. Dieses Thema wurde in der Vergangenheit gerne an die Nachbarn in der EU delegiert. Das sei unehrlich, zumal die frisch ausgebildeten Kämpfer ja nicht mit den Schuhen und dem LKW kämpfen, sondern den terroristischen Angreifern eine entsprechende Bewaffnung entgegensetzen müssten.

Die Ausmaße des Syrien-Konfliktes verglich sie mit dem Dreißigjährigen Krieg. Dieser begann vor 400 Jahren. Die Undurchsichtigkeit der damaligen Konstellationen und der anschließende Friedensprozess könnten als Muster zur Lösung heutiger Konflikte dienen. Ja, während des Kalten Krieges war vieles einfacher und klarer. Heute kämen dann auch noch Cyber-Angriffe und hybride Kampfszenarien hinzu.

Bundeswehrtagung 2018 Berlin
Bundeswehrtagung 2018 Berlin - Generäle so weit das Auge reicht
Nach Angela Merkel gab es eine kurze Pause und dann die Rede der Ministerin. Sie ergänzte Angela Merkel um diverse Zahlen und Fakten und ging auf mehrere Lücken ein, die durch den Sparkurs und die Entspannungspolitik entstanden waren. Offiziere waren zu früh pensioniert und Neueinstellungen ausgesetzt worden. Dadurch sei eine Generationslücke im Nachwuchs entstanden. Die Bundeswehr fahre deshalb mehrere erfolgreiche Werbekampagnen. Die Bewerbungsverfahren wurden digitalisiert und für zivile und militärische Angestellte zusammengefasst.

Besonders stolz zeigte sich Ursula von der Leyen über die Bundeswehr-Akademie in München. Dort wurde beispielsweise der Master of Intellegence & Security Studies aufgesetzt. Zudem schaue man sich aktiv in der Start-up-Szene um und warte nicht mehr, bis irgendwer komme und seine Leistungen anbiete. Wer passt, wird für die Bundeswehr geworben. Die Ministerin hat wohl das Prinzip von Disruption verstanden.

Die Bundeswehrtagung findet alle zwei Jahre statt. Wie eingangs erwähnt, trifft sich hier das Spitzenpersonal der Bundeswehr. Die Ministerin informiert über die neuesten Trends und gibt Raum zur Diskussion. Schade eigentlich, dass der Rest der Tagung nicht mehr presseöffentlich ist - auch nicht "unter 3" oder nach Chatham House Rules. Aber egal, die Richtung ist vorgezeichnet: 2% und der Wunsch, diese "PS auf die Straße zu bekommen".

Autor: Matthias Baumann