Freitag, 2. Juni 2017

Patriarch von Konstantinopel besucht Berlin

Orthodoxie ist für viele Deutsche ein Buch mit sieben Siegeln. Zurzeit bereist Bartholomaios I unser Land. Gestern referierte er in der Konrad-Adenauer-Stiftung und besuchte anschließend den Bundespräsidenten.

In der Mitte des großen Saales der CDU nahen Stiftung konnte man Schwarz sehen: schwarze lange Gewänder, schwarze Hüte, schwarze Mützen, schwarze und graue Bärte. Über den Gewändern goldene Ketten mit großen goldenen und Stein-besetzten Broschen: Metropoliten, Archimandriten und der Patriarch selbst.

Erzbistum und EKBO

Im Saal saßen neben den Botschaftern von Griechenland, der Türkei und Zypern auch der katholische Erzbischof Heiner Koch aus Berlin und sein evangelischer Kollege Markus Dröge von der EKBO. Ein breites Grinsen ging regelmäßig durch die Reihen, wenn in den Grußworten die "Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz" in der Langversion ausgesprochen wurde.

Patriarch von Konstantinopel Bartholomaios I in Berlin
Ökumenischer Patriarch von Konstantinopel, Bartholomaios I, in Berlin



Grüß Gott!

Bartholomaios begann seinen Vortrag über Menschenrechte mit einem schwungvollen "Grüß Gott". Er hatte in München drei Semester Deutsch gelernt und las seine Rede fließend auf Deutsch vor. Es sah so aus, als hatte er nur fünf Blätter in der Hand. Gelesene Seiten gruppierte er unter den flachen Stapel. So oft, wie er die Seiten wechselte, müssen es um die zwanzig Blätter gewesen sein.

Seine Kollegen in Schwarz genossen den Sekundenschlaf oder beschäftigten sich mit ihrem Smartphone. Erzbischof Koch wechselte Blicke mit dem Apostolischen Nuntius des Heiligen Stuhls, Erzbischof Nikola Eterović. Dann kam ein langes Wort und der Patriarch warf spontan ein: "Zu lang!" Lachen. Der Saal war wieder in die Realität des Vortrages geholt. "Wenn ich ein bisschen müde bin. Sie müssen viel müder sein", war sein verständnisvoller Kommentar zum Vortrag.

Menschenrechte

Obwohl der Vortrag über Menschenrechte etwa eine dreiviertel Stunde gedauert hatte, war er doch sehr interessant. Mir war gar nicht bewusst, dass nicht-christliche Religionen eine große Distanz zu Menschenrechten hegen, denn:

  • Menschenrechte seien westliches Kulturgut.
  • Menschenrechte tragen das Siegel des Christentums.
  • Menschenrechte schützen einen gefährlichen Individualismus.
  • Menschenrechte stehen für Säkularisierung und Anthropozentrik.
  • Menschenrechte verbünden sich mit dem Atheismus.
  • Menschenrechte widerstreben der Souveränität Gottes.

Kein Wunder also, dass Menschenrechte außerhalb der westlichen Welt abgelehnt und missachtet werden. Die Botschafter verzogen keine Miene.

Orthodoxie

Die Magna Charta der Orthodoxie sei eine "Kultur der Person". Selbstlose Liebe könne ungeahnte Kräfte freisetzen. Er nannte das die "Liturgische Diakonie", was im Sinne einer alltäglichen Liturgie nach der sonntäglichen Liturgie zu verstehen sei. Der Patriarch wurde sehr emotional, als er sagte, dass die "defensive Haltung gegenüber der Aufklärung endgültig überwunden" werden müsse. "Fehlentwicklungen" in der Orthodoxen Kirche sollten auf keinen Fall zur Pauschalverurteilung dieser Konfession genutzt werden. Eine große Baustelle sei die Ethnozentrik.

Patriarch von Konstantinopel Bartholomaios I in Berlin
Ökumenischer Patriarch von Konstantinopel, Bartholomaios I, in Berlin
Ökumene

Bartholomaios hat viele Titel, so dass seine späteren Gesprächspartner im Schloss Bellevue erst einmal abklärten, wie sie ihn genau anzusprechen haben. "Seine Allheiligkeit Batholomaios I, Ökumenischer Patriarch von Konstantinopel" ist der volle Titel. Bei der offiziellen Anrede wird "Eure Allheiligkeit" verwendet, während die Bischöfe wie säkulare Botschafter mit "Eure Exzellenz" angesprochen werden.

Die Ökumene im Titel ist vergleichbar mit der Wortbedeutung von katholisch und erklärt den übergeordneten Anspruch auf die Definition der Rechtgläubigkeit. Zurzeit findet jedoch ein intensiver Austausch zwischen Othodoxen, Katholiken und Protestanten statt. Letztere sehen Ökumene als Gemeinschaft von Christen jedweder Konfession um das Zentrum Jesus Christus und die Bibel. So wurde es auf dem #Kirchentag ausgedrückt.

Der Patriarch im Schloss

Anschließend wurden die Herren in Schwarz mit schwarzen BMW 5er-Limousinen zum Bundespräsidenten ins Schloss Bellevue gefahren. Kein Ehrenposten, keine militärischen Ehren, kein roter Teppich. Dafür aber ein blauer Teppich und eine sehr familiäre Atmosphäre. Vier Kameraleute, ein Gästebuch und eine vertrauliche Unterredung mit Frank-Walter Steinmeier. Diese war nicht presseöffentlich.

Autor: Matthias Baumann

Donnerstag, 1. Juni 2017

Französische Verteidigungsministerin Sylvie Goulard zum Antrittsbesuch in Berlin

Der Staatspräsident Frankreichs hatte bereits einen Tag nach Amtsantritt einen Besuch in Berlin absolviert. Sylvie Goulard brauchte zwei Wochen. Sie hatte die Amtsgeschäfte im französischen Verteidigungsministerium am 17. Mai übernommen. Damit stärkt sie die internationale Frauen-Quote in diesem Regierungssegment.

Verteidigungsministerin Frankreichs Sylvie Goulard Berlin
Verteidigungsministerin Frankreichs Sylvie Goulard zum Antrittsbesuch in Berlin
Die 52-jährige Sylvie Goulard begann ihre politische Laufbahn im Jahr des Mauerfalls. Als Mitarbeiterin des Außenministeriums hatte sie an den Zwei-plus-Vier-Verhandlungen teilgenommen und war anschließend an mehreren Projekten mit dem Auswärtigen Amt beteiligt. Sylvie Goulard war beratend tätig, schreibt Essays und setzt sich für einen europäischen Föderalismus ein.

Beim heutigen Antrittsbesuch im Bendlerblock ging es um verschiedene neue Projekte und die Harmonisierung von Planungsprozessen. Die Dynamik ihres Staatspräsidenten schleift sich auch auf ihre Arbeitsweise durch. Moderner, schneller und effizienter soll die Zusammenarbeit der Streitkräfte und der regionalen Rüstungsindustrie werden. "Mehr Europa schaffen", sei das Ziel.

Verteidigungsministerin Frankreichs Sylvie Goulard Berlin
Verteidigungsministerin Frankreichs Sylvie Goulard zum Antrittsbesuch in Berlin
Es sind eine europäische Offiziersausbildung, ein gemeinsames Sanitätskommando und ein Logistic Hub geplant. Deutschland und Frankreich arbeiten bereits in Mali und Litauen eng zusammen.

Der Einsatz in der Sahel-Region um Mali, Niger, Burkina Faso, Mauretanien und den Tschad war Sylvie Goulard so wichtig, dass sie einen Tag nach Amtsantritt zu den französischen Truppen vor Ort reiste. Dort ließ sie sich bestätigen, dass sich die Zusammenarbeit mit der Bundeswehr unter dem Dach von EUTM und MINUSMA sehr konstruktiv gestalte.

Passend zum wolkenfreien Himmel sprachen die Ministerinnen auch über eine konzertierte Lufttransport-Staffel, die in einem Krisenfall zur gegenseitigen Unterstützung dienen soll. Zusammen mit Italien und Spanien wird derzeit ein Industriezweig für Drohnen aufgebaut. Drohnen, die zwar nur eine mittlere Höhe erreichen, dafür aber mit einer langen Flugdauer punkten.

Video:
Antrittsbesuch der französischen Verteidigungsministerin Sylvie Goulard

Autor: Matthias Baumann

Mittwoch, 31. Mai 2017

Chinesischer Ministerpräsident Li Keqiang besucht Berlin für zwei Tage

Die Sperrung der Straße des 17. Juni hatte die Kanzlerin bereits am pünktlichen Eintreffen im Maritim pro Arte gehindert. Dort sollte sie vorab einen Vortrag halten. Trotz ihres weltpolitischen Einflusses konnte sie die Verkehrslage auf den drei Kilometern zwischen den beiden Orten nicht maßgeblich beeinflussen. Entsprechend gestresst und personell ausgedünnt trafen auch die Pressevertreter im Kanzleramt ein.

Chinesischer Ministerpräsident Li Keqiang besucht Berlin
Chinesischer Ministerpräsident Li Keqiang besucht Berlin
Der chinesische Ministerpräsident Li Keqiang verspätete sich ebenfalls. Im Ehrenhof stand die Ehrenformation für die Begrüßung mit militärischen Ehren bereit. Außerhalb des Geländes wehten große rote Fahnen mit den vier kleinen und dem einen großen gelben Stern. Eine seidige Flagge Chinas wehte zwischen Schwarz-Rot-Gold und der Europaflagge und bildete mit Letzterer eine optische Harmonie durch Stern-Symmetrie.

Die Harmonie ist jedoch einer gewissen Ambivalenz unterworfen: Amnesty International fordert nachdrücklich die Einhaltung der Menschenrechte ein. China habe zudem die Pressefreiheit und den Wirkungsradius von NGOs eingeschränkt. Andererseits stellt China einen wichtigen Wirtschaftspartner im asiatischen Raum dar und wird als Gegenpol zur nicht mehr eindeutig berechenbaren amerikanischen Regierung sondiert.

Chinesischer Ministerpräsident Li Keqiang besucht Berlin
Chinesischer Ministerpräsident Li Keqiang besucht Berlin
Neben der Harmonie in der Betrachtung Amerikas ging es vorwiegend um wirtschaftliche Themen wie die Entwicklung der Elektromobilität, der Luftfahrt und künstlichen Intelligenz. Kein Wunder also, dass auch Sigmar Gabriel als ehemaliger Wirtschaftsminister und heutiger Außenminister bei den Gesprächen dabei war.

Li Keqiang halte die Zeit für ein Freihandelsabkommen zwischen der EU und China für gekommen. Demonstrativ wurde die Unterzeichnung von Verträgen zelebriert, so dass die Vermutung nahe liegt, dass auf den Zug der postinfantilen Verhaltensmuster des amerikanischen Präsidenten aufgesprungen wird. Um der Kritik das Sahnehäubchen aufzusetzen, wurde auch über die Bemühungen beim Klimaschutz geredet.

Video:
Begrüßung des chinesischen Ministerpräsidenten Li Keqiang im Bundeskanzleramt

Autor: Matthias Baumann

Sonntag, 28. Mai 2017

Bundespräsident fliegt beim #Kirchentag ein

Vor drei Tagen feierten wir Himmelfahrt. Gemäß des Neuen Testamentes war Jesus 40 Tage nach Ostern in den Himmel gefahren. Heute fuhr der Bundespräsident aus dem Himmel herab. Sein Helikopter landete auf den Elbwiesen südlich von Wittenberg und wurde dort von berittener Polizei bewacht.

#Kirchentag Abschlussgottesdienst Wittenberg Elbwiesen
#Kirchentag - Anreise zum Abschlussgottesdienst in Wittenberg auf den Elbwiesen
Das Fußvolk erreichte die Elbwiesen über erhebliche Umwege durch die Lutherstadt und zwei Brücken. Eine davon provisorisch durch die Bundeswehr gebaut. Von der Innenstadt bis zur Festwiese waren Laufzeiten von einer Stunde und mehr einzuplanen. 30°C und Sanitäter, die zum Abtransport der Kreislauf-Geschwächten bereit standen. Sehr vorbildlich deshalb, dass ausgerechnet Gesundheitsminister Gröhe einer der ersten Minister vor Ort war.

Kurz vor dem Abschlussgottesdienst gesellten sich das Oberhaupt der Kopten aus Ägypten, Innenminister de Maizière und mehrere Vertreter der katholischen und der evangelischen Kirche dazu.

#Kirchentag Abschlussgottesdienst Wittenberg Elbwiesen
#Kirchentag - 1/7 der Bläser beim Abschlussgottesdienst
Hinter der großen weißen Bühne saßen hunderte Bläser. Ihre Instrumente funkelten in der Sonne. Als sie das Lied "Nun jauchzt dem Herren, alle Welt" anstimmten, bekamen die Besucher einen Vorgeschmack auf die zu erwartenden Konzerte im Himmel. Als die Gedanken abschweiften, erschien der Bundespräsident neben der Bühne. Auch seine Frau, Elke Büdenbender, war dabei und jede Menge Fotografen.

Die Predigt zum Hohen Lied der Liebe aus 1. Korinther 13 hielt Erzbischof Thabo Makgoba von der Anglikanischen Kirche Südafrikas. Der Schwarze sprach Englisch mit afrikanischem Akzent. Wer kein Englisch verstand, konnte auf dem linken Screen deutsche Untertitel und eine Übersetzung in Gebärdensprache sehen. Die rechte Videowand stand für das unkommentierte Original zur Verfügung. Viele der aus "Bade-Würte-Berg" stammenden Sitznachbarn verstanden kein Englisch.


#Kirchentag Abschlussgottesdienst Wittenberg Elbwiesen
#Kirchentag - Festwiese für den Abschlussgottesdienst
So rauschte die Predigt an ihnen vorbei. Die Predigt hatte mit Martin Luther begonnen und lief über die allgemeine Ungerechtigkeit in der Welt in einem postulierten "I have a dream" aus.

Viel spannender war also das Drumherum. Dazu gehörten die immer wieder einsetzenden Bläser hinter der Bühne - wie schon erwähnt: Hunderte! Bewegend auch das gemeinsame Vaterunser, das gemeinsame Abendmahl und der Segen von EKD-Chef Bedford-Strohm im wehenden schwarzen Gewand. Die Sonne blitzte in das Kreuz über dem Talar und tauchte es in einen goldenen Glanz.


#Kirchentag Abschlussgottesdienst Wittenberg Elbwiesen
#Kirchentag - Abschlussgottesdienst mit Segen von Heinrich Bedford-Strohm
Der Altar war eine Leihgabe des Deutschen Katholikentages. Überhaupt zeigten sich die katholischen Gastredner sehr erfreut über die guten Beziehungen zu den Protestanten. Das sei vor zehn Jahren noch nicht so selbstverständlich gewesen. Frank-Walter Steinmeier begrüßte die Besucher mit "Liebe Schwestern und Brüder" und zeigte sich ebenfalls hoch erfreut darüber, dass die Christen unterschiedlicher Konfessionen und Denominationen auf einem guten Weg zur Bündelung ihrer Kräfte seien. Das solle weiter intensiviert werden.

Der Bundespräsident war selbst viele Jahre lang aktiv an den Evangelischen Kirchentagen beteiligt. Ein katholischer Redner brachte es auf den Punkt: Das verbindende Element ist Jesus Christus.

Autor: Matthias Baumann

Dienstag, 16. Mai 2017

Die erste Million im YouTube-Kanal von BTB concept

69 Jahre nach der Staatsgründung Israels, drei Tage nach dem Geburtstag meiner Mutter, einen Tag nach Amtsantritt des französischen Staatspräsidenten Emmanuel Macron war es endlich soweit:

Der YouTube-Kanal von BTB concept erklomm gestern die Marke von 1 Million Videoaufrufen.

Ein herzliches Dankeschön an die etwa 700 Abonnenten und die geneigten Zuschauer!

BTB concept YouTube Kanal 1 Million Videoaufrufe
BTB concept YouTube-Kanal mit 1 Million Videoaufrufen
Langer Atem

Es hatte etwa dreieinhalb Jahre gedauert: zu Silvester wurde die Marke von 500.000 überschritten. Dann ging es wie bei einer Zinskurve - wie sie früher mal aussah - kontinuierlich weiter. Pro Monat wurden über 100.000 Videos angeschaut.

Freunde

Die Freunde des Kanals rekrutieren sich vorwiegend aus der Bundeswehr und an militärischen Dingen interessierten Zuschauern. Es entstehen Diskussionen über die Haltung der Gewehre, die beim Staatsbesuch gespielten Musikstücke, die Performance beim Antritt und die Kleiderordnung.

Statistik

Rein statistisch flimmern 6,5 Tage Videomaterial pro Tag über die Monitore und Displays der Smartphones. Bei den Endgeräten liegen PCs und Notebooks mit 50% ganz vorn. Smartphones belegen mit 30% den zweiten Platz, gefolgt von Tablets mit 16%. Der Rest verteilt sich auf TV-Geräte, Spielekonsolen und sonstiges.

Die stärkste Zuschauergruppe bilden die 25 bis 34-Jährigen, umrankt von denen die zwischen 18 und 44 sind. Ein jugendlicher Kanal also, der gut mit dem zarten Alter des neuen französischen Staatschefs harmoniert.

Werbeeinnahmen

Gescheiterte Unternehmer rechtfertigen sich gerne mit dem Satz: "Ich arbeite jetzt an der zweiten Million; mit der ersten hatte es nicht geklappt". Ähnlich ernüchternd sieht es mit den Werbeeinnahmen aus der einen Million Videoaufrufen aus:

Über die Gesamtlaufzeit wurde ein Betrag erwirtschaftet, der gerade mal einen Jahresbeitrag für die British Chamber of Commerce deckt.

YouTube scannt kurz nach dem Upload die Tonspuren und stellt schnell und präzise fest, wer Rechte an den gefilmten Musikstücken hat. Dann erfolgt der Vorschlag, die Werbung für das jeweilige Video abzuschalten oder die Werbeeinnahmen zu teilen. Zum besseren Verständnis muss die Bedeutung von Teilen in diesem Zusammenhang erklärt werden: Der Rechteinhaber bekommt 100% und der Videoersteller darf das Video weiterhin ohne Stress mit dem Copyright zeigen. Gibt es mehrere Rechteinhaber wie im IGA-Video, erfolgt eine 50%-Verteilung, nämlich 50% an den einen und 50% an den anderen Musikschöpfer und dessen Dunstkreis.

17 Millionen

Ein Teenager rollte über die Euphorie der einen Million die Augen und entgegnete gelangweilt: "Erfolgreiche YouTuber werden ab 17 Millionen gezählt". Das ist dann noch eine gewisse Wegstrecke.

Autor: Matthias Baumann

Montag, 15. Mai 2017

Einen Tag nach Amtsantritt besucht Emmanuel Macron die Bundeskanzlerin

Emmanuel Macron trafen wir 2014. Damals war er Wirtschaftsminister und gewann durch sein jugendlich charmantes Auftreten. Er trug eine schlichte Krawatte, wie sie für 39 Euro bei Casa Moda oder vergleichbaren Herrenausstattern zu kaufen ist. Er grüßte freundlich, als würden wir uns schon lange kennen und er brachte die Anliegen Frankreichs zusammen mit seinem Kollegen Sapin gegenüber der Bundesregierung vor. Anliegen, die nicht unbedingt Sympathie erzeugten.

Emmanuel Macron Berlin
Emmanuel Macron - Antrittsbesuch in Berlin
Emmanuel Macron blieb auch bei seiner Abfahrt konsequent auf der Linie Frankreichs. Für ihn und Finanzminister Michel Sapin standen zwei silberne Familienkutschen der Marke Citroen bereit, während die anderen Gesprächspartner mit schwarzen Limousinen aus deutscher Produktion vom Hof des Finanzministeriums rollten.

Heute fuhr Emmanuel Macron mit einer schwarzen Mercedes S-Klasse im Ehrenhof des Kanzleramtes vor. Nicht mehr als Wirtschaftsminister, sondern als frisch gebackener Staatspräsident Frankreichs. Seit gestern im neuen Amt und schon zu Besuch in Berlin. Das nennt man Freundschaft. Seidig glänzte die Tricolore in der Sonne. Sogar den Frühling schien Emmanuel Macron mitgebracht zu haben.

Emmanuel Macron Berlin
Emmanuel Macron - Antrittsbesuch in Berlin - eine Minute Foto-Shooting am Eingang
Blau-weiß-rote Spruchbänder und Fahnen säumten die Straße. Solch eine gute Stimmung ist bei Staatsbesuchen selten zu erleben. Das letzte Mal wohl, als Griechenlands Premierminister Tsipras nach Berlin kam. Dieser war vor dem Kanzleramt erst einmal ausgestiegen und hatte persönlich die Menge begrüßt.

Macron kam später als erwartet. Das Ehrenbataillon hatte bereits eine halbe Stunde lang vor dem roten Teppich gestanden. "Jetzt geht's lohoooos", schallten die Sprechchöre in den Ehrenhof. Doch ohne Wirkung. Es kam erst Bewegung ins Geschehen, als laute Motorradgeräusche und Signalhörner zu hören waren. Als Teaser fuhr der Protokollchef vor. Die Kameras wurden startklar gemacht. Der Oberstleutnant drehte sich zur Ehrenformation.

Emmanuel Macron Berlin
Emmanuel Macron - Antrittsbesuch in Berlin - Sitz der Krawatte
Motorräder - Merkel - Macron. Blitzlichtgewitter im Eingangsbereich. Etwa eine Minute lang badeten der 39-jährige Macron und Angela Merkel in der Aufmerksamkeit der Fotografen. Das ist sehr lange. Erst dann gingen sie zu den Delegationen und schüttelten deren Hände. Auf dem Weg zum Podest rückte Emmanuel Macron seine Krawatte zurecht und winkte seinen Fans außerhalb des Sperrbereiches zu. Auch Angela Merkel winkte. Sie war sichtlich gerührt und genoss den Halo-Effekt ihres Gastes.

Emmanuel Macron Berlin
Emmanuel Macron - Antrittsbesuch in Berlin - Gruß an die Fans vor dem Tor
Die Marseillaise wurde mit so viel Dynamik vorgetragen, dass dem dirigierenden Oberstleutnant schon fast die französische Ehrenbürgerschaft zuerkannt werden müsste. Den weiteren Weg über den roten Teppich meisterte der junge Staatschef mit Exzellenz, verneigte sich vor der Truppenfahne und verschwand unter lautem Jubel in der Waschmaschine, so wie der Volksmund den Amtssitz der Kanzlerin nennt.

Heinrich IV hatte Angela Merkel nie empfangen. Emmanuel Macron war der vierte französische Präsident, den sie während ihrer Amtszeit begrüßen konnte. Trotz der parteipolitischen Unterschiede freute sich die Kanzlerin über den Newcomer aus Paris.

Macron hat sich viel vorgenommen. In der Pressekonferenz brachte er wieder einige der alten Themen vor, zu denen ein europäischer Investitionsfonds gehört. Mit Elan möchte er die EU reformieren und benötigt dazu die Unterstützung Deutschlands. Seinen ehemaligen Kollegen, Sigmar Gabriel, hat er schon auf seiner Seite.

Video:
Militärische Ehren zum Antrittsbesuch von Emmanuel Macron

Autor: Matthias Baumann

Montag, 24. April 2017

Erste Botschafter-Akkreditierung im neuen Amt

Schon die Namen der heute beim Bundespräsidenten akkreditierten Botschafter hätten genug Stoff für eine eigene Story abgegeben. Zuerst erschien der Botschafter Nordkoreas mit dem Namen Pak. Ein koreanischer Sammelbegriff in den Ausmaßen der deutschen Müller, Meier, Schulze, Lehmann. Es folgte der Botschafter aus Togo mit dem Namen Dagoh.

Die dritte Exzellenz vertritt seit heute die "Vereinigten Mexikanischen Staaten" und heißt Morfin. Ein Name, der an die regionalen Herausforderungen auf dem Gebiet der organisierten Kriminalität erinnert. Mexiko soll übrigens einen noch entspannteren Umgang mit Zeit haben, als man es von Afrika kennt: "Ihr habt die Uhren. Wir haben die Zeit". Der Botschafter war jedoch pünktlich und setzte mit seiner Delegation auch optische Akzente.

Im weiteren Halbstundentakt folgten der Vertreter Indiens, Tomar, und der Botschafter Zyperns, Hadjichrysanthou.

Botschafter Akkreditierung Schloss Bellevue
Erste Akkreditierung - Botschafter Nordkoreas, Pak
Pak Nam Yong aus der "Demokratischen Republik Korea" bildete zusammen mit seiner Delegation den Auftakt zur Übergabe der insgesamt fünf Beglaubigungsschreiben an den neuen Bundespräsidenten.

Die allererste Akkreditierung überhaupt bei Frank-Walter Steinmeier, der seit knapp einem Monat im Amt ist. Die asiatische Exzellenz wirkte ernst und reserviert. Sein Revers zierte ein großes rotes Abzeichen mit den Gesichtern der "geliebten Führer" seines Landes. Auch seine Begleiter trugen ihre roten Devotionalien an der Brust.

Botschafter Akkreditierung Schloss Bellevue
Botschafter Nordkoreas - Eintrag ins Gästebuch von Schloss Bellevue
Der Akt der Übergabe des Schreibens war schnell erledigt. Die Delegation durfte nun ebenfalls ihre Signaturen ins Gästebuch des Schlosses schreiben und dann mit ihren deutschen Ansprechpartnern in ein Separée verschwinden, wo es Getränke gab. Parallel fand die Unterredung zwischen dem Bundespräsidenten und seiner Exzellenz, Herrn Pak, statt. Diese war erstaunlich schnell beendet, so dass der Botschafter nach einem kurzen Fahnen-Zeremoniell mit einer schwarzen S-Klasse vom Hof rollte.

Botschafter Akkreditierung Schloss Bellevue
Zweite Akkreditierung - Botschafter von Togo, Dagoh
Der Akkreditierungsreigen wurde von Herrn Dagoh aus Togo fortgesetzt. Mehrere Schwarze entstiegen den Mercedes-Limousinen mit der Standarte des Bundespräsidenten. Trommelwirbel, Gewehr über, Gewehr ab und hinein ins Schloss. Botschafter Komi Bayédzè Dagoh durchlief nun das gleiche Programm wie sein Kollege aus Nordkorea. Die Reihen der Kameraleute hatten sich bereits gelichtet, da für die Abendnachrichten wohl nur der allererste bei Steinmeier akkreditierte Ambassador von Interesse war.

Botschafter Akkreditierung Schloss Bellevue
Wachbataillon mit der Fahne von Togo
Die heute vertretenen Staaten bildeten ein internationales Kontrastprogramm mit viel Farbe und politischer Divergenz. Die ersten beiden Länder hatten jeweils einen Stern in der Flagge, das Dritte einen Adler und keine Sterne, das Vierte ähnelte farblich dem Zweiten und das fünfte Land, Zypern, war auf der Flagge selbst abgebildet.

Es waren der Mittlere Osten, der Ferne Osten, Afrika, Europa und Amerika vertreten. Ein bunter Mix aus demokratischen Staaten und solchen, die die Demokratie nur im Namen tragen. Ein bunter Mix, der dem ehemaligen Außenminister sichtlich Freude bereitet hat.

Die Reihenfolge der Akkreditierungen erfolgt grundsätzlich nach dem Zeitpunkt des Eintreffens in Deutschland. Das ist auch für die Besetzung des Doyen, des Ältesten, des diplomatischen Korps von Bedeutung. Botschafter wechseln nach einem überschaubaren Zeitraum den Einsatzort. Am beständigsten sind wohl die Exzellenzen aus dem Vatikan. Dessen Erzbischof Nikola Eterović fungiert seit einigen Jahren als Doyen in Deutschland.

Video:
Ehrenzug und Botschafter-Akkreditierung im Schloss Bellevue

Autor: Matthias Baumann

Donnerstag, 13. April 2017

IGA 2017 in Berlin-Marzahn eröffnet

Gründonnerstag, grüner Stadtbezirk, grüner Anlass: Bundespräsident Steinmeier eröffnete heute die Internationale Gartenausstellung IGA 2017 in Marzahn-Hellersdorf. Marzahn verfügt neben weiträumigen Grünflächen, einer guten Autobahnanbindung und einer sagenhaften Infrastruktur auch über den Green Tech Business Park, in dessen Umkreis namhafte Firmen innovativer Wirtschaftszweige angesiedelt sind.

IGA 2017 Marzahn Gärten der Welt
IGA 2017 - Gärten der Welt in Marzahn
Frank-Walter Steinmeier bedankte sich zunächst für das gute Wetter und freute sich, dass die Gartenausstellung gerade an einem Gründonnerstag eröffnet werde. Er selbst sei leidenschaftlicher Hobbygärtner, wobei seine Frau die Harke in der Hand hat und er für niedriger qualifizierte Tätigkeiten wie Rasenmähen und Laubsäcke tragen verantwortlich zeichnet.

IGA 2017 Marzahn Gärten der Welt
IGA 2017 - Gärten der Welt in Marzahn - Eröffnungsrede Frank-Walter Steinmeier
Quer durch Berlin wird von den Gärten der Welt geschwärmt und überlegt, wie man denn bei den neu eingerichteten Parkzonen am besten mit öffentlichen Verkehrsmitteln zur IGA komme. Ein Manager aus dem Grunewald erzählte mir, dass er öfter in den Gärten der Welt gewesen sei als im Botanischen Garten. Selbst nachhaltige Marzahn-Verächter schätzen den Chinesischen Garten und verbringen ihre Zeit im dortigen Teehaus.

Der Bundespräsident hatte sich vorab mit einer Mitarbeiterin des Bundespräsidialamtes unterhalten. Sie war in Marzahn aufgewachsen und sei begeistert über die Aufwertung ihres Kiezes durch die IGA.

IGA 2017 Marzahn Gärten der Welt
IGA 2017 - Gärten der Welt in Marzahn
Die Veranstalter erwarten zwei Millionen Besucher. Das entspricht etwa 50% der Einwohner Berlins, die innerhalb von 186 Tagen durch den Garten fluten. Am heutigen Eröffnungstag wirkte der Andrang an den Eingängen noch recht entspannt. Das kann sich über die Ostertage ändern.

Auf dem Weg zur Bühne stand ein in die Tage gekommener Rocker am Wegesrand und schaute die vorbeieilenden Pressevertreter so an, als wolle er von ihnen erkannt werden. Einige Meter weiter fiel mir ein, dass Karat auf dem Programm stand und der Altrocker wohl einer der Bandmitglieder gewesen sein könnte. Ein Bundespräsident ging mit Karat und der nächste erscheint mit Karat. Während sich Joachim Gauck zum Abschied "Über sieben Brücken" gewünscht hatte, das ihm das Stabsmusikkorps der Bundeswehr gespielt hatte, war für den neuen Bundespräsidenten die Band höchst persönlich auf die Bühne getreten und spielte "Blauer Planet" mit einigen Textanpassungen.

IGA 2017 Marzahn Gärten der Welt
IGA 2017 - Gärten der Welt in Marzahn - Rundgang Frank-Walter Steinmeier und Elke Büdenbender
Nach dem etwa einstündigen Bühnenprogramm gab es einen kurzen Rundgang bis zur Seilbahn. Während der Bundespräsident zum weiteren Tagesgeschäft aufbrach, ließ sich Michael Müller die Fahrt mit der Seilbahn nicht nehmen.

IGA 2017 Marzahn Gärten der Welt
IGA 2017 - Gärten der Welt in Marzahn - Seilbahn
Die Gondeln haben einen ordentlichen Anzug und bieten für etwa acht Personen Platz. Einige der Gondeln haben einen transparenten Boden, so dass schwindelfreie Fahrgäste die Landschaft unter sich genießen können. Die Seilbahn transportiert die Gäste zunächst auf den Kienberg und dann wieder hinunter nach Hellersdorf bzw. an den Haupteingang der Gartenschau am Blumberger Damm. Auch ein Name, der sehr gut zur Location passt.

Autor: Matthias Baumann

Mittwoch, 22. März 2017

Genosse übernimmt das Schloss

"Er ist da", informierten sich die Kameraleute per Headset über das Geschehen vor dem Schloss Bellevue. Frank-Walter Steinmeier war mit seiner schwarzen Limousine vorgefahren. Die Standarte des Bundespräsidenten am vorderen rechten Kotflügel. Fotos, Live-Mitschnitte der öffentlich-rechtlichen Sender.

"So, sie sind im Schloss", war das Signal für die Presse im Garten, ihre Technik zu aktivieren. Es dauerte keine zwei Minuten, da hatte der neue Hausherr die Empfangshalle von Bellevue durchschritten. Die Ehrenformation bekam ein Zeichen und machte sich bereit für den Hauptteil der Zeremonie.

Bundespräsident Steinmeier Schloss Bellevue
Begrüßung von Bundespräsident Steinmeier zum Amtsantritt im Schloss Bellevue
Frank-Walter Steinmeier wurde begleitet von Ursula von der Leyen und Generalinspekteur Volker Wieker. Zu dritt stellten sie sich auf ein doppeltes rotes Podest und nahmen die Meldung des kommandierenden Oberstleutnants entgegen. "Tach Soldaten", war die ungewohnt legere Begrüßung durch den neuen Bundespräsidenten. "Tag - Herr - Bundes - Präsident", folgte das Echo des Ehrenbataillons, welches an der Westseite des Schlosses widerhallte. Heute waren alle Teilstreitkräfte vertreten, da der Erste im Staat zum Amtsantritt begrüßt wurde.

Es wurde die Nationalhymne gespielt und danach schritten der Bundespräsident, die Verteidigungsministerin und der Generalinspekteur die Ehrenformation ab. Steinmeier verneigte sich vor der Fahne und lief dann weiter bis zum Nordende des roten Teppichs. Es folgte eine weitere Meldung und der übliche Schwenk über das Steinpflaster zum Schloss. Neben der Presse waren wohl jede Menge Parteifreunde erschienen, die den neuen Schlossherrn mit Applaus und freudigen Ausrufen begrüßten.

Der Kommandeur folgte dem Präsidenten regelkonform mit Blick und Körperausrichtung für etwa zweieinhalb Minuten. Als Steinmeier im Schloss verschwunden war, setzte sich das Wachbataillon in Bewegung und zog durch den Garten dem Ausgang entgegen.

Die militärischen Ehren wird der neue Bundespräsident in den nächsten fünf Jahren schätzungsweise zweihundert Mal absolvieren. Bei Staatsbesuchen werden die applaudierenden Freunde durch Fähnchen schwenkende Kinder ersetzt.


Video:
Begrüßung des neuen Bundespräsidenten Steinmeier mit militärischen Ehren

Autor: Matthias Baumann

Freitag, 17. März 2017

Großer Zapfenstreich für Joachim Gauck

Das Areal um das Schloss Bellevue war weiträumig abgesperrt. An der dritten Polizeisperre versuchte gerade ein Obdachloser aus der Bahnhofsmission Einlass zu bekommen. Er hatte die knallrote Einlasskarte der Bundesregierung umgehängt und wurde skeptisch überprüft. Es durften nur Personen passieren, die auf der Namensliste der Bundespolizei standen. Der Mann mit dem dicken braunen Mantel wurde durchgelassen und reihte sich mit uns am Eingang zum Schloss ein.

Großer Zapfenstreich Gauck
Großer Zapfenstreich zum Abschied von Bundespräsident Gauck - Gäste erscheinen im Schlossgarten
Der Große Zapfenstreich zur Verabschiedung von Bundespräsident Gauck sollte im Garten hinter dem Schloss stattfinden. Neben dem Mann aus der Bahnhofsmission waren weitere dreihundert "normale" Bürger und dreihundert offizielle Personen wie Minister, Botschafter, Offiziere und Kirchenvertreter eingeladen. Vor dem Teich gab es Tribünen für die Gäste und die Presse sowie ein rotes Podest für den Bundespräsidenten, die Verteidigungsministerin und den Generalinspekteur Volker Wieker.

Großer Zapfenstreich Gauck
Großer Zapfenstreich zum Abschied von Bundespräsident Gauck - Positionierung der Instrumente
Auf dem Pflaster zwischen Schloss und Rasenfläche waren mehrere schwarze Schnüre gespannt. Diese sollten zur optischen Führung der Fackelträger dienen und nicht als Stolperfalle für zu schnell laufende Gäste. Stolperfallen stellten eher die Plastikplatten der über den Rasen verlegten Wege dar. Der Zeremonienmeister des Schlosses konnte sich gerade noch fangen, als er bei schnellem Schritt plötzlich an der letzten Platte hängen blieb.

Großer Zapfenstreich Gauck
Großer Zapfenstreich zum Abschied von Bundespräsident Gauck - Fackelträger am Podest
Es wurde immer dunkler. Das Wetter war ideal für den Anlass. Gegen 18:25 Uhr erschienen die ersten Fackelträger und positionierten sich vor dem Schloss und auf dem Balkon. Der Pauker stimmte noch letzte Musikpassagen ab. Gäste kamen und begaben sich auf die Tribünen. Ein erstes Raunen ging durch die Menge, als Daniela Schadt aus dem Schloss kam. Zehn vor sieben schritten dann auch Joachim Gauck, Ursula von der Leyen und Volker Wieker vom Schloss aus auf das Podest zu. Kaum hatten sie sich auf dem Podest positioniert, erklang der Yorcksche Marsch zum Aufzug des Großen Zapfenstreiches.

Großer Zapfenstreich Gauck
Großer Zapfenstreich zum Abschied von Bundespräsident Gauck - Stabsmusikkorps
Es dauerte eine ganze Weile bis die ersten Fackeln sichtbar wurden. Keine Hektik. "Fackelträger, rechts, links um", waren die selten gehörten Befehle. Die das Wachbataillon und das Stabsmusikkorps begleitenden Fackelträger positionierten sich um den Platz. Es folgte die Meldung und mehrere Musikstücke inklusive der gewünschten "Über sieben Brücken" von Karat und "Ein feste Burg ist unser Gott" von Martin Luther.

Die Trommler präsentierten auch optisch eine ausgereifte Performance. Einen zeitlich bedeutenden Teil stellten der Zapfenstreichmarsch, der Ruf nach den Verspäteten, Verwundeten und Toten sowie das Gebet dar. Zum Gebet wurde per Befehl der Helm ab- und aufgesetzt. Das Publikum stand dazu. Das Publikum stand und sang auch zur bald folgenden Nationalhymne. Nach der Nationalhymne wurde der Große Zapfenstreich abgemeldet und verließ den Platz mit dem preußischen Zapfenstreichmarsch.

Großer Zapfenstreich Gauck
Großer Zapfenstreich zum Abschied von Bundespräsident Gauck - Fackelträger vor dem Schloss
Unter Beifall verließen auch der Bundespräsident, Frau von der Leyen und der Vier-Sterne-General das Podest und schritten zum Schloss. Die Gäste folgten und wurden seitlich von den verbliebenen Fackelträgern in Marineuniform flankiert. Das Schloss war auf allen Ebenen hell erleuchtet und ließ auf eine große Abschiedsfeier schließen.

Videos:
Großer Zapfenstreich im Garten von Schloss Bellevue - Langversion 35:44 Minuten
Großer Zapfenstreich - Helm ab zum Gebet

Autor: Matthias Baumann

Donnerstag, 16. März 2017

D-A-CH-Gespräche im Bendlerblock

Gestern statteten die Verteidigungsminister Österreichs und der Schweiz der Hauptstadt einen Besuch ab. Ursula von der Leyen empfing sie mit militärischen Ehren im Bendlerblock.

D-A-CH BMVg Doskozil Parmelin
D-A-CH-Gespräche im BMVg mit Hans-Peter Doskozil und Guy Parmelin
Hans-Peter Doskozil aus Österreich und Guy Parmelin aus der Schweiz ließen sich direkt nach der Ankunft von ihrer Amtskollegin das protokollarische Prozedere erklären und absolvierten anschließend mit Bravour die sämtlichen Stationen. Abschließend legten sie zwei Kränze am Ehrenmal der Bundeswehr nieder. Ein bewegender Moment, der mit einem Trompetenstück untermalt wurde.

Die "Gespräche im D-A-CH-Format auf Ministerebene" sollen regelmäßig und an wechselnden Standorten stattfinden. Auch die Generalinspekteure des Alpendreiecks treffen sich zu regelmäßigen Konsultationen. Dabei gibt es eine große Bandbreite gemeinsamer Themen.

D-A-CH BMVg Doskozil Parmelin
Verteidigungsminister Österreichs, Hans-Peter Doskozil (mitte), und der Schweiz, Guy Parmelin (rechts), in Berlin
Virulent sind der Umgang mit den Flüchtlingsströmen über die Balkanroute und die Cybersicherheit. Eine enge Zusammenarbeit der Streitkräfte findet bereits im Rahmen des KFOR-Einsatzes auf dem Balkan und MINUSMA in Mali statt. Letzteres stellt derzeit die größte Herausforderung für die Bundeswehr dar.

Zur Überwachung des Luftraumes der südlichen Alpennachbarn durch Deutschland bot Ursula von der Leyen Hilfe auf Anfrage an. Man wolle sich jedoch nicht eigenmächtig in die Souveränität anderer Staaten einmischen. Hans-Peter Doskozil bestätigte in diesem Zusammenhang, dass eine Luftüberwachung durch andere Staaten derzeit nicht in Frage komme.

Die Themenpalette umfasste noch den Eurofighter und die Rüstungsausgaben. In Deutschland ist bereits die Trendwende mit dem mittelfristigen Ziel der 2% des Bruttoinlandsproduktes eingeleitet. In Österreich möchte man zunächst wissen, wofür das Geld konkret ausgegeben werde.

Video:
Empfang der Verteidigungsminister Österreichs und der Schweiz mit militärischen Ehren

Autor: Matthias Baumann

Freitag, 3. März 2017

Van der Bellen bekennt sich zur EU

Am 26. Januar, zwei Tage nach Gaucks 77. Geburtstag, trat der "junge Präsident" aus Österreich sein Amt an. Auch er ist im Januar geboren, aber vier Jahre jünger. Ein Umstand, den sein älterer Kollege aus Deutschland explizit in die Begrüßung einfließen ließ.

Der promovierte Volkswirt aus Wien irritierte die Anwesenden zunächst damit, dass er fast zwei Minuten lang einen Text in das Gästebuch schrieb. Normalerweise dauert das zehn bis zwanzig Sekunden, aber die Österreicher sind ja für ihre Gemütlichkeit bekannt.

Präsident Österreich Van der Bellen Berlin
Präsident der Republik Österreich, Van der Bellen, in Berlin - Gästebuch
Ganz ungemütlich können sie jedoch werden, wenn es um die Europäische Union geht. Die Fragen bei der anschließenden Pressekonferenz zeigten eine tiefe Kluft innerhalb der Bevölkerung und der medialen Wahrnehmung. Van der Bellen war zuvor von Bundespräsident Gauck gelobt worden, dass er sich so klar zur EU bekannt hat.

Beide Spitzenpolitiker schwärmten von den Vorzügen der Gemeinschaft in Europa und erteilten dem Ansinnen von Kleinstaaterei eine Abfuhr. Die aktuellen Herausforderungen könne man nur gemeinsam bewältigen.

Während Joachim Gauck entspannt dem nahenden Ruhestand entgegenschaut, steht Van der Bellen massiv unter Druck.

Präsident Österreich Van der Bellen Berlin
Präsident der Republik Österreich, Van der Bellen, in Berlin - Militärische Ehren
Als Grünen-Politiker fällt er aus sämtlichen Rastern des Ösi-Klischees. Das beginnt mit seiner evangelischen Taufe und endet bei der positiven Einstellung zur Legalisierung von Cannabis. Seine Wurzeln liegen in Holland, welches seine Vorfahren im 18. Jahrhundert Richtung Osten verlassen hatten. Während des Zweiten Weltkrieges flohen seine Eltern nach Österreich, wo der "junge Präsident" geboren wurde.

Präsident Österreich Van der Bellen Berlin
Präsident der Republik Österreich, Van der Bellen, in Berlin
Joachim Gauck betonte mehrfach, dass man sich als Präsident aus dem operativen Tagesgeschäft heraushalten und das lieber den Kanzlern überlassen solle. Deshalb konnte er insbesondere die Frage nach österreichischem Wahlkampf in Deutschland geschickt umschiffen. Interessant war seine Einschätzung, dass eine reife Demokratie durchaus mit Meinungspluralität umgehen könne. Joachim Gauck plädiert schon länger für einen Dialog "mit den Bevölkerungen".

Präsident Österreich Van der Bellen Berlin
Präsident der Republik Österreich, Van der Bellen, in Berlin
Im Anschluss an den Empfang im Schloss Bellevue stand eine Unterredung mit Frank-Walter Steinmeier auf dem Programm, der in zwei Wochen das Weiße Haus an der Spree beziehen wird.

Video:
Empfang des Präsidenten der Republik Österreich, Van der Bellen

Autor: Matthias Baumann

Donnerstag, 23. Februar 2017

Litauens Ministerpräsident Skvernelis in Berlin

Zwei Monate nach Amtsantritt reiste der litauische Ministerpräsident Saulius Skvernelis heute nach Berlin und stattete Bundeskanzlerin Merkel seinen Antrittsbesuch ab. Skvernelis kandidierte als Vertreter der Bauernpartei LVŽS und liegt damit eher auf der politischen Wellenlänge der Grünen.

Litauen Ministerpräsident Skvernelis Berlin
Litauens Ministerpräsident Skvernelis zum Antrittsbesuch in Berlin
Als ehemaliger Polizeikommissar und Innenminister hat er einige Erfahrungen im Bereich der Sicherheitspolitik und ist wohl deshalb der Mann der Stunde im litauischen Parlament. Litauen hat eine wichtige strategische Position an der Ostgrenze Polens und zudem einen beschaulichen Zugang zur Ostsee im Nordwesten des Landes. Die NATO verstärkt ihre Präsenz in Litauen, um damit einen Gegenakzent zu den provokanten "Snap Exercises" Russlands zu setzen.

Flankierend erhöht das kleine Land im Baltikum seine Militärausgaben. Bereits im nächsten Jahr soll der Verteidigungsetat die allgemein geforderten zwei Prozent des Bruttoinlandsproduktes erreichen. Bereits vor elf Tagen hatte der litauische Verteidigungsminister Raimundas Karoblis seinen Antrittsbesuch bei Ursula von der Leyen absolviert. Auch er ist seit Dezember 2016 im Amt.

Im Rahmen der Stationierung von NATO-Soldaten kommt es immer wieder zu Fake-News, die Verunsicherung erzeugen sollen. Geht die Polizei den Dingen nach, stellen sich die Informationen als falsch heraus. Auch das ist ein Teil moderner Kriegsführung, die in Fachkreisen mit dem umweltfreundlichen Attribut "hybrid" belegt wird.

Litauen Ministerpräsident Skvernelis Berlin
Litauens Ministerpräsident Skvernelis zum Antrittsbesuch in Berlin
Litauen erlebt aber noch weitere Herausforderungen. Hatte das Land vor wenigen Jahren noch so viele Einwohner wie Berlin, ist diese Zahl inzwischen auf 2,9 Millionen abgeschmolzen. Insbesondere Großbritannien stellt ein beliebtes Ziel der Auswanderung dar, gefolgt von Irland und Norwegen. Ethnische Minderheiten wie Russen, Polen, Weißrussen und andere nehmen stetig ab. Polen und Russen hatten vor fünfzig Jahren jeweils noch knapp acht Prozent der Bevölkerung ausgemacht.

Bei den Gesprächen mit der Kanzlerin ging es neben den oben erwähnten Sicherheitsthemen auch um Reaktorsicherheit, die Energieversorgung Litauens und das duale Berufsbildungssystem.

Video:
Empfang des litauischen Ministerpräsidenten mit militärischen Ehren

Autor: Matthias Baumann

Donnerstag, 16. Februar 2017

Wachbataillon - 60 Jahre semper talis

Joachim Gauck feierte vor vierundzwanzig Tagen seinen 77. Geburtstag. In dreißig Tagen endet seine Amtszeit als Bundespräsident. Er hat vier Kinder, zwölf Enkel und vier Urenkel.

Jürgen Knappe feierte vor drei Tagen seinen 60. Geburtstag. Er ist verheiratet, hat zwei Kinder und leitet das Kommando Territoriale Aufgaben der Bundeswehr mit insgesamt 20.000 Soldaten und zivilen Mitarbeitern. Mit zwanzig Jahren trat er in die Bundeswehr ein und fand diverse Verwendungen bei der Luftwaffe, bevor er im Sommer 2015 das Kommando in der Julius-Leber-Kaserne übernahm.

Wachbataillon Bundespräsident Julius-Leber-Kaserne
Abschiedsbesuch beim Wachbataillon - (von links) OTL Bernardy, BPr Gauck, OTL Kiauka, GM Knappe
Drei Tage nach Knappes Geburt, also am 16. Februar 1957,  nahm das Wachbataillon seinen Dienst auf. Inzwischen gehören diesem über 1.000 Soldatinnen und Soldaten an. In Kommentaren zu unseren Presseberichten taucht gelegentlich die Frage nach Frauen in der Bundeswehr auf. Ja, auch im Wachbataillon reihen sie sich ein, so sie die konforme Körpergröße haben.

Wachbataillon Bundespräsident Julius-Leber-Kaserne
Bundespräsident besucht das Wachbataillon - Ehrenformation mit Männern, Frauen und Karabiner 98k
Je nach Rang eines Staatsgastes tritt die Formation als Ehrenkompanie oder Ehrenbataillon an. Das Ehrenbataillon ist daran zu erkennen, dass es alle drei Teilstreitkräfte repräsentiert und bei den höchsten Repräsentanten eines Staates, wie Monarchen oder Präsidenten, eingesetzt wird. Die Ehrenkompanie begrüßt Premierminister oder Minister und stellt dann nur eine Teilstreitkraft dar. Wenn es sich beispielsweise um ein Land wie Neuseeland handelt, trägt das Wachbataillon die schwarze Marineuniform. Die gebräuchlichste Kleidung ist jedoch die graue Heeresuniform.

Leitsatz des Wachbataillons ist "semper talis", was "stets gleich" bedeutet und den hohen Qualitätsanspruch dieser Truppe symbolisiert. Kommandeur des Wachbataillons ist seit 2016 Oberstleutnant Patrick Bernardy. Neben protokollarischen Aufgaben ist das Wachbataillon auch für den Schutz des Sitzes der Bundesregierung und des Verteidigungsministeriums zuständig. Bundespräsident Gauck bestätigte in seiner Rede explizit, dass er sich stets sicher gefühlt habe und zitierte im Rahmen seines Dankes auch "semper talis".

Wachbataillon Bundespräsident Julius-Leber-Kaserne
Feldjäger und Stabsmusikkorps
Das Wachbataillon wird durch das Feldjägerregiment 1 (Berlin) unterstützt. Ihm gehören etwa 850 nicht zivile Personen an, die sich zumeist im Rang des Feldwebels bewegen und von Oberst Uwe Staab befehligt werden. Bundesweit gibt es insgesamt drei Feldjägerregimenter, die militärische Ordnungsdienste und Sicherheitsaufgaben erfüllen. Die in Berlin stationierten Feldjäger sind für den Schutz des Generalinspekteurs, die Sicherung des Verteidigungsministeriums und für protokollarische Zwecke wie die Eskortierung ausländischer Verteidigungsminister zuständig.

Wachbataillon Bundespräsident Julius-Leber-Kaserne
Bundespräsident besucht das Wachbataillon - Ehrenformation und Dirigent
Kein Staatsbesuch ohne Nationalhymne und passende Marschmusik zum Abschreiten der Ehrenformation. Militärmärsche sind politisch durchaus pikant, da sie oft im Zusammenhang mit Siegen über ehemals befeindete Armeen komponiert wurden. Deshalb ist besonders bei Besuchen unserer direkten Nachbarn ein entsprechendes Fingerspitzengefühl notwendig.

Das Stabsmusikkorps feiert in zwei Monaten sein 26-jähriges Bestehen. Seit 2014 wird es von Oberstleutnant Reinhard Kiauka geleitet. Neunundneunzig Männer und vier Frauen gehören zum StMusKorpsBw. Dirigiert wird es von einem Hauptmann oder Herrn Kiauka selbst. Gerade kleine Länder fallen durch besonders lange Nationalhymnen auf. So muss ein breites Repertoire abgedeckt werden. Pro Jahr beläuft sich der Einsatz auf über 250 Auftritte und zusätzliche CD-, Radio- und Fernsehproduktionen.

Video:
Abschiedsbesuch des Bundespräsidenten in der Julius-Leber-Kaserne

Autor: Matthias Baumann