Montag, 16. Dezember 2019

Rein in die Uniform und ab mit der Bahn - Soldaten reisen ab 2020 kostenlos

Beim Lesen der Informationen zum kostenlosen Bahnfahren rattern sofort die Denkprozesse des Kaufmanns: Die "Bahncard 100" für unlimitiertes Reisen in der 2. Klasse kostet 4.395 Euro pro Jahr. Ein Set mit Kampfstiefeln, Feldbluse, Feldhose, Feldjacke und Barett kostet nur einen Bruchteil davon. Man muss sich dann nur noch trauen, damit durch Deutschland zu reisen. Ein zweistündiger Selbsttest im Berufsverkehr von Berlin hat ergeben, dass das schon eine interessante Erfahrung ist. Interessant, aber keineswegs gefährlich. Insbesondere die Kampfstiefel sind sehr praktisch für längere Fahrten in der Tram - im Stehen natürlich.

Stehen muss der Soldat in Uniform auch in der 2. Klasse, wenn er das Angebot des kostenlosen Reisens nutzen möchte. Sitzplatzreservierungen oder ein Upgrade auf die 1. Klasse muss er selbst zahlen. Weil der Bahn vermutlich gleich das preisliche Delta zwischen "Bahncard 100" und Bekleidungskosten aufgefallen war, muss der reisende Soldat auch noch einen Truppenausweis und ein gültiges Null-Euro-Ticket dabei haben. Das Null-Euro-Ticket bekommt der Soldat durch die Einlösung eines eTokens. Das eToken ist eine Art Gutscheincode, mit dem das Ticket um 100% rabattiert wird. Der über den Army-Shop eingekleidete Fake-Soldat scheitert also an Truppenausweis und eToken.

Bahntickets Bundeswehr freie Fahrt Vertrag AKK Scheuer Lutz Deutsche Bahn
Freie Fahrt für Soldaten in Uniform mit der Deutschen Bahn - Unterzeichnung des Eckwertepapiers durch Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer #AKK (sitzend 2. von rechts), Verkehrsminister Andreas Scheuer (sitzend 3. von rechts) und Bahnchef Dr. Richard Lutz (rechts).
Die Bundeswehr hat sich die Aktion knapp vier Millionen Euro kosten lassen. Das ist etwa die Hälfte von dem, was die Videoserie DIE REKRUTINNEN gekostet hat - um mal den Vergleich mit einem ähnlich gelagerten Alltagsprojekt herzustellen.

Annegret Kramp-Karrenbauer schlägt hier zwei Fliegen mit einer Klappe. Damit sind nicht etwa Andreas Scheuer und Dr. Richard Lutz gemeint, sondern die Themen "Finanzielle Entlastung von Soldaten" und "Wahrnehmung der Bundeswehr in der Öffentlichkeit". Letzteres ist ihr erklärtes Ziel und wird seit ihrem Amtsantritt konsequent auf verschiedenen Ebenen umgesetzt.

Verkehrsminister Andreas Scheuer und Bahnchef Dr. Richard Lutz unterstützen die mildtätige Werbeaktion voll und ganz. Deshalb unterschrieben sie heute den Vertrag zwischen der Bundeswehr und der Deutschen Bahn AG sowie ein Eckwertepapier mit regionalen Anbietern. Eine Umrechnung der vier Millionen Euro auf die Bahncard 100 zeigt, dass die Bundeswehr hier äußerst clever verhandelt hat. Vier Millionen Euro pro Jahr entsprechen nämlich etwa 910 Bahncards. Selbst bei 400 Millionen wäre nur die Hälfte der Soldaten mit einer vollwertigen Bahncard 100 zu 4.395 Euro abgedeckt. Die Bahn hat diesem Deal wohl deshalb so schnell und freudig zugestimmt, weil nun im Gegenzug die Füllhörner des Verkehrsministeriums über die Bahn ausgegossen werden.

Ab Januar können Soldaten unter den oben genannten Voraussetzungen - Uniform, eToken, Ticket, Truppenausweis - sämtliche "weiße" Züge der Bahn in der 2. Klasse nutzen. Die Nutzer sollen laut Ministerin auch nicht in eine steuerliche Falle tappen - Stichwort "geldwerter Vorteil". Ob das der abwesende Finanzminister auch so sieht?

Eine teure Falle gibt es jedoch. Die Freifahrten gelten nicht für den regionalen Nahverkehr wie beispielsweise die BVG.

Video:
Soldaten in Uniform reisen kostenlos mit der Bahn - Vertragsunterzeichnung und Statements

Autor: Matthias Baumann

Freitag, 13. Dezember 2019

Disunited Kingdom nach der Wahl - Political Breakfast der British Chamber of Commerce

7:45 Uhr ist schon eine sehr herausfordernde Uhrzeit für den gemeinen Schreibtischtäter. Sogar die Straßen waren um diese Zeit gut passierbar. Auch in der Tiefgarage des Towers von Ernst & Young an der Friedrichstraße war noch reichlich Platz. So langsam kam Berlin in die Gänge. Mit müdem Blick wurde zur Kenntnis genommen, dass Boris Johnson gerade die Wahl in Großbritannien gewonnen hat. Wie jetzt? Boris Johnson? Mit deutlicher Mehrheit?

Disunited Kingdom nach der Wahl - Political Breakfast der BCCG
Disunited Kingdom nach der Wahl - Political Breakfast der BCCG bei Ernst & Young - Berlin erwacht nach dem Wahlsieg von Boris Johnson - Blick aus dem Tagungsbereich der 9. Etage des Ernst & Young Towers an der Friedrichstraße
Einmal mehr befeuern die Briten das "Kinderspiel mit Unterhaltungswert" - Zitat David Marsh beim ersten Austrittstermin Ende März 2019. Nachdem nun auch der Oktobertermin verstrichen ist, steht nun eine Verschiebung des Termins Ende Januar 2020 zur Debatte. Bei so wichtigen Themen können die sonst so trägen Mühlen der EU oder des britischen Parlaments auch mal innerhalb weniger Minuten vor dem Brexit flexibel reagieren und kreative Entscheidungen treffen.

Darüber waren sich die Panelisten des heutigen Political Breakfast der BCCG einig. Hoch über den Dächern Berlins - in der 9. Etage bei Ernst & Young - diskutierten Juristen, Politikwissenschaftler und Manager über die Folgen der vergangenen Nacht. Die kompetente Runde wurde durch einen Vortrag von Alexander Graf Lambsdorff MdB gewürzt. Der FDP-Politiker ist Kenner der Materie und eröffnete den Blick auf die Facetten innereuropäischer Pokerspiele und die verschiedenen Player im "Disunited Kingdom".

Disunited Kingdom nach der Wahl - Political Breakfast der BCCG Alexander Graf Lambsdorff FDP
Disunited Kingdom nach der Wahl - Political Breakfast der BCCG bei Ernst & Young - Alexander Graf Lambsdorff MdB
Besonders hart trifft der Brexit die britische Diplomatie. So richtig wollte UK - pardon das DK - nie so richtig Teil der EU werden, fürchtete aber den Verlust des Einflusses auf den Kontinent. Um britische Akzente setzen zu können, musste Großbritannien also zwangsläufig Mitglied werden. Wann immer es etwas Wichtiges zu entscheiden gab, traten die Briten als Bremse auf. Andererseits stellten sie bei allzu sozialistischen Forderungen der Franzosen einen nützlichen Unterstützer für Deutschland dar. Mit dem drohenden Brexit musste auch die EU ihre Karten neu mischen. So wird es als cleverer Schachzug gewertet, dass Ursula von der Leyen auf den Präsidentenposten verschoben wurde. Das war jedoch teuer erkauft mit der Besetzung des Wirtschaftsressorts durch einen Franzosen. Die Zukunft wird zeigen, wer die Oberhand behält.

Die Bevölkerung Großbritanniens hat sich bei aller in den letzten Monaten gezeigten Europaliebe letztlich doch für ihre Liebe zur Demokratie entschieden. Eine Demokratie, die autonom zu handeln in der Lage ist und sich zu demokratischen Entscheidungen wie dem Brexit stellt. Hinzu kam das in seiner Dynamik nicht zu unterschätzende Gefühl von Demütigung: Boris Johnson war von den Regierungschefs kleiner Staaten wie Luxembourg oder gar Irland öffentlich heruntergeputzt worden. Das trifft das nationale Gefühl. Boris Johnson war plötzlich zum stellvertretenden Prügelknaben des British Empires geworden.

 "Get Brexit Done" sollte nun endlich möglich sein. Nach dem Wahlsieg stiegen sofort die Aktienkurse. Nicht etwa wegen eines sofortigen  Aufschwungs in Großbritannien, sondern wegen der lange ersehnten Klarheit, ob der Brexit nun kommt. Ja, der Brexit wird kommen! Die Frage nach den Empfehlungen für Unternehmen wurde mit einem allgemeinen Achselzucken beantwortet. Dann Stille und ratloses Umherschweifen der Blicke. Nachdem sich die Starre im Panel gelöst hatte, wurde empfohlen, die eigenen Zuständigkeitsbereiche auf Brexit-Relevanz zu prüfen und vorbereitende Maßnahmen zu ergreifen. Besonders intensiv werden wohl Logistikunternehmen, der Handel und die Mitarbeiter internationaler Unternehmen betroffen sein. Für alle anderen gelte der Spruch "Keep calm and wait" - "Entspann' dich und warte ab".

Autor: Matthias Baumann

Dienstag, 10. Dezember 2019

Präsidentin von Singapur, Halimah Yacob, erscheint zusammen mit ihrem Mann zum Staatsbesuch in Berlin

Wer sich kaufmännisch fit machen möchte, sollte eine gewisse Zeit im Einzelhandel arbeiten. Ist dann noch der Zugriff auf ein Warenwirtschaftssystem gewährt, steht dem Lernerfolg nichts mehr im Wege: Preisoptik, Renner-Penner-Auswertungen, Preiskalkulation und die Ermittlung der Rendite. Die Rendite ist der Betrag zwischen Einkaufspreis und Verkaufspreis, also das, was am Ende übrig bleibt - der Gewinn. Je größer die Fläche des Ladens, umso mehr muss angeboten und verkauft werden, damit der Gewinn je Quadratmeter gut aussieht. Das nennt man dann Flächenproduktivität. Deutschlandweit liegt die Flächenprioduktivität bei 3.500 Euro pro Quadratmeter und in Norwegen bei 6.430 Euro. In Berlin zählen die Tankstellen zu den Handelsunternehmen mit der höchsten Flächenproduktivität.

Präsidentin Singapur Halimah Yacob Schloss Bellevue Bundespräsident Steinmeier Berlin
Staatsbesuch der Präsidentin von Singapur, Halimah Yacob, in Deutschland - Empfang am Portal des Schlosses Bellevue durch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (rechts) und dessen Gattin Elke Büdenbender (links). Links neben Frau Halimah Yacob steht ihr Ehemann Mohamed Abdullah Alhabshee. Die wichtigen Gruppenfotos am Portal wurden durch einen nicht enden wollenden Kampf - etwa 30 Sekunden - mit den Knöpfen am Mantel der Präsidentin überschattet.
Berlin wird nachgesagt, es sei "arm aber sexy". Berlin hat eine Fläche von knapp 900 Quadratkilometern. Singapur hat eine Fläche von 721 Quadratkilometern und kann sich wegen seiner geografischen Lage kaum vergrößern. Singapur hat aber einen entscheidenden Trumpf: Es liegt als Insel an der Durchfahrt vom Südchinesischen Meer zum Indischen Ozean. Wer also von China nach Indien reisen möchte, kommt unweigerlich an Singapur vorbei. Das hatten auch schon die Briten Anfang des 19. Jahrhunderts entdeckt und die Insel mal eben als ihren Handelsplatz deklariert - mit allen daraus folgenden Konsequenzen. Erst 1965 wurde Singapur unabhängig, gehört jetzt aber zum Commonwealth.

Ein so wichtiger Handelsplatz bringt es mit sich, dass eine erhebliche ethnische und religiöse Durchmischung entstanden ist. Hier tummeln sich Buddhisten, Christen, Moslems, Daoisten und Hinduisten mit beachtlichen Bevölkerungsanteilen. Gelegentlich gibt es Auseinandersetzungen. Extrem hohe Geldstrafen für alltägliche Kleinstvergehen wie unerlaubtes Rauchen für 1.000 Dollar oder unerlaubtes Essen für 500 Euro sorgen für ein allgemeines Klima der Übervorsicht  und eben für Ruhe. Singapur hat vier Amtssprachen: Englisch, Chinesisch, Malaiisch und Tamil. Singapur erzeugt auf der kleinen Fläche ein Bruttoinlandsprodukt von 347 Milliarden USD. Dieser Wert liegt etwas unter dem von Österreich und wird von knapp 6 Millionen Einwohnern produziert.

Präsidentin Singapur Halimah Yacob Schloss Bellevue Bundespräsident Steinmeier Berlin
Staatsbesuch der Präsidentin von Singapur, Halimah Yacob, in Deutschland - Flagge Singapurs in der Innenstadt von Berlin
Die Flagge von Singapur ist zwar stark an die Flagge des südwestlichen Nachbarn Indonesien angelehnt, trägt aber im oberen Bereich noch einen Halbmond und 5 Sterne. Der Halbmond soll wohl nicht für den Islam stehen und die fünf Sterne auch nicht für die fünf Säulen desselben, sondern für die Grundwerte: Demokratie, Gleichheit, Gerechtigkeit, Fortschritt und Frieden. Oben Rot lässt sich gut merken, weil im Norden das rote China sitzt und unten Weiß, weil im Süden das weiße Australien liegt.

Die Präsidentin von Singapur, Halimah binti Yacob, absolviert seit heute einen Staatsbesuch in Deutschland. Bei Staatsbesuchen ist es üblich, den Ehepartner mitzubringen. In diesem Falle ihren Gatten, Mohamed Abdullah Alhabshee. Wie der Name Halimah binti Yacob verrät, hieß ihr Vater Yacob. Das dazwischen gesetzte "binti" bedeutet "Tochter von" und wird oftmals einfach weggelassen. Yakob war Inder und die Mutter der Präsidentin stammte aus Malaysia. Ihre Kindheit war nicht einfach und sie musste sich schon früh um das Überleben der Familie kümmern. Dennoch konnte sie Jura studieren und bekam auf diesem Gebiet sogar einen Ehrendoktortitel.

Auch heute noch lebt sie bescheiden in einer 5-Zimmer-Sozialwohnung. Das ist zwar volksnah, entspricht aber nicht den Sicherheitsanforderungen für den Inhaber eines prominenten Amtes. Halimah binti Yacob selbst gehört dem Islam an. Ihr Mann ist auch Moslem und genießt bereits sein Rentendasein. Halimah Yacob wirkt mit ihren 65 Jahren recht agil. Präsidentin von Singapur ist sie seit 2017. Der Wahlkampf war von einer Schlammschlacht in den sozialen Medien begleitet, bei der auch der Hashtag #NotMyPresident zur höchsten Blüte reifen konnte.

Videos:
Militärische Ehren anlässlich des Staatsbesuches der Präsidentin von Singapur, Halimah Yacob
Kranzniederlegung an der Neuen Wache
Fackelspalier und Eintreffen der Gäste zum Staatsbankett im Schloss Bellevue
Defilee zum Staatsbankett im Schloss Bellevue

Autor: Matthias Baumann

Donnerstag, 5. Dezember 2019

Kasachstans Präsident Kassim-Schomart Tokajew zum Antrittsbesuch in Berlin empfangen

Kassim-Schomart Tokajew ist 67 Jahre alt und seit März 2019 Präsident von Kasachstan. Er ist Doktor der Geschichte und hat seine umfangreiche Ausbildung in Moskau und Peking genossen. Da seine Geburtsstadt Alma-Ata in der damaligen Sowjetunion lag, machte er dort seine diplomatische Karriere. Dabei vertrat er die Sowjetunion in Singapur und China.

Mit der Abspaltung Kasachstans 1991 stieg er in die dortige Politik ein und wurde 1994 bereits Außenminister. 1999 wurde er Premierminister Kasachstans. Rücktritte scheinen in Kasachstan zum guten Ton zu gehören. Dadurch gab es mehrere Wechsel in der Biografie von Kassim-Schomart Tokajew. Irgendwann arbeitete er wieder als Außenminister, ging nach Genf zur UNO-Abrüstungskommission und wurde Anfang des Jahres zum Präsidenten ernannt.

Kasachstans Präsident Kassim-Schomart Tokajew Antrittsbesuch Berlin Angela Merkel
Kasachstans Präsident Kassim-Schomart Tokajew zum Antrittsbesuch in Berlin durch Angela Merkel empfangen
Dass er nach acht Monaten schon einen Termin in Berlin bekommt, kann als Ehre betrachtet werden. Andere Präsidenten besuchen Angela Merkel erst kurz vor dem Ende ihrer Amtsperiode. Im August war der neue Botschafter Kasachstans akkreditiert worden. Dieser stand heute auch in der Delegation und schüttelte der Kanzlerin die Hand. Im Kanzleramt gab es ein Mittagessen und Gespräche. Ein Schwerpunkt dabei waren die wirtschaftlichen Beziehungen, aber auch die Aktivitäten Chinas beim Ausbau ihrer neuen Seidenstraße. Deutschland bezieht aus Kasachstan hauptsächlich Rohstoffe. Im Umkehrschluss wünscht sich das Land mehr deutsche Investitionen und schafft dazu gerade die entsprechenden Voraussetzungen. Anschließend fuhr Kassim-Schomart Tokajew weiter zu Gesprächen beim Bundespräsidenten.

Die militärischen Ehren hatte Kassim-Schomart Tokajew jedoch bei Angela Merkel bekommen. Seit dem Besuch des ukrainischen Präsidenten im Juni 2019 sitzt Angela Merkel während der Nationalhymnen. In den sozialen Medien wird ihr das regelmäßig als Despektierlichkeit gegenüber Deutschland und der eigenen Hymne ausgelegt. Wilde Verschwörungstheorien werden um dieses Sitzen entfaltet. Umso pikanter, dass der kasachische Präsident heute zu seiner Hymne aufstand und die Hand aufs Herz legte, während die Kanzlerin konsequent sitzen blieb.

Kasachstans Präsident Kassim-Schomart Tokajew Antrittsbesuch Berlin Angela Merkel
Kasachstans Präsident Kassim-Schomart Tokajew zum Antrittsbesuch in Berlin durch Angela Merkel empfangen - Nationalhymne Kasachstans
Die Flagge Kasachstans ist hellblau und ähnelt der Flagge der Uiguren. Die muslimischen Uiguren leben in einem heißen Konflikt mit China. Kasachstan ist da etwas angepasster. Besonders gut sind die Beziehungen zu Russland, speziell im Bereich der Landesverteidigung. So betreibt Russland eine wichtige Radarstation in Kasachstan und hat S-300PS-Raketensysteme dort installiert. Kasachstan konzentriert sich derzeit auf den Ausbau der Cyber-Abwehr, des Grenzschutzes und der Terror-Bekämpfung. Die Militärausgaben liegen weit unter einem Prozent des BIP. Das Land mit seinen 18 Millionen Einwohnern verfügt über 300 Kampfpanzer aus russischer Produktion. Das sind mehr, als die Bundeswehr betreibt.

Kasachstan grenzt im Westen an das Kaspische Meer. Umso erstaunlicher ist es, dass Menschen aus Ländern dieser Region oft nicht schwimmen können und sich auch nachhaltig gegen ein Erlernen dieser Fähigkeit wehren. Für Russland ist das Land eine interessante geostrategische Pufferzone. Die gesamte Nordgrenze zieht sich an Russland entlang. Im Süden liegen die muslimisch geprägten Staaten Turkmenistan, Usbekistan und Kirgisistan. Der ethnische und religiöse Frieden ist in der Region recht fragil. Von daher ist Russland froh, wenn es sich auf den Mann an der Spitze Kasachstans verlassen kann.

Video:
Militärische Ehren für den Präsidenten Kasachstans, Kassim-Schomart Tokajew

Autor: Matthias Baumann

Freitag, 29. November 2019

Black Friday: Kinder aus der Bürgermeister-Herz-Grundschule schalten das Weihnachtsbaumlicht am Schloss Bellevue ein

Achtung! Dieser Artikel enthält Ironie.

Es gehört wohl zur Tradition, dass der Weihnachtsbaum vor dem Schloss Bellevue immer am Black Friday eingeschaltet wird. Der Black Friday ist eine amerikanische Erfindung und nicht zu verwechseln mit dem Black Thursday - dem Tag des legendären Börsenzusammenbruchs im Oktober 1929.

In Ergänzung zu Endlos-Baustellen, unvorhersehbaren Ausfällen im öffentlichen Nahverkehr und der neuerlich eingeführten Mobilitätsverhinderung durch Tempo-10-Zonen waren für den heutigen Black Friday wieder Straßensperren in der Innenstadt Berlins avisiert: Fridays For Future. Bei Fridays For Future geht es um die ökologische Zukunft. Die ökonomische Gegenwart hingegen wurde heute in den Kaufhäusern entschieden. Selbst in den Banken war es heute so voll, als würde es morgen kein Bargeld mehr geben. Der Black Friday gilt in den USA als der umsatzstärkste Tag des Jahres, weil er einen Brückentag zwischen Thanksgiving (vierter Donnerstag im November) und dem Wochenende bildet. Clever, dass sich die Schüler von Fridays For Future auch so einen Brückentag geschaffen haben - allerdings ganzjährig.

Kinder aus der Bürgermeister-Herz-Grundschule schalten das Weihnachtsbaumlicht am Schloss Bellevue ein
Kinder aus der Bürgermeister-Herz-Grundschule schalten zusammen mit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und dessen Gattin Elke Büdenbender das Licht am Weihnachtsbaum vor dem Schloss Bellevue ein.
Während also Heerscharen von Schülern ihren Brückentag für einen Besuch in der City nutzten, mussten die Kinder der Bürgermeister-Herz-Grundschule den Vormittag mit ihren Lehrern verbringen und unter deren Aufsicht eine äußerst umweltfeindliche Tat vollbringen. Sie sollten den Strom für die Beleuchtung des Weihnachtsbaumes vor Schloss Bellevue einschalten - mit einem Button in Schwarz-Rot-Gold, den Farben des Establishments. Hinzu kam noch: Der Bundespräsident und seine Gattin begrüßten sowohl die Schüler als auch das Einschalten des Lichtes am Weihnachtsbaum. Ein klarer Akt gescheiterter Energiepolitik der Bundesregierung, der in dieser eklatanten Form nur noch an den Weihnachtsbäumen im Kanzleramt und dem Finanzministerium seine Nachahmung findet.

Über einen Monat lang wird auf Kosten des Steuerzahlers die Lichterkette eingeschaltet bleiben, nur damit sich Touristen, Schlossmitarbeiter, das Präsidentenpaar, Staatsgäste oder gar Kinder daran erfreuen können. Unfassbar! Nur gut, dass Greta Thunberg nicht dabei war. Vermutlich hätte sie beim Anblick der 12 Meter hohen Nordmanntanne aus dem brandenburgischen Ferch ein neues Produkt für das aus ihrer Heimat stammende Möbelhaus kreiert. Letzteres hat aus dem Black Friday die Black Freudays gemacht und bietet im Januar sogar die Möglichkeit, seinen Weihnachtsbaum dort abzugeben.

Weihnachtsbaum Schloss Bellevue
Weihnachtsbaum vor dem Schloss Bellevue
Jetzt mal im Ernst: Das Einschalten des Lichtes am Weihnachtsbaum vor dem Schloss Bellevue hat Tradition. Grundschulklassen aus ganz Deutschland durften bereits den großen Button betätigen. Für das Präsidentenpaar und die Kinder ist das immer eine große Freude. Anschließend bekommen die lieben Kleinen immer noch Kakao und Weihnachtstüten. Wer diese Aktion über mehrere Jahre begleitet hat, wird vermutlich zustimmen, dass die Grundschüler aus Berlin-Kreuzberg eine hervorragende Performance abgeliefert haben.

Video:
Die Klasse 4a aus der Bürgermeister-Herz-Grundschule aus Berlin-Kreuzberg schaltet das Licht am Weihnachtsbaum vor dem Schloss Bellevue ein.

Autor: Matthias Baumann

Dienstag, 26. November 2019

AKK besucht den Cyber Innovation Hub und zeigt sich begeistert

Ein begeistertes "Coooool" entwich dem Mund der Ministerin, als ihr ein Funkadapter für Auslandseinsätze überreicht wurde. Dieser war schwarz und hatte die Form einer elektrischen Zahnbürste. Man könne ihn auf ein Handy stecken und per Bluetooth eine gesicherte Funkverbindung herstellen, ohne das regionale Netz nutzen zu müssen. Reichweite ein Kilometer und deutlich leichter als die herkömmlichen Funkgeräte.

#AKK Cyber Innovation Hub
Annegret Kramp-Karrenbauer #AKK besucht den Cyber Innovation Hub - Vorstellung des Segelflugsimulators
Heute besuchte Annegret Kramp-Karrenbauer den Cyber Innovation Hub in Berlin. Während sich die verschiedenen Dienststellen des Cyber-Informationsraums (CIR) im Rheinland breit gemacht haben, wurde der Cyber Innovation Hub bewusst in Berlin angesiedelt. In Berlin tummeln sich die Start-ups. Hier können die Individualisten der Tech-Szene ihren Kaffee auf Englisch bestellen. Sie können sich mit Gleichgesinnten aus aller Welt vernetzen. Fast schon wie im Silicon Valley. Der Großraum Bonn ist für diese Ideengeber und Macher einfach zu provinziell. Übrigens versteht sich der Cyber Innovation Hub nicht als Think Tank (Denk-Fabrik), sondern als Do Tank (Tat-Fabrik).

Die jüngsten Erfahrungen mit Disruption haben gezeigt, dass die Hybris etablierter Großunternehmen zuweilen existenzielle Folgen haben kann. Die kleinen Unternehmen der IT-Branche mit ihren durchschnittlich zehn Mitarbeitern arbeiten kosteneffizient, können flexibel auf den Markt reagieren und zeitnah nutzbare Lösungen liefern. Ein Beispiel dafür war der Segelflugsimulator, der der Ministerin heute als erstes Projekt vorgestellt wurde. In weniger als sechs Monaten war von ambitionierten Tüftlern ein serienreifes Schulungsinstrument für angehende Piloten geschaffen worden.

#AKK Cyber Innovation Hub
Annegret Kramp-Karrenbauer #AKK besucht den Cyber Innovation Hub - Wappen des Cyber Innovation Hubs
Es wurden weitere Projekte des Cyber Innovation Hubs vorgestellt. Dabei zeigte sich, dass fast alle Mitarbeiter entweder Reservisten oder Zivilangestellte sind. Der Charme des Reservisteneinsatzes besteht darin, dass er gemäß seines Durchschnittseinkommens und nicht nach Dienstgrad bezahlt wird. So kann ein Programmierer im Dienstgrad eines Obergefreiten mit dem Gehalt eines Generals nach Hause gehen, wenn das seinem zivilen Einkommen entspricht. Da man in Deutschland über sein Gehalt nicht redet, lässt sich das gut kaschieren.

Reservisten dürfen jedoch nur maximal zehn Monate bleiben und müssen dann erst einmal wieder ins Zivilleben zurück. Das nennt sich Wehrübung. Die Entscheidung für einen Kompletteinstieg bei der Bundeswehr könnte finanziell kontraproduktiv sein. Dann greift nämlich die Besoldung nach Dienstgrad. Die Bundeswehr schafft sich auch selbst Experten, indem sie entsprechende Studiengänge entwickelt. Ein Angehöriger des Cyber Innovation Hubs berichtete, dass es auch ehemalige Start-up-Gründer gäbe, die wegen eines ertragreichen Exits finanziell ausgesorgt hätten und nun aus reinem Spaß an der Sache für die Bundeswehr arbeiten.

#AKK Cyber Innovation Hub
Annegret Kramp-Karrenbauer #AKK besucht den Cyber Innovation Hub - Logo CYb3r1nn0v4710nhUbbW
Die Location entspricht dem, was Mitarbeiter eines Start-ups erwarten: Getränke, Obst, Sitzecke, aufgeputzter Fabrikhallencharme. Um den Mitarbeitern jederzeit die Marke Bundeswehr vor Augen zu führen, ist der Hausflur mit Reliquien der Marine verziert, schwarz-rot-goldene Wachhäuschen flankieren den Team-Tisch und soweit das Auge reicht 120mm Munitionshülsen. Die Ministerin nahm heute stilecht auf Munitionskisten mit Sandsack platz. Hinter ihr eine 120mm-Hülsen-Deko.

Die Zukunft des Cyber Innovation Hubs war bei dessen Gründung noch völlig unklar. Nach einer Testphase wollte man schauen, ob das etwas bringt und wie es sich entwickelt. Es gab heute widersprüchliche Aussagen dazu, in welche Struktur der Cyber Innovation Hub eingebettet ist: Kommando CIR (Cyber-Informationsraum) oder Abteilung CIT (Cyber- und Informationstechnik) beim BMVg. Da Generalleutnant Michael Vetter vor Ort war, liegt eine Zuordnung zu CIT nahe.

Der Cyber Innovation Hub entwickelt die Lösungen übrigens nicht selbst. Die Mitarbeiter suchen nach Maßgabe des Bedarfs eine bereits vorhandene Lösung am Markt. Diese wird dann eingekauft und entsprechend angepasst. Gerade für kleine Unternehmen besteht damit die Chance eines eleganten Einstiegs in die Behördenlandschaft. Die Bundeswehr stellt ein lukratives Sprungbrett dar und zahlt sogar zielgerecht. Es wird aber auch international eingekauft - beispielsweise in Dänemark, den USA oder Israel. Die bisherige Arbeit des Innovation Hubs wurde heute als erfolgreich bewertet. Deshalb wird diese Einrichtung in Kürze in die BWI überführt. Die BWI ist eine IT-GmbH, deren Alleingesellschafter der Bund ist. Die BWI wird von einem vierköpfigen Management-Team geführt.

#AKK Cyber Innovation Hub
Annegret Kramp-Karrenbauer #AKK besucht den Cyber Innovation Hub - Abschlussstatement der Ministerin
In ihrem finalen Statement sprach sich die Ministerin für schnellere und agilere Abläufe aus. Durch die schwerfällige Bürokratie müsse endlich ein "frischer Wind" wehen. Es solle "Innovationssprünge" geben sowie Freiraum für "Geistesblitze" und "schräge Ideen". Die innovative Start-up-Denke müsse sich durch die gesamte Bundeswehr ziehen.

Nach dem Statement wurde die Ministerin noch um einen Eintrag ins Gästebuch gebeten: "Digital oder analog?"

Autor: Matthias Baumann

Montag, 25. November 2019

#MSC Cyber Security Summit - Bot or Not? Resilienz gegen Desinformation und Fake News

Wenn das Attentat von Christchurch am 15. März 2019 etwas Gutes hatte, dann den Effekt, dass Neuseeland eine erhebliche Resilienz gegenüber der missbräuchlichen Nutzung des Internets aufgebaut hat. Der Täter wollte seine Aktion live über das Internet streamen. Am selben Tag wurden über eine Million Kopien des Videos über Facebook geteilt und bei YouTube wurde pro Sekunde ein Upload mit diesem Material gestartet. Facebook und YouTube hatten alle Hände voll zu tun, diese neuen Inhalte zeitnah zu löschen. Die Datenflut kam schon fast einer DDoS-Attacke gleich.

Kurz darauf setzte sich die Regierung Neuseelands mit Frankreich, der EU, Microsoft, Facebook und Google zusammen. Laut Paul Ash vom National Cyber Policy Office bei der Prämierministerin Neuseelands war das sehr konstruktiv. Im September gab es ein weiteres Treffen mit der Regierung, Unternehmen und der Öffentlichkeit. Alle sollten in den Resilienzprozess eingebunden werden. Nächste Woche kommen etwa 100 Experten in Neuseeland mit YouTube zusammen. Es ist ein angeregter Diskurs über den Missbrauch des Internets in Gang gekommen.

#MSC Cyber Security Summit
#MSC Cyber Security Summit - Munition für das Internet: Content.
Ohne solch ein konkretes Szenario haben sich auch die ASEAN-Staaten getroffen und über den Aufbau von Resilienz beraten. Momentan läuft das nur auf der administrativen Ebene. Unternehmen wurden bisher nicht eingebunden, weil man die rechtlichen Hürden scheut. Man taste sich langsam an das Thema heran. Generell müsse es aber eine Annäherung zwischen politischen Entscheidern und technischer Kompetenz geben. Ein Teilnehmer brachte es sehr gut auf den Punkt: "Bevor du eine Entscheidung treffen kannst, musst du erst einmal das Thema verstehen."

Während die Politik immer Vertrauen einfordert, kommen die Akteure an der Front damit gar nicht klar. "Das Konzept des Vertrauens verwirrt mich", gab Sandra Joyce von Global Intelligence, FireEye, aus Washington D.C. zu bedenken. Die Recherchen ihrer Organisation zeigen, dass  Vertrauen kaum noch möglich ist. Dabei sei zwischen zwei Hauptkomponenten zu unterscheiden: Infrastruktur und Inhalt. Das Thema Infrastruktur wurde bereits am Vortag in Bezug auf G5 behandelt. Beim heutigen zweiten Tag des MSC Cyber Security Summits im Auswärtigen Amt ging es mehr um die Inhalte, den sogenannten Content.

Problematisch seien gar nicht die klar erkennbaren Fake News, sondern reale Infos, die gekürzt und tendenziös dargestellt werden. Hinzu kommen nichtauthentische Informationen, die von Maschinen erzeugt werden - von Bots. So überschwemmen Parteien mit polarisierter Ausrichtung das Internet mit Content, der andere politische Player wegdrückt. Mehr als 25% des Contents können dann von Bots erzeugt sein, was an den nichthumanen Mustern erkennbar ist. Facebook und auch YouTube sind inzwischen radikal gegen Fake-Accounts vorgegangen und haben diese gelöscht.

Da heute jeder schnell und viral seine Inhalte veröffentlichen kann, ist es schwer geworden, die Fakten zu prüfen. Das Timing spielt ebenfalls eine große Rolle. Um einen Rivalen am effektivsten in Misskredit zu bringen, wird bis kurz vor die nächste Wahl gewartet und dann gezielt die pikante Neuigkeit platziert. Das russische Kreditinstitut Sberbank wurde beispielsweise über dessen Großkunden angegriffen. Während die Großkunden im Internet diffamiert wurden, rannten die Kleinanleger zu den Geldautomaten und hoben um die acht Milliarden USD Bargeld ab. Hinzu kamen bei der Sberbank die täglich weit über 1.000 Angriffe auf die Infrastruktur - wohl aus Ländern, die im Gegenzug Russland für Cyberangriffe verantwortlich machen.

Was die westlichen Demokratien betrifft, findet seit zwei Jahren ein starker Angriff auf die Vertrauenswürdigkeit der Justiz statt. Es werde verbreitet, dass das westliche Justizsystem bereits zusammengebrochen sei. Es wird der Eindruck vermittelt, dass die Demokratie zu schwach sei und kurz vor dem Ableben stehe. Da können beherzte Aktionen wie die Abschiebung krimineller Subjekte - beispielsweise in den Libanon - einen nützlichen Gegenakzent setzen. Israel, das für seine unkonventionelle Lagebereinigung bekannt ist, hat schon lange sämtliche Player an einen Tisch gebracht. Es gibt dort sehr kurze Wege zwischen Politik, Wirtschaft, Forschung und Militär. Kein Wunder also, dass Israel auch bei Cyber Security ganz weit vorne mitmischt.

Dennoch sprach man sich heute klar für die freie Meinungsäußerung aus. Auch der Luxus der Meinungspluralität müsse gewahrt bleiben. Das schließe auch den fairen Umgang mit anderen Meinungen ein. Allerdings müsse das im Rahmen der gesetzlichen Regeln ablaufen - siehe Grundgesetz Artikel 5. Freie Meinungsäußerung hat ihre Grenzen, wenn es in Richtung Beleidigung und Verleumdung geht. Maschinen haben gar kein Recht auf Meinungsäußerung - eine klare Absage an Bots.

Autor: Matthias Baumann

Sonntag, 24. November 2019

#MSC Cyber Security Summit - 5G und die Verschiebung der Hoheit über das Internet

Die Teilnehmer aus Iran waren "not amused" über das, was wie selbstverständlich auf der Bühne diskutiert wurde. Es war bemängelt worden, dass die Regierung des Iran einfach mal das Internet abschaltet, während sich in den Straßen bürgerkriegsähnliche Szenen abspielen. In einem Koreferat wurde die Frage aufgeworfen, wie denn in Europa mit solchen Situationen umgegangen würde? Man habe damit im Iran weitere Gewalt verhindern wollen. Das hochkarätig besetzte Panel sprach sich dennoch sehr klar gegen eine pauschale Abschaltung des Internets aus. G20 im Juli 2017 in Hamburg wäre eine entsprechende Gelegenheit gewesen.

Am heutigen Cyber Security Summit der MSC (Münchner Sicherheitskonferenz) in der Telekomrepräsentanz hatten etwa 150 Experten aus Politik, Wirtschaft und Militär teilgenommen. Letztere waren deutlich unterrepräsentiert. Dafür hatte der Chef der MSC, Botschafter Wolfgang Ischinger, die Kommunikationsminister verschiedener Staaten und Cyberspace-Entscheider renommierter Unternehmen wie Oracle, Microsoft oder Telekom zusammengebracht.

Ein akutes Thema war 5G. Die Abkürzung 5G steht ganz unspektakulär für "5. Generation". Damit ist ein neuer Standard für mobiles Internet und Mobiltelefonie gemeint. Der Knackpunkt dabei ist jedoch, dass die Standards inzwischen nicht mehr von der westlichen Welt vorgegeben werden, sondern von China. Der Direktor des chinesischen Cyberspace Governance Research Institutes, Shen Yi, betonte, dass China ein demokratischer Staat sei - vergleichbar mit Europa und den USA. Die Regierung Chinas könne nicht einfach in Unternehmen eingreifen und deren Technologien für eigene Zwecke nutzen. Sein Vertrauen in diese Aussage wirkte authentisch.

Sicherheit passt in Mitteleuropa nicht in das bunte Spektrum der politischen Korrektheit. Das betrifft auch die Cybersicherheit. Es gibt zwar die überarbeitete Datenschutzgrundverordnung (DSGVO). Diese ist aber eher Ballast und Abschreckung als ein beflügelndes Werkzeug für kreative Entwickler. Während sich im Westen die "Policymaker" mit den Technikern bitweise annähern, rast China auf der Überholspur vorbei und schafft technologische Tatsachen. Durchaus attraktive Tatsachen, die Begehrlichkeiten befriedigen und bald nicht mehr aus dem Alltag wegzudenken sind.

Wohl dem, der die Hoheit über die Infrastruktur besitzt. Er kann mitlesen, kopieren, zwischenspeichern, archivieren oder einfach abschalten. Auf der Bühne wurde der Ruf nach einer eigenen europäischen Lösung laut. Man müsse die Technologie zudem mit ethischen Grundsätzen verknüpfen. Das setzt allerdings voraus, dass man selbst noch die Regeln bestimmen kann. Ist der regelfokussierte Westen nicht mehr "Top of the Game", nützen ihm die Werte gar nichts mehr.

Nach drei anregenden Themenblöcken machten sich die Teilnehmer des Cyber Security Summits auf den Weg zum nahegelegenen Kommunikationsmuseum. Dort wartete Wirtschaftsminister Peter Altmaier mit einem Dinner auf die Experten.

Autor: Matthias Baumann

Donnerstag, 21. November 2019

Botschafter von Côte d'Ivoire (Elfenbeinküste) und Katar beim Bundespräsidenten akkreditiert

Die heutige Botschafter-Akkreditierung war nach einer Stunde vorbei. Es wurden diesmal nur zwei Botschafter akkreditiert. Die Frauenquote lag bei null Prozent. Hier die Exzellenzen in der Reihenfolge ihres Erscheinens:

Republik Côte d‘Ivoire, Philippe Mangou
Staat Katar, Mohammed bin Jaham Al-Kuwari

Botschfter akkreditiert Côte d‘Ivoire Elfenbeinküste Philippe Mangou
Botschfter der Republik Côte d‘Ivoire (Elfenbeinküste) akkreditiert: Philippe Mangou
Côte d‘Ivoire - auch als Elfenbeinküste bekannt und gesprochen "Kott-die-guar" - liegt in Westafrika und hat eine lange südliche Atlantikküste. Bei der für die nächsten Jahre prognostizierten Erderwärmung wird die Elfenbeinküste nicht mehr bewohnbar sein. Die derzeit 26 Millionen Einwohner des Landes werden sich dann allesamt nach Norden bewegen müssen. Der Rest des auf den jüngsten Sicherheitskonferenzen hochgerechneten Szenarios sei dem Leser an dieser Stelle erspart, zumal das auch die Nachbarstaaten Liberia, Ghana, Togo, Benin und Nigeria betreffen wird.

Botschfter akkreditiert Côte d‘Ivoire Elfenbeinküste Philippe Mangou
Botschfter der Republik Côte d‘Ivoire (Elfenbeinküste) akkreditiert: Philippe Mangou - Nein, das ist nicht die Flagge von Irland. Das ist die Flagge der Republik Côte d'Ivoire (Elfenbeinküste).
Botschafter Philippe Mangou war General und Stabschef der Streitkräfte der Elfenbeinküste. Bei einer Regierungskrise 2011 wurde sein Haus von schwerbewaffneten Einheiten belagert. Er konnte jedoch zusammen mit seiner Familie fliehen. Die Elfenbeinküste hat ein bemerkenswertes Verteidigungsbudget von 2,03% des BIP und verfügt über 10 Kampfpanzer aus russischer Produktion. Gemessen an der langen Küste ist die Marine mit ihren 1.000 Soldaten eher homöopatisch aufgestellt. Insgesamt liegt die Militärquote im Verhältnis zur Gesamtbevölkerung mit 1:1.000 deutlich niedriger als in Deutschland.

Botschafter akkreditiert Katar Mohammed bin Jaham Al-Kuwari
Botschafter des Staates Katar akkreditiert: Mohammed bin Jaham Al-Kuwari
Der zweite Botschafter kam aus Katar. Katar ist das Land, das von einem Emir regiert wird, sich gerade mit sämtlichen arabischen Staaten verstritten hat und über eine sehr eigenwillige Flagge verfügt. Katar grenzt an Bahrain, das eine ähnliche Flagge wie Katar hat. Neun Dreiecke bilden die Zacken zwischen dem weißen und dem bordeauxroten Teil mit dem hexadezimalen Farbcode #70193D. Bahrain hat nur fünf Zacken, die die fünf Säulen des Islam symbolisieren sollen. Beide Staaten sind Monarchien.

Botschafter akkreditiert Katar Mohammed bin Jaham Al-Kuwari
Botschafter des Staates Katar akkreditiert: Mohammed bin Jaham Al-Kuwari - Flagge des Staates Katar
Auch in Katar ist es sehr warm. Immerhin liegt es direkt am Persischen Golf. Katar macht keine Angaben zu seinen Militärausgaben, legt aber einen hohen Fokus auf seine Landstreitkräfte. Katar verfügt über 62 Kampfpanzer aus deutscher Produktion: Leopard 2A7+.

Botschafter Mohammed bin Jaham Al-Kuwari ist ein erfahrener Diplomat. Er hatte sein Land bereits im Iran, in Frankreich, der Schweiz und den USA vertreten. Seine Exzellenz ist 61 Jahre alt und hat mehrere Studiengänge an renommierten Universitäten abgeschlossen: Politikwissenschaften und Internationale Beziehungen. Man könnte ihn als Kenner der westlichen Denkweise bezeichnen, so dass er in Deutschland sicher eine erfolgreiche Arbeit leisten wird.

Video:
Akkreditierung des Botschafters von Côte d‘Ivoire, Philippe Mangou
Akkreditierung des Botschafters von Katar, Mohammed bin Jaham Al-Kuwari

Autor: Matthias Baumann

Dienstag, 19. November 2019

Compact with Africa - 12 afrikanische Staaten treffen sich zu einer Konferenz in Berlin

Im März 2017 ging von Deutschland eine Initiative aus, die Privatwirtschaft in Afrika zu stärken. Das BMZ unter Bundesminister Gerd Müller hatte schon länger mit Argwohn auf das Gießkannenprinzip bei der Verteilung von Entwicklungshilfe geschaut. Man wolle endlich Ergebnisse sehen. Dass das Ausbleiben von Ergebnissen und eine ausgeprägte Empfängerhaltung auch Mentalitätsgründe haben könnte, wird hierzulande regelmäßig bestritten.

Compact with Africa - Afrikanische Staaten treffen sich zu einer Konferenz in Berlin
Compact with Africa - 7 afrikanische Staats- und Regierungschefs zum Abendempfang bei Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier im Schloss Bellevue: v.l.n.r. Ministerpräsident Republik Togo, Sélom Komi Klassou; Präsident Burkina Faso, Roch Marc Christian Kaboré; Präsident Republik Guinea, Prof. Alpha Condé; Präsident Republik Ruanda, Paul Kagame; Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier; Präsident Republik Côte d'Ivoire, Alassane Ouattara; Präsident Arabische Republik Ägypten, Abdelfattah Al-Sisi; Präsident Republik Ghana, Nana Addo Dankwa Akufo-Addo
Jedenfalls fand Deutschland in Südafrika einen Verbündeten und rief gemeinsam mit der African Development Bank Group, dem International Monetary Fund und der World Bank Group die Initiative "Compact with Africa" ins Leben. Der Initiative haben sich inzwischen 12 Staaten aus dem nördlichen Teil Afrikas angeschlossen. Das sind Ägypten, Äthiopien, Benin, Burkina Faso, Côte d'Ivoire (Elfenbeinküste), Ghana, Guinea, Marokko, Ruanda, Senegal, Tunesien und Togo. Diese Staaten wurden mit Wirtschaftsexperten und Investoren aus G20-Staaten vernetzt. Dadurch konnten Istzustände analysiert, Lösungsvorschläge unterbreitet und bereits erste Erfolge bei der Entwicklung der Wirtschafts- und Finanzsysteme registriert werden.

Das wichtigste Ziel der beratenden und unterstützenden G20-Staaten ist es, die Wirtschaft in Afrika anzukurbeln, Arbeitsplätze zu schaffen und somit die Bleibeperspektive in Afrika zu erhöhen. Diese Kalkulation birgt Chancen und Risiken. Der Idealfall wäre, dass sich Industrie ansiedelt, Arbeitsplätze vor Ort geschaffen werden und die Fachkräfte weitere einheimische Fachkräfte ausbilden. Damit würde ein regionaler Kreislauf entstehen. Ruanda geht hier mit gutem Beispiel voran. Realistisch ist allerdings auch das Risiko, dass sich die in Afrika ausgebildeten Fachkräfte mit ihren neuen Qualifikationen fit für den europäischen Markt fühlen und Afrika den Rücken zukehren. Das initiale Ziel wäre damit verfehlt.

Compact with Africa - Afrikanische Staaten treffen sich zu einer Konferenz in Berlin
Compact with Africa - Eintrag des ägyptischen Präsidenten Abdelfattah Al-Sisi im Gästebuch von Schloss Bellevue - Den Eintrag hatte er mit seinem eigenen Stift vorgenommen.
Das Kerntreffen von "Compact with Africa" findet heute im Bundeskanzleramt statt. Angela Merkel ist Schirmherrin des Meetings. Gestern Abend hatte Bundespräsident Steinmeier bereits ein Abendessen für die Staats- und Regierungschefs gegeben. Am Rande der Konferenz gab es bereits Begegnungen mit dem ägyptischen Präsidenten Abdelfattah Al-Sisi. Weitere Gespräche wird es mit dem Präsidenten von Burkina Faso, Roch Marc Christian Kaboré, und dem Vorsitzenden der Kommission der Afrikanischen Union, Moussa Faki, geben.

Die Initiative ist in mehrfacher Hinsicht eine wichtige Sache. Wieviel "PS dabei auf die Straße gebracht" werden, wird die Zukunft zeigen.

Videos:
Begrüßung von sieben Staats- und Regierungschefs zum Abendessen im Schloss Bellevue
Begrüßung der Präsidenten von Ägypten und Bukina Faso sowie des Vorsitzenden der Afrikanischen Union im Bundeskanzleramt

Autor: Matthias Baumann

Montag, 18. November 2019

Von Rohdich'scher Legatenfonds hilft schnell und unkompliziert in Not geratenen Soldaten

Der von Rohdich'sche Legatenfonds ist ein Zungenbrecher. Am besten, man lässt einen der CH-Laute weg und spricht ihn als "Von Rodischer Legatenfong" aus. Die Eselsbrücke zu Rohdich kann über eine Zerlegung des Namens in das Adjektiv "roh" und die Ansprache "dich" geschaffen werden. Kai Beinke, Kommandeur des Wachbataillons, hatte diesen Namen schneller drauf. Ist er doch Kraft seiner Position automatisch Vorstandsmitglied des von Rohdich'schen Legatenfonds.

Der von Rohdich'sche Legatenfonds ist eng mit der Garde verbunden. Egal, ob es das damalige Grenadier-Garde-Bataillon war oder dessen tradierende Folgeverbände. Der Legatenfonds ist eine auf unbestimmte Zeit angelegte Stiftung für die Garde. Der Stifter des Legatenfonds war General von Rohdich, der einst selbst Teil der Garde gewesen war - zunächst als Kommandeur der Regiments-Garde Nr. 15 und kurz darauf Chef des Grenadier-Garde-Bataillons.

Stiftung von Rohdich'scher Legatenfonds
Stiftung von Rohdich'scher Legatenfonds - Geschäftsführer Hauptmann a.D. Ernst Schüssling erklärt die Eroberung der Batterie von Groeben bei Chlum am 3. Juli 1866
Friedrich Wilhelm Rohdisch kam aus bürgerlichem Hause und kannte daher die Belange des Volkes sehr gut. Seinen Adelstitel bekam er, nachdem er sich in verschiedenen Kriegen als kompetenter Kompaniechef bewiesen hatte. Mit dem "von" im Namen ging es auch bei den Dienstgraden schnell aufwärts. Von Rohdich schaffte es letztlich bis zum preußischen Kriegsminister.

Von Rohdich hatte allerdings sehr spät geheiratet. Dadurch blieb die Ehe kinderlos. Dass er ein Herz für Kinder hat, zeigte sich insbesondere ab seinem 60. Lebensjahr. Da übernahm er nämlich das Potsdamer Große Waisenhaus. Den Waisen von gefallenen Soldaten ging es damals gar nicht gut. Sie wurden in Bergwerke und andere Betriebe geschickt, die weder Mindestlohn noch eine 38-Stunden-Woche kannten. Dem stellte sich von Rohdich entgegen und sorgte insbesondere für die Bildung der Kinder. Zudem unterstützte er Soldatenfamilien und deren Kinder, wenn deren Einkommen nicht zur Deckung des Lebensunterhaltes reichte. Der König verlor damit zwar die billigen Arbeitskräfte, er gewann jedoch die Herzen des militärischen Nachwuchses.

Stiftung von Rohdich'scher Legatenfonds
Stiftung von Rohdich'scher Legatenfonds - Grenadiersmützen und Helm des Preußischen Garde du Corps mit dem heute von den Feldjägern genutzten Stern "suum cuique" (Jedem das Seine).
Wenige Tage vor seinem Tod verfasste von Rohdich ein Testatment und übertrug sein gesamtes Vermögen inklusive Immobilien an den Legatenfonds. Damit seine Frau nicht selbst in Armut geriet, sollte das Vermögen erst nach deren Ableben zur Verfügung stehen. Ein wichtiger Teil dieses Vermögens war das Haus am Pariser Platz 3. Ja, direkt neben der heutigen Botschaft der USA und dem Brandenburger Tor. Auch vor 220 Jahren konnten dort Rekordmieten erwirtschaftet werden. Generalfeldmarschall Wrangel zahlte beispielsweise 20.000 Goldmark pro Jahr für die Anmietung der oberen Etage. Eine Casinogesellschaft spielte weitere Mieteinnahmen ein. Das Geld kam bedürftigen Soldatenfamilien zugute.

Stiftung von Rohdich'scher Legatenfonds
Stiftung von Rohdich'scher Legatenfonds - Orden aus mehreren Jahrhunderten mit Grenadiersmütze und Suum-Cuique-Stern
In der Geschichte des von Rohdich'schen Legatenfonds kam es zu mehreren empfindlichen Brüchen. Der längste Bruch dauerte etwa 50 Jahre und ist noch gar nicht so lange her. Die DDR-Regierung hatte sich freie Sicht auf das Brandenburger Tor und die dahinter verlaufende Mauer verschafft und den Gebäudekomplex um den Pariser Platz abgerissen. Darunter auch das Haus Nummer 3. Aber nicht genug damit. Da kurz vorher Hakenkreuzflaggen am Pariser Platz geweht hatten, wurde das Vermögen des Legatenfonds zu NS-Vermögen erklärt und in Volkseigentum überführt. Durch die enge historische Bindung zu Potsdam standen leider auch die weiteren Immobilien auf dem Boden der DDR und wurden deshalb ebenfalls enteignet.

Der Umsichtigkeit von Heinz-Günter Jansen, einem ehemaligen Kompaniefeldwebel der 2. Kompanie des Wachbataillons, war es zu verdanken, dass bereits 1972 ein Beweissicherungsverfahren eingeleitet wurde. Der altehrwürdige Semper talis Bund durfte gemäß der bundesdeutschen Rechtsprechung die Stiftung weiterhin vertreten und hatte damit die Voraussetzung geschaffen, das Vermögen des Legatenfonds nach der Wiedervereinigung zurückzufordern. Letzteres gelang nur teilweise, weil sich das Finanzministerium quer stellte. Man einigte sich mit den neuen Besitzern des Pariser Platzes 3 - der DZ-Bank und dem AXICA Kongress- und Tagungszentrum - auf eine Ablösesumme. Diese stellte das Startkapital für die Wiederauflage des von Rohdich'schen Legatenfonds dar.

Stiftung von Rohdich'scher Legatenfonds
Stiftung von Rohdich'scher Legatenfonds - Das Bild zeigt die Schlacht bei Leuthen am 5. Dezember 1757. Unter hohen Verluisten wurde einen Tag vor Nikolaus die dortige Wehrkirche erstürmt. Maler Carl Röchling hat sehr viel Zeit in die Details der Gemälde verwandt. In der Dienststube des Kommandeurs des Wachbataillons hängt das Referenzgemälde, das den Blick auf die Szenerie 90° nach rechts gedreht zeigt.
Heute kooperiert die Stiftung mit dem Bundeswehr-Sozialwerk, dem Deutschen Bundeswehrverband, dem Soldatenhilfswerk und der Deutschen Härtefallstiftung. Ein großer Teil des Stiftungsvermögens wird an Partnerorganisationen gespendet. Es gibt aber auch regelmäßige Fälle direkter Hilfsanträge. Im Durchschnitt werden 2.500 Euro ausgezahlt. Die Entscheidungswege sind im Zeitalter elektronischer Medien sehr kurz und die Bewilligungsprozesse sehr schnell. So kann die Entscheidung schon nach einer Stunde vorliegen, während nach zwei Stunden schon das Geld überwiesen wird. Bei anderen Organisationen dauert das gerne mal ein halbes Jahr.

Anträge können Soldaten oder deren nächste Angehörige stellen, wenn sie unverschuldet in Not geraten sind. Idealerweise läuft das über Vermittler wie den Spieß, den Kompaniechef oder den Militärseelsorger. Ein besonderes Augenmerk genießen finanzielle Notfälle im Zusammenhang mit Kindern. Längst wird der von Rohdich'sche Legatenfonds nicht mehr nur von Angehörigen der Garde, also des Wachbataillons, konsultiert. Die Stiftung steht der gesamten Bundeswehr inklusive ihrer zivilen Mitarbeiter zur Seite.

Autor: Matthias Baumann

Sonntag, 17. November 2019

Volkstrauertag 2019 mit vielen Kranzniederlegungen

Die Verteidigungsministerin war heute im Dauereinsatz: drei Kranzniederlegungen an einem Vormittag. Es begann kurz nach acht auf dem Jüdischen Friedhof in Weißensee. Dort hielt sie auch eine Rede, in der sie sich klar gegen antijüdische Tendenzen positionierte und auf die demnächst startende jüdische Militärseelsorge einging. Im Ersten Weltkrieg hatten Kameraden jüdischen und christlichen Glaubens Seite an Seite gekämpft und waren für deutsche Interessen gestorben.

Volkstrauertag 2019 Kranzniederlegung Neue Wache
Volkstrauertag 2019 - Kranzniederlegung an der Neuen Wache Unter den Linden - Trompeter des Stabsmusikkorps spielt das Stück "Ich hatt' einen Kameraden".
Heute gibt es um die 1.000 Soldaten jüdischen Glaubens in der Bundeswehr, denen nach Aushandlung des Seelsorgevertrages eigene Rabbiner zur Verfügung stehen. Für Moslems in der Bundeswehr könnte so etwas auch eingerichtet werden, wenn es relevante Ansprechpartner mit einer in Deutschland anerkannten Ausbildung gäbe. Seelsorge gibt es im Islam eigentlich nicht. Deshalb werden diese Soldaten weiterhin die evangelischen oder katholischen Fachkräfte konsultieren. Das kann in mehrfacher Hinsicht nützlich sein.

Volkstrauertag 2019 Kranzniederlegung Jüdischer Friedhof Berlin-Weißensee
Volkstrauertag 2019 - Kranzniederlegung auf dem Jüdischen Friedhof in Berlin-Weißensee
Nach dem Jüdischen Friedhof fuhr Annegret Kramp-Karrenbauer in den Bendlerblock, wo sie zusammen mit Generalinspekteur Eberhard Zorn einen Kranz am Ehrenmal der Bundeswehr niederlegte. Dort wird der im Dienst verstorbenen Soldaten und zivilen Mitarbeiter der Bundeswehr gedacht. Das betrifft nicht nur die Kampfhandlungen, sondern auch Wegeunfälle zwischen Wohnung und Kaserne.

Volkstrauertag 2019 Kranzniederlegung Neue Wache
Volkstrauertag 2019 - Kranzniederlegung an der Neue Wache Unter den Linden - Bundespräsident und Verteidigungsministerin verlassen die Neue Wache.
Kurz nach zwölf fand sich AKK zusammen mit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, dem Vizepräsidenten des Bundestages, Wolfgang Kubicki, dem Präsidenten des Bundesrates, Dietmar Woidke und weiteren prominenten Personen an der Neuen Wache ein. Generalinspekteur Eberhard Zorn war auch dabei. Auch hier wurde das Trompetensolo "Ich hatt' einen Kameraden" gespielt.

Der Volkstrauertag findet zwei Wochen vor dem 1. Advent statt und eine Woche vor dem Totensonntag. Am Volkstrauertag wird nicht nur der gefallenen deutschen Soldaten gedacht. Es ist ein Gedenktag für alle Menschen, die durch "Krieg und Gewaltherrschaft" ums Leben gekommen waren. Dazu zählt letztlich auch Chris Gueffroy, der letzte Mauertote.

Videos:
Kranzniederlegung am Jüdischen Friedhof
Kranzniederlegung an der Neuen Wache

Autor: Matthias Baumann

Freitag, 15. November 2019

Präsident der Demokratischen Republik Kongo, Félix Antoine Tshisekedi Tshilombo, in Berlin empfangen

Bei einem Bekannten, der seine Sätze mit "Ich bin mal ganz ehrlich" einleitet, sollte man überlegen, wie man diesen am schnellsten und nachhaltigsten aus seiner Umgebung entfernt. Ähnlich verhält es sich mit Personen, die Sätze wie "Du musst mir vertrauen!" von sich geben. Wie im Kleinen, so auch im Großen - beispielsweise bei der Nutzung der Begriffe "Volk" und "Demokratie" im Namen eines Staates. In der Regel wird solch ein Staat von einer Person, als Oberhaupt der einen zugelassenen Partei geführt. Unterstützt wird diese Person von seinen Vettern und schnell zu Reichtum gelangten Freunden. Wer dann mal eine Frage stellt, bekommt zu spüren, warum in das Staatswappen eine Machete, eine Hacke, eine Kalaschnikow oder ein Hammer integriert wurden.

Heute besuchte der Präsident der Demokratischen Republik Kongo die Bundeshauptstadt. Um zehn war er bereits zu einem Gespräch mit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier im Schloss Bellevue verabredet. Im nur wenige Meter davon entfernten Kanzleramt erschien Félix Antoine Tshisekedi Tshilombo um zwölf. Dort stand ein Mittagessen mit Angela Merkel auf dem Programm. Zuvor bekam er jedoch noch militärische Ehren mit einem aus drei Teilstreitkräften bestehenden Ehrenbataillon. Allerdings nur von einem kleinen Ehrenbataillon, weil im Kanzleramt weniger Platz ist als im Garten von Schloss Bellevue.

Präsident der Demokratischen Republik Kongo, Félix Antoine Tshisekedi Tshilombo, bei Angela Merkel in Berlin empfangen
Präsident der Demokratischen Republik Kongo, Félix Antoine Tshisekedi Tshilombo, durch Angela Merkel mit militärischen Ehren im Kanzleramt empfangen
Die Demokratische Republik Kongo ist riesig - fast so groß wie Südafrika. Das Land liegt im Zentrum Afrikas und grenzt an Uganda, Ruanda, Burundi, Tansania, Sambia, Angola, Südsudan, die Zentralafrikanische Republik und an die Republik Kongo ohne Demokratie im Namen. Die Republik Kongo liegt im Westen und ist deutlich kleiner. Kongo lebt also in der typischen Ost-West-Teilung, wie sie vor 30 Jahren auch noch in Mitteleuropa üblich war.

Im 15. Jahrhundert machten sich Portugiesen im Kongo breit. Diese wurden Ende des 19. Jahrhunderts von den Belgiern abgelöst. 1960 wurde Kongo unabhängig und hatte eine wechselhafte Geschichte mit langen Machtperioden von Einzelpersonen wie Joseph Kabila (2001 bis 2019) und der nahezu unverwüstliche Mobutu Sese Seko (1965 bis 1997) mit der Tigerfellmütze. Félix Antoine Tshisekedi Tshilombo amtiert seit Januar 2019 und absolvierte heute seinen Antrittsbesuch.

Félix Antoine Tshisekedi Tshilombo ist 56 Jahre alt. Er wirkt deutlich jünger. Sein Vater war Premierminister seines Landes und fiel irgendwann in Ungnade. Dem heutigen Präsidenten gelang die Ausreise nach Brüssel, wo er einen Abschluss in "Marketing und Kommunikation" erlangt haben soll. Die Echtheit des Zertifikates wird jedoch bezweifelt. Vermutlich folgte er der Argumentation des italienischen Premierministers Giuseppe Conte, der nach eigenen Angaben mehrere Universitäten in der USA "besucht" hatte. Wer also mal Urlaub in Rom, London oder Cambridge macht, sollte sich einfach die einschlägigen Universitäten anschauen und kann anschließend ebenfalls behaupten, er habe diese "besucht".

In der Demokratischen Republik Kongo läuft nichts ohne Beziehungen: Der Vater von Félix Antoine Tshisekedi Tshilombo vererbte 2017/2018 seinem Sohn den Posten des Parteivorsitzenden der UDPS (Union pour la Démocratie et le Progrès Social). Das war die Opposition zur herrschenden Partei Kabilas. Bei der nächsten Wahl gab es erhebliche Unregelmäßigkeiten und wohl auch einen Vertrag mit Kabila, so dass die politische Wende eingeleitet werden konnte. Zumindest optisch.

Präsident Tshilombo ist wohl der erste von vielen afrikanischen Staatsoberhäuptern, die in den nächsten Tagen nach Berlin kommen. Am nächsten Dienstag findet im Kanzleramt die Konferenz "Compact with Africa" statt.

Video:
Militärische Ehren für den Präsidenten der Demokratischen Republik Kongo, Félix Antoine Tshisekedi Tshilombo

Autor: Matthias Baumann

Dienstag, 12. November 2019

Gelöbnis vor dem Reichstag zum 64. Jahrestag der Gründung der Bundeswehr

Das hätte sich Annegret Kramp-Karrenbauer auch nicht träumen lassen, dass ihr vor knapp 100 Tagen geäußerter Wunsch nach mehr öffentlichen Gelöbnissen so schnell in Erfüllung geht. Dazu noch an einer so prominenten Stelle wie dem Reichstag. Der Große Zapfenstreich zu 60 Jahren Bundeswehr war ja bereits ein Politikum. Danach wurden solche Veranstaltungen eher im Stillen zelebriert.

Gelöbnis vor dem Reichstag zum 64. Jahrestag der Gründung der Bundeswehr
Gelöbnis vor dem Reichstag zum 64. Jahrestag der Gründung der Bundeswehr - Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (Mitte im Rollstuhl), Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer, der stellvertretende Generalinspekteur, Vizeadmiral Joachim Rühle (links mit schwarzer Marineuniform), und der Kommandeur des Wachbataillons, Oberstleutnant Kai Beinke (ganz links mit grauer Heeresuniform), bekräftigen das Gelöbnis stellvertretend per Handschlag gegenüber der Rekrutenabordnung
AKK zerrt die Bundeswehr nun wieder in die öffentliche Wahrnehmung und setzt sich damit zwischen sämtliche politischen Stühle. Mit der Forderung, das 2014 in Wales unterschriebene Ziel von 2% BIP für den Verteidigungshaushalt zu erreichen, steht sie ähnlich ihrer Vorgängerin allein auf weiter parlamentarischer Flur. Aber sie kämpft und das honoriert inzwischen auch die Truppe. Auch ihre Wortwahl hat sich in der viermonatigen Amtszeit schon auf Bundeswehr-Deutsch eingeschossen. So lief sie heute mit festem Blick in die Augen der Rekruten an der Gelöbnisaufstellung vorbei.

Gelöbnis vor dem Reichstag zum 64. Jahrestag der Gründung der Bundeswehr
Gelöbnis vor dem Reichstag zum 64. Jahrestag der Gründung der Bundeswehr - Abschreiten der Gelöbnisaufstellung durch Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer #AKK und Vizeadmiral Joachim Rühle
Wolfgang Schäuble war heute prominenter Gastredner beim Gelöbnis. Er würdigte den Dienst der Bundeswehr und betonte die lange Friedenszeit, die auch ein Verdienst der Bundeswehr sei. Er ging zudem auf die Freiwilligkeit des Dienstes in der Bundeswehr ein. Die jungen Leute auf dem Platz vor dem Reichstag hätten ja auch Stellen in der freien Wirtschaft annehmen können. Stattdessen haben sie sich dafür entschieden, "Recht und Freiheit des deutschen Volkes tapfer zu verteidigen".

Die Rekruten kamen aus fünf verschiedenen Verbänden:

Logistikbataillon 172 aus Beelitz - Schlachtruf: "Logistik - Hurra!"
Wachbataillon - Schlachtruf: "Semper Talis!"
Schule für Feldjäger und Stabsdienst - Schlachtruf "Horrido - Joho"
Logistikbataillon 171 aus Burg - Schlachtruf: "Ohne uns - läuft nix!"
Artilleriebataillon 295 aus Stetten - Schlachtruf: "Zu - Gleich!"

Gelöbnis vor dem Reichstag zum 64. Jahrestag der Gründung der Bundeswehr
Gelöbnis vor dem Reichstag zum 64. Jahrestag der Gründung der Bundeswehr - Ausmarsch der Ehrenformation
Die immer wieder wegen ihrer formaldienstlichen und sportlichen Kondition belächelten Kameraden von CIR fehlten diesmal. Auch Sanitäter waren nicht dabei - abgesehen von denen, die eventuelle Ohnmachtsfälle bearbeiten sollten. Bei Temperaturen um den Gefrierpunkt war das Risiko jedoch gering.

Das Areal um den Reichstag war weiträumig abgesperrt. Während an der Friedrichstraße das Verkehrschaos tobte, war es im Radius von 500 Metern um den Reichstag sehr ruhig. Es gab diesmal nur eine gemeinsame Tribüne für VIPs und Angehörige hinter dem Rednerpult und es wirkte auf den ersten Blick so, als wären gar keine Angehörigen zugegen.

Gelöbnis vor dem Reichstag zum 64. Jahrestag der Gründung der Bundeswehr
Gelöbnis vor dem Reichstag zum 64. Jahrestag der Gründung der Bundeswehr - Alles dicht! - Rekruten des Wachbataillons
Für frühe Gäste gab das Stabsmusikkorps ein Platzkonzert mit selten gespielten Märschen. Der Ablauf des Gelöbnisses folgte dann den bekannten Regeln: Einmarsch der Rekruten, Einmarsch der Ehrenformation, Meldung der Gelöbnisaufstellung, Abschreiten der Gelöbnisaufstellung, Ansprachen gemixt mit Musikstücken, Vortreten der Fahnenabordnung, Vortreten der Rekrutenabordnung, Altniederländisches Dankgebet, eigentliches Gelöbnis, Nationalhymne und weitere festgelegte Elemente bis zu den finalen Schlachtrufen der einzelnen Rekrutenverbände. Neuerdings stehen diese auch in den Programmheften, da kaum jemand versteht, was da gerufen wird - zumindest vom Wortlaut her.

Video:
Gelöbnis am Reichstag zum 64. Jahrestag der Gründung der Bundeswehr

Autor: Matthias Baumann