Montag, 18. November 2019

Von Rohdich'scher Legatenfonds hilft schnell und unkompliziert in Not geratenen Soldaten

Der von Rohdich'sche Legatenfonds ist ein Zungenbrecher. Am besten, man lässt einen der CH-Laute weg und spricht ihn als "Von Rodischer Legatenfong" aus. Die Eselsbrücke zu Rohdich kann über eine Zerlegung des Namens in das Adjektiv "roh" und die Ansprache "dich" geschaffen werden. Kai Beinke, Kommandeur des Wachbataillons, hatte diesen Namen schneller drauf. Ist er doch Kraft seiner Position automatisch Vorstandsmitglied des von Rohdich'schen Legatenfonds.

Der von Rohdich'sche Legatenfonds ist eng mit der Garde verbunden. Egal, ob es das damalige Grenadier-Garde-Bataillon war oder dessen tradierende Folgeverbände. Der Legatenfonds ist eine auf unbestimmte Zeit angelegte Stiftung für die Garde. Der Stifter des Legatenfonds war General von Rohdich, der einst selbst Teil der Garde gewesen war - zunächst als Kommandeur der Regiments-Garde Nr. 15 und kurz darauf Chef des Grenadier-Garde-Bataillons.

Stiftung von Rohdich'scher Legatenfonds
Stiftung von Rohdich'scher Legatenfonds - Geschäftsführer Hauptmann a.D. Ernst Schüssling erklärt die Eroberung der Batterie von Groeben bei Chlum am 3. Juli 1866
Friedrich Wilhelm Rohdisch kam aus bürgerlichem Hause und kannte daher die Belange des Volkes sehr gut. Seinen Adelstitel bekam er, nachdem er sich in verschiedenen Kriegen als kompetenter Kompaniechef bewiesen hatte. Mit dem "von" im Namen ging es auch bei den Dienstgraden schnell aufwärts. Von Rohdich schaffte es letztlich bis zum preußischen Kriegsminister.

Von Rohdich hatte allerdings sehr spät geheiratet. Dadurch blieb die Ehe kinderlos. Dass er ein Herz für Kinder hat, zeigte sich insbesondere ab seinem 60. Lebensjahr. Da übernahm er nämlich das Potsdamer Große Waisenhaus. Den Waisen von gefallenen Soldaten ging es damals gar nicht gut. Sie wurden in Bergwerke und andere Betriebe geschickt, die weder Mindestlohn noch eine 38-Stunden-Woche kannten. Dem stellte sich von Rohdich entgegen und sorgte insbesondere für die Bildung der Kinder. Zudem unterstützte er Soldatenfamilien und deren Kinder, wenn deren Einkommen nicht zur Deckung des Lebensunterhaltes reichte. Der König verlor damit zwar die billigen Arbeitskräfte, er gewann jedoch die Herzen des militärischen Nachwuchses.

Stiftung von Rohdich'scher Legatenfonds
Stiftung von Rohdich'scher Legatenfonds - Grenadiersmützen und Helm des Preußischen Garde du Corps mit dem heute von den Feldjägern genutzten Stern "suum cuique" (Jedem das Seine).
Wenige Tage vor seinem Tod verfasste von Rohdich ein Testatment und übertrug sein gesamtes Vermögen inklusive Immobilien an den Legatenfonds. Damit seine Frau nicht selbst in Armut geriet, sollte das Vermögen erst nach deren Ableben zur Verfügung stehen. Ein wichtiger Teil dieses Vermögens war das Haus am Pariser Platz 3. Ja, direkt neben der heutigen Botschaft der USA und dem Brandenburger Tor. Auch vor 220 Jahren konnten dort Rekordmieten erwirtschaftet werden. Generalfeldmarschall Wrangel zahlte beispielsweise 20.000 Goldmark pro Jahr für die Anmietung der oberen Etage. Eine Casinogesellschaft spielte weitere Mieteinnahmen ein. Das Geld kam bedürftigen Soldatenfamilien zugute.

Stiftung von Rohdich'scher Legatenfonds
Stiftung von Rohdich'scher Legatenfonds - Orden aus mehreren Jahrhunderten mit Grenadiersmütze und Suum-Cuique-Stern
In der Geschichte des von Rohdich'schen Legatenfonds kam es zu mehreren empfindlichen Brüchen. Der längste Bruch dauerte etwa 50 Jahre und ist noch gar nicht so lange her. Die DDR-Regierung hatte sich freie Sicht auf das Brandenburger Tor und die dahinter verlaufende Mauer verschafft und den Gebäudekomplex um den Pariser Platz abgerissen. Darunter auch das Haus Nummer 3. Aber nicht genug damit. Da kurz vorher Hakenkreuzflaggen am Pariser Platz geweht hatten, wurde das Vermögen des Legatenfonds zu NS-Vermögen erklärt und in Volkseigentum überführt. Durch die enge historische Bindung zu Potsdam standen leider auch die weiteren Immobilien auf dem Boden der DDR und wurden deshalb ebenfalls enteignet.

Der Umsichtigkeit von Heinz-Günter Jansen, einem ehemaligen Kompaniefeldwebel der 2. Kompanie des Wachbataillons, war es zu verdanken, dass bereits 1972 ein Beweissicherungsverfahren eingeleitet wurde. Der altehrwürdige Semper talis Bund durfte gemäß der bundesdeutschen Rechtsprechung die Stiftung weiterhin vertreten und hatte damit die Voraussetzung geschaffen, das Vermögen des Legatenfonds nach der Wiedervereinigung zurückzufordern. Letzteres gelang nur teilweise, weil sich das Finanzministerium quer stellte. Man einigte sich mit den neuen Besitzern des Pariser Platzes 3 - der DZ-Bank und dem AXICA Kongress- und Tagungszentrum - auf eine Ablösesumme. Diese stellte das Startkapital für die Wiederauflage des von Rohdich'schen Legatenfonds dar.

Stiftung von Rohdich'scher Legatenfonds
Stiftung von Rohdich'scher Legatenfonds - Das Bild zeigt die Schlacht bei Leuthen am 5. Dezember 1757. Unter hohen Verluisten wurde einen Tag vor Nikolaus die dortige Wehrkirche erstürmt. Maler Carl Röchling hat sehr viel Zeit in die Details der Gemälde verwandt. In der Dienststube des Kommandeurs des Wachbataillons hängt das Referenzgemälde, das den Blick auf die Szenerie 90° nach rechts gedreht zeigt.
Heute kooperiert die Stiftung mit dem Bundeswehr-Sozialwerk, dem Deutschen Bundeswehrverband, dem Soldatenhilfswerk und der Deutschen Härtefallstiftung. Ein großer Teil des Stiftungsvermögens wird an Partnerorganisationen gespendet. Es gibt aber auch regelmäßige Fälle direkter Hilfsanträge. Im Durchschnitt werden 2.500 Euro ausgezahlt. Die Entscheidungswege sind im Zeitalter elektronischer Medien sehr kurz und die Bewilligungsprozesse sehr schnell. So kann die Entscheidung schon nach einer Stunde vorliegen, während nach zwei Stunden schon das Geld überwiesen wird. Bei anderen Organisationen dauert das gerne mal ein halbes Jahr.

Anträge können Soldaten oder deren nächste Angehörige stellen, wenn sie unverschuldet in Not geraten sind. Idealerweise läuft das über Vermittler wie den Spieß, den Kompaniechef oder den Militärseelsorger. Ein besonderes Augenmerk genießen finanzielle Notfälle im Zusammenhang mit Kindern. Längst wird der von Rohdich'sche Legatenfonds nicht mehr nur von Angehörigen der Garde, also des Wachbataillons, konsultiert. Die Stiftung steht der gesamten Bundeswehr inklusive ihrer zivilen Mitarbeiter zur Seite.

Autor: Matthias Baumann