Freitag, 26. Januar 2018

Botschafter von Südkorea und Neuseeland beim Bundespräsidenten akkreditiert

Heute standen zwei Botschafter-Akkreditierungen auf dem Terminplan des Bundespräsidenten: Südkorea und Neuseeland. Zum Wetter und dem Inselstaat neben Australien hätte ein Ehrenzug in Marine-Uniform gepasst. Die etwa 60 Soldaten traten jedoch als Heeresuniformträger - kurz HUT - auf.

Botschafter-Akkreditierung Südkorea Bum-Goo Jong
Akkreditierung des Botschafters von Südkorea: Bum-Goo Jong
Es regnete nicht, der Wind war mäßig und das Pflaster vor dem Schloss war nass. Pünktlich um zehn rollte der Konvoi des neuen Botschafters aus der Republik Korea auf den Hof. Die Republik Korea ist nach unserem Verständnis das demokratische Gegenstück zur Demokratischen Volksrepublik Korea. Deren Botschafter war übrigens die erste Exzellenz, die Frank-Walter Steinmeier nach seinem Amtsantritt als Bundespräsident akkreditiert hatte. Die Reihenfolge richtet sich strikt nach dem Eintreffen in Deutschland und ist frei von jeglicher politischer Wertung.

Botschafter-Akkreditierung Südkorea Bum-Goo Jong
Akkreditierung des Botschafters von Südkorea: Bum-Goo Jong
Bum-Goo Jong, so der Name des neuen Koreaners, wirkte ernst. Er war sehr höflich und scheint über hervorragende Deutsch-Kenntnisse zu verfügen. Kein Wunder, hat er doch an der Philipps-Universität Marburg Politische Wissenschaften studiert und dort promoviert. Auch seine Frau, die in klassischer asiatischer Kleidung erschien, fiel durch eine bemerkenswerte Höflichkeit auf. So bedankte sie sich mehrfach bei Service-Leiter Binnebössel für die professionelle Bewegung der Sitzgelegenheit am Gästebuch.

Im Februar fliegt Frank-Walter Steinmeier nach Südkorea. So passte diese Akkreditierung auch thematisch. Entsprechend knapp wurde die Zeit zwischen Abfahrt der Delegation und dem Eintreffen des nächsten Botschafters: Rupert Thomas Holborow.

Botschafter-Akkreditierung Neuseeland Rupert Thomas Holborow
Akkreditierung des Botschafters von Neuseeland: Rupert Thomas Holborow
Rupert Thomas Holborow löst nach etwa dreieinhalb Jahren Peter Rodney Harris als Botschafter Neuseelands ab. Der Neue war bereits als Abteilungsleiter im Wirtschaftssektor seines Außenministeriums tätig. Sein Fokus lag auf Handel und Export. Die Regierung Neuseelands hat eine Wachstumsagenda aufgestellt, die Holborow nun in Deutschland vorantreiben soll. Der freundliche Herr aus Down Under war zudem bisher Vize-Präsident des Handels-Komitees der OECD und Hochkommissar Neuseelands in Indien.

Botschafter-Akkreditierung Neuseeland Rupert Thomas Holborow
Akkreditierung des Botschafters von Neuseeland: Rupert Thomas Holborow
Die Legende erzählt, dass sein Vorvorgänger Peter Rider mit einem Schaf zur Akkreditierung erschienen sei. Ein sehr ungewöhnliches Gebaren für einen westlichen - politisch gesehen - Diplomaten. Holborow trug heute einen Umhang über seinem Anzug, der an das Gefieder eines exotischen Vogels erinnerte. Die genaue Erklärung blieb der Presse bisher verborgen.

Botschafter-Akkreditierung Neuseeland Rupert Thomas Holborow
Akkreditierung des Botschafters von Neuseeland: Rupert Thomas Holborow
Wir sind gespannt, wie Rupert T. Holborow die Wirtschaftsbeziehungen ankurbeln wird. Neuseeland gehört zum Commonwealth. Deshalb ergeben sich über die British Chamber of Commerce bestimmt bald weitere Berührungspunkte.

Video:
Akkreditierung der Botschafter von Südkorea und Neuseeland

Autor: Matthias Baumann

Mittwoch, 17. Januar 2018

Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz zum Antrittsbesuch bei Bundeskanzlerin Merkel

"Jung trifft alt", war der erste Kommentar zum Video mit Sebastian Kurz. Sebastian Kurz ist erst seit Kurzem im Amt. Der 31-Jährige fungiert seit einem Monat als Bundeskanzler von Österreich.

Heute besuchte er seine 63-jährige Amtskollegin in Berlin. Der aus Wien stammende Kanzler umwarb die "Mutti" mit den Stilmitteln der Jugend. Die Damen und Herren seiner Delegation zeigten sich gewohnt charmant. Handkuss für Angela Merkel.

Ob Sebastian Kurz Angst vor der Blamage hatte, mit einem älteren Audi A8 im Kanzleramt vorfahren zu müssen, konnte bisher nicht geklärt werden.*) Er entstieg einem Maybach mit Stuttgarter Kennzeichen. Maybach hatte der Daimler AG bis 2012 so hohe Verluste eingefahren, dass die Produktion zeitweilig ausgesetzt werden musste. Vor drei Jahren wurde der Maybach als veredelte S-Klasse wiederbelebt und kostet nur noch einen Teil des früheren Preises. Die drei aktuellen Maybach-Modelle sind ausschließlich als Lang-Version mit 5,462 m konfigurierbar. Damit wurde das Fahrzeug so geändert, dass es knapp 30 cm weniger als die traditionelle Kurz-Version misst.

Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz bei Angela Merkel
Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz bei Angela Merkel
Das Presseinteresse war größer als üblich. Immerhin bot das Wahlergebnis unseres südlichen Nachbarn genug Stoff zu Auseinandersetzungen. Während in Deutschland schon seit über 100 Tagen um die Bildung einer handlungsfähigen Regierung gefeilscht wird, hatten die Koalitionsverhandlungen in Österreich keine zwei Monate gedauert. Das Ergebnis erzeugte einen Aufschrei in den westeuropäischen Medien, die fortan mit dem Wort "Rechtspopulismus" operierten.

Entsprechend fielen heute auch die Fragen in der anschließenden Pressekonferenz aus. Sebastian Kurz hörte sich die Fragen gelassen an, ließ keine Nervosität erkennen, bekam keine roten Ohren und auch keine Unsicherheit in der Stimme. Sehr professionell antwortete er auf die Fragen und stellte klar, dass Österreich demokratisch gewählt habe und sich die inhaltlichen Akzente der Wähler wohl verschoben hätten.

Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz bei Angela Merkel
Kurz zeigt, wo es langgeht: Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz bei Angela Merkel
Zwischen Merkel und Kurz gab es überraschend viel Übereinstimmung. Die Kanzler hatten über Sicherheit, Verteidigungspolitik und Terrorabwehr geredet. Es ging um Deutschland und Österreich als Nettozahler in der EU. Bei der Finanzierung neuer Projekte sollten sich die Nettozahler eng abstimmen. Sebastian Kurz sprach sich mehrfach für die EU aus. Es fielen dabei Worte wie "Geist der EU" oder "Pro Europa". Österreich wolle aktiv an der positiven Veränderung der EU mitwirken.

Beide Kanzler waren sich einig, dass die inner-europäische Freizügigkeit den Aspekt der Außengrenzen bisher vernachlässigt habe. Deshalb wolle man sich gemeinsam für die Stärkung der Außengrenzen einsetzen und illegale Migration reduzieren.

Angela Merkel begegnete den kritischen Fragen zum Rechtspopulismus damit, dass sich die österreichische "Regierung an den Taten messen" lassen wird. Ein Sahnehäubchen hatte sie dann allerdings noch: "Wir aus deutscher Perspektive haben gestaunt, dass nachdem Österreich uns gelehrt hat, was eine Maut ist, Österreich nun gegen unsere Maut klagen möchte..."

Video:
Antrittsbesuch des österreichischen Bundeskanzlers Sebastian Kurz in Berlin

*) Die Spekulationen um den Maybach konnten insofern geklärt werden, dass dasselbe Fahrzeug am 16.02.2018 beim Besuch des polnischen Ministerpräsidenten ebenfalls zum Einsatz kam.

Autor: Matthias Baumann

Freitag, 12. Januar 2018

Elke Büdenbender empfängt die Angehörigen der Angehörigen des Diplomatischen Korps im Schloss Bellevue

Elke Büdenbender, die Ehefrau des Bundespräsidenten, hat heute zum Neujahrsempfang geladen. Einen Tag nach dem Neujahrsemfang, den ihr Mann für das Diplomatische Korps gegeben hatte. Gestern durften die Frauen nicht mit. Heute waren sie ausdrücklich erwünscht - persona grata sozusagen.

Diplomatisches Korps Neujahrsempfang 2018 Elke Büdenbender
Diplomaten-Gattinnen bei Elke Büdenbenders Neujahrsempfang 2018
Das Diplomatische Korps hat einen gefühlten Frauenanteil von 25 bis 30 Prozent. Besonders viele Frauen vertreten Länder Zentral- und Südamerikas sowie afrikanische Staaten. Da stellt sich die Frage: "Was ist mit den Männern?"

Schon die Bibel berichtet uns, dass die erste Frau - Eva - eigenständig agierte und mit anderen Lebewesen (Schlange) verhandelte. Frauen wie Angela Merkel hätten sicher dem angebotenen Köder (Frucht) in Beharrlichkeit widerstanden. Eva kannte sich jedoch auf dem diplomatischen Parkett noch nicht so gut aus. Wo war überhaupt ihr Mann? Der Text aus 1. Mose 3 impliziert, dass er teilnahmslos daneben gestanden haben muss und dann einfach die Frucht aus der Hand seiner Frau entgegennahm. Interessant ist dann auch die spätere Verkettung der Schuld-Zuweisung. Aber das führt uns hier vom Thema weg.

Diplomatisches Korps Neujahrsempfang 2018 Elke Büdenbender
Elke Büdenbenders Neujahrsempfang 2018
Die Frauen der männlichen Diplomaten füllten den großen Saal des Schlosses. Einige Stehtische waren noch frei. Am Eingang fuhren unentwegt schwarze Limousinen vor. Die Partnerinnen und Partner der in Deutschland akkreditierten Botschafterinnen und Botschafter betraten über einen roten Teppich das Schloss und begaben sich dann am Reitergemälde Friedrich Wilhelms III. vorbei in den Saal. Dort warteten Getränke auf die Damen und verschwindend wenigen Herren.

Die Männer im Saal gehörten entweder zum Bundeskriminalamt, zum Service-Team, zur Presse, zum Präsidialamt, zu den Jazz-Musikern oder zur Minderheit der Botschafterinnen-Partner. Saxophon, Schlagzeug, Bass und Flügel wurden von den durchweg männlichen Studierenden des Jazz-Instituts Berlin gespielt. Das Jazz-Institut Berlin ist ein Gemeinschaftsprojekt der Hochschule für Musik Hanns Eisler und der Universität der Künste.

Diplomatisches Korps Neujahrsempfang 2018 Elke Büdenbender
Jazz-Pianist bei Elke Büdenbenders Neujahrsempfang 2018
Stimmengewirr hallte durch den Saal. Viele der Anwesenden kannten sich bereits und unterhielten sich deutlich lebhafter, als man es von Empfängen mit den Botschaftern selbst gewohnt ist. Frauen sollen ja generell kommunikativer sein als Männer.

Gegen elf erschien die First Lady, die erste Frau im Staate kraft der familiären Verbindung zum Bundespräsidenten. In Amerika gibt es die etwas flapsig klingenden Abkürzungen POTUS und FLOTUS, die für President Of The United States und First Lady Of The United States stehen.

Diplomatisches Korps Neujahrsempfang 2018 Elke Büdenbender
Elke Büdenbender beim Neujahrsempfang 2018
Kein Neujahrsempfang ohne Rede: Elke Büdenbender sprach etwa 20 Minuten zu den anwesenden Damen und Herren. Sie bedankte sich für die gute Zusammenarbeit sowie die Unterstützung bei Reisen und Staatsbesuchen. Es folgte ein allgemeiner politischer Teil zur Lage in Deutschland und dem Engagement des Einzelnen. Am Ende freute sie sich über das folgende Stück der Jazz-Musiker. Weil nicht jede Diplomaten-Partnerin Deutsch verstand, wurde die Rede ins Englische übersetzt.

Diplomatisches Korps Neujahrsempfang 2018 Elke Büdenbender
Elke Büdenbender und Daniela Schadt beim Neujahrsempfang 2018
Anschließend verschwand die Präsidenten-Gattin in der bunten Menge. Dazu spielten die Musik-Studenten. Teller mit Häppchen wurden herbeigetragen und sogar alkoholische Getränke waren zu sehen. Auch die ehemalige First Lady Daniela Schadt war unter den Gästen. Beide Ladies waren dicht umringt und hatten sichtlich Freude am Neujahrsempfang. Eine Personengruppe war übrigens auch noch geladen: Vertreterinnen und Vertreter der Organisationen, die Elke Büdenbender als Schirmherrin oder anderweitig unterstützt.

Video:
Neujahrsempfang 2018 - Elke Büdenbender

Autor: Matthias Baumann

Montag, 8. Januar 2018

Katholischer Jahreseinstieg des Bundespräsidenten: Sternsinger und Malteser Ritterorden

Dass sich der evangelische Bundespräsident auch gut mit Orthodoxen und Katholiken versteht, hatte Frank-Walter Steinmeier bereits im letzten Jahr bewiesen. Im Juni hatte ihn der Patriarch von Konstantinopel besucht und im Oktober war er selbst zum Papst geflogen.

20*C+M+B+18 Sternsinger Diözese Eichstätt Schloss Bellevue
Der Leiter hält die Leiter: 20*C+M+B+18 Sternsinger aus der Diözese Eichstätt im Schloss Bellevue
Am Samstag war es kühl, aber nicht windig. Letzteres ist im Außenbereich von Schloss Bellevue sehr wichtig. Die Sonne schien und zauberte geheimnisvolle Reflexionen auf die goldenen Kronen der kleinen Könige aus der Diözese Eichstätt. Eine Diözese kann auch als Bistum bezeichnet werden und definiert einen kirchlichen Verwaltungsbezirk. Gegen elf klopften die Sternsinger an die Pforte des Schlosses. Der Bundespräsident und die First Lady öffneten.

Segen per Lied, Segen per Gedicht, Segen per Rede bestimmten den Besuch der Sternsinger. Als Ohrwurm blieb "Viel Glück und viel Segen" hängen. Das Lied galt dem Geburtstagskind Frank-Walter Steinmeier, der am 5. Januar 62 Jahre alt geworden war. Die Tradition des Sternsingens ist erst 60 Jahre alt. Seit 1983 hat diese sozial-missionarische Aktion auch die Bundespräsidenten als großzügige Spender entdeckt. Damals öffnete Karl Carstens die Tür zur Villa Hammerschmidt in Bonn. Seitdem klopfen Casper, Melchior und Balthasar jedes Jahr beim Präsidenten an.

20*C+M+B+18 Sternsinger Diözese Eichstätt Schloss Bellevue
20*C+M+B+18 Sternsinger aus der Diözese Eichstätt im Schloss Bellevue
Wie wir im katholischen Bayern hatten feststellen müssen, gibt es unzählige Variationen des Textes an der Tür. Die korrekte Schreibweise lautet:

20*C+M+B+18

Dabei harmonieren die Buchstaben CMB nur zufällig mit den drei Königen Caspar, Melchior und Balthasar. CMB steht für "Christus mansionem benedicat" und drückt die Bitte aus, dass Christus diese Wohnung segnen möge. Der Referenztext zu den drei Königen steht in der Bibel: Matthäus 2. Allerdings ist im griechischen Urtext von Magiern die Rede und eine Anzahl wird auch nicht genannt. Der Stern hinter der Hunderterstelle steht für den Stern von Bethlehem und die drei Kreuze zwischen CMB und Zehnerstelle für die biblischen Ereignisse um Ostern.

20*C+M+B+18 Sternsinger Diözese Eichstätt Schloss Bellevue
20*C+M+B+18 Sternsinger aus der Diözese Eichstätt im Schloss Bellevue
Den Kindern machte es jedenfalls viel Spaß. Der Bundespräsident ging auf die Verkleidung und den Kindertraum ein, mal einen Tag lang König sein zu dürfen. Er sprach auch über die Verantwortung eines guten Königs. Besonders bedankte er sich jedoch für das Wichtigste, das die Sternsinger bringen: Gottes Segen!

Danach gab es noch einen Kakao-Empfang.

Der Besuch derselben Sternsinger war für heute im Kanzleramt angekündigt. Auch die evangelische Kanzlerin hat an mehreren Durchgängen ein 20*C+M+B+18 zu stehen. Überhaupt sieht man diese Kreideschrift an vielen Türen von Landesvertretungen und Ministerien.

Während sich die Sänger auf den Besuch bei Angela Merkel vorbereiteten, hatte der Bundespräsident ein anderes Ereignis auf der Agenda: Botschafter-Akkreditierung.

Malteser Ritterorden Baron Maciej Heydel Botschafter akkreditiert
Souveräner Malteser Ritterorden - Baron Maciej Heydel als Botschafter akkreditiert
Kurz vor dem Neujahrsempfang des Diplomatischen Korps hätten eigentlich noch mehr Botschafter akkreditiert werden sollen. Es passte heute allerdings nur für den Botschafter des Souveränen Malteser Ritterordens. Ein Novum in mehrfacher Hinsicht. Es gab keinen Ehrenzug, keine Motorrad-Eskorte und keine Delegation. Seine Exzellenz wurde mit dem Fahrdienst der Bundesregierung in einer E-Klasse vor das Schloss chauffiert. Der Gästebucheintrag erfolgte im Eingangsbereich und die Übergabe des Beglaubigungsschreibens im Amtszimmer des Schlosses.

Baron Maciej Heydel war 1962 in Polen geboren worden, ist Unternehmensberater und war an einflussreichen Stellen der polnischen Politik tätig gewesen. Die Ergebnisse der Google-Recherchen zu den Maltesern sind ein akuter Fall für die Suchmaschinen-Optimierung. Unritterliche Kämpfe, Ritter spielen versus Ritter sein, Arbeits-Unrecht und ähnliche Dinge werden dem Suchenden präsentiert und zeigen einmal mehr, dass der Adel seine Macht hat abtreten müssen. Nämlich an Google. Der IT-Experte würde von Disruption sprechen.

Malteser Ritterorden Baron Maciej Heydel Botschafter akkreditiert
Souveräner Malteser Ritterorden - Baron Maciej Heydel als Botschafter akkreditiert
Die Malteser sind in Deutschland hauptsächlich durch ihre sozialen Einrichtungen, Krankenhäuser und Rettungsdienste bekannt. Per Satzung verfolgt der Ritterorden edle Ziele, gerät aber immer wieder durch Machtkämpfe in den eigenen Reihen in die Schlagzeilen.

Der Malteser Ritterorden wurde 1048 gegründet und startete in Jerusalem mit einer Kirche, einem Konvent und einem Hospital. 1113 wurden dem Orden des Heiligen Johannes - Johannes der Täufer ist gemeint - besondere Freiheiten unter dem Dach der Kirche eingeräumt. Damals gab es nur die allgemeine = katholische Kirche. Die Ritter waren zumeist theologische Laien, die sich an folgende drei Regeln zu halten hatten: Armut, Enthaltsamkeit und Gehorsam. Im Laufe der Zeit kamen auch militärische Aufgaben dazu. Schließlich wollte man die christlichen Pilger vor Übergriffen aus anderen Religionsgemeinschaften schützen.

Malteser Ritterorden Baron Maciej Heydel Botschafter akkreditiert
Souveräner Malteser Ritterorden - Baron Maciej Heydel (links) als Botschafter akkreditiert
1530, also kurz nachdem Luther seinen großen Auftritt in Wittenberg hatte, nahm der Orden die Insel Malta in Besitz. Von dort aus bildeten die Ritter eine stabile Ostflanke gegen das Osmanische Reich und wehrten zudem die Piraten aus Nordafrika ab. 1571 beteiligte sich der Orden an einer Seeschlacht gegen die Osmanen und leistete damit einen wichtigen Beitrag zum Stopp der Islamisierung Europas.

1798 gab es auf Malta allerdings einen Konflikt mit den christlichen Franzosen. Die Ritter hatten sich dazu verpflichtet, keine Waffen gegen Christen zu erheben. So konnte Napoleon die Insel ohne Widerstand einnehmen. Die Malteser zogen dann auf das europäische Festland um. Im 20. Jahrhundert verschob sich der Fokus des Ordens wieder zugunsten der karitativen Aufgaben.

Bei Defilees des Diplomatischen Korps wurde der Vertreter des Souveränen Malteser Ritterordens bisher immer im Block nach den Botschaftern und Geschäftsträgern anerkannter Staaten genannt: Palästinensische Mission, Souveräner Malteser Ritterorden und danach internationale Vertretungen wie Weltbank und EU-Kommission. Seit Herbst 2017 gibt es diplomatische Beziehungen zum Malteserorden, so dass sich Baron Maciej Heydel zukünftig in die übliche Reihenfolge der Botschafter gemäß Akkreditierungszeitpunkt eintakten kann.

Video:
20*C+M+B+18 Sternsinger im Schloss Bellevue

Autor: Matthias Baumann

Samstag, 16. Dezember 2017

Bundespräsident nimmt Akkreditierungsschreiben der Botschafter von Kuba, Lesotho, Kolumbien und Österreich entgegen

"Wo liegt denn bitte Lesotho?", kam nach wenigen Minuten der erste Kommentar zu unserem Video. Gestern hatten wir alle vier Botschafter-Akkreditierungen begleitet. Ein absolutes Novum, zumal wegen Commonwealth oder anderer Gründe oft nur einer der vier bis sechs Botschafter im Akkreditierungs-Pool für uns interessant ist.

Lesotho ist eine Enklave inmitten Südafrikas. Lesotho ist - wie Malaysia - eine parlamentarische Monarchie. Das Alleinstellungsmerkmal dieses Königreichs sind die zwei Millionen Einwohner. Im Gegensatz zum übrigen Kontinent bestehen diese zu fast 100% aus einem Stamm, dem Bantuvolk Basotho. Auch Lesotho stand viele Jahrzehnte unter britischer Herrschaft und erlangte 1966 die Unabhängigkeit. Deshalb gehört Englisch zu den Amtssprachen. 90% der Bevölkerung ist christlich geprägt. Die Hälfte davon würde sich als katholisch bezeichnen. Schulen unter christlicher Trägerschaft haben ein allgemein gutes Bildungsniveau geschaffen.

Etwa 17% der Basotho sind HIV-infiziert. Das ist die weltweit zweithöchste Infizierungsrate nach Swasiland. Dem begegnet die Regierung neuerdings mit Aufklärung zum Thema.

Lesotho - Botschafter Masenyetse akkreditiert
Lesotho - Botschafter Masenyetse akkreditiert
Lesotho hat aber noch eine weitere Besonderheit: Flagge des Landes und Kopfbedeckung des Botschafters harmonieren miteinander. Auch auf Autokennzeichen wird dieser Hut abgebildet. Der an eine Jurte mit Bommel erinnernde Hut hat sein Vorbild in der Form des Qiloane-Berges.

Lesothos Botschafter Retselisitsoe Calvin Masenyetse hatte im wahrsten Sinne des Wortes den Hut auf. Begleitet wurde er von einer Delegation, die nur aus Frauen bestand. Diese trugen dicke blaue Umhänge und Kopftücher, die im Piraten-Style gebunden waren. Eine spannende Truppe, die halb zwölf den schwarzen Limousinen entstieg, für zwanzig Minuten im Schloss verweilte und dann mit Polizei-Eskorte und Limos vom Hof chauffiert wurde.

Botschafter-Akkreditierung Eskorte Konvoi
Eskorte und Konvoi warten während der Botschafter-Akkreditierung vor dem Schloss Bellevue
Mit so viel Farbe dienten die weiteren drei Länder nicht. In Grau, Schwarz, Weiß und ein wenig Grün traten Kuba, Kolumbien und Österreich auf. Kuba hatte den heutigen Reigen um elf eröffnet. Immer der gleiche Ablauf:

Ehrenzug kommt, Botschafter wird vorgefahren, kurzes militärisches Zeremoniell, Botschafter trägt sich ins Gästebuch des Schlosses ein, Botschafter und alle anderen gehen in die zweite Etage, Akkreditierungs-Schreiben wird an den Bundespräsidenten übergeben, Foto vor der flauschigen Fahne mit Bundesadler, Gespräch des Präsidenten mit dem Botschafter, Ehrenzug geht und kommt wieder, Delegation unterschreibt im Gästebuch, Delegation bekommt Erfrischungsgetränke, Gruppenfoto, Flagge wird gehisst, Botschafter und Delegation werden verabschiedet, Botschaftsleute steigen in die Fahrzeuge und rauschen vom Platz - Next!

Österreich - Botschafter Peter Huber akkreditiert
Österreich - Botschafter Peter Huber akkreditiert
Zwei Stunden für vier Botschafter: Ramón Ignazio Ripoll Díaz aus Kuba, Maria Elvira Pombo aus Kolumbien und Peter Huber aus Österreich. Letzterer versprühte jugendlichen Charme, mal ganz abgesehen vom Wiener Charme, den die gesamte Delegation ausstrahlte. Der Name Huber ist in Österreich ein ähnlicher Sammelbegriff wie Müller in Deutschland. In Kombination mit Peter oder Michael ist eine Verwechslung vorprogrammiert. Peter Huber gilt als Vertrauter von ÖVP-Chef Sebastian Kurz. Man habe "Frau Merkel keinen Roten schicken" können. Deutschland gilt neben Brüssel als zweitwichtigster Diplomatenposten.

Kolumbien - Botschafterin Maria Elvira Pombo akkreditiert
Kolumbien - Botschafterin Maria Elvira Pombo akkreditiert
Die Geschichte von Maria Elvira Pombo - Botschafterin Kolumbiens - lässt sich in wenigen Worten zusammenfassen: Sie war vorher als Diplomatin in Brasilien tätig und hat einen starken Fokus auf Handel, Investitionen und Tourismus. Kolumbien wird hierzulande vorwiegend mit organisierter Kriminalität, Drogen und Fußball in Verbindung gebracht. Seien wir gespannt, welche Akzente Frau Pombo setzen wird.

Kuba - Botschafter Ripoll Díaz akkreditiert
Kuba - Botschafter Ripoll Díaz akkreditiert
Die Recherchen zu Ramón Ignacio Ripoll Díaz gestalteten sich deutlich aufwendiger. Deshalb sei an dieser Stelle erwähnt, dass er einst als Direktor der kubanischen Handelskammer fungierte. Was den Kurs Kubas betrifft, lässt sich das gut mit einem offiziellen Zitat vom 16. Juni 2017 zusammenfassen: "Wie wir es seit dem Sieg vom 1. Januar 1959 gehalten haben, werden wir kein Risiko scheuen und weiter fest und sicher am Aufbau einer souveränen, unabhängigen, sozialistischen, demokratischen, gedeihlichen und nachhaltigen Nation arbeiten."

Gegen 13:00 Uhr marschierte der Ehrenzug des Wachbataillons das fünfte Mal vom Platz: "Rechts um!", Klack, Klack, Klack, Klack - gleichmäßig testeten die Stiefel die Widerstandskraft des Pflasters. Abschied und Adventswünsche. Dann ging es zum nächsten Termin.

Video:
Akkreditierung der Botschafter von Kuba, Lesotho, Kolumbien und Österreich

Autor: Matthias Baumann

Freitag, 15. Dezember 2017

70 Jahre Israel - Bundespräsident zündet Chanukka-Kerzen an

"Shomea", sprach der Mann mit dem dunklen Anzug und der Krawatte in sein Sprechfunk-Gerät. "Ich höre", hätte sein deutscher Kollege gesagt. Neben dem Eingang mit der verglasten Security-Check-Box wies ein großes Schild darauf hin, dass das Fotografieren verboten sei. Die Leute vor mir in der Schlange trugen große Kameras und Stative.

70 Jahre Israel - Bundespräsident zündet Chanukka-Kerzen an
Relativ kurzfristig hatte der israelische Botschafter in die Residenz eingeladen. Es sollten Chanukka-Kerzen angezündet werden, der Pianist Itay Dvori war engagiert, Petra Pau und Friede Springer waren eingeladen und der Bundespräsident sollte eine Rede zu 70 Jahren Israel halten.

Israel ist schon etwas Besonderes. Rechnet man die Lebensalter und Geburtsjahre der biblischen Patriarchen nach, so wurde Abraham im Jahr 1948 nach Weltschöpfung geboren. Der Staat Israel in der heutigen Form erlangte 1948 seine Unabhängigkeit vom britischen Mandat.

Als einzig demokratischer Staat im Nahen Osten wird Israel permanent bedrängt und mit übelsten Calumniationen konfrontiert. Dennoch ging der kleine David in den letzten 70 Jahren immer erfolgreich aus den Konflikten mit seinen übermächtigen Nachbarn hervor. Der historische Goliath war Palästinenser. Ein Konflikt, dessen Start bis auf die Zeit Isaaks, des Sohnes Abrahams, zurückdatiert werden kann (1. Mose 26, 14-15): "Darum beneideten ihn die Philister. Und die Philister verstopften alle Brunnen."

Zahlen spielen in der Bibel eine große Rolle und eine Beschäftigung damit ist eine Wissenschaft für sich. So gilt die 70 als eine Zahl der Vollständigkeit. Sie enthält die göttliche Sieben multipliziert mit der Zehn, die für die Verantwortlichkeit des Menschen steht. Aber zurück zum heutigen Anlass:

"Belt", forderte der Mann am Einlass. Nachdem ich Gürtel (Belt), Uhr, Kamera, Sakko, Mantel und Schlüssel in eine Box geworfen hatte, passierte ich ohne Tüdeln die Personenschranke. Ich bekam meine Habseligkeiten in die Hand gedrückt und durfte den Weg in die Residenz des Botschafters fortsetzen. Die Hose rutschte und wurde kurz vor dem unentwegt Hände schüttelnden Jeremy Issacharoff per Belt - pardon Gürtel - fixiert.

Es war voll, sehr voll. Vielleicht war aber auch einfach nur der Raum zu klein. An den Wänden hingen Gemälde, die gelegentlich mit den Stativen der Pressevertreter in Berührung kamen. Itay Dvori quetschte sich an mir vorbei und bat die umstehenden Besucher um ein wenig Bewegungsfreiheit. Er hatte sogar das grüne Band der Security abnehmen dürfen. Meines klebte auf den Haaren des Handrückens.

"Vakkasha ...", kamen die ersten Ansagen von der Handtuch-großen Freifläche zwischen Klavier und Rednerpult. In der ersten Reihe hatten sich unter anderem Friede Springer und Petra Pau aufgestellt. Daneben ein Rabbiner mit Bart und typischer Kleidung. Im Zentrum der Freifläche befand sich ein Tisch mit Chanukka-Leuchter und eine Roll-Blende mit Hinweis auf "70 Jahre Israel". Kurz vor neun stieß eine Dame im Vorbeigehen an den Leuchter und konnte im letzten Moment noch den finalen Fall der vier Kerzen verhindern.

70 Jahre Israel - Bundespräsident zündet Chanukka-Kerzen an
Chanukka - 70 Jahre Israel - Bundespräsident Steinmeier und der israelische Botschafter Jeremy Issacharoff
Pünktlich um neun drängten sich der Bundespräsident und seine Gattin durch die Gäste. Der Pianist stimmte das erste Lied an: "Halleluja". Dann wurden die aktuell relevanten Kerzen entzündet. Frank-Walter Steinmeier durfte das tun, während der Botschafter das "Baruch Adonai" sang. Viele der Gäste wirkten bewegt. Ich filmte die Szene.

In der anschließenden Rede ging der Bundespräsident ohne Umschweife auf die verbrannten israelischen Fahnen auf deutschen Plätzen ein. Er wertete das als einen Angriff auf unser Demokratieverständnis. Die Entscheidung des US-Präsidenten, Jerusalem als Hauptstadt Israels anzuerkennen, sei jedoch als Beitrag für einen friedlichen Nahen Osten zu bezweifeln.

Es folgte eine kurze Rede des Botschafters und Klavierstücke - darunter auch "Tochter Zion". Das passte gut an diesem Ort. Dann war der presseöffentliche Teil zu Ende, so dass ich hier leider nicht erwähnen darf, wer sich mit wem per Smartphone ablichten lassen wollte und welche israelischen Spezialitäten beim Empfang gereicht wurden. Aus gut unterrichteten Kreisen war zu vernehmen, dass es leckere aber "fettige Krapfen" gab.

Der Bundespräsident hatte nicht viel Zeit. Ab elf Uhr standen Botschafter-Akkreditierungen im Schloss Bellevue an. Ich fuhr schon mal vor.

Video:
Bundespräsident zu Gast in der Residenz des israelischen Botschafters

Autor: Matthias Baumann

Dienstag, 12. Dezember 2017

Angehörige von Angehörigen der Bundeswehr und der Polizei im Auslandseinsatz empfangen

Ganze sechs Minuten hatte der Termin gedauert. Die Kanzlerin kam, begrüßte die Angehörigen, sprach einige Worte, stellte sich ins Gruppenfoto und ging.

Nach Monaten des Stillstands kommt so langsam wieder Bewegung ins Tagesgeschäft der Bundesregierung. Beim Empfang der Angehörigen von Angehörigen der Bundeswehr und der Polizei im Auslandseinsatz hätte auch die Verteidigungsministerin dabei sein sollen. Sie war jedoch von der Kanzlerin gebeten worden, die anstehenden Entscheidungen im Reichstag zu begleiten.

Angehörige der Angehörigen der Bundeswehr und der Polizei im Auslandseinsatz von Angela Merkel empfangen
Angehörige der Angehörigen der Bundeswehr und der Polizei im Auslandseinsatz von Angela Merkel empfangen
Der Innenminister und der Generalinspekteur waren jedoch zur Begrüßung der Gäste erschienen. Es hat schon Tradition, kurz vor Weihnachten Angehörige der abwesenden Soldaten und Polizisten ins Kanzleramt einzuladen. Der Mix wird von Jahr zu Jahr bunter. Diesmal:

  • Resolute Support in Afghanistan
  • KFOR im Kosovo
  • Einsatz gegen IS mit Stationierung in Jordanien und Kuwait
  • Ausbildungszentrum im Nord-Irak
  • EUNAVFOR MED alias Sophia im Mittelmeer
  • MINUSMA und EUTM in Mali
  • UNAMID im Süd-Sudan

Das Einsatzführungskommando unter Leitung von Generalleutnant Pfeffer koordiniert zurzeit 15 Auslandseinsätze. Die Gäste standen stellvertretend für alle Auslandseinsätze auf der halbrunden und ebenfalls nicht ganz ungefährlichen Treppe der Skylobby. Hinzu kamen Angehörige der Angehörigen ausgewählter Einsatzkontingente der Polizei:

  • UNAMID im Sudan
  • EU-Beobachtungsmission in Georgien
  • German Police Protection Team in Afghanistan
  • Deutsche Botschaft in Bagdad (Irak)

Die etwa 50 Familien-Angehörigen inklusive ihrer 11 Kinder erlebten heute eine Führung durch das Kanzleramt. Danach sahen sie für sechs Minuten die Kanzlerin. Diese dankte den Angehörigen und lobte die verantwortungsvolle Tätigkeit von Eltern und Partnern im Auslandseinsatz. Sie stellte den humanitären Aspekt der Missionen heraus und warb um einen positiven Blick auf die Situation in Deutschland.

Angehörige der Angehörigen der Bundeswehr und der Polizei im Auslandseinsatz von Angela Merkel empfangen
Blick aus der Skylobby im 7. OG des Kanzleramtes auf den Ehrenhof
Um 11:07 Uhr konnte ein Foto der leeren Skylobby im 7. Obergeschoss aufgenommen werden. Die Stimmen der Gäste verhallten und die Presse begab sich zu den runden Fahrstühlen.

Video:
Angehörige von Angehörigen der Bundeswehr und der Polizei im Kanzleramt

Autor: Matthias Baumann

Donnerstag, 7. Dezember 2017

Libyens Ministerpräsident von Angela Merkel empfangen

Fragil - so könnte wohl am besten die Lage in Libyen charakterisiert werden. Nachdem der libysche Diktator dem Arabischen Frühling zum Opfer gefallen war, kochen in Libyen viele Gruppierungen ihr eigenes Süppchen. Unterstützt dabei werden sie von Ägypten, Russland, arabischen Staaten oder Europa.

Libyens Ministerpräsident Fayiz as-Sarradsch Berlin
Libyens Ministerpräsident Fayiz as-Sarradsch zu Gesprächen in Berlin
Europa braucht Libyen als Filter gegen einen ungebremsten Zuzug. Libyen war dafür bekannt, eine Vielzahl von Flüchtlingen aus dem Süden aufzufangen und wirtschaftlich zu verwerten. Diese Verwertung schließt wohl auch modernen Sklavenhandel ein. Nun geht ein Aufschrei durch Europa, der außer Absichtserklärungen jedoch keine weiteren Auswirkungen haben sollte. Denn viel zu wichtig ist die Zuzugsbremse Libyen.

Beim heutigen Gespräch mit Ministerpräsident Fayiz as-Sarradsch im Bundeskanzleramt wurde Klartext geredet. Das Sklaven-Thema wurde angesprochen und ein kooperativer Zugang zu den Flüchtlingslagern eingefordert. Im Auswärtigen Amt wurden Verträge zur Verbesserung der wirtschaftlichen Situation des Landes unterzeichnet. Libyen solle dadurch unabhängiger von den Interessen anderer Staaten werden.

Libyens Ministerpräsident Fayiz as-Sarradsch Berlin
Libyens Ministerpräsident Fayiz as-Sarradsch bei Bundeskanzlerin Angela Merkel
Der 57-jährige Fayiz as-Sarradsch gilt im regionalen Ost-West-Konflikt als neutraler Akteur. Bereits sein Vater war Minister. Er selbst wurde 2012 Mitglied des Parlaments und 2014 zum Bauminister ernannt. Im Oktober 2015 wurde der parteilose Fayiz as-Sarradsch zum Ministerpräsidenten gewählt. Allerdings gewann das Parlament erst am 15. März 2016 die internationale Anerkennung.

Video:
Begrüßung des Ministerpräsidenten Libyens mit militärischen Ehren

Autor: Matthias Baumann

Freitag, 1. Dezember 2017

Bundesverfassungsgericht: Christ erscheint vor dem 1. Advent

Der Wechsel am Verfassungsgericht bietet eine verbale Steilvorlage für eine Predigt zum ersten Advent. Das Thema könnte lauten: "Schluckebier geht - Christ kommt".

Dr. Wilhelm Schluckebier war seit Oktober 2006 Richter am Bundesverfassungsgericht. Fristgerecht hatte er damals Evelyn Haas abgelöst. Die Amtszeit ist auf 12 Jahre begrenzt. Der 1949 in Hessen geborene Schluckebier wurde heute vorzeitig entlassen, da er vor wenigen Tagen das 68. Lebensjahr vollendet hatte. Somit unterliegt er dem Dämpfungsfaktor Alter. Eine charmante Regelung, die auch in anderen Gesellschaftsbereichen Schule machen könnte.

Wechsel beim Bundesverfassungsgericht Schluckebier Christ
Wechsel beim Bundesverfassungsgericht - Wilhelm Schluckebier durch Josef Christ abgelöst
Beim Wort Entlassung zuckt der gemeine Arbeitnehmer zusammen. Im Falle von Ministern und Verfassungsrichtern handelt es sich um einen formaljuristischen Begriff, der von seichten Gemütern auch als Ablösung oder Wechsel umschrieben werden könnte.

Wechsel beim Bundesverfassungsgericht Schluckebier Christ
Wechsel beim Bundesverfassungsgericht - Verleihung des Verdienstkreuzes an Dr. Wilhelm Schluckebier (rechts)
Als Entschädigung für die Entlassung verlieh ihm der Bundespräsident heute das Große Verdienstkreuz mit Stern und Schulterband des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland. Er hatte sich in den letzten 11 Jahren mit vielen neuen Themen wie Kopftücher, Flüchtlinge und dem BKA-Gesetz beschäftigt und dabei besonnen und kompetent agiert.

Wechsel beim Bundesverfassungsgericht Schluckebier Christ
Wechsel beim Bundesverfassungsgericht - Dr. Wilhelm Schluckebier mit Verdienstkreuz
Schluckebiers Nachfolger, Josef Christ, ist der erste Verfassungsrichter, der nicht durch einen 12-köpfigen Wahlausschuss, sondern durch das Plenum des Bundestages - mit einer Mehrheit von zwei Dritteln - gewählt wurde. Das geschah bereits am 5. September 2017. Die juristischen Schwerpunkte von Josef Christ sind Wirtschaftsverwaltung und Vermögensfragen. Sein Vorgänger war Strafrechtler.

Wechsel beim Bundesverfassungsgericht Schluckebier Christ
Wechsel beim Bundesverfassungsgericht - Vereidigung von Josef Christ
Josef Christ gilt als konservativ und gewissenhaft. Seine bisherigen Entscheidungen zeigen wirtschaftliches Denken. Seine dienstliche Nähe zu 4.0-Aktivist Günther Oettinger bedingt auch Kompetenzen bei Big Data und ähnlichen Themen. Christ stammt aus dem südlichsten Süden Süddeutschlands - so südlich, dass jeden Morgen die Frage im Raum gestanden haben muss, ob die Weckle in der Schweiz oder in Österreich gekauft werden. Der Norden wäre keine dauerhafte Option für ihn. Seine Familie spielt nur bei einer Verwendung im heimischen Karlsruhe mit.

Weihnachtsbaum Mühlenau-Grundschule Berlin-Dahlem
Weihnachtsbaum-Beleuchtung eingeschaltet durch Viertklässler der Mühlenau-Grundschule Berlin-Dahlem
Zur besonderen Abrundung der heutigen Advents-Einstimmung wurde am Nachmittag der Weihnachtsbaum vor dem Schloss Bellevue illuminiert - zu Deutsch: die Lichter wurden eingeschaltet. Dafür stand ein großer Taster in den Bundesfarben zur Verfügung - neudeutsch Buzzer.

Die beim Einschalten des Lichtes helfenden Kinder kamen aus der Mühlenau-Grundschule in Berlin-Dahlem. Der Bundespräsident und seine Gattin kamen aus dem Schloss und die 13 Meter hohe Fichte kam aus dem Landkreis Lippe. Mit Baum und Kindern wurde eine heimatliche Brücke geschlagen zwischen Kindheit und Gegenwart des Bundespräsidenten. Frank-Walter Steinmeier drückte den Knopf zusammen mit der Kleinsten der Viertklässler. Vor den Linsen vieler Kameras ging das Licht an. Danach wurde heißer Kakao gereicht.

Video:
Guten Tag Herr Bundespräsident und Frau Büdenbender!
Wechsel beim Bundesverfassungsgericht und Einschalten des Lichtes beim Weihnachtsbaum

Autor: Matthias Baumann

Montag, 27. November 2017

Botschafterin Malaysias akkreditiert

Insider wissen zu berichten, dass es in Malaysia immer etwas zu feiern gibt. Die schätzungsweise 31 Millionen Einwohner des Halbinsel-Staates setzen sich aus vielen Volksgruppen zusammen und haben entsprechend viele Feiertage, die gerne wechselseitig begangen werden.

Botschafterin Malaysia Sarah Devadason Bundespräsident
Malaysias Botschafterin Sarah Devadason und Bundespräsident Steinmeier
Etwa die Hälfte der Bevölkerung besteht aus Malayen, ein Viertel aus Chinesen und ansonsten aus indigenen Völkern, Indern und Sonstigen. Das Bevölkerungswachstum ist mit 1,6% enorm. Ein Drittel der Menschen ist unter 15 Jahren. Auch wenn Europäer und Chinesen den zahlenmäßig kleineren Teil ausmachen, sind sie doch entscheidend an der wirtschaftlichen Entwicklung des Landes beteiligt. Politisch dominiert der sunnitische Islam, was sich auch in der Bevorzugung entsprechender Personengruppen äußert. Der Islam wurde bereits im 14. Jahrhundert nach Malaysia importiert, dann jedoch von Europäern mit Kolonial-Interessen verdrängt.

Botschafterin Malaysia Sarah Devadason Bundespräsident
Botschafterin Malaysias akkreditiert - kurz vor dem Hissen der Flagge Malaysias
Malaysia hat vor 60 Jahren seine Unabhängigkeit vom Vereinigten Königreich gewonnen und praktiziert eine konstitutionelle Wahl-Monarchie. Praktisch sieht das so aus, dass alle fünf Jahre aus den neun Sultanen im Rotationsprinzip - vergleichbar mit unserem Bundesrat - ein König ausgewählt wird. Der König entspricht dann dem Status unseres Bundespräsidenten. Malaysia ist Mitglied des Commonwealth. Dadurch hat Großbritannien immer noch ein Auge auf diesen Staat.

Malaysia liegt zwischen China und Australien. Daraus ergibt sich eine strategisch wichtige Bedeutung in der Region. Bundespräsident Steinmeier bereiste Anfang November einige Länder auf der anderen Seite des Globus.

Botschafterin Malaysia Sarah Devadason Bundespräsident
Botschafterin Malaysias - Sarah Nava Rani Al Bakri Devadason
Heute wurde die neue Botschafterin Malaysias im Schloss Bellevue akkreditiert. Ihr Name stellte eine gewisse Herausforderung für den Zeilenumbruch im Gästebuch des Schlosses dar: "Frau Sarah Nava Rani Al Bakri Devadason". Unterzeichnet hat sie mit "Sarah Devadason". Ansonsten wäre wohl kein Platz mehr für die Unterschriften ihrer umfangreichen Delegation gewesen. Nach dem kurzen Gespräch mit Frank-Walter Steinmeier gab es einen Empfang in der Botschaft. Wieder ein Grund, etwas zu feiern.

Botschafterin Malaysia Sarah Devadason Bundespräsident
Botschafterin Malaysias - Gästebuch des Schlosses Bellevue
Frau Devadason ist die 21. Vertreterin Malaysias in der Bundesrepublik und gleichzeitig die erste Frau in dieser Position. Diplomatische Erfahrungen hatte sie bei der UN und bei ASEAN in Jakarta gesammelt.

Video:
Malaysias Botschafterin Sarah Devadason im Schloss Bellevue akkreditiert

Autor: Matthias Baumann

Sonntag, 19. November 2017

Volkstrauertag mit Kranzniederlegung in der Neuen Wache

Der Volkstrauertag wurde 1919 - nach dem Ersten Weltkrieg - als Gedenktag vorgeschlagen und erstmalig am 1. März 1925 begangen. Bis 1951 fand der Volkstrauertag im Februar oder März statt - Reminiscere, dem fünften Sonntag vor Ostern. 1952 wurde er auf den zweiten Sonntag vor dem ersten Advent gelegt. Gedacht wird insbesondere an die Menschen, die durch Krieg und Gewalteinwirkung ums Leben gekommen sind.

Im Dritten Reich wurde der Tag auf den 16. März festgelegt. Am 16. März 1935 war die Wehrpflicht reaktiviert worden und damit ein passender Anlass, von der christlichen Zeitrechnung abzuweichen.

Volkstrauertag 2017 Neue Wache Kranzniederlegung
Volkstrauertag 2017 - Neue Wache - Kranzniederlegung
Der Volkstrauertag ist nicht zu verwechseln mit dem Totensonntag. Der Totensonntag - auch Ewigkeitssonntag genannt - ist ein evangelischer Gedenktag an die Verstorbenen - egal, in welcher Form sie abgelebt waren. Der Ewigkeitssonntag findet am letzten Sonntag des Kirchenjahres, also am Sonntag vor dem ersten Advent, statt. So ergibt sich die zeitliche Abfolge: Volkstrauertag, Ewigkeitssonntag, 1.Advent.

Heute gedachten der Bundespräsident, der neue Präsident des Bundestages, der neue Präsident des Bundesrates, die Verteidigungsministerin und weitere Präsidenten, Bürgermeister und der Generalinspekteur der Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft. Dazu legten sie Kränze in der Neuen Wache nieder.

Die Neue Wache wurde vor zwei Wochen neu eröffnet. Es hatten umfangreiche Baumaßnahmen stattgefunden. Das nach Plänen von Karl Friedrich Schinkel und Salomo Sachs errichtete Haus zählt zu den Hauptwerken des deutschen Klassizismus.

Volkstrauertag 2017 Neue Wache Kranzniederlegung
Volkstrauertag 2017 - Neue Wache - Fahnen auf Halbmast
Nach den Umbauten verfügt die Neue Wache nun auch über einen barrierefreien Zugang. Wolfgang Schäuble war heute der erste prominente Gast, der die Barrierefreiheit testen konnte. Das war auch ein wichtiger Moment für die Presseabteilung des Deutschen Historischen Museums.

Das DHM ist für die Neue Wache zuständig und hatte heute seine Fahne auf Halbmast gesetzt. Die Fahnen neben der Neuen Wache und an der Humboldt Universität waren ebenfalls auf Halbmast gesetzt. Nur die Staatsoper scheint nichts mit dem Volkstrauertag anfangen zu können. Vielleicht ist aber auch der Mast zu kurz für Trauerbeflaggung.

Die Ewige Flamme lodert übrigens seit Anfang der 1990er Jahre nicht mehr in der Neuen Wache. Deren Glaskörper steht irgendwo im Magazin und wiegt so viel wie ein voll ausgestatteter BMW 7er. Apropos BMW: Die vorwiegend aus Audi und Mercedes bestehende Fahrzeugkolonne der Regierungsvertreter mit ihren Blaulichtern und Standarten bewegte sich nach der Kranzniederlegung zum Reichstag, wo eine Gedenkstunde stattfinden sollte.

Video:
Kranzniederlegung zum Volkstrauertag 2017 in der Neuen Wache

Autor: Matthias Baumann

Freitag, 10. November 2017

4. Workshop zur Überarbeitung des Traditionserlasses an der BAKS in Berlin

Egal, mit wem ich heute an der Bundesakademie für Sicherheitspolitik (BAKS) sprach, die Erwartungshaltung gegenüber dem vierten und letzten Workshop zur Überarbeitung des Traditionserlasses war gedämpft. In Hamburg, Koblenz und Potsdam war soweit alles gesagt worden. Es zog sich eine rote Linie durch die Argumentation und die Themen. Der für die textliche Neufassung verantwortliche Oberst atmete auf, weil keine neuen Baustellen aufgerissen worden waren.

Das Wachbataillon war wieder nicht dabei. Der Generalinspekteur ließ sich durch Vizeadmiral Rühle vertreten und die Ministerin hatte mit Jamaika zu tun. Eine gemütliche Runde mit Herrschaften der obersten sechs Dienstgrade und viele bekannte Gesichter.


4. Workshop Traditionserlass BAKS Berlin
4. Workshop zum Traditionserlass an der BAKS in Berlin
General Pfeffer und die finale Entscheidung

Aus Zeitgründen musste ich eine Entscheidung treffen: Sektion IV Einsatzarmee mit Generalleutnant Pfeffer oder Sektion I mit einer ressortübergreifenden Traditionsbetrachtung. Beim Antrittsbesuch des Bundespräsidenten hatte ich General Pfeffer im Einsatzführungskommando erlebt. Ein kompetenter Mann, der viele Jahre seiner Dienstzeit bei den Gebirgsjägern verbracht hatte. Er wurde von seinem Presseoffizier begleitet. Der Bundespräsident war heute nicht dabei, hatte aber seinen Oberst zum Workshop geschickt.

Auch wenn der Vortrag von Herrn Pfeffer sicher spannend gewesen wäre, fiel die Entscheidung zugunsten der Sektion I. Traditionswürdige Ereignisse aus den Einsätzen waren bereits bei den vorherigen Workshops entfaltet worden. Sektion I hingegen versprach eine ganz neue Blickrichtung auf das Thema. Es sollten nämlich Bundespolizei, GSG 9 und der BND über ihre Traditionen berichten.

Bundespolizei ohne Tradition

Mathias Schaef von der Bundespolizei begann. Er zeichnete ein nüchternes Bild der Traditionslosigkeit. Die Gründung der Behörde erfolgte 1951 und war damit von jeglicher preußischer oder nationalsozialistischer Vergangenheit abgekoppelt.

Konrad Adenauer sorgte zwar für eine Wiedereingliederung ehemaliger Wehrmachtsangehöriger, aber zur Tradierung vergangener Bräuche reichten diese nicht aus. 1956 wurde die Bundespolizei in die Bundeswehr überführt. 1976 fand eine Rückbesinnung auf den Polizeistatus statt, der mit einer Angleichung von Uniformen und Amtsbezeichnungen einherging. Im Jahr des Mauerfalls gab es den ersten Auslandseinsatz - UNTAG Namibia. Bis 1994 hatten sie Kombattantenstatus, also durften an Kriegshandlungen teilnehmen. Erst vor 12 Jahren wurden sie in Bundespolizei umbenannt.

Diese ständigen Wechsel erklären auch, warum sich kaum eine Traditionslinie entwickeln konnte. Übrigens auch eine Argumentation, die vielfach in den Workshops aufkam. Regimenter werden auseinander gerissen, in "blutleere und technokratische" Worthülsen umbenannt und somit jegliche dauerhafte Identifikation des Soldaten mit seinem Regiment verhindert. Im Auslandseinsatz trifft dann eben ein Einsatzkontingent ein und nicht etwa das 3. Soundso-Regiment mit langjähriger gemeinsamer Kampferfahrung.

Die Motivation ziehe die Bundespolizei laut Mathias Schaef aus den täglichen Erfolgen, der guten Bezahlung, der exzellenten technischen Ausstattung und dem kollegialen Umgang miteinander. Ein hoher Wert sei die "Familie Bundespolizei".

4. Workshop Traditionserlass BAKS Berlin
GSG 9 - Kommandeur Jerome Fuchs beim 4. Workshop zum Traditionserlass an der BAKS in Berlin
Tradition und Stolz der GSG 9

Die GSG 9 ist eine Spezialeinheit der Bundespolizei und auf viele Dinge stolz - auch auf ihre Tradition. Der Name der Grenzschutzgruppe 9 wurde bis heute bewahrt. Er konnte sämtliche Umbenennungswellen überleben. Die Kollegen der GSG 9 reden sich als Kameraden an und sind stolz auf ihre Dienstkleidung. Jerome Fuchs, der Kommandeur der GSG 9, war heute mit seiner dunkelgrünen Tagesuniform erschienen. Damit stach er aus dem üblichen Grau-Schwarz im Saal heraus. Seine Mütze klemmte unter dem Dienstgrad-Abzeichen mit den vier gelben Sternen.

Begeistert erzählte der Kommandeur von seiner Truppe, der technischen Ausstattung, der cleveren Taktik, der zügigen Einsatzverlegung und den flachen Hierarchien. Bei der GSG 9 seien unkonventionelle und kreative Lagelösungen gefragt. Überraschungsmomente seien die Stärke der Gruppe. Während der Bewältigung einer komplexen Lage könne es vorkommen, dass der taktische Leiter kurzzeitig durch einen Grenadier - Anfänger - abgelöst wird, wenn dieser im entscheidenden Moment die beste Idee hat oder an der besseren Position steht. Die GSG 9 rekrutiere ihre Kameraden in einem strengen Auswahlverfahren. Dieses gewichte mehr die Praxiserfahrung als den Schein - den Schein von der Uni.

Jerome Fuchs berichtete von Kameradschaftstreffen und dem Gründungsvater Ulrich Wegener, der mit seinen 88 Jahren immer noch regelmäßig anrufe und sich nach dem Wohlergehen der GSG 9 erkundige. Kommandeur Fuchs ist übrigens der einzige Beamte der GSG 9, der öffentlich in Erscheinung tritt. Alle anderen arbeiten mit verdeckten Identitäten. Deshalb kann auch nur ein Teil der ausgeprägten Traditionen in den öffentlichen Raum gelangen.

Die geheime Tradition des BND

Ebenso verschleiert sind die Identitäten der Mitarbeiter des BND. Das liegt wohl in der Natur eines Nachrichtendienstes. Beim BND gibt es keine Uniformen, keine Abzeichen, keine speziellen Orden. Er ist dem Bundeskanzleramt direkt unterstellt und hat etwa 6.500 Mitarbeiter. 10% davon bilden eine Schnittmenge zur Bundeswehr.

Während die Bundeswehr mit eingezogenem Schwanz um die Vergangenheit vor 1945 herumschleicht, gibt der BND offen zu, dass 30% der Anfangsmitarbeiter aus NS-Personal mit Gestapo- und SD-Erfahrung rekrutiert worden waren. Offiziell wurde der BND am 1. April 1956 als Auslandsnachrichtedienst gegründet. Er ging aus der Organisation Gehlen hervor, die bis dahin unter amerikanischer Regie geführt worden war. Schwerpunkt: Abwehr des Kommunismus.

Wegen der natürlichen Intransparenz gab es bislang nur eine passive Aufbereitung der NS-Vergangenheit. Wobei sich das Thema ja bereits biologisch erledigt haben sollte. Seit 2010 wird intensiv an der Geschichte des BND geforscht und die Wissenschaftler haben laut BND-Historiker Bodo Hechelhammer vollen Aktenzugriff.

Das Bildnis des Gründungsvaters Reinhard Gehlen hänge zu Recht in einigen Räumen des BND. Mit einem Bildersturm würde man sich der Organisationsgeschichte berauben. Der kurz vor Kriegsende zum Generalmajor beförderte Gehlen hatte das Gespür dafür, dass die West-Alliierten seine Dienste und Netzwerke in der Auseinandersetzung mit dem kommunistischen Osten benötigen würden.

Tradition auf Regimentsebene

Nach diesen äußerst divergenten Traditionsverständnissen kam noch die Frage nach Migranten in der Bundeswehr auf. Freiheitliche demokratische Grundordnung war die kurze, aber alles zusammenfassende Antwort darauf. Wenn die FDGO das Leitbild des Migranten darstelle, sei die Zusammenarbeit unproblematisch. Bei der Polizei gehe der Trend ohnehin zu einer Öffnung für Beschäftigte aus EU-Ländern.

Ein ranghoher Offizier wiederholte am Rande der Veranstaltung noch einmal den wichtigen Punkt, den Flottillenadmiral Schneider in Hamburg eingebracht hatte: Beispiele statt Vorbilder! Tradierung des fachlichen Geschicks statt einer Person mit all ihren Schwächen und politischen Gesinnungen. Der neue Traditionserlass solle zudem nicht von oben diktiert, sondern auf Regimentsebene in einer persönlicher Beziehung zu der jeweiligen Tradition gelebt werden.

Autor: Matthias Baumann

Sonntag, 5. November 2017

Berlin Tattoo 2017 - ein internationaler Zapfenstreich

"Lässt sich Mike tätowieren?", fragte mein Sohn. Ein Kollege meiner Frau hatte Karten für eine der drei Vorstellungen von Berlin Tattoo 2017 gekauft. Für die besten Plätze natürlich - immerhin wollten die angehenden Schwiegereltern mitkommen. Die Tickets kosteten zwischen 21 und 63 Euro.

In unserem Kontext hat Tattoo nichts mit der Änderung der Hautfarbe zu tun, sondern bezieht sich auf das niederländische "Doe den tap toe!" - zu Deutsch "Mach den Hahn zu!" oder besser noch "Zapfenstreich".

Berlin Tattoo 2017
Berlin Tattoo 2017 - Pipes & Drums
Bereits eine Stunde vor Beginn hatte sich ein Herr von Freunden der Militärmusik vor der Max-Schmeling-Halle eingefunden. Pünktlichkeit ist schließlich eine der Tugenden, die auch die Bundeswehr als erstes ihren Leuten antrainiert. Mit insgesamt 16.500 Besuchern waren die Erwartungen der Veranstalter mehr als erfüllt. Berlin Tattoo war nach dem Zweiten Weltkrieg zunächst von den Briten organisiert worden, danach vom Land Berlin und inzwischen von einem privaten Träger: Musikparade GmbH aus Oldenburg.

Berlin Tattoo 2017
Berlin Tattoo 2017
Die Besucher hatten ein Durchschnittsalter von Mitte 50 und waren aus ganz Deutschland angereist. Fast alle Besucher waren bereits im Besitz ihrer Karten, so dass die Dame an der Tageskasse kaum etwas zu tun hatte. Pressesprecherin Vera Jansen-Cornette wusste zu berichten, dass die Tickets schon ein Jahr im Voraus gebucht werden. Für Berlin Tattoo 2018 habe der Verkauf bereits begonnen.

Ich mengte mich unter das Volk und sondierte die beste Kameraposition. Immer mehr Menschen strömten in die Halle. "Geht das mit der Treppe?", fragte die Ordnerin neben mir und bot einer älteren Dame die Begleitung auf ihren Platz an. Das wiederholte sich mehrfach. Pünktlich ging das Licht aus und die Show begann.

Berlin Tattoo 2017
Berlin Tattoo 2017
Berlin Tattoo zeigte, dass das gewohnte Schmalspur-Repertoire der Untermalung von Staatsbesuchen durch das Talent der Musiker weit übertroffen werden kann. So wurden wir Zeugen einer Show der militär-musikalischen Superlative. Männer, die Multitasking beherrschten und sich beim Trommeln oder Trompeten in choreografischen Abläufen bewegen konnten. Ich war fasziniert und mit mir die vielen tausend Besucher im Saal.

Berlin Tattoo 2017
Uniformierte spielten und bewegten sich zu "Highway to Hell" oder "Thriller". Die sonst so steifen Tambourmajore fügten sich in die Bewegungsabläufe ein und zeigten sich von ihrer kontemporären Seite. Pyrotechnik, Lichtspiele, Konfetti unterstützten die Darbietungen.

Einige Ensembles hatten Tänzerinnen oder Geiger mitgebracht. Andere glänzten mit vielen Blasinstrumenten und 160 Schritten pro Minute. Die Highlights waren die schottischen Pipes & Drums, die Frauenpower von der Crazy Drummers Union und das Finale mit allen 700 Künstlern aus 10 Nationen. Letztere spielten konzertiert mehrere Stücke. Als eine große Europa-Fahne hereingetragen wurde, brach Jubel im Saal aus.

Berlin Tattoo 2017
Berlin Tattoo 2017 - Finale mit 700 Musikern aus 10 Nationen
Kein Platzkonzert und kein Berlin Tattoo ohne das typische Abschlusslied: "Berliner Luft". Begeistert verließen die Besucher die Max-Schmeling-Halle. Drei Stunden Militär-Musik inklusive 15-minütiger Pause waren für die 21 bis 63 Euro geboten worden. Das hatte sich wirklich gelohnt.

Video:
Impressionen aus drei Stunden Berlin Tattoo 2017

Autor: Matthias Baumann

Donnerstag, 12. Oktober 2017

3. Workshop zur Überarbeitung des Traditionserlasses am ZMSBw in Potsdam

Am ZMSBw ging es heute ans Eingemachte. In zwei Blöcken wurde die deutsche Militärgeschichte vor 1933 sowie nach 1933 diskutiert. Chronologisch korrekt war die Geschichte vor 1933 auf den Vormittag gelegt worden und die Geschichte nach 1933 auf den Nachmittag.

Die Ministerin war schon zum ersten Block erschienen und hatte mit regem Interesse zugehört. Auch der Generalinspekteur saß in der ersten Reihe des Auditoriums. Gruppenarbeiten wie in Hamburg waren diesmal nicht vorgesehen. Dafür gab es jeweils einen Impulsvortrag und geplante Kommentare, die auch als Vortrag hätten durchgehen können, so sie nicht aktiv auf den Vorredner eingegangen wären.

3. Workshop zum Traditionserlass am ZMSBw in Potsdam
3. Workshop zum Traditionserlass - Kommentator Dr. Christian Hartmann vom Institut für Zeitgeschichte München
Bedingt durch Herkunft und Berufsschwerpunkt der Diskutanten ging es wieder sehr kontrovers zu. Jeder setzte eigene Akzente bei der Betrachtung des Themas. Theoretiker und Praktiker kamen zu Wort. Es nütze nichts, wenn sich eine "elitäre Gruppe Intellektueller" treffe und Tradition von oben herab diktiere. Die Truppe müsse einbezogen werden.

Wehrmacht lebt subcutan weiter

So sei insbesondere bei Panzergrenadieren eine tiefe Verbundenheit mit der Wehrmacht zu verzeichnen. Das ist auch der Ministerin bewusst. Auf Befehl lasse sich das zwar in den Untergrund verlegen, schwinge aber im Bewusstsein der Soldaten weiterhin mit. Da wir uns auf intellektuell hohem Niveau bewegten, fiel das Wort subcutan (unter der Haut).

Der Argumentation des ersten Workshops in Hamburg folgend wurde das deutsche Wort Opfer in die lateinischen Begriffe victima und sacrificium zerlegt. Der Deutsche gehe immer noch als Victima (passives Opfer wie z.B. bei einem Unfall) mit der Geschichte um und verliere dadurch den Blick auf das wertvolle Sacrificium (bewusstes Opfer für ein höheres Ziel). Brigadegeneral Sollfrank vom Kommando Spezialkräfte in Calw stellte deshalb - durchaus provokant - handwerklich gelungene Einsätze der Wehrmacht vor. Zuvor hatte Prof. Wolffsohn die Betrachtung der Wehrmacht in Ethik und Funktion gesplittet. Demnach sei die Ethik der Wehrmacht abzulehnen. Ihre funktionale Professionalität sei jedoch noch heute Teil der militärischen Lehrpläne.

Vorbilder und ethische Grundsätze

Durch die bekannte Victima-Blockade erlebe die Truppe ein traditionelles Vakuum, das ausgeglichen werden müsse. Werde kein passendes Beispiel geliefert, komme es oft zur Befüllung mit falschen Vorbildern.

Brigadegeneral Sollfrank nannte einige Grundsätze, die in seiner Einheit gelten:

  • Ehre
  • Mut
  • Loyalität
  • Integrität
  • Entschlossenheit
  • Tapferkeit

Was sagt die Bibel?

Interessant waren auch die mehrfach einfließenden Grundlagen aus der Bibel. Das Tötungsverbot aus den 10 Geboten (2. Mose 20, 13) beziehe sich auf das Morden aus niederen Beweggründen. Aus dem ethischen Kontext des Alten Testamentes gehe jedoch hervor, dass zwischen Morden und Töten differenziert werde. Gekrönt wurden die Ausführungen mit dem Hinweis, dass Jesus als Sohn Davids bezeichnet wurde. David sei zunächst Räuberhauptmann, dann Kämpfer und später sogar Mörder gewesen (2. Samuel 11, 14-27). Ethisch konnte er das jedoch gerade biegen, da er den Mord an Uria bereut und um Vergebung gebeten habe.

Der darauf folgende Kommentator untermauerte das mit einer weiteren Bibelstelle aus 1. Samuel 15. Darin geht es um den ersten israelischen König Saul, der die Amalekiter vernichten soll. Er tötet allerdings nur die Männer und das minderwertige Vieh. Die Frauen, den König und die Wertsachen verschont er. Hier entstehe der Eindruck einer humanitären Maßnahme. Tatsächlich sei das aber ein Akt der Habsucht Sauls gewesen. Kurz darauf wird Saul durch den oben erwähnten David ersetzt.

Islam in der Bundeswehr

Der Traditionserlass muss in diesem Zusammenhang noch eine weitere Kennziffer berücksichtigen: 1/6 der Bundeswehr sei inzwischen durch Menschen mit Migrationshintergrund besetzt. Diese bringen unter anderem auch islamische Denkstrukturen mit. Hier sei ein Verweis auf die Trennung von Politik und Religion angebracht.

3. Workshop zum Traditionserlass am ZMSBw in Potsdam
3. Workshop zum Traditionserlass am ZMSBw in Potsdam
Aber zurück zur postheroischen Gesellschaft Deutschlands:

Im Saal fehlte die Zielgruppe. Dienststellen mit ständigen Anfragen zum richtigen Verhalten versuchten Antworten aus den Diskussionen zu extrahieren. Wie kommt es zur Verbindung des separaten Stranges Ethik mit dem separaten Strang Handwerk? Wie interagieren diese Stränge und wie können sie in den Köpfen und Handlungsmustern der Soldaten miteinander verzahnt werden? Wird der neue Traditionserlass überhaupt praxistauglich sein?

Fragen über Fragen und ein Ringen um nutzbare Ergebnisse. Als Außenstehender war ich davon beeindruckt, mit welcher Wertschätzung auch sehr unterschiedliche Standpunkte diskutiert werden konnten. Ich war davon beeindruckt, dass hochrangige Offiziere ein glaubhaftes Interesse am Dialog mit der Truppe haben und die Umsetzung des neuen Traditionserlasses gerne bis in die untersten Hierarchie-Ebenen verwirklicht sehen möchten. Nicht per Befehl, sondern als verinnerlichte ethische Grundlage zur Ausübung des Handwerks.

Autor: Matthias Baumann