Montag, 23. August 2021

Österreichs lange Tradition bei Auslandseinsätzen

Zum Abschlussabend einer internationalen Konferenz in New York City sollten Vertreter der jeweiligen Delegationen die Fahne ihres Landes in den Saal tragen. Der deutschen Delegation hatte sich eine Frau aus Österreich angeschlossen. In einem langen Ständer warteten die Fahnen auf die Abholung. Die Deutschlandfahne war auf den ersten Blick zu erkennen. Die Frau aus Österreich machte ihrem Unmut Luft, dass man immer bei Deutschland mitlaufen müsse und nie als eigenständiges Land gewürdigt werde. Ich half ihr beim Suchen der Fahne und fand sie dann schließlich auch. Stolz stellten wir uns mit den Fahnen zusammen und verteidigten unsere Position gemeinsam gegen vordrängende Afrikaner und Asiaten.

Diese Situation ist wohl symptomatisch für die Wahrnehmung des Engagements Österreichs in der Welt. Als neutraler Staat ist es nur selten an "robusten" Einsätzen beteiligt und agiert daher eher in den Bereichen, die nicht so medienwirksam ausgeschlachtet werden können.


Bereits das kaiserliche und königliche (k.u.k.) Infanterie-Regiment Nr. 87 setzte sich ab 1883 für die Trennung von Konfliktparteien in Albanien und auf Zypern ein. Nach dem Ersten Weltkrieg 1918 löste sich das Regiment auf. Es gab dann verschiedene innenpolitische Umbrüche in Österreich, so dass die internationalen Aktivitäten erst 1960 wieder aufgenommen wurden. Bis heute sind österreichische Kräfte an unzähligen UN-Missionen beteiligt. Das sind Missionen, von denen man in Deutschland kaum etwas gehört hat: ONUC, UNYOM, UNFICYP, UNTSO, UNEF, UNTAG, UNOVEN und viele weitere. Das könnte auch daran liegen, dass man bis 1990 in Deutschland mit dem Kalten Krieg und anderen Themen beschäftigt war.

Wer das Buch "Going International in the Service of Peace" (ISBN 978-3-85333-329-7) von Erwin A. Schmidl, einem Militärhistoriker aus Wien, liest, bekommt einen Eindruck von der Menge der UN-Einsätze weltweit. Am roten Faden des österreichischen Engagements erfährt der Leser, wo das Eingreifen oder die bloße Anwesenheit der Staatengemeinschaft etwas Positives bewirken konnte, wo sie versagt hat und wo sie sich optimiert hat. Der größte Bremsklotz ist das Machtspiel der Vetomächte im Sicherheitsrat. Ansonsten könnte noch viel mehr geholfen und befriedet werden. Dennoch wurde viel mehr geleistet, als allgemein wahrgenommen.

Die Neutralität schafft dem österreichischen Personal eine besondere Stellung. So werden sie oft für Polizeiaufgaben, im Justizvollzug oder als Ausbilder nachgefragt. Auch Führungsaufgaben stehen ihnen offen. Selbst dann, wenn bisher gar keine Beteiligung ihres Landes an einer Mission stattgefunden hatte. Inklusive der neueren EU-Missionen wie EUTM (Mali), EUFOR Tchad oder EUAM Ukraine war und ist Österreich in 74 Auslandseinsätze involviert. Durch ein spezielles Entsendegesetz darf es auch Kampftruppen entsenden und hält dafür ein Bataillon mit einer Maximalstärke von 2.500 Soldaten bereit.

Da die Soldaten des Bundesheeres deutlich weniger Geld verdienen als ihre deutschen Kameraden, sind Auslandseinsätze wegen der finanziellen Zuschüsse interessant. In der Anfangszeit der Auslandseinsätze wurden die Mitreisenden noch händeringend gesucht, weil teilweise Urlaub dafür genommen werden musste und als Hauptmotivation die christliche Nächstenliebe galt. Zudem wurden die Freiwilligen als Erholungssuchende diffamiert. Das notorisch unterfinanzierte Bundesheer musste vor Ort nicht selten improvisieren, um beispielsweise ein funktionstüchtiges Zeltkrankenhaus betreiben zu können. Not macht bekanntlich erfinderisch, und so bauten die Österreicher eine bemerkenswerte Resilienz im Umgang mit widrigen Umständen vor Ort auf - ohne ihre professionelle Arbeitsweise darunter leiden zu lassen. Wegen der internationalen Mischung der Einsatzkontingente kam es sogar zu Situationen, in denen sich Österreicher mit Iren auf Suaheli unterhielten, weil das ihre ehemals gemeinsame Sprache beim Kongo-Einsatz gewesen war.

Bei der Betrachtung der Einsätze fällt auf, dass die UNO zwar weiterhin agiert, aber mehr und mehr durch EU- und NATO-Aktivitäten abgelöst wird. EU und NATO haben auch deutlich "robustere" Mandate und können dadurch schneller entsprechende Ergebnisse herbeiführen. Deutlich wird aber auch, dass sich in den letzten 70 Jahren - ausgehend von Afrika und dem Nahen Osten - die sicherheitspolitische Schlinge immer enger um Europa zusammenzieht. Den ersten Schreck gab es beim Zerfall Jugoslawiens und den damit verbundenen kriegerischen Auseinandersetzungen direkt an der Südostgrenze Österreichs. Österreich befindet sich zurzeit in einem Dilemma zwischen EU-Mitgliedschaft und militärischer Neutralität. Mit dem Status "Partnership for Peace" (Partnerschaft für den Frieden) hat das Land einen guten Kompromiss gefunden und war in diesem Konstrukt sogar bei KFOR im Kosovo und bei ISAF in Afghanistan eingesetzt.

Wer das oben erwähnte Buch mit dem festen Einband, den über 200 A4-Seiten und den weitestgehend unattraktiven, aber aussagekräftigen Pressefotos zuklappt, wird erstaunt sein über den Umfang dieses Themas. Auslandseinsätze werden in Deutschland gerne auf die jeweils aktuellen etwa 15 Einsätze reduziert. Mit "Going International" taucht der Leser in eine Geschichte humanitärer Hilfe, Befriedung und den Weg zu einer sinnvoll agierenden Weltgemeinschaft ein.

Autor: Matthias Baumann

Donnerstag, 19. August 2021

Abschiedsreise der Transall C-160

Der Abschied von der Transall C-160 ist für die Truppe ähnlich emotional wie der jüngste Abschied von der UH-1D alias Huey oder Teppichklopfer. Seit 53 Jahren stand die Transall im Dienst der Bundeswehr und fast jeder Soldat hat seine eigene Geschichte mit diesem Flugzeug - seien es die engen Sitze, das fehlende WC, Turbulenzen beim Flug, die sagenhaften Start- und Landeeigenschaften oder das Propellergeräusch. Wenn die C-160 über den Baumwipfeln erschien, wusste man: Es gibt Nachschub, Verpflegung oder Heimreise.

Transall C-160 Goodbye Tour Lufttransportgeschwader 63 LTG 63 Fliegerhorst Holzdorf
Transall C-160 Goodbye Tour des Lufttransportgeschwaders 63 (LTG 63) - Landung und Betankung auf dem Fliegerhorst Holzdorf - Viele Erinnerungen, Emotionen und reges Interesse an Transall-Souvenieren

Zwischenzeitlich ist die Flotte der Nachfolger angewachsen. Im November 2020 gab es noch 17 aktive Transall in der Bundeswehr. Zum Jahresende 2021 wird der letzte Transall-Verband, das Lufttransportgeschwader 63 (LTG 63), aufgelöst. Aus diesem Grunde bekam eine der Maschinen eine Sonderlackierung und flog über sämtliche Bundeswehrstandorte Deutschlands. Gestern landete sie auf dem Fliegerhorst Holzdorf und wurde dort betankt. Die zivilen und militärischen Mitarbeiter aus Holzdorf begrüßten das Flugzeug, indem sie am Boden ein "BYE" formten. Nach der Landung wurden Souveniers und Bildbände verkauft, deren Erlöse an verschiedene Hilfswerke der Bundeswehr gehen.

Transall C-160 Goodbye Tour Lufttransportgeschwader 63 LTG 63 Fliegerhorst Holzdorf
Transall C-160 Goodbye Tour des Lufttransportgeschwaders 63 (LTG 63) - "Retro-Brummel" beim Zwischenstopp auf dem Fliegerhorst Holzdorf

Neben Maschinen vom Typ C-130J Hercules sollen auch A400M die ausgediente Transall ersetzen. Ende letzten Jahres verfügte die Bundeswehr über 34 Stück der 4-motorigen A400M. C-130J Hercules besitzt Deutschland noch nicht. Ersatzweise unterhalten die US-Streitkräfte derzeit 14 C-130J-30 Hercules in Ramstein. Einen Besuch in Ramstein hatte AKK für Dienstag geplant. Allerdings sind wegen der Situation in Afghanistan sämtliche Termine der Ministerin verschoben oder abgesagt worden.

Autor: Matthias Baumann

Transall C-160 Goodbye Tour Lufttransportgeschwader 63 LTG 63 Fliegerhorst Holzdorf
Transall C-160 Goodbye Tour des Lufttransportgeschwaders 63 (LTG 63) - Start und Weiterflug nach Schwielowsee (Überflug beim Einsatzführungskommando) mit dem Ziel LTG 63 in Hohn bei Rendsburg


Freitag, 13. August 2021

AKK besucht die Truppe quer durch Deutschland

Nach drei Tagen standen 1.333 Kilometer mehr im Fahrtenbuch. Bis Montag hatte nur ein Termin im Kalender gestanden: am Dienstag Sanitätsregiment 1 in Weißenfels. Dann ging es Schlag auf Schlag. Am Mittwoch wollte die Ministerin das Panzerbataillon 203 in Augustdorf besuchen und am Donnerstag die Marineunteroffizierschule Plön sowie das Aufklärungsbataillon 6 in Eutin.

AKK besucht die Truppe - Panzerbataillon 203 Augustdorf
AKK besucht die Truppe - Panzerbataillon 203 Augustdorf - Vorbereitung auf die Fahrt mit dem Leopard 2

Wer in etwa weiß, wo diese Orte in Deutschland verteilt sind, kann das Reisepensum von AKK nachvollziehen. Sie hat jedoch den logistischen Vorteil der Luftverlegung, so dass der Zeitgewinn für Gespräche vor Ort genutzt werden kann. Sie traf fast immer früher als geplant ein. Für das Protokoll ist das der Worst Case. Das interessiert sie aber nicht, da es ihr offensichtlich mehr um die Personen als um die Etikette geht. Letzteres wird an vielen Details deutlich: die wetterfeste und geländefähige Kleidung, die Frisur und die Ausblendung der Presse außerhalb des offiziellen Statements.

AKK besucht die Truppe - Panzerbataillon 203 Augustdorf
AKK besucht die Truppe - Panzerbataillon 203 Augustdorf - Fragen und Antworten zu Optik, Bewaffnung und Aktivpanzerung

AKK hatte Abgeordnete und Politiker sämtlicher Parteien im Schlepptau. Die begleitenden Landes- und Bundespolitiker waren weniger zweckmäßig gekleidet und mussten dann mit ihrem Parlamentsschuhwerk durch den Matsch stapfen. Hauptsache, die Krawatte saß. Immerhin wollte jeder dieser Zivilisten die beste Position auf den Bildern mit der Ministerin ergattern. Immer wieder tauchten grauhaarige Unbekannte mit Krawatte vor der Linse auf und mussten im Nachgang aus dem Film geschnitten werden.

Im Gegensatz zu ihrer Vorgängerin hat AKK keinerlei Berührungsängste mit der Technik und der Truppe. In Augustdorf kam sie mit einem GTK Boxer vorgefahren, sprang in die tiefen Sandfurchen und lief mit dem Kommandeur plaudernd an der Presse vorbei. Anschließend fuhr sie mit dem Leopard 2 ab. In Eutin wurde sie mit einem Fennek ins Gelände gefahren und überzeugte sich kurz darauf im Unterholz davon, wie gut sich Aufklärer tarnen können. In Weißenfels lehnte sie den Schirm eines Parlamentariers ab und setzte ihre Kapuze auf. Als der Regen vorbei war, setzte sie die Kapuze ab, strich durchs Haar und ließ sich weiter die Vorteile und Schwachstellen eines ferngesteuerten Gabelstaplers erklären.

AKK besucht die Truppe - Sanitätsregiment 1 Weißenfels
AKK besucht die Truppe - Sanitätsregiment 1 in Weißenfels - Die Ministerin lässt sich den gepanzerten Liebherr Bergekran G-BKF erklären.

Viel Zeit nimmt sie sich für die Gespräche mit der Truppe und weicht dann auch gerne mal vom vorgefertigten Text beim Statement ab. Ein sicheres Zeichen dafür, dass sie die Anliegen nicht nur erfragt, sondern auch hört und versteht. In einem der Statements sagte sie, sie habe nicht nur viele Eindrücke mitgenommen, sondern auch jede Menge Hausaufgaben. Besonders erfreut zeigte sie sich über die Verbundenheit der jeweiligen Landkreise mit den Bundeswehrstandorten. Wenn die Bürger von "ihrer Bundeswehr" reden, steht die Zusammenarbeit auf einem soliden Fundament.

Am Mittwoch traf dann die nächste Termininfo ein: Die Ministerin besucht am Freitag die Logistiker in Ingolstadt. Das war mir dann aber von Eutin aus doch zu weit.

Autor: Matthias Baumann

Montag, 2. August 2021

AKK setzt mit Entsendung der Fregatte "Bayern" die Indo-Pazifik-Leitlinien um

Auch interne Quellen zeigen sich erstaunt über die Geschwindigkeit, mit der die Ministerin ihre Vorhaben umsetzt. Normalerweise befindet sich die Bundesregierung kurz vor der Wahl in einer Art Schockstarre, die sämtliche Entscheidungsprozesse und erst recht deren Durchführung lähmt. Nicht so im Verteidigungsministerium. Erst im September 2020 waren im Kabinett die Indo-Pazifik-Leitlinien verabschiedet worden. Bereits ab November fanden per Videokonferenz Gespräche mit den Verteidigungsministern von Australien, Singapur und Japan statt. Weitere Gespräche folgten - zuletzt auch mit dem Amtskollegen aus China. Dieser verantwortet die Spannungen im Südchinesischen Meer, hat der Fregatte "Bayern" aber zumindest die Durchfahrt gestattet.

Fregatte "Bayern" durch Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer von Wilhelmshaven aus in den Indo-Pazifik entsendet
Fregatte "Bayern" durch Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer in Wilhelmshaven zur Fahrt in den Indo-Pazifik verabschiedet

Überhaupt scheint Annegret Kramp-Karenbauer die einzige deutsche Spitzenpolitikerin zu sein, die sich offen zum regelbasierten Welthandel und gegen die Gebietsambitionen Chinas stellt. Sie scheut sich nicht, pikante Themen wie die Uiguren anzusprechen, während die Kanzlerin lieber ausweicht. Zu schwierig ist der Spagat zwischen wirtschaftlichen Interessen und sicherheitspolitischem Handlungsbedarf.

In den Videokonferenzen zu den Indo-Pazifik-Leitlinien kam sehr schnell die im Papier fixierte "maritime Präsenz" zur Sprache. Zunächst stellte die Ministerin auf eine Ausbildungsmission mit der Entsendung von Personal ab. Die Freude und Erwartungshaltung der asiatischen Partner waren aber so groß, dass sie bald von einer Fregatte sprach. Wegen der zweiten und dritten Corona-Welle verzögerte sich das allerdings, so dass als finaler Termin der August 2021 festgelegt wurde. Und tatsächlich: Heute, am 2. August 2021, wurde in Wilhelmshaven die Fregatte "Bayern" verabschiedet.

Fregatte "Bayern" durch Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer von Wilhelmshaven aus in den Indo-Pazifik entsendet
Fregatte "Bayern" verlässt den Hafen von Wilhelmshaven in Richtung Indo-Pazifik

Die Deklaration der Mission ist etwas ambivalent. Es soll eine Art Freundschaftsfahrt werden, bei der die Fregatte Partnerhäfen in der Region anläuft und idealerweise auch einen friedlichen Besuch in Shanghai absolviert. Noch liegt die Genehmigung nicht vor. Die Fregatte "Bayern" soll Flagge zeigen für den regelbasierten Welthandel und offene Seewege. Es wurde also bewusst ein älteres Modell der F123-Klasse verwendet. Da es sich um eine Präsenz- und Ausbildungsfahrt handelt, ist kein Mandat des Bundestages für die Reise notwendig.

Fregatte "Bayern" durch Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer von Wilhelmshaven aus in den Indo-Pazifik entsendet
Passend zur Verabschiedung der Fregatte "Bayern" in den Indo-Pazifik wurde ein neues Vorlesebuch für Bundeswehr-Familien vorgestellt.

Pünktlich zum Auslaufen der "Bayern" wurde das Vorlesebuch "Geschichten verbinden" für Soldatenfamilien fertiggestellt. Der Elternteil im Auslandseinsatz nimmt das dünne und leichte Exemplar mit und die Kinder zu Hause behalten das dicke Buch mit dem festen Einband. Der Text ist der gleiche. So können die Eltern abwechselnd zu Hause oder per Videoschaltung den Kindern eine Gute-Nacht-Geschichte vorlesen. Die "Bayern" wird sieben Monate unterwegs sein und damit eine erhebliche Herausforderung für die Familien darstellen.

Autor: Matthias Baumann

Samstag, 31. Juli 2021

Active Measures - Desinformation und Einflussnahme durch fremde Mächte

"Und woher weißt du, dass dieses Buch keine Desinformation ist?", hinterfragte meine Frau die Begeisterung über das Buch "Active Measures" von Thomas Rid. Stimmt! Woher sollte ich das wissen? Immerhin geht das Buch selbst auf dicke Bücher ein, die während des Kalten Krieges geschrieben wurden, um die jeweilige Gegenseite bloßzustellen und sogar die körperliche Unversehrtheit genannter Personen zu gefährden.

In einem Seminar hatten wir gelernt, wie man Echtes von Falschem unterscheiden kann. Der Trick sei, dass man sich nicht mit den Facetten des Falschen beschäftigen müsse, sondern lediglich mit dem Echten. Wer mit dem Echten vertraut sei, erkenne jede Fälschung. Als Beispiel wurden Bankangestellte in Skandinavien genannt, die so lange echtes Geld durch ihre Hände gehen lassen, bis sie die Fälschungen bei der leisesten Berührung ausfiltern können. Ein weiterer Punkt, der das Buch vertrauenswürdig machte, war, dass es in der Liste der Literaturempfehlungen der MSC (Münchner Sicherheitskonferenz) aufgeführt war. Zudem wirkte der Inhalt plausibel und mit 54 Seiten für Quellenangaben und Fußnotenerklärungen als gut recherchiert.

Active Measures von Thomas Rid - Die lange Geschichte von Desinformation und Einflussnahme durch fremde Mächte
Active Measures von Thomas Rid zu Desinformation und Einflussnahme durch fremde Mächte

Es beginnt während der revolutionären Strömungen um 1920. Lenin konnte uralte Prinzipien der Desinformation auffrischen und an seine Gefolgsleute weitergeben. Dadurch wurden erhebliche Erfolge bei der Schwächung der "Konterrevolution" erzielt. Ein großer Teil widmet sich der Zeit des Kalten Krieges. Wobei zunächst westdeutsche Gruppen und die USA den Informationskrieg befeuerten. Russland, die Stasi, Tschechien und Bulgarien zogen aber schnell nach und perfektionierten im "brüderlichen" Verbund ihre Gegenmaßnahmen. Die Maßnahmen waren in sich geschlossene Projekte, deren Ausgang aber generell ungewiss war. Bis heute lassen sich Active Measures (aktive Maßnahmen) nicht wirklich messen. Eine Erfolgsgarantie kann nicht gegeben werden, da zu viele Akteure beteiligt sind, die größtenteils unwissentlich die Absichten der Auftraggeber ausführen. Je besser die Planung und die Kreativität der Initiatoren, umso sicherer der Erfolg. Das zeigt sich heute beispielsweise an der Trollfarm der Internet Research Agency (IRA) in St. Petersburg, wo die Mitarbeiter unter einem so hohen Leistungsdruck stehen, dass Qualität und Wirkung der "aktiven Maßnahmen" leiden.

Mit Gorbatschow und dem Ende des Kalten Krieges vor 30 Jahren gab es auch eine Pause bei den Desinformationsprojekten. Die USA und andere westliche Staaten waren schon deutlich früher aus den Aktivitäten ausgestiegen und mussten sich regelmäßig vor ihren Parlamenten verantworten. In autoritativ geführten Ländern leben Desinformation und Staat in einer engen Symbiose, so dass es bis zum Scheitern des sozialistischen Modells zu keinen parlamentarischen Nachfragen kam und munter weitergemacht werden konnte. Mit den Veränderungen in der russischen Innenpolitik wurden auch die Geheimdienste umstrukturiert und damit die Desinformationsexpertise reaktiviert. Inzwischen hatte sich auch die Computertechnik weiterentwickelt, so dass sich ganz neue Möglichkeiten der informationellen Einflussnahme boten. So endet das Buch nach etwa 430 Seiten in der Gegenwart und berichtet von generalstabsmäßig durchgeführten Desinformations- und Cyberangriffen, die in engem Zusammenhang mit begleitenden politischen Ereignissen in der Realwelt standen.

Desinformation verfolgt drei wesentliche Ziele: Erstens soll sie den Gegner schwächen, indem sie interne Unsicherheit und Unzufriedenheit schürt. Ferner soll durch Diskreditierung ein Keil zwischen den Gegner und dessen Partner getrieben werden, was in der Folge wieder zu einer Schwächung des Gegners führt. Ein weiteres Ziel kann die Vertuschung eigener Fehler sein. Dazu wird in der Regel das neudeutsche Instrument des Whataboutismus eingesetzt. "What about" stellt die ablenkende Frage nach dem "Und was ist mit dieser ganz anderen Sache?" Als drittes Ziel geht es darum, das eigene Image nachhaltig aufzupolieren. Letzteres wird aber eher als Beifang der erstgenannten Ziele mitgenommen.

Als Werkzeuge dienen frei erfundene Narrative (Erzählungen), die in sich schlüssig sind. Gerne genutzt werden auch Halbwahrheiten, die vorstellbar und theoretisch möglich sind. Oder es werden tatsächliche Wahrheiten verbreitet, die dem Gegner aber extrem peinlich sind und diesen diskreditieren. Die Initiatoren schauen sich die Schwachpunkte der Gegner an, schaffen Ängste, befeuern diese Ängste, ermitteln die Gegner der Gegner und spielen diese gegeneinander aus. Die Chinesen haben dafür einen passenden Spruch: "Mit dem Dolch eines Anderen morden."

Überhaupt wendet der Informationskrieg bewusst oder unbewusst die alte Strategie "Sieg ohne Kampf" an. Der chinesische General Sun Tsu bezeichnete vor 2.500 Jahren den Sieg ohne physischen Kampf als die höchste Kunst des Siegens. Genau das passiert im Krieg per Desinformation. Das Blutvergießen wird auf ein Minimum reduziert und die gegnerischen Gesellschaften in den Köpfen umprogrammiert. Als in der Regel unwissentlich Ausführende werden oppositionelle oder extremistische Gruppen sowie Multiplikatoren wie Wissenschafler, Berater oder Journalisten benutzt. Je nach Ansprache dienen diese als willige Überträger der feindlichen Botschaften. Teilweise simulieren die Auftraggeber auch selbst das typische Wirken oppositioneller oder extremistischer Gruppen. Dabei ist es egal, ob es der eigenen Ideologie widerspricht. Hauptsache, der Gegner wird geschwächt.

Was also tun? Es wird sich wohl kaum vermeiden lassen, am Gefühl für Wahrheit und Lüge zu arbeiten - so wie die skandinavischen Bankangestellten. Ermitteln vertrauenswürdiger Quellen, eigene Korrigierbarkeit, ein gesunder Abstand zu vorgefassten aber nicht bestätigten Meinungen, Achtsamkeit auf kleine Dinge wie Mikrogesten und ein Hören auf das Bauchgefühl können Bestandteile des Resilienzaufbaus sein.

Autor: Matthias Baumann

Freitag, 16. Juli 2021

Verfassungsschutzbericht 2020

Die 381 Seiten des aktuellen Verfassungsschutzberichtes sind eine geeignete Lektüre für die Sommerzeit. Mitte Juni hatten Innenminister Seehofer und Verfassungsdienst-Chef Haldenwang den Bericht in der Bundespressekonferenz vorgestellt. Da sich auch der fitteste Journalist in den 15 Minuten vor der Pressekonferenz keine 381 Seiten durchlesen kann, gab es auch kleine Heftchen mit der Zusammenfassung des Berichtes.

Gegenüber den Vorjahren hat sich nicht viel geändert. Die Gefährdung durch Rechtsextremisten, Reichsbürger und Selbstverwalter ist nach wie vor hoch. Der Linksextremismus wird zusehends aggressiver und optimiert seine Taktik. Das Potenzial islamistischer Gefährder ist gleichbleibend kritisch und die Themenbereiche Spionage und Einflussnahme durch "fremde Mächte" steigt simultan zur Digitalisierung an.

Verfassungsschutz-Chef Thomas Haldenwang und Innenminister Horst Seehofen stellen den Verfassungsschutzbericht 2020 in der Bundespressekonferenz #BPK vor.
Verfassungsschutz-Chef Thomas Haldenwang (links) und Innenminister Horst Seehofen stellen den Verfassungsschutzbericht 2020 in der Bundespressekonferenz #BPK vor.
Hervorzuheben sind die Entwicklungen, die sich durch Corona ergeben haben. Mit der Querdenken-Bewegung sind neue Player auf dem Radar des Verfassungsschutzes aufgetaucht. Die Akteure lassen sich nicht mehr eindeutig rechts oder links verorten, sondern stellen eine Melange sämtlicher Gesellschaftsschichten und Ideologien dar. In den Statistiken zur Politisch motivierten Kriminalität (PMK), die den Bericht eröffnen, werden die neuen Strömungen als "PMK - nicht zuzuordnen" geführt. Die Corona-Maßnahmen haben frühere physische Taten in den virtuellen Raum verlagert. In 2020 sind vorrangig Propaganda, Emotionalisierung und Rekrutierung gelaufen, die nach Corona in eine physische Entladung münden können.

Eine neue Qualität der physischen Entladung ist insbesondere beim Linksextremismus festzustellen. Das Prinzip, Gewalt nur als letztes Mittel anzuwenden, gilt nicht mehr. Stattdessen werden kleine, schlagkräftige Gruppen gebildet, die gezielt ihre politischen Gegner "besuchen". Dabei spiele es keine Rolle, ob es tatsächliche Gegnger sind, oder diese nur als solche wahrgenommen werden. Es spiele auch keine Rolle, ob der vermeintliche Gegner anschließend zum Krankenhaus oder auf den Friedhof gefahren werden müsse. Den Tätern wird eine erhebliche Brutalität nachgesagt. In der Pressekonferenz zeigte sich Horst Seehofer erschüttert über eines der Beispiele. In diesem Zusammenhang sei erwähnt, dass sich mehrere Seiten des Berichtes mit den verschiedenen extremistischen Strukturen der SED-Nachfolgerin, DIE LINKE, beschäftigen. DIE LINKE unterstützt und finanziert beispielsweise die "Sozialistische Linke" (SL), die "Kommunistische Plattform" (KPF) oder die "Antikapitalistische Linke" (AKL).

Auf Wahrnehmungen und Emotionen stützt sich auch die Mobilisierung ausländischer Gefährder. Ohne islamistischen Hintergrund ist in diesem Bereich die autoritär geführte PKK aktiv. Diese wird schon lange vom Verfassungsschutz beobachtet und drückt immer wieder erfolgreich die Knöpfe der ethnischen Emotionen. Die Konflikte laufen aber in der Regel zwischen begeisterten Kurden und nationalistischen Türken, wie den Grauen Wölfen (Ülkücü), ab. Islamistische Gruppen nutzen Deutschland als Rückzugsland. Hier werden "Kämpfer" rekrutiert und Spenden gesammelt. Dennoch sind Anschläge nicht auszuschließen, da simple Ausdrucksformen der Meinungsfreiheit die Emotionen dieser Personengruppe aufwallen lassen können.

Verfassungsschutz-Chef Thomas Haldenwang und Innenminister Horst Seehofen stellen den Verfassungsschutzbericht 2020 in der Bundespressekonferenz #BPK vor.
Verfassungsschutz-Chef Thomas Haldenwang und Innenminister Horst Seehofen stellen den Verfassungsschutzbericht 2020 in der Bundespressekonferenz #BPK vor.

Vor den wenigen Seiten zur Scientology-Organisation geht es im Bericht um Spionage, Sabotage und Einflussnahme durch "fremde Mächte". Diese "fremden Mächte" werden benannt. Im Schwerpunkt handelt es sich um die vier Staaten China, Russland, Iran und Türkei. Diese haben unterschiedliche Schwerpunkte: China geht es um den Ausbau seiner Seidenstraße, die Beschaffung von deutschem Know-how und die Beobachtung chinesischer Oppositioneller im Ausland. Die Bekämpfung der eigenen Opposition ist auch ein wichtiges Arbeitsfeld des Iran. Wobei dieser auch an einer Aufweichung und Umgehung der Sanktionen interessiert ist. Die Türkei sucht Deutschland mit Islamismus und türkischem Nationalismus zu unterwandern und nutzt dazu jede Möglichkeit der Einflussnahme. Russland setzt seine lange Tradition der Einflussnahme per Desinformation fort und ist dabei sehr erfolgreich. Schließlich gehört dazu auch die Unterstützung destruktiver Gruppen und das Stärken vorhandener Ängste. Russland will aber auch die Last der Sanktionen lindern und nimmt deshalb deutsche Firmen in den Fokus. Die Türkei und Russland haben durch ihr umfangreiches "Residenturpersonal" und nach Deutschland Eingewanderte ein leichtes Spiel hierzulande.

Der nächste Bericht wird vermutlich Einiges zur Querdenken-Bewegung enthalten. Diese wird seit Ende April vom Verfassungsschutz beobachtet. Querdenken verschiebt übrigens auch die Statistik, da die schwäbischen Initiatoren ihre Aktionen nach Berlin verlagern. So stellt Berlin neben Nordrhein-Westfalen und Bayern einen Hotspot der Politisch motivierten Kriminalität dar.

Autor: Matthias Baumann

Montag, 21. Juni 2021

Botschafter von Burundi, Litauen und Italien beim Bundespräsidenten akkreditiert

Eine Afrikanerin, zwei Europäer und eine Frauenquote von 33% waren die Eckdaten der heutigen Botschafter-Akkreditierung im Schloss Bellevue. Die Exzellenzen fuhren in folgender Reihenfolge vor:

Botschafterin der Republik Burundi, Appolonie Nibona
Botschafter der Republik Litauen, Ramūnas Misiulis
Botschafter der Italienischen Republik, Armando Varricchio

Botschafterin der Republik Burundi, Appolonie Nibona, bei Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier im Schloss Bellevue akkreditiert
Botschafterin der Republik Burundi, Appolonie Nibona, bei Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier im Schloss Bellevue akkreditiert

Burundi liegt im Herzen Afrikas, südlich des Äquators, an der Südgrenze Ruandas und hat selbst eine Herzform. Also die Form eines echten Herzens und nicht die des stilisierten. Im Westen grenzt das Land an die Republik Kongo und den riesigen Tanganyika See. Im Osten liegt Tansania. Burundi hat knapp 12 Millionen Einwohner und ein jährliches Pro-Kopf-Einkommen von 264 USD. Das ist sehr wenig. Immer wieder kommt es zu innenpolitischen Konflikten. Die Wahlen gelten nicht als frei und in den Grenzregionen gibt es regelmäßig Spannungen. Das Land hat in den letzten 60 Jahren mehrmals Zustände erlebt, die an Völkermord grenzen. Burundi kann sich nicht wirklich erholen, versucht sich aber mit kleiner Kraft in die internationale Gemeinschaft einzusortieren. So hat Burundi 4.000 Soldaten zur Bekämpfung der Piraterie nach Somalia entsandt und 753 zu MINUSCA in die Zentralafrikanische Republik. Zum Vergleich: Das Pro-Kopf-Einkommen in der Zentralafrikanischen Republik liegt bei 480 USD, in Ruanda bei 823 USD und in der Republik Kongo bei 2.128 USD.

Botschafterin der Republik Burundi, Appolonie Nibona, bei Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier im Schloss Bellevue akkreditiert
Botschafterin der Republik Burundi, Appolonie Nibona, bei Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier im Schloss Bellevue akkreditiert - Flagge von Burundi - Foto: Bundeswehr / Zeichenstelle WachBtl BMVg

Botschafterin Appolonie Nibona war seit 2018 als Direktorin im Ministerium für Finanzen, Steuern und Währungen in Burundi eingesetzt. Bereits am 21. Mai 2021 hatte sie sich mit dem Protokoll des Auswärtigen Amtes getroffen und die Formalitäten für den heutigen Tag beredet. Die Botschaft von Burundi ist in Wilmersdorf angesiedelt und liegt damit schon fast in Fußnähe zum Schloss Bellevue.

Botschafter der Republik Litauen, Ramūnas Misiulis, bei Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier im Schloss Bellevue akkreditiert
Botschafter der Republik Litauen, Ramūnas Misiulis, bei Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier im Schloss Bellevue akkreditiert

Eine halbe Stunde später erschien der neue Botschafter von Litauen: Ramūnas Misiulis. Er vertritt die 2,7 Millionen Einwohner seines Landes in Berlin. Er ist aktiv in den Sozialen Medien unterwegs und kommentiert dort fleißig die politischen Aktivitäten Russlands. Die Botschaft ist in einem eleganten Altbau zwischen Charité und Bundespressekonferenz untergebracht. Der Weg zum Schloss Bellevue wäre also auch mit einem ausgedehnten Spaziergang absolvierbar gewesen.

Botschafter der Republik Litauen, Ramūnas Misiulis, bei Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier im Schloss Bellevue akkreditiert
Botschafter der Republik Litauen, Ramūnas Misiulis, bei Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier im Schloss Bellevue akkreditiert - Flagge von Litauen

Das litauische Pro-Kopf-Einkommen liegt bei knapp 20.000 USD und damit beim 75-fachen von Burundi. Litauen ist ein regelmäßiges Ziel russischer Provokationen. Diese laufen recht simpel ab: Russische Aufklärungsflugzeuge schalten beim Überflug des Landes einfach ihr Transpondersignal ab und schauen mal, was passiert. Normalerweise werden diese Flugzeuge durch NATO-Kampfjets abgefangen und fotografiert. Die Fotos, die die deutschen Luftwaffe aufnimmt, sind bemerkenswert gut und erreichen auf Twitter einen großen Interessentenkreis. Wirklich verteidigen lässt sich das Baltikum nicht. Aber die NATO zeigt Präsenz und avisiert damit die Entschlossenheit zum Zweitschlag, falls Russland seinem historischen Verlangen nach Landvermehrung nachgeben sollte.

Botschafter der Italienischen Republik, Armando Varricchio, bei Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier im Schloss Bellevue akkreditiert
Botschafter der Italienischen Republik, Armando Varricchio, bei Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier im Schloss Bellevue akkreditiert

Italien hat 62,4 Millionen Einwohner und verfügte im Jahr 2020 über ein Pro-Kopf-Einkommen von 30.657 USD. Italien beteiligt sich neben Deutschland aktiv an der NATO-Präsenz im Baltikum. Es verfügt über eine starke Luftwaffe mit knapp 40.000 Soldaten, 94 Eurofightern, 49 Tornados und einer wachsenden Zahl amerikanischer F-35. Italien ist besonders an seiner Südgrenze herausgefordert und baut deshalb kontinuierlich die maritimen Fähigkeiten aus. Es stellt aber auch Häfen für die Schiffe von NATO-Partnern zur Verfügung.

Botschafter der Italienischen Republik, Armando Varricchio, bei Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier im Schloss Bellevue akkreditiert
Botschafter der Italienischen Republik, Armando Varricchio, bei Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier im Schloss Bellevue akkreditiert - Flagge von Italien

Botschafter Armando Varricchio konnte vor einer Woche seinen 60. Geburtstag feiern. Bereits 1986 stieg er in den diplomatischen Dienst ein, beriet seine Regierung in außenpolitischen Fragen und vertrat sein Land in Serbien und in den USA. In die USA werden nur die Besten entsendet, so dass es kaum verwunderlich ist, dass er Träger des höchsten italienischen Ordens ist: Ritterorden des Großen Kreuzes. Armando Varricchio löst Luigi Mattiolo ab, der im Dezember 2018 akkreditiert worden war. Die Botschaft von Italien liegt in der Tiergartenstraße und wurde im Zuge der Germania-Pläne in den 1940er Jahren gebaut. Das klassizistische Gebäude ist auch im Innenbereich sehenswert. Gänge, Räume und Innenhof sind stilecht inszeniert und lassen den Besucher in italienisches Flair eintauchen.

Autor: Matthias Baumann

Sonntag, 20. Juni 2021

The Ambassadors - Robert Cooper über Menschen hinter den Kulissen von Machiavelli bis heute

Der Hinweis auf das Buch kam vom ehemaligen britischen Botschafter Simon McDonald: ein kurzer Tweet mit dem Cover von "THE AMBASSADORS". Reflexartig wurde ein neues Browserfenster geöffnet und das Buch bestellt. Weniger als 30 Euro für ein 500-seitiges Werk sind ein guter Preis und machen die Kaufentscheidung leicht. Leicht lässt sich dieses inhaltsschwere Buch auch lesen. Sind die ersten etwas holperigen 12 Seiten über Machiavelli überwunden, kann man das Buch kaum noch weglegen. Immer flüssiger und spannender werden die Berichte über die Männer im Hintergrund: Diplomaten und Außenpolitiker, die unbeachtet von der breiten Wahrnehmung ihre Spuren in der Geschichte hinterlassen haben.

The Ambassadors - Robert Cooper
The Ambassadors - Robert Cooper

Das Buch beginnt beim Ende des Dreißigjährigen Krieges und hangelt sich an den Ereignissen in Europa entlang. Dabei stehen die Ereignisse selbst nicht im Mittelpunkt, sondern die Menschen, die Kontakte hergestellt, Entscheidungsträger zusammengebracht und mit ihren strategischen Denkprozessen wichtige Entwicklungen in Gang gesetzt haben. Robert Cooper beschreibt Menschen, die im passenden Moment am richtigen Platz waren und richtige Entscheidungen getroffen haben. Oftmals waren es beherzte Entscheidungen von Einzelpersonen, die ihrem Instinkt folgend aus bürokratischen Linien ausgebrochen waren und ihr Handeln vom Gebot der Stunde statt staubiger Vorgaben haben bestimmen lassen.

Der Autor liefert einen detaillierten Einblick in politische Prozesse aus der Sicht der Diplomatie. Er zeigt zudem auf, dass es in der Diplomatie eher um Persönlichkeit und Talent geht, als um einen entsprechenden Studienabschluss. Ausstrahlung von Vertrauen, tragfähige Kontakte und ein Gespür für den richtigen Moment lassen sich in Studiengängen nur bedingt vermitteln. So zeichnet das Buch die Lebensgeschichten von Menschen nach, die ganz klein angefangen hatten, persönliche Krisen meistern mussten und letztlich unentbehrliche Berater von allseits bekannten Verantwortungsträgern wurden. Der in Deutschland negativ belegte Begriff der "grauen Eminenz" beschreibt in etwa den Einfluss dieser Personen. Der Autor konzentriert sich jedoch auf Botschafter (Ambassadors), die Großes und Gutes bewirkt hatten.

Die letzten 50 Seiten korrespondieren stark mit dem, was der aktuelle Munich Security Report thematisiert: die schwierige Balance von "Competition and Cooperation" (Wettbewerb und Zusammenarbeit) zwischen Staaten, die Einfluss auf die Weltpolitik haben. Das heißt, das Buch kommt am Ende in der Gegenwart an. Mit 500 Seiten wurden dem Leser auf spannende Art und Weise die Zusammenhänge in der Entwicklung Europas sowie die Kontinuitäten bei dessen Interaktionspartnern näher gebracht.

Autor: Matthias Baumann

Samstag, 12. Juni 2021

IISS: Deutschlands strategische Kultur und Verantwortung

Das IISS (International Institute for Strategic Studies) ist bekannt für sein umfangreiches Zahlenmaterial über die militärische Ausstattung von über 170 Staaten. Die Zahlen gelten in der sicherheitspolitischen Szene als zuverlässig. Deshalb wird auch viel Wert auf die Analysen und Zukunftsprognosen des Instituts gelegt. Einer der Direktoren des IISS, Dr. Bastian Giegerich, hat nun zusammen mit Professor Maximilian Terhalle vom King's College London ein Buch zur strategischen Verantwortung Deutschlands herausgebracht.

Schonungslos wird mit dem Sparkurs der männlichen Vorgänger von Annegret Kramp-Karrenbauer abgerechnet. Die Autoren bestätigen die Ausführungen der letzten Berichte der Wehrbeauftragten und wischen die rhetorische Kosmetik zur aktuellen Ausstattungslage weg. Ursula von der Leyen und AKK kommen im Buch noch sehr gut davon, da sie die Versäumnisse früherer Jahre ausbaden mussten.

IISS: Responsibility to Defend - Rethinking Germany's Strategic Culture
IISS: Responsibility to Defend - Rethinking Germany's Strategic Culture

Wenn Deutschland eine größer gefasste Verantwortung für die Landes- und Bündnisverteidigung übernehmen möchte, hat es einige Hürden zu meistern. Die erste Hürde ist die Übertragung von Lehren der Vergangenheit in die Gegenwart. Weil Deutschland im Auftrag einer Diktatur großen Schaden angerichtet hatte, will es jetzt möglichst gar keine Gewalt mehr anwenden. Das Buch stellt die Frage, ob die Diktaturerfahrung nicht eher ein Ausgangspunkt dafür sein könnte, an der Seite von Partnern aus EU und NATO zeitgenössische Diktaturen in ihre Schranken zu weisen.

Die Autoren sind das Analysieren und strukturierte Aufbereiten gewohnt. Deshalb bringen sie mehrere in sich verzahnte Themenbereiche zusammen, die für die Verantwortung Deutschlands eine Rolle spielen. Neben dem geschichtlichen Aspekt steht der Verantwortungsübernahme auch der universitäre Aspekt im Wege. Es gibt kaum Lehrstühle und Studiengänge, die etwas zu Sicherheitspolitik vermitteln. Entsprechend gering ist die Wahrnehmung des Themas bei den studierten Entscheidungsträgern. Entsprechend selten wird es auch durch die Presse an die Bevölkerung transportiert. Dass Sicherheitspolitik in Deutschland nicht wirklich ernst genommen wird, zeigt sich regelmäßig beim Wahlkampf. In anderen Staaten ist das Thema nicht verhandelbar und darf deshalb nicht in den Wahlkampf einbezogen werden.

Bei Auslandseinsätzen agiert Deutschland eher ad hoc und scheint keinen strategischen Plan zu haben. Darüber machen sich bereits die Partner lustig. Dafür kann aber die Bundeswehr nichts. Ein Grund liegt in der Kommunikation: Mainstream-Medien betrachten Sicherheitspolitik als wenig relevant und lassen ihre Kamerateams deshalb in der Regel für das Archiv produzieren. Auch im Bundestag will man davon nichts hören, wie schon das Beispiel des Weißbuches von 2016 zeigt. Dieses war im Ausland mit Freude aufgenommen worden, während sich in Berlin kaum jemand dafür interessierte. Die Ministerin nimmt nach Corona ihre Parlamentskollegen mit zu Truppenbesuchen, um diesen die Belange der Bundeswehr näher zu bringen. Zarte Versuche der Begeisterung von Multiplikatoren über hochwertige Bundeswehrseminare oder Action-Wochen wie der InfoDVag sind geeignete Mittel zur Kommunikation, aber letztlich nur ein Tropfen auf den heißen Stein.

Wie soll also Deutschland zu mehr Verantwortung finden? Eine klare Antwort darauf gibt das Buch nicht. Es fordert aber eine bessere Kommunikation und einen Strukturwandel bei Bildungsstätten und Bürokratie. Auf letztere zielt das jüngst veröffentlichte Eckpunktepapier. Intern tut sich also etwas bei der Bundeswehr.

Ein Punkt, der von der Hauptstadtpresse immer sehr kritisch hinterfragt wird, ist die deutsche Rüstungsindustrie und deren Exporte. Deutschland lebt hier konsequent seine Werte und stoppt bei Bedarf sämtliche Lieferungen. Das klingt erst einmal ganz gut, kann aber strategisch kontraproduktiv sein. Erstens bindet die Industrie ihre Abnehmerstaaten an das Produkt. Wer diese Verbindung nicht hat, verspielt eine Chance der Einflussnahme. Zweitens kommt Deutschland bei seinen Partnern immer mehr in den Verruf, ein unzuverlässiger Lieferant zu sein. Das geht sogar so weit, dass kaum noch jemand deutsche Komponenten in seine Rüstungserzeugnisse verbauen möchte, da bei einer deutschen Sanktion das ganze Produkt nicht fertiggebaut und ausgeliefert werden kann. Um dieses Problem zu umgehen, werden gemeinsame Rüstungsprojekte auf ein Minimum reduziert. Alternativ dazu lagern deutsche Rüstungsfirmen ihre Produktion in Drittstaaten aus und liefern dann eben von dort aus. Im Endeffekt tangiert das deutsche Arbeitsplätze und wird damit zu einem sozialen Problem.

Apropos Problem: Das Buch geht auch auf die Bedrohung durch Russland und China ein. China ist militärisch zunächst ein Problem für die USA. Sollte es um Taiwan zu einem bewaffneten Konflikt unter Beteiligung der USA kommen, sind die USA dort kräftemäßig gebunden. Damit stünden sie kaum für eine Verteidigung Europas zur Verfügung. Strategisch wäre es also für Europa klug, den Abstand zwischen Russland und China zu fördern. Die beiden Länder verfolgen ohnehin ihre eigene Agenda und sollten sich mit ein wenig diplomatischem Geschick auseinandertreiben lassen. Hier kommt es auf eine gute Dosierung an. Während Napoleon um 1800 war Russland ein nützlicher Verbündeter, der jedoch oft sein eigenes Ding durchzog. Im Zweiten Weltkrieg wurde seitens des Westens wieder auf russische Hilfe zurückgegriffen. Mit Vertrauen hielt man sich aber stark zurück. Das Land artikulierte deutlich seine eigenen Interessen und war dabei zu interessanten Koalitionen und Vereinnahmungen bereit. Nord Stream 2 könnte die nötige lauwarme Bindung an Europa herstellen. Zu nah sollte das Land im Osten aber nicht an den geografischen Kern der EU herangelassen werden. Das IISS geht davon aus, dass Russland möglicherweise das Baltikum eingemeinden möchte. Für eine breite Übernahme Europas oder einen langfristigen Konflikt fehlen jedoch die Mittel.

Nach einer Menge interessanter Denkanstöße fragt sich der Leser allerdings, warum das Buch nicht auf Deutsch verfasst wurde. Immerhin soll doch den Entscheidungsträgern in Berlin die Wichtigkeit deutscher Verantwortung kommuniziert werden. Diese Frage ist bereits an die Autoren weitergegeben. Die Antwort wird mit Spannung erwartet.

Autor: Matthias Baumann

Freitag, 11. Juni 2021

MSC Report: das Dilemma von Wettbewerb und Kooperation

Ob Handy, Drohne, 5G-Netz, Marslandung, Quantencomputer oder Elektromobilität: China hat in wichtigen Technologiebereichen die Nase vorn. Wenn es so weitergeht, hat China bald den Westen überholt. Deutschland ist schon seit etwa zehn Jahren von der Entwicklung abgehängt. Und das, obwohl aus der Bundesregierung öfter mal der Begriff "Industrie 4.0" zu hören war. Während man in Deutschland über 4.0 redet, wird in China 4.0 gemacht.

Natürlich merkt auch China, welche Erfolge es einfährt und dass sich insbesondere Europa von der Volksrepublik abhängig gemacht hat. China wertet das als Sieg seines politischen Systems und wird damit auch zu einem politischen Trendsetter. Der Index demokratisch geführter Staaten ist inzwischen wieder auf das Niveau von 1990 gesunken. Wirtschaftsmacht und Demokratie sind also keine zementierte Einheit mehr. China redet offen über seine Interessen und geht deren Durchsetzung zielstrebig an. In sicherheitspolitischen Kreisen wird vermutet, dass nach Hong Kong als nächstes eine Eingemeindung von Taiwan auf der Agenda steht. Auch Japan zittert schon. Der Inselstaat nordöstlich von China rüstet massiv auf und stärkt seine internationalen Partnerschaften.

MSC Report: Between States of Matter - Competition and Cooperation
MSC Report: Between States of Matter - Competition and Cooperation (dji-Drohne aus chinesischer Produktion auf dem neuen MSC Report)

Allerdings sind die Gegengewichte zu China stark segmentiert. USA, Kanada und Japan stehen klar in militärischer und wirtschaftlicher Opposition zu China. Großbritannien, Indien, Deutschland, Frankreich und Italien sehen nur den militärischen Bereich als kritisch an. Sie wollen den großen Handelspartner nicht verlieren und dafür bei Bedarf das Südchinesische Meer mit maritimer Präsenz und möglicher Gewaltanwendung freihalten. Südafrika und Brasilien setzen auf Kooperation in beiden Bereichen: Wirtschaft und Militär. Hier zeigt sich das Dilemma: Einerseits ist China ein interessanter Handels- und Innovationspartner, andererseits verfolgt das Land eine aggressive Wettbewerbspolitik bei Handel, Rohstoffen, Ideologie und territorialer Ausdehnung.

Das Dilemma geht aber noch weiter: Die globalen Themen Erderwärmung und Pandemiebekämpfung lassen sich nur gemeinsam lösen. Corona hatte zwar zwei Monate gebraucht, bis es in Europa angekommen war, aber es war angekommen und dann weiter über den Globus geschwappt. Der neue Report der MSC (Munich Security Conference) trägt deshalb den vielsagenden Titel "Between States of Matter - Competition and Cooperation" - zu Deutsch "Zwischen bedeutsamen Staaten - Wettbewerb und Zusammenarbeit". Der Report enthält diesmal auch die Ergebnisse von weltweit durchgeführten Umfragen zur allgemeinen sicherheitspolitischen Lage. Wer mag wen? Wer hat vor wem besonders starke Angst? Was halten Sie von China? Von Russland? Von der EU? Von Deutschland?

Die mit Abstand größten Phobiker sitzen in Südafrika. In Südafrika hat man Angst vor Rassismus, sozialer Ungleichheit, Hungersnot, Wasserknappheit, Klimawandel und weiteren Pandemien. China taucht auf Platz 13 auf. Russland, USA, Europa spielen in Südafrika kaum eine Rolle oder werden positiv wahrgenommen. Südafrika fühlt sich auch sehr schlecht auf die abgefragten Herausforderungen vorbereitet. Alle anderen großen Länder machen sich vorrangig um das Klima und weitere Pandemien Sorgen und unterscheiden sich nur in zwischenstaatlichen Befindlichkeiten. So stehen bei russischen Antwortgebern die USA und Desinformationen ganz weit oben. Die größte Sorge in der "lupenreinen Demokratie" Russlands gilt jedoch der sozialen Ungleichheit. Bei Indien, Japan und den USA steht China als Problemfall ganz weit oben. Im Gegenzug rangieren die USA bei chinesischen Befragten an erster Stelle. Fast wie im Buddelkasten, wenn sich die Kinder gegenseitig Schippe und Förmchen ausgeborgt haben. In Deutschland fliegen China und Russland weit unter dem Radar der kritischen Wahrnehmung. Hier hat man eher Angst vor islamistischem Terror. Islamistischer Terror steht in Frankreich sogar auf Platz Eins.

China, China, immer nur China. Aber was ist mit Russland? China hat Russland in dessen Bedeutung als Gegenpol zum Westen abgelöst. Russland und China stehen sich zwar irgendwie recht nah, passen aber nicht wirklich zueinander. Auch sind die Interessen unterschiedlich. Russland ist schon seit zaristischer Zeit auf den Zugewinn von Land eingestellt. Das hat sich bis heute nicht geändert. Das kollidiert aber mit den territorialen Interessen von China. Zudem will China den Kurs bestimmen. Russland will das auch. Russland ist allerdings zu schwach, um dort adäquat mithalten zu können. Deshalb nimmt es die Rolle des Störers ein. Russland provoziert zwar gerne, vermeidet zurzeit aber militärische Abenteuer. Das Land hat zwar seine Streitkräfte massiv modernisiert, weiß aber, dass es nur dann angreifen kann, wenn ein schneller Erfolg sicher ist. Lang anhaltende Operationen kann Russland nicht finanzieren.

Bezüglich der politischen Einflussnahme - auch Destabilisierung genannt - ergänzen sich China und Russland hervorragend. Beide Staaten setzen auf eine interne Zersetzung anderer Staaten. Sei es durch das Einkaufen wichtiger Unternehmen, die Finanzierung destruktiver Bewegungen oder die Verbreitung von Desinformationen. Letztere verfälschen Tatsachen, erfinden wirkmächtige Anekdoten oder stellen das Handeln von Russland und China besonders heldenhaft dar. Beispiele dafür sind die medial hoch angehängten Lieferungen von Impfstoffen oder Masken. Die Ausschussrate bei chinesischen Masken lag bei 20%. Interessant ist hier auch, dass die chinesische Seidenstraßenaktion mit einem Investitionsvolumen von 255 Milliarden USD weit hinter japanischen Infrastrukturinvestitionen liegt. Japan investiert 367 Milliarden USD. Nur redet Japan nicht so viel darüber.

Apropos Geld: Seit acht Jahren ist ein Abwärtstrend beim Rohölpreis zu verzeichnen. Durch die Umstellung auf alternative Energieformen bleiben die arabischen Staaten auf ihrem Öl sitzen. Der Preis ist inzwischen so stark gesunken, dass nur noch Katar mit einer kleinen Rendite arbeitet. Oman, Saudi Arabien und Algerien erreichen schon seit 2015 keine Kostendeckung mehr. Die sozialen Folgen könnten in näherer Zukunft auch in Europa spürbar werden. Dafür gibt es für die Machthaber in der Republik Kongo einen Aufschwung. Die Cobalt-Vorkommen in dieser Region sind wichtig für neue Energietechnologien. Das weiß auch China und hat dort schon einige Infrastrukturmaßnahmen durchgeführt.

Wo ist eigentlich Europa? Diese Frage stellen sich nicht nur die USA. Während die USA ein klares Gegengewicht zu China demonstriert, zeigt sich Europa mal wieder uneinig und unentschlossen. Deutschland und Frankreich stehen hier in besonderer Verantwortung. Um Deutschland in die Puschen zu helfen, wurde vor wenigen Tagen von Mitarbeitern des IISS (International Institute for Strategic Studies) ein Buch zur strategischen Verantwortung Deutschlands veröffentlicht. Wenn Deutschland also schon die technische Entwicklung verschlafen hat, sollte doch die Übernahme der geopolitischen Verantwortung nicht auch noch verschlafen werden. Vakuum wird immer gefüllt. Fragt sich nur, durch wen?

Autor: Matthias Baumann

Donnerstag, 3. Juni 2021

AKK und ihr Wumms-Paket aus Munster

Während der Bundesfinanzminister mit seinem "Wumms"-Paket" auf Stimmenfang für die nächste Wahl geht, brachte die Verteidigungsministerin gestern ein ganz anderes "Wumms"-Paket zum Einsatz. Mit viel Wumms, sattem Motorsound und quietschenden Ketten ließ sie sich die Ausrüstung und Fähigkeiten der Panzertruppe vorführen. Sie hatte auch einige Abgeordnete mitgebracht, die sich ebenfalls in die reichlich vorhandenen Staubschwaden hüllen konnten. Wohl dem, der den Hinweis auf die zweckmäßige Kleidung gelesen hatte. Ohrenschützer bekamen alle Besucher vor Ort gestellt.

AKK in Munster bei der Panzerlehrbrigade 9 - Puma, Leopard 2, Panzergrenadiere
AKK in Munster bei der Panzerlehrbrigade 9 - Das Bild zeigt einen aus zwei Soldaten bestehenden Scharfschützentrupp (links), zwei Schützenpanzer Puma und deren Besatzung, bestehend aus jeweils sechs Panzergrenadieren.

Annegret Kramp-Karrenbauer hat keine Berührungsängste, weder mit der Truppe, noch mit dem schweren Gerät. Nach dem ersten großen Programmpunkt hielt ein Puma direkt vor der Tribüne und nahm die Ministerin und den Kommandeur der Panzerlehrbrigade 9 auf. Der Kommandeur, Brigadegeneral Dr. Freuding, war selbst viele Jahre in Berlin tätig gewesen und hatte unter anderem als Adjutant für Ursula von der Leyen gedient. Das Leben bei der Panzertruppe bringt vermutlich weniger Stress mit sich. Insider vergleichen von der Leyens Arbeitspensum bis heute mit dem eines Duracell-Hasen.

AKK in Munster bei der Panzerlehrbrigade 9 - Puma, Leopard 2, Panzergrenadiere
AKK in Munster bei der Panzerlehrbrigade 9 - Puma aus der ersten Generation - "erstes Los"

Die Nähe zur Truppe wird nicht nur durch solche Details wie der Mitfahrt im Puma deutlich. Die Ministerin formuliert diese Priorität regelmäßig in ihren Statements und lebt es vor Ort entsprechend aus. Dabei spielen Zeit und Protokoll eine untergeordnete Rolle. In ihrer Funktion sitzt sie oft zwischen den Stühlen. Sie muss den Kollegen im Parlament vermitteln, dass die Bundeswehr entsprechend viele Mittel benötigt und andererseits wird ihr als Ungediente immer wieder Mangel an Fachkompetenz unterstellt. In den Gründungspapieren der Bundeswehr wurde klar geregelt, dass der Minister ein Zivilist sein solle. Erfahrungen mit gedienten Ministern zeigen, dass diese die Vorliebe zu ihrer ehemaligen Truppengattung nicht ablegen können und im schlimmsten Falle sogar ehemalige Kameraden ins Ministerium holen. Diese verfügen aber in der Regel nicht über die benötigten Kontakte und haben selten ein Gefühl dafür, wie sie sich am effektivsten auf dem politischen Parkett bewegen. Wohl dem, der dann keine herausfordernden Situationen zu meistern hat.

AKK in Munster bei der Panzerlehrbrigade 9 - Puma, Leopard 2, Panzergrenadiere
AKK in Munster bei der Panzerlehrbrigade 9 - Um das Höchstmögliche für die Truppe zu erreichen, muss die Ministerin ihre Parlametskollegen überzeugen.

Das Mitbringen der Abgeordneten kann als clever gewertet werden. Die gestrige Inszenierung der Panzertruppe im Verbund mit anderen Kräften war bildstark und anfassbar. Die Pumas auf dem Gelände gehörten allerdings noch zur ersten Generation, dem sogenannten "ersten Los". Die neue VJTF-Konfiguration wurde durch ein Panzergrenadierbataillon in Niederbayern getestet und für einsatztauglich befunden. VJTF bedeutet Very High Readiness Joint Task Force - auf Deutsch: Schnelle Eingreiftruppe.

AKK in Munster bei der Panzerlehrbrigade 9 - Puma, Leopard 2, Panzergrenadiere
AKK in Munster bei der Panzerlehrbrigade 9 - Ministerin ohne Berührungsängste: hier mitten in der Ortskampf-Vorführung.

Nach einer Ortskampf-Vorführung, bei der die Ministerin natürlich auch mittendrin war, gab sie ihr obligatorisches Pressestatement. Darin fand sie deutliche Worte zur Bedrohungslage, dass die Bundeswehr nicht kämpfen wolle, bei Bedarf jedoch kämpfen könne. Ohne Umschweife ging die Ministerin auf aktuelle Fähigkeitslücken wie die Abwehr von Drohnen und anderen Flugobjekten im Nahbereich ein. Wenige Tage vorher war aus dem Verteidigungsministerium zu erfahren, dass man sich dieser Thematik bewusst sei und aktiv an Lösungen arbeite. Das Gespräch mit den Soldaten war diesmal ans Ende des Truppenbesuchs verlagert worden, so dass Frau Kramp-Karrenbauer noch mehr Zeit für die Anliegen der Soldaten hatte.

Autor: Matthias Baumann

Dienstag, 11. Mai 2021

PMK: Trends bei der Politisch motivierten Kriminalität im Jahr 2020

Wenn ein Thema "trendet", denkt der gut informierte Bundesbürger an Twitter. Je öfter ein Hashtag - älteren Leuten als Doppelkreuz oder Raute bekannt - in Kommentaren bei Twitter auftaucht, umso eher landet es in den Twitter-Trends. Dann trendet es. Das kann #Baerbock, #Thunberg, #Duplo oder #Sonstwas betreffen. Während #COVID19 hat sich auch bei der #Kriminalität einiges verschoben, so dass ein Blick in die neueste Statistik der #PMK, also der Politisch motivierten Kriminalität, lohnt.

PMK: Trends bei der Politisch motivierten Kriminalität im Jahr 2020
Innenminister Horst Seehofer und Bundeskriminalamt (BKA) stellten am 4. Mai 2021 in der Bundespressekonferenz die Trends bei der Politisch motivierten Kriminalität (PMK) im Jahr 2020 vor.

Innenminister Seehofer hatte im letzten Jahr mehrfach betont, dass die PMK von rechts derzeit die größte Herausforderung darstelle. Und tatsächlich bewegen sich die Zahlen weiterhin auf hohem Niveau. Allerdings sollten diese Zahlen differenziert betrachtet werden. 13.659 von 23.604 Delikten aus dem rechten Täterspektrum sind Propagandadelikte, während links nur 118 von 10.971 Delikten in den Bereich Propaganda fallen. Die größte Zuwachsrate von über 29% weist PMK ohne klare Zuordnung auf. Das sind kriminelle Handlungen, deren Täter weder rechts, noch links, noch religiös, noch einer ausländischen Ideologie anhängend zu verorten sind. Hier kommt #COVID19 ins Spiel:

Die 8.624 nicht zuordenbaren Taten liefen weitestgehend im Internet ab und waren Hasspostings oder Beleidigungen. Der Zorn dieser Tätergruppe entlud sich aber nicht nur verbal. Es kam auch in 1.701 Fällen zu tätlichen Angriffen auf die Polizei, Amtsträger oder Mandatsträger. Das ist aber vergleichsweise wenig gegenüber dem, was die gewaltbereite linke Szene in 2020 ablieferte. Mit 2.873 Straftaten gegen die Polizei traten Linke doppelt so aggressiv auf wie rechte Täter. Ähnlich sieht es in der Gesamtauswertung von Körperverletzungen und Tötungsdelikten aus. Während Rechts einen Anstieg um knapp 11% auf 1.092 Straftaten verzeichnete, legte Links um etwa 45% zu und konnte 1.526 Fälle verbuchen. Die Lücke zwischen den beiden Zahlen wurde durch die nicht zuordenbaren Gewaltausbrüche geschlossen. Hier gab es eine Steigerung um knapp 50% auf 591 Fälle.

Rechte Straftaten wurden überwiegend aus fremdenfeindlichen (9.420), ausländerfeindlichen (5.298) oder rassistischen (2.899) Motiven begangen. Eine beachtenswerte Opfergruppe waren Repräsentanten religiöser Gemeinschaften, die im Vergleich zum Vorjahr viermal so oft angegriffen wurden. 90% der Delikte gegen Religionsgemeinschaften gingen von rechts aus. Die physische Gewalt in diesem Bereich lag bei 3%. Moscheen (103) und Kirchen (100) waren ähnlich stark betroffen, während Angriffe auf Synagogen (24) deutlich seltener zu verzeichnen sind.

Auch wenn Straftaten aus Motivation einer "religiösen Ideologie" mit ihren 477 Fällen im Gesamtkontext schon fast belanglos wirken, sollte dieser Bereich nicht vernachlässigt werden. So warnt der Bericht des BKA (Bundeskriminalamt) ausdrücklich vor einer anhaltend hohen Gefährdungslage durch Jihadisten und selbstradikalisierte Einzelpersonen: "Als Tatimpuls können nahezu beliebige - mithin auch subjektiv als islamfeindlich empfundene - Ereignisse, Äußerungen oder Handlungen, jihadistische Internetpropaganda oder rein intrinsische Faktoren wirken."

Autor: Matthias Baumann

Samstag, 8. Mai 2021

EU-Indien-Gipfel: Ist Indien das neue China?

"Wenn Mama und Papa Nein sagen, frage ich Oma", lautet eine bewährte Kinderweisheit. Was im Kleinen funktioniert, lässt sich in der Regel auch auf Großes adaptieren. So tauchte das Zitat eines amerikanischen Spitzendiplomaten ausgerechnet in einem Buch über den Umgang mit Teenagern auf. Er sagte, dass die Auseinandersetzungen mit der pubertierenden Tochter sehr hilfreich gewesen seien für seine Verhandlungen mit den Russen.

Während Amerika schon länger über China enttäuscht ist, beginnt man nun auch in Europa skeptisch zu werden. China kauft gezielt Technologie-Unternehmen auf und investiert an der europäischen Peripherie in Infrastruktur. Was die mediale Beeinflussung betrifft, sind die Chinesen zwar nicht so aktiv wie Russland, aber sie hinterlassen dennoch nützliche Spuren im Gedächtnis der Länder, in denen sie Häfen und Straßen bauen. Vor einigen Jahren hatte man China bewusst in die WTO (Welthandelsorganisation) aufgenommen, um dem Land westliche Werte zu vermitteln und einen attraktiven Handelspartner zu gewinnen. Die Rechnung ging nicht auf, da China seine eigene Agenda verfolgte und lediglich die Vorteile der WTO ausreizte. Die USA sind darüber so verärgert, dass sie die gesamte Arbeit der WTO blockieren.

EU-Indien-Gipfel: Ist Indien das neue China? Pressekonferenz mit Angela Merkel im Bundeskanzleramt, Indo-Pazifik-Leitlinien
EU-Indien-Gipfel: Ist Indien das neue China?

 Die WTO nahm am 1. Januar 1995 offiziell ihre Arbeit auf. Sie sitzt in Genf und ist neben der Weltbank und dem IWF (Internationaler Währungsfonds) eine der wichtigsten internationalen Handelsvereinigungen. Viele EU-Staaten inklusive Deutschland sind - wie auch Indien - Mitglieder der ersten Stunde. Indien ist mit seinen 1,3 Milliarden Einwohnern ein starkes Gegengewicht zu China mit seinen 1,4 Milliarden Einwohnern. Allerdings liegt dessen Wirtschaftsleistung weit hinter China zurück. Das jährliche Pro-Kopf-Einkommen beträgt in China 10.839 USD und in Indien 1.877 USD. Das sind weniger als 20%. Ähnlich gestaltet sich das Bruttoinlandsprodukt (BIP): Indien wartet mit 2,59 Billionen USD auf, während China 15,2 Billionen USD erwirtschaftet. Deutschland erwirtschaftet insgesamt 3,78 Billionen USD bei einem Pro-Kopf-Einkommen von 45.466 USD.

Indien ist wirtschaftlich also kein adäquater Ersatz für China. Dessen ist sich wohl auch die Bundesregierung bewusst. Kein Wunder also, dass Angela Merkel in der heutigen Pressekonferenz zum EU-Indien-Gipfel sehr verhalten auf die Frage zu einer möglichen Verschiebung der wirtschaftlichen Interessen von China nach Indien antwortete. Die handelnde Weltgemeinschaft befindet sich in einem Dilemma: Einerseits stützt der Handel mit China den eigenen Wohlstand. Andererseits ist China ein zunehmend unsicherer Partner. Ja, China wird als "systemischer Wettbewerber" gehandelt. Über dem Südchinesischen Meer knistert schon der Brandgeruch eines umfangreichen militärischen Konfliktes. Die benachbarten Staaten von Vietnam bis Japan starren auf die ambitionierten Machenschaften Chinas in der Region. Für Deutschland würde eine Eskalation der Situation bedeuten, dass etwa 30% des internationalen Warenverkehrs davon tangiert wären. Ein Gegenpol muss her!

Militärisch ist Indien ein ernst zu nehmender Player. Indien besitzt Atomwaffen. Diese sollten bislang zur Abschreckung gegenüber seinem muslimischen Nachbarn Pakistan dienen. Pakistan hat nur 233 Millionen Einwohner, aber eine ähnliche Wirtschaftsleistung. Wenn sich Indien und Pakistan streiten, freut sich China und baut durch Pakistan einen langen Verkehrsweg zur Küste des Indischen Ozeans. Damit sichert sich China einen Zugang zum Indischen Ozean und kann einer Auseinandersetzung mit Indien zumindest in diesem Punkt gelassen entgegen sehen. Dass sich Pakistan und Indien irgendwann besser verstehen werden, ist derzeit nicht anzunehmen. Der Weg durch Pakistan versüßt allerdings auch der EU die Handelsbeziehungen zu China. Wenn dann nämlich der Krieg im Südchinesischen Meer beginnt, kann der Handel über die Pakistan-Route fortgesetzt werden.

Um die Chinesen davon zu überzeugen, die Gelüste an den Anrainerstaaten des Südchinesischen Meeres etwas herunterzufahren, entsendet Großbritannien einen Flugzeugträger in die Region. Im August wird auch unsere Fregatte "Bayern" in den Indo-Pazifik aufbrechen. Weitestgehen unbemerkt von der deutschen Berichterstattung laufen bilaterale Verhandlungen mit Werte-Partnern von Australien, über Japan bis Singapur. Es wird ein Netz aus Koalitionen als Gegengewicht zu China gesponnen. Indien ist Teil dieses Netzes. Ein wichtiger Teil.

Deshalb haben Indien und die EU eine Roadmap mit 118 Punkten aufgesetzt. Darin geht es beispielsweise um Mobilfunknetzwerke, den Austausch von Fachkräften, Städtepartnerschaften, Bildungsaustausch, Unterstützung bei Transport und Infrastruktur oder Win-Win-Effekte durch trilaterale Beziehungen. Ein großes Problem für einen Ausbau der wirtschaftlichen Beziehungen stellen Geldwäsche und Steuerbetrug dar. So wissen Unternehmensberater zu berichten, dass es in Indien und anderen Ländern Asiens üblich sei, nur einen Teil des Rechnungsbetrages über Bankkonten abzuwickeln. Der Rest fließe als Bargeld. So komme es nicht selten vor, dass ganze Schränke mit Bargeld vorgehalten werden, deren Inhalt beim Kauf großer Investitionsgüter den Ort der Einlagerung wechselt. Dennoch sei man laut Bundeskanzlerin mit Indien viel weiter als mit China. Mit China gebe es nur ein Investitionsabkommen. Mit Indien gehe es bereits um ein Freihandelsabkommen.

Autor: Matthias Baumann

Donnerstag, 6. Mai 2021

Botschafter von Kamerun, Lesotho und Mauritius beim Bundespräsidenten akkreditiert

Heute wurden nur drei Botschafter bei Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier akkreditiert. Dafür kamen alle drei Exzellenzen aus Afrika und die Frauenquote lag bei zwei Dritteln. Hier die Reihenfolge der Vorfahrten im Halbstundentakt ab 10 Uhr:

Botschafter der Republik Kamerun, Victor Ndocki
Botschafterin des Königreichs Lesotho, Senate Barbara Masupha
Botschafterin der Republik Mauritius, Christelle Sohun

Botschafter der Republik Kamerun, Victor Ndocki, bei Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier im Schloss Bellevue akkreditiert
Botschafter der Republik Kamerun, Victor Ndocki (rechts), bei Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier im Schloss Bellevue akkreditiert - Foto: Bundeswehr / Zeichenstelle WachBtl BMVg

Kameruner sind in Berlin sehr beliebt. Der in Schmalz gebackene Teig hat in der Regel die Form einer Acht und wird mit Zucker überstreuselt. Der Name für dieses Gebäck stammt aus der Zeit, als Kamerun zwischen 1884 und 1919 deutsche Kolonie war. Als Folge des 1. Weltkrieges wurde Kamerun unter britisches und französisches Mandat gesetzt. Nach diversen Unruhen und dem Auslaufen des UN-Mandates wurde Kamerun 1960 unabhängig.

Botschafter der Republik Kamerun, Victor Ndocki, bei Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier im Schloss Bellevue akkreditiert
Botschafter der Republik Kamerun, Victor Ndocki, bei Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier im Schloss Bellevue akkreditiert - Flagge von Kamerun - Foto: Bundeswehr / Zeichenstelle WachBtl BMVg

Die Republik Kamrun hat knapp 28 Millionen Einwohner und liegt im Innenknick von Westafrika am Atlantik. Etwa 70% der Bevölkerung sind Christen. Auch Naturreligionen stehen hoch im Kurs. Deshalb treibt auch die islamistische Terrororganisation Boko Haram ihr "missionarisches" Unwesen in der Region. Zur Behandlung dieses Problems erhält Kamerun internationale Unterstützung von Frankreich, China, den USA und Südafrika. Botschafter Victor Ndocki ist seit 1987 im diplomatischen Dienst tätig. Zuletzt war er am United Nations International Centre in Wien eingesetzt.

Botschafterin des Königreichs Lesotho, Senate Barbara Masupha, bei Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier im Schloss Bellevue akkreditiert
Botschafterin des Königreichs Lesotho, Senate Barbara Masupha (links), bei Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier im Schloss Bellevue akkreditiert - Die Mitarbeiterin des Auswärtigen Amtes zeigt auf die Flagge von Lesotho. - Foto: Bundeswehr / Zeichenstelle WachBtl BMVg

Lesotho ist eine parlamentarische Monarchie und liegt mitten im Nordosten Südafrikas. Die Enklave hat knapp 2 Millionen Einwohner mit einem stark rückläufigen Pro-Kopf-Einkommen von 924 USD pro Jahr. Dafür besitzt der Staat einen Kampfpanzer vom Typ T-55 und drei Twin-Huey-Hubschrauber von Bell. Besonders stolz ist Lesotho auf den Qiloane-Berg, dessen markante Form sich auf der Flagge und bei den Kopfbedeckungen wiederfindet.

Botschafterin des Königreichs Lesotho, Senate Barbara Masupha, bei Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier im Schloss Bellevue akkreditiert
Botschafterin des Königreichs Lesotho, Senate Barbara Masupha, bei Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier im Schloss Bellevue akkreditiert - Flagge von Lesotho - Foto: Bundeswehr / Zeichenstelle WachBtl BMVg

Botschafterin Seante Barbara Masupha löst Retselisitsoe Calvin Masenyetse ab, der im Dezember 2017 im Schloss Bellevue akkreditiert worden war. Ihr Leben ist ein Leben des Kampfes. Des Kampfes um Gleichberechtigung. Sie stammt aus einer Familie mit einflussreichen Führungspersonen. Sie selbst hätte aber nie in die Fußstapfen ihrer männlichen Verwandten treten dürfen. Mit den politischen Umbrüchen in Namibia und Südafrika wuchs auch ihr Mut, sich gegen das Patriarchat aufzulehnen. Mit Erfolg: Seit heute vertritt sie ihr Land als Botschafterin in Deutschland.

Botschafterin der Republik Mauritius, Christelle Sohun, bei Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier im Schloss Bellevue akkreditiert
Botschafterin der Republik Mauritius, Christelle Sohun (links), bei Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier im Schloss Bellevue akkreditiert - Foto: Bundeswehr / Zeichenstelle WachBtl BMVg

Mauritius hat knapp 1,4 Millionen Einwohner und ein für Afrika bemerkenswertes Pro-Kopf-Einkommen von etwa 9.000 USD. Mauritius ist eine Insel im Indischen Ozean und liegt östlich von Madagaskar. Und wo liegt Madagaskar? Madagaskar ist eine riesige Insel östlich von Südafrika. Mauritius ist wohl hauptsächlich wegen der seltenen blauen Briefmarken aus 1847 bekannt. Die Insel war eine der Wiegen des Briefmarkendrucks und beherbergt ein entsprechendes Museum in Port Louis. Mauritius unterhält sehr gute Beziehungen zu Indien. Entsprechend sieht auch die Religionszugehörigkeit aus: Etwa die Hälfte sind Hindus und ein Drittel sind Christen.

Botschafterin der Republik Mauritius, Christelle Sohun, bei Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier im Schloss Bellevue akkreditiert
Botschafterin der Republik Mauritius, Christelle Sohun, bei Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier im Schloss Bellevue akkreditiert - Flagge von Mauritius - Foto: Bundeswehr / Zeichenstelle WachBtl BMVg

Botschafterin Christelle Sohun war vor ihrer Berufung nach Deutschland in Australien und Neuseeland eingesetzt. Es ist üblich, dass Botschafter kleinerer Staaten an ihrer Wirkungsstätte mehrere regionale Staaten betreuen. So wird sie ihr Land wohl auch gegenüber der EU vertreten.

Autor: Matthias Baumann