Donnerstag, 11. September 2014

Wirtschaftsrat bei Belectric

Fast wären wir vorbei gefahren. Mit Vollbremsung und scharfem Lenkeinschlag gelangten wir auf einen unscheinbaren betonierten Waldweg im Nichts. Irgendwo im Brandenburgischen bei Templin liegt ein alter russischer Militärflughafen. Der Militärflughafen mit der größten und stärksten Landebahn außerhalb Russlands. Eineinhalb Meter tief wurde der Beton gegossen und war damit stabil genug, die Notlandung einer Raumfähre zu verkraften. Das weiträumige Gelände wurde nach dem Abzug der Streitkräfte an verschiedene Interessenten vermarktet.

Auf der holprigen Betonstraße kamen uns ununterbrochen große Audi- und Mercedes-Limousinen entgegen. Zügig fuhren sie durch den Wald und hinterließen einen Hauch von Konspiration. Wir waren gespannt.

Belectric Driving Center Groß Dölln
Belectric und Driving Center Groß Dölln bei Templin
Als sich der Wald lichtete, sahen wir riesige Flächen mit Solaranlagen. Das Solarkraftwerk unseres heutigen Gastgebers Belectric GmbH nutzt eine Fläche von etwa 200 Hektar.

Nach einigen Kilometern Fahrt durch die spiegelnden Flächen trafen wir am Ziel ein. Shelter 3 ist einer der umfunktionierten russischen Bunker und beherrbergt heute das Driving Center Groß Dölln.

Auf der benachbarten Freifläche waren noch einige Trainings mit Oberklasse-Limousinen im Gange. Man trainiere hier auch Bodyguards, wusste einer der Gäste, die ebenfalls der Einladung durch den Wirtschaftsrat der CDU gefolgt waren.

Der Abend begann mit einer Podiumsdiskussion über erneuerbare Energien und deren spezielle Herausforderungen. Die Diskussionsteilnehmer waren aus unterschiedlichen Interessensvertretern zusammengesetzt.

Belectric Solarkraftwerk
Belectric - Spiegelung im Solarkraftwerk
Bernhard Beck, der Geschäftsführer von Belectric, berichtete über sein Unternehmen, welches in über zwanzig Ländern aktiv sei und weltweit Solarkraftwerke baue, die sich bereits ab dem ersten Jahr rentieren. Man setze bei Belectric auf Dünnschicht-Anlagen, die bei Herstellung und Recycling deutlich umweltverträglicher sind, als die altbekannten Solarzellen. Knackpunkt seien die Schwermetalle, ohne die Elektrizität kaum vorstellbar wäre.

Ulrich Meyer von der ZukunftsAgentur Brandenburg lobte an seinem Bundesland, dass es bereits zwanzig Jahre in der energietechnischen Entwicklung voraus sei, allerdings aber auch schon die daraus folgenden Konflikte erlebt habe. Besondere Konflikte gebe es immer wieder mit Bürgerinitiativen, die sich jedoch bei einer Rückkehr zur sachlichen Auseinandersetzung immer konstruktiv lösen ließen.

Burkhard Voß vom BUND Brandenburg sieht die Naturschutzverbände zunehmend zwischen den Stühlen sitzen. Wenn die Bürgerinitiativen durch den BUND nicht mit geschützten Arten bedient werden, die eine Bebauung bestimmter Flächen verhindern würden, stehen die offiziellen Naturschützer plötzlich mit den Betreibern in einer Front.

David Wortmann vom Berlin-Brandenburg Energie Network beschrieb die Entwicklung der erneuerbaren Energien in den Köpfen der Entscheider. Die physikalische und technische Machbarkeit wurde prozentual von Jahr zu Jahr nach oben korrigiert.

Belectric Solarkraftwerk
Belectric - Solarkonstruktion mit genug Raum für die frei wachsende Natur
Immer wieder tauchte das Wort "volatil" auf, welches die flüchtige und unkalkulierbare Verfügbarkeit von Solar- und Windenergie bezeichnet. Wenn es regnet werden zwar die riesigen Solarflächen sauber, aber es wird kein Strom produziert. Nachts wird bei Belectric ebenfalls kein Strom produziert. Windenergie kann nur genutzt werden, wenn es Wind gibt. Das wäre zwar bei Regen und in der Nacht möglich, aber nicht garantiert. Fehlender Wind kann tagsüber durch Sonnenenergie kompensiert werden.

Wenn nun aber nachts kein Wind weht, müssen wieder die klassischen Kraftwerke ran. Diese sind erst dann verzichtbar, wenn die volatile Energie irgendwie gespeichert werden könnte. Diese Speicherung ist ein so primärer Punkt, dass sie den ganzen Abend über thematisiert wurde.

Nach der Podiumsdiskussion bestiegen wir einen Reisebus und fuhren durch den Solarpark. Wären wir nicht mitten im Wald gewesen, hätte man von einer interessanten "Stadtbilderklärung" durch Bernhard Beck reden können. Die Konstruktion der Anlagen sah sehr simpel aus, war aber bis ins letzte Detail gut durchdacht.

Belectric Solarkraftwerk
Belectric Solarkraftwerk - Untergang der Energiequelle
Die Solarelemente sind angeschrägt auf Gestellen mit unbehandelten Holzbalken angebracht. Dadurch werden sie vom Regenwasser gereinigt und das Holz muss nach der Nutzung nicht als Sondermüll entsorgt werden. Gras und Pflanzen können nahezu ungehindert im Schatten der Solarflächen wachsen und werden nur einmal im Herbst abgemäht. Schafe wie auf dem Gelände des BMW-Werkes in Leipzig seien hier jedoch nicht vorgesehen.

Eine Firma aus Frankfurt/Oder hatte die Solarplatten geliefert. Man produziere hier etwa 128 Megawatt, was dem Jahresbedarf von etwa 128.000 Personen-Haushalten entspricht.

Interessant war noch die Kostengestaltung der Energie. Etwa 20% seien durch politischen Ballast und politische Fehlentscheidungen bedingt. Man müsse auch das optimale Maß an Effizienz finden, da Hyper-Effizienz mit einem erheblichen Mehraufwand an Kosten verbunden sei. So habe das technisch Machbare nicht immer dass sinnvollste Preis-Leistungs-Verhältnis. Letztlich sei es aber immer der Verbraucher, der zahlt.

Auf dem Rückweg konnten wir gerade noch die Konturen des eHighway erkennen. Siemens hatte auf dem ehemaligen Russen-Flughafen einen Autobahnabschnitt nachgebildet und testet dort elektrisch betriebene und während der Fahrt nachladbare LKW.

Ein interessanter Abend in Brandenburg ging zu Ende.

Autor: Matthias Baumann