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Donnerstag, 1. März 2018

Moving Rwanda - Ausbildung, Software und Mobilität für Ruanda

Nach einer kurzen Vorglüh-Phase sprang der Motor an. Minus neun Grad in Berlin. Der Diesel war noch nicht ausgeflockt, so konnte die Fahrt in die City beginnen. Auto, Bahn und Bus sind für uns eine Selbstverständlichkeit. Die Verkehrswege sind gut ausgebaut und selbst Amerikaner und Briten sprechen mit leuchtenden Augen das Wort "Autobahn" aus. Die Fahrzeug-Sättigung in Deutschland liegt bei 68%.

Nicht so in Afrika: 4% der Afrikaner besitzen ein Auto. Während in Deutschland jeder Bandscheibenvorfall oder 60. Geburtstag als Rechtfertigung zum Kauf eines SUV genutzt wird, sind Es-Ju-Wies oder Pick-up-Trucks in Afrika zwingend notwendig. Der deutsche Rentner muss lange suchen, bis er eine Offroad-Piste gefunden hat. In Afrika sind Pisten der Standard.

Moving Rwanda Mobilität Digitalisierung Ausbildung Ruanda BMZ
Moving Rwanda - Gespräch im BMZ - Minister Müller umrahmt von Volkswagen (links) und SAP (rechts)
Bei der gestrigen Gesprächsrunde im BMZ (Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) wurde deutlich, wie wichtig funktionierende Verkehrssysteme für die Volkswirtschaft sind. Es beginnt beim Weg zur Schule, geht über den Weg zum Arzt, betrifft den Weg zur Arbeitsstelle und tangiert den Transport von Nahrungsmitteln und Waren. Sind diese Wege zu Fuß zurückzulegen, minimiert das die Chancen auf eine nachhaltig gute Entwicklung.

Über die Pisten von Afrika brausen zwar viele Pick-up-Trucks. Auf denen sitzen jedoch zumeist Islamisten mit Maschinengewehren, die mit ihren unbeweglichen Opfern eine leichte Beute haben. Pick-ups werden aber auch als Bus verwendet. Die Menschen stapeln sich dann regelrecht auf den Ladeflächen. Die nicht seltenen Unfälle haben entsprechend viele Tote zur Folge. Hier schließt sich der Kreis zum Transport ins Krankenhaus.

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Moving Rwanda - Gespräch und Unterzeichnung der Vereinbarung im BMZ (rechts: Dr. Carl-Christian von Weyhe, SAP)
Der Fokus der einstündigen Gesprächsrunde lag auf Ruanda. Ruanda hatte vor 24 Jahren einen Genozid erlebt, der innerhalb von drei Monaten etwa eine Million Menschenleben gekostet hatte. Das Land war verwüstet. Überall Waisenkinder. Ende oder Chance zum Neuanfang?

Runda ist nicht in der Depression stecken geblieben. Es läuft ein nationaler Versöhnungsprozess. Ruanda gilt als das Land Afrikas mit der höchsten wirtschaftlichen Wachstumsrate. Ruandas Präsident, Paul Kagame, spricht sogar schon von einem "Singapur Afrikas". Genau das ist der Ansatzpunkt für die deutsche Wirtschaft. So saßen also Vertreter von VW, Siemens, SAP und dem Ingenieurbüro Inros Lackner mit Bundesminister Gerd Müller am Tisch. Kugelschreiber lagen vor ihnen.

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Moving Rwanda - Moving der unterzeichneten Vereinbarungen im BMZ (rechts: Dr. Klaus Richter, Inros Lackner)
Gerd Müller machte deutlich, dass sein Ministerium nicht mehr das Entwicklungshilfe-Ministerium sei. Man sei inzwischen "weg von der Gießkanne" gekommen und investiere in "Reform-Partnerschaften". "Wir wollen Fortschritte sehen", postulierte der Minister während seiner kurzweiligen aber fundierten Ausführungen. Entsprechend gut war die Stimmung im Raum.

Der Vertreter von Volkswagen führte mehrere Punkte an, warum sich ein Investment in Ruanda lohne:

  • straffer Rückenwind für wirtschaftlichen Fortschritt
  • niedrigste Kriminalität in Afrika
  • wenig Korruption
  • Bedingungen "passen wie ein Handschuh" auf die deutsche Unterstützung

Eines der konkreten Projekte ist eine Produktionsstätte von Volkswagen in Ruanda. Einheimische sollen die aus Südafrika gelieferten Teile zusammensetzen und zunächst Polo, Passat und einen Pick-up für den ruandischen Markt fertigen. Dadurch entstehen mehrere Tausend Arbeitsplätze. Ein weltpolitischer Hintergedanke dabei ist, den Menschen in ihrer Heimat Perspektive zu geben und die Migration in den Norden aufzuhalten. Dadurch wird #MovingRwanda eher zu einem #FixingRwanda.

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Moving Rwanda - Unterzeichnung der Vereinbarung im BMZ (im Hintergrund der Botschafter Igor Cesar)
75% aller Ruander haben ein Handy. Das Netz ist teilweise besser ausgebaut als in Deutschland. Dennoch braucht das Land Geschäftsmodelle, die auch in Afrika funktionieren. Der flächendeckende Besitz von Autos ist momentan noch Utopie. Deshalb geht der Trend in Richtung Car Sharing. 75% der Einwohner könnten sich die eine App herunterladen und damit am Car Sharing teilnehmen. Die leicht zu handhabende App wurde von einem ruandischen Start-up entwickelt. Dort werkeln 12 Mitarbeiter an der Software.

Software ist übrigens auch das Stichwort für ein weiteres Projekt. In Kigali soll ein Digitalisierungszentrum entstehen, in dem 200 Jugendliche zu Programmierern ausgebildet werden. High Tech made in Afrika. Interessant ist auch der vom BMZ aufgesetzte "Marshallplan mit Afrika". Man beachte das "mit" statt "für" in der Formulierung.

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Moving Rwanda - klare Sicht aus der 11. Etage des BMZ bei -9°C
Zum Ende des Gesprächs, das eigentlich nur aus den drei Wortbeiträgen des Ministers, des Volkswagen-Vertreters und des Botschafters bestand, wurden sechs blaue Mappen mit der Vereinbarung durchgereicht. Diese wurden von den Unternehmen und Gerd Müller unterzeichnet.

Es folgte ein gestelltes Gruppenfoto vor der blauen Wand. Dann war noch Zeit zum Networking bei Kaffee, Tee und Kuchen. Von der 11. Etage aus konnten wir die klare Sicht über Berlin genießen.

Autor: Matthias Baumann