Mittwoch, 1. Juni 2016

ILA 2016 - Luftfahrtmesse seit 1909

"Lasst die Fahrzeuge der Militärattachés durch", lautete das Kommando, das der Mann mit dem schwarzen Anzug und dem Knopf im Ohr in sein Revers sprach. Das Gelände der ILA ist weiträumig abgesperrt und nur Fahrzeuge mit Sondergenehmigung dürfen passieren. Regen peitscht gegen die Scheiben und wohl dem, der seinen Wagen nicht auf den schlammigen Freiflächen mit angeschlossener Shuttle-Haltestelle parken muss.

ILA 2016 @ILA_Berlin
ILA 2016 - Eröffnungsrede der Parlamentarischen Staatssekretärin Brigitte Zypries (links roter Knopf zum ILA-Start)
Wir sind bereits zur Eröffnungsrede der Parlamentarischen Staatssekretärin (BMWi ) Brigitte Zypries erschienen. Zu Ehren des internationalen Publikums spricht sie Englisch mit deutschem Akzent. Neben ihr ist ein großer roter Knopf aufgebaut, mit dem sie gegen 10:00 Uhr offiziell die ILA einschalten wird. Es könnte derselbe schwarz-rot-goldene Knopf sein, den Bundespräsident Gauck regelmäßig zum Einschalten des Weihnachtsbaumes vor dem Schloss Bellevue nutzt. Warum auch sollte jede Dienststelle des Bundes einen eigenen roten Knopf in den Nationalfarben vorhalten? Synergien beim fliegenden Wechsel materieller Ressourcen entlasten den Steuerzahler.

ILA 2016 @ILA_Berlin
ILA 2016 - technische Kunstwerke aus dem 3D-Drucker
Mit "fliegender Wechsel" könnte auch die Themenvielfalt auf der seit 1909 in unregelmäßigen Abständen stattfindenden Internationalen Luftfahrtausstellung beschreiben. Seit der ersten 100-tägigen Messe in Frankfurt/Main hat sich vieles weiterentwickelt und aus der Luftfahrtausstellung ist ein Branchentreff der Luft- und Raumfahrt geworden. Letzteres wird insbesondere beim Betreten der Halle 4 deutlich, wo der Besucher zunächst in orbitales Dunkel tappt und dann einen von der Decke herabhängenden Baum und diverse Weltraum-Flugobjekte wahrnimmt. Kurz darauf sieht sich der geneigte Interessent von holografischen Installationen und 3D-Druck umgeben.

ILA 2016 @ILA_Berlin
ILA 2016 - Messebau @ILA_Berlin
Die optische Anziehungskraft der Stände ist sehr unterschiedlich. Hier lockt ein riesiger Drehmomentschlüssel, dort ein schwarzer Hubschrauber in Originalgröße. Ein polnischer Offizier in Kampfanzug testet den Lenkeinschlag des Helikopters. Eine Schale mit knallrot-weißer Vollmilchschokolade lockt zur Drohne aus der Schweiz. Ein Stand im Disco-Look präsentiert die Produkte von Roketsan. Roketsan ist kein Wettbewerber von Domestos oder Meister Proper, sondern ein anatolischer Hersteller von Marschflugkörpern.

ILA 2016 @ILA_Berlin
ILA 2016 - Schoggi zur Drohne
Immer wieder laufen uns Männer mit Kabeln am Ohr oder Generäle mit goldenen Sternen und diversen Kordeln und Orden über den Weg. Dank der riesigen Namensschilder lassen sich die Gäste gut mit Namen anreden. Der amerikanische Botschafter John B. Emerson trägt kein Namensschild. Nach der Begutachtung eines Hubschraubersimulators winkt er uns zu. Eine Begegnung in entspannter Atmosphäre bei Rotwein bleibt haften. Zusammen mit seinen Militärkollegen in Tarngrün und Blau schaut er sich dann beim "US International Pavilion" um.

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ILA 2016 - US-Botschafter John B. Emerson beim US Pavilion
Die Bundeswehr wäre nicht die Bundeswehr, wenn deren Ausstellungshalle per überdachtem Übergang zu erreichen wäre. Nur die Vorstände - wird uns immer wieder gesagt - dürfen per Golf Caddy durch den strömenden Regen gefahren werden. Wir nehmen den Kampf gegen die Elemente auf und gelangen durch unser entschlossenes Vorangehen halbwegs trocken zur Bundeswehrhalle. Dort werden wir von einem zerlegten Hubschrauber und einem Kampfflugzeug in Originalgröße empfangen. Dahinter liegt ein Blut überströmter Soldat mit abgeschossenem Bein - eine Puppe. Gegenüber eine weitere Puppe mit Sturmgewehr. War das der Schütze? An einem Pult referiert ein Generalmajor. Überall silbernes Laub mit zwei oder drei Sternen und ab und zu ein General dazwischen. Man kennt sich, man grüßt sich, man freut sich über die gelungene Ausstellung.

ILA 2016 @ILA_Berlin
ILA 2016 - Selfie mit Fraunhofer @ILA_Berlin
Auf der Suche nach dem Pressezentrum laufen wir mehrfach durch den Regen und die Hallen 6, 4 und 2, essen zwischendrin etwas auf dem Stand des Landes Baden-Württemberg und staunen über die vielen mit der Luftfahrt verbundenen Dienstleister und Hersteller: Präzisionsdreher, Sitzmanufakturen, Gurthersteller, Propellerlieferanten, 3D-Druckfirmen, Forschungseinrichtungen, Drohnenproduzenten oder Hersteller von Missiles, die mit einer Kamera in der verglasten Aufprallspitze ausgerüstet sind und ihr Ziel selbstständig verfolgen.

Nach einem Kaffee im Pressezentrum decken wir uns mit Infomaterial ein und verlassen die ILA. Es regnet. Sigmar Gabriel wird für 13:00 Uhr erwartet und 13:18 beginnt der Messerundgang des Wirtschaftsministers mit seiner Staatssekretärin Zypries.

Autor: Matthias Baumann