Montag, 14. Mai 2018

Bundeswehrtagung 2018 Berlin - PS auf die Straße bringen

Da muss man nur 20 Sekunden mit Konteradmiral Stawitzki reden und schon steht die Schlagzeile. "Wollen wir mal gucken, dass wir PS auf die Straße bekommen", war sein Statement nach zwei Stunden: Rede der Kanzlerin und Rede der Ministerin. Besser hätte man das nicht zusammenfassen können.

Die Bundeswehrtagung 2018 findet heute und morgen im Grand Hyatt Berlin statt. Das Areal ist weiträumig abgesperrt und sogar die Zufahrt zum Parkhaus war zeitweilig mit einem großen Polizeiauto verstellt. Ich nutzte den Haupteingang und stand plötzlich inmitten hochdekorierter Herrschaften. Überall goldene Sterne. Gold auf Grau, Gold auf Blau und Gold auf Schwarz. Generalmajor Zudrop vom Zentrum Innere Führung checkte gerade ein.

Bundeswehrtagung 2018 Berlin
Bundeswehrtagung 2018 Berlin - Generalinspekteur Eberhard Zorn, Bundeskanzlerin Angela Merkel und Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (v.l.n.r.)
Für die Presse stand die Jamboree-Bar zur Verfügung. Dort wurden Kuchen, Wasser, Kaffee und andere leckere Dinge gereicht: "Ohne Mampf kein Kampf - Ohne Verpflegung keine Bewegung". Auf den edlen Polstern lagen Kameras und Laptops. Einige Journalisten tippten schon mal die Reden der Kanzlerin und der Ministerin in die Rechner, obwohl diese erst in den nächsten drei Stunden gehalten werden sollten.

Gegen halb drei erschien Angela Merkel. Begleitet wurde sie von Eberhard Zorn, dem neuen Generalinspekteur, und Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen. Ganz nebenbei erfuhren wir, dass Eberhard Zorn am Vorabend seines Amtsantritts - also bereits am 18. April 2018 - seinen vierten Stern bekommen hatte. Man lernt also immer noch dazu. Nach dem gestellten Gruppenfoto mit Kanzlerin vor Camouflage - zusammen mit Generalinspekteur und Ministerin - ging es in den großen Saal des Grand Hyatt. Auch hier Camouflage. Die Kanzlerin trug heute Knallrot, so war sie am Pult trotzdem gut zu erkennen.

Angela Merkel drückte zunächst ihre Wertschätzung gegenüber der Bundeswehr aus. Früher sei vieles übersichtlicher gewesen. Beim Kalten Krieg habe man klare Schwarz-Weiß-Fronten gehabt. 2,3% Militärausgaben war den Bundesbürgern die Sicherheit damals wert. Dann kam eine Phase der Entspannung, so dass die Ausgaben bei 1,1% landeten. "Wir dachten, damit kommen wir hin", sagte die Kanzlerin.

Dass 2% unbedingt notwendig sind, hatte die Kanzlerin bislang auch nicht gewusst. Die jüngsten Forderungen aus dem BMVg und dem BMZ hätten sie jedoch dazu motiviert, sich mit weiteren Experten darüber zu beraten. Ergebnis: "Einleuchtend, was Ursula von der Leyen die letzten Tage immer wieder gesagt hat". Entsprechend enthusiastisch ging die Rede weiter. Angela Merkel hielt Blickkontakt mit dem Publikum und erzählte von ihren Staatsbesuchen inklusive "Kampf für den Eurofighter".

Sie forderte eine ehrliche Herangehensweise an die Themen Krisenprävention und Bündnisverteidigung. So müsse die Ausrüstung eines Kämpfers in Mali oder dem Irak ganzheitlich betrachtet werden. Deutsche Soldaten bilden die Kämpfer vor Ort aus, geben ihnen anschließend Schuhe und einen LKW und dann kommt das Tabu-Thema Gewehr. Dieses Thema wurde in der Vergangenheit gerne an die Nachbarn in der EU delegiert. Das sei unehrlich, zumal die frisch ausgebildeten Kämpfer ja nicht mit den Schuhen und dem LKW kämpfen, sondern den terroristischen Angreifern eine entsprechende Bewaffnung entgegensetzen müssten.

Die Ausmaße des Syrien-Konfliktes verglich sie mit dem Dreißigjährigen Krieg. Dieser begann vor 400 Jahren. Die Undurchsichtigkeit der damaligen Konstellationen und der anschließende Friedensprozess könnten als Muster zur Lösung heutiger Konflikte dienen. Ja, während des Kalten Krieges war vieles einfacher und klarer. Heute kämen dann auch noch Cyber-Angriffe und hybride Kampfszenarien hinzu.

Bundeswehrtagung 2018 Berlin
Bundeswehrtagung 2018 Berlin - Generäle so weit das Auge reicht
Nach Angela Merkel gab es eine kurze Pause und dann die Rede der Ministerin. Sie ergänzte Angela Merkel um diverse Zahlen und Fakten und ging auf mehrere Lücken ein, die durch den Sparkurs und die Entspannungspolitik entstanden waren. Offiziere waren zu früh pensioniert und Neueinstellungen ausgesetzt worden. Dadurch sei eine Generationslücke im Nachwuchs entstanden. Die Bundeswehr fahre deshalb mehrere erfolgreiche Werbekampagnen. Die Bewerbungsverfahren wurden digitalisiert und für zivile und militärische Angestellte zusammengefasst.

Besonders stolz zeigte sich Ursula von der Leyen über die Bundeswehr-Akademie in München. Dort wurde beispielsweise der Master of Intellegence & Security Studies aufgesetzt. Zudem schaue man sich aktiv in der Start-up-Szene um und warte nicht mehr, bis irgendwer komme und seine Leistungen anbiete. Wer passt, wird für die Bundeswehr geworben. Die Ministerin hat wohl das Prinzip von Disruption verstanden.

Die Bundeswehrtagung findet alle zwei Jahre statt. Wie eingangs erwähnt, trifft sich hier das Spitzenpersonal der Bundeswehr. Die Ministerin informiert über die neuesten Trends und gibt Raum zur Diskussion. Schade eigentlich, dass der Rest der Tagung nicht mehr presseöffentlich ist - auch nicht "unter 3" oder nach Chatham House Rules. Aber egal, die Richtung ist vorgezeichnet: 2% und der Wunsch, diese "PS auf die Straße zu bekommen".

Autor: Matthias Baumann