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Dienstag, 12. November 2013

BCCG und OMFIF in der Britischen Botschaft

Als wir heute am Auswärtigen Amt vorbeifuhren, sahen wir dort bereits einen schwarzen Jaguar mit 0-49er-Kennzeichen stehen. Das stimmte uns auf den bevorstehenden Besuch in der Britischen Botschaft ein. OMFIF Official Monetary and Financial Institutions Forum und die BCCG British Chamber of Commerce in Germany hatten zu einer spannenden Veranstaltung über die Entwicklung der Finanzmärkte und des Euro eingeladen.

Die Besetzung des Panels war hochkarätig und so waren auch Besucher aus München, Frankfurt und Köln angereist. Ein Teilnehmer trug die Poppy, eine Mohnblume zur Erinnerung an die Gefallenen der Kriege und im besonderen Gedenken an den Ausbruch des Ersten Weltkriegs vor 100 Jahren.

"No event without a speach", der Leitsatz von Botschafter Simon McDonald kam auch heute wieder zur Geltung. In einer sehr kurzen aber äußerst humorvollen Rede stimmte er die Gäste auf das ernste Thema Euro, Europa und das Verhältnis zu Großbritannien ein. "Zeitgemäß" sei das Wort, welches in der Diplomatie ständig gebraucht werde und bei dieser Veranstaltung treffe es endlich mal ins Schwarze.

BCCG Britische Botschaft Bundesbank
Bundesbank-Vorstand Dr. Nagel und Prof. Dr. Stürmer
Auch Dr. Joachim Nagel, Vorstand der Deutschen Bundesbank, war von der Einleitung des Botschafters so beeindruckt, dass er sein Keynote-Script unter das Pult legte und frei referierte. Und zwar so frei, dass die Charts von hinten begonnen und dann je nach Bedarf eingeblendet wurden. Bemerkenswert war dabei der unterrepräsentierte Stellenwert europäischer Finanzzentren, die mit Luxemburg erst hinter sechs asiatischen Metropolen auftauchten.

Dem deutschen Sparer gab er die Information mit, dass es die risikolose Anlageform auch bei bisher sicher geglaubten Staatsanleihen nicht gebe. Wie bereits dem Buch von David Marsh "Beim Geld hört der Spaß auf" zu entnehmen war, ist es ein wichtiges Anliegen der Bundesbank, den Finanzbereich so stabil zu halten, dass nicht letztlich der Steuerzahler für eventuelle Schieflagen zur Kasse gebeten wird. Die Damen und Herren von der Bundesbank leisten nach unserer Auffassung Großartiges auch in Hinsicht auf die gesellschaftliche Stabilität in Deutschland.

BCCG Britische Botschaft Bundesbank
Podiumsdiskussion in der Britischen Botschaft - Köhler, Dr. Nagel, Prof. Dr. Stürmer, Kornblum, Heilmann, Marsh

Dr. Nagel zeigte Zahlen, die deutlich machten, dass Deutschland der wichtigste Handelspartner Großbritanniens ist. Das war vielen der Zuhörer bereits bekannt.

Nicht bekannt werden jedoch die Inhalte der folgenden Podiumsdiskussion. Diese verlief unter den Chatham House Rules.

Wir wissen nur noch, dass daran DZ-Bank-Vorstand Wolfgang Köhler, Bundesbank-Vorstand Dr. Joachim Nagel, der ehemalige US-Botschafter John C. Kornblum, Handelsblatt-Direktor Dirk Heilmann und David Marsh von OMFIF teilnahmen und die Diskussion von Prof. Dr. Michael Stürmer (Chef-Korrespondent, Die Welt) moderiert wurde.

Anschließend gab es Gelegeneheit zum Austausch mit den Referenten und Gästen.

Autor: Matthias Baumann

Freitag, 19. Juli 2013

David Marsh über Zusammenhänge und Pattsituationen der Eurokrise

David Marsh, Kolumnist des Handelsblattes und Autor zahlreicher Bücher, ist Mitbegründer und Chairman des OMFIF und hat Wissen und Erfahrung auf dem Finanzsektor unter anderem durch seine journalistische Tätigkeit für die Financial Times erworben. Er gilt als Kenner und kritischer Beobachter der Szene und war in historischen Momenten monetärer Weichenstellungen dabei.

David Marsh Beim Geld hört der Spaß auf Eurokrise
David Marsh - Beim Geld hört der Spaß auf
Die Anregung zu seinem Buch "Beim Geld hört der Spaß auf - Warum die Eurokrise nicht mehr lösbar ist" bekam er Anfang Mai bei einem Treffen mit dem Berliner Europa Verlag. Knapp zwei Monate später, nämlich zum vorgestrigen BCCG-Kurzseminar, lag es bereits in gedruckter Form vor.

In zwanzig Kapiteln vermittelt David Marsh seine Thesen zur aktuellen Situation des Euro und geht dabei auf die unterschiedlichsten Akteure und geschichtlichen Entwicklungen ein.

Ein Hauptfokus liegt auf dem Verhältnis zwischen Deutschland und Frankreich, die die beiden Hauptsäulen des Euro-Raumes darstellen. Neben sämtlichen Versäumnissen auf Seiten der EZB, der Technokraten und Lücken des Maastricht-Vertrages kommt er doch immer wieder auf das problematische Beziehungsgefüge zwischen Deutschland und Frankreich zu sprechen. Frankreich habe eine erhebliche Angst vor seinem erstarkenden Nachbarn und wollte - mit diversen Zitaten untermauert - Deutschland durch den Euro schwächen. Diese Berechnung ging jedoch nicht auf, da die Mentalität und die Wirtschaftskraft der Deutschen falsch kalkuliert worden war. Passend dazu nehmen wohl die Kapitel 10 bis 12 eine zentrale Stellung im Buch ein.

Wenn man die Ausführungen über die Bundesbank und das Ausharren der Bundesregierung liest, kommt man zu dem Schluss, dass die in Deutschland gefahrene Linie genau die richtige zur passenden Zeit ist. Das beruhigt.

Allerdings befänden wir uns laut David Marsh gerade in der sechsten Phase der Krise (gegenseitige Schuldzuweisung), die irgendwann in die siebte und letzte Phase übergehen könne: "die Schreckensphase der Euro-Abwicklung". Deshalb führt er im letzten Kapitel aus: "Wir erleben weder ein Ende mit Schrecken noch einen Schrecken ohne Ende, sondern eine schreckensvolle Endzeitstimmung, die nie zu Ende geht: kein Ende der Krise, sondern unvergängliche Krisenendlosigkeit."

Auch wenn im von Karl Otto Pöhl, Präsident der Deutschen Bundesbank 1980-1991, verfassten Vorwort zu lesen ist, dass David Marsh "keine überzeugende Antwort" geben kann, so lässt sich doch bei all der trostlosen Stimmung ein Hoffnungsschimmer für den Leser (nicht für den Euro) in den fernöstlichen Märkten und deren erstarkenden Währungen erkennen. Ein rechtzeitiger Einstieg könnte sich in vielleicht fünf Jahren durchaus bezahlt machen.

Das Buch vermittelt anhand der Zustände in der "großen Politik" interessante Parallelen zum privaten Mikrokosmos, in welchem man ebenfalls immer wieder mit überzogenen Begehrlichkeiten, Sozialneid und mangelnder Selbstreflektion konfrontiert wird.

Autor: Matthias Baumann

Mittwoch, 17. Juli 2013

BCCG - Kurzseminar zur Rettung des Euro

Als sich die Fahrstuhltür in der neunten Etage des Ernst & Young Hauses an der Friedrichstr. 140 öffnete, liefen gerade Hans-Olaf Henkel und Thilo Sarrazin vorbei. Auch sie waren der Einladung der BCCG British Chamber of Commerce zum Kurzseminar "Eurorettungsansätze - wie geht es weiter?" gefolgt. Hans-Olaf Henkel trug seinen Sommerhut und signalisierte damit, dass es nach dem Seminar gleich in den wohlverdienten Urlaub gehe.

BCCG Ernst & Young Eurorettung
BCCG bei Ernst & Young in der neunten Etage
Nach einer kurzen Begrüßung durch den Hausherrn Ulrich Plett eröffnete Torsten Riecke vom Handelsblatt die Podiumsdiskussion und übergab das Wort an Hans-Olaf Henkel.

Dieser nutzte unseren Standort in der neunten Etage und erklärte seine Sicht auf die Entwicklung des Euro so, dass wir uns im freien Fall befänden und gerade bei der sechsten Etage angelangt seien, wo noch alles wie gewohnt aussehe. Der Fall gehe also noch weiter bis zum finalen Aufschlag, der in zwei Szenarien auslaufen könne, nämlich entweder im Chaos oder indem "es einfach so weiter geht". Letzteres hält er für sehr wahrscheinlich.

Ein Hauptproblem sieht Prof. Henkel in Frankreich. Frankreich habe übermäßigen Druck auf Deutschland ausgeübt. Allein 45% griechischer Verbindlichen haben bei französischen Banken bestanden. Das erklärt auch, warum Frankreich drei Hauptziele in folgender Reihenfolge anstrebt:

BCCG Ernst & Young Eurorettung
Hans-Olaf Henkel und Frank Schäffler MdB (FDP)
1) Banken-Union
2) Fiskal-Union
3) administrative Union

Henkels Empfehlung wäre deshalb eine temporäre Verstaatlichung der französischen Banken, was zunächst zwar eine erhebliche Belastung wäre, aber langfristig gesehen Stabilität bringe. Auch seien in Frankreich dringend Reformen nötig, die man dort aber erklärtermaßen nicht angehen wolle. Stattdessen solle Deutschland seine Produktivität senken, damit die Kluft nicht so groß bleibe. Ein Ansinnen, für das im Raum wenig Verständnis aufkam.

"Rettungsaktionen re-nationalisieren!" war eine seiner abschließenden Forderungen, mit der es in die Kaffee-Pause ging.

Frank Schäffler, FDP-MdB, sprach sich ebenfalls für einen "Non-Zentralismus" aus und sagte dem Euro eine Zukunft als Sekundärwährung voraus. Spareinlagen und Renten seien dann weg. Es sei auch schade, dass durch den Euro ehemals "gute Nachbarn nun zu Schuldnern und Gläubigern" geworden seien.

BCCG Ernst & Young Eurorettung
US-Botschafter a.D. John Kornblum und David Marsh CBE
Der ehemalige US-Botschafter John Kornblum beleuchtete das Thema aus Sicht der USA. Mit einer gewissen Distanziertheit konnte er Europa bescheinigen, dass der Euro genau so sei, wie man ihn haben wollte. Auch Europa sei so, wie man es haben wollte. In diesem Kontext sei alles richtig gemacht worden. Allerdings sei mit der "Befriedung" Europas auch schon alles erreicht worden. Weitere Ziele oder zu erreichende Ergebnisse seien nicht definiert. Auch habe man sich gewundert, dass sich Europa für die EU entschieden habe, da doch solche Einheiten ein weltpolitisches Auslaufmodell seien, in dem Vielfältigkeit unterdrückt werde.

David Marsh CBE, Chairman OMFIF, hatte sein Buch "Beim Geld hört der Spaß auf" mitgebracht. Er berichtete von der besorgniserregenden Entwicklung, dass die Deutschen ihre Ersparnisse zunehmend im Ausland anlegten und bestätigte die Vermutung von Frank Schäffler MdB, dass der Euro zu einer Sekundärwährung abgewertet werde. Da sich Gläubiger wie Schuldner als Opfer sähen, hätten sie zumindest darin eine gewisse Einheit gewonnen. Auch David Marsh schätzt die Freundschaft zwischen Deutschland und Frankreich als sehr fragil ein. Deutschland sei zudem wegen seiner durchaus wertvollen Tugenden auch erpressbar.

BCCG Ernst & Young Eurorettung
Michael Stürmer (Die Welt) und Frank Schäffler MdB
Der Platz von Hans-Olaf Henkel wurde nach der Pause von Prof. Dr. Michael Stürmer, Chefkorrespondent Die Welt, eingenommen. Er bestätigte viele der in seiner Abwesenheit getätigten Aussagen und setzte thematisch an einer Beobachtung John Kornblums an, der meinte, dass die Deutschen keine Experimente mögen und eine Wahl sehr gut zu gewinnen sei, wenn der Kandidat sagt: "Ich ändere nichts." Frau Merkel habe diese Befindlichkeiten sehr gut verstanden und ändere nun ordentlich "unter der Hand". Dr. Stürmer warnte vor den "rot-grünen Steuerphantasien", die eine europaweite Umverteilung in eine interne Umverteilung verlagern und Deutschland damit von seiner Führungsposition in der EU stoßen würden.

Dass der deutsche Export in den Nicht-Euro-Bereich überproportional zugenommen habe, thematisierten wir abschließend noch einmal mit Thilo Sarrazin im Fahrstuhl auf dem Weg in die Tiefgarage.

Autor: Matthias Baumann