Auf der diesjährigen 17. BSC Berlin Security Conference durfte Ursula von der Leyen die Begrüßungsrede halten. Das Medieninteresse war symptomatisch. Kaum war die Ministerin weg, verschwanden auch die Kameras. Bis zur Mittagspause hatten auch die standhaftesten Bildreporter das Feld geräumt. Nur die Bundeswehrredaktion und einige Fachjournalisten waren geblieben.
Dabei hatte die offizielle Begrüßung der hochkarätigen Gäste einige Zeit in Anspruch genommen. Der stellvertretende
russische Außenminister, der georgische Verteidigungsminister, der
niederländische Außenminister, Europaminister, Militärattachés,
Generäle und Admiräle, Jörg Vollmer, General Laubenthal, General
Leinhos, General Schelleis, Vizeadmiral Krause und Brigadegeneral Rob
Rider waren vor Ort. Man könnte
jetzt noch mit Staatsminister Niels Ammon und Staatssekretär Peter
Tauber fortsetzen, aber das würde den Rahmen sprengen.
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#BCS18 Berlin Security Conference - Europa mit der NATO - Europa emanzipiert sich und bekennt sich zur NATO |
"Transatlantisch bleiben, europäischer werden", war der rote Faden in der Rede der Ministerin. Transatlantisch bezog sie auffällig oft auf Kanada. Kanadische Truppen hatten beim
NATO-Manöver Trident Juncture eng mit unseren Gebirgsjägern zusammengearbeitet. Der uralte Spruch "Kann'a hier nicht, kann'a da" hatte im Gefechtsstand für gute Stimmung gesorgt. Aber auch US-Streitkräfte hatten an unserer Seite gekämpft. Sollte die Nennung von Kanada ein Seitenhieb gegen Donald Trump sein? Bei einem Panel war auch von amerikanischer Seite zu erfahren, dass die militärische Basis verlässliche Kontinuität "trotz der aktuellen politischen Führung" lebe.
Frau von der Leyen lobte die vielen europäischen Projekte der einjährigen PESCO (Permanent Structured Cooperation). Europa müsse auch unabhängig von der NATO handlungsfähig werden. Bisher macht in Europa jeder das Seine. Es gibt nur wenige Initiativen wie die gegenseitige Unterstellung deutscher und niederländischer Truppen. Die Waffensysteme in Europa sind stark fragmentiert und müssen in den nächsten Jahren gestrafft werden. Die Ministerin forderte kürzere und schnellere Entscheidungswege. Europa müsse wollen
und handeln. Hier sei der Output das Maß der Dinge.
Immer wieder kam sie auf "transatlantisch bleiben, europäischer werden" zurück. Die europäische Verteidigungsmaschine solle autark agieren können, aber keine Duplizierungen zur NATO bieten. Das klang nach einem herben Widerspruch. Dieser wurde am zweiten Konferenztag durch Generalinspekteur Eberhard Zorn aufgelöst. Während es aktuell mehrere Hauptquartiere in Europa gebe, sollte das in Zukunft harmonisiert werden. Wenn Vorhandenes entsprechend gebündelt werde, könne Europa auch
neben der NATO entsprechende Einsätze durchführen. "Praktische Dinge statt Papiere" forderte Eberhard Zorn. Es entstand der Eindruck, dass PESCO eine ganz neue Dynamik in die eingeschlafene europäische Verteidigungspolitik gebracht hat. Vielleicht ist das Verhältnis Europa - USA - NATO auch mit einem Jugendlichen zu vergleichen, der das Elternhaus verlässt, aber dennoch familiär verbunden bleibt.
Admiral Rob Bauer, Verteidigungschef der Niederlande, freute sich sehr über die gute Zusammenarbeit mit Deutschland. Er hob die kulturellen Gemeinsamkeiten und Unterschiede hervor und bestätigte noch einmal die Erkenntnisse des
Ministertreffens von Lohheide im Mai. Die Deutschen seien demnach klar und strukturiert, während die Niederländer erst einmal diskutieren und sich irgendwann in Bewegung setzen. Von niederländischer Seite kam auch der Hinweis, dass sich die Konflikte und Waffen deutlich gewandelt haben. Heute habe man mit Cyber-Angriffen und Drohnen zu tun. Stef Blok, der niederländische Außenminister, bezeichnete es als Fehler, sich auch nur gedanklich von den USA zu trennen. Transatlantisch bleiben!
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#BCS18 Berlin Security Conference - Aussteller am Rande der Konferenz |
Österreich hatte seine Europaministerin Dr. Karin Kneissl nach Berlin geschickt. Sie stellte die Frage, wo beginnt Europa und wo endet es? Die Grenzen verschieben sich und Europa sei neben der Geografie auch als Wertegemeinschaft zu definieren. Sie postulierte, dass Europa Sicherheit exportieren müsse. Die Alternative sei der Import von Unsicherheit.
Von einem anderen Europapolitiker war zu erfahren, dass Brüssel nicht zufrieden damit sei, dass Deutschland bis 2024 nur 1,5% für den Verteidigungshaushalt bereitstelle. Das junge Projekt PESCO habe den europäischen Haushalt für die Verteidigung aufgemacht. Das müsse genutzt werden. Europa benötigt ein gemeinsames Narrativ. "Europäische Verteidigungsunion" könnte ein Leitwort dabei sein. Immer wieder das Bekenntnis zur NATO. Dennoch müsse Europa eigene Fähigkeiten entwickeln. Das hänge nicht nur mit der Unberechenbarkeit von Donald Trump zusammen, sondern auch mit der Änderung des amerikanischen Fokus hin zu Asien. Während die USA 1,4 Millionen Soldaten unter Waffen hat, gibt es in Europa sogar 1,8 Millionen Soldaten, selbst wenn die Militärausgaben hier viel niedriger sind. Auch angesichts der demografischen Entwicklung müsse "klüger vernetzt gehandelt" werden und fehlende personelle Ressourcen durch Technik ersetzt werden.
Neben den Vorträgen gab es auch kompetent besetzte Diskussionsrunden auf dem Podium und die Panels in den verschiedenen Räumen des Tagungszentrums. In den Gängen hatten Organisationen und Firmen ihre Stände aufgebaut. Von Sanitätsdienst bis Airbus präsentierte sich eine bunte Palette von Anbietern, die entsprechend bunte Kugelschreiber, Tassen, Beutel, Traubenzucker und Flyer an den geneigten Besucher übergaben. Wegen der vielen prominenten Gäste waren auch erhebliche Sicherheitsvorkehrungen getroffen worden. Dennoch funktionierte der Zugang schnell und reibungslos. Die Orga hatte militärische Professionalität und satt wurde auch jeder. "Ohne Verpflegung keine Bewegung", hört man bei solchen Anlässen oft aus dem Munde erfahrener Offiziere.
Ja, Erfahrungen und Kompetenzen waren hier auf engstem Raum versammelt. So konnte ich sämtliche Fragen zum Protokoll, zu Uniformen und anderen Themen stellen und Antworten aus erster Hand einsammeln. Gewürzt mit Anekdoten aus dem militärischen Alltag.
Autor: Matthias Baumann