Die Agenda war lang und umfasste "das gesamte Spektrum" von Wirtschaft über Menschenrechte bis hin zum Klima. Iterativ - also wiederholt - habe man auf die Rechte von Minderheiten hingewiesen. Man habe über Tibet, Hongkong, Taiwan und die Situation im Südchinesischen Meer geredet und die eigene Sicht dargelegt. Xi Jingping habe seine Sicht dagegengehalten. Wahrnehmung, Bewertung und Argumentation seien sehr unterschiedlich und laufen so aneinander vorbei, wie es ein amerikanisches Sprichwort beschreibt: "Zwei Schiffe begegnen sich in der Nacht." Zumindest habe Xi Jingping angeboten, dass internationale Beobachter in bestimmte Konfliktregionen reisen dürfen.
Pressekonferenz im Bundeskanzleramt zum virtuellen EU-China-Gipfel am 14. September 2020 |
In der chinesischen Wirtschaft ist der Staat allgegenwärtig und will möglichst überall reinschauen und mitregieren. Das trifft auch internationale Unternehmen. Deshalb war ein zentraler Punkt der heutigen Verhandlungen das Voranbringen eines Abkommens für den Investitionsschutz. Politischer Wille sei auf beiden Seiten vorhanden, nur gestalten sich einzelne Abstimmungen sehr zäh. Während man bei Transparenz und anderen Themen gut vorangekommen sei, stocke es aktuell noch beim Marktzugang (market access). Mit einer gewissen Schärfe in der Stimme bemerkte Ursula von der Leyen: "China muss uns überzeugen, dass es eines Investitionsschutzabkommens wert ist." Die EU-Vertreter machten aber auch deutlich, dass es nicht um Geschwindigkeit, sondern um brauchbare Ergebnisse gehe.
Übrigens entfallen 50% des weltweiten Kohleverbrauchs auf China. Das Land erarbeitet gerade ein Emissionshandelssystem, das wohl auch für die EU von Interesse ist. Gemeinsam wolle man jedoch an einer Umstellung auf erneuerbare Energien und der Reduzierung der CO2-Belastung arbeiten.
Die Vertreter der EU zeigten sich zufrieden mit den Ergebnissen des heutigen Gipfels. Das Format soll fortgesetzt werden - dann aber hoffentlich als Präsenztreffen ohne Corona-Einschränkungen.
Autor: Matthias Baumann