Mittwoch, 23. September 2020

Olaf Scholz stellt den Bundeshaushalt 2021 vor

Zwei dünne A4-Blätter wurden den Anwesenden in die Hand gedrückt: eine Zusammenfassung des Bundeshaushalts für 2021. Der Haushalt beläuft sich auf 413,4 Milliarden Euro und umfasst in der vollständigen Textversion 3.295 Seiten. Darin geht es ans Eingemachte und so stark ins Detail, dass eine mundgerechte Kürzung auf zwei Seiten tatsächlich sinnvoll ist. Wer wissen will, welche Beträge für Dienstreisen, Büromaterial, Insolvenzausgleich Thomas Cook, selbst verschuldete Kfz-Schäden und so weiter vorgesehen sind, muss sich in die 3.295 Seiten vertiefen und idealerweise die Suchfunktion seiner PDF-Software nutzen.

Finanzminister Scholz stellte sich in der heutigen Pressekonferenz immer wieder als Kanzlerkandidat der SPD dar. Sämtliche Fragen beantwortete er mit einem ergänzenden Hinweis auf die Sozialpolitik seiner Partei. Die beste Formulierung präsentierte er auf die Frage, wer denn das alles bezahlen solle: Demnach werde sich ein SPD-geführtes Finanzressort dafür einsetzen, dass es "Mehreinnahmen durch die Bekämpfung von Steuervermeidungsstrategien" geben werde. Klarer wollte er es nicht ausdrücken.

Bundesfinanzminister Olaf Scholz stellt den Bundeshaushalt 2021 in der Bundespressekonferenz vor
Bundesfinanzminister Olaf Scholz (Dritter von links) stellt den Bundeshaushalt 2021 in der Bundespressekonferenz vor.

Das erinnert an das Gesetz zum Lastenausgleich von 1952. Damals wurden Personen mit besonders hohen Vermögenswerten wie Immobilien, Hypothekengewinnen oder Kapitalmarktgewinnen zur Abgabe von bis zu 50% ihres Vermögens verpflichtet. Damit "die Kuh, die man melkt, nicht gleich geschlachtet wird", wurden diese 50% in 120 Raten auf 30 Jahre verteilt. Wer also zum Stichtag (21.06.1948) beispielsweise ein Vermögen von 240 Millionen D-Mark besaß, musste ab 1952 jeweils eine Million im Vierteljahr ans Finanzamt überweisen. Nach 30 Jahren waren dann die 120 Millionen weg. Auf diese Weise kamen bis 1982 rund 115 Milliarden D-Mark zusammen. Das entspricht umgerechnet etwa 60 Milliarden Euro.

Der Minister machte auch deutlich, dass die Füllhörner des Konjunkturpaketes nicht zum Ansparen und späteren Investieren gedacht seien, sondern zum sofortigen Ausgeben. Wer also längerfristig plant, dürfe sich nicht wundern, wenn er später nichts mehr bekommt. Das Konjunkturpaket soll einen schnellen aber nachhaltigen "Wumms" erzeugen. Eine leistungsfähige Volkswirtschaft mit einer leistungsfähigen Infrastruktur könnten die Belastung durch Corona schnell wieder ausgleichen. Der "Wumms" ist übrigens auch in den SPD-Wahlkampf eingeflossen. Nutzt man dieses Wort im Gespräch mit Bekannten und Verwandten, blickt man in fragende Gesichter: "Wumms? Noch nie gehört."

Die 413,4 Milliarden Euro des Bundeshaushalts sind auf die verschiedenen Ressorts aufgeteilt. Der Verteidigungshaushalt wurde wieder leicht angehoben und rangiert nun bei 45,6 Milliarden Euro. Olaf Scholz bezeichnete den Finanzplan als Untergrenze, die jedes Mal durch die Realitäten nach oben korrigiert würde. So ist jetzt schon von 1,2 Milliarden Euro aus dem Konjunkturprogramm und 3,7 Milliarden Euro für vorgezogene Investitionen die Rede. Auch stehe die Bundesregierung finanziell hinter den Auslandseinsätzen der Bundeswehr und den Verpflichtungen gegenüber der NATO. Man wolle die "verabredeten Fähigkeitsziele erreichen", die innereuropäische Rüstungskooperation stärken und neues Gerät anschaffen.

Der Haushalt stellt aber auch üppige Beträge für die nationale Wasserstoffstrategie, innovativen Fahrzeugbau, Kommunikationstechnologien als Gegenpart zu 5G, Künstliche Intelligenz, Quantentechnologie oder den Krankenhaus-Zukunftsfonds bereit. 19 Milliarden Euro gehen in internationale Hilfe und Entwicklungszusammenarbeit und 5 Milliarden Euro in den Gesundheitsfonds unter der Überschrift "Stärkung des sozialen Zusammenhalts".

Zur Finanzierung des Haushaltes werden neben "Mehreinnahmen durch die Bekämpfung von Steuervermeidungsstrategien" auch andere altbewährte Einnahmequellen angezapft: Autofahrer und industrielle Verbraucher unterliegen ab 2021 einer erhöhten CO2-Bepreisung. Wie sich die steuerlichen Vorstellungen und Maßnahmen von Olaf Scholz in Wählerstimmen umsetzen lassen, wird der September 2021 zeigen.

Autor: Matthias Baumann