Samstag, 16. Dezember 2017

Bundespräsident nimmt Akkreditierungsschreiben der Botschafter von Kuba, Lesotho, Kolumbien und Österreich entgegen

"Wo liegt denn bitte Lesotho?", kam nach wenigen Minuten der erste Kommentar zu unserem Video. Gestern hatten wir alle vier Botschafter-Akkreditierungen begleitet. Ein absolutes Novum, zumal wegen Commonwealth oder anderer Gründe oft nur einer der vier bis sechs Botschafter im Akkreditierungs-Pool für uns interessant ist.

Lesotho ist eine Enklave inmitten Südafrikas. Lesotho ist - wie Malaysia - eine parlamentarische Monarchie. Das Alleinstellungsmerkmal dieses Königreichs sind die zwei Millionen Einwohner. Im Gegensatz zum übrigen Kontinent bestehen diese zu fast 100% aus einem Stamm, dem Bantuvolk Basotho. Auch Lesotho stand viele Jahrzehnte unter britischer Herrschaft und erlangte 1966 die Unabhängigkeit. Deshalb gehört Englisch zu den Amtssprachen. 90% der Bevölkerung ist christlich geprägt. Die Hälfte davon würde sich als katholisch bezeichnen. Schulen unter christlicher Trägerschaft haben ein allgemein gutes Bildungsniveau geschaffen.

Etwa 17% der Basotho sind HIV-infiziert. Das ist die weltweit zweithöchste Infizierungsrate nach Swasiland. Dem begegnet die Regierung neuerdings mit Aufklärung zum Thema.

Lesotho - Botschafter Masenyetse akkreditiert
Lesotho - Botschafter Masenyetse akkreditiert
Lesotho hat aber noch eine weitere Besonderheit: Flagge des Landes und Kopfbedeckung des Botschafters harmonieren miteinander. Auch auf Autokennzeichen wird dieser Hut abgebildet. Der an eine Jurte mit Bommel erinnernde Hut hat sein Vorbild in der Form des Qiloane-Berges.

Lesothos Botschafter Retselisitsoe Calvin Masenyetse hatte im wahrsten Sinne des Wortes den Hut auf. Begleitet wurde er von einer Delegation, die nur aus Frauen bestand. Diese trugen dicke blaue Umhänge und Kopftücher, die im Piraten-Style gebunden waren. Eine spannende Truppe, die halb zwölf den schwarzen Limousinen entstieg, für zwanzig Minuten im Schloss verweilte und dann mit Polizei-Eskorte und Limos vom Hof chauffiert wurde.

Botschafter-Akkreditierung Eskorte Konvoi
Eskorte und Konvoi warten während der Botschafter-Akkreditierung vor dem Schloss Bellevue
Mit so viel Farbe dienten die weiteren drei Länder nicht. In Grau, Schwarz, Weiß und ein wenig Grün traten Kuba, Kolumbien und Österreich auf. Kuba hatte den heutigen Reigen um elf eröffnet. Immer der gleiche Ablauf:

Ehrenzug kommt, Botschafter wird vorgefahren, kurzes militärisches Zeremoniell, Botschafter trägt sich ins Gästebuch des Schlosses ein, Botschafter und alle anderen gehen in die zweite Etage, Akkreditierungs-Schreiben wird an den Bundespräsidenten übergeben, Foto vor der flauschigen Fahne mit Bundesadler, Gespräch des Präsidenten mit dem Botschafter, Ehrenzug geht und kommt wieder, Delegation unterschreibt im Gästebuch, Delegation bekommt Erfrischungsgetränke, Gruppenfoto, Flagge wird gehisst, Botschafter und Delegation werden verabschiedet, Botschaftsleute steigen in die Fahrzeuge und rauschen vom Platz - Next!

Österreich - Botschafter Peter Huber akkreditiert
Österreich - Botschafter Peter Huber akkreditiert
Zwei Stunden für vier Botschafter: Ramón Ignazio Ripoll Díaz aus Kuba, Maria Elvira Pombo aus Kolumbien und Peter Huber aus Österreich. Letzterer versprühte jugendlichen Charme, mal ganz abgesehen vom Wiener Charme, den die gesamte Delegation ausstrahlte. Der Name Huber ist in Österreich ein ähnlicher Sammelbegriff wie Müller in Deutschland. In Kombination mit Peter oder Michael ist eine Verwechslung vorprogrammiert. Peter Huber gilt als Vertrauter von ÖVP-Chef Sebastian Kurz. Man habe "Frau Merkel keinen Roten schicken" können. Deutschland gilt neben Brüssel als zweitwichtigster Diplomatenposten.

Kolumbien - Botschafterin Maria Elvira Pombo akkreditiert
Kolumbien - Botschafterin Maria Elvira Pombo akkreditiert
Die Geschichte von Maria Elvira Pombo - Botschafterin Kolumbiens - lässt sich in wenigen Worten zusammenfassen: Sie war vorher als Diplomatin in Brasilien tätig und hat einen starken Fokus auf Handel, Investitionen und Tourismus. Kolumbien wird hierzulande vorwiegend mit organisierter Kriminalität, Drogen und Fußball in Verbindung gebracht. Seien wir gespannt, welche Akzente Frau Pombo setzen wird.

Kuba - Botschafter Ripoll Díaz akkreditiert
Kuba - Botschafter Ripoll Díaz akkreditiert
Die Recherchen zu Ramón Ignacio Ripoll Díaz gestalteten sich deutlich aufwendiger. Deshalb sei an dieser Stelle erwähnt, dass er einst als Direktor der kubanischen Handelskammer fungierte. Was den Kurs Kubas betrifft, lässt sich das gut mit einem offiziellen Zitat vom 16. Juni 2017 zusammenfassen: "Wie wir es seit dem Sieg vom 1. Januar 1959 gehalten haben, werden wir kein Risiko scheuen und weiter fest und sicher am Aufbau einer souveränen, unabhängigen, sozialistischen, demokratischen, gedeihlichen und nachhaltigen Nation arbeiten."

Gegen 13:00 Uhr marschierte der Ehrenzug des Wachbataillons das fünfte Mal vom Platz: "Rechts um!", Klack, Klack, Klack, Klack - gleichmäßig testeten die Stiefel die Widerstandskraft des Pflasters. Abschied und Adventswünsche. Dann ging es zum nächsten Termin.

Video:
Akkreditierung der Botschafter von Kuba, Lesotho, Kolumbien und Österreich

Autor: Matthias Baumann

Freitag, 15. Dezember 2017

70 Jahre Israel - Bundespräsident zündet Chanukka-Kerzen an

"Shomea", sprach der Mann mit dem dunklen Anzug und der Krawatte in sein Sprechfunk-Gerät. "Ich höre", hätte sein deutscher Kollege gesagt. Neben dem Eingang mit der verglasten Security-Check-Box wies ein großes Schild darauf hin, dass das Fotografieren verboten sei. Die Leute vor mir in der Schlange trugen große Kameras und Stative.

70 Jahre Israel - Bundespräsident zündet Chanukka-Kerzen an
Relativ kurzfristig hatte der israelische Botschafter in die Residenz eingeladen. Es sollten Chanukka-Kerzen angezündet werden, der Pianist Itay Dvori war engagiert, Petra Pau und Friede Springer waren eingeladen und der Bundespräsident sollte eine Rede zu 70 Jahren Israel halten.

Israel ist schon etwas Besonderes. Rechnet man die Lebensalter und Geburtsjahre der biblischen Patriarchen nach, so wurde Abraham im Jahr 1948 nach Weltschöpfung geboren. Der Staat Israel in der heutigen Form erlangte 1948 seine Unabhängigkeit vom britischen Mandat.

Als einzig demokratischer Staat im Nahen Osten wird Israel permanent bedrängt und mit übelsten Calumniationen konfrontiert. Dennoch ging der kleine David in den letzten 70 Jahren immer erfolgreich aus den Konflikten mit seinen übermächtigen Nachbarn hervor. Der historische Goliath war Palästinenser. Ein Konflikt, dessen Start bis auf die Zeit Isaaks, des Sohnes Abrahams, zurückdatiert werden kann (1. Mose 26, 14-15): "Darum beneideten ihn die Philister. Und die Philister verstopften alle Brunnen."

Zahlen spielen in der Bibel eine große Rolle und eine Beschäftigung damit ist eine Wissenschaft für sich. So gilt die 70 als eine Zahl der Vollständigkeit. Sie enthält die göttliche Sieben multipliziert mit der Zehn, die für die Verantwortlichkeit des Menschen steht. Aber zurück zum heutigen Anlass:

"Belt", forderte der Mann am Einlass. Nachdem ich Gürtel (Belt), Uhr, Kamera, Sakko, Mantel und Schlüssel in eine Box geworfen hatte, passierte ich ohne Tüdeln die Personenschranke. Ich bekam meine Habseligkeiten in die Hand gedrückt und durfte den Weg in die Residenz des Botschafters fortsetzen. Die Hose rutschte und wurde kurz vor dem unentwegt Hände schüttelnden Jeremy Issacharoff per Belt - pardon Gürtel - fixiert.

Es war voll, sehr voll. Vielleicht war aber auch einfach nur der Raum zu klein. An den Wänden hingen Gemälde, die gelegentlich mit den Stativen der Pressevertreter in Berührung kamen. Itay Dvori quetschte sich an mir vorbei und bat die umstehenden Besucher um ein wenig Bewegungsfreiheit. Er hatte sogar das grüne Band der Security abnehmen dürfen. Meines klebte auf den Haaren des Handrückens.

"Vakkasha ...", kamen die ersten Ansagen von der Handtuch-großen Freifläche zwischen Klavier und Rednerpult. In der ersten Reihe hatten sich unter anderem Friede Springer und Petra Pau aufgestellt. Daneben ein Rabbiner mit Bart und typischer Kleidung. Im Zentrum der Freifläche befand sich ein Tisch mit Chanukka-Leuchter und eine Roll-Blende mit Hinweis auf "70 Jahre Israel". Kurz vor neun stieß eine Dame im Vorbeigehen an den Leuchter und konnte im letzten Moment noch den finalen Fall der vier Kerzen verhindern.

70 Jahre Israel - Bundespräsident zündet Chanukka-Kerzen an
Chanukka - 70 Jahre Israel - Bundespräsident Steinmeier und der israelische Botschafter Jeremy Issacharoff
Pünktlich um neun drängten sich der Bundespräsident und seine Gattin durch die Gäste. Der Pianist stimmte das erste Lied an: "Halleluja". Dann wurden die aktuell relevanten Kerzen entzündet. Frank-Walter Steinmeier durfte das tun, während der Botschafter das "Baruch Adonai" sang. Viele der Gäste wirkten bewegt. Ich filmte die Szene.

In der anschließenden Rede ging der Bundespräsident ohne Umschweife auf die verbrannten israelischen Fahnen auf deutschen Plätzen ein. Er wertete das als einen Angriff auf unser Demokratieverständnis. Die Entscheidung des US-Präsidenten, Jerusalem als Hauptstadt Israels anzuerkennen, sei jedoch als Beitrag für einen friedlichen Nahen Osten zu bezweifeln.

Es folgte eine kurze Rede des Botschafters und Klavierstücke - darunter auch "Tochter Zion". Das passte gut an diesem Ort. Dann war der presseöffentliche Teil zu Ende, so dass ich hier leider nicht erwähnen darf, wer sich mit wem per Smartphone ablichten lassen wollte und welche israelischen Spezialitäten beim Empfang gereicht wurden. Aus gut unterrichteten Kreisen war zu vernehmen, dass es leckere aber "fettige Krapfen" gab.

Der Bundespräsident hatte nicht viel Zeit. Ab elf Uhr standen Botschafter-Akkreditierungen im Schloss Bellevue an. Ich fuhr schon mal vor.

Video:
Bundespräsident zu Gast in der Residenz des israelischen Botschafters

Autor: Matthias Baumann

Dienstag, 12. Dezember 2017

Angehörige von Angehörigen der Bundeswehr und der Polizei im Auslandseinsatz empfangen

Ganze sechs Minuten hatte der Termin gedauert. Die Kanzlerin kam, begrüßte die Angehörigen, sprach einige Worte, stellte sich ins Gruppenfoto und ging.

Nach Monaten des Stillstands kommt so langsam wieder Bewegung ins Tagesgeschäft der Bundesregierung. Beim Empfang der Angehörigen von Angehörigen der Bundeswehr und der Polizei im Auslandseinsatz hätte auch die Verteidigungsministerin dabei sein sollen. Sie war jedoch von der Kanzlerin gebeten worden, die anstehenden Entscheidungen im Reichstag zu begleiten.

Angehörige der Angehörigen der Bundeswehr und der Polizei im Auslandseinsatz von Angela Merkel empfangen
Angehörige der Angehörigen der Bundeswehr und der Polizei im Auslandseinsatz von Angela Merkel empfangen
Der Innenminister und der Generalinspekteur waren jedoch zur Begrüßung der Gäste erschienen. Es hat schon Tradition, kurz vor Weihnachten Angehörige der abwesenden Soldaten und Polizisten ins Kanzleramt einzuladen. Der Mix wird von Jahr zu Jahr bunter. Diesmal:

  • Resolute Support in Afghanistan
  • KFOR im Kosovo
  • Einsatz gegen IS mit Stationierung in Jordanien und Kuwait
  • Ausbildungszentrum im Nord-Irak
  • EUNAVFOR MED alias Sophia im Mittelmeer
  • MINUSMA und EUTM in Mali
  • UNAMID im Süd-Sudan

Das Einsatzführungskommando unter Leitung von Generalleutnant Pfeffer koordiniert zurzeit 15 Auslandseinsätze. Die Gäste standen stellvertretend für alle Auslandseinsätze auf der halbrunden und ebenfalls nicht ganz ungefährlichen Treppe der Skylobby. Hinzu kamen Angehörige der Angehörigen ausgewählter Einsatzkontingente der Polizei:

  • UNAMID im Sudan
  • EU-Beobachtungsmission in Georgien
  • German Police Protection Team in Afghanistan
  • Deutsche Botschaft in Bagdad (Irak)

Die etwa 50 Familien-Angehörigen inklusive ihrer 11 Kinder erlebten heute eine Führung durch das Kanzleramt. Danach sahen sie für sechs Minuten die Kanzlerin. Diese dankte den Angehörigen und lobte die verantwortungsvolle Tätigkeit von Eltern und Partnern im Auslandseinsatz. Sie stellte den humanitären Aspekt der Missionen heraus und warb um einen positiven Blick auf die Situation in Deutschland.

Angehörige der Angehörigen der Bundeswehr und der Polizei im Auslandseinsatz von Angela Merkel empfangen
Blick aus der Skylobby im 7. OG des Kanzleramtes auf den Ehrenhof
Um 11:07 Uhr konnte ein Foto der leeren Skylobby im 7. Obergeschoss aufgenommen werden. Die Stimmen der Gäste verhallten und die Presse begab sich zu den runden Fahrstühlen.

Video:
Angehörige von Angehörigen der Bundeswehr und der Polizei im Kanzleramt

Autor: Matthias Baumann

Donnerstag, 7. Dezember 2017

Libyens Ministerpräsident von Angela Merkel empfangen

Fragil - so könnte wohl am besten die Lage in Libyen charakterisiert werden. Nachdem der libysche Diktator dem Arabischen Frühling zum Opfer gefallen war, kochen in Libyen viele Gruppierungen ihr eigenes Süppchen. Unterstützt dabei werden sie von Ägypten, Russland, arabischen Staaten oder Europa.

Libyens Ministerpräsident Fayiz as-Sarradsch Berlin
Libyens Ministerpräsident Fayiz as-Sarradsch zu Gesprächen in Berlin
Europa braucht Libyen als Filter gegen einen ungebremsten Zuzug. Libyen war dafür bekannt, eine Vielzahl von Flüchtlingen aus dem Süden aufzufangen und wirtschaftlich zu verwerten. Diese Verwertung schließt wohl auch modernen Sklavenhandel ein. Nun geht ein Aufschrei durch Europa, der außer Absichtserklärungen jedoch keine weiteren Auswirkungen haben sollte. Denn viel zu wichtig ist die Zuzugsbremse Libyen.

Beim heutigen Gespräch mit Ministerpräsident Fayiz as-Sarradsch im Bundeskanzleramt wurde Klartext geredet. Das Sklaven-Thema wurde angesprochen und ein kooperativer Zugang zu den Flüchtlingslagern eingefordert. Im Auswärtigen Amt wurden Verträge zur Verbesserung der wirtschaftlichen Situation des Landes unterzeichnet. Libyen solle dadurch unabhängiger von den Interessen anderer Staaten werden.

Libyens Ministerpräsident Fayiz as-Sarradsch Berlin
Libyens Ministerpräsident Fayiz as-Sarradsch bei Bundeskanzlerin Angela Merkel
Der 57-jährige Fayiz as-Sarradsch gilt im regionalen Ost-West-Konflikt als neutraler Akteur. Bereits sein Vater war Minister. Er selbst wurde 2012 Mitglied des Parlaments und 2014 zum Bauminister ernannt. Im Oktober 2015 wurde der parteilose Fayiz as-Sarradsch zum Ministerpräsidenten gewählt. Allerdings gewann das Parlament erst am 15. März 2016 die internationale Anerkennung.

Video:
Begrüßung des Ministerpräsidenten Libyens mit militärischen Ehren

Autor: Matthias Baumann

Freitag, 1. Dezember 2017

Bundesverfassungsgericht: Christ erscheint vor dem 1. Advent

Der Wechsel am Verfassungsgericht bietet eine verbale Steilvorlage für eine Predigt zum ersten Advent. Das Thema könnte lauten: "Schluckebier geht - Christ kommt".

Dr. Wilhelm Schluckebier war seit Oktober 2006 Richter am Bundesverfassungsgericht. Fristgerecht hatte er damals Evelyn Haas abgelöst. Die Amtszeit ist auf 12 Jahre begrenzt. Der 1949 in Hessen geborene Schluckebier wurde heute vorzeitig entlassen, da er vor wenigen Tagen das 68. Lebensjahr vollendet hatte. Somit unterliegt er dem Dämpfungsfaktor Alter. Eine charmante Regelung, die auch in anderen Gesellschaftsbereichen Schule machen könnte.

Wechsel beim Bundesverfassungsgericht Schluckebier Christ
Wechsel beim Bundesverfassungsgericht - Wilhelm Schluckebier durch Josef Christ abgelöst
Beim Wort Entlassung zuckt der gemeine Arbeitnehmer zusammen. Im Falle von Ministern und Verfassungsrichtern handelt es sich um einen formaljuristischen Begriff, der von seichten Gemütern auch als Ablösung oder Wechsel umschrieben werden könnte.

Wechsel beim Bundesverfassungsgericht Schluckebier Christ
Wechsel beim Bundesverfassungsgericht - Verleihung des Verdienstkreuzes an Dr. Wilhelm Schluckebier (rechts)
Als Entschädigung für die Entlassung verlieh ihm der Bundespräsident heute das Große Verdienstkreuz mit Stern und Schulterband des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland. Er hatte sich in den letzten 11 Jahren mit vielen neuen Themen wie Kopftücher, Flüchtlinge und dem BKA-Gesetz beschäftigt und dabei besonnen und kompetent agiert.

Wechsel beim Bundesverfassungsgericht Schluckebier Christ
Wechsel beim Bundesverfassungsgericht - Dr. Wilhelm Schluckebier mit Verdienstkreuz
Schluckebiers Nachfolger, Josef Christ, ist der erste Verfassungsrichter, der nicht durch einen 12-köpfigen Wahlausschuss, sondern durch das Plenum des Bundestages - mit einer Mehrheit von zwei Dritteln - gewählt wurde. Das geschah bereits am 5. September 2017. Die juristischen Schwerpunkte von Josef Christ sind Wirtschaftsverwaltung und Vermögensfragen. Sein Vorgänger war Strafrechtler.

Wechsel beim Bundesverfassungsgericht Schluckebier Christ
Wechsel beim Bundesverfassungsgericht - Vereidigung von Josef Christ
Josef Christ gilt als konservativ und gewissenhaft. Seine bisherigen Entscheidungen zeigen wirtschaftliches Denken. Seine dienstliche Nähe zu 4.0-Aktivist Günther Oettinger bedingt auch Kompetenzen bei Big Data und ähnlichen Themen. Christ stammt aus dem südlichsten Süden Süddeutschlands - so südlich, dass jeden Morgen die Frage im Raum gestanden haben muss, ob die Weckle in der Schweiz oder in Österreich gekauft werden. Der Norden wäre keine dauerhafte Option für ihn. Seine Familie spielt nur bei einer Verwendung im heimischen Karlsruhe mit.

Weihnachtsbaum Mühlenau-Grundschule Berlin-Dahlem
Weihnachtsbaum-Beleuchtung eingeschaltet durch Viertklässler der Mühlenau-Grundschule Berlin-Dahlem
Zur besonderen Abrundung der heutigen Advents-Einstimmung wurde am Nachmittag der Weihnachtsbaum vor dem Schloss Bellevue illuminiert - zu Deutsch: die Lichter wurden eingeschaltet. Dafür stand ein großer Taster in den Bundesfarben zur Verfügung - neudeutsch Buzzer.

Die beim Einschalten des Lichtes helfenden Kinder kamen aus der Mühlenau-Grundschule in Berlin-Dahlem. Der Bundespräsident und seine Gattin kamen aus dem Schloss und die 13 Meter hohe Fichte kam aus dem Landkreis Lippe. Mit Baum und Kindern wurde eine heimatliche Brücke geschlagen zwischen Kindheit und Gegenwart des Bundespräsidenten. Frank-Walter Steinmeier drückte den Knopf zusammen mit der Kleinsten der Viertklässler. Vor den Linsen vieler Kameras ging das Licht an. Danach wurde heißer Kakao gereicht.

Video:
Guten Tag Herr Bundespräsident und Frau Büdenbender!
Wechsel beim Bundesverfassungsgericht und Einschalten des Lichtes beim Weihnachtsbaum

Autor: Matthias Baumann

Montag, 27. November 2017

Botschafterin Malaysias akkreditiert

Insider wissen zu berichten, dass es in Malaysia immer etwas zu feiern gibt. Die schätzungsweise 31 Millionen Einwohner des Halbinsel-Staates setzen sich aus vielen Volksgruppen zusammen und haben entsprechend viele Feiertage, die gerne wechselseitig begangen werden.

Botschafterin Malaysia Sarah Devadason Bundespräsident
Malaysias Botschafterin Sarah Devadason und Bundespräsident Steinmeier
Etwa die Hälfte der Bevölkerung besteht aus Malayen, ein Viertel aus Chinesen und ansonsten aus indigenen Völkern, Indern und Sonstigen. Das Bevölkerungswachstum ist mit 1,6% enorm. Ein Drittel der Menschen ist unter 15 Jahren. Auch wenn Europäer und Chinesen den zahlenmäßig kleineren Teil ausmachen, sind sie doch entscheidend an der wirtschaftlichen Entwicklung des Landes beteiligt. Politisch dominiert der sunnitische Islam, was sich auch in der Bevorzugung entsprechender Personengruppen äußert. Der Islam wurde bereits im 14. Jahrhundert nach Malaysia importiert, dann jedoch von Europäern mit Kolonial-Interessen verdrängt.

Botschafterin Malaysia Sarah Devadason Bundespräsident
Botschafterin Malaysias akkreditiert - kurz vor dem Hissen der Flagge Malaysias
Malaysia hat vor 60 Jahren seine Unabhängigkeit vom Vereinigten Königreich gewonnen und praktiziert eine konstitutionelle Wahl-Monarchie. Praktisch sieht das so aus, dass alle fünf Jahre aus den neun Sultanen im Rotationsprinzip - vergleichbar mit unserem Bundesrat - ein König ausgewählt wird. Der König entspricht dann dem Status unseres Bundespräsidenten. Malaysia ist Mitglied des Commonwealth. Dadurch hat Großbritannien immer noch ein Auge auf diesen Staat.

Malaysia liegt zwischen China und Australien. Daraus ergibt sich eine strategisch wichtige Bedeutung in der Region. Bundespräsident Steinmeier bereiste Anfang November einige Länder auf der anderen Seite des Globus.

Botschafterin Malaysia Sarah Devadason Bundespräsident
Botschafterin Malaysias - Sarah Nava Rani Al Bakri Devadason
Heute wurde die neue Botschafterin Malaysias im Schloss Bellevue akkreditiert. Ihr Name stellte eine gewisse Herausforderung für den Zeilenumbruch im Gästebuch des Schlosses dar: "Frau Sarah Nava Rani Al Bakri Devadason". Unterzeichnet hat sie mit "Sarah Devadason". Ansonsten wäre wohl kein Platz mehr für die Unterschriften ihrer umfangreichen Delegation gewesen. Nach dem kurzen Gespräch mit Frank-Walter Steinmeier gab es einen Empfang in der Botschaft. Wieder ein Grund, etwas zu feiern.

Botschafterin Malaysia Sarah Devadason Bundespräsident
Botschafterin Malaysias - Gästebuch des Schlosses Bellevue
Frau Devadason ist die 21. Vertreterin Malaysias in der Bundesrepublik und gleichzeitig die erste Frau in dieser Position. Diplomatische Erfahrungen hatte sie bei der UN und bei ASEAN in Jakarta gesammelt.

Video:
Malaysias Botschafterin Sarah Devadason im Schloss Bellevue akkreditiert

Autor: Matthias Baumann

Sonntag, 19. November 2017

Volkstrauertag mit Kranzniederlegung in der Neuen Wache

Der Volkstrauertag wurde 1919 - nach dem Ersten Weltkrieg - als Gedenktag vorgeschlagen und erstmalig am 1. März 1925 begangen. Bis 1951 fand der Volkstrauertag im Februar oder März statt - Reminiscere, dem fünften Sonntag vor Ostern. 1952 wurde er auf den zweiten Sonntag vor dem ersten Advent gelegt. Gedacht wird insbesondere an die Menschen, die durch Krieg und Gewalteinwirkung ums Leben gekommen sind.

Im Dritten Reich wurde der Tag auf den 16. März festgelegt. Am 16. März 1935 war die Wehrpflicht reaktiviert worden und damit ein passender Anlass, von der christlichen Zeitrechnung abzuweichen.

Volkstrauertag 2017 Neue Wache Kranzniederlegung
Volkstrauertag 2017 - Neue Wache - Kranzniederlegung
Der Volkstrauertag ist nicht zu verwechseln mit dem Totensonntag. Der Totensonntag - auch Ewigkeitssonntag genannt - ist ein evangelischer Gedenktag an die Verstorbenen - egal, in welcher Form sie abgelebt waren. Der Ewigkeitssonntag findet am letzten Sonntag des Kirchenjahres, also am Sonntag vor dem ersten Advent, statt. So ergibt sich die zeitliche Abfolge: Volkstrauertag, Ewigkeitssonntag, 1.Advent.

Heute gedachten der Bundespräsident, der neue Präsident des Bundestages, der neue Präsident des Bundesrates, die Verteidigungsministerin und weitere Präsidenten, Bürgermeister und der Generalinspekteur der Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft. Dazu legten sie Kränze in der Neuen Wache nieder.

Die Neue Wache wurde vor zwei Wochen neu eröffnet. Es hatten umfangreiche Baumaßnahmen stattgefunden. Das nach Plänen von Karl Friedrich Schinkel und Salomo Sachs errichtete Haus zählt zu den Hauptwerken des deutschen Klassizismus.

Volkstrauertag 2017 Neue Wache Kranzniederlegung
Volkstrauertag 2017 - Neue Wache - Fahnen auf Halbmast
Nach den Umbauten verfügt die Neue Wache nun auch über einen barrierefreien Zugang. Wolfgang Schäuble war heute der erste prominente Gast, der die Barrierefreiheit testen konnte. Das war auch ein wichtiger Moment für die Presseabteilung des Deutschen Historischen Museums.

Das DHM ist für die Neue Wache zuständig und hatte heute seine Fahne auf Halbmast gesetzt. Die Fahnen neben der Neuen Wache und an der Humboldt Universität waren ebenfalls auf Halbmast gesetzt. Nur die Staatsoper scheint nichts mit dem Volkstrauertag anfangen zu können. Vielleicht ist aber auch der Mast zu kurz für Trauerbeflaggung.

Die Ewige Flamme lodert übrigens seit Anfang der 1990er Jahre nicht mehr in der Neuen Wache. Deren Glaskörper steht irgendwo im Magazin und wiegt so viel wie ein voll ausgestatteter BMW 7er. Apropos BMW: Die vorwiegend aus Audi und Mercedes bestehende Fahrzeugkolonne der Regierungsvertreter mit ihren Blaulichtern und Standarten bewegte sich nach der Kranzniederlegung zum Reichstag, wo eine Gedenkstunde stattfinden sollte.

Video:
Kranzniederlegung zum Volkstrauertag 2017 in der Neuen Wache

Autor: Matthias Baumann

Freitag, 10. November 2017

4. Workshop zur Überarbeitung des Traditionserlasses an der BAKS in Berlin

Egal, mit wem ich heute an der Bundesakademie für Sicherheitspolitik (BAKS) sprach, die Erwartungshaltung gegenüber dem vierten und letzten Workshop zur Überarbeitung des Traditionserlasses war gedämpft. In Hamburg, Koblenz und Potsdam war soweit alles gesagt worden. Es zog sich eine rote Linie durch die Argumentation und die Themen. Der für die textliche Neufassung verantwortliche Oberst atmete auf, weil keine neuen Baustellen aufgerissen worden waren.

Das Wachbataillon war wieder nicht dabei. Der Generalinspekteur ließ sich durch Vizeadmiral Rühle vertreten und die Ministerin hatte mit Jamaika zu tun. Eine gemütliche Runde mit Herrschaften der obersten sechs Dienstgrade und viele bekannte Gesichter.


4. Workshop Traditionserlass BAKS Berlin
4. Workshop zum Traditionserlass an der BAKS in Berlin
General Pfeffer und die finale Entscheidung

Aus Zeitgründen musste ich eine Entscheidung treffen: Sektion IV Einsatzarmee mit Generalleutnant Pfeffer oder Sektion I mit einer ressortübergreifenden Traditionsbetrachtung. Beim Antrittsbesuch des Bundespräsidenten hatte ich General Pfeffer im Einsatzführungskommando erlebt. Ein kompetenter Mann, der viele Jahre seiner Dienstzeit bei den Gebirgsjägern verbracht hatte. Er wurde von seinem Presseoffizier begleitet. Der Bundespräsident war heute nicht dabei, hatte aber seinen Oberst zum Workshop geschickt.

Auch wenn der Vortrag von Herrn Pfeffer sicher spannend gewesen wäre, fiel die Entscheidung zugunsten der Sektion I. Traditionswürdige Ereignisse aus den Einsätzen waren bereits bei den vorherigen Workshops entfaltet worden. Sektion I hingegen versprach eine ganz neue Blickrichtung auf das Thema. Es sollten nämlich Bundespolizei, GSG 9 und der BND über ihre Traditionen berichten.

Bundespolizei ohne Tradition

Mathias Schaef von der Bundespolizei begann. Er zeichnete ein nüchternes Bild der Traditionslosigkeit. Die Gründung der Behörde erfolgte 1951 und war damit von jeglicher preußischer oder nationalsozialistischer Vergangenheit abgekoppelt.

Konrad Adenauer sorgte zwar für eine Wiedereingliederung ehemaliger Wehrmachtsangehöriger, aber zur Tradierung vergangener Bräuche reichten diese nicht aus. 1956 wurde die Bundespolizei in die Bundeswehr überführt. 1976 fand eine Rückbesinnung auf den Polizeistatus statt, der mit einer Angleichung von Uniformen und Amtsbezeichnungen einherging. Im Jahr des Mauerfalls gab es den ersten Auslandseinsatz - UNTAG Namibia. Bis 1994 hatten sie Kombattantenstatus, also durften an Kriegshandlungen teilnehmen. Erst vor 12 Jahren wurden sie in Bundespolizei umbenannt.

Diese ständigen Wechsel erklären auch, warum sich kaum eine Traditionslinie entwickeln konnte. Übrigens auch eine Argumentation, die vielfach in den Workshops aufkam. Regimenter werden auseinander gerissen, in "blutleere und technokratische" Worthülsen umbenannt und somit jegliche dauerhafte Identifikation des Soldaten mit seinem Regiment verhindert. Im Auslandseinsatz trifft dann eben ein Einsatzkontingent ein und nicht etwa das 3. Soundso-Regiment mit langjähriger gemeinsamer Kampferfahrung.

Die Motivation ziehe die Bundespolizei laut Mathias Schaef aus den täglichen Erfolgen, der guten Bezahlung, der exzellenten technischen Ausstattung und dem kollegialen Umgang miteinander. Ein hoher Wert sei die "Familie Bundespolizei".

4. Workshop Traditionserlass BAKS Berlin
GSG 9 - Kommandeur Jerome Fuchs beim 4. Workshop zum Traditionserlass an der BAKS in Berlin
Tradition und Stolz der GSG 9

Die GSG 9 ist eine Spezialeinheit der Bundespolizei und auf viele Dinge stolz - auch auf ihre Tradition. Der Name der Grenzschutzgruppe 9 wurde bis heute bewahrt. Er konnte sämtliche Umbenennungswellen überleben. Die Kollegen der GSG 9 reden sich als Kameraden an und sind stolz auf ihre Dienstkleidung. Jerome Fuchs, der Kommandeur der GSG 9, war heute mit seiner dunkelgrünen Tagesuniform erschienen. Damit stach er aus dem üblichen Grau-Schwarz im Saal heraus. Seine Mütze klemmte unter dem Dienstgrad-Abzeichen mit den vier gelben Sternen.

Begeistert erzählte der Kommandeur von seiner Truppe, der technischen Ausstattung, der cleveren Taktik, der zügigen Einsatzverlegung und den flachen Hierarchien. Bei der GSG 9 seien unkonventionelle und kreative Lagelösungen gefragt. Überraschungsmomente seien die Stärke der Gruppe. Während der Bewältigung einer komplexen Lage könne es vorkommen, dass der taktische Leiter kurzzeitig durch einen Grenadier - Anfänger - abgelöst wird, wenn dieser im entscheidenden Moment die beste Idee hat oder an der besseren Position steht. Die GSG 9 rekrutiere ihre Kameraden in einem strengen Auswahlverfahren. Dieses gewichte mehr die Praxiserfahrung als den Schein - den Schein von der Uni.

Jerome Fuchs berichtete von Kameradschaftstreffen und dem Gründungsvater Ulrich Wegener, der mit seinen 88 Jahren immer noch regelmäßig anrufe und sich nach dem Wohlergehen der GSG 9 erkundige. Kommandeur Fuchs ist übrigens der einzige Beamte der GSG 9, der öffentlich in Erscheinung tritt. Alle anderen arbeiten mit verdeckten Identitäten. Deshalb kann auch nur ein Teil der ausgeprägten Traditionen in den öffentlichen Raum gelangen.

Die geheime Tradition des BND

Ebenso verschleiert sind die Identitäten der Mitarbeiter des BND. Das liegt wohl in der Natur eines Nachrichtendienstes. Beim BND gibt es keine Uniformen, keine Abzeichen, keine speziellen Orden. Er ist dem Bundeskanzleramt direkt unterstellt und hat etwa 6.500 Mitarbeiter. 10% davon bilden eine Schnittmenge zur Bundeswehr.

Während die Bundeswehr mit eingezogenem Schwanz um die Vergangenheit vor 1945 herumschleicht, gibt der BND offen zu, dass 30% der Anfangsmitarbeiter aus NS-Personal mit Gestapo- und SD-Erfahrung rekrutiert worden waren. Offiziell wurde der BND am 1. April 1956 als Auslandsnachrichtedienst gegründet. Er ging aus der Organisation Gehlen hervor, die bis dahin unter amerikanischer Regie geführt worden war. Schwerpunkt: Abwehr des Kommunismus.

Wegen der natürlichen Intransparenz gab es bislang nur eine passive Aufbereitung der NS-Vergangenheit. Wobei sich das Thema ja bereits biologisch erledigt haben sollte. Seit 2010 wird intensiv an der Geschichte des BND geforscht und die Wissenschaftler haben laut BND-Historiker Bodo Hechelhammer vollen Aktenzugriff.

Das Bildnis des Gründungsvaters Reinhard Gehlen hänge zu Recht in einigen Räumen des BND. Mit einem Bildersturm würde man sich der Organisationsgeschichte berauben. Der kurz vor Kriegsende zum Generalmajor beförderte Gehlen hatte das Gespür dafür, dass die West-Alliierten seine Dienste und Netzwerke in der Auseinandersetzung mit dem kommunistischen Osten benötigen würden.

Tradition auf Regimentsebene

Nach diesen äußerst divergenten Traditionsverständnissen kam noch die Frage nach Migranten in der Bundeswehr auf. Freiheitliche demokratische Grundordnung war die kurze, aber alles zusammenfassende Antwort darauf. Wenn die FDGO das Leitbild des Migranten darstelle, sei die Zusammenarbeit unproblematisch. Bei der Polizei gehe der Trend ohnehin zu einer Öffnung für Beschäftigte aus EU-Ländern.

Ein ranghoher Offizier wiederholte am Rande der Veranstaltung noch einmal den wichtigen Punkt, den Flottillenadmiral Schneider in Hamburg eingebracht hatte: Beispiele statt Vorbilder! Tradierung des fachlichen Geschicks statt einer Person mit all ihren Schwächen und politischen Gesinnungen. Der neue Traditionserlass solle zudem nicht von oben diktiert, sondern auf Regimentsebene in einer persönlicher Beziehung zu der jeweiligen Tradition gelebt werden.

Autor: Matthias Baumann

Sonntag, 5. November 2017

Berlin Tattoo 2017 - ein internationaler Zapfenstreich

"Lässt sich Mike tätowieren?", fragte mein Sohn. Ein Kollege meiner Frau hatte Karten für eine der drei Vorstellungen von Berlin Tattoo 2017 gekauft. Für die besten Plätze natürlich - immerhin wollten die angehenden Schwiegereltern mitkommen. Die Tickets kosteten zwischen 21 und 63 Euro.

In unserem Kontext hat Tattoo nichts mit der Änderung der Hautfarbe zu tun, sondern bezieht sich auf das niederländische "Doe den tap toe!" - zu Deutsch "Mach den Hahn zu!" oder besser noch "Zapfenstreich".

Berlin Tattoo 2017
Berlin Tattoo 2017 - Pipes & Drums
Bereits eine Stunde vor Beginn hatte sich ein Herr von Freunden der Militärmusik vor der Max-Schmeling-Halle eingefunden. Pünktlichkeit ist schließlich eine der Tugenden, die auch die Bundeswehr als erstes ihren Leuten antrainiert. Mit insgesamt 16.500 Besuchern waren die Erwartungen der Veranstalter mehr als erfüllt. Berlin Tattoo war nach dem Zweiten Weltkrieg zunächst von den Briten organisiert worden, danach vom Land Berlin und inzwischen von einem privaten Träger: Musikparade GmbH aus Oldenburg.

Berlin Tattoo 2017
Berlin Tattoo 2017
Die Besucher hatten ein Durchschnittsalter von Mitte 50 und waren aus ganz Deutschland angereist. Fast alle Besucher waren bereits im Besitz ihrer Karten, so dass die Dame an der Tageskasse kaum etwas zu tun hatte. Pressesprecherin Vera Jansen-Cornette wusste zu berichten, dass die Tickets schon ein Jahr im Voraus gebucht werden. Für Berlin Tattoo 2018 habe der Verkauf bereits begonnen.

Ich mengte mich unter das Volk und sondierte die beste Kameraposition. Immer mehr Menschen strömten in die Halle. "Geht das mit der Treppe?", fragte die Ordnerin neben mir und bot einer älteren Dame die Begleitung auf ihren Platz an. Das wiederholte sich mehrfach. Pünktlich ging das Licht aus und die Show begann.

Berlin Tattoo 2017
Berlin Tattoo 2017
Berlin Tattoo zeigte, dass das gewohnte Schmalspur-Repertoire der Untermalung von Staatsbesuchen durch das Talent der Musiker weit übertroffen werden kann. So wurden wir Zeugen einer Show der militär-musikalischen Superlative. Männer, die Multitasking beherrschten und sich beim Trommeln oder Trompeten in choreografischen Abläufen bewegen konnten. Ich war fasziniert und mit mir die vielen tausend Besucher im Saal.

Berlin Tattoo 2017
Uniformierte spielten und bewegten sich zu "Highway to Hell" oder "Thriller". Die sonst so steifen Tambourmajore fügten sich in die Bewegungsabläufe ein und zeigten sich von ihrer kontemporären Seite. Pyrotechnik, Lichtspiele, Konfetti unterstützten die Darbietungen.

Einige Ensembles hatten Tänzerinnen oder Geiger mitgebracht. Andere glänzten mit vielen Blasinstrumenten und 160 Schritten pro Minute. Die Highlights waren die schottischen Pipes & Drums, die Frauenpower von der Crazy Drummers Union und das Finale mit allen 700 Künstlern aus 10 Nationen. Letztere spielten konzertiert mehrere Stücke. Als eine große Europa-Fahne hereingetragen wurde, brach Jubel im Saal aus.

Berlin Tattoo 2017
Berlin Tattoo 2017 - Finale mit 700 Musikern aus 10 Nationen
Kein Platzkonzert und kein Berlin Tattoo ohne das typische Abschlusslied: "Berliner Luft". Begeistert verließen die Besucher die Max-Schmeling-Halle. Drei Stunden Militär-Musik inklusive 15-minütiger Pause waren für die 21 bis 63 Euro geboten worden. Das hatte sich wirklich gelohnt.

Video:
Impressionen aus drei Stunden Berlin Tattoo 2017

Autor: Matthias Baumann

Donnerstag, 12. Oktober 2017

3. Workshop zur Überarbeitung des Traditionserlasses am ZMSBw in Potsdam

Am ZMSBw ging es heute ans Eingemachte. In zwei Blöcken wurde die deutsche Militärgeschichte vor 1933 sowie nach 1933 diskutiert. Chronologisch korrekt war die Geschichte vor 1933 auf den Vormittag gelegt worden und die Geschichte nach 1933 auf den Nachmittag.

Die Ministerin war schon zum ersten Block erschienen und hatte mit regem Interesse zugehört. Auch der Generalinspekteur saß in der ersten Reihe des Auditoriums. Gruppenarbeiten wie in Hamburg waren diesmal nicht vorgesehen. Dafür gab es jeweils einen Impulsvortrag und geplante Kommentare, die auch als Vortrag hätten durchgehen können, so sie nicht aktiv auf den Vorredner eingegangen wären.

3. Workshop zum Traditionserlass am ZMSBw in Potsdam
3. Workshop zum Traditionserlass - Kommentator Dr. Christian Hartmann vom Institut für Zeitgeschichte München
Bedingt durch Herkunft und Berufsschwerpunkt der Diskutanten ging es wieder sehr kontrovers zu. Jeder setzte eigene Akzente bei der Betrachtung des Themas. Theoretiker und Praktiker kamen zu Wort. Es nütze nichts, wenn sich eine "elitäre Gruppe Intellektueller" treffe und Tradition von oben herab diktiere. Die Truppe müsse einbezogen werden.

Wehrmacht lebt subcutan weiter

So sei insbesondere bei Panzergrenadieren eine tiefe Verbundenheit mit der Wehrmacht zu verzeichnen. Das ist auch der Ministerin bewusst. Auf Befehl lasse sich das zwar in den Untergrund verlegen, schwinge aber im Bewusstsein der Soldaten weiterhin mit. Da wir uns auf intellektuell hohem Niveau bewegten, fiel das Wort subcutan (unter der Haut).

Der Argumentation des ersten Workshops in Hamburg folgend wurde das deutsche Wort Opfer in die lateinischen Begriffe victima und sacrificium zerlegt. Der Deutsche gehe immer noch als Victima (passives Opfer wie z.B. bei einem Unfall) mit der Geschichte um und verliere dadurch den Blick auf das wertvolle Sacrificium (bewusstes Opfer für ein höheres Ziel). Brigadegeneral Sollfrank vom Kommando Spezialkräfte in Calw stellte deshalb - durchaus provokant - handwerklich gelungene Einsätze der Wehrmacht vor. Zuvor hatte Prof. Wolffsohn die Betrachtung der Wehrmacht in Ethik und Funktion gesplittet. Demnach sei die Ethik der Wehrmacht abzulehnen. Ihre funktionale Professionalität sei jedoch noch heute Teil der militärischen Lehrpläne.

Vorbilder und ethische Grundsätze

Durch die bekannte Victima-Blockade erlebe die Truppe ein traditionelles Vakuum, das ausgeglichen werden müsse. Werde kein passendes Beispiel geliefert, komme es oft zur Befüllung mit falschen Vorbildern.

Brigadegeneral Sollfrank nannte einige Grundsätze, die in seiner Einheit gelten:

  • Ehre
  • Mut
  • Loyalität
  • Integrität
  • Entschlossenheit
  • Tapferkeit

Was sagt die Bibel?

Interessant waren auch die mehrfach einfließenden Grundlagen aus der Bibel. Das Tötungsverbot aus den 10 Geboten (2. Mose 20, 13) beziehe sich auf das Morden aus niederen Beweggründen. Aus dem ethischen Kontext des Alten Testamentes gehe jedoch hervor, dass zwischen Morden und Töten differenziert werde. Gekrönt wurden die Ausführungen mit dem Hinweis, dass Jesus als Sohn Davids bezeichnet wurde. David sei zunächst Räuberhauptmann, dann Kämpfer und später sogar Mörder gewesen (2. Samuel 11, 14-27). Ethisch konnte er das jedoch gerade biegen, da er den Mord an Uria bereut und um Vergebung gebeten habe.

Der darauf folgende Kommentator untermauerte das mit einer weiteren Bibelstelle aus 1. Samuel 15. Darin geht es um den ersten israelischen König Saul, der die Amalekiter vernichten soll. Er tötet allerdings nur die Männer und das minderwertige Vieh. Die Frauen, den König und die Wertsachen verschont er. Hier entstehe der Eindruck einer humanitären Maßnahme. Tatsächlich sei das aber ein Akt der Habsucht Sauls gewesen. Kurz darauf wird Saul durch den oben erwähnten David ersetzt.

Islam in der Bundeswehr

Der Traditionserlass muss in diesem Zusammenhang noch eine weitere Kennziffer berücksichtigen: 1/6 der Bundeswehr sei inzwischen durch Menschen mit Migrationshintergrund besetzt. Diese bringen unter anderem auch islamische Denkstrukturen mit. Hier sei ein Verweis auf die Trennung von Politik und Religion angebracht.

3. Workshop zum Traditionserlass am ZMSBw in Potsdam
3. Workshop zum Traditionserlass am ZMSBw in Potsdam
Aber zurück zur postheroischen Gesellschaft Deutschlands:

Im Saal fehlte die Zielgruppe. Dienststellen mit ständigen Anfragen zum richtigen Verhalten versuchten Antworten aus den Diskussionen zu extrahieren. Wie kommt es zur Verbindung des separaten Stranges Ethik mit dem separaten Strang Handwerk? Wie interagieren diese Stränge und wie können sie in den Köpfen und Handlungsmustern der Soldaten miteinander verzahnt werden? Wird der neue Traditionserlass überhaupt praxistauglich sein?

Fragen über Fragen und ein Ringen um nutzbare Ergebnisse. Als Außenstehender war ich davon beeindruckt, mit welcher Wertschätzung auch sehr unterschiedliche Standpunkte diskutiert werden konnten. Ich war davon beeindruckt, dass hochrangige Offiziere ein glaubhaftes Interesse am Dialog mit der Truppe haben und die Umsetzung des neuen Traditionserlasses gerne bis in die untersten Hierarchie-Ebenen verwirklicht sehen möchten. Nicht per Befehl, sondern als verinnerlichte ethische Grundlage zur Ausübung des Handwerks.

Autor: Matthias Baumann

Montag, 9. Oktober 2017

Bundespräsident Steinmeier besucht Papst Franziskus im Vatikan

Die Rettungsgasse beherrschen die Römer. Mit Blaulicht und Tonsignal donnerten unsere Fahrzeuge über die holperige und enge Via Appia gen City. Ampeln hinderten uns nicht an der Weiterfahrt. Hier und da versuchte sich eine Vespa in die Kolonne einzureihen und wurde dann schroff von dekorativen Motorrad-Polizisten abgefangen. Dekorativ waren auch die Alfa Romeos des zivilen Personenschutzes und natürlich unser schwarzer Kleinbus mit den verdunkelten Scheiben.

Allein der Bundespräsident und seine Gattin saßen in einem bis 2009 hergestellten BMW 5er in Sterlinggrau mit Panzerung und blasig verklebten Fondscheiben. Insgesamt wohl das unspektakulärste Fahrzeug unseres Korsos. Am Abend wurde es durch einen eleganten Lancia ersetzt.

Bundespräsident Steinmeier Vatikan Papst-Audienz Rom
Fahrzeug-Kolonne auf dem Weg in die City von Rom
Der zentrale Termin des Rom-Besuchs war eine Privataudienz bei Papst Franziskus in der Privatbibliothek des Apostolischen Palastes. Generell kam die Rom-Visite des Bundespräsidenten zu 100% der momentan so oft geforderten Erhaltung des Christlichen Abendlandes entgegen. Nur der Empfang in der Residenz der Botschafterin beim Heiligen Stuhl war vielleicht ein weltlicher Akt. Aber der Reihe nach:

Bundespräsident Steinmeier Vatikan Papst-Audienz Rom
Elke Büdenbender und Frank-Walter Steinmeier auf dem Flug nach Rom
Noch im Flugzeug hatte Frank-Walter Steinmeier mit einem Textmarker seine Reden vorbereitet. Seine Frau saß am Fenster und hatte ebenfalls einige Papiere vor sich. Direkt nach der Ankunft in Rom stand ein Besuch der evangelischen Christuskirche in der Via Sicilia 70 auf dem Programm. Während die Fotografen über die knarzende Empore schlichen und gelegentlich einen der Stühle umrissen, begrüßte Botschafterin Annette Schavan die Gemeinde und übergab dann das Wort an den Präsidenten.

An diesem würdigen Ort deutscher Reformation im geografischen Zentrum des Katholizismus konnte er noch einmal für 500 Jahre Martin Luther werben. Nichts sei in Europa so beständig wie die permanenten Reformationen. In der Christuskirche wurde Deutsch gesprochen. Am Eingang stand ein überdimensionierter Playmobil-Luther mit einer Plastik-Bibel in der Hand.

Bundespräsident Steinmeier Vatikan Papst-Audienz Rom
Frank-Walter Steinmeier bei seiner Rede in der Christuskirche
Leider gab es in der Christuskirche kein WC innerhalb unseres Bewegungs-Radiusses. So waren die Presseleute froh, dass sie zum Hotel gebracht wurden und nicht zum Empfang in den Garten der Kirche oder gar zum Abendessen in der Residenz der Botschafterin eingeladen waren.

In unmittelbarer Nähe des Hotels des Bundespräsidenten checkten wir ein und verabredeten uns zu einem Abendspaziergang durch die City. Wir waren fasziniert vom bunten Treiben auf den Straßen und von den Details an und in den viele hundert Jahre alten Gebäuden. Die Spanische Treppe lag 600 Meter von unserem Hotel entfernt und bot einen interessanten Blick auf das nächtliche Rom. Den Abend ließen wir auf der Dachterrasse des Valadier ausklingen.

Bundespräsident Steinmeier Vatikan Papst-Audienz Rom
Nächtliches Spiegelungsfoto auf der Dachterrasse des Hotels Valadier
Am Morgen ging es straff im Plan weiter. Koffer packen, Check-out, Briefmarken kaufen, Koffer dem Gepäckmeister übergeben und pünktlich den schwarzen Bus mit den Presse-Schildern besetzen. Bereits am Flughafen hatten wir erfahren, dass nur einige Redakteure der Audienz beiwohnen können. Diese seien per Los ermittelt worden. Von den vier mitgereisten Fotografen wurde nur der Offizielle der Bundesregierung in die heiligen Hallen des Heiligen Stuhls eingelassen. Platz sei zwar genug und die mitreisenden Regierungsmitarbeiter versuchten ihr Bestes, jedoch bestimmte der Vatikan die Anzahl und Zugehörigkeit der Kameras.

Bundespräsident Steinmeier Vatikan Papst-Audienz Rom
Schweizer Garde am Eingang zum Apostolischen Palast
Behängt mit Badges wurden wir in den Vatikan eingelassen. Der orange-blau-rot gekleidete Soldat der Schweizer Garde trat zur Seite und wir konnten mit gebanntem Blick auf seine schräg in den Weg gehaltene Hellebarde und das Schwert am Gürtel den Kontakt mit der Berufsgenossenschaft vermeiden. Eine steile Marmortreppe führte durch das Innere des Palastes auf eine gepflasterte Freifläche. An der Fassade gegenüber entdeckten wir eine große Uhr, die übrigens auch vom Petersplatz aus zu sehen ist. Darunter die Fahne der Bundesrepublik. Über dem Haupteingang des Ostflügels wehte die Fahne des Vatikans. Die Schweizer Garde hatte sich bereits aufgestellt. Ein bunter Teppich lag für den Bundespräsidenten und die Delagtion bereit. Dieser führte in den mittleren - also nördlichen - Flügel des Hauses.

Plötzlich Hektik: "Der Papst kommt". Klasse, doch noch ein Foto! Nein, wir wurden eilends zu einem Nebeneingang geführt und mit zweimal Klick hinter einer Holztür mit Sichtfenstern weggeschlossen. Außer der Garde sahen wir nichts. Dann war der Papst wohl im Haus verschwunden, so dass wir mit zweimal Klick wieder auf den Platz entlassen wurden.

Bundespräsident Steinmeier Vatikan Papst-Audienz Rom
Schweizer Garde im Innenhof des Apostolischen Palastes
Kurz darauf rollte ein VW Passat durch die Einfahrt. Dahinter ein größerer Lancia mit der Fahne des Bundespräsidenten. Sehr stilvoll und immerhin ein italienisches Fabrikat. Keine Musik, nur Befehle an die Garde, Händeschütteln und ab ins Haus. Dann parkten erst einmal die vielen Fahrzeuge um und wir bewegten uns auf den Ausgang zu. Während in der Privatbilbliothek im zweiten Stock die Geschenke an Seine Heiligkeit übergeben wurden und die nicht-öffentlichen Dialoge stattfanden, nutzten wir die Gelegenheit zu einer kurzen Visite im Petersdom. Danach spazierten wir durch die Touristen-Massen zur Residenza Paolo VI und genossen von der dortigen Dachterrasse aus den Blick auf Petersdom, Petersplatz und das päpstliche Haus.

Das Ehepaar Steinmeier und der Papst müssen sich gut verstanden haben, obwohl Europa nicht das Hauptthema von Franziskus ist. Der Konvoi mit dem dunkelgrauen Lancia traf erst eine halbe Stunde nach der Zeit im Programmheft bei Paolo VI ein. Wir hatten bereits Mineralwasser und Espresso getrunken und mehrfach dem Glockenspiel des Doms gelauscht.

Kurz nach 12 lauschten wir dann auf das Presse-Statement des Bundespräsidenten. Es sei um viele Themen von der Flüchtlingspolitik bis hin zur Kooperation von evangelischen und katholischen Christen gegangen. Auch das Wahlergebnis sei zur Sprache gekommen. Dass Statement kann hier angeschaut werden.

Bundespräsident Steinmeier Vatikan Papst-Audienz Rom
Rede: Frank-Walter Steinmeier bei Sant'Egidio
Anschließend ging es wieder mit Blaulicht und Signalhorn durch die engen Straßen von Rom. Die mehr als dreizehn Fahrzeuge sorgten für Aufsehen bei Touristen und Römern. Nächste Station: Sant'Egidio. Wir hielten an einem malerischen Platz mit Brunnen, Restaurants und pulsierendem Stadtleben.

Der Präsident und Elke Büdenbender nutzten den Vordereingang. Wir hingegen liefen durch den romantischen Garten und gelangten von der anderen Seite in die sakralen Räume dieses weltweit agierenden Hilfswerkes. Der Präsident und der Gründer von Sant'Egidio freuten sich über den Gast, der auch hier eine Rede hielt. Die folgenden Gespräche an den Tischen waren als "kein Pressetermin" deklariert und dürfen hier nicht zitiert werden.

Bundespräsident Steinmeier Vatikan Papst-Audienz Rom
Gruppenfoto vor Sant'Egidio
Sant'Egidio hilft sozial schwachen Menschen, arbeitet mit Behinderten zusammen und vermittelt in schwierigen internationalen Konflikten. Deshalb hatte die italienische Regierung irgendwann schwer bewaffnete Militärposten um Sant'Egidio herum positioniert, auch wenn die Gemeinschaft selbst kein akutes Bedrohungspotenzial sieht. Bei Sant'Egidio gab es Essen - italienische Küche vom Feinsten mit Käse, Schinken, Salami und Pasta sowie italienischen Weinen. Wir kamen mit zwei schwarzen Theologie-Studenten ins Gespräch. Einer davon hieß Mose und der andere kam aus Haiti. Beide sprachen gut Deutsch und liebten die Bibelstellen, wo Gott die Armen tröstet.

Jetzt ein Nickerchen! Außer der Pressevertreter fuhren alle wieder ins Hotel Russie, wo das Ehepaar Steinmeier eingemietet war. Mittagsschlaf? Das wäre ihnen nicht zu verdenken. Immerhin mussten sie ja aufnahmefähig für die nächsten geplanten Eindrücke sein: Vatikanische Museen inklusive der Sixtinischen Kapelle ab 16:00 Uhr. Entspannt fuhren wir zum Haupteingang des Vatikans und warteten auf die Aufsehen erregende Fahrzeugkolonne. Faszinierend, wie gut diese Fahrten organisiert waren.

Bundespräsident Steinmeier Vatikan Papst-Audienz Rom
Frank-Walter Steinmeier und Elke Büdenbender bei der Führung durch die Vatikanischen Museen
Die Vorstellung von einer Regierungsdelegation in leeren Museumshallen stellte sich schnell als Illusion heraus. Die begleitenden Polizisten und Museumsaufseher verschafften uns den nötigen Platz, um zügig durch die Hallen zu kommen.

Nicht nur einmal wurde ich gefragt, wer denn der Mann da sei. "Steinmeier - president of Germany" - "We know Merkel" - "He is higher. He is president and Miss Merkel is chancellor", verstehendes Nicken. Im Gegensatz zu Amis, Briten, Holländern konnten die deutschen Touristen Herrn Steinmeier besser zuordnen. Der Geistliche Botschaftsrat Monsignore Oliver Lahl erklärte sehr kompetent sämtliche Bilder und Exponate. Längere Zeit hielten wir uns deshalb auch in der doch recht großen Sixtinischen Kapelle auf. Die begleitenden Italiener mit ihren blauen Uniformen sorgten für genug Platz zum Atmen.

Eine Gruppe pubertierender Mädchen tuschelte gegenüber des Präsidentenpaares und hantierte an ihren Smartphones herum, obwohl das Fotografieren dort ja verboten ist. Der prominente Besucher muss sie wohl parallel zur Bilderklärung bemerkt haben und ging dann auf sie zu. Durch die Kapelle erscholl ein Kreischen wie beim Justin-Bieber-Konzert. Nach dem jüngsten Wahlergebnis genoss er solche Gelegenheiten. Und diese gab es bei den Rundgängen mehrfach.

Bundespräsident Steinmeier Vatikan Papst-Audienz Rom
Oliver Lahl erklärt Frank-Walter Steinmeier und Elke Büdenbender die Gemälde in einer Kapelle der Vatikanischen Museen
Geschafft vom vielen Laufen stiegen wir in die Fahrzeuge und hätten laut Programm zum Flughafen fahren sollen. Statt dessen besuchten wir eine weitere Kirche mit erheblichem Renovierungsbedarf. Hm, was sollen wir hier? Privatkontakt des Bundespräsidenten? Monsignore Oliver Lahl erklärte einige Dinge, wobei sich wieder deutsche Touristen anschlichen. "Du, das ist doch ...", zückten sie die Smartphones. Herr Lahl in seinem pastoralen Gewand führte uns zu einer Treppe und hinab in die Unterwelt von Rom. Eine antike Kultstätte, Gräber und einen unterirdischen Fluss konnten wir dort bestaunen. Das Protagonisten-Paar stellte interessierte Fragen und verweilte an einigen Orten. Durch den Shop mit katholischen Karten hindurch ging es wieder zurück zu den Autos.

Bundespräsident Steinmeier Vatikan Papst-Audienz Rom
Check-in für den Rückflug nach Berlin
Ein erlebnisreicher Tag in Rom neigte sich dem Ende entgegen. Die Schatten wurden länger und die Pinien wurden unterhalb ihrer Kronen von der Abendsonne beschienen.

Unsere Fahrzeug-Kolonne donnerte über die schmale Via Appia zum Flughafen. Die Begleitung eines Spitzenpolitikers hat den Vorteil, dass der Airbus A319 erst dann startet, wenn das Programm zu Ende ist. Da spielt die Uhrzeit nur eine untergeordnete Rolle.

Videos:
Reise des Bundespräsidenten nach Rom und zum Vatikan inklusive Statement
Schweizer Garde zur Begrüßung des Bundespräsidenten im Vatikan

Autor: Matthias Baumann

Freitag, 15. September 2017

Französischer Premierminister Édouard Philippe in Berlin

Seit vier Monaten ist Édouard Philippe Premierminister in Frankreich. Der große 46-Jährige hatte sein Abitur in Bonn gemacht und war seither politisch in der Sozialdemokratie angesiedelt. Mit 31 Jahren schwenkte er zur rechten Mitte um und fungierte zeitweilig als Bürgermeister.

Französischer Premierminister Édouard Philippe in Berlin
Französischer Premierminister Édouard Philippe in Berlin
Staatspräsident Macron hatte ihn einen Tag nach seinem Amtsantritt zum Premierminister ernannt und somit eine heterogene Landschaft in der Regierung geschaffen. Der mediale Rummel um Macron lässt die anderen Player des Parlamentes verblassen. Philippe zeigte sich heute entsprechend unsicher und blickte im Ehrenhof des Kanzleramtes lieber auf das Muster des roten Teppichs als in die Kameras der Journalisten.

In Frankreich wird bereits Unmut über das vermeintliche Nichtstun und diverse Fehlentscheidungen Macrons laut. Er sei medial überbewertet. Allerdings gehen die Medien noch vorsichtig mit ihm um, da sie ja schließlich vor der Wahl massiv an seinem Image gefeilt hatten.

Französischer Premierminister Édouard Philippe in Berlin
Französischer Premierminister Édouard Philippe in Berlin
Beim heutigen Treffen im Kanzleramt ging es hauptsächlich um den Euro. Frankreich hegt schon lange den Wunsch nach einem europäischen Finanzminister, einer gemeinsamen Wirtschaftsregierung und einem eigenen Budget für die Eurozone. An Finanzminister Schäuble waren Sapin und Macron als damalige Wirtschafts- und Finanzminister bereits abgeprallt. Die Kanzlerin machte verbale Zugeständnisse, die jedoch den Zeitrahmen offen ließen. Angela Merkel regte zudem einen europäischen Währungsfonds an.

Im Gegensatz zu Macron wird Édouard Philippe wohl eher unterbewertet. Er war Pressesprecher Juppés und hat zwei Politthriller verfasst: Stunde der Wahrheit und Im Schatten. Beide Bücher sind zurzeit nur auf Französisch verfügbar. Er ist verheiratet und hat drei Kinder.

Video:
Militärische Ehren für Édouard Philippe

Autor: Matthias Baumann

Dienstag, 29. August 2017

Israels Botschafter Jeremy Issacharoff akkreditiert

Schon der Name Jeremy Issacharoff lässt auf eine interessante Persönlichkeit schließen. Jeremy klingt britisch und ist wohl eine Kurzform des großen Propheten Jeremia. Trotz der nur 52 Kapitel hat Jeremia mehr Seiten in der Bibel als der Prophet Jesaja mit seinen 66 Kapiteln. Der Jeremia des Alten Testamentes hatte eine Menge durchgemacht, war aber wie der neue Botschafter Israels immer in der Nähe der Regierung tätig und konnte auch einen guten Draht zum damaligen Weltherrscher Nebukadnezar aufbauen.

Botschafter Israel Jeremy Issacharoff akkreditiert
Israelischer Botschafter Jeremy Issacharoff akkreditiert
Der Wortstamm des Nachnamens Issachar geht wohl auf den fünften Sohn Leas zurück. Da Jakob alias Israel mehrere Frauen hatte, war Issachar der insgesamt achte Sohn von 12. Er war nach einem Deal zwischen Jakobs Frauen Lea und Rahel entstanden (1. Mose 30, 14-18). Die russische Endung off täuscht: Issacharoff war 1955 in London geboren worden. Sein Vater hatte im Nahen Osten gegen die britische Mandatsregierung gekämpft, die 1948 im Zuge eines Teilungsplans die Region verließ. Mit 18 Jahren wollte er in London Jura studieren, brach dieses jedoch wegen des Jom-Kippur-Krieges ab und wollte sich im israelischen Militär nützlich machen. 1982, also mit 27, trat er in den diplomatischen Dienst ein.

Botschafter Israel Jeremy Issacharoff akkreditiert
Israelischer Botschafter Jeremy Issacharoff akkreditiert
Wie sein Namensgeber Jeremia arbeitete er lange Zeit im Zentrum eines weltpolitischen Schwergewichtes: UN in New York. Dort lernte er seine Frau kennen und gründete eine kleine Familie. Seine Themen sind Sicherheit, Rüstungskontrolle und Terrorabwehr mit Hauptkompetenz Iran.

Sicherheit war bei der heutigen Akkreditierung Issacharoffs im Schloss Bellevue groß geschrieben. "Die schießen dann auch", berichtete uns eine israelische Fotografin. Sie könne auch schießen. Das glaubte ich gerne. Der künftige Botschafter und seine Delegation wurden in mehreren gepanzerten Limousinen vorgefahren: BMW 760Li aus der F04-Serie mit Vielspeiche 235 in 19". Schöne Fahrzeuge mit Standarte des Bundespräsidenten. Dazu noch einige schwarze Audis.

Botschafter Israel Jeremy Issacharoff akkreditiert
Israelischer Botschafter Jeremy Issacharoff akkreditiert
Der Botschafter machte einen sympathischen Eindruck und blickte immer wieder verschmitzt in die Kameras. Er hatte Mitglieder seiner Familie dabei und die übliche Delegation. Das Blatt im Gästebuch reichte gar nicht für die vielen Unterschriften und Zusatzkommentare, so dass sogar umgeblättert werden musste. Einige Schreiber hatten eine etwas verkrampfte Handhaltung, da ihre Muttersprache Ivrith (Neuhebräisch) normalerweise von rechts nach links geschrieben wird. Eine Unterschrift steht jetzt sogar im israelischen Zeichensatz auf dem Papier des Gästebuches.

Botschafter Israel Jeremy Issacharoff akkreditiert
Israelischer Botschafter Jeremy Issacharoff akkreditiert - Gästebuch
Auch der Bundespräsident hatte sichtlich Freude an der Familie des neuen Botschafters und dessen Delegation. Braungebrannt posierte Frank-Walter Steinmeier vor der samtigen Fahne mit dem Bundesadler. War doch Israel eines der ersten Ziele, die er nach Amtsantritt besucht hatte.

Videos:
Akkreditierung des israelischen Botschafters Jeremy Issacharoff

Autor: Matthias Baumann

Sonntag, 27. August 2017

Offene Türen im Bendlerblock

Die Bundeswehr ist bekannt für ihre Abkürzungen. TdoT BReg steht für den Tag der offenen Tür der Bundesregierung, an dem sämtliche Ministerien und das Kanzleramt für die Bevölkerung geöffnet haben. Da der Tag der offenen Tür gestern und heute stattfand, handelte es sich eher um ein Wochenende der offenen Tür, ein WEdoT BReg also.

Bei spannenden Einrichtungen wie dem BMI deutete die Anzahl der Menschen vor der geöffneten Tür auf lange Wartezeiten hin. Mit BMI ist nicht der Body-Mass-Index gemeint, sondern das Bundesministerium des Innern. Ähnliches vermuteten wir auch beim Kanzleramt und schauten dort gar nicht erst vorbei. Beim BMEL Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft hätte man wohl ohne Wartezeit durchgehen können. Wir fuhren vorbei, denn wir wollten zum BMVg Bundesministerium der Verteidigung.

BMVg Bendlerblock Tag der offenen Tür 2017
BMVg - Bendlerblock - Tag der offenen Tür 2017
Es waren Vorführungen des Drillteams des WachBtl - ausgeschrieben Wachbataillon - und des MusKorpsBw, dem Musikkorps der Bundeswehr, angekündigt. Das MusKorpsBw ist nicht zu verwechseln mit dem StMusKorpsBw unter der Leitung von Oberstleutnant Kiauka. Letzteres ist fast immer dabei, wenn ein Staatsgast mit militärischen Ehren empfangen wird. Den Wagen parkten wir an der Tiergartenstraße und marschierten mit Kind und Kegel, also Vater, Mutter, Kindern, amtlichen Lichtbildausweisen und Kamera zur geöffneten Hintertür des Bendlerblocks.

Die logistische Leistungsfähigkeit der Bundeswehr wäre wohl in Frage gestellt worden, wenn sie beim TdoT nicht mit dem Massenandrang klar gekommen wäre. Es lief alles generalstabsmäßig: Lichtbildausweis, Personenkontrolle, Schere abgeben und schon war die Familie im Partybereich.

Wir gingen zunächst zum Ehrenmal der Bundeswehr. Dort sollte gleich eine Andacht stattfinden. Beim Anblick der Talare drehte die Familie ab und verschwand in einem der Infozelte. Ich blieb und konnte zusammen mit Jörg Vollmer, dem Inspekteur des Heeres, eine Predigt über Gebet und gute Entscheidungen hören. Während der evangelische Militärdekan Peter Schmidt durch das Programm führte, hielt der katholische Militärdekan Stephan van Dongen die Predigt und sprach den Abschlusssegen. Jörg Vollmer ging anschließend flankiert durch die beiden Talarträger in den südlichen Teil des Ehrenmals und legte dort einen Kranz nieder.

BMVg Bendlerblock Tag der offenen Tür 2017
BMVg - Bendlerblock - Tag der offenen Tür 2017 - Andacht im Ehrenmal der Bundeswehr
Das Programm war straff durchorganisiert. Sofort nach der Andacht musste ich zum nördlichen Bereich eilen, um das Drillteam des WachBtl sehen zu können. Keine Zeit, die Familie zu suchen. Kamera an und draufhalten. Eine Gruppe von 12 Soldaten wirbelte den umstrittenen Karabiner 98k durch die Luft, schwang ihn unter den Beinen hindurch, bewarf sich gegenseitig damit, fing ihn gekonnt auf und legte eine Choreographie wie beim Ballett hin. Beim Staatsbesuch kommen davon nur wenige Elemente zum Tragen. Aber gut zu wissen, dass die Männer und Frauen des WachBtl ihr Hauptarbeitsmittel so gut im Griff haben.

Klack, da lag ein Karabiner am Boden. Das Team ließ sich nicht aus dem Takt bringen. Aber das Wasser konnte schon im Munde zusammen laufen. Ein gefallener Karabiner kostet mindestens einen Kasten Bier für die Beteiligten. Beim Besuch eines Staatsoberhauptes steht das Wachbataillon mit über 100 Soldaten auf dem Platz und repräsentiert alle drei Teilstreitkräfte, kurz TSK. Das kann dann richtig teuer werden. Am härtesten trifft es den Soldaten, wenn er den Karabiner im Schloss Bellevue fallen lässt. Kanzleramt ist billiger, da dort weniger Soldaten im Ehrenhof Platz haben.

BMVg Bendlerblock Tag der offenen Tür 2017
BMVg - Bendlerblock - Tag der offenen Tür 2017 - Tornado zum Anfassen
Plötzlich tauchte die Familie auf. Schoko-Crêpe auf Pappteller, Armen und Nase. Zu wenig Servietten. Vor uns wurden weiß-rote Bänder gezogen, denn die Hundevorführung sollte gleich starten. Die Hunde kannte ich schon aus verschiedenen Verwendungen beim Abschnüffeln der Kameras beim Besuch des Bundespräsidenten auf der IGA, beim EinsFühKdo oder beim WachBtl. Bei der Einfahrt in die Führungsakademie in Hamburg inspizierten die Hunde ganze Fahrzeuge. Die Hunde werden dual ausgebildet: Personenschutz und Finden unerlaubter Dinge wie Sprengstoff.

BMVg Bendlerblock Tag der offenen Tür 2017
BMVg - Bendlerblock - Tag der offenen Tür 2017
Ein Highlight des TdoT war die einstündige Führung durch das Hauptgebäude. Hier mussten alle Smartphones abgeschaltet und die Fotoapparate abgegeben werden. Auch für die Presse gab es keine Ausnahme. Die Personenkontrolle wurde wiederholt und selbst die Metallknöpfe an den Jeans schlugen Alarm. Lichtbildausweise wurden gegen ein Badge der Bundeswehr eingetauscht. Das Schlüsselband durften die Besucher anschließend behalten.

Nach einem kurzen Imagefilm mit Gruß der Ministerin, wurden die Besucher durch den Südflügel des Gebäudes geführt. Wir schauten in Lichthöfe, in Räume mit gedeckten Tafeln, in einen Konferenzraum und in das Büro der Ministerin. Wir liefen über Flure mit rot-schwarzen Fußböden und gelangten schließlich in die Säulenhalle mit rotem Teppich.

Der rote Teppich misst 15 x 5 Meter und stellt Berlin-Tiergarten im Februar 1947 aus der Vogelperspektive dar. Eine helle Linie zieht sich über den Teppich. Kein Webfehler. Dort war das Original der Luftaufnahme geknickt. Hebt man etwa 20 Zentimeter des Teppichs an der Nord-West-Ecke hoch, wird ein Schild mit THAI PING CARPETS sichtbar. Ein Detail, das den Staatsgästen normalerweise entgeht, wenn sie vom Südeingang aus über den Teppich gen Norden schreiten. Ein Hingucker, der dazu mahnt, dass Berlin nie wieder so aussehen soll.

Zum Abschluss erlebten wir noch eine Vorführung des Ehrenpostens beim Besuch eines Staatsgastes. Die Motorräder und Begleitfahrzeuge der Feldjäger waren aufgebaut. Der Staatsgast wurde mit einem BMW 5er (F10) chauffiert. Als Gruppe durften wir den Gast spielen und durch das Portal, am roten Teppich vorbei, durch das Erdgeschoss dem Ausgang entgegen schreiten.

Die Führung dauerte eine Stunde und wurde von mehreren Feldjägern bewacht. Die Aufgaben der Bundespolizei in anderen Ministerien übernehmen im BMVg die Feldjäger. Diese sind zum Schutz des Verteidigungsministeriums, des Generalinspekteurs, der Ministerin und der gastierenden Verteidigungsminister zuständig. Beim TdoT waren ungewöhnlich viele Feldjäger von Leutnant bis Hauptmann zu sehen, gehört doch insgesamt ein Großteil zur Dienstgradgruppe der Feldwebel.

BMVg Bendlerblock Tag der offenen Tür 2017
BMVg - Bendlerblock - Tag der offenen Tür 2017 - Musikkorps der Bundeswehr
Zum Auftritt des Musikkorps wollte ich eine bessere Position als beim Drillteam haben und kletterte durch einen Fuchs. Das ist kein pelziges Tier, sondern ein gepanzertes Fahrzeug mit vielen Antennen. Ich setzte mich auf das Dach und hatte von dort eine sehr gute Kameraposition. Das Spektrum der Musikstücke war beeindruckend. Einer der Schlagzeuger holte zwischendurch sogar seine E-Gitarre hervor. Samba, Michael Jackson, Berliner Luft und Militärmärsche wurden hintereinander gespielt und man merkte den Musikern die Freude an ihrer Profession an.

BMVg Bendlerblock Tag der offenen Tür 2017
BMVg - Bendlerblock - Tag der offenen Tür 2017 - Musikkorps der Bundeswehr
Aber wo war nur die Familie? "Wir sind bei den Panzern", kam die Info per WhatsApp. Jute-Beutel im Tarndesign, prall gefüllt mit silbernen Beutelchen. Darin war Soldatennahrung für den Einsatz. Ich war froh, dass die Familie sich nicht gelangweilt hatte. Vier Stunden waren wir im Bendlerblock und immer noch nicht alles gesehen und mitgemacht.

Deshalb entschieden wir uns für einen weiteren TdoT im BMVg und stürzten uns am Sonntag noch einmal in das Getümmel.

Videos:
Andacht im Ehrenmal der Bundeswehr
Drillteam des Wachbataillons
Musikkorps der Bundeswehr

Autor: Matthias Baumann