Sonntag, 24. November 2019

#MSC Cyber Security Summit - 5G und die Verschiebung der Hoheit über das Internet

Die Teilnehmer aus Iran waren "not amused" über das, was wie selbstverständlich auf der Bühne diskutiert wurde. Es war bemängelt worden, dass die Regierung des Iran einfach mal das Internet abschaltet, während sich in den Straßen bürgerkriegsähnliche Szenen abspielen. In einem Koreferat wurde die Frage aufgeworfen, wie denn in Europa mit solchen Situationen umgegangen würde? Man habe damit im Iran weitere Gewalt verhindern wollen. Das hochkarätig besetzte Panel sprach sich dennoch sehr klar gegen eine pauschale Abschaltung des Internets aus. G20 im Juli 2017 in Hamburg wäre eine entsprechende Gelegenheit gewesen.

Am heutigen Cyber Security Summit der MSC (Münchner Sicherheitskonferenz) in der Telekomrepräsentanz hatten etwa 150 Experten aus Politik, Wirtschaft und Militär teilgenommen. Letztere waren deutlich unterrepräsentiert. Dafür hatte der Chef der MSC, Botschafter Wolfgang Ischinger, die Kommunikationsminister verschiedener Staaten und Cyberspace-Entscheider renommierter Unternehmen wie Oracle, Microsoft oder Telekom zusammengebracht.

Ein akutes Thema war 5G. Die Abkürzung 5G steht ganz unspektakulär für "5. Generation". Damit ist ein neuer Standard für mobiles Internet und Mobiltelefonie gemeint. Der Knackpunkt dabei ist jedoch, dass die Standards inzwischen nicht mehr von der westlichen Welt vorgegeben werden, sondern von China. Der Direktor des chinesischen Cyberspace Governance Research Institutes, Shen Yi, betonte, dass China ein demokratischer Staat sei - vergleichbar mit Europa und den USA. Die Regierung Chinas könne nicht einfach in Unternehmen eingreifen und deren Technologien für eigene Zwecke nutzen. Sein Vertrauen in diese Aussage wirkte authentisch.

Sicherheit passt in Mitteleuropa nicht in das bunte Spektrum der politischen Korrektheit. Das betrifft auch die Cybersicherheit. Es gibt zwar die überarbeitete Datenschutzgrundverordnung (DSGVO). Diese ist aber eher Ballast und Abschreckung als ein beflügelndes Werkzeug für kreative Entwickler. Während sich im Westen die "Policymaker" mit den Technikern bitweise annähern, rast China auf der Überholspur vorbei und schafft technologische Tatsachen. Durchaus attraktive Tatsachen, die Begehrlichkeiten befriedigen und bald nicht mehr aus dem Alltag wegzudenken sind.

Wohl dem, der die Hoheit über die Infrastruktur besitzt. Er kann mitlesen, kopieren, zwischenspeichern, archivieren oder einfach abschalten. Auf der Bühne wurde der Ruf nach einer eigenen europäischen Lösung laut. Man müsse die Technologie zudem mit ethischen Grundsätzen verknüpfen. Das setzt allerdings voraus, dass man selbst noch die Regeln bestimmen kann. Ist der regelfokussierte Westen nicht mehr "Top of the Game", nützen ihm die Werte gar nichts mehr.

Nach drei anregenden Themenblöcken machten sich die Teilnehmer des Cyber Security Summits auf den Weg zum nahegelegenen Kommunikationsmuseum. Dort wartete Wirtschaftsminister Peter Altmaier mit einem Dinner auf die Experten.

Autor: Matthias Baumann