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Freitag, 26. Februar 2021

Angelobung bei der Garde in der Maria-Theresien-Kaserne in Wien

Die Garde in Österreich ist das Gegenstück zum Wachbataillon in Deutschland. Letzteres bezeichnet sich nur noch intern als Garde und blickt damit auf eine etwa 200-jährige Geschichte zurück. Das damalige Erste Garderegiment zu Fuß war fest am preußischen Hof etabliert und spielte am 3. Juli 1866 eine wichtige Rolle in der Schlacht bei Königgrätz (heute: Hradec Králové). In dieser Schlacht konnte sich Preußen nachhaltig gegen eine österreichische Übermacht durchsetzen. Als Ergebnis entstand der Königgrätzer Marsch. Diesen spielt das Musikkorps der Bundeswehr bei jedem seiner Einmärsche zu militärischen Ehren oder Gelöbnissen.

Garde Bundesheer Österreich Wien Maria-Theresien-Kaserne Angelobung am 25.02.2021
Angelobung bei der Garde in der Maria-Theresien-Kaserne in Wien - Die Fahnenabordnung tritt vor. - Foto: Nick Rainer / Bundesheer
Königgrätz ist heute kein Thema mehr, das die Stimmung zwischen der österreichischen Garde und ihrem deutschen Partnerbataillon verderben würde. In der Wiener Maria-Theresien-Kaserne gibt es sogar einen Raum, der üppig mit Uniformen, Urkunden und anderen Geschenken des Wachbataillons ausgestattet ist. Die größte Schnittmenge zwischen den Garden besteht in deren Aufgaben: Repräsentation und Sicherung. Uniformen, protokollarische Bewegungsabläufe und Kommandos weisen schon gewisse Unterschiede auf:

Die Fahnenabordnung und der kommandierende Kompaniechef stehen mit gezücktem Säbel auf dem Platz. Man sieht Reiterhosen und hohe Stiefel. Die Stiefel haben keine Nagelsohle, so dass der Sound auf dem Pflaster etwas blass wirkt. Zudem entfällt die aufwendige Gewehrperformance mit dem einheitlichen Klack beim "Gewehr ab!". Die Garde tritt nämlich mit modernen Sturmgewehren an. Wer bei der Garde anfangen möchte, muss mindestens 176 cm groß sein, muss volle Tauglichkeit haben und darf nicht vorbestraft sein. Das sind die gleichen Anforderungen wie beim Wachbataillon. Gleich ist auch, dass die Garde Barett trägt - knalliges Scharlachrot - ähnlich der deutschen Logistik-Baretts. Da die Garde nur aus Jägern besteht, gibt es dort keine Marine- oder Luftwaffenkompanie. Als Binnenland kann man das schon so machen. Das erleichtert vieles bei der Entscheidungsfindung, welche Teilstreitkraft einen nachgeordneten Staatsgast - wie die Bundeskanzlerin oder einen Premierminister - begrüßen soll.

Garde Bundesheer Österreich Wien Maria-Theresien-Kaserne Angelobung am 25.02.2021
Angelobung bei der Garde in der Maria-Theresien-Kaserne in Wien - Ausmarsch der Ehrenformation - Foto: Nick Rainer / Bundesheer

Das Protokoll BMVg denkt immer noch mit Schrecken an einen Fauxpas, bei dem der zuständige Protokolloffizier für den Gast aus Österreich eine Ehrenkompanie in Marineuniform befohlen hatte. Der Gast zeigte sich amüsiert - nicht so die Kanzlerin. Seitdem geht man in Berlin sehr sparsam mit Ehrenkompanien in Marineuniform um, selbst bei Australien, Neuseeland, Island oder Irland. Präsentation und protokollarische Anlässe sind auch für die Garde ein Alleinstellungsmerkmal. Es wird jedoch klar kommuniziert, dass der Protokolldienst "nur eine Zusatzaufgabe" neben der eigentlichen infanteristischen Aufgabe darstellt. Das ist zwar beim Wachbataillon auch so, aber die Öffentlichkeit nimmt in Deutschland wie in Österreich nur die öffentlichen Auftritte wahr und geht davon aus, dass die Gardeangehörigen gar nicht kämpfen können.

Die Wiener sind in der komfortablen Lage, dass sie im Rahmen der Wehrpflicht ständig Nachschub bekommen. Gestern legten knapp 200 Rekruten ihr Gelöbnis ab. In Österreich nennt sich das "Angelobung" und weist doch so einige Unterschiede zum deutschen Gelöbnis auf. Der Text ist in §41 Absatz 7 des Wehrgesetzes von 2001 festgelegt und lautet: "Ich gelobe, mein Vaterland, die Republik Österreich, und sein Volk zu schützen und mit der Waffe zu verteidigen. Ich gelobe, den Gesetzen und den gesetzmäßigen Behörden Treue und Gehorsam zu leisten, alle Befehle meiner Vorgesetzten pünktlich und genau zu befolgen und mit allen meinen Kräften der Republik Österreich und dem österreichischen Volke zu dienen." Die Rekruten haben den Text voller Inbrunst mitgesprochen - man könnte schon fast sagen: durch die Mund-Nase-Bedeckungen gebrüllt. Als Deutscher hätte man sicher ein Problem mit der Befehlspassage. Auch fehlt das "So wahr mir Gott helfe." Das wäre gerade in Österreich zu erwarten gewesen, wurde aber durch ein Gebet während der Angelobung kompensiert.

Garde Bundesheer Österreich Wien Maria-Theresien-Kaserne Angelobung am 25.02.2021
Angelobung bei der Garde in der Maria-Theresien-Kaserne in Wien - Rekruten - Foto: Magdalena Hofer / Bundesheer
Österreich hat knapp 8,9 Millionen Einwohner und etwa 22.000 aktive Soldaten. Das Land verfügt über eine bemerkenswert große Reserve von 125.600 Personen. Der Wehrdienst dauert sechs Monate. Die aktuellen Rekruten waren am 11. Januar 2021 in der Kaserne erschienen und mussten sich erst einmal den Corona-Tests unterziehen. Dann ging es in die BAk (Basisausbildung kurz). Diese Ausbildung dauert vier Wochen, ist für alle Soldaten zu absolvieren und beinhaltet auch schon den scharfen Schuss mit dem Sturmgewehr. Ab der fünften Woche trennen sich die Wege und die Soldaten werden an ihre Spezialrichtungen herangeführt: Lehrgänge für Sicherungsaufgaben, Katastrophenhilfe, Führerscheine, Gefechtsdienst und erweiterte Schießausbildung. Das nennt sich Basisausbildung 1 (BA1) und geht für alle bis in die elfte Woche. Die Angelobung erfolgt in der Regel zwischen der fünften und der siebten Woche. Ab der zwölften Woche sind die Soldaten in ihrer Zieleinheit eingesetzt und bauen dort weitere Spezialfähigkeiten auf.

Garde Bundesheer Österreich Wien Maria-Theresien-Kaserne Angelobung am 25.02.2021
Angelobung bei der Garde in der Maria-Theresien-Kaserne in Wien - Ehrenformation der Garde - Foto: Nick Rainer / Bundesheer

Wer in der Garde eingesetzt ist, beginnt in der fünften Woche mit dem "Protten". Was in Deutschland Protokoll-Grundausbildung (ProtGA) heißt, nennt sich in Österreich Paradegrundausbildung für den Paradeexerzierdienst (PExD). Die Exerzierausbildung dauert idealerweise ebenfalls um die 40 Tage, kann aber situationsbedingt auf ein Mindestmaß von 30 Tagen verkürzt werden. Dann gibt es - wie in Berlin - eine Zielüberprüfung Paradeexerzierdienst (ZÜP PExD).

Die Garde besteht aus acht Kompanien: Die 1. bis 5. Kompanie sind Jägerkompanien mit dem Zusatzauftrag der Repräsentation. Diese Kompanien bestehen aus jeweils etwa 100 Soldaten plus der dazugehörigen Berufssoldaten. Darüber hinaus gibt es eine Stabskompanie und eine Kaderpräsenzkompanie (KPE). Die KPE besteht aus Berufssoldaten mit einer Laufzeit von drei bis 15 Jahren und wird nur selten zu Protokolleinsätzen herangezogen. Diese Kompanie ist eine Art Schnelle Einsatztruppe, die flexibel auf Sicherungsbedarf im Regierungsviertel oder in Auslandseinsätzen reagieren kann. Eine Besonderheit und damit auch ein großer Unterschied zum Wachbataillon ist die Eingliederung der Gardemusik als Gardekompanie. Wegen der besonderen Anforderungen verpflichten sich die Musiker zu mindestens 13 Monaten Wehrdienst, die die Ausbildungsetappen des 6-monatigen Grundwehrdienstes beinhalten.

Garde Bundesheer Österreich Wien Maria-Theresien-Kaserne Angelobung am 25.02.2021
Angelobung bei der Garde in der Maria-Theresien-Kaserne in Wien - Gardemusiker stellen eine der acht Kompanien der Garde. - Foto: Magdalena Hofer / Bundesheer

Die preußischen Urahnen des Wachbataillons waren auch für das Testen neuer Waffensysteme und neuer Taktiken zuständig. Diese Aufgabe ist in Berlin komplett weggefallen. In Wien hingegen ist die Garde bis heute für die Aufstellung, Ausbildung und Einsatzvorbereitung von bis zu 2.500 Milizsoldaten zuständig. Milizsoldaten könnten mit unseren Reservisten oder besser noch mit der norwegischen Home Guard verglichen werden. Es sind Zivilisten, die bei Bedarf abgerufen werden können und in Summe das österreichische Bundesheer fast auf den personellen Umfang der Bundeswehr aufstocken können.

Autor: Matthias Baumann

Video: Angelobung bei der Garde in der Maria-Theresien-Kaserne in Wien

Dienstag, 4. Februar 2020

Sebastian Kurz beim Bundespräsidenten im Schloss Bellevue

Wie lang ist eine Minute mit Sebastian Kurz? Heute dauerte die eine Minute des Kurzbesuchs im Schloss Bellevue etwa fünf Stunden: Anfahrt, Warten auf die Sicherheitskontrolle, Warten im Bundespräsidialamt, Warten im Foyer des Schlosses, kurz den Sebastian Kurz filmen, abbauen, Rückfahrt, Material sichten, Video schneiden, Video hochladen, Fotos nachbearbeiten, Artikel schreiben, Artikel zur Korrektur lesen lassen, mediale Endprodukte von Google-News bis Twitter verbreiten.

Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz bei Bundespräsident Steinmeier im Schloss Bellevue
Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz (links) bei Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier im Schloss Bellevue
Eine Minute war wirklich kurz für den Besuch des viel beachteten Bundeskanzlers von Österreich. Gestern hatte er bereits eine Pressekonferenz bei der Kanzlerin gegeben. Ein Fotograf berichtete von handgreiflichen Szenen um die besten Bildpositionen. Die heute anwesende Begleitpresse aus Österreich war recht pflegeleicht.

Der protokollarische Ablauf im Schloss war etwas ungewohnt. Normalerweise tritt der Bundespräsident vor die Tür und begrüßt den Gast auf der Treppe. Heute ging statt dessen der Chef des Bundespräsidialamtes, Stephan Steinlein, vor die Tür und begrüßte kurz den Gast. Etwa zeitgleich stürzte der Bundespräsident aus seinem Büro, während der Bundeskanzler aus Österreich den kurzen Weg vom Fahrzeug zur Tür überwand. "Guten Tag, Herr Bundespräsident!" und der Handschlag erfolgten erst innerhalb des Schlosses auf einem flauschigen roten Teppich.

Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz bei Bundespräsident Steinmeier im Schloss Bellevue
Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz bei Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier im Schloss Bellevue - Sebastian Kurz hat nur einen kurzen Eintrag im Gästebuch hinterlassen. Sein übergeordneter Präsident hatte vor drei Jahren zwei Minuten für seinen Eintrag benötigt.
Es wäre unter der protokollarischen Würde (infra dignitatem) gewesen, wenn ein Präsident für einen Bundeskanzler oder Premierminister vor das Schloss hätte treten müssen. Hier wird sichtbar, wer an welcher Position im Staate angesiedelt ist. Dennoch bewegen Präsidenten im Alltagsgeschäft deutlich weniger als die Damen und Herren der zweiten und dritten Riege. So ähnlich hatte es auch der ehemalige Bundespräsident Joachim Gauck kurz vor seinem Amtsaustritt formuliert. Interessanterweise während des Besuches seines Kollegen aus Österreich, Van der Bellen.

Van der Bellen von den Grünen ist nun Koalitionspartner von Sebastian Kurz. Nach dem Scheitern der Koalition mit der FPÖ musste neu gewählt werden. Dabei konnte Sebastian Kurz einen klaren Sieg verbuchen. Nach einer Pause von sieben Monaten wurde er wieder als Bundeskanzler bestätigt und übt dieses Amt seit dem 7. Januar 2020 erneut aus. Theoretisch stehen einem Präsidenten oder Bundeskanzler alias Premierminister nach dessen Wiederwahl militärische Ehren zu. Warum Sebastian Kurz diese gestern bei Angela Merkel nicht bekommen hatte, konnte bisher nicht geklärt werden. Es liegt vermutlich am Arbeitscharakter seines Besuches.

Video:
Sebastian Kurz besucht Bundespräsident Steinmeier im Schloss Bellevue

Autor: Matthias Baumann

Montag, 8. Oktober 2018

EU-Ratspräsidentschaft Österreichs und der Brexit

Und wieder waren 90 Minuten verflossen. Die österreichische Botschaft hatte zu einer Diskussionsrunde eingeladen, in der es um die österreichische EU-Ratspräsidentschaft mit einem besonderen Fokus auf die Finanzpolitik gehen sollte. Einige der Gäste waren speziell wegen der möglichen Folgen des Brexits auf die Finanzwirtschaft erschienen.

Weniger als sechs Monate sind es noch bis zum Brexit. Sechs Monate, in denen über hart oder weich debattiert wird und vermutlich am Ende immer noch unklar ist, wie sich der Brexit nun gestalten soll. Fakt ist: Die Zeit verrinnt, der Brexit naht und die wenigsten sind darauf vorbereitet.

Vor drei Monaten erfuhren wir in London, welche Bereiche der Brexit tangiert und dass die Ersparnisse durch Wegfall der Mitgliedsbeiträge direkt in die Finanzierung der notwendigen Zollbürokratie fließt. Worst case wäre, dass ab Ende März 2019 keine Flugzeuge mehr fliegen, keine Medikamente mehr nach Großbritannien geliefert werden, Tragflächen von Airbus nicht mehr das europäische Festland erreichen und die Iren den alten Kampf gegen das verhasste Königreich wiederbeleben.

EU-Ratspräsidentschaft Österreichs und der Brexit
EU-Ratspräsidentschaft Österreichs und der Brexit - Diskussionsrunde in der österreichischen Botschaft mit dem Schwerpunkt Finanzpolitik
Das Panel in der Botschaft war mit Volkswirten und Finanzexperten aus Banken und Ministerien besetzt. Allein das Zuhören bereitete Freude, da die Österreicher sehr interessante Formulierungen verwenden. Neben den regionalen Formulierungen konnten wir heute auch so schöne Vokabeln wie "inzentivieren" (anreizen, anspornen), "Interessenskonkordanz" (Übereinstimmung der Interessen) oder "diskretionäre Finanzpolitik" lernen. Letzteres favorisieren die Österreicher und sehen sich hier als besonders mutig und pragmatisch an. Diskretionär bedeutet im Bereich der Fiskal- und Finanzpolitik, dass Gelder situationsbezogen eingesetzt werden und damit nicht ganz konform gehen mit einer regelgebundenen Finanzpolitik. Deutschland ist auf diesem Gebiet etwas vorsichtiger und bevorzugt die Regeln.

Regeln schaffen immerhin Vertrauen, auch wenn es seitens anderer EU-Staaten wie Italien oder Frankreich die Tendenzen gibt, Regeln einfach mal etwas lockerer zu handhaben.

Die Experten waren sich einig, dass die Wahrnehmung der EU deutlich schlechter ist, als es der Realität angemessen wäre. So vergesse man schnell die bestehenden Vorteile und schaue immer nur nach weiteren und neuen Vorteilen. Bleiben diese aus, wird kritisiert. Dieser Kurzsicht war wohl auch Großbritannien erlegen, als es sich für den Brexit entschieden hatte. Die Herren auf dem Podium verglichen die EU mit einem Fahrrad. Bleibe ein Fahrrad stehen, falle es um. Der Brexit habe dem Fahrrad nun sogar einen Rückwärtsgang verliehen. Der Brexit mache das Vereinigte Königreich ab April 2019 zu einem Drittland. Raus ist eben raus - oder wie Theresa May sagte: "Brexit means Brexit".

90 Minuten waren über der Diskussion verflossen. 90 Minuten ohne Ergebnis für den Brexit. Das Vorkommen des Wortes Brexit konnte an einer Hand abgezählt werden. Wer sich für eine Lösung der finanziellen Folgen des Brexits interessiert hatte, war auf das anschließende Networking angewiesen. Bei deftigem Schwarzbrot mit Schinken und weiteren Leckereien aus Österreich versammelten sich die Zuhörer aus der Finanzbranche an den Stehtischen und diskutierten über ihre Sicht der Dinge. Insider befürchten, dass der Brexit einen Domino-Effekt analog zu Lehman Brothers auslöst. Nur dass dieser Effekt jetzt die europäische Bankenlandschaft in einem unkalkulierbaren Maß durchrütteln könnte.

Über den Gästen hing ein Fahrrad. Das spitzfindige Symbol der EU-Rads-Präsidentschaft. Darunter der im Quadrat angeordnete Schriftzug eu2018.at. Deutschland und Österreich bewegen sich in der Regel per Tandem vorwärts. In vielen Punkten herrscht Einheit - pardon Interessenskonkordanz. So radelt Österreich nun schon seit drei Monaten durch die Präsidentschaft und hat jetzt die Halbzeit erreicht. Wenn Österreich das Zepter der EU in drei Monaten an Rumänien abgibt, hat Großbritannien keine 100 Tage mehr bis zum Brexit. Ob diese Zeit für einen geordneten Exit genutzt wird, ist fraglich.

Autor: Matthias Baumann

Montag, 23. April 2018

Österreichs Verteidigungsminister Mario Kunasek zum Antrittsbesuch in Berlin

Österreich übernimmt demnächst die EU-Ratspräsidentschaft. Mit Österreich arbeitet die Bundeswehr schon längere Zeit erfolgreich in Mali, in Afghanistan, auf dem Balkan und im Mittelmeerraum zusammen. Es gibt wohl insgesamt etwa 300 gemeinsame Projekte.

Österreichs Verteidigungsminister Mario Kunasek zum Antrittsbesuch in Berlin
Österreichs Verteidigungsminister Mario Kunasek zum Antrittsbesuch in Berlin
Ursula von der Leyen fühlte sich geehrt, dass Deutschland die erste Station der Antrittsbesuche des neuen Verteidigungsministers Mario Kunasek ist. Mario Kunasek ist Mitglied der FPÖ und Stabsunteroffizier. Er bringt also auch fachliche Expertise in sein Ressort ein. Er wurde in Graz geboren, ist Anfang vierzig und schaffte vor zehn Jahren erstmalig den Einzug ins Parlament.

Am 18. Dezember 2017 wurde Kunasek Minister für Landesverteidigung und Sport. Am 8. Januar 2018 fiel der Sport weg, so dass er fortan als Minister für Landesverteidigung Österreichs fungiert.

Mario Kunasek war nun der erste FPÖ-Minister, der überhaupt offiziell in Berlin empfangen wurde. Nach dem Gespräch mit seiner deutschen Amtskollegin zeigte er sich erfreut über die kameradschaftliche Unterredung. Seine Kooperationsvorschläge seien wohlwollend aufgenommen worden. Österreich hat einen besonderen Fokus auf die Lage im Westbalkan.

Österreichs Verteidigungsminister Mario Kunasek zum Antrittsbesuch in Berlin
Österreichs Verteidigungsminister Mario Kunasek zum Antrittsbesuch in Berlin
Österreich ist sehr interessiert am deutschen Know-how bei der Cyberabwehr, arbeitet aktiv an der Seite der Schweiz beim Sanitätswesen mit und hofft auf eine gute Regelung bei der gemeinsamen Luftraum-Überwachung. Für den Sommer ist wieder ein D-A-CH-Treffen geplant.

Video:
Antrittsbesuch des österreichischen Verteidigungsministers Mario Kunasek

Autor: Matthias Baumann

Mittwoch, 17. Januar 2018

Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz zum Antrittsbesuch bei Bundeskanzlerin Merkel

"Jung trifft alt", war der erste Kommentar zum Video mit Sebastian Kurz. Sebastian Kurz ist erst seit Kurzem im Amt. Der 31-Jährige fungiert seit einem Monat als Bundeskanzler von Österreich.

Heute besuchte er seine 63-jährige Amtskollegin in Berlin. Der aus Wien stammende Kanzler umwarb die "Mutti" mit den Stilmitteln der Jugend. Die Damen und Herren seiner Delegation zeigten sich gewohnt charmant. Handkuss für Angela Merkel.

Ob Sebastian Kurz Angst vor der Blamage hatte, mit einem älteren Audi A8 im Kanzleramt vorfahren zu müssen, konnte bisher nicht geklärt werden.*) Er entstieg einem Maybach mit Stuttgarter Kennzeichen. Maybach hatte der Daimler AG bis 2012 so hohe Verluste eingefahren, dass die Produktion zeitweilig ausgesetzt werden musste. Vor drei Jahren wurde der Maybach als veredelte S-Klasse wiederbelebt und kostet nur noch einen Teil des früheren Preises. Die drei aktuellen Maybach-Modelle sind ausschließlich als Lang-Version mit 5,462 m konfigurierbar. Damit wurde das Fahrzeug so geändert, dass es knapp 30 cm weniger als die traditionelle Kurz-Version misst.

Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz bei Angela Merkel
Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz bei Angela Merkel
Das Presseinteresse war größer als üblich. Immerhin bot das Wahlergebnis unseres südlichen Nachbarn genug Stoff zu Auseinandersetzungen. Während in Deutschland schon seit über 100 Tagen um die Bildung einer handlungsfähigen Regierung gefeilscht wird, hatten die Koalitionsverhandlungen in Österreich keine zwei Monate gedauert. Das Ergebnis erzeugte einen Aufschrei in den westeuropäischen Medien, die fortan mit dem Wort "Rechtspopulismus" operierten.

Entsprechend fielen heute auch die Fragen in der anschließenden Pressekonferenz aus. Sebastian Kurz hörte sich die Fragen gelassen an, ließ keine Nervosität erkennen, bekam keine roten Ohren und auch keine Unsicherheit in der Stimme. Sehr professionell antwortete er auf die Fragen und stellte klar, dass Österreich demokratisch gewählt habe und sich die inhaltlichen Akzente der Wähler wohl verschoben hätten.

Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz bei Angela Merkel
Kurz zeigt, wo es langgeht: Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz bei Angela Merkel
Zwischen Merkel und Kurz gab es überraschend viel Übereinstimmung. Die Kanzler hatten über Sicherheit, Verteidigungspolitik und Terrorabwehr geredet. Es ging um Deutschland und Österreich als Nettozahler in der EU. Bei der Finanzierung neuer Projekte sollten sich die Nettozahler eng abstimmen. Sebastian Kurz sprach sich mehrfach für die EU aus. Es fielen dabei Worte wie "Geist der EU" oder "Pro Europa". Österreich wolle aktiv an der positiven Veränderung der EU mitwirken.

Beide Kanzler waren sich einig, dass die inner-europäische Freizügigkeit den Aspekt der Außengrenzen bisher vernachlässigt habe. Deshalb wolle man sich gemeinsam für die Stärkung der Außengrenzen einsetzen und illegale Migration reduzieren.

Angela Merkel begegnete den kritischen Fragen zum Rechtspopulismus damit, dass sich die österreichische "Regierung an den Taten messen" lassen wird. Ein Sahnehäubchen hatte sie dann allerdings noch: "Wir aus deutscher Perspektive haben gestaunt, dass nachdem Österreich uns gelehrt hat, was eine Maut ist, Österreich nun gegen unsere Maut klagen möchte..."

Video:
Antrittsbesuch des österreichischen Bundeskanzlers Sebastian Kurz in Berlin

*) Die Spekulationen um den Maybach konnten insofern geklärt werden, dass dasselbe Fahrzeug am 16.02.2018 beim Besuch des polnischen Ministerpräsidenten ebenfalls zum Einsatz kam.

Autor: Matthias Baumann

Donnerstag, 16. März 2017

D-A-CH-Gespräche im Bendlerblock

Gestern statteten die Verteidigungsminister Österreichs und der Schweiz der Hauptstadt einen Besuch ab. Ursula von der Leyen empfing sie mit militärischen Ehren im Bendlerblock.

D-A-CH BMVg Doskozil Parmelin
D-A-CH-Gespräche im BMVg mit Hans-Peter Doskozil und Guy Parmelin
Hans-Peter Doskozil aus Österreich und Guy Parmelin aus der Schweiz ließen sich direkt nach der Ankunft von ihrer Amtskollegin das protokollarische Prozedere erklären und absolvierten anschließend mit Bravour die sämtlichen Stationen. Abschließend legten sie zwei Kränze am Ehrenmal der Bundeswehr nieder. Ein bewegender Moment, der mit einem Trompetenstück untermalt wurde.

Die "Gespräche im D-A-CH-Format auf Ministerebene" sollen regelmäßig und an wechselnden Standorten stattfinden. Auch die Generalinspekteure des Alpendreiecks treffen sich zu regelmäßigen Konsultationen. Dabei gibt es eine große Bandbreite gemeinsamer Themen.

D-A-CH BMVg Doskozil Parmelin
Verteidigungsminister Österreichs, Hans-Peter Doskozil (mitte), und der Schweiz, Guy Parmelin (rechts), in Berlin
Virulent sind der Umgang mit den Flüchtlingsströmen über die Balkanroute und die Cybersicherheit. Eine enge Zusammenarbeit der Streitkräfte findet bereits im Rahmen des KFOR-Einsatzes auf dem Balkan und MINUSMA in Mali statt. Letzteres stellt derzeit die größte Herausforderung für die Bundeswehr dar.

Zur Überwachung des Luftraumes der südlichen Alpennachbarn durch Deutschland bot Ursula von der Leyen Hilfe auf Anfrage an. Man wolle sich jedoch nicht eigenmächtig in die Souveränität anderer Staaten einmischen. Hans-Peter Doskozil bestätigte in diesem Zusammenhang, dass eine Luftüberwachung durch andere Staaten derzeit nicht in Frage komme.

Die Themenpalette umfasste noch den Eurofighter und die Rüstungsausgaben. In Deutschland ist bereits die Trendwende mit dem mittelfristigen Ziel der 2% des Bruttoinlandsproduktes eingeleitet. In Österreich möchte man zunächst wissen, wofür das Geld konkret ausgegeben werde.

Video:
Empfang der Verteidigungsminister Österreichs und der Schweiz mit militärischen Ehren

Autor: Matthias Baumann

Freitag, 3. März 2017

Van der Bellen bekennt sich zur EU

Am 26. Januar, zwei Tage nach Gaucks 77. Geburtstag, trat der "junge Präsident" aus Österreich sein Amt an. Auch er ist im Januar geboren, aber vier Jahre jünger. Ein Umstand, den sein älterer Kollege aus Deutschland explizit in die Begrüßung einfließen ließ.

Der promovierte Volkswirt aus Wien irritierte die Anwesenden zunächst damit, dass er fast zwei Minuten lang einen Text in das Gästebuch schrieb. Normalerweise dauert das zehn bis zwanzig Sekunden, aber die Österreicher sind ja für ihre Gemütlichkeit bekannt.

Präsident Österreich Van der Bellen Berlin
Präsident der Republik Österreich, Van der Bellen, in Berlin - Gästebuch
Ganz ungemütlich können sie jedoch werden, wenn es um die Europäische Union geht. Die Fragen bei der anschließenden Pressekonferenz zeigten eine tiefe Kluft innerhalb der Bevölkerung und der medialen Wahrnehmung. Van der Bellen war zuvor von Bundespräsident Gauck gelobt worden, dass er sich so klar zur EU bekannt hat.

Beide Spitzenpolitiker schwärmten von den Vorzügen der Gemeinschaft in Europa und erteilten dem Ansinnen von Kleinstaaterei eine Abfuhr. Die aktuellen Herausforderungen könne man nur gemeinsam bewältigen.

Während Joachim Gauck entspannt dem nahenden Ruhestand entgegenschaut, steht Van der Bellen massiv unter Druck.

Präsident Österreich Van der Bellen Berlin
Präsident der Republik Österreich, Van der Bellen, in Berlin - Militärische Ehren
Als Grünen-Politiker fällt er aus sämtlichen Rastern des Ösi-Klischees. Das beginnt mit seiner evangelischen Taufe und endet bei der positiven Einstellung zur Legalisierung von Cannabis. Seine Wurzeln liegen in Holland, welches seine Vorfahren im 18. Jahrhundert Richtung Osten verlassen hatten. Während des Zweiten Weltkrieges flohen seine Eltern nach Österreich, wo der "junge Präsident" geboren wurde.

Präsident Österreich Van der Bellen Berlin
Präsident der Republik Österreich, Van der Bellen, in Berlin
Joachim Gauck betonte mehrfach, dass man sich als Präsident aus dem operativen Tagesgeschäft heraushalten und das lieber den Kanzlern überlassen solle. Deshalb konnte er insbesondere die Frage nach österreichischem Wahlkampf in Deutschland geschickt umschiffen. Interessant war seine Einschätzung, dass eine reife Demokratie durchaus mit Meinungspluralität umgehen könne. Joachim Gauck plädiert schon länger für einen Dialog "mit den Bevölkerungen".

Präsident Österreich Van der Bellen Berlin
Präsident der Republik Österreich, Van der Bellen, in Berlin
Im Anschluss an den Empfang im Schloss Bellevue stand eine Unterredung mit Frank-Walter Steinmeier auf dem Programm, der in zwei Wochen das Weiße Haus an der Spree beziehen wird.

Video:
Empfang des Präsidenten der Republik Österreich, Van der Bellen

Autor: Matthias Baumann

Freitag, 4. Juli 2014

Invest in Austria - Wie sagt man in Österreich?

Der Ort war treffsicher ausgewählt. Im Restaurant Nußbaumerin in der Leibnizstraße fühlt sich der Gast sofort ins schöne Tirol versetzt. Auf dem Tresen steht ein Berliner Bär mit rot-weißem Hemd und Lederhosen.

Am Eingang wurden wir von Friedrich Schmidl, ABA Austrian Business Agency, begrüßt und gleich mit einem Tiroler Unternehmer bekannt gemacht. Es gesellten sich weitere Entscheidungsträger hinzu. Die Visitenkarten gingen bei diesem Veranstaltungsformat um die Mittagszeit so schnell weg wie die kühlen Getränke, die uns die umsichtigen Mitarbeiter der Nußbaumerin reichten.

ABA Austrian Business Agency Standortagentur Tirol
ABA Austrian Business Agency und Standortagentur Tirol im Restaurant Nußbaumerin
Thematisch ging es in der folgenden Stunde um verschiedene Aspekte der Zusammenarbeit und mögliche Investitionen in Tirol. Österreich steht bei den deutschen Außenhandelspartner auf Platz 6, kauft etwa für 50 Mrd. Euro in Deutschland ein und verkauft Produkte und Leistungen für ca. 40 Mrd. Euro an Deutschland. Österreich ist für seinen ausgeprägten "Fremdenverkehr" bekannt, bestreitet damit jedoch keine 10% seines Bruttoinlandsproduktes mit diesem Wirtschaftszweig. 89% der Wirtschaft wird durch das produzierende Gewerbe bestimmt. In Tirol gibt es so manch einen Hidden Champion. Auch das Lohnniveau ist deutlich interessanter als in Deutschland, wie wir von Dr. Christian Märk, Standortagentur Tirol, erfuhren.

Wir lernten, dass Forschung und Entwicklung in Österreich ganz klar Produktion heißt. Deshalb werden Forschungsprojekte seitens der Regierung mit 10% Cash aufs Konto gefördert. Verträge werden zumeist in der Manier des ehrbaren Kaufmannes per Handschlag abgeschlossen: "Man kennt sich". Schriftlich klappe laut Friedrich Schmidl ohnehin nichts.

Bereits während der Anmoderation wurde ein Duden mit dem Titel "Wie sagt man in Österreich" gezeigt. Im internationalen Verkehr ist es wichtig, die Feinheiten in den Formulierungen korrekt interpretieren zu können. So rede der deutsche normalerweise im Imperativ, während der Österreicher eher im Konjunktiv unterwegs ist. Eine Art der Kommunikation, die weltweit wohl die größte Verbreitung hat. "Schicken Sie mir Unterlagen" heißt übersetzt "Lass mich in Ruhe", die "eigene Tasche" ist die "private Schatulle" und das "dramatische Defizit" ist "nicht mehr so grandios, wie es mal war".

ABA Austrian Business Agency Standortagentur Tirol
ABA Austrian Business Agency und Standortagentur Tirol im Restaurant Nußbaumerin
Neben den sprachlichen Herausforderungen gibt es eine verkehrstechnische Hemmschwelle. Ein deutscher Unternehmer habe ein wichtiges Meeting mit folgender Begründung abgesagt: "Ich bin es gewohnt, schnell von Kunde zu Kunde zu fahren. Aber mit dem 100er funktioniert das nicht". Der ADAC berichtet regelmäßig über die Leidensgeschichten deutscher Autofahrer in diesem sonst so erholsamen Land.

Österreich hat etwa 8,5 Mio. Einwohner, was der Population von Manhattan entspricht. Ein gewisser Prozentsatz stammt aus Deutschland, aber auch aus den anderen Ländern der Österreichischen Krone.

Interessant war auch ein Vortrag über Steuern sowie Arbeits- und Gesellschaftsrecht in Österreich. Dabei erfuhren wir, dass es in Österreich 14 Gehälter pro Jahr gibt, dass Kündigungen nicht begründet aber fristgerecht erteilt werden müssen und dass es statt der bei uns üblichen Abfindungen einen globalen Topf mit der wohlklingenden Bezeichnung "Mitarbeiter-Vorsorge Neu" gibt.

Das Stammkapital einer GmbH beträgt 35.000 Euro, von denen idealerweise 10.000 Euro bei Gründung einzuzahlen sind. Niederlassungen werden nicht als eigenständige Einheiten betrachtet, sondern immer als elementarer Bestandteil des Hauptunternehmens. Das ist ein wichtiger Aspekt für ausländische Investoren, die Niederlassungen in Österreich planen.

Nachdem sich auch die Teilnehmer einzeln vorgestellt hatten, konnten wir die Tiroler Spezialitäten verzehren, die auf den Tafeln bereit standen.

Vielen Dank an die ABA Austrian Business Agency und die Standortagentur Tirol!

Autor: Matthias Baumann