Drei Tage nach dem Weltfrauentag interessiert sich eventuell jemand dafür, dass die Frauenquote der heutigen Botschafter-Akkreditierung bei 50% lag. Der Frauenanteil in den diplomatischen Vertretungen liegt bei etwa einem Viertel. Hier die Reihenfolge, in der heute Vormittag die Beglaubigungsschreiben übergeben wurden:
Botschafterin der Republik Paraguay, Wilma Patricia Frutos Ruiz
Botschafterin der Hellenischen Republik, Maria Marinaki
Botschafter der Republik Haiti, Frantz Bataille
Botschafter der Republik Kenia, Thomas Boniface Amolo
Paraguay liegt in der Mitte von Südamerika und hat keinen Meerzugang. Das Land hat etwas über sieben Millionen Einwohner und neben indigenen Volksgruppen auch jede Menge Deutsche, die sich entweder nach dem Zweiten Weltkrieg in die Weiten des Chaco geflüchtet haben, in Paraguay einen tropischen Lebensabend zum schmalen Preis verleben oder dem Zugriff der deutschen Steuerbehörden entgehen möchten. Land, Häuser und Arbeitskräfte sind dort sehr günstig zu haben. Konflikte mit dem Nachbarn der eigenen Maisplantage werden mit der Maschinenpistole ausgetragen. Mit ein paar Dollar oder Euro in der Hand schaut der Polizist dann auch mal weg. Die Streitkräfte umfassen knapp 14.000 Soldaten und sind mit schwachem und veraltetem Material ausgestattet. Überaltert sind auch die personellen Strukturen. Es gibt zu viele hohe Dienstgrade bei zu wenig Nachwuchs.
Die Entsendung von Botschafterin Wilma Patricia Frutos Ruiz hatte landesintern für einige Aufregung gesorgt. Man wirft ihr vor, nur mit Beziehungen an diesen und andere begehrte Posten gekommen zu sein. Durchaus glaubhaft, wenn man das korrupte System in Paraguay kennt. Obwohl - als deutscher Normalbürger lässt es sich dort schon gut leben - vorausgesetzt, man hat sich mit den entsprechenden Schusswaffen und Behördenkontakten eingedeckt.
Die Hellenische Republik ist das, was wir als Griechenland kennen. Griechenland hat über 10 Millionen Einwohner und ein jährliches Pro-Kopf-Einkommen von 18.000 USD. Dass Griechenland ein nachhaltiges Wirtschaftsproblem hat, liegt wohl auch daran, dass 30% der Berufstätigen im Öffentlichen Dienst arbeiten. Auch wenn Horst Seehofer jüngst twittern ließ: "Der öffentliche Dienst ist das Rückgrat unserer Gesellschaft", so zeigt doch Griechenland, dass diese Aussage nur bedingt einer Prüfung in der Praxis standhält. Gemessen an der Einwohnerzahl hat Griechenland einen sehr hohen Anteil an militärischem Personal: 142.700 Soldaten plus 221.350 Reservisten. Damit kommt Griechenland auf eine ähnliche Truppenstärke wie sein unberechenbarer Nachbar im Osten. Außerdem verfügt die hellenische Halbinsel über sage und schreibe 1.228 Kampfpanzer. Das ist das Fünffache dessen, was Deutschland als Hersteller des Leopard 2 besitzt. Offensichtlich besteht auch hier ein Wettbewerb gegenüber dem NATO-Vertragspartner Türkei mit seinen 2.378 Kampfpanzern.
Botschafterin Maria Marinaki blickt auf eine über 40-jährige Karriere im diplomatischen Dienst zurück. In dieser Zeit war sie in Washington D.C. eingesetzt, bei der OSZE, in Wien, in Brüssel und in ihrem Außenministerium. Ihre Schwerpunkte sind Migration, Frauenrechte, Frieden, Sicherheit und Genderthemen. Sie spricht Griechisch, Englisch, Französisch und Deutsch.
Botschafter der Republik Haiti, Frantz Bataille (rechts), bei Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier im Schloss Bellevue akkreditiert - Foto: Bundeswehr / Zeichenstelle WachBtl BMVg |
Haiti liegt in der Karibik südöstlich von Kuba. Haiti hat 11 Millionen Einwohner und teilt sich die Insel mit der Dominikanischen Republik. Die 732 USD des jährlichen Pro-Kopf-Einkommens in Haiti entsprechen dem Zehntel des Durchschnittseinkommens seines Nachbarn. Das liegt wohl nicht nur an den fehlenden All-Inclusive-Reisen, sondern auch am fragilen Staatssystem und den ständigen Naturkatastrophen. Haiti liegt nämlich am Rande der Karibischen und der Nordamerikanischen Platte, was oft zu schweren Erdbeben führt - zuletzt 2010. Weil das Land ganz andere Sorgen hat, gibt es dort nur 500 Soldaten, die sich gerade zu einem Infanteriebataillon zusammenraufen. Die Küstenwache mit ihren acht Patrouillenbooten wird von 50 Paramilitärs gestellt. Den Rest übernehmen Helfer aus Ecuador und Brasilien.
Botschafter der Republik Haiti, Frantz Bataille, bei Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier im Schloss Bellevue akkreditiert - Flagge von Haiti - Foto: Bundeswehr / Zeichenstelle WachBtl BMVg |
Die Botschaft von Haiti liegt in der Nähe von Bahnhof Zoo, IHK Berlin und Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche. Botschafter Frantz Bataille wurde bereits im September 2020 nach Deutschland entsandt. 2015 war er bereits als Geschäftsträger seiner Botschaft in Berlin tätig. In dieser Zeit hatte er an der Qualitätskontrolle für haitische Bananen teilgenommen. Haiti hatte nach 60 Jahren seinen internationalen Handel mit Bananen reaktiviert. Haiti ist ein Beispiel dafür, wie wechselnde Kleptokratien und ausländische Akteure ein Land nachhaltig in den Ruin treiben können.
Botschafter der Republik Kenia, Thomas Boniface Amolo (links), bei Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier im Schloss Bellevue akkreditiert - Foto: Bundeswehr / Zeichenstelle WachBtl BMVg |
Kenia hat 53 Millionen Einwohner und liegt in Ostafrika auf Höhe der Seychellen. Im Norden grenzt Kenia an Somalia und im Westen an Uganda und den Viktoriasee. Das jährliche Einkommen eines Kenianers ist dreimal so hoch wie das eines Bürgers von Haiti. Die 24.100 Soldaten sind hauptsächlich mit dem nördlichen Nachbarn beschäftigt. Im Rahmen von AMISOM ist Kenia mit 4.000 Soldaten in Somalia aktiv. Somalia ist bekannt für seine Piraterie. Diese konnte durch wehrhafte Handelsreisende und deren militärische Begleitschiffe inzwischen so unattraktiv gemacht werden, dass die Bundeswehr sogar Kräfte aus der Region abziehen kann. Kenia ist westlich orientiert und lässt sich gerne durch Briten und Australier unterstützen, gibt aber im Gegenzug auch Leistung zurück. Das Land nimmt an verschiedenen UN-Missionen wie MINUSMA, MINUSCA, MONUSCO, UNSOS, UNMISS und UNAMID teil.
Botschafter der Republik Kenia, Thomas Boniface Amolo, bei Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier im Schloss Bellevue akkreditiert - Flagge von Kenia - Foto: Bundeswehr / Zeichenstelle WachBtl BMVg |
Botschafter Thomas Boniface Amolo wurde 1961 in Nairobi geboren. Studiert hatte er in Nairobi und an der Columbia Universität, New York. Zunächst hatte er an seinem Außenministerium verschiedene Sekretariats- und Beratungsaufgaben wahrgenommen. Seine Auslandserfahrung erstreckt sich hauptsächlich auf den afrikanischen Kontinent: Nigeria und Süd Afrika. Sein Vermögen beläuft sich auf umgerechnet knapp 650.000 USD. Er ist Netzwerker und kann neue Initiativen starten, die nachweisliche Ergebnisse bringen. Die Zusammenarbeit mit Deutschland interessiert ihn sehr, weil man von Deutschland viel bezüglich Landwirtschaft, Industrie und der Förderung junger Menschen lernen könne. Thomas Boniface Amolo setzt sich aktiv gegen Afrophobie ein und möchte seine in Deutschland lebenden Landsleute über Social Media stärker ansprechen.
Die Akkreditierungen fanden zwischen 10 bis 12 Uhr im üblichen Halbstundentakt statt. Nach dem Niederholen der kenianischen Flagge wurde die deutsche Flagge wieder auf den mittleren Mast umgehisst. Die wenigen bei Corona zugelassenen Bildreporter verließen das Schloss und die Vertreterin des Auswärtigen Amtes fuhr mit ihrem Hybridfahrzeug davon.
Autor: Matthias Baumann