Aber auch im Prenzlauer Berg ist die Erfahrung angekommen, dass mit Gründung einer Familie das Einkommen auf mehr Personen aufzuteilen ist und deshalb nicht mehr für alle Annehmlichkeiten des kreativen Eigenlebens ausreicht.
So ging es beim heutigen Berliner Pub Talk im "en passant" an der Schönhauser Allee um "10 Jahre Hartz-Reformen". Der seit Anfang des Jahres monatlich stattfindende Berliner Pub Talk wird von Mitgliedern des Toastmaster-Clubs Berliner Redekünstler organisiert und präsentiert auf dem Podium gerne zwei Vertreter hochgradig divergenter Meinungen.
Berliner Pub Talk im "en pessant" organisiert vom Toastmaster-Club Berliner Redekünstler |
Wenn Amerikaner davon reden, dass zwei Schiffe in der Nacht aneinander vorbeifahren, bedeutet das, dass die Denkmuster so abgekoppelt voneinander sind, dass der andere diese auch mit redlichem Bemühen nicht nachvollziehen kann. So vertrat Michael Fielsch als Key-Accounter der BGE-Lobby und selbsternannter "leidenschaftlicher Hartz-IV-Empfänger und hyperaktiver Taugenichts" die Ansicht, dass jedem Menschen per se ein bedingungsloses Grundeinkommen (BGE) zustehe. Solche Denkmodelle waren mir gelegentlich begegnet, konnten bisher aber nicht logisch nachvollzogen werden. Zumal die Argumentation des hyperaktiven Mannes eher der Zeitepoche der Jäger und Sammler entsprach. Er ging davon aus, dass alle Empfänger von Hartz-IV ihre Zeit für sinnvolle soziale Beschäftigungen nutzen. Überhaupt würde ein BGE den Menschen vom zwanghaften Verhältnis zu einem Arbeitgeber oder irgendwelchen Institutionen wie dem Jobcenter abkoppeln. Er selbst sei durchaus bereit, sich vom Jobcenter in eine geregelte Beschäftigung vermitteln zu lassen, wenn man ihm denn eine Tätigkeit mit Netto 2.000 Euro bei zwanzig Stunden pro Woche anbiete.
Johannes Eber von der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft stellte die Frage, wer denn dieses BGE erwirtschaften solle. Man könne doch nur das nehmen oder verteilen, was irgendwie erst einmal geschaffen wurde. Beeindruckend war seine entspannte Art und die moderaten Formulierungen bei der Beantwortung der Ansichten des leidenschaftlichen BGE-Lobbyisten.
Berliner Pub Talk im "en pessant" organisiert vom Toastmaster-Club Berliner Redekünstler |
Es kamen auch Hartz-IV-Berater zu Wort und betroffene Hochschulabsolventen. Immer wieder ging es um inkompetente Seminarvermittlung und Willkür der Jobcenter. Letztere treibe die Leistungssuchenden in existenzielle Notlagen.
Als es zum Ausklang um die Motivation der sich oftmals selbst verwaltenden Jobcenter-Agenten ging, kam es sogar zum "Schulterschluss" der Kontrahenten, so dass die Diskussion zu einem harmonischen Ende geführt werden konnte.
Autor: Matthias Baumann