Wolfgang Schäuble sagte kürzlich bei einer Veranstaltung des Tagesspiegels, dass sich der Politiker von heute der besonderen Herausforderung einer multimedialen Berichterstattung stellen müsse.
So waren heute auch die Spitzenpolitiker von CDU und CSU im Konrad-Adenauer-Haus zugegen als die
11. CDU-Medianight zelebriert wurde. Angela Merkel geht als Kanzlerin multimedial voran und hat so einige jüngere Kollegen im vernetzten Schlepptau. Als in der großen Talkrunde die Nutzung von Facebook und Twitter privat oder geschäftlich abgefragt wurde, konnte man die beliebtesten sozialen Kanäle unserer Regierungsvertreter kennenlernen.
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CDU Medianight - Angela Merkel bei ihrer Keynote |
Angela Merkel bezeichnete die Internet Community als eine "stolze Community", die so stolz sei, dass sie meine, keine Politiker brauchen zu müssen. Man schiele über den Atlantik und nehme sich ein Beispiel an den Mediengiganten Google und Facebook. Allerdings sei die fortschreitende Durchdringung sämtlicher Lebensbereiche mit dem Internet so gravierend, dass die Politik mehr denn je zum Handeln aufgefordert sei. Industrie 4.0 sei nur ein Beispiel für das in den Bereich des Unkontrollierbaren abgleitende Eigenleben der Interaktion von Mensch und Maschine oder Maschine und Maschine und ähnlichen Konstellationen.
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CDU Medianight - Staatsministerin Prof. Monika Grütters |
Staatsministerin Grütters bezeichnete Google als "Spinne" und machte damit deutlich, dass weltweit etablierte Systeme durch lokale Politik nicht mehr reglementierbar seien. Frau Grütters ging in ihrer Keynote auf die 110 Mio. Euro für die Filmförderung ein, die den Marktanteil deutscher Filme auf 26% steigern und damit einen klaren Wettbewerbsvorsprung gegenüber Frankreich erzielen konnte.
CDU-Generalsekretär Tauber erinnerte sich an die Zeit, als er "noch jung war und Haare hatte". Damals wollte er die Forderung durchsetzen, das Internet einmal auszudrucken und dann abzuschalten. Heute hält er diese Forderung nicht mehr für realistisch.
Wir besuchten das Diskussionspanel 1 mit Dr. Thomas Bellut, Intendant des ZDF, Sabine Verheyen, Mitglied des Europa-Parlaments, Christoph Keese, Executive Vice President Axel Springer SE, Dr. Guido Brinkel von 1&1 und Annegret Kramp-Karrenbauer, Ministerpräsidentin des Saarlandes. "Wie in der Kirche, die erste Reihe bleibt immer frei", stellte Sabine Verheyen fest, als sie sah, dass nur wir in der ersten Reihe Platz genommen hatten und sich hinter uns die Interessenten im Saal drängten.
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CDU Medianight - ZDF-Intendant Dr. Thomas Bellut und Andreas Eichler |
In seinen einleitenden Worten ging Dr. Bellut auf DVB-T2 und eine damit mögliche Regulierung ein. Zudem forderte er eine Vereinfachung des Copyrights. Copyright war auch ein Thema, dass Frau Verheyen aufgriff und über die Herausforderungen bei der europaweiten Konsolidierung der Urheberrechte redete. Die Medien bieten momentan fließende Übergänge, seien international verfügbar, aber jedes Land habe eigene Standards beim Kopierrecht.
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CDU Medianight - Annegret Kramp-Karrenbauer und Andreas Eichler |
Das ergänzte Christoph Keese noch, indem er vorab zu bedenken gab, dass Google, Twitter und Facebook keine europäischen Erfindungen seien und stellte die Frage, warum man in Europa so etwas eigentlich nicht erfinde. Im weiteren Verlauf gab er dazu eine interessante Erklärung: Das notwendige Wagniskapital sei in Deutschland massiv unterentwickelt. Das habe zur Folge, dass innovative journalistische Ideen nicht zur Praxisreife gelangen, da irgendwann die Finanzierung ausgehe, so sie denn überhaupt begonnen habe. Er bezeichnete das als "kreativen Untergang".
In den USA habe man laut Keese ein ganz anderes Verständnis von "fair use". So sei es dort üblich, ein Buch zu verfilmen und so zu tun als sei die Ideennutzung des Buches keine Urheberrechtsverletzung. In Europa gebe es dazu andere Wertvorstellungen.
Dr. Brinkel von 1&1 ging darauf ein, dass die mediale Wirtschaft inzwischen so komplex sei, dass Wettbewerber sogar Synergien entwickeln könnten. Deshalb müsse man eine differenzierte Debatte über Wettbewerbsverhältnisse führen.
Während der anschließenden Koreferate aus dem Publikum steuerten wir per Smartphone den neben uns flimmernden Twitterkanal an. Dieser aktualisierte regelmäßig die auf
#mn14 getagten Tweets.
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CDU Medianight - Angela Merkel testet Windows 8 am Microsoft-Stand |
Die Globalisierung brachte auch immer wieder eine hierzulande unpopuläre Thematik "der Kultur des Scheiterns" auf den Tisch. In den USA gehöre es schon fast zum guten Ton, wenigstens mit einer Unternehmung gescheitert zu sein, um dann die zweite richtig erfolgreich zu gestalten. In Deutschland sei man sofort moralisch am Boden zerstört und wolle sich solch eine Peinlichkeit nicht noch einmal zumuten. Dabei entspricht es der natürlichen Lebenserfahrung, dass es Höhen und Tiefen gibt und dass beim konstruktiven Umgang mit Tiefen erfahrungsgestützte Erfolge erzielbar sind. Gerade das Internet biete sehr viele Chancen, die nur durch Ausprobieren und unternehmerischen Mut zum eventuellen Error nutzbar sind.
Bei der anschließenden Party trafen wir einige der Minister wieder und konnten auch zusehen wie Angela Merkel am Microsoft-Stand mit Windows 8 umging.
Autor: Matthias Baumann