Dienstag, 11. Mai 2021

PMK: Trends bei der Politisch motivierten Kriminalität im Jahr 2020

Wenn ein Thema "trendet", denkt der gut informierte Bundesbürger an Twitter. Je öfter ein Hashtag - älteren Leuten als Doppelkreuz oder Raute bekannt - in Kommentaren bei Twitter auftaucht, umso eher landet es in den Twitter-Trends. Dann trendet es. Das kann #Baerbock, #Thunberg, #Duplo oder #Sonstwas betreffen. Während #COVID19 hat sich auch bei der #Kriminalität einiges verschoben, so dass ein Blick in die neueste Statistik der #PMK, also der Politisch motivierten Kriminalität, lohnt.

PMK: Trends bei der Politisch motivierten Kriminalität im Jahr 2020
Innenminister Horst Seehofer und Bundeskriminalamt (BKA) stellten am 4. Mai 2021 in der Bundespressekonferenz die Trends bei der Politisch motivierten Kriminalität (PMK) im Jahr 2020 vor.

Innenminister Seehofer hatte im letzten Jahr mehrfach betont, dass die PMK von rechts derzeit die größte Herausforderung darstelle. Und tatsächlich bewegen sich die Zahlen weiterhin auf hohem Niveau. Allerdings sollten diese Zahlen differenziert betrachtet werden. 13.659 von 23.604 Delikten aus dem rechten Täterspektrum sind Propagandadelikte, während links nur 118 von 10.971 Delikten in den Bereich Propaganda fallen. Die größte Zuwachsrate von über 29% weist PMK ohne klare Zuordnung auf. Das sind kriminelle Handlungen, deren Täter weder rechts, noch links, noch religiös, noch einer ausländischen Ideologie anhängend zu verorten sind. Hier kommt #COVID19 ins Spiel:

Die 8.624 nicht zuordenbaren Taten liefen weitestgehend im Internet ab und waren Hasspostings oder Beleidigungen. Der Zorn dieser Tätergruppe entlud sich aber nicht nur verbal. Es kam auch in 1.701 Fällen zu tätlichen Angriffen auf die Polizei, Amtsträger oder Mandatsträger. Das ist aber vergleichsweise wenig gegenüber dem, was die gewaltbereite linke Szene in 2020 ablieferte. Mit 2.873 Straftaten gegen die Polizei traten Linke doppelt so aggressiv auf wie rechte Täter. Ähnlich sieht es in der Gesamtauswertung von Körperverletzungen und Tötungsdelikten aus. Während Rechts einen Anstieg um knapp 11% auf 1.092 Straftaten verzeichnete, legte Links um etwa 45% zu und konnte 1.526 Fälle verbuchen. Die Lücke zwischen den beiden Zahlen wurde durch die nicht zuordenbaren Gewaltausbrüche geschlossen. Hier gab es eine Steigerung um knapp 50% auf 591 Fälle.

Rechte Straftaten wurden überwiegend aus fremdenfeindlichen (9.420), ausländerfeindlichen (5.298) oder rassistischen (2.899) Motiven begangen. Eine beachtenswerte Opfergruppe waren Repräsentanten religiöser Gemeinschaften, die im Vergleich zum Vorjahr viermal so oft angegriffen wurden. 90% der Delikte gegen Religionsgemeinschaften gingen von rechts aus. Die physische Gewalt in diesem Bereich lag bei 3%. Moscheen (103) und Kirchen (100) waren ähnlich stark betroffen, während Angriffe auf Synagogen (24) deutlich seltener zu verzeichnen sind.

Auch wenn Straftaten aus Motivation einer "religiösen Ideologie" mit ihren 477 Fällen im Gesamtkontext schon fast belanglos wirken, sollte dieser Bereich nicht vernachlässigt werden. So warnt der Bericht des BKA (Bundeskriminalamt) ausdrücklich vor einer anhaltend hohen Gefährdungslage durch Jihadisten und selbstradikalisierte Einzelpersonen: "Als Tatimpuls können nahezu beliebige - mithin auch subjektiv als islamfeindlich empfundene - Ereignisse, Äußerungen oder Handlungen, jihadistische Internetpropaganda oder rein intrinsische Faktoren wirken."

Autor: Matthias Baumann

Samstag, 8. Mai 2021

EU-Indien-Gipfel: Ist Indien das neue China?

"Wenn Mama und Papa Nein sagen, frage ich Oma", lautet eine bewährte Kinderweisheit. Was im Kleinen funktioniert, lässt sich in der Regel auch auf Großes adaptieren. So tauchte das Zitat eines amerikanischen Spitzendiplomaten ausgerechnet in einem Buch über den Umgang mit Teenagern auf. Er sagte, dass die Auseinandersetzungen mit der pubertierenden Tochter sehr hilfreich gewesen seien für seine Verhandlungen mit den Russen.

Während Amerika schon länger über China enttäuscht ist, beginnt man nun auch in Europa skeptisch zu werden. China kauft gezielt Technologie-Unternehmen auf und investiert an der europäischen Peripherie in Infrastruktur. Was die mediale Beeinflussung betrifft, sind die Chinesen zwar nicht so aktiv wie Russland, aber sie hinterlassen dennoch nützliche Spuren im Gedächtnis der Länder, in denen sie Häfen und Straßen bauen. Vor einigen Jahren hatte man China bewusst in die WTO (Welthandelsorganisation) aufgenommen, um dem Land westliche Werte zu vermitteln und einen attraktiven Handelspartner zu gewinnen. Die Rechnung ging nicht auf, da China seine eigene Agenda verfolgte und lediglich die Vorteile der WTO ausreizte. Die USA sind darüber so verärgert, dass sie die gesamte Arbeit der WTO blockieren.

EU-Indien-Gipfel: Ist Indien das neue China? Pressekonferenz mit Angela Merkel im Bundeskanzleramt, Indo-Pazifik-Leitlinien
EU-Indien-Gipfel: Ist Indien das neue China?

 Die WTO nahm am 1. Januar 1995 offiziell ihre Arbeit auf. Sie sitzt in Genf und ist neben der Weltbank und dem IWF (Internationaler Währungsfonds) eine der wichtigsten internationalen Handelsvereinigungen. Viele EU-Staaten inklusive Deutschland sind - wie auch Indien - Mitglieder der ersten Stunde. Indien ist mit seinen 1,3 Milliarden Einwohnern ein starkes Gegengewicht zu China mit seinen 1,4 Milliarden Einwohnern. Allerdings liegt dessen Wirtschaftsleistung weit hinter China zurück. Das jährliche Pro-Kopf-Einkommen beträgt in China 10.839 USD und in Indien 1.877 USD. Das sind weniger als 20%. Ähnlich gestaltet sich das Bruttoinlandsprodukt (BIP): Indien wartet mit 2,59 Billionen USD auf, während China 15,2 Billionen USD erwirtschaftet. Deutschland erwirtschaftet insgesamt 3,78 Billionen USD bei einem Pro-Kopf-Einkommen von 45.466 USD.

Indien ist wirtschaftlich also kein adäquater Ersatz für China. Dessen ist sich wohl auch die Bundesregierung bewusst. Kein Wunder also, dass Angela Merkel in der heutigen Pressekonferenz zum EU-Indien-Gipfel sehr verhalten auf die Frage zu einer möglichen Verschiebung der wirtschaftlichen Interessen von China nach Indien antwortete. Die handelnde Weltgemeinschaft befindet sich in einem Dilemma: Einerseits stützt der Handel mit China den eigenen Wohlstand. Andererseits ist China ein zunehmend unsicherer Partner. Ja, China wird als "systemischer Wettbewerber" gehandelt. Über dem Südchinesischen Meer knistert schon der Brandgeruch eines umfangreichen militärischen Konfliktes. Die benachbarten Staaten von Vietnam bis Japan starren auf die ambitionierten Machenschaften Chinas in der Region. Für Deutschland würde eine Eskalation der Situation bedeuten, dass etwa 30% des internationalen Warenverkehrs davon tangiert wären. Ein Gegenpol muss her!

Militärisch ist Indien ein ernst zu nehmender Player. Indien besitzt Atomwaffen. Diese sollten bislang zur Abschreckung gegenüber seinem muslimischen Nachbarn Pakistan dienen. Pakistan hat nur 233 Millionen Einwohner, aber eine ähnliche Wirtschaftsleistung. Wenn sich Indien und Pakistan streiten, freut sich China und baut durch Pakistan einen langen Verkehrsweg zur Küste des Indischen Ozeans. Damit sichert sich China einen Zugang zum Indischen Ozean und kann einer Auseinandersetzung mit Indien zumindest in diesem Punkt gelassen entgegen sehen. Dass sich Pakistan und Indien irgendwann besser verstehen werden, ist derzeit nicht anzunehmen. Der Weg durch Pakistan versüßt allerdings auch der EU die Handelsbeziehungen zu China. Wenn dann nämlich der Krieg im Südchinesischen Meer beginnt, kann der Handel über die Pakistan-Route fortgesetzt werden.

Um die Chinesen davon zu überzeugen, die Gelüste an den Anrainerstaaten des Südchinesischen Meeres etwas herunterzufahren, entsendet Großbritannien einen Flugzeugträger in die Region. Im August wird auch unsere Fregatte "Bayern" in den Indo-Pazifik aufbrechen. Weitestgehen unbemerkt von der deutschen Berichterstattung laufen bilaterale Verhandlungen mit Werte-Partnern von Australien, über Japan bis Singapur. Es wird ein Netz aus Koalitionen als Gegengewicht zu China gesponnen. Indien ist Teil dieses Netzes. Ein wichtiger Teil.

Deshalb haben Indien und die EU eine Roadmap mit 118 Punkten aufgesetzt. Darin geht es beispielsweise um Mobilfunknetzwerke, den Austausch von Fachkräften, Städtepartnerschaften, Bildungsaustausch, Unterstützung bei Transport und Infrastruktur oder Win-Win-Effekte durch trilaterale Beziehungen. Ein großes Problem für einen Ausbau der wirtschaftlichen Beziehungen stellen Geldwäsche und Steuerbetrug dar. So wissen Unternehmensberater zu berichten, dass es in Indien und anderen Ländern Asiens üblich sei, nur einen Teil des Rechnungsbetrages über Bankkonten abzuwickeln. Der Rest fließe als Bargeld. So komme es nicht selten vor, dass ganze Schränke mit Bargeld vorgehalten werden, deren Inhalt beim Kauf großer Investitionsgüter den Ort der Einlagerung wechselt. Dennoch sei man laut Bundeskanzlerin mit Indien viel weiter als mit China. Mit China gebe es nur ein Investitionsabkommen. Mit Indien gehe es bereits um ein Freihandelsabkommen.

Autor: Matthias Baumann

Donnerstag, 6. Mai 2021

Botschafter von Kamerun, Lesotho und Mauritius beim Bundespräsidenten akkreditiert

Heute wurden nur drei Botschafter bei Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier akkreditiert. Dafür kamen alle drei Exzellenzen aus Afrika und die Frauenquote lag bei zwei Dritteln. Hier die Reihenfolge der Vorfahrten im Halbstundentakt ab 10 Uhr:

Botschafter der Republik Kamerun, Victor Ndocki
Botschafterin des Königreichs Lesotho, Senate Barbara Masupha
Botschafterin der Republik Mauritius, Christelle Sohun

Botschafter der Republik Kamerun, Victor Ndocki, bei Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier im Schloss Bellevue akkreditiert
Botschafter der Republik Kamerun, Victor Ndocki (rechts), bei Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier im Schloss Bellevue akkreditiert - Foto: Bundeswehr / Zeichenstelle WachBtl BMVg

Kameruner sind in Berlin sehr beliebt. Der in Schmalz gebackene Teig hat in der Regel die Form einer Acht und wird mit Zucker überstreuselt. Der Name für dieses Gebäck stammt aus der Zeit, als Kamerun zwischen 1884 und 1919 deutsche Kolonie war. Als Folge des 1. Weltkrieges wurde Kamerun unter britisches und französisches Mandat gesetzt. Nach diversen Unruhen und dem Auslaufen des UN-Mandates wurde Kamerun 1960 unabhängig.

Botschafter der Republik Kamerun, Victor Ndocki, bei Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier im Schloss Bellevue akkreditiert
Botschafter der Republik Kamerun, Victor Ndocki, bei Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier im Schloss Bellevue akkreditiert - Flagge von Kamerun - Foto: Bundeswehr / Zeichenstelle WachBtl BMVg

Die Republik Kamrun hat knapp 28 Millionen Einwohner und liegt im Innenknick von Westafrika am Atlantik. Etwa 70% der Bevölkerung sind Christen. Auch Naturreligionen stehen hoch im Kurs. Deshalb treibt auch die islamistische Terrororganisation Boko Haram ihr "missionarisches" Unwesen in der Region. Zur Behandlung dieses Problems erhält Kamerun internationale Unterstützung von Frankreich, China, den USA und Südafrika. Botschafter Victor Ndocki ist seit 1987 im diplomatischen Dienst tätig. Zuletzt war er am United Nations International Centre in Wien eingesetzt.

Botschafterin des Königreichs Lesotho, Senate Barbara Masupha, bei Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier im Schloss Bellevue akkreditiert
Botschafterin des Königreichs Lesotho, Senate Barbara Masupha (links), bei Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier im Schloss Bellevue akkreditiert - Die Mitarbeiterin des Auswärtigen Amtes zeigt auf die Flagge von Lesotho. - Foto: Bundeswehr / Zeichenstelle WachBtl BMVg

Lesotho ist eine parlamentarische Monarchie und liegt mitten im Nordosten Südafrikas. Die Enklave hat knapp 2 Millionen Einwohner mit einem stark rückläufigen Pro-Kopf-Einkommen von 924 USD pro Jahr. Dafür besitzt der Staat einen Kampfpanzer vom Typ T-55 und drei Twin-Huey-Hubschrauber von Bell. Besonders stolz ist Lesotho auf den Qiloane-Berg, dessen markante Form sich auf der Flagge und bei den Kopfbedeckungen wiederfindet.

Botschafterin des Königreichs Lesotho, Senate Barbara Masupha, bei Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier im Schloss Bellevue akkreditiert
Botschafterin des Königreichs Lesotho, Senate Barbara Masupha, bei Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier im Schloss Bellevue akkreditiert - Flagge von Lesotho - Foto: Bundeswehr / Zeichenstelle WachBtl BMVg

Botschafterin Seante Barbara Masupha löst Retselisitsoe Calvin Masenyetse ab, der im Dezember 2017 im Schloss Bellevue akkreditiert worden war. Ihr Leben ist ein Leben des Kampfes. Des Kampfes um Gleichberechtigung. Sie stammt aus einer Familie mit einflussreichen Führungspersonen. Sie selbst hätte aber nie in die Fußstapfen ihrer männlichen Verwandten treten dürfen. Mit den politischen Umbrüchen in Namibia und Südafrika wuchs auch ihr Mut, sich gegen das Patriarchat aufzulehnen. Mit Erfolg: Seit heute vertritt sie ihr Land als Botschafterin in Deutschland.

Botschafterin der Republik Mauritius, Christelle Sohun, bei Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier im Schloss Bellevue akkreditiert
Botschafterin der Republik Mauritius, Christelle Sohun (links), bei Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier im Schloss Bellevue akkreditiert - Foto: Bundeswehr / Zeichenstelle WachBtl BMVg

Mauritius hat knapp 1,4 Millionen Einwohner und ein für Afrika bemerkenswertes Pro-Kopf-Einkommen von etwa 9.000 USD. Mauritius ist eine Insel im Indischen Ozean und liegt östlich von Madagaskar. Und wo liegt Madagaskar? Madagaskar ist eine riesige Insel östlich von Südafrika. Mauritius ist wohl hauptsächlich wegen der seltenen blauen Briefmarken aus 1847 bekannt. Die Insel war eine der Wiegen des Briefmarkendrucks und beherbergt ein entsprechendes Museum in Port Louis. Mauritius unterhält sehr gute Beziehungen zu Indien. Entsprechend sieht auch die Religionszugehörigkeit aus: Etwa die Hälfte sind Hindus und ein Drittel sind Christen.

Botschafterin der Republik Mauritius, Christelle Sohun, bei Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier im Schloss Bellevue akkreditiert
Botschafterin der Republik Mauritius, Christelle Sohun, bei Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier im Schloss Bellevue akkreditiert - Flagge von Mauritius - Foto: Bundeswehr / Zeichenstelle WachBtl BMVg

Botschafterin Christelle Sohun war vor ihrer Berufung nach Deutschland in Australien und Neuseeland eingesetzt. Es ist üblich, dass Botschafter kleinerer Staaten an ihrer Wirkungsstätte mehrere regionale Staaten betreuen. So wird sie ihr Land wohl auch gegenüber der EU vertreten.

Autor: Matthias Baumann