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Samstag, 12. Juli 2025

Total Defense - Schwedens Konzept der Gesamtverteidigung

Schon während des Zweiten Weltkriegs hatte sich Schweden mit der Gesamtverteidigung beschäftigt und ein Konzept entwickelt, in das militärische und zivile Kräfte eingebunden sind. Dieses Konzept wird bis heute fortgeschrieben und kann auch als Anregung für Deutschland dienen.

Auf der Münchner Sicherheitskonferenz 2023 hatte der schwedische Verteidigungsminister Pål Henning Jonson in einem Panel eher beiläufig die vier Säulen des Konzeptes der Gesamtverteidigung - Neudeutsch: Total Defense - vorgestellt:

1) Total Defense Concept – Konzept der Gesamtverteidigung

2) Amt für Psychologische Verteidigung

3) Nationaler Sicherheitsrat

4) Broschüre „If Crisis Or War Comes“ (Wenn es zu Krise oder Krieg kommt.)

Zwischenzeitlich wurde sogar ein weiterer Ministerposten für Zivilschutz geschaffen. Dieser ist ebenfalls im Verteidigungsministerium angesiedelt und kümmert sich um die Koordination der zivil-militärischen Zusammenarbeit. Schweden begrüßt es, dass laut Koalitionsvertrag auch in Deutschland ein Nationaler Sicherheitsrat (NSR) etabliert werden soll. In Schweden besteht er aus Ministerpräsident, Verteidigungsminister, Zivilschutzminister, Außenminister, Innenminister und Finanzminister. Auch das Militär, die Polizei und die Fraktionsvorsitzenden dürfen mitwirken. Man legt hohen Wert auf Konsens, damit im Krisenfall alle an einem Strang ziehen.

Resilienz in der Gesellschaft ist kein Selbstläufer. So berichtete der Zivilschutzminister, Carl-Oskar Bohlin, auf der Berlin Security Conference 2024, dass man etwa zehn Jahre gebraucht habe, um die  Schweden aus der Hängematte der Friedensdividende zu holen und für eine neue Bedrohungslage zu sensibilisieren. Ein wichtiges Element dieser Sensibilisierung stelle die Broschüre „If Crisis Or War Comes“ dar. Diese gibt es in millionenfacher Auflage bereits seit 1943. Früher war sie Bestandteil des Telefonbuchs. Heute wird sie über die Briefkästen an jeden Haushalt verteilt und enthält wichtige Tipps für Widerstand, Informationsgewinnung, Bevorratung, Hygiene und den Umgang mit Strom- und Wassermangel.

Zweieinhalb Jahre nach dem Panel mit Pål Henning Jonson konnten wir ein Interview zur Total Defense mit dem schwedischen Verteidigungsattaché, Kapitän zur See Jonas Hård af Segerstad, führen. Es war sein letzter Arbeitstag an der Botschaft in Berlin:


Autor: Matthias Baumann

Montag, 23. Juni 2025

GEPARD Flugabwehrkanonenpanzer bekämpft Drohnen

Der Flugabwehrkanonenpanzer GEPARD war von 1976 bis 2010 bei der Bundeswehr in Nutzung. Zeitgleich mit dessen Nutzungsende wurde die Heeresflugabwehrtruppe aufgelöst. In der Ukraine hat sich nun jedoch gezeigt, dass der GEPARD hervorragend zur Zerstörung von Drohnen geeignet ist. Konzipiert war er ursprünglich zum Schutz der kämpfenden Truppe vor niedrig fliegenden Kampfjets, Hubschraubern und bei Bedarf auch von Zielen am Boden. Er verfügt über zwei 35-Millimeter-Maschinenkanonen, die Luftziele bis 5.500 Meter und Erdziele bis 2.000 Meter bekämpfen. Als Basis für den GEPARD dient der Leopard 1.


Kürzlich hatte die Firma KNDS ukrainische Soldaten am GEPARD ausgebildet. Die Trainer rekrutieren sich zum größten Teil aus ehemaligen GEPARD-Kräften der Bundeswehr. Einerseits können sie ihre Expertise einbringen und zweitens haben sie die Gelegenheit, ihr geliebtes Waffensystem weiterhin zu bedienen. Das Dach dieser Ausbildungsprogramme für die Ukrainer bildet das Multinational Special Training Command (MN ST-C EUMAM UA). Im konkreten Fall ging es darum, nach einer kurzen theoretischen Ausbildung inklusive GEPARD-Simulator den praktischen Teil zu absolvieren. Dazu wurden Gruppen mit je drei Soldaten gebildet, die während der Übung abwechselnd die drei Positionen - Fahrer, Kommandant und Schütze - besetzen sollten. Anhand der gezeigten Fähigkeiten konnten die Trainer sehr gut erkennen, wer für welchen Platz am besten geeignet ist. Es ging hier also hauptsächlich um die Bedienung des GEPARD und nicht um Taktik. Trainer bestätigten, dass die Ukrainer hochmotiviert sind und sehr schnell lernen.

Einen Tag dieses Trainings haben wir mit der Kamera begleitet. Unser Bericht zeigt zunächst einen GEPARD für die Ausbildung der Fahrer. Anschließend werden die beiden Maschinenkanonen eines anderen GEPARD aufmunitioniert. Danach beziehen die GEPARDen ihre Feuerstellung. Parallel werden Drohnen als Ziele vorbereitet und gestartet. Die Drohnen sind mit Treffer-Sensorik ausgestattet. Mit kurzen Feuerstößen von drei bis acht Schuss soll die Drohne getroffen werden. Dauerfeuer hat sich beim GEPARD als wenig sinnvoll herausgestellt, weil die Rauchentwicklung die Sicht versperrt und den GEPARD für Feindkräfte zu schnell erkennbar macht. Die Trefferquote ist dennoch gut bei zeitgleicher Ersparnis von Munition. Die Bundeswehr nennt das „Feuerzucht“. Da es sich um eine Übung mit vordefinierten Trainingszielen handelte, wechselt zwischendurch die GEPARD-Besatzung. Zum Abschluss des Schießens ist ein Treffer zu sehen. Auch hier wieder der Klassiker der Bildberichterstattung: Als wir gerade zurück zum Beobachtungsturm fahren wollen und die Kameras nicht mehr bereit sind, gibt es den Treffer. Dieser wurde von einem Kameraden der Bundeswehr per Handy eingefangen. Anschließend geht es zurück zur Basis.

Autor: Matthias Baumann

Sonntag, 15. Juni 2025

1. Nationaler Veteranentag am Reichstag in Berlin

Um den Reichstag herum fand heute der 1. Nationale Veteranentag statt.

Dieser besondere Gedenktag war lange überfällig. Er war leidenschaftlich und nachdrücklich von Veteranen, aktiver Truppe und Reservisten gefordert worden. Immer wieder gab es Initiativen verschiedener Veteranengruppen, die aber nur sehr zäh in die Entscheidungsgremien durchdrangen. Hinzu kam, dass das BMVg mit den unterschiedlichen Veteranengruppen fremdelte, die alle ihre eigenen Vorstellungen von Gedenkkultur hatten.

Die wichtigsten gedenkorte der Bundesw3ehr waren bislang das Ehrenmal der Bundeswehr am Bendlerblock, der „Raum der Stille“ und der „Wald der Erinnerung“. Wobei letzterer auf Initiative der Familien gefallener Soldaten im damaligen Einsatzführungskommando bei Potsdam eingerichtet wurde.

Der 1. Nationale Veteranentag war von Lebensfreude geprägt. Der Besucher tauchte sofort in ein buntes Treiben ein: junge Familien, Reservisten, Generale, Veteranen mit Motorrad, Bundeswehr-Sportler und Großeltern bildeten einen Mix aus Menschen, die in irgendeiner Weise Bezug zur Bundeswehr und deren Einsätzen haben. Auf der großen Bühne sprachen Spitzenpolitiker und die Militärseelsorge. Zudem gab es Konzerte und viel zu Essen. Veteranenverbände und andere thematisch passende Organisationen informierten an ihren Ständen und teilten Kugelschreiber, Pfefferminzdrops und Jutebeutel aus.

Unsere Interviewpartner zeigten sich durchweg erfreut über diesen guten Anfang in Sachen öffentlicher Gedenkkultur:


Autor: Matthias Baumann

Montag, 2. Juni 2025

Wie steht es um die Gesundheitsversorgung im Verteidigungsfall?

Am 2. Juni 2025 trafen sich Experten aus Bundeswehr, zivilem Gesundheitswesen, Katastrophenschutz, Wissenschaft, Politik und Hilfsorganisationen zu einem Symposium unter dem Motto "Gesundheitsversorgung in der Landesverteidigung". Zuerst nahm Frau Generalstabsarzt Dr. Nolte die Teilnehmer in ein realitätsnahes Übungsszenario hinein und skizzierte die Möglichkeiten und Herausforderungen der 5 Phasen zwischen "sicherer Frieden" (Phase 0) bis "Landesverteidigung" (Phase 4). Die Zwischenphasen sind 1) hybride Aktionen, 2) Aufmarsch des Gegners an den NATO-Außengrenzen und 3) Bündnisverteidigung an den NATO-Außengrenzen. Sie sprach ungeschminkt über Verknappung von Ressourcen wie Impfstoffen, Patientenbetten, Internet und Personal sowie über Logistik und zu erwartende Binnenflucht-Bewegungen.

Den Blick über den Tellerrand gewährten anschließend Divisionär Dr. Stettbacher aus der Schweiz und Surgeon General Dr. Beer aus Israel. In Sachen Resilienz sind uns die Schweiz und Israel weit voraus. Die Schweiz hatte sich schon während des Kalten Krieges auf die umfassende Verlegung wichtiger Einrichtungen unter die Erde konzentriert und betreibt seitdem viele Krankenhäuser und andere Einrichtungen unterirdisch. Israel hat einen starken Fokus auf den Erhalt des Lebens seiner Soldaten und Zivilisten. Deshalb werden dort die Rettungsketten stetig optimiert und schneller gemacht, da der Zeitfaktor entscheidend für die Rettung des Patienten ist.

All diese Impulse waren wertvolle Ausgangspunkte für die weiteren Diskussionen in kleinen Arbeitsgruppen am Nachmittag. Letztere waren von Denkverboten befreit und fanden ohne Presse statt. Bereits vor einem Jahr hatte der ehemalige Inspekteur des Sanitätsdienstes, Generaloberstabsarzt a.D. Dr. Baumgärtner, ein ähnliches Symposium im ukb in Marzahn veranstaltet.

Hier die ungekürzte Pressebegegnung mit Generaloberstabsarzt Dr. Hoffnung Unterabteilungsleiter "Gesundheitssicherheit" und Heiko Rottmann, aus dem Gesundheitsministerium.


Autor: Matthias Baumann

Donnerstag, 27. März 2025

Kommandowechsel beim I. Deutsch-Niederländischen Corps 1GNC

Am 27. März 2025 fand bei schönstem Frühlingswetter auf dem Domplatz in Münster der Kommandowechsel des I. Deutsch-Niederländisches Corps (1GNC) statt.

Der deutsche Inspekteur des Heeres, Generalleutnant Alfons Mais, und der niederländische Inspekteur des Heeres, Generalleutnant Jan Swillens, übergeben das Kommando vom niederländischen Generalleutnant Nico Tak an den deutschen Generalleutnant Peter Mirow. Das 1GNC wurde 1995 gegründet. Damals bestand es aus deutschen und niederländischen Soldaten. Inzwischen dienen im 1GNC 12 Nationen, die im Laufe des Jahres durch 4 weitere Nationen verstärkt werden. Musikalisch untermalt wurde der Appell durch das Luftwaffenmusikkorps Münster unter Leitung von Major Alexander Kalweit und das niederländische Musikkorps "Bereden Wapens" unter Leitung von Oberstabsfeldwebel Tom Koster.


Autor: Matthias Baumann

Sonntag, 16. Februar 2025

Münchner Sicherheitskonferenz 2025 #MSC2025

Vom 14. bis 16. Februar 2025 fand im Hotel Bayerischer Hof in München die Münchner Sicherheitskonferenz MSC 2025 statt.

Die MSC ist ein vielschichtiges, sicherheitspolitisches und diplomatisches Format mit prominenten Teilnehmern, bilateralen Gesprächen, Nebenschauplätzen und Diskussionsrunden. Wer bei den vielen parallel laufenden Panels und Veranstaltungen die beste Teilnahme-Entscheidung treffen möchte, sollte seine thematischen Schwerpunkte definiert haben. Unsere Schwerpunkte lagen diesmal auf dem Nahen Osten, dem transatlantischen Verhältnis und der Terrorbekämpfung. Die kurzfristige Bekanntgabe des Tagesprogramms fordert den Besucher in Sachen Flexibilität, Entscheidungsfreude und Priorisierung heraus.

Besondere Aufmerksamkeit hatte die Rede des US-Vizepräsidenten J.D. Vance erregt, weil er die Gefahr von Innen ansprach – insbesondere eine ideologisierte Medienlandschaft und Diskussionskultur, die Tabus aufbaue und Personen mit anderer Meinung diffamiere.

Interessant war, die einzelnen Akteure der neuen Trump-Regierung zu erleben, die unisono ihren Präsidenten für seine „Leadership“ lobten und bemüht waren, entweder gar nichts oder die noch frische, offizielle Argumentationslinie einzubringen. Es war ein Abtasten der Situation und ein Kennenlernen der internationalen gegenüber. Auch Verteidigungsminister Boris Pistorius bestätigte, dass die Amerikaner wissbegierig seien und sogar nach seinem Rat gefragt hätten.

Etwas enttäuschend aber symptomatisch für die Ampel-regierung erwies sich ein Panel mit BMZ-Ministerin Svenja Schulze, in dem es um den Return On Investment (ROI) bei der UN-Entwicklungshilfe gehen sollte. Statt auf das Thema einzugehen, war das Panel geprägt von gegenseitigen Lobeshymnen und dem verbalen Klopfen auf die eigene Schulter. Der Erkenntnisgewinn bezüglich des Themas lag bei null.