Heute Früh wurde der Präsident der
Republik Polen, Karol Nawrocki, vor dem Schloss Bellevue mit militärischen
Ehren empfangen. Karol Nawrocki ist seit August 2025 im Amt.
Neben dem Antrittsbesuch beim
Bundespräsidenten stehen heute noch Gespräche bei Bundeskanzler Friedrich Merz
auf dem Programm. Das Medieninteresse ist sehr hoch. Eine Pressenbegegnung ist
aber weder beim Bundespräsidenten noch beim Bundeskanzler terminiert.
Der Besuch ist überschattet durch
die neuerliche Entwicklung an der Grenze Polen-Belarus. Begleitend zum
russischen Großmanöver „SAPAD 2025“ wurde eine zweistellige Zahl großer
Einwegdrohnen über polnisches Gebiet entsandt. Als Reaktion auf diese
Provokation werden aktuell 40.000 Soldaten und Grenzgebiet zu Belarus
verlagert. In der Vergangenheit hatte Russland seine Manöver als Ausgangspunkt
für tatsächliche Angriffe genutzt. Fachkreise sehen darin ein Muster und gehen
von einem bevorstehenden Angriff auf NATO-Gebiet aus. Zumindest rechnet man mit
einem intensiven Austesten der Reaktion des Westens. Zurzeit läuft in der
Ostsee, Polen und Litauen das Bundeswehr/NATO-Manöver „Quadriga 2025“.
Am
18. August 2025 begann die Übungsserie „Quadriga 2025“ mit der Teilübung „Role2Sea“.
Diese konzentrierte sich auf sanitätsdienstliche Aspekte und legte Wert darauf,
auch zivile Kräfte in das Szenario einzubinden. Bis zum 30. September 2025
werden weitere Teilübungen wie „Silver Dagger“, „Grand Eagle“, „National
Guardian“, „Air Mag Day“, „Brave Blue & Safety Fuel“ sowie „Northern Coasts“
absolviert. Es geht darum, das Zusammenspiel verschiedener Teilstreitkräfte und
Nationen sowie ziviler Kräfte zu trainieren, zu evaluieren und zu optimieren. Einen
Schwerpunkt bildet diesmal die geschützte Verlegung von Truppe und Material auf
dem Seeweg. Die daraus entstehenden Bilder sollen der Abschreckung gegenüber
einem potenziellen Angreifer aus dem Osten dienen.
Am
heutigen DV-Day (Distinguished Guests Day, Tag für Ehrengäste) konnten sich
Generale, Admirale, Militärattachés, Botschafter, Abgeordnete und die Medien in
Rostock ein Bild von der Teilübung „Northern Coasts“ machen. Neben bekannten
Szenarien wie der Absicherung eines maritimen Konvois wurden auch neue Dinge
wie Seedrohnen, Feldjäger auf Jet-Ski und Abfangdrohnen gezeigt. Letztere
wirken mit einem Fangnetz auf gegnerische Drohnen. Laut Inspekteur der Marine,
Vizeadmiral Kaack, habe man bei der Bekämpfung von Aufklärungsdrohnen
inzwischen einige Erfolge erzielt und mehrere Drohnenbediener der Polizei
übergeben können.
Den
Medientag haben wir mit der Kamera begleitet und einen 20-minütigen Bericht
zusammengestellt:
Seit dem 28. Juli 2025 findet der
8. Marsch zum Gedenken statt. Dabei marschieren Reservisten und aktive Soldaten
gegen das Vergessen ihrer im Kampf gefallenen Kameraden, aber auch der im
Dienst verstorbenen militärischen und zivilen Angehörigen der Bundeswehr.
Der Marsch beginnt in der
Fläming-Kaserne südlich von Berlin und endet nach 120 Kilometern und 3.429
Metern im Bendlerblock. Die Wegstrecke steht symbolisch für die 120 Gefallenen
und die 3.429 im Dienst Verstorbenen. Letztere können auch durch Herzinfarkt
oder Unfall ums Leben gekommen sein. Ihre Namen werden in dauerhafter Schleife
in die Cella (Raum der Stille) des Ehrenmals der Bundeswehr projiziert.
Der
erste Marsch dieser Art wurde 2018 von der Reservisten-Arbeitsgemeinschaft
Military Brotherhood Germany (RAG MBG) und dem Verband der Reservisten der
Deutschen Bundeswehr e.V. initiiert. Unterstützt wird er von den Angehörigen
der Gefallenen und Verstorbenen und von der Bundeswehr. Dass das BMVg hatte mit
dem Thema Veteranen und Gedenkkultur bislang sehr gefremdelt. Das ändert sich
aber langsam – nicht zuletzt durch den neu eingeführten Nationalen
Veteranentag.
Am 21. Juli 2025 besuchte der
Ministerpräsident des Königreichs Norwegen, Jonas Gahr Støre, seinen
Amtskollegen zu einem abendlichen Gespräch im Bundeskanzleramt in Berlin.
Eigentlich waren militärische Ehren geplant. Wegen des immer stärker werdenden
Regens wurden sie 15 Minuten vor Eintreffen des Gastes abgesagt. Jonas Gahr
Støre scheint das mit Fassung getragen, zumal er bereits im Januar 2022 mitmilitärischen Ehren empfangen worden war.
Zentraler Bestandteil des Besuchs
war eine gemeinsame Erklärung der Zusammenarbeit auf verschiedenen Gebieten.
Hier der auf Deutsch übersetzte Wortlaut:
Gemeinsame Erklärung zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem
Königreich Norwegen
Deutschland und Norwegen sind
strategische Partner. Wir teilen gemeinsame Werte und Interessen. Wir sind
starke Verbündete in der NATO, enge Partner im Europäischen Wirtschaftsraum und
gleichgesinnte Partner in den Vereinten Nationen. Wir arbeiten gemeinsam für
Frieden und Sicherheit, Energiesicherheit und den Wohlstand unserer
Volkswirtschaften sowie in Forschung und innovativen Technologien. Gemeinsam
bekräftigen wir unsere unerschütterliche Unterstützung für die Ukraine, die
ihre Freiheit, Souveränität, Unabhängigkeit und territoriale Integrität gegen
Russlands anhaltenden Angriffskrieg verteidigt. Der Nordatlantik,
einschließlich der strategisch wichtigen Grönland-Island-Vereinigten
Königreichs- und Bären-Passagen sowie der angrenzenden Gewässer, sowie der
Nord- und Ostsee, ist für die Sicherheit sowohl Norwegens als auch Deutschlands
von entscheidender Bedeutung. Deshalb trainieren unsere Männer und Frauen in
Uniform gemeinsam, patrouillieren gemeinsam auf See und arbeiten die deutschen
und norwegischen Streitkräfte im Rahmen der NATO-Regionalpläne eng zusammen.
Deutschland und Norwegen wollen Stabilität und Sicherheit in maritimen
Gebieten, auch im hohen Norden, gewährleisten. Beide Länder beabsichtigen, die
Überwachung und Kontrolle dieser strategischen Gebiete zu verstärken, um
potenziellen Bedrohungen, einschließlich maritimer und luftgestützter
Aktivitäten, entgegenzuwirken.
Aufgrund unserer gemeinsamen
Analyse des Sicherheitsumfelds haben wir eine außergewöhnlich enge
Partnerschaft aufgebaut, insbesondere im Land- und Seebereich. Unsere
Zusammenarbeit bei U-Booten und Raketen der Klasse 212CD setzt neue Maßstäbe
für Partnerschaft, Austauschbarkeit und strategische Ausrichtung. Die
Regierungen Deutschlands und Norwegens begrüßen und unterstützen die enge
Zusammenarbeit zwischen der deutschen und norwegischen Industrie und Wirtschaft
in zahlreichen Bereichen. Wir beabsichtigen, unsere strategische Partnerschaft
zu stärken, um zukünftigen Herausforderungen zu begegnen, indem wir gemeinsam
die erforderlichen Fähigkeiten in Schlüsselbereichen entwickeln:
Wir haben vereinbart, unsere bereits intensive
und breite maritime Zusammenarbeit um eine integrierte operative Partnerschaft
im Nordatlantik und in der Nordsee zu erweitern, einschließlich eines verbesserten
Schutzes kritischer Unterwasserinfrastruktur.
Um dem europäischen Kontinent einen unabhängigen
Zugang zum Weltraum zu sichern und unser Lagebewusstsein angesichts hybrider
Bedrohungen im Nordatlantik zu stärken, wollen wir unsere bestehende
Zusammenarbeit bei der Entwicklung von Weltraumfähigkeiten vertiefen.
Deutschland fördert als wichtiger
Sicherheitspartner der EU die norwegischen Interessen und hat den erfolgreichen
Abschluss der Sicherheits- und Verteidigungspartnerschaft zwischen der EU und
Norwegen im Mai 2024 nachdrücklich begrüßt.
Ergänzend zu unserer Marinepartnerschaft
beabsichtigen wir, die Zusammenarbeit im Landbereich zu stärken, wo wir uns bei
unseren jeweiligen regionalen NATO-Verteidigungsplänen gegenseitig unterstützen
wollen.
Wir haben unsere Verteidigungsminister
beauftragt, diese Prioritäten gemeinsam durch ein neues bilaterales
Verteidigungsabkommen voranzutreiben, das einen langfristigen Rahmen für die
deutsch-norwegische Verteidigungspartnerschaft schafft.
Wir haben unsere Industrie- und Energieminister
beauftragt, unseren Dialog zur Förderung von Resilienz und Wettbewerbsfähigkeit
zu erneuern. Neben der verteidigungsindustriellen Zusammenarbeit sind
Energieversorgung und -sicherheit, Dekarbonisierung und Klimaschutz,
einschließlich CCS, Wasserstoff, kritische Mineralien, maritime Infrastruktur,
wirtschaftliche Sicherheit und Digitalisierung relevante Themen für eine
aktualisierte strategische Industrie- und Energiepartnerschaft. Wir sind
entschlossen, gemeinsam die bestehende Zusammenarbeit zwischen deutschen und
norwegischen Unternehmen und der Industrie auszubauen.
Schon während des Zweiten Weltkriegs hatte sich Schweden mit
der Gesamtverteidigung beschäftigt und ein Konzept entwickelt, in das
militärische und zivile Kräfte eingebunden sind. Dieses Konzept wird bis heute
fortgeschrieben und kann auch als Anregung für Deutschland dienen.
Auf der Münchner Sicherheitskonferenz 2023 hatte der
schwedische Verteidigungsminister Pål Henning Jonson in
einem Panel eher beiläufig die vier Säulen des Konzeptes der Gesamtverteidigung
- Neudeutsch: Total Defense - vorgestellt:
1) Total Defense Concept – Konzept der
Gesamtverteidigung
2) Amt für Psychologische Verteidigung
3) Nationaler Sicherheitsrat
4) Broschüre „If Crisis Or War Comes“ (Wenn
es zu Krise oder Krieg kommt.)
Zwischenzeitlich wurde sogar ein weiterer Ministerposten für
Zivilschutz geschaffen. Dieser ist ebenfalls im Verteidigungsministerium
angesiedelt und kümmert sich um die Koordination der zivil-militärischen
Zusammenarbeit. Schweden begrüßt es, dass laut Koalitionsvertrag auch in
Deutschland ein Nationaler Sicherheitsrat (NSR) etabliert werden soll. In
Schweden besteht er aus Ministerpräsident, Verteidigungsminister,
Zivilschutzminister, Außenminister, Innenminister und Finanzminister. Auch das
Militär, die Polizei und die Fraktionsvorsitzenden dürfen mitwirken. Man legt
hohen Wert auf Konsens, damit im Krisenfall alle an einem Strang ziehen.
Resilienz in der Gesellschaft ist kein Selbstläufer. So
berichtete der Zivilschutzminister, Carl-Oskar Bohlin, auf der Berlin
Security Conference 2024, dass man etwa zehn Jahre gebraucht habe, um dieSchweden aus der Hängematte der
Friedensdividende zu holen und für eine neue Bedrohungslage zu sensibilisieren.
Ein wichtiges Element dieser Sensibilisierung stelle die Broschüre „If Crisis
Or War Comes“ dar. Diese gibt es in millionenfacher Auflage bereits seit 1943. Früher
war sie Bestandteil des Telefonbuchs. Heute wird sie über die Briefkästen an
jeden Haushalt verteilt und enthält wichtige Tipps für Widerstand,
Informationsgewinnung, Bevorratung, Hygiene und den Umgang mit Strom- und
Wassermangel.
Zweieinhalb Jahre nach dem Panel mit Pål
Henning Jonson konnten wir ein Interview zur Total Defense mit dem schwedischen
Verteidigungsattaché, Kapitän zur See Jonas Hård af Segerstad, führen.
Es war sein letzter Arbeitstag an der Botschaft in Berlin:
Wegen der Turbulenzen um den Regierungswechsel
wurde der eigentliche Beitritt Deutschlands zur NATO am 9. Mai 1955 nur am
Rande gewürdigt. Da die Mitgliedschaft nun immerhin seit 70 Jahren besteht,
wurde heute der Festakt im Bendlerblock nachgeholt.
Dazu war auch NATO-Generalsekretär
Mark Rutte aus Brüssel angereist. Vor dem Festakt hatte er sich noch mit
Bundeskanzler Friedrich Merz getroffen. Da Mark Rutte die deutsche
Medienlandschaft mit einer Aussage über einen möglichen gemeinsamen Angriff
Chinas auf Taiwan und Russlands auf NATO-Staaten verunsichert hatte, wurde das
natürlich auch in der Pressekonferenz im Kanzleramt nachgefragt. Mark Rutte
blieb bei seiner Aussage. Die gesamte Pressekonferenz haben wir mitgeschnitten:
Anschließend fuhren Bundeskanzler
und NATO-Generalsekretär ins BMVg. Dort gab es neben Musik und Geselligkeit
auch vier Reden: Verteidigungsminister Pistorius, Außenminister Wadephul,
Bundeskanzler Merz und NATO-Generalsekretär Rutte. Hier der Tonmitschnitt (Credit
BMVg):
Nach den Reden mischte sich das
Publikum und plauderte auf dem Paradeplatz an den Stehtischen. Generale,
Admirale, Militärattachés, Staatssekretäre und NATO-Personal genossen die
gemeinsame Zeit bei deutlich besserem Wetter, als zuvor angesagt. Boris
Pistorius musste immer wieder seinen Rundgang unterbrechen, weil Gäste um
Selfies baten.
Den krönenden Abschluss des
Festaktes bildete eine Serenade mit drei Musikstücken und den Hymnen der NATO
und der Bundesrepublik. Das Besondere daran war, dass die Serenade gemeinsam
von Stabsmusikkorps der Bundeswehr und dem Musikkorps der litauischen
Streitkräfte vorgetragen wurde. Auch die Dirigenten, Oberstleutnant Kiauka und
Major Ališauskas wechselten sich ab. Mark Rutte war sichtlich gerührt und
bedankte sich sehr herzlich bei den Musikkorps.