Donnerstag, 30. September 2021

Erste deutsch-britische Militäreinheit in Minden aufgestellt

Bei bestem Fotowetter wurde heute in Minden die erste deutsch-britische Einheit aufgestellt. Das neue DEU/GBR Pionierbrückenbataillon 130 besteht aus sechs Kompanien mit sehr unterschiedlichen Fähigkeiten. Die entsprechenden Fahrzeuge und Ausrüstungsgegenstände konnten die Gäste vor dem Umgliederungsappell bestaunen. Auch der Inspekteur des Heeres, Generalleutnant Alfons Mais, und sein britischer Amtskollege, General Sir Mark Carleton-Smith.

Umgliederungsappell Deutsch/Britisches Pionierbrückenbataillon 130 DEU/GBR PiBrBtl 130 Weser in Minden Amphibie M3
Umgliederungsappell Deutsch/Britisches Pionierbrückenbataillon 130 - DEU/GBR PiBrBtl 130 - an der Weser in Minden

Während Wirtschaft, Kultur und Justiz jahrelang mit bangem oder gar keinem Erwarten den zähen Verhandlungen und Machtspielchen zur Vorbereitung des Brexits zuschauten, war man in Militärkreisen recht entspannt. Wusste man sich doch über die Vertrags- und Wertegemeinschaft der NATO verbunden. So war es ein besonderes Zeichen der Wertschätzung, dass Sir Carleton-Smith seine Rede auf Deutsch hielt und sich auf ein deutsches Bier beim anschließenden Empfang freute.

Umgliederungsappell Deutsch/Britisches Pionierbrückenbataillon 130 DEU/GBR PiBrBtl 130 Weser in Minden Amphibie M3
Umgliederungsappell Deutsch/Britisches Pionierbrückenbataillon 130 - DEU/GBR PiBrBtl 130 - Zusammenlegung einer deutsch-britischen Brücke (Amphibie M3) an der Weser in Minden

Entsprechend bunt wirkte die angetretene Truppe aus deutschem und britischen Flecktarn sowie preußisch wirkenden Uniformen des Mindener Bürgerbataillons. Letztere hätten bei einem Appell in der Bundeshauptstadt wohl keinen Einsatzbefehl oder anschließend richtig viel Ärger bekommen. Im traditionsbewussten Westfalen ist das etwas anders. So wurde die deutsche Nationalhymne auch mit Blick auf das Wilhelmsdenkmal gespielt.

Umgliederungsappell Deutsch/Britisches Pionierbrückenbataillon 130 DEU/GBR PiBrBtl 130 Weser in Minden Amphibie M3
Umgliederungsappell Deutsch/Britisches Pionierbrückenbataillon 130 - DEU/GBR PiBrBtl 130 - Ausmarsch der Paradeaufstellung über die deutsch-britische Brücke (Amphibie M3) an der Weser in Minden

Zum Erschrecken von Fachexperten kam dann noch hinzu, dass eine Schwimmbrücke aus britischen und deutschen Teilen zusammengesetzt und dann im Gleichschritt passiert wurde. Auch die Römer wussten schon, dass das gefährlich sein konnte und stellten deshalb bewusst die Architekten der Brücken unter selbige. Das war Motivation genug, eine saubere Statik zu konzipieren.

Das DE/GBR PiBrBtl 130 war keine Neuaufstellung, sondern eine Umgliederung aus britischen und deutschen Einheiten wie der 23 Amphibious Engineer Squadron und dem Panzerpionierbataillon 130. Das verbindende technische Element ist die Schwimmbrücke M3. Es gibt bereits andere binationale Unterstellungen wie das Deutsch-Niederländische Korps und die Deutsch-Französische Brigade. Binationale Partnerschaften bahnen sich über einen längeren Zeitraum hinweg an. Sie starten mit einer sogenannten Absichtserklärung und enden idealerweise mit einem Umstellungsappell.

Autor: Matthias Baumann

Dienstag, 7. September 2021

IISS eröffnet sein Europa-Büro in Berlin

"Halten Sie den Gegenwind aus, der Ihnen schon bald entgegenwehen wird", waren die abschließenden Worte der Rede von Annegret Kramp-Karrenbauer im AXICA am Pariser Platz. Der Anlass war die offizelle Eröffnung des Büros des IISS Europe. IISS steht für International Institute for Strategic Studies. Das Institut hat fünf Niederlassungen: London, Washington D.C., Singapur, Bahrain und jetzt auch Berlin.

Das IISS-Büro in der Nummer 6 liegt gegenüber der imposanten Event-Location AXICA am Pariser Platz. AXICA trägt die Nummer 3 und gehörte bis zur Enteignung durch die DDR dem von Rohdich'schen Legatenfonds. Vor sechs Wochen befand sich das IISS-Büro noch im Einzugsmodus: leere Räume, Umzugskisten, einige provisorisch verkabelte Arbeitsplätze und viel Raum für die 19 Mitarbeiter am Standort Berlin. Das IISS sammelt immer wieder Experten für verschiedene Fachgebiete um sich und hat weltweit etwa 150 Mitarbeiter. Neben Recherchen in öffentlich zugänglichen Quellen führt das Institut auch Themen-Konferenzen durch und kooperiert mit der Münchner Sicherheitskonferenz (MSC).

IISS Europe eröffnet sein Büro in Berlin, International Institute for Strategic Studies, Ben Schreer
IISS Europe in Berlin - Dr. Benjamin Schreer ist Executive Director des IISS-Europe

Das 1958 in London gegründete IISS versteht sich als unabhängige Einrichtung zur Analyse und Beratung in sicherheitspolitischen Themen. Der bei der Eröffnungsveranstaltung an die Wand geworfene Slogan "Fakten, Analysen, Einfluss" drückt wohl am besten aus, was das IISS macht und welche Ziele es verfolgt. Berlin wurde bewusst als Europa-Standort gewählt, weil Deutschland einen maßgeblichen Einfluss auf die sicherheitspolitische Agenda Europas hat. Flankiert wird das durch ein leidenschaftliches Buch des IISS-Direktors Bastian Giegerich, der Deutschland zu einem Wechsel der strategischen Kultur aufruft.

Veränderung und Vorankommen mahnte auch die Ministerin in ihrer Rede an. Auch ihr schlägt seit Amtsantritt der Gegenwind ins Gesicht. Dieser reicht von plumpen frauenfeindlichen Einlassungen bis zur Unterstellung von Alleingängen in ihrem Ressort. Viele Maßnahmen wie die Entsendung der Fregatte "Bayern" zur Erfüllung der Indo-Pazifik-Leitlinien oder ihr Einsatz für eine fortschreitende Erhöhung des Verteidigungsbudgets stoßen im Bundestag nicht auf Gegenliebe. Wer genauer hinschaut, wird feststellen, dass sie eine Macherin ist, die ihre Themen konsequent durchzieht und nebenbei noch einen sehr guten Draht zur Truppe aufbaut.

Sehr klar spricht sie immer wieder über ihre Ziele und das aktuelle Lagebild. So plädiert sie für ein stellvertretendes Vorangehen der Willigen und Fähigen nach Art. 44 des EU-Vertrages. Dabei solle flexibel und schnell auf neue Situationen reagiert werden und erst anschließend die Institutionalisierung erfolgen. Bisher wurde in der EU zuerst institutionalisiert und dann gehandelt. Deutlich benannte sie Russland als Aggressor im Osten und führte mit Blick auf die geopolitische Lage aus, dass die Bedrohungen real seien und man eine Truppe brauche, die aus dem Stand heraus einsatzfähig sei. Um Konflikte gar nicht erst in die heiße Phase gelangen zu lassen, favorisiert sie das Mittel der Abschreckung. Die atomare Teilhabe benannte sie als die kostengünstigste Antwort auf die Herausforderung der Entwicklung neuer konventioneller Waffensysteme.

Da sie im politischen Berlin mit ihren Anliegen oft allein auf weiter Flur steht, begrüßt sie die Eröffnung des IISS-Büros sehr. Das Büro wird über die nächsten Jahre maßgeblich durch die Bundesregierung unterstützt. So freuen sich die Ministerin und IISS-Europa-Chef, Dr. Benjamin Schreer, auf das Befeuern der sicherheitspolitischen Debatte. Im divergent besetzten Verteidigungsausschuss herrsche mehr Konsens als im Plenarsaal des Bundestages. Man sei sich auch darüber einig, dass die finanzielle Unterstützung des neuen IISS-Büros gut investiertes Geld ist.

Autor: Matthias Baumann