Freitag, 1. Februar 2019

Armeniens Ministerpräsident Nikol Pashinyan besucht Angela Merkel und Frank-Walter Steinmeier

Nikol Pashinyan ist noch keine 44 Jahre alt und hat schon viel erlebt. Er studierte Journalismus und gründete mit 23 Jahren einen Zeitungsverlag. Dieser wurde allerdings nach einem Jahr geschlossen, weil er sich mit dem Minister für Nationale Sicherheit angelegt hatte. Ein typisches Szenario in Diktaturen. Danach ging er für drei Jahre als Redakteur zur Armenian Times und unterstützte mit Wortgewalt die demokratischen Kräfte Armeniens.

Armeniens Ministerpräsident Nikol Pashinyan Angela Merkel
Armeniens Ministerpräsident Nikol Pashinyan zum Antrittsbesuch mit militärischen Ehren im Bundeskanzleramt empfangen (Foto: Malte Koch)
Letzteres brachte ihm einen zweijährigen Gefängnisaufenthalt ein, der 2011 durch eine Generalamnestie beendet wurde. Eigentlich war er zu sieben Jahre Haft verurteilt worden. Nikol Pashinyan hatte zuvor im Untergrund gelebt und währenddessen weiter seine kritischen Artikel geschrieben. Das veranlasste den Nationalen Sicherheitsdienst dazu, sogar in der amerikanischen Botschaft nach ihm zu suchen. Der clevere Journalist war jedoch in Jerewan bei Freunden untergetaucht. Sein anschließender Gefängnisaufenthalt erregte großes internationales Interesse. Journalisten in Haft sind kein gutes Aushängeschild für ein Land, das gute Beziehungen zur EU oder anderen westlichen Staaten unterhalten möchte. Totalitäre Regime scheuen die Öffentlichkeit.

Fernab der medialen Wahrnehmung fand im März 2018 eine Art Revolution in Armenien statt. Nikol Pashinyan hatte während der Parlamentswahlen zum zivilen Ungehorsam und anderen gewaltfreien Aktionen aufgerufen. Alles war noch sehr klein und erschien den damaligen Herrschern entsprechend unbedeutend. Sargsyan ließ sich mit üppigen 76% der Stimmen im Amt bestätigen und ging mit entsprechender Härte gegen die Opposition vor. Diese machte aber weiter und legte weite Teile des öffentlichen Lebens in Armenien lahm. So kam es zu einem Treffen zwischen Pashinyan und Sargsyan. Dieses wurde live übertragen und dauerte nur drei Minuten. Anschließend wurde Pashinyan von maskierten Sicherheitskräften gekidnappt. Das war wohl ein Fehler. Denn das heizte die friedlichen Proteste erst einmal so richtig an.

Armeniens Ministerpräsident Nikol Pashinyan Angela Merkel
Armeniens Ministerpräsident Nikol Pashinyan begrüßt Angela Merkel bei seiner Ankunft im Bundeskanzleramt (Foto: Malte Koch)
Ende vom Lied war, dass Nikol Pashinyan am 8. Mai 2018 zum Ministerpräsidenten gewählt wurde. Bereits am 14. Mai stand er bei Wladimir Putin auf der Matte. Am 3. Oktober entließ er sechs Kabinettmitglieder, die sich für eine Aufweichung der Befugnisse des Ministerpräsidenten eingesetzt hatten und damit Neuwahlen provozieren wollten. Am 14. Januar 2019 wurde das zweite Pashinyan-Parlament vereidigt.

Nach dieser langen Vorrede sei noch erwähnt, dass Nikol Pashinyan heute im Kanzleramt zu seinem Antrittsbesuch mit militärischen Ehren empfangen wurde. Nach einem Mittagessen mit Angela Merkel gab es ein Pressestatement. Dann fuhr er zum Bundespräsidenten weiter. Der Bundespräsident empfängt nur Erste im Staat mit militärischen Ehren - also Präsidenten, Monarchen und den Papst. Das hatte Frank-Walter Steinmeier im Falle von Armenien bereits Ende November 2018 getan.

Thema bei den Gesprächen war immer wieder der Konflikt um Bergkarabach. Bergkarabach liegt zwischen dem islamischen Aserbaidschan und dem christlichen Armenien. Die Region konnte sich lange Zeit gegen den vorrückenden Islam aus dem Süden und Osten zur Wehr setzen. Es musste jedoch Tribut an seine Nachbarn zahlen, unterstand den Persern, den Russen und letztlich auch der Sowjetunion, die das Gebiet mit einem gewissen Autonomiestatus der Aserbaidschanischen Sowjetrepublik angliederte. Armenien hegt wegen der Geschichte und der religiösen Verbundenheit immer noch einen gewissen Anspruch auf das Gebiet. Unter Nikol Pashinyan sind die Gespräche mit Aserbaidschan aktiv in Gang gekommen. Deutschland beobachtet und unterstützt die Bemühungen um eine friedliche Lösung. Wenn es nämlich in der Vergangenheit zu Konflikten dort kam, dann waren diese immer sehr blutig.

Video:
Militärische Ehren für Armeniens Ministerpräsident Nikol Pashinyan

Autor: Matthias Baumann