Mit einer Kutsche verließ Brigadegeneral André Denk den Paradeplatz der Logistikschule in Garlstedt. Die Mitarbeiter der Schule denken sich zum Abschied immer etwas Besonderes aus. Diesmal betraf es das Hobby der Familie Denk: Pferde. Da starke Männer oft auch eine starke Frau hinter sich haben, wurde nicht etwa nur ein Pferd herbeigeschafft, sondern eine Kutsche, in der für das Ehepaar Platz war. Schon fast aristokratisch wirkte das anschließende Abfahren der Paradeaufstellung. Mit der Hand am Barett drückte der scheidende Schulkommandeur noch einmal seine Wertschätzung gegenüber den Menschen aus, die ihn in den letzten 22 Monaten begleitet hatten.
Kommandowechsel an der Logistikschule der Bundeswehr in Garlstedt von Brigadegeneral André Denk zu Brigadegeneral Boris Nannt - Ehepaar Denk wird mit einer Kutsche vom Paradeplatz gefahren. |
Wertschätzung war das Attribut, das die Reden und den gesamten Übergabeappell bestimmt hat. Bemerkenswert war die Abschiedsrede von General Denk. In der Regel werden die Zuhörer zu Beginn so lange mit Gästeaufzählungen ermüdet, dass sie den eigentlichen Inhalt nur noch peripher wahrnehmen. André Denk wählte ein anderes Stilmittel. Er bettete die zu erwähnenden Personen Segment für Segment in seine Rede ein, wechselte auf Englisch und dann wieder auf Deutsch. Für jede der erwähnten Personen hatte er ein persönliches Wort der Anerkennung und Erinnerung.
Obwohl er nur 22 Monate, nämlich vom 10. Januar 2019 bis 29. Oktober 2020, an der Logistikschule gewirkt hatte, war in dieser Zeit viel passiert: Besuch des Bundespräsidenten, mehrere Besuche des Generalinspekteurs, 2.000 US-Soldaten während US Defender Europe und vieles mehr. Allein unser Redaktionsteam war seit Januar 2019 sechs Mal in Garlstedt. Bei seinen Mitarbeitern war André Denk sehr beliebt. Er konnte sich auf ein motiviertes Team verlassen. Vor seinem Büro hing ein großes Foto mit seinen engsten Stabsmitarbeitern. Modernes Führen durch Freisetzen, Fördern, Wertschätzung und Nahbarkeit.
Wenn André Denk nun als Director Logistics an den EU-Militärstab in Brüssel geht, nimmt er diese entspannte und professionelle Art mit. Auch Ursula von der Leyen wollte ihn schon in ihr Team einbinden. Das harmonierte aber nicht mit den beruflichen Vorstellungen des Brigadegenerals. Durch die geänderten Prioritäten der USA wird die EU-eigene Verteidigung immer wichtiger. Deshalb ist es gut, wenn fähige Kräfte entscheidende Positionen besetzen. Er soll Konzepte erstellen, logistische Einsätze planen, den Militärstab um General Claudio Graziano unterstützen und für das Personalwesen verantwortlich zeichnen. Sein bisheriger Chef, Generalmajor Thomas, ist überzeugt davon, dass die Stelle in Brüssel passend besetzt wird.
Sein Nachfolger an der Logistikschule wurde Brigadegeneral Boris Nannt. Boris Nannt hat jede Menge Schulerfahrung. Seit 2017 war er Direktor an der Führungsakademie in Hamburg. Davor hatte er dort seinen Generalstabslehrgang absolviert und drei Jahre lang im Fachbereich Führungslehre gearbeitet. Laut seinem neuen Chef, Generalmajor Thomas, liegt ihm das "moderne Führen". Er hat auch einschlägige Presseerfahrung: Als Teil des Presse- und Infostabes am BMVg musste er sich mehrere Jahre den kritischen Fragen der Hauptstadtpresse stellen. Ein undankbarer Job, bei dem ein unbedachtes Wort oder eine mehrdeutige Geste ungewollte Wellen gegen die Bundeswehr schlagen kann.
Nun stand er hier auf dem Paradeplatz und übernahm mit fester Befehlsstimme das Kommando über die Logistikschule. General Thomas überreichte ihm die Truppenfahne, die inzwischen reich mit Fahnenbändern dekoriert ist. Es könnten während seiner Zeit noch weitere Fahnenbänder hinzukommen. Beispielsweise während der Austragung des NATO-Manövers "Steadfast Jupiter Jackal". Es wird also nicht langweilig in Garlstedt - trotz Corona.
Ach ja, Corona: Bis zum letzten Tag war nicht mit Sicherheit zu sagen, wie denn der Übergabeappell stattfinden werde. Letztlich musste auf Elemente wie den Einmarsch der Paradeaufstellung und der Ehrenformation verzichtet werden. Alle trugen eine Maske. Bei der Nationalhymne durfte nicht mitgesungen werden. Die Gästezahl war stark reduziert und es gab auch keinen Empfang. So konnte General Denk gleich von der Kutsche aus ins Auto umsteigen und nach Hause fahren. Ab Montag geht es für ihn bereits in Brüssel los.
Autor: Matthias Baumann