Der ehemalige BER-Chef Mehdorn hatte im Sommer 2013 schon festgestellt, dass wir uns den "Luxus der Demokratie" leisten. Irgendjemand tritt immer einen Diskurs los, der entsprechende Verzögerungen nach sich zieht. Damit steht der BER aber nicht alleine. Zu erleben ist das auch bei anderen Bauvorhaben der Hauptstadt. In der Regel betrifft es Straßen und Einrichtungen, die die Mobilität fördern. Bis gestern wurde gewitzelt, dass der BER nie an den Start gehen werde. Selbst bewährte Optimisten konnten es nicht glauben. Doch dann landeten die ersten Maschinen. Kaum standen sie vor ihren Gates, wurden sie in Wasserfontänen eingetaucht: Das Ritual zur Eröffnung eines Flughafens.
Am Terminal 1 zeigte sich, dass Demokratie nicht nur Luxus ist. Demokratie ist eine Diva: launisch und unberechenbar. Bisher war immer kritisiert worden, dass der BER nicht öffnet. Gestern waren Angehörige der Generation Z (geboren um 2000) erschienen, die sich lautstark darüber beschwerten, dass der BER eröffnet. Nach ihrer Meinung solle man generell auf Flüge verzichten und lieber auf alternative Verkehrsmittel umsteigen.
Der antrainierte Spott über den BER kann so schnell gar nicht kompensiert werden. Deshalb wurde jetzt auf Witze über die Finanzsituation während Corona umgestellt und eine baldige Schließung prophezeit. Diesen Spott greift BER-Chef Lütke Daldrup regelmäßig und selbstkritisch in seinen Begegnungen mit der Presse auf. Die Fähigkeit zur Selbstkritik ist wohl auch das, was ihn gegenüber seinen gescheiterten Vorgängern Karsten Mühlenfeld, Hartmut Mehdorn und Joachim Hunold auszeichnet.
Engelbert Lütke Daldrup ist kein Sprüche klopfender Macher, sondern ein besonnener Stratege, der seine Aufgaben nüchtern fertigdenkt. Eine seiner wichtigsten Amtshandlungen war wohl die Umstellung der Verträge von Stundenabrechnung auf Werksverträge mit festen Abgabeterminen und Bezahlung gemäß Lieferung. Pfusch wurde dadurch unattraktiv für die beauftragten Unternehmen.
Der BER ist trotz der langen Bauzeit und der damit verbundenen Kosten kein Luxushaus geworden. Der BER wirkt schlicht und funktional. Passagiere finden sich schnell darin zurecht und haben per Bahn oder Auto eine gute Anbindungen an die City. In autoritär geführten Ländern lässt sich ein Großflughafen sicher schneller und billiger bauen. Allerdings wird dann bei den technischen Standards nicht so genau hingeschaut. Auch ein Luxus deutscher Demokratie.
Kurz nach den Wasserfontänen gab BER-Chef Lütke Daldrup ein Statement ab. Zuerst dankte er seiner Frau, die sein Engagement um den Flughafen in den letzten Jahren ertragen und mitgetragen hatte. Nur auf Nachfrage eines Regionalsenders kam heraus, dass die gestrige Eröffnung des Flughafens mit seinem 64. Geburtstag zusammengefallen war. Ob er diesen noch nachgefeiert hat, ist unklar. Heute gegen 6 Uhr stand er an Gate C17 und verabschiedete die Gäste der ersten Maschine, die vom BER nach London Gatwick aufbrechen sollte.
Autor: Matthias Baumann
Videos:
Einweihung des BER mit Wasserfontänen der Flughafenfeuerwehr
Einweihung des BER - Terminal 1 und Wasserfontänen
BER Terminal 1 - erster Abflug easyJet EJU8210 nach London Gatwick LGW