Mittwoch, 18. April 2018

Großer Zapfenstreich für Generalinspekteur Volker Wieker - Zurruhesetzung mit Feuer und Zorn

Die Wortwahl der Bundeswehr ist gelegentlich etwas fremd für zivile Ohren. So "wirkt" eine Handgranate im Umkreis von 25 Metern. Ein Berufssoldat wird regelmäßig einer anderen "Verwendung" zugeführt. Der Einsatz eines Hubschraubers wird als "Lagebereinigung aus der dritten Dimension" bezeichnet.

Großer Zapfenstreich Generalinspekteur Volker Wieker
Großer Zapfenstreich für Generalinspekteur Volker Wieker
Der heutige Große Zapfenstreich im Bendlerblock diente der Verabschiedung von Generalinspekteur Volker Wieker - in Bundeswehr-Deutsch: "Zurruhesetzung". Generalinspekteur ist der höchste militärische Rang, der in der Bundesrepublik erworben werden kann. Der Generalinspekteur trägt vier goldene Sterne auf jeder Schulter. Das symbolisiert den Dienstgrad: General. Aber nur einer davon wird Generalinspekteur. Andere Länder setzen für diesen Posten noch Eins drauf: Marschall.

Es gibt nur sehr wenige 4-Sterne-Generäle in der Bundeswehr. Der vergleichbare Rang bei der Marine ist der Admiral. Für den Laien extrem schwer zu erkennen, da Seefahrer nicht immer Schulterklappen auf ihren schwarzen Uniformen tragen. Stattdessen kategorisieren sie sich über die Dicke und Anzahl der Streifen am Ärmel sowie das Vorhandensein von Sternen über den Streifen. Am besten, man spricht sie mit "Käpt'n" an. Dann ist man auf der sicheren Seite.

Der scheidende Generalinspekteur bekleidete seine Position seit Januar 2010. Volker Wieker war der 15. Generalinspekteur und länger als alle seine Vorgänger in dieser Verwendung. Kaum ein Offizier der Bundeswehr ist so lange an einer Stelle eingesetzt. Wechsel nach zwei Jahren sind schon fast die Regel. Volker Wieker war Artillerieoffizier und stand der Bundeswehr 44 Jahre zur Verfügung.

Seine Aufgaben bestanden in der nationalen und multinationalen Ausbildung sowie der Planung und Führung verschiedener militärischer Operationen. Dabei wirkte er in Bosnien-Herzegowina, dem Kosovo und in Afghanistan mit. Diese Einsätze machten ihn zum Kompetenzträger in der Wandlungsphase der Bundeswehr vom Verteidigungsinstrument zur Einsatzarmee.

Großer Zapfenstreich Generalinspekteur Volker Wieker
Großer Zapfenstreich für Generalinspekteur Volker Wieker
Sein Nachfolger als 16. Generalinspekteur ist Eberhard Zorn. Er soll am 1. Mai an dieser Stelle beginnen. Eberhard Zorn ist derzeit Generalleutnant und trägt drei goldene Sterne auf jeder Schulter. Das wird sich dann wohl in den nächsten Tagen auf Vier erhöhen.

Eberhard Zorn ist ebenfalls ausgebildeter Artillerieoffizier und hat 40 Dienstjahre hinter sich. Im Sommer letzten Jahres war er als Personalchef ins Verteidigungsministerium berufen worden. Nach weniger als einem Jahr ändert sich nun wieder seine Verwendung. Zumindest muss er dafür nicht umziehen, wird aber umso mehr unterwegs sein.

Auch er bringt Expertise aus den Einsatzgebieten mit. Er war mehrfach auf dem Balkan, fungierte als Kommandeur der Luftlandebrigade 26 und später als Kommandeur der Division Schnelle Kräfte (DSK). Die DSK ist eine Spezialeinheit, die in Krisensituationen zum Einsatz kommt und dem Mythos der GSG9 folgt: schnelle und flexible Durchführung von Aufträgen. Die DSK evakuiert übrigens auch Bundesbürger, die in Krisenregionen festsitzen.

Generalleutnant Zorn stammt aus dem Saarland und hat von Hause aus einen guten Draht zu den europäischen Nachbarn. So absolvierte er neben der deutschen auch die französische Generalstabsausbildung.

Donald Trump hätte seine Freude am heutigen Großen Zapfenstreich gehabt. "Feuer und Zorn" sind inzwischen geflügelte Worte und es ist sogar schon ein Buch mit diesem Titel erschienen. Während Zorn erst zum Monatswechsel zur Entfaltung kommt, war heute Feuer angesagt.

Großer Zapfenstreich Generalinspekteur Volker Wieker
Großer Zapfenstreich für Generalinspekteur Volker Wieker
Beim heutigen Großen Zapfenstreich erhellten unzählige Fackeln das Areal. Es ist dennoch so finster, dass nur eine schemenhafte Wahrnehmung des Geschehens möglich war. Die Damen und Herren auf dem Podest - also die Ministerin und der zur Ruhe zu setzende Generalinspekteur - wurden zwar von mehreren Fackelträgern flankiert, waren aber so gut wie nicht zu erkennen.

Der Große Zapfenstreich hat eine lange Tradition, die über die Jahrhunderte weiter verfeinert wurde. Ursprünglich diente der Zapfenstreich dem Einsammeln von Soldaten, die in der Kneipe ihre Bettruhe verpasst hätten. Dazu hatte der Offizier demonstrativ auf den Zapfhahn der Wirtschaft geschlagen. Deshalb Zapfenstreich - auch bekannt als Tattoo. Tattoo ist eine Abkürzung des niederländischen "Doe den tap toe!" und bedeutet: "Mach den Hahn zu!"

Apropos Niederländer: Eberhard Zorn hatte die 2.100 Angehörigen der niederländischen 11. Luchtmobiele Brigade in die DSK integrieren können. Luchtmobiel bedeutet luftbeweglich und stellt eine effektive Ergänzung der Division Schnelle Kräfte dar. Bleibt zu hoffen, dass Feuer und Zorn unter dem 16. Generalinspekteur nur in begrenztem Maße zum Einsatz kommen müssen.

Video:
Großer Zapfenstreich für Generalinspekteur Volker Wieker

Autor: Matthias Baumann