Sonntag, 12. Mai 2019

70 Jahre Luftbrücke Berlin - Empfang und Serenade im Alliierten Museum in der Clayallee

Hätten die westlichen Alliierten nicht darauf bestanden, einen Teil von Berlin zu verwalten, hätte es keine Blockade von West-Berlin gegeben. Hätte es keine Blockade von West-Berlin gegeben, hätte auch die Luftbrücke nicht etabliert werden müssen. Hätte es keine Luftbrücke gegeben, wäre West-Berlin mit seinen 2 Millionen Einwohnern ausgehungert und in die russische Besatzungszone eingemeindet worden. Wäre das passiert, wäre keine Mauer um West-Berlin errichtet worden.

70 Jahre Luftbrücke Berlin Empfang Serenade Alliierten Museum Clayallee
70 Jahre Luftbrücke Berlin - Empfang und Serenade im Alliierten Museum in der Clayallee: (v.l.n.r.) General John William Nicholson Jr., Oberst Gail Halvorsen, Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen
Wäre, hätte, könnte: West-Berlin war ein Stachel im Fleisch des Ostblocks. West-Berlin war das Zünglein an der Waage des Kalten Krieges. Ein cleverer Schachzug der westlichen Alliierten. West-Berlin musste unter allen Umständen gehalten werden. So war der humanitäre Akt der Luftbrücke wohl in erster Linie ein politisch motivierter Akt des Kräftemessens zwischen Sozialismus und Kapitalismus, zwischen Ost und West. Eine Umsetzung des alten Prinzips: Sieg ohne Kampf. Ein Sieg, der durch Beharrlichkeit, logistische Exzellenz und hohe Motivation erzielt werden konnte.

Die bei der Luftbrücke eingesetzten Rosinenbomber wären als normale Bomber gar nicht geeignet gewesen. Es waren Transportflugzeuge des Typs Douglas C-54 Skymaster, die für Langstreckenflüge mit knapp 50 Passagieren konzipiert waren. Die Rosinenbomber transportierten hauptsächlich Lebensmittel und Brennmaterial für den frostigen Winter 1948/1949 nach Berlin.

Gerne werden US-Amerikaner, Briten und Franzosen als Helden der Luftbrücke gefeiert. Dabei waren die Franzosen kaum daran beteiligt, da sie sich im Indochinakrieg die Zähne an Vietnam ausbeißen wollten. So wurde die französische Abwesenheit durch Piloten aus Australien, Neuseeland, Kanada und Südafrika kompensiert. Auch diese flogen überladen und hatten entsprechende Verluste zu beklagen.

70 Jahre Luftbrücke Berlin Empfang Serenade Alliierten Museum Clayallee
70 Jahre Luftbrücke Berlin - Empfang und Serenade im Alliierten Museum in der Clayallee: US-Botschafter Richard Grenell und Oberst Gail Halvorsen (rechts)
Einer der Piloten hatte die Idee, den winkenden Kindern am Boden schon vor der Landung ein paar Süßigkeiten zukommen zu lassen. Dazu befestigte er Schokolade an Taschentüchern und warf diese wie Fallschirme aus dem Flugzeug ab. Das sprach sich schnell herum und wurde bald von vielen der Piloten praktiziert. Die Aktion bekam sogar einen Namen: Operation Little Vittles.

Der Initiator dieser Operation war Gail Halvorsen. Gail Halvorsen ist 98 Jahre alt. Als er gestern mit seinem Rollator das Festzelt am Alliierten Museum betrat, gab es stürmischen Applaus. Sofort war er von älteren Damen, Offizieren und Botschaftern umringt. Unentwegt wurde seine Hand geschüttelt und Selfies mit dem prominenten Ami aufgenommen.

70 Jahre Luftbrücke Berlin Empfang Serenade Alliierten Museum Clayallee
70 Jahre Luftbrücke Berlin - Empfang und Serenade im Alliierten Museum in der Clayallee: Britischer Botschafter Sebastian Wood (links), US-Botschafter Richard Grenell (Hintergrund Mitte), britischer Luftwaffen-Attaché Oberst Mark Heffron (rechts)
Einen bemerkenswert stürmischen Applaus gab es auch beim Erscheinen der Ministerin. Sie hielt eine leidenschaftliche Rede zur gelungenen Überwindung des Kommunismus, zur Demokratie in Europa und zum transatlantischen Bündnis. Dann schaltete sie auf Englisch um und stellte den amerikanischen 4-Sterne General John William Nicholson Jr. vor. General Nicholson befindet sich zwar schon im Ruhestand, hatte aber gestern noch einmal seine Uniform angezogen. Ursula von der Leyen beendete ihre Rede mit der "Aushändigung des Großen Verdienstkreuzes mit Stern des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland" an John William Nicholson Jr.

John William Nicholson Jr. war acht Jahre nach Ende der Blockade Berlins im schönen Baltimore, Maryland, geboren worden. Im Gegensatz zu deutschen Generalen mit ihren weit über 40 Dienstjahren, könnte sich John W. Nicholson innerhalb von 36 Jahren auf die 4-Sterne-Position vorarbeiten und dann in den Ruhestand gehen. Die letzten zwei Dienstjahre war er Befehlshaber der Mission Resolute Support in Afghanistan.

70 Jahre Luftbrücke Berlin Empfang Serenade Alliierten Museum Clayallee
70 Jahre Luftbrücke Berlin - Empfang und Serenade im Alliierten Museum in der Clayallee: Perlenkette zwischen Empfangszelt und Tribüne
Nachdem der Stern des Verdienstordens angesteckt war, gab es einen Empfang. Dieser konnte auch zur Besichtigung des Alliierten Museums genutzt werden. Etwa eine Stunde später signalisierte die Aufstellung der Perlenkette den Beginn der Serenade. Die Perlenkette hat in diesem Falle nichts mit dem Schmuck der anwesenden Damen zu tun, sondern ist die Bezeichnung für Fackelträger des Wachbataillons, die den Weg vom Empfang zur Tribüne markieren. Das rote Podest für die Prominenz war diesmal sehr breit. Immerhin musste es Platz für Ursula von der Leyen, Vizeadmiral Rühle, den Regierenden Bürgermeister und die Botschafter der USA, Großbritanniens und Frankreichs bieten. Es wurden folgende Musikstücke gespielt:

Le Caid - Eduard Michel
Colonel Bogy March - Kenneth J. Alford
Chattanooga Choo-Choo - Arrangement Glenn Miller
Berliner Luft - Paul Lincke
Nationalhymne - Joseph Haydn

Danach war der gesellige Abend zu Ende. Heute um elf war das Wachbataillon schon wieder im Einsatz. Diesmal am Flughafen Tempelhof. Bereits am Dienstag hatten Prinz Charles und Camilla Parker Bowles mehrere Stationen in Berlin absolviert. Darunter auch den Platz der Luftbrücke.

Heute vor 70 Jahren war die Blockade West-Berlins beendet worden. Die Luftbrücke wurde jedoch noch bis zum 30. September 1949 fortgesetzt.

Videos:
Serenade und Empfang zum 70. Jahrestag der Luftbrücke im Alliierten Museum
Prinz Charles am 07.05.2019 beim Bundespräsidenten im Schloss Bellevue

Autor: Matthias Baumann