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Dienstag, 16. April 2019

Tschechiens Verteidigungsminister Lubomír Metnar besucht seine Amtskollegin in Berlin

Das Wachbataillon ist heute im Dauereinsatz: Halb zwölf militärische Ehren für den Präsidenten von Kirgisistan im Schloss Bellevue, gleichzeitig militärische Ehren für Lettlands Verteidigungsminister Artis Pabriks im Bendlerblock und abends ein Großer Zapfenstreich für den SACEUR General Scaparrotti. Wegen Curtis M. Scaparrotti war auch der Verteidigungsminister Tschechiens, Lubomír Metnar, angereist. Zusammen mit Artis Pabriks will er am Abend an der Verabschiedung des NATO-Generals teilnehmen.

Tschechiens Verteidigungsminister Lubomír Metnar Antrittsbesuch Berlin
Tschechiens Verteidigungsminister Lubomír Metnar zum Antrittsbesuch in Berlin - Im Hintergrund sind bereits die Tribünen für die Gäste des heutigen Großen Zapfenstreichs aufgebaut.
Lubomír Metnar ist seit Juni 2018 Verteidigungsminister innerhalb der Regierung des umstrittenen Andrej Babiš. Als Parteiloser unterstützt Lubomír Metnar die Partei ANO, der auch Babiš angehört. Er absolvierte heute seinen Antrittsbesuch in Berlin und bekam dem Anlass entsprechend ebenfalls militärische Ehren. Mit Ursula von der Leyen wird er sicher auch über die notwendige Modernisierung bei den Streitkräften seines Landes geredet haben.

Tschechien hat etwa 10 Millionen Einwohner und 23.200 aktive Soldaten. Das Land sieht sich insbesondere durch russische Cyber-Attacken herausgefordert. Zudem wächst die Angst vor konventionellen Bedrohungen an der Ostflanke der NATO. Im Februar 2017 hat Tschechien eine Absichtserklärung mit Deutschland unterzeichnet, um die Zusammenarbeit der tschechischen 4. Schnellen Eingreifbrigade mit der deutschen 10. Panzerdivision zu intensivieren. Im selben Jahr wurde mit der Slowakei ein Abkommen zur Sicherung des Luftraumes abgeschlossen. Sicherheitspolitisch scheint Europa endlich zusammenzurücken.

Lubomír Metnar ist 51 Jahre alt und bringt Fachkompetenz mit. Er wurde an einer Polizeischule ausgebildet und war dann viele Jahre als Kriminalist tätig. 2013 fungierte er für kurze Zeit als stellvertretender Innenminister. Ende 2017 wurde er als Innenminister vereidigt und Mitte 2018 als Verteidigungsminister.

Video:
Militärische Ehren für den Verteidigungsminister Tschechiens, Lubomír Metnar

Autor: Matthias Baumann

Donnerstag, 11. April 2019

Karfreitagsgefecht, Gelöbnis und Fähigkeiten des Fallschirmjägerregiments 31 in Seedorf

Das Fallschirmjägerregiment 31 ist noch sehr jung. Ende 2011 begann eine umfassende Umstrukturierung verschiedener Fallschirmjägereinheiten, die 2014 eine finale Aufstellung in Struktur und Größe eines Regimentes ergab. Eingemeindet wurden die Luftlandebrigade 31, die Fallschirmjägerbataillone 313 und 373 sowie das Luftlandeunterstützungsbataillon 272. Die Luftlandebrigade 31 wurde in diesem Zuge aufgelöst.

Das Fallschirmjägerregiment 31 - kurz FschJgRgt 31 - besteht aus 11 Kompanien und wird seit 2016 durch Oberst Christian von Blumröder kommandiert. Im Gegensatz zu einem Bataillon hat ein Regiment deutlich mehr Kompanien und es kann (theoretisch) komplett ohne externe Hilfe agieren. Das FschJgRgt hat nämlich neben den zwei EGB-Kompanien (EGB = Erweiterte Grundbefähigungen), drei Infanterie-Kompanien, einer schweren Kompanie mit Wiesel und Mörser, einer Ausbildungskompanie und einer Reservistenkompanie auch eine Sanitätskompanie, eine Logistikkompanie und eine Versorgungs- und Unterstützungskompanie. Diese 11 Kompanien bilden eine geschlossene Einheit.

Gelöbnis Fallschirmjägerregiment 31 Seedorf
Gelöbnis am Standort des Fallschirmjägerregiments 31 in Seedorf - Freifallspringer landen auf dem Platz vor der Gelöbnisaufstellung
Im Saarland gibt es ein weiteres Fallschirmjägerregiment - das FschJgRgt 26. Beide Regimenter unterstehen zusammen mit weiteren Spezialkommandos der LLBrig1 (Luftlandebrigade 1). Diese untersteht der Division Schnelle Kräfte (DSK).

Das FschJgRgt 31 hat Aufgaben, die Glanz in die Augen eines Abenteurers treiben: Evakuierungsoperationen, bewaffnete Rückführungen und taktische Unterstützung von Spezialkräften. Das Regiment verfügt auch über einen QRF-Zug. QRF steht für Quick Reaction Force und könnte mit Schnelle Reaktionstruppe übersetzt werden. Die Einsatzszenarien sind also vielseitig, global, spannend und nicht ganz ungefährlich.

2010 fand in Afghanistan eines der bekanntesten Gefechte in der Geschichte der Bundeswehr statt: das Karfreitagsgefecht. Der Karfreitag fiel damals auf den 2. April. Angehörige des oben erwähnten Fallschirmjägerbataillons 373 sollten selbstgebastelte Sprengfallen - IED genannt - ausfindig machen und beseitigen. Dabei wurden sie aus einem Hinterhalt heraus angegriffen und massiv unter Beschuss genommen. Amerikanische Hubschrauber beobachteten das Geschehen aus der Luft und griffen gelegentlich ein. Mit der durchaus vorhandenen Schlagkraft musste jedoch behutsam umgegangen werden, da sonst zu viele eigene Kräfte und Zivilisten in Mitleidenschaft gezogen worden wären.

Es konnte nicht verhindert werden, dass drei deutsche Soldaten an diesem Karfreitag 2010 starben und acht weitere schwer verwundet wurden. Sechs afghanische Armeeangehörige wurden durch Eigenbeschuss getötet, weil sie sich bei der Anfahrt nicht als eigene Kräfte zu erkennen gegeben hatten. Das Gefecht dauerte insgesamt acht Stunden. Eine extrem lange Zeit im Dauerstress, die auch ein Profi nicht einfach so wegsteckt.

Gelöbnis Fallschirmjägerregiment 31 Seedorf Karfreitagsgefecht
Gelöbnis am Standort des Fallschirmjägerregiments 31 in Seedorf - Ort des Gedenkens an Nils Bruns, Robert Hartert und Martin Augustyniak, die beim Karfreitagsgefecht ums Leben kamen.
In Afghanistan sind bisher 35 deutsche Soldaten bei Gefechten oder Anschlägen ums Leben gekommen. Weitere Soldaten starben bei Unfällen. Andere Entsendestaaten haben deutlich höhere Verluste zu beklagen. Die Gefallenen aus Seedorf werden an einem Platz in der Nähe des Kaserneneingangs geehrt. Das Leben geht aber weiter. So ist es beispielsweise beim Ehrengeleit üblich, dass die Ehrenformation anschließend mit einem schwungvollen Marsch den Platz verlässt. Hoffnung, Leben, neuer Mut sollen damit vermittelt werden.

So fand heute in Seedorf ein Gelöbnis mit 272 Rekruten und über 1.000 Gästen statt. Sie wirkten entschlossen, die Bundesrepublik Deutschland "tapfer zu verteidigen". Die Rekruten verteilen sich auf die Ausbildungs- und Unterstützungskompanien 31, 91 und 92.

Das besondere Highlight war die Landung von vier Freifallspringern inmitten der Gelöbnisaufstellung. Freifallspringer haben eine Spezialausbildung, sind selten und dürfen ihre Fallschirme in der Luft selbst öffnen. Dadurch sind sie wesentlich flexibler bezüglich Flugbahn und Landung. Sie werden vorrangig zur Sondierung brauchbarer Landeplätze eingesetzt. Wenn die Freifallspringer ihren Job getan haben, kommen die "normalen" Fallschirmjäger zum Einsatz. Auf 400 Metern Höhe öffnet dann das Flugzeug die Heckklappe und lässt die Soldaten in Masse abspringen. Dabei sorgt eine kurze am Flugzeug befestigte Leine dafür, dass der Fallschirm nach etwa drei Metern geöffnet wird. Danach schweben die Jäger wie ein dichter Teppich auf das Kampfgebiet nieder.

Gelöbnis Fallschirmjägerregiment 31 Seedorf
Gelöbnis am Standort des Fallschirmjägerregiments 31 in Seedorf - Truppenfahnen aus dem Gelöbnisverbund NORD
Da das Gelöbnis erst um 18 Uhr stattfand, konnten sich die Gäste noch mit den Fähigkeiten des Regiments vertraut machen. Es gab Vorführungen der Diensthunde, eine Ausstellung der Aufklärer, Erklärung der eingesetzten Waffen, Sanitätsvorführungen, Nahkampfvorführungen und weitere Stationen, die Groß und Klein begeisterten und teilweise auch zum Mitmachen anregten.

Videos:
Gelöbnis von 272 Rekruten beim FschJgRgt31 in Seedorf
Diensthunde beim FschJgRgt31
Kampfmittelbeseitigungsroboter Packbot beim FschJgRgt31
Nahkampf beim FschJgRgt31
Ferngesteuerter Hubwagen Crayler FLG 140 beim FschJgRgt31
Sanität beim FschJgRgt31


Autor: Matthias Baumann

Mittwoch, 3. April 2019

Wachbataillon: Jägerkompanie im Angriff mit Feuer und Bewegung

Wer das Wort "Wachbataillon" hört, denkt normalerweise an militärische Ehren im Kanzleramt, im Schloss Bellevue oder im Bendlerblock. Bei Tagen der offenen Tür tritt dessen Drillteam auf und stellt in choreografischer Perfektion Kunststücke mit dem Karabiner 98k dar. Unter unseren Videos zu protokollarischen Anlässen im Zusammenhang mit dem Wachbataillon lesen wir dann regelmäßig Kommentare wie: "Können die auch kämpfen?"

Wachbataillon Protokolleinsatz Schloss Bellevue
Wachbataillon beim Protokolleinsatz am Schloss Bellevue - Oberstleutnant Kai Beinke (mitte), Generalleutnant Stephan Thomas (rechts, Kommandeur Deutsche Anteile Multinationale Korps / Militärische Grundorganisation), Oberst Thomas Milster (2. von rechts, stellvertretender Leiter Protokoll BMVg)
Dabei sind Protokolleinsätze nur eine der Aufgaben, die das Wachbataillon zu erfüllen hat. Vier von neun Kompanien haben ihren Hauptfokus auf dem Protokoll. Insider reden von Prottern. Das dazugehörige Verb heißt protten. Verhakt sich der Formationsführer in der Abfolge der Kommandos, muss er selbst nachprotten. Lässt ein Soldat während des Pressetermins den Karabiner fallen, muss er ebenfalls nachprotten.

Wachbataillon - Feuer und Bewegung - Jägerkompanie im Angriff
Wachbataillon - Feuer und Bewegung - Protokollkompanie in Flecktarn übt den Angriff als Jäger.
Fünf der neun Kompanien sind normalerweise für Sicherungsaufgaben zuständig. Es kommt jedoch oft genug vor, dass auch sie bei Protokolleinsätzen zu sehen sind. Jede Kompanie muss also beides abdecken: Protten und Sichern. Alle müssen die gleichen militärischen Kennziffern abliefern und entsprechend viele Stunden auf Übungsplätzen verbringen. Der Auftrag des Wachbataillons beinhaltet auch den Schutz der Bundesregierung. Das Wachbataillon untersteht dem Kommando Territoriale Aufgaben und damit der Streitkräftebasis.

Wachbataillon - Feuer und Bewegung - Jägerkompanie im Angriff
Wachbataillon - Feuer und Bewegung - Der Kommandeur des Wachbataillons, Oberstleutnant Kai Beinke, bei der Auswertung der Übung zum Angriff der Jäger unter dem Schutz der Deckungsgruppe.
Sehr spontan kam Anfang März ein Treffen mit Oberstleutnant Kai Beinke an einer Schießbahn im Umland von Berlin zustande. Kai Beinke ist seit September 2018 Kommandeur des Wachbataillons. Er ist Fallschirmjäger und Kämpfer durch und durch. Das zeigt auch seine entschlossene Körperhaltung bei Protokolleinsätzen. Bei bestem Frühlingswetter übte die 2. Kompanie des Wachbataillons den Angriff unter Deckungsfeuer.

Feuer und Bewegung sind wichtige Elemente des Kampfes. Dazu wird die Gruppe aufgeteilt. Ein Teil hält den Feind mit Feuer nieder und der andere Teil bewegt sich. Dann wird gewechselt. Die Protter in Flecktarn sollten sich in kurzen Distanzen vorwärtsbewegen. Immer zur nächsten Deckung: ein Haus, ein Schuppen, ein Schuttberg, eine Mauer, eine Sandkuhle. Wenn eine bestimmte Zielmarke erreicht war, sollte auf die gleiche Weise das Ausweichen geübt werden. Ausweichen ist Bundeswehrdeutsch und würde im zivilen Umfeld eher als Rückzug bezeichnet werden. Immer von Deckung zu Deckung unter dem Deckungsfeuer der sich gerade nicht bewegenden Truppe.

Wachbataillon - Feuer und Bewegung - Jägerkompanie im Angriff
Wachbataillon - Feuer und Bewegung - Maschinengewehr MG3 mit Gefechtsmunition inklusive Leuchtmunition zur Schussbeobachtung, dahinter ein Schütze mit dem Sturmgewehr G36.
Damit die einzelnen Soldaten entsprechend trainiert werden, bestanden die Trupps aus drei bis vier Jägern. Das hat nichts mit der Jagd auf Wildschweine zu tun, sondern mit einer Truppengattung der Infanterie. Das sind Soldaten mit zu Fuß transportierbaren Schusswaffen von Pistole bis Granatmaschinenwaffe und eher leichten gepanzerten Fahrzeugen wie dem GTK Boxer oder dem Transportpanzer Fuchs. Im urbanen Gelände können auch der kleine Mungo und Geländewagen wie Widder (VW-Bus mit Gewehrhalterungen und Allrad), Wolf (Mercedes G-Klasse mit Gewehrhalterung) oder Nissan Pathfinder zum Einsatz kommen.

Wachbataillon - Feuer und Bewegung - Jägerkompanie im Angriff
Wachbataillon - Feuer und Bewegung - Deckungsfeuer mit MG3 auf Lafette: Die Patronenhülsen werden nach unten ausgeworfen und die Gurtglieder fliegen nach rechts weg. Der Schütze beobachtet von unterhalb der Deckung das Kampffeld durch eine Carl-Zeiss-Optik. Rechts und links wird er durch Soldaten mit dem Sturmgewehr G36 unterstützt. Der Soldat links vom MG3-Schützen ist auch für die Nachmunitionierung zuständig.
Diese drei bis vier Jäger waren mit G36 und einem MG3 ausgerüstet. Das MG3 ist ein Maschinengewehr, das schon fast 50 Jahre von der Bundeswehr genutzt wird und bei dieser Übung auflafettiert war. Das heißt, das MG3 war auf ein Gestell montiert - Lafette genannt. Damit war die Möglichkeit gegeben, längere Feuerstöße abzugeben sowie Reichweite und Präzision zu erhöhen. Ein weiterer Vorteil der Lafette ist die Zieloptik. Der Soldat kann dadurch komplett hinter der Deckung verschwinden und trotzdem genau den Wirkungsbereich beobachten. Die Lafette ermöglicht eine Justierung des Maschinengewehrs auf eine bestimmte Höhe und für einen horizontalen Zielbereich. Es geht dabei nicht nur um das Treffen eines Zieles, sondern ein Flächenfeuer, das den Gegner in Deckung zwingt.

Wachbataillon - Feuer und Bewegung - Jägerkompanie im Angriff
Wachbataillon - Feuer und Bewegung - Deckungsfeuer mit auflafettiertem Maschinengewehr MG3
Dadurch wird das wechselseitige Vorgehen der Soldaten ermöglicht. Eine Gruppe führt das Deckungsfeuer mit MG3 und G36 aus, die andere Gruppe "springt" zur nächsten Deckung, bereitet dort ihr MG3 vor, gibt die Meldung "Bereit zum Deckungsfeuer" - Befehl kommt: "Feuer" - die andere Gruppe läuft zur nächsten Deckung. Und so weiter und so weiter - bis alle am vereinbarten Ziel angekommen sind. Oder eben durch den imaginären Feind "neutralisiert" wurden. Einige Soldaten hätten das Szenario im Ernstfall nicht überlebt, da sie einfach ein paar Deckungen übersprungen haben und somit viel zu lange in der Schusslinie des Gegners gewesen wären. Aber dafür wird das ja geübt. Überhaupt setzt die Bundeswehr auf eine clevere Didaktik: erst kurze Theorie, dann ausprobieren, dann Auswertung, dann nachbessern.

Wachbataillon - Feuer und Bewegung - Jägerkompanie im Angriff
Wachbataillon - Feuer und Bewegung - Auswertung des Angriffs der Jägerkompanie, im Hintergrund urbane Geländesimulation und mögliche Deckungen für die Bewegung der Gruppe
Bei groben Fehlern kam auch mal die Trillerpfeife zum Einsatz. Die Soldaten wurden zusammengerufen und am Ort des Geschehens nachjustiert. Da hier scharf geschossen wurde, liefen auch immer Aufsichtspersonen mit roten Armbinden hinter den Jägern her, um die entsprechende Sicherheit zu gewährleisten. Gelegentlich beugte sich einer der Aufpasser zu den Soldaten und gab Hinweise zur Ablage des G36: Mündung, Patronenauswurf und Optik nie in den Dreck legen.

Wachbataillon - Feuer und Bewegung - Jägerkompanie im Angriff
Wachbataillon - Feuer und Bewegung - Mit Munition wurde erst einmal nicht gespart.
Es gab mehrere Durchläufe mit mehreren Zügen der 2. Kompanie. Dabei wurde auch das Haushalten mit Munition geübt. Die Maschinengewehre schossen dabei nur noch kleine Salven und die G36 flankierten das mit Doppelschüssen. Das Erreichen der sogenannten Sperrbestände (Munition geht zur Neige) wurde den Gruppenführern zwecks Entscheidungsfindung gemeldet. Das Finale stellte MG3-Feuer aus einem erhöhten Gebäude dar. Dann gab es die Auswertung seitens des Hauptfeldwebels und des Hauptmanns. Die Kompanien des Wachbataillons werden von Offizieren mit dem Dienstgrad Hauptmann geführt. Neuerdings ist sogar eine Beförderung zum Major möglich.

Wachbataillon - Feuer und Bewegung - Jägerkompanie im Angriff
Wachbataillon - Feuer und Bewegung - Deckung hinter einer Waschbetonwand: Das Sturmgewehr G36 wurde korrekt auf der Munitionskiste abgelegt. Mündung, Hülsenauswurf und Optik liegen nicht im Dreck.
Zwischendurch gab es noch deftiges Essen vom Spieß. Mit Spieß ist hier nicht das zum Braten verwendete Kochutensil gemeint, sondern der Soldat mit der gelben Schnur. Sobald dieser auftaucht, läuft das Wasser im Munde zusammen und das Besteck wird aus dem Rucksack geholt. Ein sonniger, aber doch recht frischer Tag in der Natur neigte sich dem Ende zu. Ich entfernte die Ohrstöpsel und setzte die Wintermütze ab. Dann ging es zurück nach Berlin, wo bald der nächste Protteinsatz der Jäger stattfinden sollte.

Video:
Wachbataillon - Jäger im Angriff - Feuer und Bewegung

Autor: Matthias Baumann

Mittwoch, 20. Februar 2019

Georgiens Präsidentin Salome Zourabichwili besucht Berlin und bekommt militärische Ehren im Schloss Bellevue

Georgisch ist eine eigenwillige Sprache. Sie enthält vom Klang her keine Elemente, die sich für uns durch Brücken aus Latein oder Russisch erschließen könnten. Ebenso eigenwillig ist die Schrift. Sie sieht schon fast indisch aus. So haben auch georgische Namen ein besonderes Merkmal: Sie enden fast alle auf "wili". Am heutigen Vormittag besuchte die georgische Präsidentin Salome Zourabichwili den Bundespräsidenten und wird zum Kaffee bei der Kanzlerin erwartet.

Diese Reihenfolge ist protokollarisch korrekt, da Erste im Staate im Schloss Bellevue mit militärischen Ehren empfangen werden können. Es kann schon als Privileg gewertet werden, dass Frau Zourabichwili nur drei Monate nach Amtsbeginn zum Antrittsbesuch in Berlin empfangen wird.

Georgiens Präsidentin Salome Zourabichwili Berlin Frank-Walter Steinmeier
Georgiens Präsidentin Salome Zourabichwili zum Antrittsbesuch in Berlin bei Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier
Das stolze Alter von 67 sieht man der in Paris geborenen Politikerin gar nicht an. Sie ist parteilos und wurde von der Regierungspartei "Georgischer Traum" bei der Kandidatur unterstützt. Der Name der Partei könnte fast als Bezeichnung für einen Eisbecher durchgehen und reiht sich damit in die Namensfindung italienischer Parteien ein.

"Georgischer Traum" ist keine klassische Partei, sondern ein Bündnis aus kleineren Parteien und Bürgerbewegungen, das 2012 die alte Regierung unter Michail Saakaschwili ablösen wollte. Der "Georgische Traum" wurde tatsächlich Realität und ist demokratisch sowie prowestlich eingestellt.

Umso bitterer muss es für Georgien sein, dass sich die NATO bezüglich des Landes so zurückhaltend verhält. Auf der Münchner Sicherheitskonferenz wurde das einmal mehr deutlich, obwohl die Reichweite der auf der Krim stationierten Raketen insbesondere für Georgien bedrohlich ist. Es gibt jedoch auf westlicher Seite Zweifel an der nachhaltig demokratischen Entwicklung des Landes. In diesem Zusammenhang kann der Besuch der Präsidentin für Vertrauen sorgen.

Video:
Militärische Ehren für Georgiens Präsidentin Salome Zourabichwili

Autor: Matthias Baumann

Sonntag, 17. Februar 2019

#MSC2019 Zorn und Brauß und Bundeswehr in der Karmeliterkirche

Als ich meinem Gastgeber erzählte, dass ich heute um zehn in der Karmeliterkirche sein muss, meinte er: "Ach, Gottesdienst". Das konnte ich nicht bestätigen. In der Karmeliterkirche sollte eine Diskussion zum Thema "Bedingt einsatzbereit? Die Bundeswehr zwischen Anforderung und Überforderung" stattfinden. Schon der Titel war gemein und tendenziös - ausgedacht von der Universität der Bundeswehr in München.

Während gegenüber im Bayerischen Hof der iranische Außenminister gegen die USA wetterte und die Europäer auf seine Seite zu ziehen versuchte, betrat ich die Karmeliterkirche. Ein heller und schlichter Sakralbau. Links hing ein Kreuz und neben den Säulen standen Tische mit belegten Brötchen und Getränken. Ich setzte mich in die zweite Reihe.

#MSC2019 Karmeliterkirche Universität der Bundeswehr München
#MSC2019 in der Karmeliterkirche - Universität der Bundeswehr München zur Einsatzbereitschaft der Bundeswehr
Unsere Generale und Admirale machen kein Geheimnis aus ihrem christlichen Glauben. So hatte sich Generalleutnant Heinrich Brauß bei seinem Großen Zapfenstreich das Musikstück "Nun danket alle Gott" gewünscht. Der General a.D. war heute als einer der Diskutanten vorgesehen. Neben ihm saßen noch Dr. Claudia Major - Nachname statt Dienstgrad - und MdB Henning Otte von der CDU.

Moderiert wurde von Prof. Dr. Carlos Masala. Letzterer fungierte gleichzeitig als Vertreter der einladenden Uni. Die Universität der Bundeswehr legt den akademischen Grundstein für Offiziere und Zivilisten. Wer dann militärisch weiterkommen möchte, besucht anschließend beispielsweise noch die Führungsakademie in Hamburg oder die Offiziersschule des Heeres in Dresden.

Auch der Generalinspekteur Eberhard Zorn hatte einen Besuch in der Kirche vorgezogen. So saß er neben anderen goldenen Sternen in der ersten Reihe und lauschte dem Geschehen auf der Bühne - pardon: dem Altarbereich. Es wurde sehr schnell klar, dass es hier nicht um die übliche Leier mit nichtfliegenden Hubschraubern, nichtfahrenden Panzern und den heißgeschossenen G36 ging, sondern um die Wahrnehmung der Bundeswehr und die Handhabung des Themas Verteidigung.

General a.D. Brauß war seinerzeit in der NATO für die Abschreckung von Gegnern wie Russland zuständig. Die Aktivitäten Russlands in der Ukraine hatten 2014 einen Umbau der NATO angestoßen. Der konventionelle Aspekt konnte mit der Installation einer Battlegroup in Litauen gut abgefangen werden, da ein möglicher Angriff die Soldaten diverser Nationen betreffen und Russland in eine politische Isolation führen würde. Allerdings sei Russland sehr stark im Bereich CIR Cyber-Informationsraum. Es beeinflusse Wahlen, Meinungen und Stimmungen in anderen Staaten.

Die Bundeswehr habe noch einige Hausaufgaben zu erledigen. Das beginne bei CIR und ende bei der Fähigkeit, operative Großverbände zu stellen und schnell zu verlegen. 2% des Bruttoinlandsproduktes reichen dafür bei weitem nicht aus. Es müssten eher 3% oder 4% bereitgestellt werden. Die Generale und Admirale in der ersten Reihe nickten zustimmend. Heinrich Brauß machte auch klar, dass die 2% keine Trump-Angelegenheit seien, sondern eine unterzeichnete NATO-Richtlinie. Russland sei schließlich nicht die einzige Bedrohung. Auch China rüstet auf und übt schon mal im Südchinesischen Meer.

#MSC2019 Karmeliterkirche Universität der Bundeswehr München General Heinrich Brauß
#MSC2019 in der Karmeliterkirche - Universität der Bundeswehr München mit Generalleutnant a.D. Heinrich Brauß über der Schulter des Generalinspekteurs Eberhard Zorn
Da der eingeladene Oppositionspolitiker nicht erschienen war, war man sich auf dem Podium einig, dass die maßgeblichen Verhinderer im Bundestag und bestimmten Ministerien sitzen. Die Verhinderung gehe so weit, dass Deutschland schon Pläne ohne Zahlen bei der NATO einreichen musste und sich dort absolut lächerlich gemacht hatte. Die europäischen Partner schauen auf uns und erwarten ein verantwortungsvolles Umgehen mit der Landes- und Bündnisverteidigung. Wie peinlich sind dann solche Blüten deutscher 68er-Politik. Das Wohlergehen der Bundeswehr und deren Haushalt haben Symbolwirkung für unsere Nachbarn, aber auch für ganz Europa und die NATO.

Klar, dass Donald Trump ungehalten reagiert. In diesem Punkt hat er sogar Recht. Als Unternehmer mag er kein Wischiwaschi, sondern Entscheidungsfreudigkeit und greifbare Fakten. Dazu gehören auch die 2% für den Verteidigungshaushalt. Als 2016 mit viel Enthusiasmus das Weißbuch zur Sicherheitspolitik herausgebracht wurde, waren die NATO-Partner und die europäischen Nachbarn begeistert. Als die Ministerin dann motiviert in den Bundestag zurückkam, erlebte sie das Gegenteil: Interesse gleich Null. Wobei das nur bedingt stimmt: Im Wahlkampf ist Verteidigungspolitik ein beliebtes Thema für Schlammschlachten. In Portugal gibt es die eiserne Regel, dass Landesverteidigung ein hohes Gut ist, das im Wahlkampf nicht instrumentalisiert werden darf. Verteidigung als Chefsache.

Die Briten witzeln wohl schon über den "cinetic gap" der Bundeswehr. Die wollen oder können, aber dürfen nicht. Das Bild vom "Helfer in Uniform" hat zu einer ungünstigen Verschiebung in der Wahrnehmung geführt, zeigt aber, wie sensibel das Thema in der Öffentlichkeit angegangen wird. Dabei gilt die Bundeswehr, wann immer sie in Krisenregionen gerufen wird, als absolut zuverlässig, pünktlich und einsatzfähig.

Was also tun mit der öffentlichen Wahrnehmung? Der Fisch stinkt vom Kopf. Deshalb beginnt es bei der Politik, die sicherheitspolitischen Herausforderungen zu erkennen und ein Bewusstsein für Verteidigung zu entwickeln. Dieses Bewusstsein wäre dann an die Bevölkerung zu transportieren. Ob so viel Zeit noch bleibt? In Finnland hat sich eine breite Resilienz gegen die Angriffe Russlands aus der 5. Dimension (Cyber-Informationsraum) entwickelt. Dort zieht die gesamte Bevölkerung mit und ist erfolgreich dabei. Davon könnten wir in Deutschland etwas lernen.

Das Problem kennt auch Generalinspekteur Eberhard Zorn. In seiner Wortmeldung sprach er von einer Lücke bei der Annäherung an die Bevölkerung. Das Nahebringen des Themas wird aus meiner Erfahrung durch zwei Aspekte behindert: Einerseits interessiert sich die Presse in Deutschland gar nicht für die Bundeswehr. Es sei denn, es gab eine medienwirksame Panne. Bedingt dadurch sind wohl zweitens einige Pressestäbe mehr auf Verhinderung und Firewall eingenordet, als auf Public Relations. Es gibt aber in den eigenen Reihen auch positive Tendenzen: PIZ Heer und PIZ Luftwaffe beispielsweise setzen schon heute das um, was sich der Generalinspekteur für die nahe Zukunft wünscht.

Autor: Matthias Baumann

Samstag, 16. Februar 2019

#MSC2019 Serbien und Kosovo reden miteinander

Man brachte uns zum Königssaal. Dicht gedrängt standen Diplomaten, Bundespolitiker, Offiziere und Experten auf dem dicken Teppich des Vorraums. In einem Nebengelass wurde eine Tafel eingedeckt. Eine afrikanische Delegation zwängte sich durch die Wartenden hindurch und verschwand in diesem Raum. Was wird dort wohl verhandelt?

Im Königssaal wurde die Zeit überzogen. Um 16 Uhr sollte es laut Plan mit dem Thema "Security in South East Europe: Two Steps Forward, One Step Back?" weitergehen. Dazu wurden die Kontrahenten Aleksandar Vučić und Hashim Thaçi erwartet.

#MSC2019 Serbien und Kosovo reden miteinander
#MSC2019 Serbien und Kosovo reden miteinander im Königssaal des Bayerischen Hofs - v.l.n.r.: Aleksandar Vučić (Präsident von Serbien), Johannes Hahn (EU-Kommissar für Nachbarschaft und Erweiterungsverhandlungen),
Hashim Thaçi (Präsident von Kosovo)
Aleksandar Vučić ist seit April 2017 Präsident von Serbien. Vorher war er drei Jahre Lang Ministerpräsident von Serbien. Von 1993 bis 2008 gehörte er der Serbischen Radikalen Partei an, die wohl mit unserer NPD vergleichbar ist. Er wechselte dann in die Serbische Fortschrittspartei, die ideologisch irgendwo zwischen AfD und CDU liegt und die Nähe zur EU sucht. Der 49-jährige Serbe wirkte etwas unbeholfen und ungelenk. Fast so, als wolle er mit seinem politischen Engagement andere Defizite kompensieren.

Etwas taffer wirkte Hashim Thaçi. Dieser ist seit April 2016 Präsident des Kosovo. Er gehört der Demokratischen Partei Kosovos an. Von 2008 bis 2014 war er Ministerpräsident seines Landes. 1994 hatte er an der Gründung der paramilitärischen Organisation UÇK mitgewirkt. Eine Organisation, die bei der Erhitzung der Situation auf dem Balkan eine wichtige Rolle spielen sollte.

Bei Serbien und dem Kosovo treffen nicht nur Ethnien aufeinander, sondern auch Religionen. Die orthodoxen Serben sehen sich den muslimischen Albanern gegenüber. In Jugoslawien war noch alles gut: Kosovo war ein administrativer Teil des Bundeslandes Serbien. Mit dem Zerfall Jugoslawiens fühlten sich die Kosovaren wieder als Albaner und wollten natürlich nichts mehr mit den Serben zu tun haben. Mit der UÇK wurden dann kleine, aber wirkungsvolle Nadelstiche gegen serbische Staatsorgane - vorrangig Polizisten - gesetzt. Serbien mit dem befreundeten Russland im Rücken reagierte darauf äußerst robust und so gar nicht verhältnismäßig. Für einen serbischen Polizisten starben dann mal eben 20 Dorfbewohner im Kosovo.

Damit Russland den Kuchen des zersplitterten Jugoslawiens nicht alleine aufisst, unterstützte die NATO den so unverhältnismäßig behandelten kleinen Kosovo. Dabei ließ sich die NATO durch eigene Hybris und eine massive Unterschätzung des Gegners blenden. Serbien hatte nämlich noch die alte Partisanentaktik drauf und konnte trotz hilflos veralteter Militärtechnik einen wirkungsvollen Gegendruck aufbauen. So kam es auf allen Seiten zu vielen Verlusten und tiefen - auch mentalen - Verletzungen. Letzterer wurden wir heute Zeuge.

Wolfgang Ischinger höchst persönlich moderierte die Diskussion. Offensichtlich waren Verlauf und Ausgang zu unkalkulierbar. Aleksandar Vučić hing in seinem Stuhl und durfte sich als Erster etwas warmreden. Er sprach Englisch. Danach kam Hashim Thaçi zu Wort. Er sprach wohl Albanisch. Das löste eine gewisse Unruhe im Saal aus, weil sich die Gäste erst einmal Kopfhörer für die Simultanübersetzung besorgen mussten. Er sprach ebenfalls sehr ruhig, saß dabei aber aufrecht und blickte ins Publikum. Direkt vor mir saßen der aktuelle und der ehemalige Botschafter des Kosovo. Wäre ihr Präsident hier nicht aufgetreten, hätten sie gar nicht an der Münchner Sicherheitskonferenz teilnehmen dürfen.


#MSC2019 Serbien und Kosovo reden miteinander
#MSC2019 Der Verhandlungstisch in einem Salon des Bayerischen Hofs steht für Kontrahenten aus Afrika bereit.
Im weiteren Verlauf erfuhren wir, dass Serbien die Hand ausgestreckt habe und zu Gesprächen bereit sei. Kosovo wolle aber nicht. Kosovo hingegen erwartet eine Ahndung oder wenigstens eine Entschuldigung für die unverhältnismäßigen Tötungen von Personen mit albanischen Wurzeln. Der serbische Präsident meinte darauf, dass sich die Kosovaren nicht permanent selbst zum Opfer stilisieren sollten. "Selfvictimizing" nannte er das. Während Aleksandar Vučić immer mehr in Fahrt kam, blieb Hashim Thaçi ruhig und entspannt. Was er wirklich dachte, war nicht zu erkennen.

Bald war die eine Stunde um und es kam zum Fazit: So bestehe seitens europäischer Diplomaten das Vertrauen, dass es für jedes Problem eine Lösung gebe. Zudem gehe es auch nicht um eine Befriedigung irgendwelcher EU-Politiker, sondern um die eigene Bevölkerung in Serbien und im Kosovo. Das unterstrich auch Johannes Hahn von der EU in Brüssel. Dieser hatte sich in der Diskussion weitestgehend zurückgehalten und als physische Grenze zwischen den beiden Präsidenten gedient. Die Geschichte könne nicht rückgängig gemacht werden, aber ein Agreement, ein Entgegenkommen, werden von Russland, den USA und der EU begrüßt.

"Was können wir für euch tun? Was wünscht ihr euch von uns?", waren die abschließenden Fragen Wolfgang Ischingers bezüglich dieser immer noch sehr verfahrenen, verletzten Situation. Alle waren sich daraufhin einig, dass das miteinander Reden ein guter Weg zur Lösung ist. Ein Privileg, diesen Moment miterlebt zu haben.

Video:
Offizielles Video der MSC zum Tag 2 der Konferent (Teil II)

Autor: Matthias Baumann

#MSC2019 Madeleine Albright und die Declaration of Principles

Als die Verteidigungsministerin am Freitag durch die Reihen ging und einige Gäste der MSC Munich Security Conference begrüßte, kam auch eine ältere Dame mit schütterem blondem Haar ins Bild. Kaum ein Journalist im Pressecenter nahm Notiz von dieser aus dem Konferenzsaal übertragenen Szene. Aber wer war diese Frau? Das sollte sich bald klären.

Ebendiese Dame nahm heute hinter dem Schild Albright Platz. Madeleine Albright hatte unter Bill Clinton zwischen 1997 und 2001 die Außenpolitik der USA bestimmt. Nun ist sie 18 Jahre älter und engagiert sich immer noch für die Lösung von Problemen auf diplomatischem Wege. Sie stammt aus Tschechien. Ihr Vater war Diplomat. Er merkte bald, dass die Entwicklung nach 1945 zwar eine demokratische Etikette trug, jedoch eine Mogelpackung war. 1948 gelang der Familie ein Umzug in die USA, wo Madeleine Albright mit knapp 40 Jahren politisch aktiv wurde. Natürlich bei den Demokraten. Demokratie ist bis heute ihr Thema geblieben.

#MSC2019 Atlantic Council Declaration of Principles Democracy Albright Bildt Hadley
#MSC2019 Atlantic Council - Declaration of Principles for Democracy - (v.l.n.r.) Madeleine Albright (ehemalige Außenministerin der USA) mit symbolträchtiger Brosche, Carl Bildt (ehemaliger Premierminister Schwedens) mit Bandschnalle des Bundesverdienstordens, Stephen Hadley (ehemaliger Nationaler Sicherheitsberater der USA)
Ihr Blick durchdrang meine Brillengläser, blieb einige Momente auf mir haften und wanderte dann weiter durch den dünn besetzten Saal. Ich versuchte, ihre überdimensionierte Brosche zu deuten und schaute dann auf den neben ihr sitzenden Carl Bildt. Carl Bildt war von 1991 bis 1994 Premierminister in Schweden und vertrat sein Land von 2009 bis 2014 als Außenminister. Für die Münchner Sicherheitskonferenz hatte er die Bandschnalle des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland ans Revers gesteckt. Diese befand sich allerdings in einer irritierenden Schieflage.

In einer Schieflage scheint sich auch weltweit die Demokratie zu befinden. Deshalb wurde durch das Atlantic Council eine Initiative für die Demokratie ins Leben gerufen: Declaration of Principles. Die Declaration of Principles umfasst sieben Prinzipien der Demokratie.

  1. Freiheit und Gerechtigkeit
  2. Demokratie und Selbstbestimmung
  3. Frieden und Sicherheit
  4. Freie Märkte und gleiche Möglichkeiten
  5. Ein offener und gesunder Planet
  6. Recht auf Hilfe
  7. Gemeinsames Handeln

Diese sieben Prinzipien wurden mit entsprechenden Inhalten gefüllt und von weiteren namhaften Personen signiert. Vorrangig allerdings von Politikern westlich orientierter Länder. Kein Russe, kein Ungar, kein Nordkoreaner, kein Chinese. Dafür aber Dino Patti Djalal aus Indonesien, dem größten islamischen Land, und von Mehdi Jomaa aus Tunesien.

Neben Madeleine Albright und Carl Bildt war noch Stephen Hadley erschienen. Er war National Security Advisor der USA. Die vierte Hauptperson, Yoriko Kawaguchi aus Japan, hatte kurzfristig abgesagt. Sie war einst Außenministerin von Japan.

Die Bandbreite der Parteizugehörigkeiten zeigte, dass es hier nicht um links oder rechts ging, sondern um den Erhalt der Demokratie selbst. Viel zu lange hätten wir Demokratie als selbstverständlich hingenommen: "by granted". Es sei nun eine Klimaänderung zu spüren. Presse werde nicht mehr als Kontrollinstrument gegenüber der Regierung, sondern als Feind der Bevölkerung wahrgenommen. Das Misstrauen in demokratisch gewählte Regierungen sei erheblich gestiegen. Bei supervisionären Personen wie Madeleine Albright schrillen inzwischen die Alarmglocken. Es sei noch nicht zu spät, aber der Moment, wo gehandelt werden müsse. Deshalb die sieben Prinzipien der Demokratie.

Die Washington Post und ein amerikanischer Fernsehsender wollten wissen, wie denn diese Prinzipien unter das Volk und in die Welt hinaus gebracht werden. Die Antwort war eher ernüchternd: Ja, die Webseite mit den Prinzipien sei auch auf Russisch verfügbar und könne in Russland aufgerufen werden. Man beginne gerade mit der Kampagne.

Die prominenten Unterzeichner sind jedoch im Lobbyismus unterwegs. Zeitgemäße Technologien zur viralen Verbreitung von Informationen werden wohl eher von den Kämpfern in der 5. Dimension (CIR Cyber-Informationsraum) beherrscht. So ist es sehr zweifelhaft, ob die Prinzipien wirklich den nötigen Verbreitungsgrad erreichen. Es entstand jedenfalls aufgrund der Antworten vom Podium der Eindruck, dass vieles der Hoffnung und dem Zufall überlassen werde. Schade eigentlich!

Anschließend wurde das Geheimnis der Brosche aufgeklärt: Der Engel Gabriel beschützt die Welt. Kurz vor dem Verlassen des Saales wies ich Carl Bildt noch auf die schief hängende Bandschnalle hin. Er korrigierte das sofort und bedankte sich.

Autor: Matthias Baumann

#MSC2019 55. Münchner Sicherheitskonferenz - Wer sammelt die Teile auf?

Die 55. Münchner Sicherheitskonferenz - kurz MSC für Munich Security Conference - stand unter dem Motto "The Great Puzzle: Who will Pick Up the Pieces?", also "Die große Frage: Wer sammelt die Teile auf?". Passend dazu wurden Puzzle-Spiele mit 55 Teilen ausgegeben, die einige Teilnehmer eifrig zusammensetzten. Zusammensetzen ist immer eine gute Idee, wenn es um die Lösung von Problemen geht. Momentan ist die globale Sicherheitslage recht angespannt. Drei große Player drängen auf die Bühne: Russland, China und die USA.

#MSC2019 55. Münchner Sicherheitskonferenz Michael Pence
#MSC2019 55. Münchner Sicherheitskonferenz - Michael Pence bei seiner Rede im Konferenzsaal des Bayerischen Hofs
Dieser Dreiklang wurde auch heute aufgenommen. Ab 11:30 Uhr gaben sich Vertreter der genannten Staaten die Klinke in die Hand. Zuerst trat Michael Richard Pence ans Pult. Er fungiert als Stellvertreter von Donald Trump. Zur Unterstützung hatte er die Tochter des Präsidenten, Ivanka, dabei. Sie saß neben Ursula von der Leyen im Publikum. Als Michael Pence fertig war, leerte sich der Saal und der Chinese Yang Jiechi trat auf. Er ist Mitglied des Politbüros der Kommunistischen Partei und Chef der Zentralen Kommission für Auswärtige Angelegenheiten Chinas. Sergey Lavrov, der russische Außenminister, wurde etwas herzlicher empfangen, sogar von Frau Eriksen Søreide, seiner norwegischen Amtskollegin. Da der Bayerische Rundfunk exklusive Bildrechte beanspruchte, musste die sonstige Presse nach fünf Minuten den Saal verlassen. Die Inhalte der Reden sind deshalb anderen Quellen zu entnehmen.

#MSC2019 55. Münchner Sicherheitskonferenz Michael Pence
#MSC2019 55. Münchner Sicherheitskonferenz - Michael Pence verlässt nach einem Gespräch mit Angela Merkel den Bayerischen Hof. Michael Pence war so schnell, dass nur die Sicherheitskräfte, Fotografen und Teilnehmer im Bild sind.
Während der Chinese und Sergey Lavrov redeten, hatte Angela Merkel die Gelegenheit zu einem Gespräch mit Michael Pence genutzt. Dieser rauschte gerade an uns vorbei, als wir zur Pooling Area unterwegs waren.

Die Begrüßungsrede unserer Verteidigungsministerin hatte ich am Freitag vom Pressezentrum verfolgt. Sie wurde dort ins Englische übersetzt, so dass jeder thematisch folgen konnte. Ursula von der Leyen sprach sich für Demokratie und Fairness aus. Man müsse miteinander reden. Als aktuelles Beispiel gelten dabei die Verhandlungen mit den Taliban in Afghanistan. Die Taliban werden oft als wahllos agierende Terroristen klassifiziert. Das entspricht jedoch nicht den Tatsachen. Die Taliban sind eine gezielt agierende Kraft, die politische Ziele anstrebt. Wenn also mal wieder Massen an Zivilisten getötet wurden, ist zuerst der IS zur Stelle und reklamiert die Tat für sich. Taliban gehen gezielt gegen militärische Ziele oder die Polizei vor und bekennen sich dann dazu. Deshalb sind sie jetzt eingeladen, an den Verhandlungstisch zu kommen und an einem Konsens für die politische Entwicklung des Landes mitzuwirken.


#MSC2019 55. Münchner Sicherheitskonferenz Pressecenter Wittelsbacherplatz
#MSC2019 55. Münchner Sicherheitskonferenz - Pressecenter am Wittelsbacherplatz
Ursula von der Leyen ging aber auch auf die 2% ein. Nominell komme bei Deutschland eine ganz andere Summe zustande als bei anderen EU-Staaten. Von daher sei entscheidend, was von den 2% gekauft werden könne und wie das Budget im jeweiligen Land verwendet werde. Was ist letztendlich "the outcome" für die NATO? Es war wohl nicht ganz von ungefähr, dass sich der moderierende Gastgeber Wolfgang Ischinger die ganze Zeit in einem blauen EU-Hoodie auf der Bühne präsentierte. Als Diplomat und Freund von Versöhnungsszenarien hatte er gleich nach der Ministerin den britischen Verteidigungsminister, Gavin Williamson, eingetaktet. Der Mann hat ein zartes Alter von 42 und bekleidet seit 2017 das Amt. In wenigen Tagen muss er sich mit dem harten Brexit auseinandersetzen und weise Entscheidungen treffen.

Da es zurzeit in einigen Bereichen an Weisheit und gutem Rat mangelt, hatte Wolfgang Ischinger generell für einen guten Mix an Kompetenzen und Nationalitäten gesorgt. So bemerkte er, dass alle Personen im Saal als Kompetenzträger eingeladen worden seien. Sie sollten aktiv mitdiskutieren. Es gehe hier nicht um eine Frage-Antwort-Runde zwischen Podium und Publikum, sondern um einen Diskurs. Die Liste der Präsidenten, Außenminister, Verteidigungsminister, Botschafter, Generale und Admirale würde an dieser Stelle den Rahmen sprengen.

#MSC2019 55. Münchner Sicherheitskonferenz Teilnehmer
#MSC2019 55. Münchner Sicherheitskonferenz - Präsidenten, Minister, Experten, Botschafter, Generale und Admirale im Konferenzsaal des Bayerischen Hofs
Die Münchner Sicherheitskonferenz war aber schon so hochkarätig besucht, dass die polizeilichen Maßnahmen im Außenbereich mehr als angemessen waren. Der zusätzliche Einsatz von Hubschraubern signalisierte die Wichtigkeit der gerade redenden Person. Ganz abgesehen von den mitgebrachten Sicherheitskräften und der mitreisenden Presse.

Wer wird nun also die Teile aufsammeln? Die Europäer? Die Afrikaner? Die Inder? Die Indonesier? Werden Russland, China und die USA beim Aufsammeln helfen? Oder werden sie nur zerstreuen? Die weitere Entwicklung wird zeigen, ob der große Diskurs und die vielen Gespräche in den Salons des Hotels Früchte einer friedlichen Entwicklung bringen.

Autor: Matthias Baumann

Freitag, 15. Februar 2019

#MSC2019 Microsoft und Security 4.0

Die von Microsoft anberaumte Veranstaltung zum Thema "Security 4.0 - How Technology will Shape our Future" war der erste Anlass, den Bayerischen Hof während der MSC Münchner Sicherheitskonferenz zu betreten. Eigentlich wollte ich nur mal schauen, wie das generell für die Presse abläuft mit den Zugängen, dem Timing und den Teilnahmepools.

Zumindest fühlte ich mich sicher und gut beschützt: Es gab zwei äußere Polizeibarrieren. Die erste konnte noch von Münchner Bürgern betreten werden. Zumindest, wenn sie sich an den Polizisten mit schusssicheren Westen und Maschinenpistolen vorbeitrauten. Die zweite Barriere an den direkten Straßenzügen um das Hotel konnte nur betreten werden, wenn ein riesiges Badge um den Hals hing. Die MSC-Badges trugen das biometrisch verwertbare Foto des Inhabers und eine Farbmarkierung, die den Status und die Zugangsbereiche definierte. Auch die schwarzen Limousinen waren gut sichtbar markiert. Ein Fake-Blaulicht von Amazon auf dem schwarzen BMW 7er hätte hier wohl nicht ausgereicht.

#MSC2019 Limousinen mit Blaulicht in den Straßen um den Bayerischen Hof
#MSC2019 Schwarze Limousinen mit Blaulicht in den Straßen um den Bayerischen Hof - Einer der externen Veranstaltungsorte war das Literaturhaus. Es befand sich zwischen dem inneren und äußeren Sperrbereich.
Das Pooling der Pressevertreter war recht gut organisiert. Richtwert waren 20 Minuten vor Beginn der jeweiligen Veranstaltung. Egal, ob im Plenum oder in einem der vielen Nebenräume des Hotels. Mitarbeiter mit rot markierten Badges führten dann die Presse an die Zielorte. Wir wurden in den Fürstensalon geleitet. Dazu ging es mehrere Treppen nach oben. Weiche Teppiche, die sämtliche Geräusche schluckten. Gelegentlich war das Durchkommen etwas schwierig, da sich überall Menschentrauben gebildet hatten. Im Fürstensalon wurde gerade eine Fotowand eingerollt. Vorher muss wohl der BND - Neudeutsch: Federal Intelligence Service - hier getagt haben. Es herrschte also im gesamten Hotel ein reges Kommen und Gehen. Wir pirschten uns in die dritte Reihe vor.

"Kein Signal" zeigte der riesige Flachbildschirm, den Microsoft für seine Präsentation herangerollt hatte. Die Fotowand des BND war inzwischen durch eine Fotowand mit MSC und Microsoft ersetzt worden. Davor standen drei klassische Sessel mit rotem Samt. Diese passten sehr gut zur originären Ausstattung des Fürstensalons. Vor uns nahm der ehemalige amerikanische Botschafter John B. Emerson Platz.

Zunächst wurde darauf eingegangen, dass man sich das so nicht vorgestellt habe: IT sollte doch Probleme lösen sowie dem Menschen und der Industrie Nutzen bringen. Plötzlich gäbe es die 5. Dimension des CIR Cyber-Informationsraumes, der die IT zur hybriden Kriegsführung nutze. Schon der Gesichtsausdruck verriet, dass Microsoft von der Entwicklung überrollt worden war.

#MSC2019 Microsoft und Security 4.0
#MSC2019 Microsoft und Security 4.0 - Die Fotowand der Vorveranstaltung wird eingerollt und gibt den Blick auf die Wandgemälde des Fürstensalons frei. Kurz darauf wurde eine Fotowand für Microsoft aufgerollt.
Zurzeit werden handfeste technologische Tatsachen geschaffen. Die Unterscheidung zwischen echtem Menschen am anderen Ende der Telefonleitung und Roboter werde immer schwieriger. Desinformationen wie die Brexit-Kampagne können wesentlich schneller und effizienter verbreitet werden. Wer technisch fit ist, kann selbst als Einzelperson einen erheblichen Einfluss auf die Gesellschaft ausüben. Darauf geht auch das Weißbuch 2016 ein. Dem hat Microsoft nicht wirklich etwas entgegenzusetzen.

Es gab allerdings auch schon in der Vergangenheit massenwirksame Kampagnen, wie beispielsweise den Wahlkampf zwischen Nixon und Kennedy 1960. Diese wurden über das Fernsehen ausgetragen. Die Reichweite des Internets kann jedoch auch Vorgänge in anderen Staaten beeinflussen. Deshalb sieht sich China zum Bau eines eigenen Internets gezwungen. Ein Netz, in das nur die eigene Ideologie einfließt, in dem die Nutzer gut kontrollierbar sind und in das von außen nichts mehr hereinkommt. Bereits im letzten Jahr bestätigten Unternehmer, die in Hong Kong aktiv sind, dass sich die Verbindung zu den europäischen Stammhäusern extrem suboptimal gestalte, da China sämtliche Dienste wie WhatsApp und Skype blockiert.

Es gibt noch ein weiteres Problem für Microsoft: Chinesische Entwickler können nicht immer in den USA gehalten werden. Sie nehmen dann ihr Wissen mit in die alte Heimat. Das zieht weitere Themen wie Urheberansprüche und Nutzungsrechte nach sich. Das Internet, technisches Wissen und die Softwareentwicklung haben sich inzwischen so verselbständigt, dass kaum noch etwas zu greifen und einzufangen ist.

Nach der Diskussion der drei Personen auf der Bühne griffen wir uns jedenfalls noch ein Glas Wasser und italienisches Gebäck. Dann ging es wieder hinunter zur Pooling Area. Unterwegs trafen wir noch den Adjutanten der Ministerin, die kurz vorher die Begrüßungsrede im Konferenzsaal des Hotels gehalten hatte.

Autor: Matthias Baumann

#MSC2019 IISS International Institute for Strategic Studies legt The Military Balance 2019 vor

Schon wegen der Pressebegegnung mit dem IISS (gesprochen Dabbel-Ei Dabbel-Ess) hatte sich die Anreise nach München gelohnt. In geringen Stückzahlen wurde das extrem teure Jahrbuch "The Military Balance 2019" ausgegeben. Die anwesenden VIPs hatten das Buch vermutlich schon wegen ihrer Mitgliedschaft beim International Institute for Strategic Studies. Alle anderen kannten wohl den finanziellen und inhaltlichen Wert nicht. Im Dunstkreis eines Militärattaché-Stabes hatte ich im letzten Jahr erfahren, dass das Buch zur Bewertung der Stärke von Gegnern genutzt werde. Man frage dann nur noch einmal kurz beim Nachrichtendienst nach. Dieser bestätigt dann in der Regel die Zahlen der Military Balance.

Vom IISS waren einige Experten zur Münchner Sicherheitskonferenz angereist. Sechs Personen tummelten sich auf der Bühne und beantworteten Fragen zu den neuesten Zahlen. Der Raum war voll. Wohl dem, der sich frühzeitig zu diesem Pressebriefing angemeldet hatte. Die Damen und Herren des IISS begegneten uns im Verlauf der Konferenz mehrfach: im Gewühl des Bayerischen Hofs oder bei Podiumsdiskussionen als Teilnehmer und Moderatoren.

#MSC2019 IISS International Institute for Strategic Studies The Military Balance 2019
#MSC2019 IISS International Institute for Strategic Studies legt The Military Balance 2019 vor - v.l.n.r.: John Chipman (Director-General and CEO), Dr. Kori Schake (Deputy Director-General), Dr. François Heisbourg (Senior Advisor)
Mit wenigen Charts konnte die Entwicklung der globalen Sicherheitsstrukturen zusammengefasst werden. Die USA sind nach wie vor die Spitzenreiter bei Militärausgaben und Ausstattung. Allerdings zieht China nach und baut insbesondere seine maritimen Fähigkeiten aus. Stichwort Südchinesisches Meer. Das Verteidigungsbudget der USA liegt bei 643 Milliarden USD. Dann kommt erst einmal gar nichts. Schon fast bescheiden sehen die Chinesen mit ihren 168 Milliarden USD aus, gefolgt von Saudi Arabien mit 83 Milliarden und Russland mit 63 Milliarden.

Nominell liegt Deutschland mit seinen 45,7 Milliarden Euro bei etwa 72% der russischen Verteidigungsausgaben. Rechnet man die europäischen Partner zusammen, kommt man auf eine stolze Summe von 180 Milliarden USD, was nahezu das Dreifache des russischen Budgets ausmacht und das Budget Chinas übersteigt. Es sei in diesem Zusammenhang noch erwähnt, dass die aktuelle Steigerung im amerikanischen Militärhaushalt mit 44,5 Milliarden USD fast so hoch war, wie die Gesamtausgaben in Deutschland.

Was die leidige 2%-Diskussion betrifft, gab es schon immer eine Deckungslücke. 2014 war diese am größten. Die Experten stellten fest, dass es mit den nominellen Werten nicht getan sei. Es komme auch auf die zweckvolle Verwendung des Geldes an. So gebe es keine Regeln für die Aufteilung des Budgets, so dass die NATO-Mitglieder nach Gutdünken mit den 2% wirtschaften könnten.

China und Russland stellen nach Ansicht des IISS die größten Bedrohungen dar. Russland habe sich seit 2014 zu einem ernst zu nehmenden Player entwickelt, der seine militärischen Fähigkeiten in Syrien hinreichend zur Schau gestellt habe. Die annektierte Krim eignet sich geostrategisch hervorragend als Abschussort für Raketen. Relativ unbemerkt in der Debatte um den INF-Vertrag verletzt auch China diesen seit vielen Jahren. Da sich die Trägersysteme für konventionelle und atomare Sprengsätze überschneiden, sei es jedoch schwer einzuschätzen, ob ein Angriff tatsächlich mit nuklearen Waffen erfolge.

Autor: Matthias Baumann

#MSC2019 NATO mit Siebzig

Wäre die NATO eine Frau, würde man wohl von einer älteren Dame sprechen. Menschen mit 70 könnten aber auch in einem reifen Alter sein. Bei einem Gegenstand würde man eher davon reden, dass er in die Jahre gekommen ist. Ist die NATO mit ihren 70 Jahren nun reif oder in die Jahre gekommen? Dieser Frage widmeten sich heute zwei US-Diplomaten von der Harvard Kennedy School, dem Belfer Center for Science and International Affairs.

Douglas Lute und Nicholas Burns saßen vor einem gut durchmischten Publikum aus westlichen, östlichen und arabischen Journalisten und stellten ihren Report mit dem Titel "NATO at Seventy - An Alliance in Crisis" vor. Mit einer verblüffenden Ehrlichkeit wurden die inneren, die äußeren und die zukünftigen Herausforderungen seziert.

#MSC2019 NATO at Seventy Belfer Center Doublas Lute Nicholas Burns
#MSC2019 NATO at Seventy - An Alliance in Crisis - Report des Belfer Center for Sience and International Affairs der Harvard Kennedy School erstellt und präsentiert durch die US-Botschafter Douglas Lute und Nicholas Burns
Die NATO befindet sich zurzeit tatsächlich in einer sehr kritischen Umbruchphase. Das größte innere Problem stelle der amerikanische Präsident dar. Mit seiner Abspaltungspolitik zerrütte er die Allianz und schüre Unsicherheit, wie sie Russland mit seinen Angriffen aus der 5. Dimension, dem Cyber-Informationsraum, nicht effektiver gestalten könnte. "Trump is a problem for the alliance", war nur eine der deutlichen Ansagen der US-Botschafter. Das zementierten sie dann noch mit der Aussage, dass Trump der schwächte Leiter - weakest leader - seit dem Zweiten Weltkrieg sei. Ja, Trump sei die momentane Haupt-Schwachstelle der NATO.

Während der ehemalige Generalinspekteur im Sommer 2017 klar formuliert hatte, dass die NATO keine Wertegemeinschaft, sondern eine Vertragsgemeinschaft sei, wurde im heutigen Pressebriefing und auch in den folgenden Veranstaltungen der Münchner Sicherheitskonferenz auf die gemeinsamen Werte verwiesen. Diese gemeinsamen Werte kämen jedoch durch weitere interne Probleme ins Wanken. Ungarn, Polen und die Türkei wurden in diesem Zusammenhang immer wieder genannt. Einen Kontrast dazu bilde Angela Merkel, die weltweit als Fels der Demokratie wahrgenommen werde. Im Gegensatz zu Donald Trump repräsentiere sie die Werte des Westens. Die große Hoffnung liegt nun beim amerikanischen Kongress, der die NATO gegen Donald Trump verteidigen soll.

Besorgnis erregend sei zudem die innereuropäische Zerrüttung. Trump will raus, die EU ist sich nicht einig und Länder wie Ungarn, Polen und die Türkei lösen sich von der Demokratie ab. Polen und Ungarn werden zunehmend zu Türen für Russlands Manipulationen europäischer Gesellschaften über die Falschinformationsschiene. Europa müsse eine eigene Verteidigungsidentität aufbauen, die dann selbstbewusst in die NATO eingebracht werde. Deshalb unterstützt die NATO auch das Projekt PESCO - Permanent Structured Cooperation. PESCO ist ein europäisches Projekt, das etwas älter als ein Jahr ist und schon diverse gemeinsame Projekte auf den Weg gebracht hat.

Wie die Charts der anschließenden Pressebegegnung mit dem IISS zeigen, haben die Europäer durchaus finanzielle und technische Schlagkraft gegenüber Russland und China. Das müsste nur eben besser gebündelt werden. Brexit und Trump sind zudem mentale Faktoren, die einer Demoralisierung der europäischen Bevölkerung in die Hände spielen.

Als äußere Bedrohungen für die NATO wurden vorrangig Russland und China ausgemacht. China sei nicht nur wegen der Aktivitäten im Südchinesischen Meer zu beobachten, sondern auch wegen dessen Fortschritten auf dem Technologiesektor. Mal ganz abgesehen von den atomaren Fähigkeiten, die China schon seit vielen Jahren am INF-Vertrag vorbei entwickelt. In diesem Zusammenhang gaben die beiden Diplomaten Donald Trump einen weiteren Seitenhieb: Der INF-Ausstieg sei ein Fehler gewesen.

Autor: Matthias Baumann

Dienstag, 12. Februar 2019

Indische Verteidigungsministerin Nirmala Sitharaman besucht ihre Amtskollegin in Berlin

Indien hat 1,3 Milliarden Einwohner. Faktor 16 gegenüber Deutschland. Indiens Streitkräfte gelten als die drittgrößten der Welt. Es gibt keine Wehrpflicht und trotzdem 1,44 Millionen Soldaten, die vorrangig im indischen Heer dienen. Nordkorea hat eine ähnlich starke Armee mit 1,28 Millionen aktivem Personal. Das ist aber gar nichts gegenüber dem gemeinsamen Nachbarn China mit seinen 2,03 Millionen Soldaten. Rechnet man die Zahlen auf die Einwohner Indiens um, relativiert sich das. Auf 900 Inder kommt ein Soldat. In Deutschland liegt das Verhältnis bei 1:400 - eine Quote, die sogar höher liegt als in China (1:684).

Indische Verteidigungsministerin Nirmala Sitharaman Berlin Bendlerblock BMVg
Indische Verteidigungsministerin Nirmala Sitharaman (rechts) in Berlin - Militärische Ehren im Bendlerblock - Der Gast schreitet die Ehrenformation grundsätzlich auf der Seite der Soldaten ab und überzeugt sich nach "Präsentiert das Gewehr" davon, dass die Waffen tatsächlich keine Magazine enthalten. Das bedeutet: friedliche Absicht.
Während hierzulande regelmäßig über die Kompetenz einer ehemaligen Familienministerin auf dem Chefsessel des Verteidigungsministeriums debattiert wird, hat auch die ernst zu nehmende indische Armee seit September 2017 eine Frau an der Spitze. Nur Indira Ghandi hatte bisher als Frau Anfang der 1970er Jahre kurzzeitig das Militär gegen Pakistan befehligt und sich dabei über den damaligen Verteidigungsminister hinweggesetzt. Gemäß Artikel 115 des Grundgesetzes würde im Verteidigungsfall auch in Deutschland die Befehlsgewalt an die Kanzlerin übergehen. Frauenpower also.

Indische Verteidigungsministerin Nirmala Sitharaman Berlin Bendlerblock BMVg
Indische Verteidigungsministerin Nirmala Sitharaman in Berlin - Militärische Ehren im Bendlerblock - Im Hintergrund steht die deutsche Delegation. Die indische Delegation steht rechts davon und ist auf diesem Foto nicht zu sehen.
Nirmala Sitharaman hat keinerlei militärische Vorprägung. Sie war als Staatsministerin im Wirtschaftsministerium und im Finanzministerium eingesetzt. Zudem war sie als Sprecherin in der konservativen Bharatiya Janata Party (BJP) tätig. Sie wirkte emotionslos, als sie die Ehrenformation abschritt und dabei nach vorne statt auf die Soldaten schaute. Ihre deutsche Amtskollegin schaute den Soldaten konsequent ins Gesicht. Zuvor hatte sie noch einem Angehörigen des Wachbataillons zum Geburtstag gratuliert. Eine Geste, die immer wieder sehr gut bei der Truppe ankommt und auch von Kanzlerin und Bundespräsident praktiziert wird.

Die Bundeswehr arbeitet mit Indien bei verschiedenen UN-Einsätzen zusammen: Libanon, Südsudan, Libyen und Westsahara. Allein im Südsudan und im Kongo sind etwa 5.000 Inder für UN-Missionen eingesetzt. Indien ist auch interessant für die deutsche Rüstungsindustrie. Allerdings fällt das Land durch ein multilaterales Kaufverhalten auf. Waffen und Gerätschaften werden aus NATO-Staaten und auch aus Russland importiert. Die größten militärischen Herausforderungen stellen derzeit China, Pakistan und Unruhegebiete in Indien selbst dar, wie zum Beispiel Kashmir.

Video:
Militärische Ehren für Indiens Verteidigungsministerin Nirmala Sitharaman


Autor: Matthias Baumann

Donnerstag, 31. Januar 2019

#CIR - BMVg und BMI geben die Standorte für die neue Cyberagentur bekannt

Das Verteidigungsministerium (BMVg) hatte heute zu Pressestatements bezüglich der neuen Cyberagentur eingeladen. Das Medieninteresse war ungewohnt hoch. Sogar der mdr (Mitteldeutscher Rundfunk) war angereist. Deshalb war anzunehmen, dass wir uns im Cyber-Informationsraum (CIR) versammeln. Aber nein: Die Begegnung fand im üblichen Saal 1 des Bendlerblocks statt. Im Cyber-Informationsraum hätte man sich wenigstens während des Statements in einen Sessel flegeln und das Geschehen anonym verfolgen können. Saal 1 war jedoch nicht bestuhlt, so dass die Presse heute stehen, hocken oder liegen musste - je nach gewünschter Bildposition.

#CIR Cyberagentur BMVg BMI Halle Leipzig Minister
#CIR - BMVg und BMI geben die Standorte der neuen Cyberagentur bekannt: Halle und Leipzig - v.l.n.r.: Reiner Hseloff (CDU), Christoph Bernstiel MdB (CDU), Ursula von der Leyen (CDU), Horst Seehofer (CSU), Michael Kretschmer (CDU)
Die Bühne mit den zwei schlaffen Fahnentüchern rechts und links musste heute eine gewisse Belastungsprobe überstehen. Neben der sportlichen Verteidigungsministerin traten der hochgewachsene Innenminister Seehofer, Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff, Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer, Generalleutnant Ludwig Leinhos (CIR) und drei Abgeordnete auf das breite Podest.

Standesgemäß eröffnete die Hausherrin die Pressebegegnung. Ihr Gruß wurde jedoch nicht mit dem im Bendlerblock üblichen "Tag Frau Ministerin" erwidert. So begann sie ihre kurze Rede, ging auf die Wichtigkeit des Themenkonstruktes Cyber- und Information ein, gebrauchte unentwegt das Wort Disruption und übergab dann an ihren Kollegen Horst Seehofer. Dieser schloss sich den Ausführungen seiner Vorrednerin an und lobte die beschlossenen Maßnahmen für die Regionen Sachsen und Sachsen-Anhalt.

#CIR Cyberagentur BMVg BMI Halle Leipzig Minister
#CIR - BMVg und BMI geben die Standorte der neuen Cyberagentur bekannt: Halle und Leipzig - v.l.n.r.: Reiner Haseloff (CDU), Christoph Bernstiel MdB (CDU), Ursula von der Leyen (CDU), Horst Seehofer (CSU), Michael Kretschmer (CDU)
Beide verrieten aber noch nicht, wo genau die neue Cyberagentur ihren Sitz haben solle. Vielleicht auf der Grenze der benachbarten Bundesländer? Fast: Die Cyberagentur soll in Halle und in Leipzig angesiedelt werden. Halle liegt in Sachsen-Anhalt und ist nur etwa 40 Kilometer - also eine halbe Autostunde - vom sächsischen Leipzig entfernt. Ein genauer Standort ist aber noch nicht bekannt, nur eben, dass es in Halle und Leipzig sein soll. Auch wolle man sofort loslegen - vermutlich mit der Suche eines passenden Objektes und dem Ausbau desselben.

Geld stehe jedenfalls zur Verfügung und soll in die Cyber-Forschung und die Förderung disruptiver und innovativer Cyber-Kräfte investiert werden. Das wird den am Rande stehenden Generalleutnant Leinhos sicher gefreut haben. Mit der Cyberagentur steht eine weitere Verschmelzung von Gesellschaft, Fachkräften und Bundeswehr auf der Agenda. Man wolle geeignete Studenten gleich an der Quelle abgreifen, nämlich an den Universitäten von Halle und Leipzig.

#CIR Cyberagentur BMVg BMI Halle Leipzig Minister
#CIR - BMVg und BMI geben die Standorte der neuen Cyberagentur bekannt: Halle und Leipzig - v.l.n.r.: Generalleutnant Ludwig Leinhos (Inspekteur CIR), Jens Lehrmann MdB (CDU), Marian Wendt MdB (CDU), Reiner Haseloff (CDU), Christoph Bernstiel MdB (CDU), Ursula von der Leyen (CDU), Michael Kretschmer (CDU), Dienstfahne (BMVg), Horst Seehofer (CSU)
Reiner Haseloff musste neben seiner Begeisterung für die Standorte der Cyberagentur dann noch einen Seitenhieb loswerden: Die Diesel-Fahrverbote machen die großen Städte zunehmen unattraktiv und legen diese infrastrukturell lahm. Deshalb seien die Regionen um Halle und Leipzig deutlich besser für solche Einrichtungen geeignet.

Weil Sachsen so schön ist, fährt Ursula von der Leyen gleich morgen nach Dresden an die Offiziersschule des Heeres. Dort schaut sie sich zusammen mit Michael Kretschmer den Unterricht an und möchte mit den Studenten ins Gespräch kommen. Seit dem letzten Jahr gibt es an dieser Schule einen "Offizierslehrgang Seiteneinstieg". In Dresden werden Offiziere für das Heer, die Streitkräftebasis und CIR, den Cyber-Informationsraum, ausgebildet. Damit schließt sich der Kreis.

Nach 20 Minuten waren die Statements und anschließenden Journalistenfragen durch. Die Ministerin und die anderen Herrschaften verließen die Bühne und den Saal 1. Einige Pressevertreter versuchten im Vorraum noch einige Exklusivstatements zu erhaschen. Ich verließ das Haus, fuhr am Tempo-30-Schild für "Luftreinhaltung" vorbei und lud das erstellte Video in den Cyberraum hoch. Wenige Minuten später kam das erste Statement - von einem Italiener aus Schweden: "Never wear brown shoes with a black suit - here we have two doing just that...".

Video:
Statements zum Standort der neuen Cyberagentur in Halle und Leipzig

Autor: Matthias Baumann

Montag, 28. Januar 2019

Dänemarks Verteidigungsminister Claus Hjort Frederiksen zum Antrittsbesuch in Berlin

Ausgerechnet heute kam der dänische Verteidigungsminister Claus Hjort Frederiksen zu Besuch in den Bendlerblock. Gestern hatte sich Dänemark den Weltmeister-Titel im Handball abgeholt, während Deutschland auf Platz 4 leer ausgegangen war. Sehr zum Frust des Protokolls des BMVg, dessen Mitarbeiter begeisterte Handball-Fans sind. Dennoch behandelten sie den Gast mit der gewohnten Professionalität und Freundlichkeit.

Dänemarks Verteidigungsminister Claus Hjort Frederiksen Antrittsbesuch BMVg Bendlerblock
Dänemarks Verteidigungsminister Claus Hjort Frederiksen zum Antrittsbesuch in Berlin - Herzliche Begrüßung auf dem Paradeplatz des Bendlerblocks
Claus Hjort Frederiksen ist bereits seit November 2016 in diesem Amt und besuchte nun erstmalig offiziell seine Kollegin in Berlin. Die Begrüßung war ausgesprochen herzlich und zeigte, dass sich die beiden Minister wohl regelmäßig bei Tagungen begegnen. Claus Hjort Frederiksen war lange Zeit Arbeitsminister in Dänemark, wechselte dann ins Finanzministerium und danach ins Verteidigungsressort.

Dänemarks Verteidigungsminister Claus Hjort Frederiksen Antrittsbesuch BMVg Bendlerblock
Dänemarks Verteidigungsminister Claus Hjort Frederiksen zum Antrittsbesuch in Berlin - Auf dem Weg zum Ehrenmal der Bundeswehr
Besonders intensiv sind die Beziehungen zu Dänemark im maritimen Bereich. Wegen der bedeutenden Seefahrer-Geschichte Dänemarks hätte heute eigentlich eine Ehrenformation in Marineuniform antreten können. Aber nein - schon wieder Heeresgrau - wie langweilig! Zum Antrittsbesuch gehören nämlich auch immer militärische Ehren auf dem Paradeplatz des Bendlerblocks. Die Minister hören beide Nationalhymnen, schreiten die Ehrenformation ab, lassen die Ehrenformation anschließend an sich vorüberziehen und legen zum Abschluss dieses protokollarischen Paketes einen Kranz am Ehrenmal der Bundeswehr nieder.

Dänemarks Verteidigungsminister Claus Hjort Frederiksen Antrittsbesuch BMVg Bendlerblock
Dänemarks Verteidigungsminister Claus Hjort Frederiksen zum Antrittsbesuch in Berlin - Das Protokoll BMVg kümmert sich um die Taschen  der Delegation. Offensichtlich wurde kein Handball mitgebracht.
In den heutigen Gesprächen ging es um die Vorbereitung auf das NATO-Verteidigungsminister-Treffen im Februar und der Ausbau der Synergien zwischen beiden Streitkräften. Dänemark unterstützt verschiedene NATO-Einsätze wie in Mali, im Irak, in Afghanistan und auf dem Balkan. Ferner beteiligen sie sich an der NATO-Ostflanke im Baltikum.

Video:
Militärische Ehren für Dänemarks Verteidigungsminister Claus Hjort Frederiksen

Autor: Matthias Baumann

Donnerstag, 10. Januar 2019

Kommandoübergabe an der Logistikschule der Bundeswehr (LogSBw)

Wir sollten uns warm anziehen. Eine Stunde Übergabeappell zum Kommandowechsel an der Logistikschule der Bundeswehr (LogSBw) unter norddeutschem Himmel stellte einen Härtetest für die gesundheitliche Resilienz dar. Da halfen nur noch Decken, lange Unterhosen und Handschuhe. Drei Tribünen waren für die Gäste aufgestellt. Gegenüber standen die militärischen und zivilen Mitarbeiter. Das Rednerpult war mit dem Wappen der Schule dekoriert. Rechts und links Grünpflanzen sowie zwei kunstvoll aufgestapelte Gewehrskulpturen.

Kommandoübergabe Logistikschule der Bundeswehr (LogSBw) Oberst André Denk
Kommandoübergabe an der Logistikschule der Bundeswehr (LogSBw) - Oberst André Denk übernimmt die Truppenfahne aus den Händen des Kommandeurs des Logistikkommandos Generalmajor Volker Thomas.
Wer sich durch das Grau der Heeresuniformen bei hauptstädtischen Staatsbesuchen gelangweilt fühlt, wurde hier mit einem frischen Flecktarn erfreut. Selbst die Musiker des Heeresmusikkorps aus Hannover betraten den Platz in Camouflage. Nach "Preußens Gloria" spielten sie "Des Großen Kurfürsten Reitermarsch". Ein Stück, das sich breiter Beliebtheit bei der Bundeswehr erfreut. "Preußens Gloria" hatte der neue Leiter der Schule ja sehr oft gehört. Schätzungsweise einmal pro Woche. Oberst André Denk war nämlich bis zum 19.12.2018 Leiter des Protokolls BMVg. In einer kleinen Runde war die Leitung an Oberst Dr. Bauersachs abgegeben worden. Ein taffer Mann mit Kampfhubschrauber-Erfahrung.

Nun stand Oberst Denk bereit, die Truppenfahne der Schule entgegenzunehmen und mit dieser das Kommando über die LogSBw. Sein Vorgänger auf diesem Dienstposten war Brigadegeneral Stefan Lüth. Stefan Lüth sieht deutlich jünger aus als 52. Mit 32 Jahren hatte er den Generalstabslehrgang in Hamburg absolviert und danach an diversen wichtigen Schaltstellen der Luftwaffe gewirkt. Wie bei der Bundeswehr üblich, immer nur für ein oder zwei Jahre: Diepholz, Bonn, Köln, Erfurt, Berlin, Sudan, Rom. Stefan Lüth wurde kreuz und quer durch Deutschland und die Welt "verwendet". Seine "Verwendung" an der Logistikschule hat ganze 18 Monate gedauert. Nun geht er dorthin, wo André Denk herkommt: ans BMVg. Das BMVg ist das Bundesministerium der Verteidigung. Stefan Lüth wird dort im Führungsstab der Streitkräfte eingesetzt.

Kommandoübergabe Logistikschule der Bundeswehr (LogSBw) Brigadegeneral Stefan Lüth
Kommandoübergabe an der Logistikschule der Bundeswehr (LogSBw) - Brigadegeneral Stefan Lüth (links) übergibt "ungern" die Truppenfahne in die Hände des Kommandeurs des Logistikkommandos Generalmajor Volker Thomas.
Kernige Befehlsstimme, smarter Umgang mit seinen Kameraden und kräftiger Händedruck lassen auf einen zielorientierten General schließen, der wohl bald seinen zweiten und dritten Stern auf der Schulter haben wird. Eine neue Generalsgeneration wächst heran. In Deutschland gibt es wohl um die 200 Generäle - pardon Generale ohne Umlaut. Diese werden in einem sehr kleinen Kreise befördert - fernab jeglicher medialer Wahrnehmung. Schade!

Zur Übergabe eines Kommandos gehört immer auch der Vorgesetzte. In diesem Falle Generalmajor Volker Thomas, Kommandeur des Logistikkommandos aus Erfurt. Er ist Leiter der gesamten Bundeswehr-Logistik. Die Logistik untersteht der Streitkräftebasis, die von Generalleutnant Schelleis geleitet wird. Bei der Informationslehrübung (ILÜ 2018) zeigte die Logistik in geballter Form, was sie kann. Ohne Logistik läuft gar nichts. Ohne Logistik läuft keine Dusche, kein WC. Es steht kein Zelt, es gibt keine Verpflegung und keinen Nachschub an Munition. Durch die regelmäßigen Auslandseinsätze musste auch die Logistik weiterentwickelt werden. Bei der ILÜ bekamen wir Einblick in dieses komplexe Uhrwerk.

Kommandoübergabe Logistikschule der Bundeswehr (LogSBw) Stefan Lüth an André Denk
Kommandoübergabe der Logistikschule der Bundeswehr (LogSBw) von Brigadegeneral Stefan Lüth an Oberst André Denk - Ehrenformation vor einem Pionierpanzer Dachs
Die Logistikschule bildet Fachkräfte für die unterschiedlichen logistischen Bereiche aus. Das geht vom Gabelstaplerfahrer bis zum Experten für Sanitärinstallationen. Stefan Lüth hat in seinen 18 Monaten an der Schule bereits seine Handschrift hinterlassen. André Denk wurde aufgefordert, diesen Trend fortzusetzen. In den heutigen Reden kam zum Ausdruck, dass man sich permanent weiterentwickeln möchte und innovatives Denken explizit erwünscht sei.

Trotz des ständigen Wechsels der Schulleiter gibt es stabile Kontinuitätsfaktoren. Das sind die Offiziere und Unteroffiziere des Stabes. Diese bleiben wesentlich länger am Standort und unterstützen den jeweiligen Kommandeur bei der Entscheidungsfindung und anderen wichtigen Dingen.

Kommandoübergabe Logistikschule der Bundeswehr (LogSBw) Stefan Lüth an André Denk
Kommandoübergabe der Logistikschule der Bundeswehr (LogSBw) von Brigadegeneral Stefan Lüth an Oberst André Denk - Dekoration auf dem Paradeplatz
In der Region ist man sehr froh über die LogSBw. So schritt ein Landrat zusammen mit Stefan Lüth, General Thomas und sichtlicher Begeisterung die Ehrenformation ab. Überhaupt werden die Kommandeure der Schule traditionell in die Strukturen des Ortes eingebunden - beispielsweise als Kohlkönige.

Die Logistikschule ist kein Einzelgebäude, sondern ein Campus mit der Grundfläche eines Dorfes. Hinzu kommen externe Übungszentren mit viel Platz für logistische Trainingseinheiten. Seit 2017 gibt es das Joint Logistic Support Group Coordination and Training Centre - kurz JCTC. Das ist ein nationales Trainingszentrum mit multinationaler Ausrichtung. Die komplexer gewordenen Bedrohungsszenarien erfordern konzertiertes Handeln. Bei der Fähigkeit zur schnellen Verlegung von Truppen und Material hatte die NATO einiges gegenüber Russland aufzuholen. Deshalb war der logistische Aspekt von Trident Juncture im Herbst 2018 deutlich wichtiger als das nachgelagerte Manöver.

Kaum war der Appell vorbei, begann der typische Nieselregen. Kaum waren die langen Unterhosen ausgezogen, war die Kälte zu spüren. Beim anschließenden Empfang wurde es aber wieder warm und herzlich. Brigadegeneral Lüth bedankte sich bei sämtlichen Mitarbeitern mit Coins, Blumen, Pralinen und anderen individuellen Geschenken. Für Oberst Denk gab es das Klettwappen der Schule und für die Gäste eine deftige Kartoffelsuppe mit Speck.

Video:
Kommandoübergabe der Logistikschule der Bundeswehr (LogSBw) in Garlsted von Brigadegeneral Stefan Lüth an Oberst André Denk

Autor: Matthias Baumann