Sonntag, 16. Februar 2020

#MSC2020 - Pelosi, Palaishalle und Palästinenser

Nach einem hektischen MSC-Samstag brach heute ein entspannter Sonntag an. Die Glocken läuteten. Die Straßen waren frei. Auf dem Odeonsplatz durfte wieder geparkt werden. Viele Sperren waren abgebaut. Im Pressezelt war auch deutlich weniger Betrieb. Dennoch war es ratsam, die neuesten Termininfos zu verfolgen. Zwei Anlässe stachen dabei heraus - ausgerechnet parallel: Pressekonferenz mit Nancy Pelosi und Townhall on Palestine mit dem palästinensischen Ministerpräsidenten Mohammed Schtaje.

Da Nancy Pelosi regelmäßig durch ihre Konfrontationen mit Donald Trump auffällt, ist sie in Europa sehr beliebt. Entsprechend berechenbar war ihre Argumentation in der Pressekonferenz. Die USA, China und der Iran hatten ja gestern ihre Befindlichkeiten herausgelassen und hatten dabei ein wenig den Pfad der Professionalität verlassen. Frau Pelosi verspätete sich um eine Viertelstunde. Das wurde sehr knapp. Ihre ersten Worte waren die wichtigsten: Der Kongress stehe zum transatlantischen Bündnis und zur NATO. Um das auch optisch zu verdeutlichen, hatten sich einige Kongressabgeordnete hinter Nancy Pelosi aufgestellt. Bei dem hohen innenpolitischen Druck tat ihr die herzliche Aufnahme bei der Münchner Sicherheitskonferenz sehr gut.

#MSC2020 MSC Münchner Sicherheitskonferenz
#MSC2020 Münchner Sicherheitskonferenz - Nancy Pelosi und Kongresskollegen aus der US-Delegation
Kurz nach diesem Statement begann auch schon das Format Townhall im Palaissaal. Dieses Format war insofern interessant, weil sich einige Protagonisten in der Mitte des Raumes auf einem stilechten MSC-Teppich trafen und über ein vorgegebenes Thema sprachen. Das Publikum bestand aus interessierten Teilnehmern der Sicherheitskonferenz und einigen Pressevertretern. Gelegentlich wurde es gefährlich: Wer sich zum falschen Zeitpunkt meldete, hatte plötzlich das Mikrofon vor der Nase und musste auf Englisch ein Statement abgeben. Zwei bis vier präparierte Personen saßen im Publikum und wurden zu gegebener Zeit für einen vorbereiteten Input aktiviert.

Während also Frau Pelosi und ihre Kongresskollegen die Pressekonferenz fortsetzten, quirlten Bodyguards und der palästinensische Ministerpräsident Mohammed Schtaje in die Palaishalle. Auch die Botschafterin aus Berlin war dabei. Die Begrüßung war überaus herzlich. Etwas im Schatten des Palästinensers betraten auch der Außenminister Jordaniens, Ayman Safadi, und der Generalsekretär der Arabischen Liga, Ahmed Abdoul Gheit, den Raum. Mohammed Schtaje begann mit einer Rede und forderte eine internationale Palästina-Konferenz.

Anschließend setzten sich die drei Herren in die Mitte. Der westliche Moderator hegte offenbar tiefe Sympathien für die Palästinenser. Das beeinflusste die Steuerung der Gesamtdiskussion. Mohammed Schtaje konnte ausführlich auf die neuerlichen Aktionen von Donald Trump eingehen. Benjamin Netanjahu und Donald Trump hätten noch nie konstruktiv auf palästinensische Vorschläge zur Befriedung der Region reagiert. Besonders verärgert zeigte er sich, dass in den Vorgaben der Amerikaner stehe, dass die Palästinenser Israel als Staat akzeptieren sollen. Man habe sich verbündet, um diese Pläne zu verwerfen. Überhaupt hätten sich ganz viele Verbündete gefunden, die diese Pläne auch ablehnen: "Trump hat keine Freunde."

#MSC2020 MSC Münchner Sicherheitskonferenz
#MSC2020 Münchner Sicherheitskonferenz - Townhall on Palestine - Palästinensischer Ministerpräsident Mohammed Schtaje (vorne rechts) und der jordanische Außenminister Ayman Safadi
Ahmed Abdoul Gheit von der Arabischen Liga wurde gefragt, ob die Palästinenser nicht mehr auf der Agenda stehen. Dazu bemerkte er, dass das Kernthema im Nahen Osten nach wie vor das "Palästinenserproblem" sei. Das sei aber derzeit nicht Priorität Eins der Liga. Da in der arabischen Welt die Abstammung eine große Rolle spielt, sei hier erwähnt, dass die Palsätinenser ursprünglich aus Kreta kamen. Deshalb gehören sie nicht wirklich dazu und werden von sämtlichen Kräften der Region als williges Werkzeug für Stellvertreterkonflikte genutzt. Frei nach dem chinesischen Sprichwort: "Mit dem Dolch eines anderen morden".

"Wir sind ein Stabilitätsfaktor in der Region", warf der Ministerpräsident ein. Dass dieser Stabilitätsfaktor die Hamas in Gaza nicht im Griff hat, liege nicht etwa an ihnen selbst, sondern an den Anderen. Man habe vier Verträge mit der Hamas geschlossen. Aber die halten sich einfach nicht daran. Hätte Israel nicht ein Machtvakuum in Gaza erzeugt, wäre es dort gar nicht zu diesem Problem gekommen.

Während Mohammed Schtaje unentwegt mit den Schwarze-Peter-Karten, Netanjahu und Trump, hantierte, ging der jordanische Außenminister Ayman Safadi etwas differenzierter an die Sache heran. Es gebe in der Region keine Gewinner und keine Verlierer. Entweder gewinnen Alle oder es verlieren Alle. Es solle akzeptiert werden, dass man Seite an Seite leben könne und nur dadurch Frieden möglich sei.

Aus dem Publikum meldete sich eine Knesset-Abgeordnete und ging auf einige Punkte des Ministerpräsidenten ein. Er hatte die passende Antwort parat: Die Frau solle sich bitte nicht so sehr von der Netanjahu-Propaganda beeinflussen lassen. Immerhin befinde sich dieser aktuell im Wahlkampf. Warum einige Leute den Raum verließen, konnte nicht zweifelsfrei geklärt werden.

Nach diesem Einblick in die aktuelle Situation im Nahen Osten ging auch schon fast die Münchner Sicherheitskonferenz zu Ende. Die Straßen von München waren inzwischen gut mit Passanten gefüllt. In den Cafés gab es kaum noch Sitzplätze und die Sonne tauchte den Odeonsplatz in ein angenehmes Licht.

Autor: Matthias Baumann