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Donnerstag, 14. Mai 2020

200 Jahre Schrippenfest - Ausfall wegen #COVID19

Die Einladung zum diesjährigen Schrippenfest war am 11. März eingetroffen. Einen Tag bevor der Dominoeffekt der Terminabsagen angestoßen wurde. Den Reigen der Absagen begann am Nachmittag des 12. März standesgemäß der Bundespräsident. Es folgte die Kanzlerin und wenige Tage später die ILA. Ein befreundetes Paar hatte das Schloss Friedrichsfelde für ihre Hochzeit im April gebucht und musste wegen Corona auf das schimmlige Standesamt Hohenschönhausen ausweichen. Die Flugreise zu unserer Silberhochzeit im Mai wurde ebenfalls storniert.

Heute hätte das Schrippenfest des Wachbataillons stattgefunden. Aber wegen Corona wurde es abgesagt. Ausgerechnet zum 200. Jubiläum.

1819 war in Potsdam ein Infanterie-Lehrbataillon gegründet worden, welches dem Ersten Garderegiment zu Fuß (EGRzF) unterstellt wurde. Das Infanterie-Lehrbataillon war Garde und Experimentiereinheit zugleich. Es sollte sich um den Schutz des Dienstherrn kümmern, aber auch neue Waffen und Taktiken ausprobieren. Was bei der Garde funktionierte, wurde dann flächendeckend in der preußischen Armee eingeführt.

Schrippenfest 2020 Wachbataillon 1. Garderegiment zu Fuß
200. Jubiläum des Schrippenfestes fällt 2020 aus. Vor dem Neuen Palais in Potsdam fand 1820 das erste Schrippenfest des Infanterie-Lehrbataillons unter Schirmherrschaft von Friedrich Wilhelm III. statt. Das Infanterie-Lehrbataillon war Teil des 1. Garderegiments zu Fuß.
1820 - also vor 200 Jahren - fand das erste Schrippenfest statt. Das Schrippenfest hatte mehrere soziale Zielsetzungen: Das Zusammengehörigkeitsgefühl innerhalb der Truppe sollte gestärkt werden. Die Soldaten und deren Familien sollten sich mal richtig satt essen und auch die Kinder des Potsdamer Militärwaisenhauses waren an diesem Tag gern gesehene Gäste. Letzteres hatte auch strategische Gründe: Die Waisenkinder bildeten ab einem bestimmten Alter den Nachwuchs.

Wegen der Aufgabenstellung des Lehrbataillons war die Anwesenheit des Königs wichtig. Wenn er keine Zeit hatte, fand das Schrippenfest nicht statt. Weil das gesamte Lehrbataillon feiern sollte, stellte das EGRzF die Bewachung der Communs, der Kaserne des Lehrbataillons. Das erste Schrippenfest fand am 2. Mai 1820 statt, dem Groß-Görschen-Tag. In den folgenden Jahren wurde es immer am ersten Pfingstwochenende gefeiert und entwickelte sich zu einem Potsdamer Volksfest.

Das Schrippenfest heißt Schrippenfest, weil neben 1 Quart Erbsensuppe, ¼ Pfund Speck, ¾ Quart dicken Milchreis, ½ Pfund Schmorfleisch, 1 Quart Bier, 1/8 Schnaps und 1 Pfund Weißbrot in Form einer Riesenschrippe von der Hof-Bäckerei Rabie gereicht wurde. Eine Schrippe ist das, was außerhalb Berlins als Brötchen bekannt ist.

In den folgenden 140 Jahren gab es einige historische Umbrüche mit Umgliederung, Umbenennung, Zerschlagung und Neuaufstellung dieser Spezialeinheit, so dass mit der Zeit auch das Schrippenfest in Vergessenheit geriet. Nach Aufstellung des Wachbataillons 1957 in Siegburg wurde ein Gartenfest eingeführt. Mit Umzug des Bataillons nach Berlin sollte das Gartenfest mitgenommen werden. Nur, dass es in der Julius-Leber-Kaserne eher Wald und Wiese, statt eines Gartens gibt. Zudem sollte das Gartenfest in Berlin auf einem Parkplatz stattfinden. Parkplatzfest? Wie langweilig! Ernst Schüßling, der heutige Geschäftsführer des von Rohdich'schen Legatenfonds, kramte auf Geheiß des damaligen Bataillons-Kommandeurs Peter Utsch in der Historie und stieß auf das Schrippenfest.

So wurde 2002 endlich wieder ein Schrippenfest in der wahren Heimat der Schrippe veranstaltet. Kommandeur Kai Beinke hat auch heute noch das Ziel, die Verbundenheit in der Truppe zu fördern und "nach 364 Tagen Strammstehen", auch mal einen Tag selbst mit den Soldaten zu feiern. Schrippenfeste sind ein geeigneter Anlass für Beförderungen oder Auszeichnungen. Unter den externen Gästen finden sich Regionalpolitiker, Unterstützer des Wachbataillons, Ehemalige sowie diplomatische und ministerielle Bezugspersonen.

Das heutige Wachbataillon ist keine Experimentiereinheit mehr, hat aber vergleichbare repräsentative und sichernde Aufgaben. Vier Kompanien kümmern sich vorrangig um die Durchführung der protokollarischen Aufgaben bei Staatsbesuchen, Anlässen des Diplomatischen Korps oder Gedenkfeiern. Die anderen Kompanien stehen für Sicherungsaufgaben bereit. Es ist allerdings so, dass alle Kompanien alles können müssen, insbesondere dann, wenn in der Urlaubszeit plötzlich ein Großer Zapfenstreich durchzuführen ist oder während Corona das Bundeswehrkrankenhaus gesichert werden soll.

Wer gerade ein Bier, eine Schrippe und ein Steak zur Hand hat, kann in der häuslichen Corona-Abgeschiedenheit des 200. Jahrestages des Schrippenfestes und der Soldaten des Wachbataillons gedenken, die 364 Tage im Jahr stramm stehen und heute eigentlich gefeiert hätten.

Video:
Zum 1. Schrippenfest 1820 in Potsdam

Autor: Matthias Baumann

Freitag, 8. Mai 2020

75 Jahre Kriegsende und die hohe Wertschätzung über den Gräbern

Durch gemeinsames Gedenken seien neue Beziehungen entstanden - auch über die Grenzen politischer Bündnisse hinweg. So drückte sich der scheidende Evangelische Militärbischof, Sigurd Rink, heute am Rande einer Kranzniederlegung auf dem Commonwealth Friedhof an der Heerstraße aus. Er hatte schon mehrfach von seinen Erfahrungen bei der Auffindung und Umbettung deutscher Soldaten in den Gebieten der ehemaligen Sowjetunion berichtet. Es finde "Versöhnung über den Gräbern" statt.

75 Jahre Kriegsende Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge
75 Jahre Kriegsende - Kranzniederlegungen an Kriegsgräberstätten durch den Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge - Commonwealth Soldatenfriedhof an der Heerstraße
Der Tod macht alle Menschen gleich. Beim ersten Blick über den Soldatenfriedhof kommt das sehr wirkungsvoll zum Ausdruck. Es ist kein Unterschied zu erkennen. Handelt es sich um einen Zeugen Jehovas, einen Katholiken, einen Juden oder einen Atheisten? Auch die Dienstgrade spielen in einem Feld von gleichförmigen weißen Steinen eine untergeordnete Rolle. Erst bei näherer Betrachtung erkennt der noch Lebende einige Details zur Person unterhalb des Steins: Geburtsdatum, Sterbedatum, Religionszugehörigkeit und den Dienstgrad.

75 Jahre Kriegsende Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge
75 Jahre Kriegsende - Kranzniederlegungen an Kriegsgräberstätten durch den Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge - Waldfriedhof am Olympiastadion - Evangelischer Militärbischof Dr. Sigurd Rink (links) und Volksbund-Präsident General a.D. Wolfgang Schneiderhan
Bischof Rink ist nachhaltig beeindruckt von der Wertschätzung, die ehemalige Feinde den deutschen Soldaten entgegenbringen. Deshalb engagiert er sich gerne für den Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge. Der Volksbund betreut über 830 Kriegsgräberstätten im Ausland. Bis heute werden Umbettungen vorgenommen. Allein in den Jahren 2018 und 2019 wurden über 20.000 Soldaten nach Deutschland überführt und fanden hier eine neue Ruhestätte.

Angehörige suchen nach wie vor nach vermissten Verwandten. Jedes Jahr gehen um die 30.000 solcher Anfragen beim Volksbund ein. Dann ist Forschungsarbeit gefragt, Archive und Datenbanken werden nach möglichen Übereinstimmungen durchforstet. Durch den Klimawandel schmelzen Gletscher und Schneemassen ab. Auf diesem Wege werden die sterblichen Überreste deutscher Soldaten in unwegsamen Bergregionen fernab der Heimat sichtbar und geborgen. Idealerweise tragen sie noch eine Erkennungsmarke. Dann können die Angehörigen relativ schnell informiert werden.

75 Jahre Kriegsende Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge
75 Jahre Kriegsende - Kranzniederlegungen an Kriegsgräberstätten durch den Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge - Jüdischer Friedhof an der Heerstraße - von links nach rechts: Evangelischer Militärbischof Sigurd Rink, Volksbund-Landesgeschäftsführer Martin Bayer, Volksbund Präsident Wolfgang Schneiderhan, Britischer Botschafter Sebastian Wood KCMG
Während an der Neuen Wache die offizielle Kranzniederlegung der Bundesregierung stattfand, absolvierte der Volksbund heute einen wahren Marathon durch Berlin. Es begann mit einer Gedenkveranstaltung auf dem Commonwealth Soldatenfriedhof, ging weiter auf dem danebenliegenden jüdischen Friedhof, wurde fortgesetzt auf dem Waldfriedhof am Olympiastadion und endete am Nachmittag auf dem Friedhof Lilienstraße in Berlin-Neukölln. Es gibt allein in Berlin 172 Kriegsgräberstätten.

Videos:

Autor: Matthias Baumann

Mittwoch, 6. Mai 2020

Deutschland prüft die Qualität von Maskenlieferungen aus China

Vor einer Woche hatte die Bundeswehr etwa 25 Millionen Schutzmasken aus China einfliegen lassen. In den Sozialen Netzwerken gingen daraufhin die Wogen hoch. Über den Fauxpas, dass die Ministerin als Primärvorbild selbst keine Maske trug, war man schnell wieder hinweg. Das ist der Vorteil eines Shitstorms: Er wirkt wie ein Platzregen, der plötzlich auftritt und schnell wieder vorbei ist. Profiteur eines Shitstorms ist in jedem Fall der Betreiber des betreffenden Kanals. Effizienter kann die Relevanz eines Mediums kaum gesteigert werden.

Nachhaltiger waren die ausländischen Kommentatoren: Russen und Ukrainer streiten sich bis heute darüber, ob die einzigartige Antonov 225 nun ein Ausdruck ukrainischer oder russischer Ingenieurskunst sei. Immerhin habe Kiew damals in der Sowjetunion gelegen. Teile der Tragfläche waren im heutigen Usbekistan hergestellt worden - auch eine ehemalige Sowjetrepublik.

#COVID19 Lieferung Schutzmasken aus China mit Antonov 225
#COVID19 - Medienwirksame Anlieferung von 10 Millionen Schutzmasken aus China mit Antonov 225 am 27.04.2020 auf dem Flughafen Leipzig/Halle
Ein weiterer internationaler Diskussionspunkt ist die qualitative Bewertung der Ware aus China. China kämpft mit dem Makel der Urheberschaft des Corona-Virus und zieht alle medienstrategischen Register. Es wälzt die Schuld auf Dritte ab und gibt sich als der Helfer in Not. Dazu werden Tonnen von Schutzausrüstungen um den Globus gesendet. Das mediale Ziel wurde zunächst erreicht. Allerdings stellte sich heraus, dass die Hilfsgüter nur bedingt den westlichen Standards entsprechen.

Das gab Anlass zu einer Nachfrage in der heutigen Regierungspressekonferenz:

Das Gesundheitsministerium bestätigte, dass Deutschland Qualitätsprüfungen angeordnet habe, die nach entsprechenden Checklisten abgearbeitet werden. Die Prüfung erfolge in China und zusätzlich auch in Deutschland. Dadurch konnte eine Ausschussquote von 20% ermittelt werden. Mangelhafte Ware wird konsequent aussortiert und auch nicht bezahlt.

Bei Schutzausrüstungen für medizinisches Personal gebe es weitere Prüfungen, so dass möglichst keine Qualitätslücken entstehen.

Autor: Matthias Baumann

Montag, 27. April 2020

Antonov 225 in Leipzig/Halle und die Schutzmasken in Theorie und Praxis

Himmel und Menschen - der erste richtige Pressetermin seit zweieinhalb Monaten. Eine lange Schlange stand vor Tor 71 des Frachtflughafens Leipzig/Halle. "So viele Sender gibt es doch gar nicht", bemerkte die Moderatorin eines unbekannten sächsischen TV-Mediums. Gemäß der Presseeinladung waren die Medienvertreter mit Warnwesten und Schutzmasken erschienen. Selbstgenähte Masken, Einwegmasken, Schals und Tücher. In kleinen Grüppchen durfte man das Häuschen am Tor 71 passieren. Gürtel, Schlüssel, Rucksack, Kamera, Stativ - alles wurde durchleuchtet. Nur der Mundschutz und die nichtmetallische Kleidung blieben an der Person.

#COVID19 Antonov 225 Schutzmasken Leipzig #AKK
#COVID19 - 10 Millionen Schutzmasken aus China mit Antonov 225 nach Leipzig/Halle geliefert - Medienandrang am geöffneten Bug der Antonov 225
Der gemeine deutsche Journalist ist Brillenträger. Schutzmaske und Brille vertragen sich nicht so gut. Deshalb gab es zunächst Orientierungsprobleme. Sobald die Brille nicht mehr beschlagen war, konnte die Arbeit fortgesetzt werden. Ein Bekannter von der Bundeswehrredaktion schreckte zurück, als ich ihm wie gewohnt die Hand drücken wollte. Ach ja, Corona, geht also nicht.

An einer roten Linie reihten sich die Kameraleute im Abstand von ein bis zwei Metern auf. Das war bei der Menge der Personen gar nicht so einfach. Fast alle hatten noch ihre Masken auf. Regelmäßig beschlugen die Brillen. Sehr lästig. Nach einer kurzen Einweisung mit Hinweis auf Kaffee und Kaltgetränke setzte eine Lockerung ein. Statt der Maske waren plötzlich Kaffeebecher und Plastikflaschen im Mundbereich zu sehen. Wenige Minuten später musste es eine Insiderinformation gegeben haben, so dass sich 80% der Medienvertreter in den Eingangsbereich des benachbarten Hangars begaben. Wie praktisch, wenn man antizyklisch arbeitet und von der gegenüberliegenden Seite aus filmt.

#COVID19 Antonov 225 Schutzmasken Leipzig #AKK
#COVID19 - 10 Millionen Schutzmasken aus China mit Antonov 225 nach Leipzig/Halle geliefert - Annegret Kramp-Karrenbauer #AKK redet mit Brigadegeneral Klaus Frauenhoff - im Hintergrund eine Antonov 124 mit ukrainischer Lackierung
Kurz nach halb zehn traf die Ministerin ein. Brigadegeneral Klaus Frauenhoff vom Logistikzentrum der Bundeswehr in Wilhelmshaven stand zur Begrüßung bereit. Nur in welcher der schwarzen Limousinen sitzt sie? Sie entstieg dem ersten Wagen. Gut, dass General Frauenhoff keine Schutzmaske trug. Sonst hätte er vermutlich seine Chefin bloßgestellt. Sie trug nämlich auch keine. Niemand der Insassen der ministeriellen Fahrzeuge trug eine Schutzmaske. Warum auch? Schließlich sollten ja gleich über 10 Millionen Schutzmasken aus China geliefert werden.

Ein dichte Traube umringte die Ministerin und folgte dieser, wohin sie auch ging. Wo die Traube war, war die Ministerin. Wohl dem, der keine Bilder mit Annegret Kramp-Karrenbauer bei seiner Redaktion abliefern musste. Der konnte sich nämlich ungestört auf die Technik konzentrieren. Diese flog gegen zehn Uhr in Form einer Antonov 225 ein. Die Antonov 225 ist ein fliegendes Einzelstück und gilt als das größte Transportflugzeug der Welt. Deshalb hatten sich auch zahlreiche Spotter rings um das Flughafengelände versammelt.

#COVID19 Antonov 225 Schutzmasken Leipzig #AKK
#COVID19 - 10 Millionen Schutzmasken aus China mit Antonov 225 nach Leipzig/Halle geliefert - 14 Doppelräder unter dem Rumpf der Antonov 225
Der Rumpf der AN-225 liegt sehr tief und wird von 14 Doppelrädern getragen. Die zwei Doppelräder unterhalb des Cockpits werden zusammen mit der Laderampe eingeklappt. Eine faszinierende Konstruktion: Zuerst öffnet sich die Spitze des Flugzeuges nach oben. Danach bewegt sich die Laderampe nach vorne, stabilisiert sich selbst mit riesigen Metallstempeln auf der Rollfläche und klappt dann weitere Teile aus. Im heutigen Szenario kamen dadurch weiß gekleidete Männer zum Vorschein. Keine Außerirdischen, sondern Flugbegleiter. Das Weiße waren Schutzanzüge. Sie trugen zudem Schutzmasken im Gesicht. Bei der Einstellung des Piloten für dieses einzigartige Fluggerät wurde wohl auch auf dessen Namen geachtet: Dmitri Antonov.

#COVID19 Antonov 225 Schutzmasken Leipzig #AKK
#COVID19 - 10 Millionen Schutzmasken aus China mit Antonov 225 nach Leipzig/Halle geliefert
Verfolgt von einer dichtgedrängten Schar Medienvertreter kletterte die Ministerin die steile Leiter ins Cockpit hinauf. Die Unterredung dauert nicht sehr lange. Anschließend gab es ein Pressestatement mit Fragemöglichkeit zur heutigen Lieferung von Schutzmasken aus China. Es gibt drei Teillieferungen von etwa 25 Millionen Schutzmasken. Die Antonov 225 hatte 10.330.000 Masken an Bord. Die anderen werden mit der kleineren Antonov 124 geliefert. Insgesamt wurden Verträge über 256 Millionen OP-Masken, 30 Millionen FFP2-Masken (Schadstoffkonzentration bis zum 10-fachen des Arbeitsschutzgrenzwertes, Schadstoffe werden zu 94% ausgefiltert) und 22 Millionen FFP3-Masken (Schadstoffkonzentration bis zum 30-fachen des Arbeitsschutzgrenzwertes, Schadstoffe werden zu 99% ausgefiltert) unterzeichnet.

Die Antonov-Flugzeuge gehören der Ukraine, werden aber per Outsourcing für verschiedene Luftfrachtthemen durch die NATO genutzt. Für die NATO ist das recht praktisch und kostengünstig. Die Ukraine hingegen profitiert davon, dass sie bei der NATO einen Fuß in der Tür hat. Will sie doch schon länger NATO-Mitglied werden. Die NATO lehnt das wegen der fragilen Situation um die Krim bisher ab.

#COVID19 Antonov 225 Schutzmasken Leipzig #AKK
#COVID19 - 10 Millionen Schutzmasken aus China mit Antonov 225 nach Leipzig/Halle geliefert - Soldaten des Logistikbataillons 171 aus Burg laden die Kisten mit den Schutzmasken aus.
Während die Ministerin auf die Fragen der Presse einging, wurde ein mobiles Förderband in die Antonov 225 geschoben - per Muskelkraft. Gabelstapler und Hubwagen brachten Paletten und zeitnah begann das Ausladen der großen Pappkartons. Annegret Kramp-Karrenbauer kontrollierte die Beschriftung einer der ersten Umverpackungen: Chinesisch. Dann gab sie noch ein Interview und verließ das Areal.

Das Ausladen der kompletten Fracht wurde auf sechs Stunden beziffert. Die Profis vom Logistikbataillon 171 aus Burg waren eigens dafür angereist und hatten auch schon eine Art Zwischenlager auf dem Rollfeld eingerichtet. Die private Spedition Kühne + Nagel sollte dann den Rest erledigen und die Masken auf die Bundesländer verteilen. Wer sie letztlich bekommt, hängt vom angemeldeten Bedarf ab.

Video:
Antonov 225 liefert 10 Millionen Schutzmasken in Leipzig/Halle an

Autor: Matthias Baumann

Montag, 23. März 2020

US Defender: eine Chronologie und die Vermengung mit Corona

Mit 61,6 Milliarden USD hat Russland den viertgrößten Verteidigungshaushalt der Welt. Das entspricht etwa einem Drittel der chinesischen Ausgaben (181,1 Mrd.) und etwa 9% des US-Budgets. Deutschland, Frankreich und Großbritannien kommen gemeinsam auf 155,6 Milliarden USD. Auch wenn in Westeuropa gerne der Begriff des Kaputtsparens strapaziert wird.

Russlands modernisierte Fähigkeiten

Diese Zahlen sind kaum beunruhigend. Beunruhigender sind die Fähigkeiten, die dahinter stecken. Diese sind nicht 1:1 miteinander vergleichbar. Während der Westen bei Flugzeugen, Drohnen, Helikoptern und Schiffen die Nase vorn hat, glänzt Russland mit Personalstärke, der Anzahl von Panzern und modernisierten Raketensystemen. Letztere haben eine deutlich höhere Reichweite als westliche Systeme und erreichen bemerkenswerte Geschwindigkeiten bis Mach 6 - so wie die 3M22 Zircon Rakete, die gegen Schiffe und U-Boote zum Einsatz gebracht werden kann.

Durch die Annexion der Krim konnte Russland die Reichweite seiner Raketen deutlich verbessern. Der Einstieg in den Syrien-Konflikt bot eine ideale Grundlage zum Test der neuen Waffensysteme. Inzwischen stagniert die Weiterentwicklung, weil der Rubel schwächelt und die Rüstungsindustrie bisher hauptsächlich auf Pump gebaut hatte. Die Gesamtschulden belaufen sich bereits auf 2 Trilliarden Rubel = 30 Milliarden USD. Die Regierung zahlt erst lange nach Auslieferung.

US Defender Europe 20 #DEF20 #DefenderEurope
US Defender Europe 20 #DEF20 #DefenderEurope - Der Inspekteur der Streitkräftebasis #SKB, Generalleutnant Martin Schelleis, nahm an fast allen Presseterminen dabei. Die Journalisten konnten bei vielen Gelegenheiten direkt mit ihm ins Gespräch kommen.
Schnelle Verlegung großer Truppenverbände

Eine weitere Fähigkeit Russlands bereitet der NATO schon seit einigen Jahren Sorgen: die extrem schnelle Verlegung großer Truppenverbände. Das hatte die NATO letztmalig vor dem Fall der Mauer geübt und dann völlig aus dem Fokus verloren. Mit US Defender Europe 20 sollte das mal wieder geübt werden. Wichtigstes Transitland sollte Deutschland darstellen. Fahrzeuge und Gerätschaften der US-Streitkräfte sollten per Schiff in Europa eintreffen und die US-Soldaten per Flugzeug. Dann sollten die Fahrzeuge und Soldaten durch Deutschland reisen und letztlich in Polen eine Abschlussübung absolvieren. Eine kleinere Übung mit etwa 5.000 Soldaten war für die Region Bergen geplant.

10. Oktober 2019

Die Zahl der Beteiligten sollte im Verlauf der Übung auf 37.000 ansteigen und auf polnischem Territorium ihren Höhepunkt erreichen. Da es sich vorrangig um eine logistische Übung handelte, war auf deutscher Seite die Streitkräftebasis SKB dafür zuständig. Der Inspekteur der SKB, Generalleutnant Martin Schelleis, äußerte sich bereits Mitte Oktober 2019 begeistert über die Möglichkeit dieser Übung. Deutschland werde als Host Nation für die Anlandung und den Transit nach Polen dienen. Von Corona war damals noch keine Rede.

31. Dezember 2019

Am Silvestertag 2019 informierte China die Weltgesundheitsorganisation WHO über das Corona-Virus. Bis zur Münchner Sicherheitskonferenz MSC Mitte Februar 2020 schien das Virus nur China zu betreffen. Deren Außenminister Wang Yi sang damals Lobhymnen auf das "überlegene System" Chinas, das das Corona-Problem so heldenhaft in den Griff bekommen habe.

14. Januar 2020

Am 14. Januar 2020 gab es in Berlin eine größere Pressekonferenz zu US Defender. Die Medien interessierten sich hauptsächlich für die Auswirkungen auf den Straßenverkehr. Die Generale Schelleis und Rohling beantworteten alle mehr oder weniger wichtigen Fragen mit Kompetenz und Geduld. Nur eine Frage konnte nicht beantwortet werden: Was kostet die Übung?

Den Generalen war wichtig, dass eine möglichst hohe Transparenz gewahrt wird. So wurden explizit auch Medien der gegnerischen Kräfte eingeladen. Zudem wurden sämtliche Schwellenwerte des Wiener Dokumentes von 2011 (OSZE) unterschritten. Insbesondere in den Punkten 67.1 und 67.2 sind die Übungsintervalle und Personalstärken nachzulesen. 

US Defender Europe 20 #DEF20 #DefenderEurope
US Defender Europe 20 #DEF20 #DefenderEurope - Eine Übung zum Anfassen und Mitfahren: Die Streitkräftebasis #SKB legte Wert auf Transparenz.
23. Januar 2020

Zu den Presseterminen im Rahmen von US Defender konnten sich neben Berufsjournalisten auch Betreiber kleinerer YouTube- und Social-Media-Kanäle anmelden. Vor Ort herrschte Chancengleichheit. Jeder durfte mit dem Inspekteur der SKB reden und seine Fragen loswerden. Auf Wunsch wurden sogar Sonderprogramme mit Journalisten durchgeführt.

Am 23. Januar 2020 wurde unter den Augen der Presse eine Zeltstadt in Garlstedt bei Bremen aufgebaut. Die Arbeit der Spezialpioniere konnte begutachtet werden und die verantwortlichen Offiziere standen für Fragen zur Verfügung.

1. Februar 2020

Die Luftwaffe holte am Wochenende um den 1. Februar 2020 etwa 100 Deutsche aus dem Corona-Gebiet in China zurück. Die Initiative hatte das Auswärtige Amt übernommen und die Bundeswehr um Hilfe gebeten. Der mattgraue A310 mit der Kennung 10+23 fliegt normalerweise VIPs oder das Wachbataillon zu ihren Zielorten.

12. Februar 2020

Am 12. Februar 2020 fand der zweite Pressetermin im eigentlichen Geschehen statt. Die Schiffe aus den USA waren noch nicht eingetroffen. Deshalb wurden in Bergen bei Celle Fahrzeuge auf Schwerlasttransporter verladen, die die Amerikaner ohnehin in Europa gelagert hatten. Eine Zugladung voll Humwees und eine Zugladung voll Panzer und Haubitzen wurde an diesem Tag bewegt. Zudem wurde der Aufbau eines Tanklagers gezeigt.

21. Februar 2020

Am 21. Februar 2020 gab es zwei weitere Pressetermine. In Bremerhaven traf das erste Schiff aus Amerika ein. Es enthielt viele sandfarbene Panzer. Auch hier war der Inspekteur SKB anwesend und konnte ohne vorherige Abstimmung der Fragen konsultiert werden. Bereits am Morgen waren in Hamburg US-Soldaten eingeflogen worden. Für den gemeinen Hauptstadtjournalisten wäre Viertel nach sechs viel zu früh gewesen. Von den regionalen Pressekollegen wurde der Termin aber gerne genutzt.

US Defender Europe 20 #DEF20 #DefenderEurope
US Defender Europe 20 #DEF20 #DefenderEurope - Sandfarbene US-Fahrzeuge als Übungsmaterial für das Logistikmanöver US Defender.
26. Februar 2020

Am 26. Februar 2020 war das zweite Schiff aus den USA in Bremerhaven eingetroffen. Dieses enthielt fast nur unbewaffnete LKWs und Humwees. Sandfarbene Fahrzeuge soweit das Auge reichte. In Ausstattung, Lackierung und Zustand waren die Fahrzeuge kaum für die Austragung eines konventionellen Konfliktes geeignet. Ein wichtiger Beweis dafür, dass es sich bei US Defender vorrangig um eine logistische Übung handelte. An jenem Abend wurden vier Konvois zusammengestellt und Richtung Hagenow geleitet. Verkehrstechnisch lief das völlig reibungslos ab.

10. März 2020

Anfang März kündigte Frank-Walter Steinmeier über die Presseabteilung der SKB seinen Besuch bei US Defender in Bergen an. Das Programm sollte in etwa dem vom 12. Februar 2020 entsprechen. Dem Bundespräsidenten wird regelmäßig unterstellt, dass er sich nicht für die Bundeswehr interessiere. Das entspricht nur bedingt den Tatsachen. Wer Zugriff auf die Flugbereitschaft des BMVg hat, ist mit dem Hubschrauber (Cougar) nur eine Stunde zwischen Berlin und Bergen unterwegs.

12. März 2020

Am Nachmittag des 12. März 2020 wurde der Besuch des Bundespräsidenten für den 17. März 2020 in Bergen abgesagt. Grund: Corona-Virus. Eine halbe Stunde später traf ein weiteres Mail ein, worin die Entscheidung des US-Hauptquartiers USAREUR mitgeteilt wurde, dass die an US Defender beteiligten US-Soldaten wegen Corona reduziert werden. Zur deutschen Beteiligung an der Übung gab es zu dem Zeitpunkt noch keine weitere Entscheidung.

US Defender Europe 20 #DEF20 #DefenderEurope
US Defender Europe 20 #DEF20 #DefenderEurope - Der Inspekteur der Streitkräftebasis #SKB, Generalleutnant Martin Schelleis, nahm an fast allen Presseterminen dabei. Die Journalisten konnten bei vielen Gelegenheiten direkt mit ihm ins Gespräch kommen.
13. März 2020

Am 13. März 2020 wurden "alle US-Truppenbewegungen faktisch ausgesetzt". In einer Pressemitteilung der SKB hieß es weiter: "Es werden absehbar keine weiteren Schiffe in Belgien und den Niederlanden entladen, noch weitere Soldaten auf deutschen Flughäfen eingeflogen." Die meisten Truppenteile hätten ohnehin schon ihre Zielorte erreicht. Am Abend desselben Tages kam die Info, dass die Bundeswehr ihre Beteiligung an der Übung in Bergen-Munster abgesagt habe. Diese Übung hätte mit insgesamt 5.000 Soldaten zwischen dem 16. und 30. April 2020 dort stattfinden sollen. Das war eine einseitige Entscheidung der Bundeswehr. Die NATO-Partner hatten sich noch nicht dazu geäußert.

16. März 2020

Am 16. März 2020 wurden die Übungsanteile von US Defender in Deutschland beendet. Laut Presseabteilung der SKB waren die "mit der Verlegung umfangreicher alliierter Kräfte verbundenen Ausbildungsziele" bereits erreicht worden. Die weiteren Übungsanteile auf Truppenübungsplätzen wie Bergen "entfallen". Damit war US Defender in Deutschland offiziell vorbei.

20. März 2020

Durch die vorzeitige Beendigung von US Defender waren die Kräfte der SKB wieder frei für andere Aufgaben. Als Logistikprofis werden sie in der näheren Zukunft für die Koordination der Maßnahmen gegen Corona gebraucht und haben dazu auch schon diverse "Hilfeleistungsanträge" bekommen.

Russland erklärt die Welt

Eine letzte große Fähigkeit Russlands besteht in der Produktion von Desinformationen und Fake News. Das beginnt beim inländischen Umgang mit Corona: In Russland gibt es offiziell gar kein Corona. Die Leute sterben dort höchstens an Lungenentzündungen. Sollte Corona irgendwann nicht mehr zu vertuschen sein, stehen die Schuldigen schon fest: USA, NATO, EU und US Defender. Je nach Zielgruppe bedient sich Russland unterschiedlicher Narrative (Erzählungen). Der Phantasie sind dabei keine Grenzen gesetzt.

US Defender Europe 20 #DEF20 #DefenderEurope
US Defender Europe 20 #DEF20 #DefenderEurope - Logo der Übung mit flammendem Schwert in Anlehnung an das Wappen der U.S. Army Europe
Wer die USA mag, aber die Bundesregierung hasst, bekommt das Narrativ, dass während US Defender die amerikanischen Soldaten nach Berlin marschieren und Deutschland von der Bundesregierung befreien. Wer die USA nicht mag, bekommt das Narrativ, dass Corona durch den Westen inszeniert sei, um heimlich weitere US-Truppen in Europa zu stationieren. Diese sollen dann einen Bürgerkrieg niederschlagen. Vermengt wird das Ganze noch mit pseudoreligiösen Theorien über den Erzengel Michael mit seinem flammenden Schwert. Letzteres wurde ihm erst in der Kirchengeschichte angedichtet und hat keine biblische Grundlage. In Zeiten der Politikverdrossenheit, vieler verbaler und thematischer Tabus seitens der politischen Korrektheit und des sonstigen ideologischen Vakuums finden diese Geschichten in Mitteleuropa viele offene Ohren. Russland hat also freie Bahn, die freiheitlich-demokratische Grundordnung effektiv von innen zu zersetzen.

Das strategische Ziel Russlands ist ein Keil zwischen Europa und den USA, ein Keil innerhalb der NATO sowie eine Zersplitterung der Länder und Gesellschaften Europas. Nur so kann sich Russland als potenter Player auf der geostrategischen Bühne zurückmelden. Dass die USA Russland nur als kleinen nervenden Störer im Primärkonflikt mit China ansehen, wurde auf der MSC sehr deutlich. In den Reden der amerikanischen Spitzenpolitiker wurde Russland nur in Nebensätzen erwähnt.

Autor: Matthias Baumann

Mittwoch, 26. Februar 2020

US Defender: Feldjäger und Konvois

Das Whiskyglas schlittert über den Tresen. "Der Fremde ist in der Stadt", spricht eine rauchige Stimme in den ebenso rauchigen Raum. Kurz darauf poltern Barstühle zu Boden. Revolver werden entsichert. Typischerweise folgt eine von unten gefilmte Szene auf dem staubigen Vorplatz des Saloons. Breitbeinig positioniert sich der Verteidiger seines Reviers. Revolvergurt - die Hände bereit zum Ziehen: Showdown im Wilden Westen.

Die Feldjäger der Bundeswehr sind recht selten in der Öffentlichkeit zu sehen. Aber wenn sie zu sehen sind, dann fallen sie durch ihre besondere Optik auf: starke Motorräder aus dem Hause BMW, breite Schultern in grauen Lederkombis mit weißen Gürteln. Zu Fuß bewegen sie sich wie typische Nahkämpfer. Sie tragen Handschellen und Pistolen an der Seite und dazu die markante schwarze Armbinde mit dem Schriftzug MP - Militärpolizei. Feldjäger bewegen sich aber auch in VW-Bussen wie dem T6 oder dem geländegängigen Widder. Ab und zu ist auch ein Nissan Pathfinder oder ein Spezialumbau der Mercedes G-Klasse dabei.

US Defender #DefenderEurope #DEF20 Feldjäger Konvois US Fahrzeuge
US Defender #DefenderEurope #DEF20 - Feldjäger warten auf den Marschbefehl für den ersten Konvoi.
Die beeindruckende Optik ist jedoch nicht die Kernaufgabe der Feldjäger. Die Militärpolizei hat polizeiliche Aufgaben innerhalb der Bundeswehr zu erfüllen und ist nach Anlegen der schwarzen Armbinde auch weisungsberechtigt gegenüber höherrangigen Soldaten. Nur selten taucht ein Feldjäger ab Leutnant (ein Silberstern ohne Laub) im öffentlichen Geschehen auf. Zumeist sieht man spezialisierte Unteroffiziere. Da gibt es Personenschützer, Spurensicherer, Kriminalermittler, Eskortenfahrer, Hundeführer, Gefahrgutermittler und Festnahmeeinheiten.

Wegen der Zuständigkeit für die gesamte Bundeswehr sind die Feldjäger deutschlandweit verteilt und untergliedern sich in drei Regimenter. Für die Unterstützung der Verlegung amerikanischer Fahrzeuge von Bremerhaven nach Hagenow im Rahmen der Großübung US Defender Europe 20 war die 4. Kompanie des 2. Feldjägerregimentes aus Wilhelmshaven angefordert worden. Wilhelmshaven liegt zwar auf der Landkarte direkt neben Bremerhaven, wird aber durch den Jadebusen und die Weser getrennt. Das heißt: Umweg von zwei Stunden über Bremen.

US Defender #DefenderEurope #DEF20 Feldjäger Konvois US Fahrzeuge
US Defender #DefenderEurope #DEF20 - Feldjäger positionieren sich für die folgenden Aufgaben.
Der Arbeitstag der 4. Kompanie begann um 14 Uhr. Es sollten heute vier amerikanische Konvois zu je 20 Fahrzeugen aus dem Hafengelände geleitet und sicher auf die A1 Richtung Hamburg gebracht werden. Das Ziel der Etappe war Hagenow in Mecklenburg-Vorpommern - eine Strecke von etwa 260 Kilometern. Bei einer so langen Strecke ist es wichtig, dass alle regionalen und übergeordneten Zuständigkeiten geklärt sind. Die 4. Kompanie war nur für die Begleitung und Sicherung bis zur A1 zuständig und ab dort wurde an die nächsten Feldjäger und Polizisten übergeben. Feldjäger und die zivile Polizei arbeiten hier Hand in Hand, wobei die Landespolizei auf den öffentlichen Verkehrswegen deutlich höhere Befugnisse hat. Das ist aber weitestgehend unbekannt, so dass die Feldjäger das durch ihre reine Erscheinung kompensieren können.

Beim Eintreffen in Bremerhaven wurden gerade die letzten Vorbereitungen für den ersten Konvoi getroffen. Die US-Armee hatte mit dem zweiten Schiff - GREEN BAY - fast nur in Wüstenfarbe lackierte Autos angeliefert. Es waren keine Bewaffnungen zu sehen und der Zustand der Fahrzeuge wurde auch rege bei den Feldjägern diskutiert. Jedenfalls lieferte dieser Fuhrpark einen klaren Beweis dafür, dass es bei US Defender tatsächlich nur um das Üben logistischer Vorgänge geht.

US Defender #DefenderEurope #DEF20 Feldjäger Konvois US Fahrzeuge
US Defender #DefenderEurope #DEF20 - Militärpolizei der US-Streitkräfte während der Einweisung am Sandkasten.
Wenn man etwas bei der Bundeswehr lernt, dann ist es Geduld. Pünktliches Erscheinen und Warten auf die nächste Aktion gehen dem Bundeswehrsoldaten schon in den ersten Tagen ins Unterbewusstsein über. So waren die Kameraden schon kurz nach drei vor Ort und konnten so ganz langsam die Einweisung um 17 Uhr vorbereiten. Diese sollte am Sandkasten stattfinden.

Der T6 setzte sich entsprechend pünktlich in Bewegung, fuhr vorbei an den unzähligen amerikanische Wüstenfahrzeugen und bog dann in eine flache, aber riesige Halle ein. Ganz hinten sah man einen Container und daneben den Sandkasten. Neonröhren erleuchteten die Halle. Jetzt wäre der Moment, wo der Verbrecher mit seinem Sportwagen in die Halle einfährt und das Feuer eröffnet. Eine wilde Verfolgungsjagd beginnt und endet am Sandkasten - soweit das Drehbuch zum Actionfilm. In der Realität erreichte der T6 den Sandkasten ohne Zwischenfälle.

US Defender #DefenderEurope #DEF20 Feldjäger Konvois US Fahrzeuge
US Defender #DefenderEurope #DEF20 - Feldjäger weisen die Beteiligten am Sandkasten ein.
Der Sandkasten war gar kein Sandkasten. Der Asphalt war mit Kreidestrichen bemalt. Die Parkmarkierungen dienten als Grenzen zwischen den Bundesländern sowie Polen. Holzklötzer markierten Städte und Haltepunkte. Farbige Geschenkbänder kennzeichneten den Streckenverlauf. Sehr einfach, aber für den Zweck völlig ausreichend. Abwechselnd traten die Lenker der kolonneninternen Leitfahrzeuge und die am Geschehen beteiligten Militärpolizisten herzu. Den Amerikanern wurden auch noch einige deutsche Verkehrsregeln erläutert. Die Fahrer hatten die Herausforderung, die Meilen im Tacho auf km/h umzurechnen. 80 km/h entsprechen 49,71 Meilen pro Stunde.

Um den normalen Verkehr nicht zu stören, wurde bereits vor Beginn der Großübung festgelegt, dass die Konvois nachts rollen. Die Nacht in Norddeutschland begann heute um 18 Uhr. Die erste Kolonne startete und musste noch durch einen Zollpunkt fahren. Hier wurden rein formal die Zollpapiere geprüft. Dann ging es weiter durch die Innenstadt von Bremerhaven und relativ schnell auf die Autobahn A 27. Dort konnte auf 80 km/h beschleunigt und der A1 entgegengefahren werden. Das Tempo bestimmen die regionalen Begleitfahrzeuge. So lange sie für die Strecke zuständig sind, fahren sie voraus und verlassen die Kolonne, sobald sie an den nächsten Zuständigkeitsabschnitt übergeben haben. Die Übergabe erfolgt normalerweise nahtlos an einer passenden Ausfahrt.

US Defender #DefenderEurope #DEF20 Feldjäger Konvois US Fahrzeuge
US Defender #DefenderEurope #DEF20 - Der vierte Konvoi ist bereit für die Abfahrt. Die Konvois haben eigene Fahrzeuge am Anfang und am Ende. Davor und dahinter fahren die regional zuständigen Polizisten oder Feldjäger.
Beim zweiten Konvoi gab es eine Panne. Besser gesagt, der Fahrer des drittletzten Fahrzeuges war eingeschlafen und hatte die Abfahrt seiner Gruppe verpasst. Die Abfahrt erfolgte immer im Halbstundentakt. Nun war das Situationsmanagement der Feldjäger gefragt. "Leben in der Lage" heißt das bei der Bundeswehr. Nach dem Erwachen des Fahrers wurden die drei Hinterbliebenen an eine wichtige Kreuzung in Bremerhaven geleitet und dann vom Zugführer höchst persönlich in Empfang genommen. Er fuhr nun mit seinem T6 und Blaulicht vorne weg. Als Zugführer konnte er auch das Tempo der Kolonne bestimmen: Sie sollten auf 50 reduzieren. In diesem Falle waren Kilometer pro Stunde gemeint. Das reichte jedoch nicht. 40 km/h! Mit ihren 40 km/h zwang die Kolonne sämtliche LKWs auf die Mittelspur. So war irgendwann das Ende des Konvois frei und die drei Nachzügler konnten hinten angeschlossen werden. Der Teilauftrag war erledigt. Runter von der Autobahn und wieder zum Hafen.

Im Hafen machte sich gerade die vierte Kolonne fertig zum Abmarsch. Marsch ist im Verständnis der Bundeswehr nicht nur die Bewegung zu Fuß. So weit lief alles nach Plan. Nur noch ein sandfarbener Abschleppwagen der US-Armee hatte eine kurze Panne. Aber auch das wurde schnell geklärt, so dass er ebenfalls nach Hagenow rollen konnte.

US Defender #DefenderEurope #DEF20 Feldjäger Konvois US Fahrzeuge
US Defender #DefenderEurope #DEF20 - Feldjäger stimmen sich ab. Im Hintergrund ein VW-Bus T6 und im Vordergrund ein Nissan Pathfinder. Die Autos sind teilweise schon mit den neuen Taschen für das G36 ausgerüstet. Diese sind deutlich praktischer als die alten Halterungen in der Mitte.
Die Feldjäger trafen sich anschließend auf der Polizeidirektion in Bremerhaven. Hier mischten sich Flecktarn und schwarze Polizeiuniformen. Man hatte sehr viel Kaffee gekocht. Bis auf die Nachzügler und den Abschleppwagen war kaum etwas auszuwerten. Die Zusammenarbeit der Polizei mit den Feldjägern war hervorragend - ebenso die Stimmung. Gegen 21:30 Uhr waren die Feldjäger wieder in der Kaserne von Garlstedt zurück und konnten dort noch ihre eigene kurze Auswertungsrunde machen. Dann ploppten zwei Kronkorken und der Arbeitstag war zu Ende.

Video:
US Defender - Feldjäger und 4 Konvois

Autor: Matthias Baumann

Donnerstag, 13. Februar 2020

Kommandowechsel beim Deutschen Heer von Jörg Vollmer zu Alfons Mais

Heute übergab Generalinspekteur Eberhard Zorn das Kommando über das Deutsche Heer an Generalleutnant Alfons Mais. Sein Vorgänger, Jörg Vollmer, hatte das Heer seit 2015 geleitet und diverse Innovationen auf den Weg gebracht. Das Heer ist mit 60.000 Soldaten die größte Teilstreitkraft. Jede der fünf Teilstreitkräfte - Heer, Luftwaffe, Marine, Cyber-Informationsraum und Sanitätsdienst - hat einen sogenannten Inspekteur an der Spitze. Inspekteure haben als Generalleutnant oder Generaloberstabsarzt (GOSA) drei goldene Sterne auf der Schulter oder sie sind im vergleichbaren Dienstgrad eines Vizeadmirals. Letzterer ist durch besonders dicke Streifen am Ärmel zu erkennen.

Kommandowechsel beim Deutschen Heer von Jörg Vollmann zu Alfons Mais
Kommandowechsel beim Deutschen Heer von Jörg Vollmer zu Alfons Mais - v.l.n.r.: Generalinspekteur Eberhard Zorn, Generalleutnant Jörg Vollmer, Generalleutnant Alfons Mais, Generalleutnant Johann Langenegger
Der vierte Stern ist für viele Dreisterner unerreichbar. Dazu müssen sie entweder Generalinspekteur werden oder zur NATO gehen. Jörg Vollmer wird im Sommer Befehlshaber des Allied Joint Forces Command der NATO in Brunssum. Generale werden im BMVg befördert. Durch politisch bedingte Faktoren kann sich eine Beförderung vom Oberst zum Brigadegeneral verzögern oder erheblich beschleunigen. Leider finden diese Anlässe immer unspektakulär im kleinen Kreise statt.

Kommandowechsel beim Deutschen Heer von Jörg Vollmann zu Alfons Mais
Kommandowechsel beim Deutschen Heer von Jörg Vollmer zu Alfons Mais - Jörg Vollmer (2. von rechts) übergibt die Truppenfahne an Generalinspkteur Eberhard Zorn
Wann immer man Jörg Vollmer traf, wirkte er ruhig und ausgeglichen. Er konnte jedoch auf energisch umschalten und hatte seine Truppe im Griff. Jörg Vollmer ist Praktiker. Das kam auch bei seiner Rede an den neuen Generalstabslehrgang auf der ILÜ 2019 zum Ausdruck. Bei einer längeren Fahrt von Bonn nach Koblenz setzte er sich zu den wenigen VIPs in den Reisebus und ließ seine Limousine hinterherfahren. Vom Bus aus telefonierte und telefonierte er und steuerte seinen Aufgabenbereich bis - ja bis - ihm das Handy zwischen die Sitze fiel. Aber auch das klärte er gelassen.

Kommandowechsel beim Deutschen Heer von Jörg Vollmann zu Alfons Mais
Kommandowechsel beim Deutschen Heer von Jörg Vollmer (rechts) zu Alfons Mais (links), Mitte: Generalinspekteur Eberhard Zorn
Jörg Vollmer ist Bremer und 62 Jahre alt. 1978 trat er in die Bundeswehr ein und steht nun kurz vor der Pensionierung. Der Gang nach Brunssum wird wohl seine letzte Etappe im militärischen Berufsleben sein. Danach warten die Familie und die Clausewitz Gesellschaft mit Vortragsanfragen auf ihn. Wenn er nicht gerade im BMVg tätig war oder Studiengänge und Weiterbildungen absolvierte, konzentrierte er sich auf Verwendungen bei den Panzergrenadieren oder den Fallschirmjägern. Er hatte also immer etwas mit Infanterie, Staub und Schlamm zu tun. Entsprechend sahen auch seine Dienstfahrzeuge aus.

Seine Abschiedsrede war sehr deutlich und wich gelegentlich vom Manuskript ab. Wenn er von seinen ausländischen Kollegen nach dem allgemein vermittelten Zustand der Bundeswehr gefragt werde, antworte er mit Stolz: "Wir sind das Heer, verlässlich und da, wenn man uns braucht." Einen Großteil der Schlussfolgerungen des Wehrbeauftragten empfand er als hart, aber zutreffend. Glaubwürdige Abschreckung und die Demonstration der Fähigkeit zur Kriegsführung waren ihm wichtig. Auch wenn das Wort Russland nicht fiel, war doch klar, welche konkrete Gefahr er ansprach. Jörg Vollmer war überzeugt davon, dass die Soldaten des Heeres ohne Zögern zu den Waffen greifen werden, um Bündnisinteressen zu wahren und zu schützen.

Deshalb formulierte er gegenüber den politischen Entscheidungsträgern den "Anspruch auf überlegenes Wehrmaterial im Interesse des Wohles der Soldatinnen und Soldaten". Hier komme es insbesondere auf das Verhandlungsgeschick der Staatssekretäre und der Ministerin an. Auch diese müssten sich "gegen den Widerstand eines allzu bequemen und realitätsfernen Zeitgeistes behaupten".

Kommandowechsel beim Deutschen Heer von Jörg Vollmann zu Alfons Mais
Kommandowechsel beim Deutschen Heer von Jörg Vollmer zu Alfons Mais - Truppenfahnen in der Ehrenformation
Sein Nachfolger in Strausberg, Alfons Mais, ist 57 Jahre alt und trat 1981 in die Bundeswehr ein. Auch er studierte - wie Jörg Vollmer - Wirtschafts- und Organisationswissenschaften in Hamburg. Alfons Mais stammt allerdings aus Koblenz, wo der Inspekteur des Sanitätsdienstes sitzt. Statt jedoch Sanitäter zu werden, ließ er sich als Heeresflieger ausbilden. Luftbewegung bestimmte immer wieder sein Berufsleben. Seit Mitte 2019 fungierte er als Kommandeur des 1. Deutsch-Niederländischen Korps.

Angesichts der neuerlichen Rivalitäten zwischen den Größmächten und einer fragiler werdenden nordatlantischen Verbindung haben die beiden Generale eventuell noch einen spannenden Lebensabschnitt vor sich. Alfons Mais für etwa sieben Jahre und Jörg Vollmer für zwei.

Rede Generalleutnant Jörg Vollmer mit freundlicher Genehmigung des PIZ Heer - Das gesprochene Wort wich nur geringfügig von diesem Manuskript ab.

Video:
Kommandowechsel Inspekteur Deutsches Heer - Jörg Vollmer zu Alfons Mais

Autor: Matthias Baumann

Mittwoch, 12. Februar 2020

US Defender - Verladung amerikanischer Fahrzeuge von der Schiene auf die Straße

"Straßentankwagen" warf Martin Schelleis spontan ein, als der Kompaniechef der 8./SpezPiRgt164 mit den bundeswehrüblichen Abkürzungen hantierte. "STW" hatte er gesagt. Seit November 2019 sind die Inspekteure auf Twitter unterwegs und haben sich darauf eingestellt, dass die zivile Zielgruppe in einer verständlichen Sprache angeredet werden möchte.

US Defender - Verladung amerikanischer Fahrzeuge von der Schiene auf die Straße #DEF20 #DefenderEurope
US Defender Europe 2020 #DEF20 #DefenderEurope - Einweisung des Fahrers einer amerikanischen Panzerhaubitze zur Auffahrt auf einen Schwerlasttransporter SLT Mammut
Martin Schelleis ist Generalleutnant und Inspekteur des Streitkräftebasis (SKB). Die Streitkräftebasis fasst sämtliche Bereiche der Bundeswehr zusammen, die nicht eindeutig dem Heer, der Luftwaffe oder der Marine zuzuordnen sind. Dazu gehören auch die Spezialpioniere und der gesamte Bereich Logistik.

US Defender - Verladung amerikanischer Fahrzeuge von der Schiene auf die Straße #DEF20 #DefenderEurope
US Defender Europe 2020 #DEF20 #DefenderEurope - Amerikanische Fahrzeuge an der Verladerampe
Da die Schiffe aus Amerika noch nicht in Bremerhaven eingetroffen sind, wurden heute in Bergen bei Celle amerikanische Bestandsfahrzeuge von der Schiene auf Schwerlasttransporter (SLT) Mammut verladen. Die Bundeswehr verfügt über drei Arten von Schwerlasttransportern: Elefant, Franziska und Mammut. Normalerweise haben die Fahrzeuge der Bundeswehr Tiernamen. Franziska tanzt dabei aus der Rolle. Die Legende erzählt, dass der Entwickler des Fahrzeuges auf den Namen seiner Tochter bestanden habe. Solch ein SLT schafft locker 80 km/h und verbraucht einen Liter Diesel - auf einen Kilometer.

US Defender - Verladung amerikanischer Fahrzeuge von der Schiene auf die Straße #DEF20 #DefenderEurope
US Defender Europe 2020 #DEF20 #DefenderEurope - Gut verzurrt für den Schwerlasttransport per SLT Mammut über die Straße
Amerikanische Fahrzeuge sind wohl recht flexibel bezüglich der Betankung. Sie können wahlweise mit Diesel oder Kerosin fahren. Das erklärt auch die überproportional hohe Menge Kerosin, die im neuen Tanklager in der Nähe von Bergen eingelagert werden soll. Zusammen mit Martin Schelleis schaute sich die Presse heute nicht nur den professionellen Ablauf der Fahrzeugverladung an, sondern konnte auch sehen, dass beim Bau eines temporären Tanklagers jeder Handgriff sitzt.

US Defender - Bau eines Tanklagers #DEF20 #DefenderEurope
US Defender Europe 2020 #DEF20 #DefenderEurope - Bau eines Tanklagers - Teamwork ist gefragt.
Es gibt übrigens nur eine Kompanie, die solche Tanklager bauen darf und kann. Das ist die oben erwähnte 8. Kompanie des Spezialpionierregiments 164 (8./SpezPiRgt164). Entsprechend hoch ist deren nationale und internationale Auslastung. Gleiches gilt für die Mammutfahrer. Gerade bei diesen Einheiten zeigt sich, dass der Trend weg vom Mannschaftsdienstgrad und hin zum Feldwebel (Unteroffiziersgrad) geht. Neben 300 Mannschaftssoldaten gibt es bei den Spezialpionieren knapp 1.100 Unteroffiziere.

US Defender - Bau eines Tanklagers #DEF20 #DefenderEurope
US Defender Europe 2020 #DEF20 #DefenderEurope - Bau eines Tanklagers -Jeder Handgriff sitzt.
Der hier gelagerte Sprit kommt aus einem NATO-Depot und sollte den Qualitätsstandards entsprechen. Im Auslandseinsatz sieht das anders aus. Regionale Lieferanten nutzen ihre unkonventionellen Transportmittel, so dass sich Wasser oder Schmutzpartikel im Tank befinden. Um das zu ermitteln, gehen immer Proben in ein mobiles Labor. Anschließend wird entschieden, ob Additive beigefügt werden, eine Filterung stattfindet oder der Lieferant seine Tankladung wieder mitnehmen kann.

Videos:
Verladung amerikanischer Fahrzeuge von der Schiene auf die Straße
Aufbau eines Tanklagers

Autor: Matthias Baumann

Dienstag, 11. Februar 2020

Israels Parlamentspräsident Yuli Yoel Edelstein bei AKK in Berlin

Die Spitzenpolitiker aus Israel geben sich in Berlin zurzeit die Klinke in die Hand. Auch Annegret Kramp-Karrenbauer ist immer dabei. Heute empfing sie den Präsidenten des israelischen Parlamentes, Yuli Yoel Edelstein, im Bendlerblock. Der Laie könnte sich langsam etwas verwirrt zeigen, ob der vielen Ämter in einer parlamentarischen Demokratie. Wo bitte wird dann noch Benjamin Netanjahu angesiedelt. Ist der nicht Chef des Parlaments?

Nein, Benjamin Netanjahu ist Ministerpräsident und vergleichbar mit der Position von Angela Merkel (Dritte im Staat), Reuven Rivlin ist Präsident und vergleichbar mit der Position Frank-Walter Steinmeiers (Erster im Staat). Yuli Yoel Edelstein als Präsident der Knesset ist vergleichbar mit Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (Zweiter im Staat).

Israels Parlamentspräsident Yuli Yoel Edelstein #Knesset bei #AKK in Berlin
Israels Parlamentspräsident Yuli Yoel Edelstein bei Annegret Kramp-Karrenbauer #AKK in Berlin
Nachdem das geklärt ist, wäre noch zu sagen, dass Yuli Yoel Edelstein 61 Jahre alt ist und in der heutigen Ukraine geboren wurde. Vor etwa 30 Jahren siedelte er nach Israel über und engagierte sich dort in der Politik. Wie Reuven Rivlin und Benjamin Netanjahu gehört er dem nationalkonservativen Likud an. Er wohnt in einer Siedlung im Westjordanland. Wer diese Region einmal mit einem gelben israelischen Autokennzeichen bereist, gewinnt einen nachhaltigen Eindruck davon, wie sich Lebensgefahr anfühlt.

Yuli Yoel Edelstein hat keine besonders entspannte Vergangenheit. Er hat zwei Kinder, ist aber verwitwet. Vor seiner Ausreise nach Israel musste er einige Jahre im Arbeitslager zubringen, in dem er schwer verletzt wurde.

Das Hauptthema des Knesset-Chefs ist die Rückführung von Juden nach Israel. Deshalb fungierte er bereits als Minister für Einwanderung und als Minister für Diasporaangelegenheiten. Diaspora nennt sich das Leben eines Menschen außerhalb seiner eigentlichen Heimat. Im Kontext des Volkes der Bibel ist Diaspora als eine Strafe Gottes anzusehen, die schon unter Mose angekündigt worden war. Theologen verharmlosen die Verschleppung und Zerstreuung in sämtliche Länder der Erde gerne als Exil.

Zuerst kamen die Assyrer und haben die Nordstämme Israels nach Norden und Osten umgesiedelt. Dann übernahmen die Babylonier (Irak) und brachten den Rest der Bevölkerung nach Babylon. Als 70 Jahre später die Perser (Iran) den Nahen Osten beherrschten, kehrten viele Juden wieder zurück. Dann gab es ein Intermezzo mit den Griechen - spannend erzählt in den Makkabäer-Büchern. Bald danach überrannten die Römer den Mittelmeerbereich. Diese zerstörten wichtige Stätten in Israel und sorgten für die letzte große Vertreibungswelle. Seit Gründung des Staates Israel (1948) gibt es nach fast 2.000 Jahren wieder eine geografische Heimat für das alte biblische Volk. In diese Heimat sollten sie idealerweise zurückkehren. Dafür setzt sich Präsident Edelstein ein.

Bei den Gesprächen im Verteidigungsministerium wird es um die guten Beziehungen der Bundeswehr zu den israelischen Streitkräften gehen. Wie vielschichtig die Kooperationen sind, war während des Besuches von Präsident Rivlin zu erfahren. Die genauen Themen des heutigen Treffens wurden nicht weiter spezifiziert und waren auch nicht für die Ohren der Presse vorgesehen.

Video:
Besuch des israelischen Parlamentspräsidenten im Bendlerblock

Autor: Matthias Baumann

Montag, 3. Februar 2020

Bundeswehrtagung Berlin 2020 - Beschaffung, Einsatzbereitschaft und das Bad im Sternenmeer

Der Saal im Hyatt war bis auf den letzten Platz besetzt. Als die Ministerin angekündigt wurde, erhoben sich die Gäste und blickten erwartungsvoll zum Eingang. Annegret Kramp-Karrenbauer nutzte jedoch die Hintertür. Damit wurde die Flexibilität der Teilnehmer getestet. Neben Abgeordneten verschiedener Parteien, wenigen Obersten und der Presse waren nur Generale und Admirale anwesend. Etwa 200 gibt es davon in Deutschland. Rein statistisch kommt damit ein General oder Admiral auf 1.000 Bundeswehrangehörige. Gefühlt waren alle anwesend.

Bundeswehrtagung Berlin 2020
Bundeswehrtagung Berlin 2020 - Rede der Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer #AKK
Der Fahrdienst hatte sie mit schwarzen BMW 5er-Limousinen und Mercedes E-Klassen zum Hyatt gebracht. Auch bei den Fahrzeugen gibt es in der Bundeswehr klare Abstufungen: Kommandeure ab Oberstleutnant bis Inspekteur im Dienstgrad Generalleutnant (drei Sterne) fahren Skoda Superb, BMW 5er, E-Klasse oder Audi A6. Erst der Generalinspekteur und die Ministerin fahren Oberklassewagen.

Die Beleuchtung im Saal ließ die Sterne funkeln. Bei Generalen, die in ihren Dienststellen Flecktarn tragen, waren die goldenen Sterne noch besonders gut poliert und reflektierten das Licht entsprechend. Es fiel auf, dass es innerhalb des letzten Jahres erhebliche Beförderungsschübe gegeben hatte. Das betraf insbesondere die Steigerung vom Oberst (drei Silbersterne) zum Brigadegeneral (ein Goldstern) und die vom Brigadegeneral zum Generalmajor (zwei Goldsterne). Darunter viele bekannte Gesichter wie Generalmajor Ohl, Generalmajor von Sandrart, Generalmajor Sollfrank oder Brigadegeneral Klaffus. Mit dem dritten Goldstern ist dann oft das Ende der Karriere - kurz EdeKa - erreicht. Denn vier Sterne bekommt nur der Generalinspekteur oder ein Dreisterner (Generalleutnant), der einen Leitungsposten bei der NATO ergattert.

Bundeswehrtagung Berlin 2020
Bundeswehrtagung Berlin 2020 - Baden im Sternenmeer
Nachdem die Ministerin das Sternenmeer durchschwommen hatte, hielt sie eine umfangreiche Rede und musste sich anschließend noch einem längeren Interview stellen. In der rede wurden viele Themen angesprochen. Der Hauptfokus lag jedoch auf der Einsatzbereitschaft und der damit verbundenen Beschaffungsproblematik.

Die materielle Einsatzbereitschaft liege bei 70 Prozent. Diesen Wert oder gar dessen Unterschreitung werde AKK nicht mehr akzeptieren. Das gehe so weit, dass sie sich auch mit den Kollegen im Bundestag entsprechend auseinandersetzen werde. Sie klang entschlossen. Als Sofortmaßnahme hat sie "Planungskonferenzen" angesetzt, die für ein schnelles Aufbauen der materiellen Ressourcen sorgen sollen. "Und zwar zügig", unterstrich sie die Geschwindigkeit, mit der der Handlungsbedarf umzusetzen sei.

Bundeswehrtagung Berlin 2020
Bundeswehrtagung Berlin 2020 - Podiumsdiskussion zwischen Generalinspekteur Eberhard Zorn (nicht im Bild), Staatssekretär Thomas Silberhorn (oben rechts) und dem Abteilungsleiter Politik, Detlef Wächter (unten Mitte)
Im weiteren Verlauf - auch in einer Diskussionsrunde zwischen Staatssekretär Thomas Silberhorn, Generalinspekteur Eberhard Zorn und dem Abteilungsleiter Politik, Detlef Wächter - stellte sich heraus, dass die Beschaffung auch durch den fehlenden Mut der Entscheider blockiert werde. Wenn sich selbst schon ein A-Dreizehner (Besoldungsstufe Major - ein silberner Stern mit Laub) vor dem Untersuchungsausschuss für seine Entscheidung rechtfertigen müsse, treffe er dann am besten gar keine Entscheidung und erreiche somit das EdeKa zum Renteneintritt. Was diesem A-Dreizehner zunächst persönlich hilft, schädigt das Gesamtgetriebe Bundeswehr. Es gibt sogar Langzeitsoldaten, die den Sprung in den nächsten Dienstgradbereich scheuen, weil für unwesentlich mehr Geld gleich viel mehr Verantwortung zu tragen ist.

Die Angst vor Denunzianten - auch innerhalb der eigenen Reihen - ist hoch. Das beginnt bei der freiwilligen Drosselung des BMW 5ers auf 130 km/h und endet bei disziplinarisch relevanten Anschreiben an den Generalinspekteur wegen lapidarer Formfehler nachgeordneter Dienststellen. Neidern, Entscheidungsmuffeln und ausgedienten Denunzianten ist das Wohl des Gesamtgebildes Bundeswehr dabei offensichtlich egal. Darüber hinaus waren in den letzten vier Monaten verschiedene Angehörige der Silbersternfraktion durch einen erschreckenden Mangel an Supervision aufgefallen.

Bundeswehrtagung Berlin 2020 - ILÜ 2019 Logistik
Audi A6 und BMW 5er - Generale besuchen die Truppe (Archivfoto ILÜ 2019)
Auch die 20.000 nicht besetzten Stellen bei der Bundeswehr wurden angesprochen. Als Maßnahmen greifen wohl sehr gut die regionalen Werbeaktionen nach dem Fitness-Studio-Motto "Bring a Friend". So seien laut Generalinspekteur Zorn schon jede Menge Lücken im Feldwebelbereich des Cyber-Kommandos geschlossen worden. Gute Erfahrungen habe man zudem mit freiwillig Wehrdienstleistenden und der Reaktivierung von Reservisten gemacht. Gerade im Cyber-Informationsraum tue sich gerade etwas mit der Besoldung. Man müsse aber auch sehen, dass die Millionäre nicht immer aus dem IT-Bereich kommen. Da hatte er Recht. Bis auf Hasso Plattner von SAP sind die Millionäre eher im Immobilienbereich zu finden. Dass weiterhin viel zu tun ist im Cyberbereich, drückte Eberhard Zorn so aus: "Fahren Sie doch mal nach außerhalb von Berlin. Dann sehen Sie, wo Digitalisierung ihre Grenzen hat."

Staatssekretär Silberhorn freute sich über einige Teilerfolge. Mit dem passenden Narrativ (Geschichte zum Verkaufen des eigenen Anliegens), könne man auch große Beträge schnell durch das Parlament schleusen. So habe die milliardenschwere Beschaffung von A350-Flugzeugen nur viereinhalb Monate gedauert. Es sei durchaus Spielraum zum Ausreizen der Grenzen vorhanden. Zudem müsse man abwägen, welches Projekt zu priorisieren sei. Wenn ein Kleinprojekt wie die Beschaffung von 1.000 LKWs spürbar bei der Truppe ankommt, ist mehr gewonnen, als mit einem Großprojekt, von dem der Soldat kaum etwas merkt.

Es kam auch zur Sprache, dass es von den NATO-Partnern "als deutsche Besonderheit wahrgenommen" werde, dass die Ausgaben für die Verteidigung weit hinter den wirtschaftlichen Möglichkeiten der Bundesrepublik liegen. AKK begründete das mit den historischen Gegebenheiten und der parlamentarischen Konstellation. Ein General verwies auf die ständigen Spannungsfelder zwischen Anhängern des Grundgesetzartikels 87a und den Anhängern des Artikels 87b, in denen Einsatzradius, Personalwesen und Beschaffung geregelt sind.

Bundeswehrtagung Berlin 2020
Bundeswehrtagung Berlin 2020 - Rede der Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer #AKK
Apropos NATO-Partner: Annegret Kramp-Karrenbauer stellte klar, dass es europäische Verteidigungsinitiativen nur unter dem Dach der NATO geben werde. Der Generalinspekteur ergänzte den praktischen Aspekt der gemeinsamen Einsätze. Die Deutsch-Französische Brigade laufe derzeit wohl nicht so gut, weil es einfach keine gemeinsamen Einsätze gebe. Das liege auch daran, dass die Deutschen erst kommen, wenn die Franzosen oder Briten schon wieder abreisen. Andere Nationen sind schneller im Einsatz, während in Deutschland erst einmal gründlich nachgedacht wird. Dafür bleiben dann die Deutschen eben auch viel länger.

Dass Landes- und Bündnisverteidigung zur Chefsache erklärt wurde kommt nicht von ungefähr. Detlef Wächter sagte, dass Russland mit seinen neuen Waffensystemen ein "Dispositiv" aufgebaut habe, "das - gelinde gesagt - bedrohlich ist". Das bestätigte der Generalinspekteur und ergänzte noch die Bedrohungslage seitens der Fähigkeiten Chinas.

Die Ministerin betonte mehrfach, dass sie einen ehrlichen und konstruktiven Dialog wünsche. Dieser fand heute auch schon in persönlichen Begegnungen am Kuchenbuffet statt. Morgen wird er in kleinen Arbeitsgruppen im Hyatt fortgesetzt.

Autor: Matthias Baumann

Dienstag, 28. Januar 2020

Israels Präsident Reuven Rivlin trifft die Bundesregierung in Berlin

Die Freundschaft zu Frank-Walter Steinmeier täuscht ein wenig darüber hinweg, dass Reuven Rivlin dem Likud angehört. Derselben Partei wie Benjamin Netanjahu. Likud ist national, liberal und konservativ. Reuven Rivlin - auch Ruvi genannt - war 1939 in Jerusalem geboren worden und von dort nie weggekommen. Eine seltene Spezies analog echter in Berlin geborener Berliner.

Israels Präsident Reuven Rivlin BMVg #AKK Kramp-Karrenbauer Berlin
Israels Präsident, Reuven Rivlin, zu Besuch bei Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer#AKK im BMVg
Auch wenn das Mindset des Likud von politisch korrekten Kreisen in Deutschland abgelehnt und heftig kritisiert wird, wird doch Präsident Rivlin gerne in der Spitzenpolitik herumgereicht. Bereits in der letzten Woche war Frank-Walter Steinmeier nach Israel geflogen und hatte dort den Präsidenten getroffen. Die israelische Gesellschaft ist sehr divergent. Das beginnt bei der Orthodoxie in Schwarz mit großen Hüten, Löckchen und Quasten und geht bis zur schrillen LGBTQ-Szene. Es gibt einen Witz, den seine Erzähler für humorvoll halten: Zehn Israelis haben 20 Meinungen. Bei zwei Themen stehen Israelis jedoch zusammen: Sicherheit und Holocaust.

Holocaust ist kein Wort der Neuzeit. Bereits Hieronimus hatte das Wort um 400 benutzt, als er die Bibel ins Lateinische übersetzt hatte. In der Vulgata taucht das Wort immer im Zusammenhang mit den Opfervorschriften auf und bedeutet Brandopfer. Das hebräische Wort Shoah hingegen wird mit Katastrophe oder Untergang übersetzt und wird in der Bibel nur sieben Mal erwähnt. Davon zweimal in Psalm 35 Vers 8: "Möge ihn unversehens Unglück (Shoah) überfallen und das Netz, das er gestellt hat, ihn selber fangen, so dass er ins Verderben (Shoah) hineinfällt."

Israels Präsident Reuven Rivlin BMVg #AKK Kramp-Karrenbauer Berlin
Israels Präsident, Reuven Rivlin, zu Besuch bei Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer#AKK im BMVg - Teil der Brüstung und roter Foto-Teppich im Süd-Treppenhaus
Dass Frank-Walter Steinmeier vor einer Woche in Israel war, hängt mit dem 75. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz bei Krakau zusammen. Darüber hinaus hatte die Bundeswehr Überlebende von Konzentrationslagern nach Deutschland geflogen, weil in Essen eine Ausstellung mit deren Portraits eröffnet wurde. Gestern war der Bundespräsident zu einer Gedenkstunde in Auschwitz und hatte auf dem Rückflug seinen Amtskollegen Reuven Rivlin mit nach Berlin genommen. In der großen Regierungsmaschine saßen auch viele Holocaust-Überlebende.

Mark Wolynn verweist in seinem sehr lesenswerten Buch "Dieser Schmerz ist nicht meiner" auf die Bindung zwischen Tätern und Opfern und die genetische Übertragung traumatischer Erlebnisse bis in die dritte und vierte Generation. Auch wenn der Holocaust nicht das Thema des Buches ist, nennt der Autor doch verschiedene Beispiele von Nachkommen der Betroffenen. Seltsame psychische Verhaltensweisen lassen sich dort erst durch eine Reflexion der Erlebnisse ihrer Vorfahren auflösen und heilen.

Das Besuchspensum für den 80-Jährigen war auch heute sehr sportlich: Der Termin am Morgen im Schloss Bellevue wurde kurzfristig auf den Besuch einer Schule umdisponiert. Kurz vor zwölf dann ein Treffen mit Annegret Kramp-Karrenbauer und am Abend ein Besuch bei Angela Merkel.

Israels Präsident Reuven Rivlin BMVg #AKK Kramp-Karrenbauer Berlin
Israels Präsident, Reuven Rivlin, zu Besuch bei Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer#AKK im BMVg - Die Ministerin erklärt den roten Foto-Teppich im Süd-Treppenhaus.
"Oh, heute in Blau", bemerkte ein Journalist. AKK hatte sich in den Nationalfarben Israels gekleidet. Die Begrüßung Rivlins im Verteidigungsministerium war sehr herzlich. Sein Alter sah man ihm gar nicht an. Er wirkte agil und hatte die Situation im BMVg voll im Griff. Während sich die Ministerin hilfesuchend bezüglich des nächsten Programmpunktes umschaute, wusste Reuven Rivlin, wo es langgeht - zumindest erahnte er es, wies mit der Hand in die jeweilige Richtung und übernahm die Initiative.

Nach den Delegationsgesprächen wurde ihm der rote Teppich erklärt. Damit ist nicht der rote Fischgrätenmusterteppich gemeint, der bei Staatsbesuchen auf dem Ehrenhof liegt, sondern das in rot gehaltene Foto der 1945 zerbombten City von Berlin. Ein Knick zieht sich über das Foto und verstärkt damit die Dramatik. Das Foto - besser gesagt der aus dem Foto entstandene rote Teppich - liegt im südlichen Treppenhaus des BMVg. Dieses bekommen normalerweise nur VIPs und Mitarbeiter des Hauses zu sehen, denn das südliche Treppenhaus führt zu den Büros der Staatssekretäre, der Ministerin und des Generalinspekteurs.

Israels Präsident Reuven Rivlin BMVg #AKK Kramp-Karrenbauer Berlin
Israels Präsident, Reuven Rivlin, zu Besuch bei Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer#AKK im BMVg - roter Foto-Teppich mit der zerstörten City Berlins 1945 im Süd-Treppenhaus
Gerade im Sicherheitsbereich sind die deutsch-israelischen Beziehungen hervorragend. Das war auch bei er Begegnung mit 18 Soldaten der Bundeswehr zu erleben. Einige von ihnen schalteten von Englisch auf Ivrith (Neuhebräisch)  um und stellten sich in dieser Sprache vor. Der Präsident quittierte das mit "toda raba" (Danke sehr). Gerade bezüglich der Sicherheit ist Hebräisch eine sehr nützliche Sprache. Wird diese doch in Wort und Schrift nur von Israelis, Theologen und Bildungsexoten verwendet.

Videos:
Reuven Rivlin trifft nach dem Besuch von Auschwitz auf dem Flughafen Tegel ein
Reuven Rivlin bei Annegret Kramp-Karrenbauer

Autor: Matthias Baumann

Dienstag, 14. Januar 2020

US Defender Europe 2020 - Verlegung bei Nacht

US Defender Europe 2020 ist die größte Verlegeoperation der US-Streitkräfte zusammen mit einigen NATO-Partnern seit 25 Jahren. 37.000 Soldaten werden in Summe daran teilnehmen. Darunter eine Division mit 20.000 Soldaten aus den USA. In den nächsten Tagen werden die Schiffe aus Übersee in Bremerhaven erwartet. Zwischen Februar und April wird diese Großübung vermutlich auch den normalen Verkehrsteilnehmern auffallen. Geräte, Fahrzeuge und Truppen werden dann quer durch Deutschland transportiert.

#DefenderEurope US Defender Europe 2020 Schelleis Rohling
#DefenderEurope US Defender Europe 2020 - Generalleutnant Martin Schelleis (links) und Generalmajor Andrew M. Rohling bei der Auftakt-Pressekonferenz in der Julius-Leber-Kaserne
Sozialistische Propaganda hätte ihren Lieblingsbegriff der "Nacht- und Nebelaktion" strapaziert. Um das Alltagsleben in Deutschland nicht zu belasten, werden die Transporte nämlich vorrangig in der Nacht durchgeführt. Dabei rollen Kolonnen von etwa 20 Fahrzeugen über die Autobahnen. Auch die Gütersparte der Deutschen Bahn kommt zum Einsatz. Die Kapazitäten sind gebucht und sollen laut Generalleutnant Schelleis ausreichen. Bei plötzlichen oder noch größeren Verlegungen kommt die Bahn erwartungsgemäß an ihre Kapazitätsgrenzen.

Bei der heutigen Pressekonferenz informierten der Inspekteur der Streitkräftebasis, Generalleutnant (3 Sterne) Martin Schelleis, und der amerikanische Generalmajor (2 Sterne) Andrew M. Rohling über Zweck und Durchführung der Übung. Dass man sich von den Niederlanden und Deutschland aus über Polen ins Baltikum vorarbeitet sei rein zufällig und solle nicht explizit provozieren. Irgendwo müsse man das ja mal trainieren. Russland ist eingeladen, an sämtlichen presseöffentlichen Anlässen teilzunehmen.

General Rohling machte klar, dass US Defender auch als Statement der amerikanischen Streitkräfte für die verunsicherten NATO-Partner gedacht ist: Wir lassen euch nicht im Stich. Letzteres hatte Russland gehofft und über Social Media oder andere Kanäle antiamerikanische Befindlichkeiten in Europa genährt.

Das bei der ILÜ 2019 so anschaulich demonstrierte Host-Nation-Szenario kann nun in einem größeren Maßstab auf dem eigenen Territorium durchgeführt werden. General Schelleis wirkte entspannt und zuversichtlich, dass alles nach Plan laufen wird - abgesehen von Unwettern, die die Seefracht verzögern könnten. Deutschland und Polen stellen die Hauptgebiete der Übung dar. Die Kosten für die Aktion konnten weder von amerikanischer noch von deutscher Seite beziffert werden. Die Abrechnung erfolgt wohl hinterher.

Autor: Matthias Baumann

Sonntag, 5. Januar 2020

3 Gedenktafeln zum 75. Todestag von Julius Leber in der Julius-Leber-Kaserne enthüllt

Die Gäste hatten sich auf Outdoor eingestellt. Bei klirrender Kälte sollten am Tagungszentrum der Julius-Leber-Kaserne Gedenktafeln für Julius Leber enthüllt werden. Am 5. Januar 1945 lagen die Temperaturen in Berlin knapp unter dem Gefrierpunkt. Es war bewölkt. Kein Niederschlag. Das Wetter muss sich ähnlich angefühlt haben wie heute, als Julius Leber vor genau 75 Jahren zur Hinrichtung geführt wurde. Er starb im damaligen Gefängnis Berlin-Plötzensee.

3 Gedenktafeln zum 75. Todestag von Julius Leber in der Julius-Leber-Kaserne enthüllt
3 Gedenktafeln zum 75. Todestag von Julius Leber in der Julius-Leber-Kaserne mit einem Zitat von Julius Leber enthüllt: "Für eine gute und gerechte Sache ist der Einsatz des eigenen Lebens der angemessene Preis."
Plötzensee befindet sich nur etwa vier Kilometer entfernt von der Julius-Leber-Kaserne. Diese trägt seit 25 Jahren den Namen dieses mutigen Sozialdemokraten. Julius Leber nahm aktiv am Ersten Weltkrieg teil und wurde mehrfach verwundet. Er war Demokrat durch und durch. Seit 1924 saß er in der sozialdemokratischen Fraktion des Reichstags und befasste sich dort mit sicherheitspolitischen Themen. Er positionierte sich klar gegen den Kapp-Putsch. Kein Wunder also, dass er 1933 verhaftet und nach Sachsenhausen gebracht wurde. Überhaupt sehr clever, sämtliche Oppositionspolitiker zu verhaften und dann auf "demokratischem" Wege die Abstimmungen durchzuführen, die zur Abschaffung der Demokratie notwendig waren.

Julius Leber kam 1937 frei und machte in Berlin-Schöneberg einen Kohlehandel auf. Damit erwirtschaftete er seinen Lebensunterhalt und schuf eine geniale Tarnung für Treffen von Widerstandskämpfern. Julius Leber war der Überzeugung, dass die Diktatur nur durch Gewalt zu beseitigen sei. So war auch geplant, dass Julius Leber nach einem erfolgreichen Stauffenberg-Attentat als Reichskanzler oder Innenminister eingesetzt wird. Sein Eifer ließ ihn jedoch einen schwerwiegenden Fehler machen, dessen Wiederholung in der Sozialdemokratie wohl symptomatisch ist: Er ließ sich mit den Kommunisten ein. Diese waren mit Spitzeln durchsetzt, die eine Verhaftung von Julius Leber anregten. Stauffenberg sah sich dadurch zum Handeln gezwungen und ließ zwei Wochen später seine Aktentasche explodieren. Während Stauffenberg noch in derselben Nacht des 20. Juli 1944 erschossen wurde, machte man Julius Leber einen Schauprozess.

Am 5. Januar 1945 wurde Julius Leber hingerichtet. Die drei Gedenktafeln, die heute enthüllt wurden, sollen im Frühjahr auf dem Gelände der Kaserne einbetoniert werden. Momentan sei es zu kalt für solche Baumaßnahmen. In die dicken Stahlplatten ist ein Zitat von Julius Leber eingraviert: "Für eine gute und gerechte Sache ist der Einsatz des eigenen Lebens der angemessene Preis." Der Text ist so geschrieben, dass der Betrachter zunächst überlegt, ob er die getrennten Kolumnen oder die über die drei Tafeln verteilten Zeilen lesen soll. Die rechte Tafel zeigt die Schlüsselwörter: SACHE - LEBENS - PREIS und JULIUS LEBER.

Video:
Enthüllung von 3 Gedenktafeln zum 75. Jahrestag der Ermordung von Julius Leber

Autor: Matthias Baumann