Montag, 17. Juni 2019

Wilhelmshaven wird 150 Jahre alt und feiert das mit einem Großen Zapfenstreich

Wer hätte gedacht, dass eine so bekannte Stadt wie Wilhelmshaven erst 150 Jahre alt ist?

Die Planungen gehen auf das Jahr 1852 zurück, in dem Preußen mit dem Ausbau seiner Marine begann. Dazu wurde ein geeigneter Standort mit Nordseezugang gesucht und an der Stelle des heutigen Wilhelmshavens gefunden. Nach entsprechenden Verhandlungen und Vertragsschlüssen wurde fleißig gebaut und 1869 - also vor 150 Jahren - bekam der Ort den Namen Wilhelmshaven.

Wilhelmshaven 150 Jahre Großer Zapfenstreich
Großer Zapfenstreich zum 150-jährigen Jubiläum von Wilhelomshaven
Mit Wilhelm war König Wilhelm I. von Preußen gemeint. Dieser lebte von 1797 bis 1888 und wurde 1871 sogar zum Kaiser. Wilhelmshaven wurde konsequent ausgebaut. Immer mehr Soldaten und Zivilbeschäftigte siedelten sich an. Die Stadt beherbergte nicht nur einen Hafen, sondern auch Werftanlagen, die bemerkenswert große Schiffe produzieren konnten. Immer mehr der umliegenden Ortschaften wurden eingemeindet.

Während des Ersten Weltkrieges wurde Wilhelmshaven zur Festung erklärt. In dieser Zeit wurden hauptsächlich Reparaturen ausgeführt oder zivile Schiffe in militärische umgebaut. Wer die Seeschlachten nicht überlebte, wurde auf dem neuen Friedhof am Rüstringer Stadtpark beigesetzt. Ein infrastrukturell geschlossenes System. Am Ende des Ersten Weltkrieges wollte aber niemand mehr solch eine Grabstätte nutzen, so dass es 1918 zu Meutereien und der anschließenden Novemberrevolution kam.

Nach dem Ersten Weltkrieg musste Deutschland erhebliche Auflagen bezüglich seiner Rüstungsindustrie erfüllen. Das wirkte sich spürbar auf den Wirtschaftsstandort Wilhelmshaven aus. Abwanderung, Arbeitslosigkeit und politische Extreme kennzeichneten die Region. Der Aufschwung kam mit der erneuten Aufrüstung ab 1933. Dass Wilhelmshaven ein wichtiger Militärstandort ist, war auch den Alliierten bewusst. So wurde es bereits seit 1939 bombardiert und im Laufe des Zweiten Weltkriegs stark zerstört.

Wilhelmshaven 150 Jahre Großer Zapfenstreich
Großer Zapfenstreich zum 150-jährigen Jubiläum von Wilhelomshaven
Um wohl noch alte Rechnungen aus dem ersten Weltkrieg zu begleichen, sprengten die Briten nach 1945 weite Teile der Marineanlagen. Bereits 1956 begann der Aufbau der Bundesmarine und damit auch der Aufbau von Wilhelmshaven. 1968 wurde wieder ein deutscher Marinestützpunkt eröffnet.


Heute hat Wilhelmshaven knapp 80.000 Einwohner, die sich relativ gleichmäßig auf Männer und Frauen verteilen. Das Durchschnittsalter liegt bei 46 Jahren. Etwa 60% der Wilhelmshavener sind Singles. Letzteres könnte am Marinestandort liegen. Marine im Speziellen und Bundeswehr im Allgemeinen bringen naturgemäß erhebliche Entbehrungen beim Familienleben mit sich. Etwa 9.000 Soldaten und zivile Angestellte arbeiten am Bundeswehr-Standort Wilhelmshaven. Das sind über 10% der Einwohner.

Zur heutigen Übergabe einer Fregatte war sogar die Verteidigungsministerin angereist. Am Abend fand auf dem Rathausplatz ein Großer Zapfenstreich statt.

Video:
Großer Zapfenstreich anlässlich von 150 Jahren Wilhelmshaven

Autor: Matthias Baumann

Donnerstag, 13. Juni 2019

Albanische Verteidigungsministerin Olta Xhaçka zum Antrittsbesuch in Berlin

In brütender Mittagshitze erschien heute die albanische Verteidigungsministerin Olta Xhaçka zu ihrem Antrittsbesuch in Berlin. Olta Xhaçka ist 39 Jahre alt und seit fast zwei Jahren Verteidigungsministerin von Albanien. In den USA hatte sie Politikwissenschaften und verwandte Fächer studiert und war dann als Dozentin an der University of New York Tirana eingesetzt.

Albanische Verteidigungsministerin Olta Xhaçka zum Antrittsbesuch in Berlin
Albanische Verteidigungsministerin Olta Xhaçka zum Antrittsbesuch in Berlin - im Hintergrund links die deutsche Delegation und im Hintergrund rechts die albanische Delegation, dahinter eine Baustelle und das BMVg; im Vordergrund links Olta Xhaçka und rechts Ursula von der Leyen; dahinter in der Mitte der ehemalige Kampfhubschrauber-Kommandeur und jetzige Leiter Protokoll BMVg, Oberst Dr. Bauersachs
In einem Land mit 3 Millionen Einwohnern ist der Sprung an die Pole Positionen der Politik deutlich einfacher und schneller zu bewerkstelligen als in Deutschland. Mit 30 Jahren wurde Olta Xhaçka erstmalig ins albanische Parlament gewählt und machte offensichtlich einen so guten Job, dass sie auch in den Jahren 2013 und 2017 gewählt wurde. Im März 2017 wurde sie zunächst Ministerin für Jugend und Soziales, um im September 2017 in das Verteidigungsressort zu wechseln.

Albanien ist seit 2009 Mitglied der NATO, hat jedoch mit seinen 8.000 Soldaten eher interne Themen zu lösen. Der albanische Luftraum wird durch Italien und Griechenland geschützt. Altes sowjetisches Militärgerät ist weitestgehend verkauft. So wartet Albanien nun auf weitere Investitionen seitens der NATO. Das betrifft die Lieferung gebrauchter Schiffe und den Ausbau der Kucove-Luftwaffenbasis. Es gibt eine übersichtliche Waffenindustrie, die sich auf die Produktion von Kleinwaffen, Sprengstoff und Munition konzentriert.

Gegenstand der heutigen Gespräche zwischen den Amtskolleginnen wird insbesondere die Entwicklung des "Berliner Prozesses" sein. Dieser sieht eine Befriedung des Westbalkans vor. Als Konfliktpartei an der Seite des Kosovo spielt Albanien eine nicht ganz unbedeutende Rolle.

Video:
Militärische Ehren für Albaniens Verteidigungsministerin Olta Xhaçka

Autor: Matthias Baumann

Mittwoch, 12. Juni 2019

Militärbischof Sigurd Rink und die ethischen Grundlagen einer wehrhaften Demokratie

Die Nahkampftechnik Krav Maga lehrt, dass im Falle einer Selbstverteidigung sämtliche verfügbaren Alltagsgegenstände eingesetzt werden sollten. Bei ausgedehnten Spaziergängen über Pfingsten hatte ich ein handsigniertes Exemplar von "Können Kriege gerecht sein?" dabei. Das Buch ist nur bedingt für eine physische Konfrontation geeignet: Die 288 Seiten sind zwar in einen stabilen Einband gefasst. Dieser wird jedoch von einer Papierhülle umschlossen, die wegen ihrer Glätte bei einem Konterschlag durch die Hand rutschen würde. Eine derart barbarische Anwendung entspricht vermutlich auch nicht dem Zweck dieses vor wenigen Tagen bei Ullstein veröffentlichten Buches von Militärbischof Sigurd Rink.

Dennoch: In seiner Funktion als oberster evangelischer Militärseelsorger muss er sich ständig selbst verteidigen - gegenüber dem Klerus, vor Familienangehörigen, Freunden, Studenten, Gottesdienstbesuchern, Gemeindekirchenräten und Fundamentalpazifisten

Militärbischof Sigurd Rink Können Kriege gerecht sein?
Evangelischer Militärbischof Sigurd Rink - Vorstellung seines neuen Buches "Können Kriege gerecht sein?" - Vordergrund rechts: Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen; links: Sigurd Rink
Sigurd Rink sitzt zwischen vielen Stühlen. Als Externer beseelsorgt er die gesellschaftliche Parallelwelt Bundeswehr. Die Evangelische Militärseelsorge agiert außerhalb der Befehlsstrukturen als Teil der Evangelischen Kirche innerhalb der Truppe. Die Militärseelsorge hat keine Berichtspflicht und kann vertrauliche Informationen unter dem Siegel der Verschwiegenheit halten. Das wird von den Bundeswehrangehörigen sehr geschätzt und gerne genutzt. Die Militärseelsorge ist ein ziviler Rückzugsort für die Soldaten. Pardon, Rückzug gibt es ja bei der Bundeswehr gar nicht. Nennen wir es also einen zivilen Ort des Ausweichens.

Sigurd Rink nähert sich dem Themenkomplex Christ, Bundeswehr, staatliche Gewalt, gerechte Kriege von verschiedenen Seiten aus. Zunächst beschreibt er seine eigene Entwicklung inklusive der begleitenden Denkprozesse und Entscheidungsmomente. Er war Friedensaktivist und kam während des Völkermordes in Ruanda vor über 20 Jahren ins Grübeln über seine fundamentalpazifistische Einstellung.

Als nächstes wendet er sich bedeutenden Theologen von Augustinus bis Luther zu, die ebenfalls ihre Positionen zu Frieden, Krieg und Gewaltanwendung entwickeln mussten. In seinen Texten auch außerhalb dieses Buches zitiert Sigurd Rink oft die sogenannte Kriegsleuteschrift von Luther. Sein Amt hat diese kürzlich sogar neu verlegt.

Als den spannendsten Teil des Buches empfand ich das 3. Kapitel über ethische Herausforderungen bei den deutschen Militäreinsätzen. Die 145 Seiten sind ein Mix aus eigenem Erleben vor Ort und den politischen oder strategischen Hintergründen. Es werden sämtliche Auslandseinsätze der Bundeswehr thematisiert. Der Schreibstil ist flüssig, so dass der Leser gut folgen kann und sich anschließend gut informiert fühlt. Man könnte schon fast von autobiografischem Journalismus sprechen. Kriege stellen für den Theologen ein Versagen der Politik dar.

Im letzten Kapitel geht es um "Zukunftsfragen". Sigurd Rink überlegt, wie sich beispielsweise das Afghanistan-Dilemma auflösen ließe, wie die Bundeswehr stärker ins Bewusstsein der Gesellschaft rücken könnte, wie der Dienst der Soldaten die notwendige Wertschätzung bekäme und dass jeder gesellschaftliche Akteur ein gewisses Maß an Verantwortung trägt.

Ursula von der Leyen höchst persönlich hatte das Buch am 6. Juni 2019 im Tagungszentrum der Bundespressekonferenz vorgestellt. Sie arbeitet inzwischen fünf Jahre mit dem Evangelischen Militärbischof zusammen und schätzt ihn als einen "besonnenen Gesprächspartner", der offen mit Zweifeln umgehe. Sie habe das Buch mit großem Interesse gelesen. Als ihr Adjutant wegen des nächsten Termins drängelte, wäre sie lieber noch dabei geblieben, als Sigurd Rink von Evelyn Finger ("Die Zeit") interviewt wurde.

Bei diesem Interview sprach der Bischof vom massiven Gegenwind und lächelte dabei. Er habe wohl einen "Hang zu Grenzbereichen der Ethik". Er habe sich sogar schon einmal mit Geschäftsethik befasst, was ein gutes Übungsfeld beim Umgang mit der Anfeindung aus den eigenen Reihen war. Wie oben schon erwähnt, wird er jedoch bei der Truppe gerne gesehen. Ein halbes Jahr ist er an den Standorten unterwegs und ruft am ersten Abend immer einen Beer-Call aus. Beim Bier - nach Feierabend - trifft er die Soldaten und unterhält sich mit diesen in einer ungezwungenen Atmosphäre. Erst am zweiten Tag trifft er sich mit seinen Mitarbeitern vor Ort, den Militärseelsorgern. Sigurd Rink ist in Summe mehr an den Standorten unterwegs, als so manch ein Offizier.

Der Militärbischof empfindet den fehlenden Respekt gegenüber den Soldaten als "nicht fair". Bereits im Vorwort des Buches schreibt er, dass es ein besonderes Geschenk sei, "in einem derart komplexen und schwierigen Handlungsfeld von so viel kompetenten und zugleich warmherzigen Menschen umgeben zu sein." Diese Wertschätzung beruht auf Gegenseitigkeit. In den Kirchgemeinden sieht das anders aus. Gemeinderäte diskutieren darüber, ob man "so jemanden" überhaupt auf die Kanzel lassen könne. Darf er dann doch predigen, fallen die lieben "Geschwister" beim anschließenden Kirchenkaffee über ihn her. Solch ein Szenario wurde ihm auch familienintern avisiert. Er solle zum nächsten Treffen genügend Exemplare des Buches mitbringen.

Dennoch wirkt Sigurd Rink gelassen und ausgeglichen. Wie ein Fels steht er in der Brandung der Widersprecher aus den eigenen Reihen, der Friedensbewegung und der halbinformierten Gesellschaft. Sigurd Rink hat wohl seinen Weg und die passenden Weggefährten gefunden, um weiterhin seinen "Hang zu den Grenzbereichen der Ethik" auszuleben.

Autor: Matthias Baumann

Dienstag, 11. Juni 2019

Philippinen, Äthiopien und Finnland entsenden Botschafterinnen nach Berlin

Die heutige Botschafter-Akkreditierung im Schloss Bellevue wartete mit einer Frauenquote von 100% auf. Den Auftakt hätte eigentlich ein Mann machen sollen: Khalid Musa Dafalla Musa aus dem Sudan. Dieser hatte aber kurzfristig abgesagt. Die Reihenfolge der ab 10:30 Uhr im Halbstundentakt vor dem Schloss erschienenen Exzellenzen sah dann folgendermaßen aus:


Republik der Philippinen, Maria Theresa Dizon-de Vega
Demokratischen Bundesrepublik Äthiopien, Mulu Solomon Bezuneh
Finnland, Anne Sipiläinen


Nach vier Jahren wurde die bisherige philippinische Botschafterin abberufen und heute durch Maria Theresa Dizon-de Vega ersetzt. Die Philippinen haben 105 Millionen Einwohner, 142.350 Soldaten und 131.000 Reservisten. Die Philippinen sind von den chinesischen Aktivitäten im Südchinesischen Meer unmittelbar betroffen. Auf den Spratly Inseln hat China große Flugbasen, Häfen, Waffenstützpunkte, Beobachtungsstationen sowie Radaranlagen installiert und arbeitet damit auf das erklärte Ziel der Parteiführung hin, "2038 wieder Kriege zu gewinnen". Geografisch gesehen ist es sehr wahrscheinlich, dass die Philippinen eines der nächsten Angriffsziele Chinas werden.

Botschafterin akkreditiert Philippinen Maria Theresa Dizon-de Vega
Botschafterin der Republik der Philippinen, Maria Theresa Dizon-de Vega, beim Bundespräsidenten im Schloss Bellevue akkreditiert.
Ansonsten haben die Philippinos einige Besonderheiten. Sie legen sehr viel Wert auf Äußerlichkeiten wie Schönheit, Körperpflege und Gerüche. Autos werden auf den Philippinen mehr über den guten Geruch verkauft als über die Motorleistung. BMW und Mercedes haben dazu spezielle Einrichtungen in ihre Premiummodelle verbaut.

Botschafterin akkreditiert Philippinen Maria Theresa Dizon-de Vega
Botschafterin der Republik der Philippinen, Maria Theresa Dizon-de Vega, beim Bundespräsidenten im Schloss Bellevue akkreditiert - Flagge der Philippinen
Botschafterin Maria Theresa Dizon-de Vega bezeichnet sich selbst als "zufällige Diplomatin". Sie wollte das eigentlich gar nicht studieren, ließ sich aber von einer Bekannten ihrer Familie dazu überreden, ein diplomatisches Examen zu machen und rutschte praktisch in diesen Beruf hinein. Ihr Interesse für Geschichte, Kultur, Politik und Kunst halfen ihr dabei, schnell im vielseitigen Geschäft der Diplomatie Fuß zu fassen. Maria Theresa Dizon-de Vega war zuvor als Generalkonsul der Philippinen in New York tätig und hatte ihr Land davor in Hong Kong vertreten.

Botschafterin akkreditiert Äthiopien Mulu Solomon Bezuneh
Botschafterin der Demokratischen Bundesrepublik Äthiopien, Mulu Solomon Bezuneh, beim Bundespräsidenten im Schloss Bellevue akkreditiert.
Die nächste Botschafterin kam aus Äthiopien. Äthiopien hat eine lange gemeinsame Grenze mit dem Sudan und Südsudan. Äthiopien liegt auf deren Ostseite. Die Flagge ist durch die typischen afrikanischen Farben Rot, Gelb und Grün gekennzeichnet. Die Amtssprache ist Amharisch. Die Schriftzeichen ähneln dem Indischen oder Georgischen. Das Land hat 108 Millionen Einwohner und 138.000 Militärangehörige. Äthiopien gilt als eines der wichtigsten regionalen Partner in den diversen Friedensprozessen. Da viele Ausrüstungsgegenstände aus alten Sowjetbeständen stammen, hat Äthiopien einen Modernisierungsprozess begonnen und auf amerikanische Plattformen umgestellt. Inzwischen werden dort sogar leicht gepanzerte Fahrzeuge gebaut.

Botschafterin akkreditiert Äthiopien Mulu Solomon Bezuneh
Botschafterin der Demokratischen Bundesrepublik Äthiopien, Mulu Solomon Bezuneh, beim Bundespräsidenten im Schloss Bellevue akkreditiert - Flagge Äthiopiens
Botschafterin Mulu Solomon Bezuneh wird als Geschäftsfrau, Autorin und Beraterin bezeichnet. Ihre Themen sind Architektur, Umwelt und Stadtentwicklung. Heute konnte sie ihr Akkreditierungsschreiben im Schloss Bellevue abgeben. Da die Botschaft Äthiopiens in Lankwitz liegt, kann sie auf den Fahrten in die City regelmäßig über Sinn und Unsinn von Umweltmaßnahmen wie "Tempo 30 wegen Luftreinhaltung" oder städtebauliche Maßnahmen nachsinnen. Das rot-grüne Berlin kann sicher noch etwas vom rot-grün-gelben Äthiopien lernen.

Botschafterin akkreditiert Finnland Anne Sipiläinen
Botschafterin von Finnland, Anne Sipiläinen, beim Bundespräsidenten akkreditiert - v.l.n.r. Ehegatte der Botschafterin, Botschafterin Anne Sipiläinen, Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier
Zum Abschluss fuhr Anne Sipiläinen aus Finnland vor die Freitreppe des Schlosses. Im Vergleich zu den vorgenannten Staaten ist Finnland winzig. Zumindest was die Einwohnerzahl betrifft. Finnland hat 5 Millionen Einwohner und 21.500 Militärangehörige. Hinzu kommen 216.000 Reservisten. Die Reservisten werden regelmäßig trainiert und fühlen sich wie eine Home Guard für die Verteidigung ihrer Wohngegend zuständig. Die Altersgrenze beträgt 60 Jahre. Finnland hat in den letzten Jahren eine erhebliche Resilienz gegenüber den Angriffen Russlands aus der 5. Dimension, dem Cyber-Informationsraum (CIR), aufgebaut. Bereits seit 2013 beschäftigt sich Finnland intensiv mit diesem Thema und ist CIR-Vorreiter in der EU und der NATO. Das European Centre of Excellence for Countering Hybrid Threats wurde im April 2017 in Helsinki eröffnet.

Botschafterin akkreditiert Finnland Anne Sipiläinen
Botschafterin von Finnland, Anne Sipiläinen, beim Bundespräsidenten akkreditiert - Flagge von Finnland
Botschafterin Anne Sipiläinen ist schon lange im diplomatischen Geschäft. 1987 begann sie ihre Karriere im finnischen Außenministerium. In ihrem Ministerium war sie verantwortlich für politische Angelegenheiten, war Teil der EU-Delegation und fungierte als Botschafterin in Wien. Ihre Themen umfassen Handel, Politik, Entwicklung und Sicherheit, so dass sie eine geeignete Ansprechpartnerin für Fragen der Abwehr hybrider Angriffsszenarien werden könnte.

Video:
Akkreditierung von Botschafterinnen: Philippinen, Äthiopien und Finnland

Autor: Matthias Baumann

Samstag, 8. Juni 2019

MG5 soll bis 2022 das betagte MG3 ersetzen

Männer haben schon ein seltsames Gefühlsleben: Der Sound eines V8-Motors, das satte Klappen von Fahrzeugtüren, das Klacken der Stiefel des Wachbataillons oder das Dauerfeuer eines MG3 bringen Gänsehaut auf die Arme eines Mannes. Die Augen verdrehen sich genussvoll.

Interessant ist, dass das MG3 nicht nur Verzückung bei deutschen Nostalgikern hervorruft, sondern auch bei ehemaligen Alliierten: Russen, Amerikaner, Briten diskutieren über das MG3 und schauen mit Respekt auf dessen Vorgänger, das MG42, zurück. Das MG42 wurde im Zweiten Weltkrieg eingesetzt, war an diversen Kriegsverbrechen beteiligt und diente als Basis für das MG3 der Bundeswehr. Das MG3 nutzt allerdings kleinere Patronen von 7,62 x 51 mm und hat auch eine niedrigere Kadenz, wie die Anzahl der Schüsse pro Minute bezeichnet wird.

MG5 MG4 PzGrenBtl 212
MG5 (HK121) mit 7,62 x 51 mm Patronen - Das PzGrenBtl 212 trainiert den scharfen Schuss.
2013 fiel die Entscheidung, dass das MG3 quer durch die Bundeswehr durch das HK121 des deutschen Herstellers Heckler & Koch abgelöst wird. Das HK121 nummeriert die Bundeswehr selbst mit MG5 durch. Das MG5 ist ein in RAL 8000 lackiertes Maschinengewehr. RAL 8000 kann auch als Grünbraun bezeichnet werden. Laut Google werden damit wohl nur Waffen, Motorräder und Fahrzeuge lackiert. Eine geniale Farbe zum schnellen Wiederfinden des Autos auf urbanen Großparkplätzen. In Brandenburg, Mecklenburg Vorpommern, der Sahel-Zone und Afghanistan kann das MG5 ohne weitere Tarnung genutzt werden. Für Gebirgsjäger und andere Regionen der Welt ist RAL 8000 eher ungeeignet.

MG5 MG4 PzGrenBtl 212
MG4 (vorne) und MG5 (HK121) im direkten optischen Vergleich inklusive Munitionskästen mit 5,56 x 45 mm (MG4) und 7,62 x 51 mm (MG5)
Dafür gibt es das MG4 in Schwarz. Das MG4 schließt die Lücke zwischen G36 und MG5. Es schießt schneller und wirkungsvoller als das G36. Das G36 ist mit seinen etwa 3 kg extrem leicht. Das MG4 wiegt knapp 8 kg und ist damit leichter als das MG5 mit seinen 11,6 kg plus 2,6 kg für das Ersatzrohr. Ersatzrohre haben beide Maschinengewehre, da diese wegen der hohen Schussfrequenz regelmäßig gewechselt werden müssen. Wenn dann mal wieder ein Laie den Kommentar "G36 = Müll" in unseren Social-Media-Kanälen hinterlässt, bezieht er sich auf die Meinungsmache zum G36 nach dem Karfreitagsgefecht. Beim Karfreitagsgefecht hatte das Dauerfeuer mit G36 zu einer so hohen Erwärmung des Rohres geführt, dass sich das auf die Treffergenauigkeit ausgewirkt hatte. MG-ähnliches Dauerfeuer war jedoch bei der Konzeption des G36 gar nicht vorgesehen gewesen.

MG5 MG4 PzGrenBtl 212
Das PzGrenBtl 212 trainiert Ortskampf im scharfen Schuss mit G36. Das G36 hat die gleiche Munition wie das MG4 mit 5,56 x 45 mm.
Während das G36 ein Magazin mit 30 Schuss hat, kann das MG4 Gurte mit 200 Schuss aufnehmen und hintereinander verschießen. Rein theoretisch kann ein MG4 850 Schuss pro Minute abgeben, so nicht mehrfach nachgeladen werden müsste. Danach ist ohnehin ein Rohrwechsel fällig. Der geht deutlich einfacher als beim MG3. Beim MG3 musste der Schütze einen Lappen in die Hand nehmen, eine Seitenklappe öffnen, das heiße Rohr mit dem Lappen greifen und entnehmen. Dann wurde das Wechselrohr eingelegt, die Seitenklappe geschlossen und fertig. Bei MG4 und MG5 gibt es einen Griff, so dass der Lappen nicht mehr gebraucht wird. Verriegelung auf, Griff drehen, Rohr nach vorne wegziehen und Wechselrohr in umgekehrter Reihenfolge einsetzen. Das geht wesentlich schneller und entspricht höheren Arbeitsschutznormen. MG5 und MG4 entwickeln auch wesentlich weniger Rauch beim Schießen. Dadurch kann der Gegner den Schützen nicht so schnell lokalisieren.

MG5 MG4 PzGrenBtl 212
Direkter Vergleich der Munition von MG4 (unten; 5,56 x 45 mm) und MG5 (oben; 7,62 x 51 mm)
Das MG4 nutzt die gleiche Munition wie das G36, also den NATO-Standard 5,56 x 45 mm. Wegen des doch recht kleinen Durchmessers ist es im Nahbereich weniger wirkungsvoll als beispielsweise eine Pistole mit 9mm-Munition. Dafür wird eine Pistole nur auf 25 Meter eingesetzt, während G36, MG4 und MG5 eher für Entfernungen ab 300 Meter vorgesehen sind. Bis auf Gewicht, Farbe und Munition unterscheiden sich MG4 und MG5 kaum voneinander. Die Bedienung ist nahezu identisch. Das war auch bei der Konzeption so gewollt.

MG5 MG4 PzGrenBtl 212
Das PzGrenBtl 212 trainiert den scharfen Schuss - hier mit MG5 (hinten rechts), G36 (vorne rechts) und Granapistole AG40-1 (hinten links).
Da das MG5 auf die alten MG3-Lafetten montiert werden kann und auch die gleiche Munition nutzt, kann es bei Lieferung ohne weitere Umstände den Platz des vorherigen MG3 einnehmen. Über aktuelle Zahlen hält sich das Heer bedeckt. Im September 2018 waren laut augengeradeaus.de bereits 4.400 MG5 ausgeliefert. Ein Großteil der Maschinengewehre wird beim Heer und in der Streitkräftebasis eingesetzt. Auch das zur Streitkräftebasis gehörende Wachbataillon verfügt über MG5, hat aber auch noch MG3-Bestände. Bei einer Übung des Panzergrenadierbataillons 212 waren gar keine MG3 mehr zu sehen. Dort wurde mit den reichlich vorhandenen MG4 und MG5 trainiert.

MG5 MG4 PzGrenBtl 212
Das PzGrenBtl 212 trainiert den scharfen Schuss. MG3 sind nicht mehr dabei. Im Vordergrund ein MG4, dahinter eine Panzerfaust 3 mit blauer Übungsmunition (Gips-Füllung), dahinter ein G36 mit abgeklappter Schulterstütze und eine weitere Panzerfaust 3 mit Übungsmunition, ganz hinten im Bild ein MG5.
Laut einer Sprecherin des Heeres weisen viele der Bestands-MG3 belastungsbedingte Schäden auf, deren Instandsetzung nicht mehr lohnt. Das MG3 hatte zudem einen erheblichen Rückstoß in die Schulter des Schützen und war durch "unbeabsichtigte Schussabgabe" aufgefallen. Die letztgenannten Punkte sollten mit MG4 und MG5 behoben werden. Auf Kampfpanzer Leopard und Schützenpanzer Marder sollen die MG3 zwar noch weiter eingesetzt werden, aber ansonsten wird kontinuierlich umgestellt. Die 221 Schützenpanzer Puma sollen das kleinere MG4 in der Version MG4A3 bekommen. Die Umstellung auf MG5 soll 2022 abgeschlossen sein.

Videos:
MG3 im scharfen Schuss - Wachbataillon
MG4 und MG5 im scharfen Schuss - Panzergrenadierbataillon 212
MG4 und MG5 mit Erklärungen

Autor: Matthias Baumann

Mittwoch, 29. Mai 2019

Wachbataillon übt den scharfen Schuss mit der Granatmaschinenwaffe

Granaten sind nicht witzig. Wenn sie explodieren, wirken sie in einem Umkreis von 25 Metern und durchsieben alles, was da so an weichen Zielen herumsteht. In Krisenregionen werden Handgranaten in Häuser oder Autos geworfen, entsichert an Eingangstüren befestigt oder in Alltagsgegenstände eingebaut. Auf dem Übungsplatz in Hammelburg steht ein Haus, in dem interessierte Besucher für sämtliche Einbauvarianten selbst gebastelter Sprengsätze und Handgranaten sensibilisiert werden. Die Phantasie reicht von der gezielten Beseitigung eines Offiziers bis zum unsanften Abschluss einer Urlaubsreise im Bad des Hotelzimmers.

Handgranaten können für den Werfenden - so die genderkonforme Bezeichnung - selbst gefährlich werden. Das musste das 1. Garderegiment zu Fuß, also die Urahnen des Wachbataillons, schmerzlich erleben. Ihre dreieckigen Hüte kollidierten immer wieder mit dem Arm des Werfenden. Deshalb wurde den Grenadieren eine rot-weiße Zipfelmütze verpasst, die wegen der Optik noch mit einem Metallschild versehen wurde. Diese Kopfbedeckung störte beim Werfen der Granaten nicht mehr.

Wachbataillon Granatmaschinenwaffe GranMaschWa 40mm
Wachbataillon trainiert mit der Granatmaschinenwaffe 40mm: Der GranMaschWa-Trupp besteht aus (v.l.n.r.) Truppführer mit LEM (Fernglas), Richtschütze und Ladeschütze.
Irgendwann wurden Geräte entwickelt, die die Granaten über eine weite Distanz werfen können. Die Infanterie der Bundeswehr benutzt zwei dieser Gerätschaften: Granatpistole AG40 und die Granatmaschinenwaffe 40mm von Heckler & Koch. Beide Abschussgeräte nutzen 40mm-Munition. Die AG40 kann als Pistole verwendet oder unter das Sturmgewehr G36 montiert werden. Die Granatmaschinenwaffe - kurz GranMaschWa - kann nur in einer festen Stellung auf Dreibeinstativ genutzt werden. Der Rückschlag ist so stark, dass das Stativ entweder in einem Ballastsack mit 100 kg beschwert werden muss oder ein Stapel Sandsäcke zur Verhinderung des Wegrutschens hinter die Waffe gelegt wird.

Wachbataillon Granatmaschinenwaffe GranMaschWa 40mm
Wachbataillon trainiert mit der Granatmaschinenwaffe 40mm: Munitionsgurt
Die Munition sieht aus wie Deoroller. Die "Deoroller" sind ähnlich der Munition des MG3 mit schwarzen Metallgliedern verbunden und können wahlweise von rechts oder von links eingelegt werden. Klappe auf, "Deoroller" rein, Klappe zu, justieren und Einrichtungsschuss. Das Geräusch entspricht nicht ganz den Erwartungen. An der GranMaschWa klingt es recht unspektakulär, Es entfaltet sich erheblicher Rauch. An der Einschlagstelle erfolgt dann ein dumpfer Knall. Es gibt verschiedene Munitionsarten. Einmal die "Deoroller", die beim Aufschlagen auf das Ziel explodieren und Munition, die so justiert werden kann, dass sie erst hinter einem optisch ausgemachten Zielpunkt explodiert. Das wird beispielsweise im Häuserkampf eingesetzt, wenn erst eine Tür durchschlagen und dann gezündet werden soll. Gut, wenn man sich dann nicht gerade in diesem Raum aufhält.

Wachbataillon Granatmaschinenwaffe GranMaschWa 40mm
Wachbataillon trainiert mit der Granatmaschinenwaffe 40mm: Breitenfeuer und Treffer auf 500 Meter
Die Kompanien des Wachbataillons halten sich öfter auf Schießbahnen auf, als ihnen immer nachgesagt wird. Dort trainieren sie ihre infanteristischen Fähigkeiten, die bei militärischen Ehren im Kanzleramt oder Schloss Bellevue eher in den Hintergrund treten. Beim Protokolleinsatz zählen nur der korrekte Schritt, die gleichmäßige Drehung, der Sitz des Baretts und die Körperhaltung beim Warten auf den Staatsgast. Im Wald sieht das anders aus: Keine gebügelte Uniform, kein weißes Koppelzeug, kein alter Karabiner 98k, sondern moderne Waffen für die leichte Infanterie. Da das Wachbataillon für den Schutz des Regierungssitzes zuständig ist, trainiert es insbesondere den urbanen Kampf.

Video:
Wachbataillon trainiert mit der Granatmaschinenwaffe 40mm

Autor: Matthias Baumann

Dienstag, 28. Mai 2019

Milan in der freien Wildbahn

"Milan, gib dem Paul sofort die Schippe wieder", schallt es über den Buddelkasten der Kindertagesstätte. Milan ist ein slawischer Vorname, der mit "nett" im Sinne von "lieb" übersetzt werden kann. Es gibt dazu auch eine weibliche Variante: Milana. 2013 gelangte Milan erstmalig in die Top 100 der neu vergebenen Vornamen in Deutschland.

Wachbataillon MILAN
Wachbataillon trainiert den scharfen Schuss mit MILAN: Transport-LKWs und MILAN-Munition
Milan ist inzwischen auch ein Trendname im "wilden Kurdistan". 2014 wurden nämlich 600 Tonnen Fahrzeuge, Waffen, Munition und sonstige Gerätschaften zur Bekämpfung des IS nach Erbil geflogen. Darunter auch die Panzerabwehrwaffe MILAN. MILAN löste eines der größten Probleme mit dem IS. Der religiöse Hintergrund eines islamistischen Kämpfers ist nämlich der Tod im Dschihad und damit die garantierte Eintrittskarte ins muslimische Paradies. Das muslimische Paradies sieht gemäß Koran so aus, dass die dort Anwesenden mit Silbergeschirr bedient werden, auf grünen Brokatkissen liegen und die ganze Zeit nur einer Beschäftigung nachgehen: Zuschauen, wie die Ungläubigen in der Hölle schmoren. Jedenfalls scheint diese Aussicht attraktiv genug, einen normalen LKW oder Geländewagen mit Stahlplatten zu versehen, damit in ein Ziel mit Ungläubigen zu rasen und dabei die Sprengladung zu zünden.

Wachbataillon MILAN
Wachbataillon trainiert den scharfen Schuss mit MILAN: Zielentfernung etwa 1.000 Meter. Die Munitionskartusche wird in die Aufnahme rechts eingeklickt. Der Schütze beobachtet das Ziel durch die Optik auf der linken Seite. Ein Blech schützt den Soldaten vor einer Berührung mit dem Geschoss.
Mit herkömmlichen Waffen konnten diese behelfsmäßig gepanzerten Fahrzeuge nicht aufgehalten werden. MILAN sorgte für Abhilfe und dafür, dass beide Seiten ihr Ziel erreichen konnten: Der Nutzer der MILAN blieb am Leben und der Selbstmordattentäter starb - allerdings ein paar Sekunden früher als geplant.

Wachbataillon MILAN MIRA
Wachbataillon trainiert den scharfen Schuss mit MILAN: Oben wurde das Nachtsichtgerät MIRA aufgesetzt. Im Hintergrund ein Transportpanzer Fuchs, auf dessen Dach eine MILAN montiert werden kann. Die Montage dauert etwa eine halbe Minute und die Demontage maximal 20 Sekunden.
Vergleicht man MILAN mit einer Panzerfaust, fallen folgende Unterschiede auf: MILAN wird auf einem Dreibeingestell montiert und nicht mal eben über der Schulter abgefeuert. Das Geschoss ist ein Lenkflugkörper, der mithilfe eines Drahtes gesteuert werden kann. Der Draht wird anschließend dem Recyclingprozess zugeführt. MILAN hat eine auffällige Zieloptik und kann zusätzlich noch ein teures Nachtsichtgerät aufnehmen, das ziemlich viel Strom frisst. Deshalb sind immer mehrere Batterien dabei. Taucht ein gepanzertes Fahrzeug auf, kann es bis 2.000 Meter Entfernung bekämpft werden.

Wachbataillon Panzerfaust 3
Wachbataillon trainiert den scharfen Schuss mit Panzerfaust 3: Das Griffstück mit der Optik wird an das schwarze Rohr, den Anzündblock,  geklickt. Je nach Art des Ziels kann noch ein Abstandsrohr aus der Spitze der Panzerfaust gezogen werden. Dadurch detoniert die Hohlladung erst nach dem Durchschlagen einer Panzerung.
Die Panzerfaust hingegen wird über der Schulter abgeschossen und hat nur eine Reichweite von 400 Metern. Verfügt eine Einheit über MILAN und Panzerfaust 3, wird anhand des Lagebildes entschieden, welches der beiden Waffensysteme eingesetzt wird. Sind MILAN und Panzerfaust für eine Bekämpfung des Gegners sinnvoll, wird ein "Panzervernichtungstrupp" gebildet und nach vorne geschickt. Dieser besteht aus zwei Schützen und einem Truppführer. Trifft der erste Schütze nicht, steht der zweite Schütze bereit und feuert seine Panzerfaust auf dasselbe Ziel. MILAN kann in solchen Szenarien aus dem Hintergrund unterstützen.

Wachbataillon Panzerfaust 3
Wachbataillon trainiert den scharfen Schuss mit Panzerfaust 3: Schütze 1 verfehlt das Ziel.
Auch bei der MILAN gibt es für den Schützen keinen Rückstoß. Es darf nur eben niemand dahinter stehen, weil der Rückstoß so kompensiert wird, dass der Schütze zwar nichts merkt, aber hinter dem Abschussrohr eine ähnliche Wucht entfaltet wird wie davor.

Wachbataillon Panzerfaust 3
Wachbataillon trainiert den scharfen Schuss mit Panzerfaust 3: Schütze 2 übernimmt und trifft die Zielmitte.
MILAN ist übrigens eine Abkürzung. Diese steht für "Missile d'Infanterie léger antichar" und kann mit "leichte Panzerabwehr-Infanterie-Rakete" übersetzt werden. Das stromfressende Nachtsichtgerät heißt MIRA (MILAN Infrarotadapter). Apropos Fressen: Milan ist nicht nur ein Kindername, sondern auch ein mittelgroßer Greifvogel. Es ist dann schon eine Ironie des Schicksals, dass MILAN ausgerechnet mit einem Wolf transportiert wird und auf einen Fuchs montiert werden kann. Mit Wolf ist hier eine umgebaute Mercedes G-Klasse gemeint und mit Fuchs ein Transportpanzer.

Wachbataillon MILAN Wolf G-Klasse
Wachbataillon trainiert den scharfen Schuss mit MILAN: Mit Waffe, Munition und MIRA-Batterien ist im Wolf noch für drei Personen Platz.
MILAN wird bei der Bundeswehr mittelfristig durch das System MELLS abgelöst.

Videos:
MILAN - scharfer Schuss und Erklärungen
Panzerfaust 3 - scharfer Schuss und Erklärungen

Autor: Matthias Baumann

Montag, 27. Mai 2019

Costa Ricas Präsident Carlos Alvarado Quesada in Berlin empfangen

Der Leiter des Stabsmusikkorps freute sich schon in der letzten Woche auf den Antrittsbesuch des Präsidenten von Costa Rica. Oberstleutnant Kiauka mag die südamerikanischen Hymnen, die schon fast kleine Opern sind. Die Nationalhymne Costa Ricas wechsle jedoch nicht so oft das Tempo und sei dadurch etwas leichter zu interpretieren.

Costa Rica liegt in Zentralamerika zwischen Nikaragua und Panama. Damit stellt das Land die geografische Pufferzone zwischen den Kanal-Kontrahenten dar. Costa Rica hat knapp 5 Millionen Einwohner und keine reguläre Armee. Dafür aber 9.800 Paramilitärs. Das liegt daran, dass 1949 eine neue Verfassung eingeführt, das Frauenwahlrecht etabliert und das Militär abgeschafft wurde. Kein Wunder also, dass der Verteidigungshaushalt bei 0,75% des BIP liegt und Costa Rica auf Unterstützung angewiesen ist. Diese bekommt das Land vorrangig durch die USA, aber auch durch China. Letztere wollen ja derzeit überall ihren Fuß in der Tür haben.

Costa Rica Präsident Carlos Alvarado Quesada Antrittsbesuch Berlin
Costa Ricas Präsident Carlos Alvarado Quesada zum Antrittsbesuch in Berlin empfangen
Christoph Columbus höchst persönlich war 1502 an der Küste Costa Ricas gelandet. Er war dem Irrtum erlegen, Costa Rica habe reiche Bodenschätze. Deshalb gab er dem entdeckten Land den Namen Costa Rica = Reiche Küste. Die Spanier konnten sich bis 1821 als Kolonialmacht behaupten. Anschließend erhielt Costa Rica seine vermeintliche Unabhängigkeit, die ständig durch Abhängigkeiten gegenüber den USA, interne Diktaturen und Grenzkonflikte mit Panama geprägt war.

Carlos Alvarado Quesada ist 39 Jahre alt und setzt den Trend der jugendlichen Staatsoberhäupter fort. Er studierte in Costa Rica und Großbritannien und wurde bereits mit 36 Jahren Arbeitsminister. Im April 2018 gab es eine Stichwahl um das Präsidentenamt. Dabei konnte er sich durchsetzen und ist nun seit etwa einem Jahr Präsident. Heute absolvierte er im Schloss Bellevue seinen Antrittsbesuch bei Frank-Walter Steinmeier. Am Nachmittag wird er auch mit Angela Merkel zusammentreffen.

Die militärischen Ehren fanden heute zum zweiten Mal in Folge vor dem Schloss Bellevue statt. Diesmal habe es nicht an Gartenarbeiten hinter dem Schloss gelegen, sondern am Wunsch des Bundespräsidenten nach mehr Volksnähe.

Video:
Militärische Ehren zum Antrittsbesuch von Costa Ricas Präsident Carlos Alvarado Quesada

Autor: Matthias Baumann

Donnerstag, 23. Mai 2019

Schrippenfest 2019: 200 Jahre Infanterie-Lehrbataillon und 199 Jahre Schrippenfest

1819 wurde das Infanterie-Lehrbataillon in Potsdam gegründet. Dieses war dem 1. Garderegiment zu Fuß unterstellt und damit ein Urahne des heutigen Wachbataillons. Schon ein Jahr später, also 1820 -  wurde das Schrippenfest ins Leben gerufen. Es sollte die Gemeinschaft der Soldaten untereinander fördern. Auch der König, Promis, Familienmitglieder und externe Unterstützer waren dabei. Damals gab es Milchreis, saure Gurken, Sauerbraten, Kartoffeln und weiße Brote in Form von Schrippen. Bald wurde dem Anlass die Bezeichnung Schrippenfest verpasst. Dieser regional gefärbte Name ist bis heute erhalten geblieben.

Heute fand das 199. Schrippenfest statt. In den vergangenen Jahren war sehr viel Aufwand zur Unterhaltung der Familien betrieben worden. In diesem Jahr ging es eher um ein internes sich selbst feiern. Alles spielte sich auf einem kleinen Areal ab. Biertischgarnituren waren aufgebaut, Versorgungszelte, eine Bühne, ein Salutgeschütz, eine Passfotobox und ein LKW. Wohin das Auge blickte: Grün.

200 Jahre Infanterie-Lehrbataillon und 199 Jahre Schrippenfest
200 Jahre Infanterie-Lehrbataillon und 199 Jahre Schrippenfest - Bommel auf der Grenadiersmütze, im Hintergrund der Möllendorff-Degen (Archiv-Foto aus September 2018)
Den Kommandeur hätte ich fast gar nicht erkannt: Flecktarn ohne Mütze. Auch der Leiter des Stabsmusikkorps und sein Stellvertreter waren in Flecktarn erschienen - ohne Kopfbedeckung. Der S3-Hauptmann war lediglich an Dienstgrad, Namensschild und den Schwingen auf dem Schulterstück zu erkennen. Bisher schien er mit seiner blauen Luftwaffenuniform verwoben zu sein. Auch Brigadegeneral Henne, der für den Standort Berlin/Brandenburg zuständig ist, war in Flecktarn erschienen. Die wenigen Zivilisten fielen auf - fast schon wie Fremdkörper in einem abgetarnten Naturszenario.

In den fünf Stunden meiner Anwesenheit war eine hervorragende Stimmung zu erleben. Kompanien traten gegeneinander an beim LKW-Ziehen. Sieger eines Sportfestes wurden geehrt, Beförderungen vorgenommen und Orden sowie durchnummerierte Ehrennadeln verteilt. Besondere Freude muss wohl die Beförderung bereitet haben. Mit Schmackes wurden dabei die Schulterstücke aufgerissen, die alten Dienstgradabzeichen abgezogen und die neuen aufgesteckt.

Ständig schallte ein "Stü" durch die Lautsprecher. Das war das Signal für die Soldaten - egal wo sie sich gerade befanden - Haltung anzunehmen und die Hände an die Hosennaht zu pressen. Es folgte die jeweilige Ehrung und anschließend ein "Rü!" durch die Lautsprecher. Fast so wie im Dornröschen-Schloss nach dem finalen Kuss, löste sich nach dem "Rü!" das Standbild wieder in Bewegtbild auf. Allein die angereisten Gardesoldaten der Prager Burg kamen mit dem deutschen Befehlswortschatz nicht sofort zurecht und mussten entsprechend eingewiesen werden. Anschließend klappte es auch bei Ihnen. Zivilisten durften sich in dieser Zeit bewegen und Richtung Zapfhahn des Bieres "verlegen". Es hätte sonst zu große Lücken in der Schlange gegeben.

Nach diesem Programmteil trug der S3-Hauptmann ein großes silbernes Kreuz an der Brust. Er hatte die Zeremonie unbeschadet überlebt. Die Stimmung war wirklich gut. Es gab Steaks und Würstchen, Wiedersehen alter Kameraden und jede Menge guter Gespräche. Auch das Protokoll des BMVg war bei seinem Hauptauftragnehmer in der Julius-Leber-Kaserne erschienen - in Flecktarn natürlich.

Autor: Matthias Baumann

Montag, 20. Mai 2019

Green Griffin 2019 trainiert den Bündnisfall und alle Hubschrauber fliegen

Seit dem Gelöbnis in Seedorf bin ich für den Griffin sensibilisiert. Griffin ist das englische Wort für den Greif. Der ignorante Stadtbewohner geht davon aus, dass Greif ein real existierender Raubvogel sei. Weit gefehlt: Der Greif ist ein Fabelwesen, das normalerweise aus dem Grundkörper einer großen Raubkatze besteht, mindestens zwei Flügel hat und den Kopf eines Adlers.

Green Griffin 2019 AH 64 D Apache
Green Griffin 2019 - AH 64 D Apache
Das Barettabzeichen der Fallschirmjäger erinnert an den Griffin im Sturzflug. Bei genauem Hinschauen erkennt man jedoch einen Adler ohne Raubkatzenkörper. Ein solches Barett trägt der Verbindungsoffizier des BMVg beim Bundespräsidenten. Oberst Hoppe war der erste Kommandeur des Fallschirmjägerregimentes 31 in Seedorf. So schließt sich der Kreis. Oberstleutnant Beinke, der aktuelle Kommandeur des Wachbataillons, ist ausgebildeter Fallschirmjäger und absolviert regelmäßig seine Pflichtstunden zum Erhalt der Lizenz. Oberst Dr. Bauersachs, der Leiter Protokoll BMVg, ist Kampfhubschrauberpilot. Inzwischen lässt sich schon fast von einem Luftunterstützungstrupp an den Schaltstellen des Protokolls reden.

Green Griffin 2019 TIGER
Green Griffin 2019 - TIGER
Green Griffin - übersetzt Grüner Greif - ist die Bezeichnung einer groß angelegten Übung unter Federführung der DSK: Division Schnelle Kräfte. An dieser Übung nehmen etwa 2.500 Soldaten aus Deutschland und den Niederlanden teil. Die militärischen Beziehungen zu den Niederlanden sind schon so gut, dass es eine partielle Integration von Truppen gibt. Integration heißt, dass die multinationalen Befehlsstrukturen ineinander verzahnt sind. So ist die niederländische 11 Luchtmobile Brigade der DSK unterstellt. Die DSK gilt als eine der am besten ausgebildeten Verbände des Heeres und besteht aus etwa 10.000 deutschen und 2.300 niederländischen Soldaten.

Die Liste der Übungsteilnehmer ist lang und reicht vom Deutschen Roten Kreuz bis zur 10. Panzerdivision und der Luftlandebrigade 1. Vom 6. bis zum 24. Mai 2019 trainieren diese Einheiten sämtliche Szenarien, die zu ihrem Aufgabenbereich gehören: militärische Evakuierungsoperationen, Anfangsoperationen wie Einnahme und Sicherung von Brückenköpfen oder luftbewegliche Operationen. Im Gegensatz zu reinen Luftoperationen, wie sie die Luftwaffe durchführt, bedeutet "luftbeweglich", dass typische Bodenkämpfer über den Luftweg von A nach B bewegt werden. Deshalb sind Fallschirmjäger immer noch Jäger, also Kräfte, die mit relativ leichten Waffen am Boden kämpfen.

Green Griffin 2019 CH 47 Chinook F
Green Griffin 2019 - Zwei CH 47 Chinook F setzen Truppen ab
Artikel 5 des NATO-Vertrages beschreibt den Bündnisfall. Wenn demnach eines der NATO-Mitglieder mit Waffengewalt angegriffen wird, betrifft das alle NATO-Mitglieder, die dann ihrem Ausmaß entsprechend zu Hilfe eilen. Je öfter NATO-Partner gemeinsam trainieren, umso reibungsloser können sie dann auch in solch einem Bündnisfall agieren.

Green Griffin 2019 CH 47 Chinook F Wiesel
Green Griffin 2019 - CH 47 Chinook F setzt Truppen und einen untergehängten Waffenträger Wiesel ab.
Bei Trident Juncture 2018 in Norwegen war beispielsweise festgestellt worden, dass die Verladung deutscher Gerätschaften in amerikanische Hubschrauber suboptimal lief. Das wurde sofort ausgewertet, eine Lösung gefunden, die Abläufe angepasst und am nächsten Tag schon erfolgreich praktiziert. Bei Green Griffin zeigte sich, dass die Holländer in ihren Denkstrukturen den Deutschen sehr ähnlich sind. Man spiele sich zurzeit auf einen einheitlichen Umgang mit den Vorschriften und Genehmigungsabläufen der beiden Länder ein. Die Kommunikation laufe auf Englisch und die praktische Bedeutung der Begriffe sei weitestgehend geklärt.

Green Griffin 2019 Wiesel
Green Griffin 2019 - Platz da! Für meinen Matz da! Per CH 47 Chinook F abgesetzter Waffenträger Wiesel bahnt sich den Weg in die nächste Ortschaft.
Green Griffin ist eine freilaufende Übung. Der Städter denkt bei freilaufend sofort an den Kauf von Eiern im Supermarkt. Freilaufend klingt human und ökologisch verantwortungsbewusst. Am Standort Bad Bodenteich konnte nicht nur die Übung situativ frei laufen. Es wurde auch sehr human mit der Landbevölkerung umgegangen. Jeder Anwohner, der eine Warnweste im Auto hatte, zog diese an und mischte sich unter die Pressevertreter. Unentwegt waren Gelbwesten im Bild: Männer, Frauen, Kinder, Radfahrer - mit und ohne Kameras. Mittendrin die freilaufenden Soldaten, die sich mit Übungsmunition den Weg freikämpften und gelegentlich von den Schiedsrichtern darauf hingewiesen wurden, dass sie bereits mehrfach getroffen und nun wirklich "ausgefallen" seien.

Apropos "ausgefallen": Keiner der etwa 25 Hubschrauber sei in den zwei Wochen der Übung ausgefallen. Es waren TIGER aus Fritzlar, NH 90 aus Fassberg und Niederstetten sowie AH 64 D Apache und CH 47 Chinook F aus den Niederlanden dabei. Einige der Hubschrauber unterstehen der niederländischen Luftwaffe, haben aber ein prioritives Zugriffsrecht durch die Division Schnelle Kräfte (DSK).

Green Griffin 2019 Gefechtsstand
Green Griffin 2019 - Vom mobilen Gefechtsstand aus wird die gesamte Operation koordiniert.
Vom Hauptgefechtsstand aus wird entschieden, wie viele Wellen geflogen werden und welche Truppen oder Geräte in diese Wellen integriert werden. Die erste Welle setzt in der Regel Mannschaften ab und danach folgt Unterstützungsmaterial. Dabei ist auch die Verfügbarkeit der Transporthubschrauber Chinook und NH 90 zu bedenken, die entweder gepanzerte Fahrzeuge oder größere Truppenverbände am Ziel abliefern können. Jede dieser luftbeweglichen Aktionen wird durch Kampfhubschrauber Apache oder TIGER beaufsichtigt und an den Flanken geschützt. Durch eine Spezialoptik über den Rotorblättern ist es dem TIGER sogar möglich, hinter einer Baumgruppe abzutauchen und trotzdem das Geschehen zu beobachten..

Video:
Green Griffin 2019 mit Fallschirmjägern, Apache, Tiger und Chinook

Autor: Matthias Baumann

Dienstag, 14. Mai 2019

Norwegens Verteidigungsminister Frank Bakke-Jensen zum Antrittsbesuch im Bendlerblock empfangen

Vor mehr als fünf Jahren wurde Ine Marie Eriksen Søreide mit militärischen Ehren im Bendlerblock empfangen. Die Begrüßung der beiden Ministerinnen war überaus herzlich. Im Februar saß Frau Søreide auf der Bühne der Münchner Sicherheitskonferenz und diskutierte über die sicherheitspolitischen Folgen der Klimaerwärmung. Zu dem Zeitpunkt war sie bereits Außenministerin Norwegens. Der Wechsel hatte im Oktober 2017 stattgefunden. Ihr Nachfolger heißt Frank Bakke-Jensen.

Norwegen Verteidigungsminister Frank Bakke-Jensen Antrittsbesuch BMVg Bendlerblock
Norwegens Verteidigungsminister Frank Bakke-Jensen zum Antrittsbesuch im Bendlerblock empfangen - links im Bild die deutsche Delegation
Heute Nachmittag wurde Frank Bakke-Jensen endlich mit militärischen Ehren im BMVg empfangen. Dabei haben Deutschland und Norwegen ein überaus gutes Verhältnis zueinander. Das zeigte auch die NATO-Übung Trident Juncture 2018. Die norwegische Bevölkerung war der Übung und den Beteiligten gegenüber sehr aufgeschlossen und unterstützte das Manöver, wo es nur ging. Aber auch Deutsche haben eine starke Affinität für Norwegen. So läuft auf winterlichen deutschen Straßen gefühlt jeder Dritte mit einer Jacke herum, auf die die norwegische Flagge aufgenäht ist.

Mit dem Zweiten Weltkrieg hatte sich das Verhältnis der Norweger zu Deutschland stark abgekühlt und bis Ende der 1980er Jahre herrschte Misstrauen in die deutsche Nachkriegsentwicklung. Der Durchbruch bei den Beziehungen zu Norwegen gelang mit der Wiedervereinigung Deutschlands. Norwegen sah die demokratische Entwicklung und entschied sich zur bewussten "Pflege" einer neuen Freundschaft. So ist Deutschland inzwischen der zweitwichtigste Handelspartner Norwegens - nach Großbritannien. Der Brexit könnte hier noch für eine Verschiebung sorgen.

Norwegen hat 5,3 Millionen Einwohner, 23.250 aktive Militärangehörige und 40.000 Reservisten. Die Reservisten nennen sich Home Guard und können je nach Ausbildung und Zweck innerhalb weniger Stunden aktiviert werden. Die norwegischen Soldaten gelten als gut ausgestattet und trainiert. Sie sind auf Operationen in kleinen Trupps spezialisiert. Norwegen baut zurzeit seine Luftwaffe und die U-Bootflotte aus. Das Land setzt auf amerikanische F35 und wird entsprechend stark im Bereich der Luftwaffe von den USA unterstützt. Das U-Bootprogramm ist Teil einer strategischen Partnerschaft mit Deutschland. Beide Länder planen die Anschaffung mehrerer U-Boote vom Typ U212.

Norwegen Verteidigungsminister Frank Bakke-Jensen Antrittsbesuch BMVg Bendlerblock
Norwegens Verteidigungsminister Frank Bakke-Jensen zum Antrittsbesuch im Bendlerblock empfangen
Im Bereich CIR (Cyber-Informationsraum) ist Norwegen schon sehr weit. Bereits 2012 wurden Richtlinien zum Umgang mit Cyber-Attacken aufgestellt und konsequent in die Praxis umgesetzt. Dazu gehören die Früherkennung möglicher Angriffsszenarien und der Schutz sämtlicher Infrastrukturen vom Servernetzwerk, über militärische Netze, bis zur Mobilfunkkommunikation. Das Mobilfunknetz ist deutlich besser ausgebaut als in Deutschland. Selbst von der entlegensten norwegischen Waldlichtung aus können Fotos per WhatsApp an die Freunde in Deutschland gesendet werden.

Verteidigungsminister Frank Bakke-Jensen ist 54 Jahre alt und wurde im hohen Norden Norwegens geboren. Der gelernte Schiffselektriker absolvierte mit 25 Jahren seinen Wehrdienst und kam dadurch auch in den Libanon. Danach studierte er Theologie, sattelte danach in die Tourismusbranche um und übernahm sogar ein Reisebüro. Seine politische Karriere begann 1999 in der Gemeindevertretung seines Geburtsortes. Schon zehn Jahre später fungierte er als stellvertretender Vorsitzender seiner konservativen Partei Høyre. 2009 wurde er erstmalig in das norwegische Parlament gewählt. 2016 wurde er dort als Minister für die EU-Zusammenarbeit eingesetzt und 2017 zum Verteidigungsminister berufen.

Video:
Militärische Ehren für Norwegens Verteidigungsminister Frank Bakke-Jensen

Autor: Matthias Baumann

Sonntag, 12. Mai 2019

70 Jahre Luftbrücke Berlin - Empfang und Serenade im Alliierten Museum in der Clayallee

Hätten die westlichen Alliierten nicht darauf bestanden, einen Teil von Berlin zu verwalten, hätte es keine Blockade von West-Berlin gegeben. Hätte es keine Blockade von West-Berlin gegeben, hätte auch die Luftbrücke nicht etabliert werden müssen. Hätte es keine Luftbrücke gegeben, wäre West-Berlin mit seinen 2 Millionen Einwohnern ausgehungert und in die russische Besatzungszone eingemeindet worden. Wäre das passiert, wäre keine Mauer um West-Berlin errichtet worden.

70 Jahre Luftbrücke Berlin Empfang Serenade Alliierten Museum Clayallee
70 Jahre Luftbrücke Berlin - Empfang und Serenade im Alliierten Museum in der Clayallee: (v.l.n.r.) General John William Nicholson Jr., Oberst Gail Halvorsen, Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen
Wäre, hätte, könnte: West-Berlin war ein Stachel im Fleisch des Ostblocks. West-Berlin war das Zünglein an der Waage des Kalten Krieges. Ein cleverer Schachzug der westlichen Alliierten. West-Berlin musste unter allen Umständen gehalten werden. So war der humanitäre Akt der Luftbrücke wohl in erster Linie ein politisch motivierter Akt des Kräftemessens zwischen Sozialismus und Kapitalismus, zwischen Ost und West. Eine Umsetzung des alten Prinzips: Sieg ohne Kampf. Ein Sieg, der durch Beharrlichkeit, logistische Exzellenz und hohe Motivation erzielt werden konnte.

Die bei der Luftbrücke eingesetzten Rosinenbomber wären als normale Bomber gar nicht geeignet gewesen. Es waren Transportflugzeuge des Typs Douglas C-54 Skymaster, die für Langstreckenflüge mit knapp 50 Passagieren konzipiert waren. Die Rosinenbomber transportierten hauptsächlich Lebensmittel und Brennmaterial für den frostigen Winter 1948/1949 nach Berlin.

Gerne werden US-Amerikaner, Briten und Franzosen als Helden der Luftbrücke gefeiert. Dabei waren die Franzosen kaum daran beteiligt, da sie sich im Indochinakrieg die Zähne an Vietnam ausbeißen wollten. So wurde die französische Abwesenheit durch Piloten aus Australien, Neuseeland, Kanada und Südafrika kompensiert. Auch diese flogen überladen und hatten entsprechende Verluste zu beklagen.

70 Jahre Luftbrücke Berlin Empfang Serenade Alliierten Museum Clayallee
70 Jahre Luftbrücke Berlin - Empfang und Serenade im Alliierten Museum in der Clayallee: US-Botschafter Richard Grenell und Oberst Gail Halvorsen (rechts)
Einer der Piloten hatte die Idee, den winkenden Kindern am Boden schon vor der Landung ein paar Süßigkeiten zukommen zu lassen. Dazu befestigte er Schokolade an Taschentüchern und warf diese wie Fallschirme aus dem Flugzeug ab. Das sprach sich schnell herum und wurde bald von vielen der Piloten praktiziert. Die Aktion bekam sogar einen Namen: Operation Little Vittles.

Der Initiator dieser Operation war Gail Halvorsen. Gail Halvorsen ist 98 Jahre alt. Als er gestern mit seinem Rollator das Festzelt am Alliierten Museum betrat, gab es stürmischen Applaus. Sofort war er von älteren Damen, Offizieren und Botschaftern umringt. Unentwegt wurde seine Hand geschüttelt und Selfies mit dem prominenten Ami aufgenommen.

70 Jahre Luftbrücke Berlin Empfang Serenade Alliierten Museum Clayallee
70 Jahre Luftbrücke Berlin - Empfang und Serenade im Alliierten Museum in der Clayallee: Britischer Botschafter Sebastian Wood (links), US-Botschafter Richard Grenell (Hintergrund Mitte), britischer Luftwaffen-Attaché Oberst Mark Heffron (rechts)
Einen bemerkenswert stürmischen Applaus gab es auch beim Erscheinen der Ministerin. Sie hielt eine leidenschaftliche Rede zur gelungenen Überwindung des Kommunismus, zur Demokratie in Europa und zum transatlantischen Bündnis. Dann schaltete sie auf Englisch um und stellte den amerikanischen 4-Sterne General John William Nicholson Jr. vor. General Nicholson befindet sich zwar schon im Ruhestand, hatte aber gestern noch einmal seine Uniform angezogen. Ursula von der Leyen beendete ihre Rede mit der "Aushändigung des Großen Verdienstkreuzes mit Stern des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland" an John William Nicholson Jr.

John William Nicholson Jr. war acht Jahre nach Ende der Blockade Berlins im schönen Baltimore, Maryland, geboren worden. Im Gegensatz zu deutschen Generalen mit ihren weit über 40 Dienstjahren, könnte sich John W. Nicholson innerhalb von 36 Jahren auf die 4-Sterne-Position vorarbeiten und dann in den Ruhestand gehen. Die letzten zwei Dienstjahre war er Befehlshaber der Mission Resolute Support in Afghanistan.

70 Jahre Luftbrücke Berlin Empfang Serenade Alliierten Museum Clayallee
70 Jahre Luftbrücke Berlin - Empfang und Serenade im Alliierten Museum in der Clayallee: Perlenkette zwischen Empfangszelt und Tribüne
Nachdem der Stern des Verdienstordens angesteckt war, gab es einen Empfang. Dieser konnte auch zur Besichtigung des Alliierten Museums genutzt werden. Etwa eine Stunde später signalisierte die Aufstellung der Perlenkette den Beginn der Serenade. Die Perlenkette hat in diesem Falle nichts mit dem Schmuck der anwesenden Damen zu tun, sondern ist die Bezeichnung für Fackelträger des Wachbataillons, die den Weg vom Empfang zur Tribüne markieren. Das rote Podest für die Prominenz war diesmal sehr breit. Immerhin musste es Platz für Ursula von der Leyen, Vizeadmiral Rühle, den Regierenden Bürgermeister und die Botschafter der USA, Großbritanniens und Frankreichs bieten. Es wurden folgende Musikstücke gespielt:

Le Caid - Eduard Michel
Colonel Bogy March - Kenneth J. Alford
Chattanooga Choo-Choo - Arrangement Glenn Miller
Berliner Luft - Paul Lincke
Nationalhymne - Joseph Haydn

Danach war der gesellige Abend zu Ende. Heute um elf war das Wachbataillon schon wieder im Einsatz. Diesmal am Flughafen Tempelhof. Bereits am Dienstag hatten Prinz Charles und Camilla Parker Bowles mehrere Stationen in Berlin absolviert. Darunter auch den Platz der Luftbrücke.

Heute vor 70 Jahren war die Blockade West-Berlins beendet worden. Die Luftbrücke wurde jedoch noch bis zum 30. September 1949 fortgesetzt.

Videos:
Serenade und Empfang zum 70. Jahrestag der Luftbrücke im Alliierten Museum
Prinz Charles am 07.05.2019 beim Bundespräsidenten im Schloss Bellevue

Autor: Matthias Baumann