Nach einer langen Nacht der Koalitionsverhandlungen empfing
Bundeskanzler Friedrich Merz heute Vormittag den Ministerpräsidenten der Republik
Slowenien, Robert Golob, mit militärischen Ehren.
Robert Golob ist Vorsitzender der Partei Gibanje Svoboda (Freiheitsbewegung),
die einen politischen Mix aus grün-liberal und sozial-liberal fährt. Robert
Golob hat Elektrotechnik studiert und auf diesem Gebiet promoviert.
Folgerichtig war er dann auch Staatssekretär am slowenischen
Wirtschaftsministerium. Seit 2022 ist er Ministerpräsident seines Landes.
Slowenien hat etwa zwei Millionen Einwohner und eine stark
alternde Bevölkerung. Seit 2004 ist Slowenien Mitglied der NATO und der EU. Es
fiel auch vor dem Zusammenbruch Jugoslawiens durch seinen westlichen Kurs auf.
Beim Besuch in Berlin ging es um die üblichen Themen: Russland
und Ukraine, bilaterale Beziehungen und die Wettbewerbsfähigkeit der
Europäischen Union.
Heute absolvierte der Ministerpräsident der Republik Estland,
Kristen Michal, seinen Antrittsbesuch in Berlin und wurde im Bundeskanzleramt
von Friedrich Merz mit militärischen Ehren begrüßt.
Kristen Michal hatte im Juli 2024 das Amt übernommen,
nachdem seine Vorgängerin Kaja Kallas als Außenbeauftragte zur EU nach Brüssel
gegangen war. Er gehört der liberalen Reformpartei Estlands an. Sein Lebenslauf
liest sich wie der eines typischen Berufspolitikers, der es gerade mal zum
Bachelor in Rechtswissenschaften geschafft hat. Mit 35 Jahren wurde er bereits Justizminister.
Dann war er kurzzeitig Minister für Wirtschaft und nach einer längeren Pause noch
Klimaminister unter Kaja Kallas.
Estland hat etwa 1,2 Millionen Einwohner und ein
Bruttoinlandsprodukt von 45,3 Milliarden USD. Estland gilt als Vorzeigeland bei
der Digitalisierung der Verwaltung und wurde vor etwa zehn Jahren, als die
Begriffe „Industrie 4.0“ und „Disruption“ noch in Mode waren, regelmäßig zu
Wirtschaftskonferenzen eingeladen
Heute fanden im Schloss Bellevue wieder vier
Botschafter-Akkreditierungen statt: Zwei Länder Afrikas, ein Land Asiens und
ein Land des amerikanischen Kontinents: Niger, Namibia, Malaysia und Kanada.
Die neuen Botschafter erscheinen ab 10 Uhr beim Bundespräsidenten und blieben
die übliche halbe Stunde. In dieser Zeit erleben sie ein militärisches
Zeremoniell inklusive Hissen ihrer Flagge, den Gästebuch Eintrag und ein kurzes
Gespräch mit dem Bundespräsidenten und den regional zuständigen Mitarbeitern.
Zuerst traf der Botschafter der Republik
Niger, Abdoulaye Badie, ein. Er und seine Delegation trugen traditionelle
Gewänder der Region. Abdoulaye Badie ist 62 Jahre alt und hat die Militärakademie
in Montpellier in Frankreich absolviert. Im Dienstgrad Oberst gehörte er zu den
einflussreichen militärischen Kräften des Niger, fiel aber um das Jahr 2010 in
Ungnade. 2011 ging er als Militärattaché nach Washington D.C. und ist nun
Botschafter der Republik Niger in Deutschland.
Niger liegt in der Sahelregion zwischen Mali und Tschad. Das
Land hat 26 Millionen Einwohner und ein Bruttoinlandsprodukt von 21,9
Milliarden USD. Die Bundeswehr hat im Sommer 2024 das Engagement in Niger vollständig
eingestellt, weil westliche Streitkräfte dort nicht mehr erwünscht waren.
Anschließend wurde der Botschafter von Malaysia, Mohamad
Razdan Bin Jamil, akkreditiert. Malaysia liegt südlich von Thailand und hat
34,5 Millionen Einwohner. Sein Bruttoinlandsprodukt beträgt 488 USD. Besonders
gute Beziehungen bestehen zu Indonesien und den Philippinen, aber auch zu Australien.
Gegen 11 Uhr erschien der Botschafter der Republik Namibia,
Jerobeam Shaanika. Namibia ist 13 Flugstunden von Deutschland entfernt und grenzt
an den Nordwesten von Südafrika. Von 1884 bis zum Ersten Weltkrieg war Namibia
die Kolonie Deutsch-Westafrika. Anschließend wurde es von britischen Truppen
eingenommen und ging 1920 als Mandatsgebiet in die Südafrikanische Union ein.
Namibia hat trotz seiner großen Fläche nur 2,8 Millionen Einwohner. Das
entspricht in etwa der Einwohnerzahl von Litauen. Das Bruttoinlandsprodukt
liegt bei etwas über 14 Milliarden USD.
Zum Abschluss der heutigen Akkreditierungsfolge erschien die
Botschafterin von Kanada, Vera Alexander. Vera Alexander verfügt über 30 Jahre
diplomatischer Erfahrung. Sie war bereits in London, Washington D.C., Moskau, Afghanistan und bei der NATO eingesetzt.
Kanada hat knapp 39 Millionen Einwohner. Das Land hat ein
Bruttoinlandsprodukt von 2,33 Billionen USD und damit etwas mehr als Russland mit
seinen 140 Millionen Einwohnern, die nur 2,2 Billionen USD erwirtschaften.
Die Partnernation der Berlin Security Conference, BSC
2025, war Schweden. Deutschland und europäische NATO-Partner sind sich einig,
dass von Schweden viel gelernt werden kann – insbesondere beim Thema
Gesamtverteidigung. Entsprechend gut besucht waren die Reden und Panels mit
hochrangigen schwedischen Regierungsvertretern und Generalen. Auch
Kronprinzessin Victoria und der schwedische Ministerpräsident, Ulf Kristersson,
waren angereist.
Am Rande der BSC 2025 gab es Gespräche zwischen
Kronprinzessin Victoria und dem Bundespräsidenten sowie zwischen Bundeskanzler
Friedrich Merz und Ulf Kristersson, der im Kanzleramt mit militärischen Ehren
empfangen wurde.
Die BSC wird von Jahr zu Jahr besser und hochrangiger
besucht und erlebte durch die Zusammenarbeit mit Schweden einen ganz besonderen
Schub. Admirale, Generale, die Rüstungsindustrie und Militärattachés gaben sich
die Klinke in die Hand, bauten ihre Netzwerke aus und diskutierten über die
aktuellen, sicherheitspolitischen Entwicklungen. Man war sich einig, dass die
Zeit dränge und ein Krieg in Europa früher als 2029 zu erwarten sei.
Deshalb müsse man die verfügbaren Ressourcen so
bereithalten, dass ein „fight tonight“ (plötzlicher Kampf) erfolgreich geführt
werden könne. Der Masse des Gegners sei durch Technologie zu begegnen. Mehrfach
wurde die Fähigkeit angesprochen, Schläge tief im gegnerischen Gebiet ausführen
zu können – zu Neudeutsch „deep strike capability“ genannt. Ohne den Namen
Clausewitz zu erwähnen, wurden doch ständig Redebeiträge um dessen drei Grundprinzipien
Geografie, Wille und Streitkraft herum aufgebaut. Mehrfach wurde der Wille zur
Gesamtverteidigung angemahnt. In Schweden, und überhaupt in Skandinavien, sei
dieser bereits in die DNA der Bevölkerung eingeflossen.
Aufgrund der geografischen Lage Schwedens war natürlich
auch die Arktis ein großes Thema. Das Abschmelzen des Eises ermöglicht ganz
neue Bewegungsprofile, macht Naturressourcen besser zugreifbar und schafft neue
Sicherheitsrisiken. Hinzu kommt, dass auch China ein sehr hohes Interesse an
dieser Region hat und vermutlich auf die Übernahme eines Teils von Russland
hinarbeitet, um den direkten Zugang zur Arktis zu gewinnen. Die Schiffe dafür
werden bereits im Rekordtempo gebaut.
Die Übungsserie „Bollwerk Bärlin“ führt das Wachbataillon
an verschiedene Orte in Berlin und Umgebung. Ein Teil der Übung wird in der
Ortskampfanlage der Berliner Polizei absolviert und ein anderer
Trainingsabschnitt in einem stillgelegten Chemiewerk in Rüdersdorf. Letzteres
gilt als pittoresker Lost Place, der durch die Anlandung des Wachbataillons per
Schlauchboot cineastisch aufgewertet wird. Dort war die Presse allerdings nicht
zugelassen. Ganz im Gegenteil zur nächtlichen Aktion am U-Bahnhof Jungfernheide
im Nordwesten Berlins. Über 50 Personen hatten sich angemeldet, um in gelben Warnwesten
von null bis vier Uhr zu verfolgen, wie sich das Wachbataillon im Ortskampf schlägt.
Die Übungslage sah so aus, dass ein U-Bahnzug im Tunnel
hinter Jungfernheide von „Separatisten“ angehalten worden war. Im Zug befanden
sich Zivilisten und Soldaten des Wachbataillons, die nur von A nach B fahren
wollten. Gerade im Berufsverkehr stellt die U-Bahn ein zuverlässiges und
schnelles Verkehrsmittel dar. Um die Lage zu „bereinigen“ begab sich die 2.
Kompanie (Heer) des Wachbataillons zunächst auf den U-Bahnhof und verschaffte
sich die entsprechenden Informationen: Was war passiert? Wie viele Feindkräfte?
Wie viele Verletzte? Welche Ressourcen der BVG können genutzt werden?
Dann begaben sich die Soldaten in den Tunnel und wurden
von den Feindkräften beschossen. Sie schossen zurück und kämpften sich bis zum
Fahrerhäuschen vor. Die Verletzten nahmen sie wahr, mussten aber erst einmal den
Bereich sichern. Nachdem die Gegner erfolgreich bekämpft waren, kümmerten sich
die Soldaten um die Verletzten und transportierten diese je nach Beweglichkeit
auf kleinen BVG-Transportwagen oder zu Fuß zum Bahnsteig. Dort erfolgte die
weitere Wundversorgung und der Weitertransport in die nächste Versorgungsebene.
Der Kommandeur des Wachbataillons und der zuständige Zugführer zeigten sich
zufrieden mit dem Ergebnis dieser ersten Übung in einer U-Bahn. Zumal die Übung
deutlich schneller als geplant abgeschlossen werden konnte