Montag, 6. Oktober 2014

Nicaragua trifft deutsche Wirtschaft

Nicaraguas Präsidialamtsminister Dr. Paul Oquist reist durch die Welt und wirbt für sein wirtschaftlich erstarkendes Land. Nach vielen Jahren auf den letzten Plätzen des Armutsindex und herben Rückschlägen durch Naturkatastrophen rappelt sich diese zentralamerikanische Nation wieder auf.

Um der Armut nachhaltig Herr zu werden, wurden durch die Regierung mehrere Programme aufgelegt. Bildung und Gesundheitsversorgung seien kostenlos nutzbar. Nicaragua habe zudem die niedrigsten Lebenshaltungskosten Lateinamerikas. Der Minister gab jedoch zu bedenken, dass "niedrige Lebenshaltungskosten auch das Leben kosten" können. Dennoch habe man im Gegensatz zu sämtlichen Nachbarstaaten die niedrigste Kriminalität. Diese sei weiterhin rückläufig. Besonders spüre man das bei Kfz-Diebstählen, von denen auch Dr. Oquist bereits betroffen war. Das in der Region äußerst populäre Express Kidnapping sei in Nicaragua kaum ein Thema. Deshalb bezeichnete der Minister sein Land als "Oase der Ruhe".

Nicaragua Bundesforum Mittelstand
Nicaraguas Präsidialamtsminister Dr. Paul Oquist und Botschafterin Karla Beteta während der Wirtschaftspräsentation
Nicaragua diversifiziert seine Kooperationen mit Investoren. Mit den USA besteht ein Freihandelsabkommen und auch Großunternehmen aus China sind gern gesehen. Die geografische Lage mit Wind, Wasser und Vulkantätigkeit machen Nicaragua zu einem interessanten Siedlungsgebiet für unterschiedliche Energiegewinnungsformen. In diesem Bereich gebe es ein Abkommen mit Brasilien. Dennoch reiche das aktuelle Wachstum von 5% nicht aus, um die Armut effektiv zu beseitigen. Das Wachstum müsse bei acht bis zehn Prozent liegen.

Einen Wachstumsschub der ganz besonderen Art bekommt Nicaragua jedoch zur Zeit durch den Bau des "El Gran Canal", der den Atlantik mit dem Pazifik verbinden soll. Der nördlich orientierte Schiffsverkehr spart dadurch etwa 1.000 Kilometer Seeweg gegenüber der Nutzung des Panamakanals. Auf die Menge der bewegten Frachten ergibt sich daraus ein beachtliches Einsparpotenzial.

Obwohl bereits vor 500 Jahren die Möglichkeit einer solchen Schifffahrtsstraße thematisiert wurde, kam es erst 2012 zur finalen Zustimmung des Parlaments zum Bau dieses Kanals.

Während des gesamten zweiten Teils des ministerialen Vortrages fragte ich mich, warum es den Kanal nicht schon lange gibt? Das wäre doch der ultimative Wirtschaftsmotor der Region. Schaut man sich die Geschichte an, so ist diese von Desinteresse, wechselnden Machtverhältnissen und regionalen Befindlichkeiten geprägt. Immer wieder gab es Vorstöße zu Planung und Bau, aber immer wieder kam etwas dazwischen: Kanonenboote, Finanzkrise, gesetzliche Regelungen oder gestürzte Monarchen.

Das aktuelle Bauprojekt hat eine sportliche Zielvorgabe. Innerhalb von fünf Jahren soll der Kanal fertiggestellt sein. Vergleicht man das mit Bauprojekten am Stadtrand von Berlin, scheint dieses Vorhaben nahezu unmöglich. Allerdings wurde das Konsortium HKND aus Hongkong mit ins Boot geholt. Firmen aus Fernost schaffen das.

Zusammen mit dem Kanal sind fast 600 Kilometer Straßen zu bauen, ein Flughafen, Touristenzentren und zwei größere Häfen. An der Pazifikküste ist eine Freihandelszone vorgesehen.

All diese Informationen ermutigten die Gäste aus der Wirtschaft, die heute in das Haus der Bundespressekonferenz gekommen waren, mit Nicaragua auf Tuchfühlung zu gehen. Axel Hübner vom Bundesforum Mittelstand nannte konkrete Projekte, die bereits über die Dominikanische Republik laufen. Mit einem begeisterten "excelente" bestätigte Dr. Oquist den Bedarf an der Zusammenarbeit mit deutschen Firmen im Energie-, Umwelt- und Softwarebereich. Er wolle entsprechende Kontakte herstellen. Bildungstransfer sei ebenfalls willkommen. Die bestehenden Netzwerke über Universitäten und Unternehmen der Dominikanischen Republik seien als Sprungbrett nach Nicaragua äußerst nützlich.

Autor: Matthias Baumann