Posts mit dem Label BCCG werden angezeigt. Alle Posts anzeigen
Posts mit dem Label BCCG werden angezeigt. Alle Posts anzeigen

Donnerstag, 3. September 2020

Brexit und Corona verdoppeln die Rezession in Großbritannien

Der Termin war clever gelegt: Eine Stunde vor der Regierungspressekonferenz wollten gestern die BCCG (British Chamber of Commerce in Germany) und KPMG über die Auswirkungen der Corona-Krise und des Brexit auf Unternehmen mit Bezug zu Großbritannien informieren. Es sollten auch Forderungen gegenüber der Bundesregierung vorgetragen werden. Trotz der eleganten Terminkombination und mehrfacher Ankündigungen spiegelte die Zahl der anwesenden Journalisten, dass der Brexit inzwischen als ein ähnlich langweiliges Thema wie die ständig verschobene Eröffnung des BER gewertet wird.

Medialer Schwung kommt dann wohl erst wieder zum Jahresende auf. Dabei hat der bevorstehende Brexit bereits jetzt für eine Verdoppelung der Corona-Rezension in Großbritannien gesorgt. Während das BIP anderer EU-Staaten jeweils um etwa 10% eingebrochen ist, liegt das Minus von Großbritannien bei über 20%. Wie hart der Brexit wird, weiß vermutlich nicht einmal Boris Johnson. Bisher hatte er auf Zeit gespielt und kurz vor Ultimo seine Rosinenpicker-Forderungen gestellt. Darauf wird sich die EU wohl nicht mehr einlassen, zumal sie selbst mit Corona-Themen und sicherheitspolitischen Herausforderungen an der Ostflanke beschäftigt ist.

BCCG KPMG COVID19 Brexit
BCCG und KPMG informieren über die wirtschaftlichen Auswirkungen von Brexit und COVID19 auf Unternehmen mit Beziehungen zu Großbritannien. London in der Abendsonne - Brexit und der Niedergang eines Wirtschaftsstandortes.
Die EU hat wegen des Brexit eher wirtschaftliche Bedenken. Der britische Fokus hingegen liegt auf der gesellschaftlichen Komponente des Ausstiegs. Diese Sicht wird sich in vier Monaten rächen, wenn wichtige Lieferketten von und zur Insel unterbrochen oder zumindest empfindlich verzögert werden. Ab 2021 gilt Großbritannien als Drittstaat, mit dem nach allgemeinen WTO-Regeln gehandelt wird. Mehr als 20 Unternehmen aus dem Finanzsektor waren bereits vor zwei Jahren abgewandert und agieren nun von Frankfurt am Main aus. Industriebetriebe haben ihre Produktionsstätten auf das Festland der EU verlagert. Wer im Vereinigten Königreich bleibt, wird seine Waren mit einem gewissen Preisaufschlag anbieten müssen. Das betrifft auch die exportierende Automobilindustrie.

Die EU kann schon fast als Profiteur dieses wirtschaftlichen Niedergangs betrachtet werden. Sie gewinnt durch die Standortverlagerungen. Sie gewinnt durch britische Auslandsinvestitionen und sie gewinnt wertvolle Direktkontakte zu den USA, Japan und China. Bisher galt das United Kingdom nämlich als "Tor nach Europa". Aber nicht nur das BIP ist um über 20% eingebrochen. Zeitgleich stieg die Inflation um 10%. Wie Großbritannien unter diesen Umständen den Traum einer neuen Steueroase im Norden Europas träumen kann, ist schleierhaft.

Andreas Glunz von der KPMG ging auch auf die wirtschaftlichen Folgen von Corona ein. So sehen 50% befragter Unternehmen gar keine Auswirkungen. Die wenigsten Befragten befürchten eine Insolvenz. Es werde zwar signifikante Umsatzeinbußen geben, die jedoch mit längst überfälligen Maßnahmen zur Kostensenkung abgefangen werden. Das heißt in der Regel Mitarbeiterabbau und Digitalisierung. Letzteres kostet zwar Geld, lässt sich aber zurzeit gut über die Füllhörner des Konjunkturpaketes kompensieren.

So bezogen sich auch die Forderungen der BCCG an die Bundesregierung auf zwei wesentliche Punkte: Abbau von Bürokratie und Förderung der digitalen Infrastruktur. Oder wie es Günther Oettinger formulieren würde: "Lieber Schlaglöcher als Funklöcher".

Autor: Matthias Baumann

Donnerstag, 16. Januar 2020

Konferenz der BCCG zu den Auswirkungen des Brexits auf den Finanzplatz London

Die Konversation britischer Spitzenpolitiker kann sehr unterhaltsam sein. Sie müssen lediglich aus unterschiedlichen politischen Lagern stammen. Ein Glanzstück dieser Art des Diskurses wurde den Teilnehmern der heutigen Konferenz im Haus der Commerzbank am Pariser Platz geboten. Thematisch ging es darum, wie sich der Brexit auf den Finanzstandort London auswirkt.

Es diskutierten der Bankingprofi David Marsh CBE, der Finanzmarktkenner Markus Schmucker von Squire Patton Boggs, Adam Marshall - Generaldirektor der British Chamber of Commerce, Baroness Kishwer Falkner vom House of Lords und der ehemalige Europaminister Denis MacShane. Da David Marsh relativ schnell das Podium verlassen musste, um mit EasyJet nach London zu fliegen, hatten die anderen Panelisten für die nötige Würze zu sorgen. Der ehemalige Labour-Politiker Denis MacShane schlug sich dabei wacker und sezierte Boris Johnson mit treffsicherer Ironie. Die Baroness vom House of Lords fand das despektierlich und konterte mit festem Blick. Sie war gar nicht erfreut über "the language Denis describes the prime minister" (die Sprache, mit der Denis den Premierminister beschreibt).

Spinner und Außenseiter

Dass in Großbritannien politisch korrekte Formulierungen nicht so hoch im Kurs stehen, zeigt auch eine Stellenanzeige, die Downing Street 10 herausgebracht hat. Man suche "Spinner und Außenseiter", die sich um das Thema Brexit kümmern. Mit unflexiblen Schmalspurdenken, sei solch eine Aufgabe nicht zu bewältigen. Um weiteres Öl ins Feuer zu gießen, holte Denis MacShane sein Buch mit dem schönen Wortspieltitel "Brexiternity" heraus. Als Berliner könnte man darauf aufsetzen und ein Buch mit dem Titel "BERwigkeit" schreiben- wenn das Thema BER inzwischen nicht schon so langweilig geworden wäre. Bei langweiligen Themen wie dem Brexit geht die britische Presse inzwischen auch sehr clever vor. Sie überlagert diese einfach mit Schlagzeilen aus dem Königshaus. Das klappt fast immer.

Financial Hub London

Nun aber zum eigentlichen Thema der Konferenz: Die Commerzbank sieht den Brexit sehr kritisch. Falle dadurch doch ein wichtiger europäischer Player aus, mit dem man sich gemeinsam im globalen Wettbewerb gegenüber China und den USA hätte behaupten können. Auch gehe damit die Komponente des britischen Pragmatismus verloren, die eine gute Ergänzung zur deutschen Korrektheit und dem französischen Zentralismus geboten hatte.

Bereits vor zwei Jahren waren über 20 große Finanzgesellschaften aus London abgewandert und haben den Standort geschwächt. London war und ist als Financial Hub für viele internationale Finanzhäuser interessant, weil es das weltweit beste Clearingverfahren für Transaktionen zwischen Banken bietet. Zusammen mit den Folgedienstleistungen macht das Finanzwesen in Großbritannien etwa 11% des Bruttoinlandsproduktes aus.

Stillstand durch Brexiternity

Der "Brexiternity" hat inzwischen einen spürbaren Stillstand in der britischen Wirtschaft erzeugt. Unternehmen besetzen vakante Stellen nicht und warten ab, wie sich die Regeln für Arbeitserlaubnisse gestalten werden. Auch Investitionen sind auf Eis gelegt. Adam Marshall warf ein, dass sich Unternehmen letztlich irgendeinen Weg suchen, um weiter Profit machen zu können - und sei es, dass sie Großbritannien verlassen. Auch Fachkräfte werden einen Weg finden, ihren Lebensunterhalt zu verdienen.

Letztlich wurde in dieser Konferenz bestätigt, dass seitens der politischen Akteure nicht wirklich etwas für den Brexit vorbereitet wurde. Boris Johnson brachte in seiner kalkuliert flapsigen Art schon Regeln von Cricket und Football an, um sich von altbewährten Regeln des Marktes und der Diplomatie zu lösen. Interessant war, dass die Briten Angela Merkel als verlässlichen Fels in der Brandung Europas ansehen und froh sind, dass sie noch im Amt ist.

Empfang in der Botschaft

Nachdem Baroness Kishwer Falkner noch angebracht hatte, dass Labour immer nur zurückschaut, während die Torys nach vorne schauen, war die unterhaltsame Konferenz beendet. Direkt neben dem Fenster hing die Flagge der amerikanischen Botschaft. Sie wurde nun nicht mehr von der Sonne beleuchtet, sondern von einem Scheinwerfer. Die Teilnehmer begaben sich angeregt plaudernd in die nahegelegene britische Botschaft. Dort gab es den traditionellen Empfang zum Jahresauftakt.

Autor: Matthias Baumann

Freitag, 13. Dezember 2019

Disunited Kingdom nach der Wahl - Political Breakfast der British Chamber of Commerce

7:45 Uhr ist schon eine sehr herausfordernde Uhrzeit für den gemeinen Schreibtischtäter. Sogar die Straßen waren um diese Zeit gut passierbar. Auch in der Tiefgarage des Towers von Ernst & Young an der Friedrichstraße war noch reichlich Platz. So langsam kam Berlin in die Gänge. Mit müdem Blick wurde zur Kenntnis genommen, dass Boris Johnson gerade die Wahl in Großbritannien gewonnen hat. Wie jetzt? Boris Johnson? Mit deutlicher Mehrheit?

Disunited Kingdom nach der Wahl - Political Breakfast der BCCG
Disunited Kingdom nach der Wahl - Political Breakfast der BCCG bei Ernst & Young - Berlin erwacht nach dem Wahlsieg von Boris Johnson - Blick aus dem Tagungsbereich der 9. Etage des Ernst & Young Towers an der Friedrichstraße
Einmal mehr befeuern die Briten das "Kinderspiel mit Unterhaltungswert" - Zitat David Marsh beim ersten Austrittstermin Ende März 2019. Nachdem nun auch der Oktobertermin verstrichen ist, steht nun eine Verschiebung des Termins Ende Januar 2020 zur Debatte. Bei so wichtigen Themen können die sonst so trägen Mühlen der EU oder des britischen Parlaments auch mal innerhalb weniger Minuten vor dem Brexit flexibel reagieren und kreative Entscheidungen treffen.

Darüber waren sich die Panelisten des heutigen Political Breakfast der BCCG einig. Hoch über den Dächern Berlins - in der 9. Etage bei Ernst & Young - diskutierten Juristen, Politikwissenschaftler und Manager über die Folgen der vergangenen Nacht. Die kompetente Runde wurde durch einen Vortrag von Alexander Graf Lambsdorff MdB gewürzt. Der FDP-Politiker ist Kenner der Materie und eröffnete den Blick auf die Facetten innereuropäischer Pokerspiele und die verschiedenen Player im "Disunited Kingdom".

Disunited Kingdom nach der Wahl - Political Breakfast der BCCG Alexander Graf Lambsdorff FDP
Disunited Kingdom nach der Wahl - Political Breakfast der BCCG bei Ernst & Young - Alexander Graf Lambsdorff MdB
Besonders hart trifft der Brexit die britische Diplomatie. So richtig wollte UK - pardon das DK - nie so richtig Teil der EU werden, fürchtete aber den Verlust des Einflusses auf den Kontinent. Um britische Akzente setzen zu können, musste Großbritannien also zwangsläufig Mitglied werden. Wann immer es etwas Wichtiges zu entscheiden gab, traten die Briten als Bremse auf. Andererseits stellten sie bei allzu sozialistischen Forderungen der Franzosen einen nützlichen Unterstützer für Deutschland dar. Mit dem drohenden Brexit musste auch die EU ihre Karten neu mischen. So wird es als cleverer Schachzug gewertet, dass Ursula von der Leyen auf den Präsidentenposten verschoben wurde. Das war jedoch teuer erkauft mit der Besetzung des Wirtschaftsressorts durch einen Franzosen. Die Zukunft wird zeigen, wer die Oberhand behält.

Die Bevölkerung Großbritanniens hat sich bei aller in den letzten Monaten gezeigten Europaliebe letztlich doch für ihre Liebe zur Demokratie entschieden. Eine Demokratie, die autonom zu handeln in der Lage ist und sich zu demokratischen Entscheidungen wie dem Brexit stellt. Hinzu kam das in seiner Dynamik nicht zu unterschätzende Gefühl von Demütigung: Boris Johnson war von den Regierungschefs kleiner Staaten wie Luxembourg oder gar Irland öffentlich heruntergeputzt worden. Das trifft das nationale Gefühl. Boris Johnson war plötzlich zum stellvertretenden Prügelknaben des British Empires geworden.

 "Get Brexit Done" sollte nun endlich möglich sein. Nach dem Wahlsieg stiegen sofort die Aktienkurse. Nicht etwa wegen eines sofortigen  Aufschwungs in Großbritannien, sondern wegen der lange ersehnten Klarheit, ob der Brexit nun kommt. Ja, der Brexit wird kommen! Die Frage nach den Empfehlungen für Unternehmen wurde mit einem allgemeinen Achselzucken beantwortet. Dann Stille und ratloses Umherschweifen der Blicke. Nachdem sich die Starre im Panel gelöst hatte, wurde empfohlen, die eigenen Zuständigkeitsbereiche auf Brexit-Relevanz zu prüfen und vorbereitende Maßnahmen zu ergreifen. Besonders intensiv werden wohl Logistikunternehmen, der Handel und die Mitarbeiter internationaler Unternehmen betroffen sein. Für alle anderen gelte der Spruch "Keep calm and wait" - "Entspann' dich und warte ab".

Autor: Matthias Baumann

Freitag, 29. März 2019

Brexit, Konsequenzen und das Kinderspiel mit Unterhaltungswert

Die Kanzlerin oder der Bundespräsident waren heute nicht dabei. Dafür aber Justizministerin Katarina Barley, der britische Botschafter Sebastian Wood und David Marsh von der OMFIF. Letzterer gab der Veranstaltung die verbale Würze. "Kinderspiel mit Unterhaltungswert", bezeichnete David Marsh, was seit vielen Monaten bezüglich der Vorbereitung Großbritanniens auf den EU-Austritt dargeboten wird.

Der Botschafter fand diese Formulierung "nicht respektvoll und nicht fair". Da die Rede von Frau Barley und die anschließende Diskussion komplett auf Deutsch geführt wurden, konnten die etwa 400 Gäste des "Political Breakfest" im Allianz Forum am Pariser Platz dem verbalen Schlagabtausch gut folgen. Als David Marsh dem Botschafter ins Wort fiel, konterte dieser sehr diplomatisch. Sebastian Wood, der nicht nur Diplomat, sondern auch Philosoph und Mathematiker ist, nannte drei Möglichkeiten, wie es nun mit dem Brexit weitergehen könne:

  1. Geordneter Brexit am 12. April 2019
  2. Ungeordneter Brexit am 12. April 2019
  3. Verlängerung der Mitgliedschaft gemäß Artikel 50 des EU-Vertrages

Laut Sebastian Wood habe Theresa May in den letzten Jahren aktiv versucht, das Parlament auf Konsens mit der EU einzustimmen. Teilweise sei ihr das sogar gelungen. David Marsh bezeichnete die Premierministerin als "mittelmäßige Politikerin", die in jedem Fall zurücktreten werde. Man wisse nur noch nicht genau, wann. Sie habe immerhin das Beste aus der Situation gemacht. Dennoch sei sie neben Lord North (1732 - 1792) die am schwächsten bewertete Premierministerin Großbritanniens.

Brexit BCCG British Chamber of Commerce KPMG Allianz Forum
Political Breakfest zum Thema "Brexit - Consequences?" mit Justizministerin Katarina Barley, Botschafter Sebastian Wood KCMG und weiteren hochkarätigen Gästen im Allianz Forum am Pariser Platz - Endlosschleife um den Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union - Das Foto zeigt die Wendeltreppe im Atrium des Allianz Forums.
Auch mit Boris Johnson rechnete er ab. Der markante Blondschopf stiftet ja regelmäßig Chaos, taucht dann plötzlich unter und kommt wieder hervor, wenn es Posten oder Prügel zu verteilen gibt. Brexit-Einpeitscher Johnson war seinerzeit Korrespondent des Daily Telegraph in Brüssel. In Deutschland könne man entsprechende Redakteure gebrauchen, so der OMFIF-Geschäftsführer. Ministerin Barley bezeichnete die Rolle von Boris Johnson als "legendär".

Die Wahrnehmung, dass die Bevölkerung keine Lust mehr auf das "Kinderspiel" im britischen Parlament habe, wurde von Justizministerin Barley nicht geteilt. Umfragen in Deutschland zeigen jedoch, dass etwa 2/3 bezüglich des Brexits lieber ein "Ende mit Schrecken, als ein Schrecken ohne Ende" haben möchten. Das sieht David Marsh auch so. Er finde es auch gut, dass die britische Parlamentsdelegation in Indien und Japan mit ihren EU-externen Sonderverhandlungen abgeblitzt war. Endlich würden Illusionen als Träume entlarvt werden.

Der britische Botschafter hatte noch einen weiteren Gegner auf der Bühne zu sitzen: Angus Robertson, einen Fraktionschef im Britischen Unterhaus. Agnus Robertson ist Schotte und warf dazu folgende Bemerkung ein: "Wir Schotten werden bleiben, entweder als Teil von Großbritannien oder als unabhängiger Staat."

Die Wirtschaft war durch Andreas Glunz von KPMG vertreten. 25% der international agierenden Unternehmen würden Großbritannien bei einem Brexit verlassen. Einige Gesellschaften sind bereits umgezogen. Selbst ein großer Sponsor der Brexit-Kampagne habe inzwischen seine Produktion nach Asien verlegt. Andreas Glunz sieht die Situation verhalten optimistisch: Nach drei bis fünf Jahren könne ein neuer Aufschwung geschehen, der Raum für innovative Konzepte der Zusammenarbeit biete. Das Wort Disruption stand mehrfach in positiver und zerstörerischer Verwendung im Raum. Andreas Glunz machte klar, dass die Wirtschaft mit Deal und mit No Deal umgehen könne. Es müsse nur endlich klar sein, ob es Deal oder No Deal gebe. Ohne ein klares Lagebild sei auch die Wirtschaft nur bedingt entscheidungsfähig.

Laut der Justizministerin sei man bei der Zollunion bisher am weitesten gekommen. Die Situation auf den anderen Gebieten sei jedoch katastrophal. Katarina Barley hat ein ganz besonderes Verhältnis zu Großbritannien. Ihr Vater war dort 1935 geboren worden und hatte sich als kleiner Junge an der Technik der aufsteigenden Bomber der Royal Air Force erfreut. Ihre Mutter wurde 1940 in Dresden geboren und zusammen mit ihrer Familie kurz vor Kriegsende durch die Royal Air Force attackiert. Die anschließende Versöhnung der Nationen hat auch das Leben und Wirken von Frau Barley geprägt. Es gibt eine intensive kulturelle Verwobenheit. In den letzten Wochen wurde sie mehrfach gefragt, wie es ihr am 29. März 2019 gehen werde. "So wie an jedem Tag", war ihre Antwort. Vielleicht ist das auch der beste Umgang mit diesem "Kinderspiel", das vermutlich auch den 12. April 2019 verstreichen lassen wird. Eine gewisse Hoffnung besteht jetzt noch im Pragmatismus, der den Briten zugesprochen wird.

Autor: Matthias Baumann

Dienstag, 19. März 2019

Brexit: Business Lunch der British Chamber of Commerce mit Botschafter Peter Wittig

Frau May saß mit uns am runden Tisch. Sie spreche neuerdings sogar wieder ihren Namen als "Mej" aus. Schließlich heiße sie ja nicht Theresa und komme zudem aus Kanada. Neben Frau May waren weitere Gäste erschienen, deren Länder oder Firmen durch den Brexit tangiert werden: Irland, Continental, Rolls Royce oder BP. Alle sind irgendwie mit Großbritannien verbandelt und wollten beim heutigen Business Lunch erfahren, ob es in zehn Tagen zum "No Deal Crash Out" kommt.

Da selbst die Briten nicht wissen, was sie wollen, ist es natürlich schwer, eine brauchbare Prognose zu erstellen. 75% der Parlamentarier waren wohl gegen den Brexit und wurden schlichtweg durch die 52% der Bevölkerung überstimmt. Ein erneutes Referendum wurde gerade abgelehnt, da eine Vorschrift von 1604 - in Worten: sechzehnhundertvier - besage, dass eine erneute Abstimmung über dasselbe Thema nur dann möglich sei, wenn sich die Rahmenbedingungen deutlich verändert hätten. Das ist aber beim Brexit nicht der Fall. Für den ausländischen Betrachter ist die Interessenslage der politischen Akteure äußerst diffus. Die Brexit-Befürworter blockieren eine Verschiebung des Austrittstermins deshalb, weil sie Angst haben, dass durch zu viel Diskussion eventuell doch kein Brexit mehr kommt.

Brexit BCCG Botschafter Peter Wittig Business Lunch DZ Bank
BCCG und das Business Lunch in der Skylobby der DZ Bank mit dem deutschen Botschafter in London, Peter Wittig: Ausblick auf einen harten Brexit? Kommt es in 10 Tagen zu einem "No Deal Crash Out"?
Zwischen den Gängen - also Bienenstich vom Brandenburger Ziegenkäse mit Brunnenkresse und geräuchertem Tomaten-Estragonsugo und auf Heu gegartem Rücken und Bratwurst vom Dry Aged Rind mit sautiertem Babymangold und gebackenen Drillingen - sprach Peter Wittig zu uns. Er ist derzeit deutscher Botschafter in London und führt damit eine unserer wichtigsten diplomatischen Vertretungen.

Peter Wittig hofft auf eine Lösung in letzter Minute. Er hält einen "No Deal Crash Out" für unwahrscheinlich. Diese Ansicht wurde nicht von allen Anwesenden geteilt. Ein "No Deal Crash Out" würde Großbritannien in den Abgrund treiben. Das könne kein anderer EU-Staat verantworten. Wobei der Brexit ja eine freie Entscheidung Großbritanniens war.

Aus der Kindererziehung wissen wir, dass man das Tragen von Verantwortung für Fehlentscheidungen auch mal zulassen kann. So wäre ein harter Brexit sicher schmerzlich, könnte aber anschaulich demonstrieren, was passiert, wenn sich Wahlmasse durch clever lancierte Desinformation in existenziellen Entscheidungen beeinflussen lässt. Die Zahlen, die Boris Johnson auf seinem knallroten Bus durch das Land transportiert hatte, werden zukünftig allein für die Abwicklung der Zollformalitäten aufzuwenden sein. Nicht ein Cent von den gesparten EU-Mitgliedsbeiträgen landet im NHS, dem National Health System.

BCCG und das Business Lunch in der Skylobby der DZ Bank mit dem deutschen Botschafter in London, Peter Wittig - Das Foto zeigt auf Heu gegarten Rücken und Bratwurst vom Dry Aged Rind mit sautiertem Babymangold und gebackenen Drillingen.
Betroffen sind aber nicht nur die Briten. Die gesamte EU hat auch ohne das Brexit-Thema ein Problem: Der demografische Schrumpfungsprozess befördert eine ethnisch-kulturelle Verschiebung sowie ein Abrutschen in die globale Bedeutungslosigkeit. Die USA beziehen Europa kaum noch in ihre Überlegungen ein. Lediglich China wird als Wirtschaftsmacht und Herausforderer angesehen. In Asien - inklusive China - werden aktuell 60% des weltweiten Bruttoinlandsproduktes erwirtschaftet. Der Militärhaushalt Chinas entspricht mit seinen 168 Milliarden USD einem Drittel der amerikanischen Aufwendungen. Damit steht China auf Platz 2 der Weltrangliste. Russland mit seinem Verteidigungshaushalt von 63 Milliarden USD (Platz 4) betrachten die USA eher als einen lästigen Störer.

Wäre sich die EU wirklich einig, hätte sie 284 Milliarden USD dagegenzusetzen und wäre wieder eine ernstzunehmende Größe. Darin sind 56 Milliarden USD Verteidigungsbudget von Großbritannien enthalten. Durch die NATO gibt es Vertragskonstellationen, die die sicherheitspolitische Relevanz des Brexits ganz gut abfedern. Das Vereinigte Königreich verliert allerdings diverse Zugänge zu Datenbeständen wie beispielsweise denen von Europol. Wirtschaftlich und kulturell sieht das noch dramatischer aus. Mit dem Brexit wird Großbritannien zu einem Drittstaat, mit dem sämtliche Abkommen neu verhandelt werden müssen.

Ein Tischnachbar bemerkte nach dem Lunch: "Das war heute wie bei jeder dieser Brexit-Veranstaltungen. Man ist so schlau wie vorher." Wenigstens war die Aussicht gut. Also nicht die für Großbritannien, aber die über die Dachkonstruktion der DZ Bank in Richtung Reichstag.

Autor: Matthias Baumann

Sonntag, 29. April 2018

ILA 2018: Roter Knopf und Pflaumenkuchen

Warum nur musste ich die ganze Zeit an Pflaumenkuchen denken? Von der Terrasse des Rolls-Royce Châlets aus beobachteten wir die Flugschau auf der Freifläche der ILA. Ein dunkles Transportflugzeug wurde von unzähligen Hubschraubern flankiert. Vier Hubschrauber sicherten weiträumig das Gelände, während am Boden ein Geländewagen festgehalten wurde. Jede Bewegung passte exakt auf das Verhalten der anderen Akteure. Ein gut trainiertes Team.

ILA 2018 Flugschau
ILA 2018 - Flugschau mit Hubschraubereinsatz
Das Szenario glich dem Anflug der Wespen beim sommerlichen Picknick am See. Statt Pflaumenkuchen gab es hier jedoch Ei mit Kaviar, Obst, Waffeln und Schnittchen. Keine Wespen. Wir sprachen über die Produktpalette von Rolls-Royce und die Diesel-Hysterie. Ich war erstaunt, dass ein Senior Manager Political Affairs so detaillierte Kenntnisse über Technik und Effizienz von Motoren hat. Immerhin liefert Rolls-Royce auch Antriebe, die nicht nur in Luft-Schiffen Anwendung finden.

ILA 2018 Flugschau
ILA 2018 - Flugschau mit Kunstflug
Wusch: Plötzlich standen die Besucher am Rollfeld im Nebel. Eine Staffel von sieben Flugzeugen bereitete die Zuschauer auf den nächsten Akt der Flugschau vor. Kunstflug mit viel Dampf und unterschiedlichen Farben. Hoch und runter sausten die kleinen Maschinen. Gelegentlich flog auch eine davon kopfüber. Der arme Pilot. "Guck mal, die schreiben jetzt was", klärte jemand seinen Sohn auf. Das Wetter war ideal für solch eine Vorführung.

ILA 2018 Flugschau
ILA 2018 - Flugschau mit Kunstflug
Nachdem diverse Visitenkarten verteilt waren und wir eine kurze Einführung von Rolls-Royce Manager Marcus Wassenberg erhalten hatten, verließ ich den gastlichen Ort und schlenderte über das Gelände. Seit Freitag sind die Tore auch für den öffentlichen Besucherverkehr geöffnet. Kinder bis sechs genießen kostenlosen Zutritt. Obwohl der Platz vor dem Eingang am besten mit "Himmel und Menschen" zu beschreiben gewesen wäre, konnte man sich auf dem ILA-Gelände erstaunlich gut bewegen.

Nur bei den Kampf-Jets war es etwas voll. Deshalb hatte ich diese schon um zehn aufgesucht: Probesitzen und Knöpfchen drücken. Offensichtlich war da noch etwas abgeschaltet. Der amerikanische Standbetreuer fertigte ein Foto an. Dann gab ich den Platz wieder frei.

ILA 2018 Rolls-Royce Châlet
ILA 2018 - BCCG British Chamber of Commerce im Rolls-Royce Châlet
In den Hallen hatte man sich auf das geänderte Publikum eingestellt. Während die Fachbesucher am Mittwoch und Donnerstag noch mit Anzug und Krawatte empfangen worden waren, standen selbst die Mitarbeiter von Rolls-Royce in T-Shirt am Stand. Neben dem großen Trent-XWB-Triebwerk war ein Basteltisch aufgebaut. Auf Nachfrage bekam ich einen RR-Sticker.

Ein Stück des Weges hatte mich Jörg Sykora vom Limousinen Service SCLS begleitet. Als gelernter Flugzeugmechaniker hatte er hier sein Heimspiel. Besonders beeindruckt zeigte er sich von den Innovationen. Jedem empfahl er einen Besuch bei den Bauteilen aus dem 3D-Drucker. Beim 3D-Druck wird nichts weggefräst, sondern in Schichten nur das gedruckt, was an Material benötigt wird.

ILA 2018 Drohnen
ILA 2018 - Drohnen
Da ich am Mittwoch schon vieles gesehen hatte, konzentrierte ich mich ein wenig auf die Drohnen. Das, was wie ein knuffiger Seehund mit Schlappohren aussah, war eine Drohne mit hochkomplexer Optik. Die Lackierung und der Ausstellungsort deuteten darauf hin, dass diese Drohne keine sehr harmonischen Ziele verfolgt. Bleibt zu hoffen, dass der Seehund mit den Schlappohren nicht eines Tages über unserem Garten oder am Bürofenster auftaucht.

Die ILA 2018 hat heute den letzten Tag geöffnet. Wer mit dem eigenen Auto anreist, kann dieses entweder auf Parkplatz P3 in der Nähe von Altglienicke abstellen oder auf P1 an der Abfahrt Glasow (B96). Von dort aus führt ein Radweg direkt zur ILA 2018. Der eine Kilometer sollte zu Fuß in zehn Minuten zu absolvieren sein.

Autor: Matthias Baumann

Samstag, 28. April 2018

ILA 2018: Rolls-Royce und das Frühstück mit der British Chamber of Commerce

Bei Rolls-Royce denkt Otto Normalverbraucher zuerst an eine große Limousine mit einer polierten Flügelfigur auf dem Kühler. Eine beachtliche Anzahl von Discounter-Kunden lässt sich sogar regelmäßig mit Rolls-Royce von A nach B transportieren. Die wenigsten davon merken es. Dezentes Vorgehen gehört eben zum guten Ton im Vereinigten Königreich.

Rolls-Royce ILA 2018
Rolls-Royce und deren Tochtergesellschaften auf der ILA 2018
Während die Mutter verzweifelt die Sonnencreme sucht, das Kind ein Ausmalheft der Fluggesellschaft ausfüllt und Papa gespannt auf den Screen im Vordersitz starrt, werkeln draußen zwei oder mehr Motoren von Rolls-Royce. Die Triebwerke der Trent-Familie sind in den großen Maschinen von Boeing und Airbus eingesetzt. Das aktuell größte Triebwerk ist das Trent XWB.

Vernetzung liegt im Trend. So kann der technische Zustand der Trents rund um die Uhr vom Boden aus überwacht werden. Eine dieser Service-Niederlassungen ist in Dahlewitz bei Berlin angesiedelt. Auf dem Weg zum Flughafen hatte der Papa vielleicht das stilisierte doppelte R gesehen und dem Sohn von den unbestechlichen Augen des Rolls-Royce Ghost erzählt. Nun weiß er, dass es hier um Flugzeugmotoren geht.

Rolls-Royce ILA 2018
Rolls-Royce baut Triebwerke für verschiedenste Anwendungen - ILA 2018
In Deutschland werden neben Trent auch weitere Triebwerks-Familien von Rolls-Royce produziert, gewartet und weiterentwickelt. Da die Motoren für sämtliche Flugzeuge und Hubschrauber in diversen Nutzungsbereichen dienen, werden internationale Engpässe gerne über die beiden deutschen Niederlassungen in Oberursel und Dahlewitz abgefedert.

Und noch ein dramatischer Umdenkungsbedarf für den autoaffinen Papa: Etwa 40% der Rolls-Royce-Kunden sind auf dem Wasser unterwegs. Etwa 50% beschäftigen sich mit Energie und Kernenergie. Rolls-Royce setzt weltweit 50.000 Fachkräfte ein und bildet entsprechenden Nachwuchs aus. Das Kind mit dem Ausmalheft könnte also in einigen Jahren schon am Schreibtisch sitzen und die nächste Generation des UltraFan®-Triebwerks aus Carbon und Titan entwickeln.

Apropos Papa: Marcus A. Wassenberg, Vorstandsmitglied der Rolls-Royce Power Systems AG, war heute zusammen mit seiner Familie eingeflogen. Das Frühstück mit ausgewählten Gästen der British Chamber of Commerce in Germany fand stilecht im Rolls-Royce Châlet statt. Die begleitenden Kinder hatten ihre Freude an der Flugschau. Mit Sonnenbrille und Smartphone verfolgten sie von der Terrasse aus das farbenfrohe Geschehen am Himmel.

Rolls-Royce ILA 2018 Angela Merkel #TrentXWB
Rolls-Royce auf der ILA 2018 - Angela Merkel beim Messerundgang vor #TrentXWB
Die wichtigste Tochter der Rolls-Royce Power Systems AG ist die MTU Friedrichshafen GmbH, deren Ursprünge auf die Herren Maybach und Zeppelin zurückgehen. MTU gliedert sich in verschiedene Marken für verschiedene Anwendungsbereiche. Aber ein Thema ist immer gleich: Motoren.

Übrigens hat Rolls-Royce auf der ILA 2018 zusammen mit zwei weiteren Teilnehmern den Innovationswettbewerb der Deutschen Luftfahrt (IDL) gewonnen. Cross Innovation nennt sich die Nutzung technischer Erkenntnisse aus der Medizin. Während der Arzt Endoskope im Körper seiner Patienten herumführt und bei Bedarf Gewebe abträgt, bewegt Rolls-Royce Endoskope durch Triebwerke und kann dort ähnliche Aufgaben erfüllen. Das nennt sich dann: "Längeres Leben für Triebwerksschaufeln".

Autor: Matthias Baumann

Samstag, 17. Februar 2018

Britische Premierministerin Theresa May zu Gesprächen in Berlin empfangen

Was in der Kirche Schisma heißt, nennt sich in der EU-Politik Brexit. Direkt nach der schweirigen Begegnung mit dem polnischen Ministerpräsidenten erschien gestern Nachmittag Theresa May im Kanzleramt - in einer normalen Mercedes-S-Klasse und ohne militärische Ehren. Diese hatte sie ja bereits zu ihrem Antrittsbesuch.

Britische Premierministerin Theresa May Berlin Angela Merkel
Britische Premierministerin Theresa May zu Gesprächen bei Angela Merkel
Theresa May war auf der Durchreise. Für heute ist die Teilnahme an der Münchner Sicherheitskonferenz (msc) vorgesehen. Die msc-Badges für die Begleitjournalisten wurden noch vor der Pressekonferenz ausgeteilt. Dazu war genug Zeit, denn die Gespräche dauerten eine Viertelstunde länger als geplant. Dann rannten Fotografen, eine Schneise wurde gebildet, die Speicherkarten der Kameras glühten und die beiden Damen traten vor die blaue Wand mit dem Bundesadler.

Zuvor hatten einige Fotografen sinniert, ob die beiden Rednerpulte näher beieinander stehen als sonst. Beide Damen hätten sich vom Pult aus die Hand geben können. Ans Wasserglas der anderen wären sie aber nur mit einer Fortbewegung gekommen.

Britische Premierministerin Theresa May Berlin Angela Merkel
Britische Premierministerin Theresa May bei Angela Merkel - Pressekonferenz
Und natürlich ging es um den Brexit. Die britische Regierung war ja selbst von dem Votum für einen Brexit überrascht worden und muss nun mit den Konsequenzen umgehen. Angela Merkel bemerkte, dass man sehr wohl unter Zeitdruck stehe, die Sache jedoch gründlich angehen wolle. Das erfordere eine gute und regelmäßige Kommunikation. Trotz des Austritts seien beide Seiten weiterhin an einer partnerschaftlichen Beziehung interessiert. Die Kanzlerin bezeichnete die Unterredung insgesamt als "konstruktives, freundschaftliches, enges und partnerschaftliches Gespräch".

Britische Premierministerin Theresa May Berlin Angela Merkel
Britische Premierministerin Theresa May bei Angela Merkel - Pressekonferenz
Passend zur mcs ging es um die vielen Felder der Sicherheitspolitik. Konkretes Thema war der vergessene Konflikt auf dem Balkan, dessen finale Beilegung beim sogenannten Berlin-Prozesses gemeinsam vorangetrieben wird. Die Fortschritte in der Ukraine kamen zur Sprache sowie die Besorgnis über die NATO-internen Unstimmigkeiten mit der Türkei.

Britische Premierministerin Theresa May Berlin Angela Merkel
Britische Premierministerin Theresa May bei Angela Merkel - Pressekonferenz
Theresa May ergänzte das noch um die Eindämmung der "russischen Aggression", den Kampf gegen den Terrorismus, die iranische Destabilisierung des Nahen Ostens, die Zusammenarbeit mit Israel und die sehr enge Zusammenarbeit zur Sicherung Europas. Man sehe sich denselben Bedrohungen gegenüber und müsse zukünftig sogar noch agiler zusammenarbeiten.

"Wir hängen natürlich voneinander ab, wir verlassen uns aufeinander", war ein klar formuliertes Statement der Premierministerin zum Auftakt der Pressekonferenz. Dann ging es um den Handel, gemeinsame europäische Geschichte und Bürger, die im jeweils anderen Land leben.

Britische Premierministerin Theresa May Berlin Angela Merkel
Britische Premierministerin Theresa May bei Angela Merkel - Pressekonferenz
Frau May übergab dem britischen Journalisten "James" das Wort. Er legte den Finger in die Wunde, da ihm das Gesagte offensichtlich zu unkonkret und schwammig war. Die Premierministerin antwortete darauf, dass sie mehrfach gesagt hätte, man müsse darüber reden, damit man in der Folge weiter darüber sprechen könne. Angela Merkel sagte, dass sie nicht frustriert sei über die Gespräche, sondern gespannt, wie sich Großbritannien konkret die zukünftige Partnerschaft vorstelle.

"Sky", rief Theresa May den zweiten britischen Journalisten auf. Dieser erkundigte sich nach einer eventuellen Rosinenpickerei der Briten. Beide Damen sprachen sich daraufhin für ein partnerschaftliches und faires Miteinander aus. Beide Seiten hätten bestimmte Interessen, die jedoch im Dialog anzugleichen seien. Es gäbe zudem keine bestimmten Knackpunkte bei den Verhandlungen, sondern eher komplexe strukturelle Abläufe. Wichtig sei, dass am Tag des Ausstiegs noch Flugzeuge starten könnten oder das Gesundheitssystem nicht zusammenbreche.

Britische Premierministerin Theresa May Berlin Angela Merkel
Britische Premierministerin Theresa May bei Angela Merkel - Pressekonferenz vor der letzten Frage
Worte, Taten und Gesten müssen nicht immer miteinander harmonieren. So zeigten die über siebzig Serienfotos eine gewisse Spannung zwischen den Damen. Diese wurde dadurch aufgelockert, dass das obligatorische Händeschütteln aktiv nach der dritten Pressefrage angegangen wurde. Es sollte aber noch eine vierte Frage folgen. So mussten sich die Damen dem Druck der Presse beugen und begaben sich lachend auf ihre Stellplätze zurück.

Pressekonferenz im Wortlaut auf bundesregierung.de

Autor: Matthias Baumann

Mittwoch, 12. Oktober 2016

10th Commonwealth Dialogues Real British

Das A4-Blatt war senkrecht und dann einmal mittig nach rechts gefaltet. Stilecht holte der britische Botschafter Sebastian Wood sein Skript hervor, um seine kurze Rede vor den Gästen der 10th Commonwealth Dialogues im Châlet Suisse zu entfalten.

Die Botschafter des Commonwealth wechseln sich als Gastgeber ab. So erlebten wir bereits die Botschafter Neuseelands, Pakistans, Ruandas, Singapurs, Südafrikas, Sri Lankas und Ugandas. Der regelmäßige Wechsel im Diplomatischen Korps bewirkt, dass immer wieder neue Botschafter eines Landes im Châlet Suisse erscheinen. Da die Commonwealth Dialogues ausdrücklich unter den Chatham House Rules stattfinden, werden wir uns hier nur mit den offiziell bekannten oder nebensächlichen Dingen beschäftigen.

10th Commonwealth Dialogues
10th Commonwealth Dialogues - So faltet der Diplomat.
In seiner Rede lobte Sebastian Wood die gute Zusammenarbeit mit der BCCG und der regionalen Chairwoman Ilka Hartmann. Neben den üblichen Veranstaltern Rödl & Partner und der BCCG British Chamber of Commerce in Germany war heute auch Jaguar mit mehreren neuen XF und einem Land Rover präsent. So ging der Botschafter insbesondere auf den neuen Jaguar XF ein und schwärmte von seinem XJ in der Langversion. Der XF wurde kürzlich neu aufgelegt, während der XJ ein leichtes Facelift und einen neuen 3-Liter-Diesel mit 300 PS verpasst bekam. Das für diese Motorisierung notwendige Überholprestige wird mit einer akzentuierten Frontbeleuchtung erzeugt. Ein Nachfolgemodell für den XJ wird für 2020 erwartet. Oder war das eine Information, die unter die Chatham House Rules fällt? Seine Exzellenz sprach dann noch über den Bau von BMW-Motoren in Großbritannien und schwenkte dann auf das Thema Brexit um.

Vor der Volksabstimmung redete man politisch korrekt vom "EU Referendum". Jetzt darf das Wort "Brexit" verwendet werden. Man werde sich an die demokratische Entscheidung des Volkes halten und keine politische Zwangsrückschaltung vornehmen. Die Briten seien froh darüber, dass sie nun selbst über Zuwanderungszahlen entscheiden könnten, sehen sich aber nach wie vor als integraler Bestandteil Europas, auch wenn sie nicht der Institution EU angehören.

Dann gab es eine Interferenz mit dem Lautsprecher. "Downing Street Ten is calling", kommentierte er schmunzelnd die kurze Unterbrechung und übergab seine beiden Smartphones an die neben ihm stehende Gattin.

Die anschließenden Häppchen bei den Gesprächen, die hier nicht wiedergegeben werden dürfen, hatten einen engen Bezug zur britischen Küche, schmeckten jedoch sehr gut. Vor dem Eingang unterhielten sich die Herren von Diplomatic Sales mit potenziellen Jaguar-Käufern. Eine gute Gelegenheit, über die Modellpalette und die Motorisierungen ins Gespräch zu kommen. Land Rover ist auch im Ausland sehr begehrt, was die Spitzenplätze bei Fahrzeugdiebstählen zeigen. Der Autohersteller hatte jedoch schnell mit eigenen moderaten Versicherungsmodellen und ausgefeilten Sicherheitskonzepten reagiert.

Autor: Matthias Baumann

Freitag, 24. Juni 2016

Brexit - Europa schafft sich ab

Nur 1,9% betrug der Ausschlag des Züngleins an der Waage des gestrigen EU Referendums zugunsten des Brexit. Eins-Komma-neun Prozent, die Europa und die Welt verändern werden. Eins-Komma-neun Prozent, die einen noch nicht abzuschätzenden Erosionsprozess innerhalb der EU auslösen werden. Nach Grexit und Brexit entsteht gerade ein neues Wort: Eurosion.

Waren sich die Briten der Folgen nicht bewusst? Uneinigkeit und Kleinstaaterei spielen aller folkloristischer Träumereien zum Trotz dem geeinten Islamismus in die Hände. UK fühlt sich noch stark mit seinem Lieblingspartner USA. Dieser ist jedoch neun Flugstunden entfernt. Die EU hat keinen Plan B sondern nur wohlgemeinte Formulierungen zur Akzeptanz demokratischer Prozesse auf der Insel. In Brüssel fehlt es an Krisen- und Risikomanagern, die den Abschmelzungsprozess aufhalten können.

Brexit 23.06.2016 Folgen Eurosion
51,9% für Brexit am 23.06.2016 mit weitreichenden Folgen für die Stabilität in Europa und der Welt
Die Folgen des Brexit ziehen sich durch die europäische Wirtschaft, die Verteidigungsstruktur, das Wertesystem und die mentale Komponente des Zusammenhaltes der gerade noch 7% der Weltbevölkerung, die in Europa leben.

Die Briten ziehen ihre Konsequenzen aus der Schwerfälligkeit, der Selbsgefälligkeit und der mangelnden Reformbereitschaft der Brüsseler Akteure. "Handeln statt Leiden" ist ihr gelebtes Business-Prinzip. Die neue Situation bietet ihnen zwar Chancen, ob aber das Handeln ein kommendes Leiden erspart, werden die nächsten Monate zeigen.

Mitschrift des Pressestatements der Bundeskanzlerin Merkel vom 24.06.2016
(Quelle: Presse- und Informationsamt der Bundesregierung)

Autor: Matthias Baumann

Mittwoch, 18. Mai 2016

9th Commonwealth Dialogues und Uganda

Wenn EU-Kommissar Günther Oettinger in seinen Reden über Vierpunktnull das Beispiel "Ukkantah" anführt, spricht er von einem Land im zentralen Osten Afrikas. Ein Land, dessen Flagge aus zwei Deutschlandfahnen in verdrehter Reihenfolge des Rot-Gelb-Bereiches zusammengesetzt ist.

Uganda grenzt an den Viktoriasee und Länder wie Kenia, Sudan, Tansania, Kongo und Ruanda. Aus den umkämpften Nachbarstaaten wurden etwa 300.000 Flüchtlinge aufgenommen. Zudem gibt es über eine Million Inlandsflüchtlinge. Die Hälfte der Bevölkerung ist unter 15 Jahre alt. Es gibt Schulpflicht mit einer Einschulungsquote von 98%. Katholiken und Anglikaner machen mit knapp 80% den größten Teil der Religionszugehörigkeit aus.

Heute hatte der Botschafter Ugandas Marcel R. Tibaleka zusammen mit Rödl & Partner und der BCCG Britisch Chamber of Commerce in Germany zu den neunten Commonwealth Dialogues eingeladen. Ein beliebtes Veranstaltungsformat im Châlet Suisse, bei dem man reichlich Visitenkarten dabei haben sollte.

Zur Begrüßung gab es ugandischen Gin-Tonic, der zunächst erfrischend und harmlos wirkte und nach dem zweiten Glas seinen Alkoholgehalt offenbarte. Der Botschafter traf mit afrikanischer Pünktlichkeit ein und befasste sich in seiner Rede vorwiegend mit dem Commonwealth. Tony Sims von UKTI prüfte die reichlich genannten Zahlenangaben per Smartphone. Marcel R. Tibaleka schwärmte so sehr vom Commonwealth, dass er gar nicht auf die Vorzüge seines Landes einging. Normalerweise akquirieren die Botschafter Investoren und Touristen für den durch sie vertretenen Staat.

Was sonst noch an interessanten Dingen ausgetauscht wurde, kann hier leider nicht veröffentlicht werden, da die Commonwealth Dialogues generell unter den Chatham House Rules abgehalten werden.

Autor: Matthias Baumann

Montag, 11. Januar 2016

Neujahrsempfang des Diplomatischen Korps 2016

171 Botschafter, zwanzig Geschäftsträger und siebzehn weitere Vertreter internationaler Organisationen waren der heutigen Einladung des Bundespräsidenten ins Schloss Bellevue gefolgt. Es stand der Neujahrsempfang des Diplomatischen Korps an.

Neujahrsempfang des Diplomatischen Korps 2016
Neujahrsempfang des Diplomatischen Korps 2016 - Protokollchef Jürgen Mertens verliest die Teilnehmer des Defilees
Etwa vierzig Minuten dauerte das Defilee, welches nach der Reihenfolge der Anciennität ablief. Damit hatte jede Exzellenz zwölf Sekunden zur Begrüßung von Bundespräsident Gauck, Außenminister Steinmeier und BMZ-Chef Müller. Rein statistisch also vier Sekunden je Handschlag und zum Wechseln einiger Worte.

Neujahrsempfang des Diplomatischen Korps 2016
Chinesischer Botschafter Shi Mingde und Bundespräsident Gauck
Der Reigen wurde vom Doyen des Diplomatischen Korps, dem Nuntius des Vatikans eingeleitet. Er ist der aktuell am längsten in Deutschland eingesetzte Botschafter und war deshalb auch anschließend für die Rede des Diplomatischen Korps an die deutschen Repräsentanten zuständig. Im Reden ist Erzbischof Eterovic geübt, nicht nur vor der Bundeskanzlerin und im Schloss Bellevue, sondern auch beim Predigen in der Kirche. Im Internet können regelmäßig neue Predigten und Ansprachen von ihm heruntergeladen werden.

Einige der Botschafter und Botschafterinnen waren wieder in Nationaltracht erschienen, was die allgemeine Schwarz-Grau-Optik farbenfroh durchmischte. Besonders afrikanische und südamerikanische Staaten werden häufig von Frauen vertreten. Man freut sich dann immer wieder, wenn bekannte Exzellenzen noch nicht versetzt wurden. Die Botschafter von China, Nicaragua, Kosovo, USA, Neuseeland, Australien und Großbritannien hatten wir ja bereits persönlich kennen gelernt.

Neujahrsempfang des Diplomatischen Korps 2016
Rede des Apostolischen Nuntius Eterovic beim Neujahrsempfang des Diplomatischen Korps 2016
Schwerpunkt der Rede von Bundespräsident Gauck war ein Aufruf an die Staatengemeinschaft zum entschlossenen Vorgehen gegen den internationalen Terrorismus. Auch das 70-jährige Bestehen der Vereinten Nationen kam zur Sprache und die Flüchtlingssituation. Letztere sei auf Gründe wie Krieg, Staatszerfall, Armut, Hunger und Perspektivlosigkeit zurückzuführen. Joachim Gauck würdigte auch in diesem Jahr die diplomatischen Erfolge, die eher im Verborgenen im Stil des Chatham House ablaufen und so manch einen weltpolitischen Erfolg erzielen konnten.

Neujahrsempfang des Diplomatischen Korps 2016
Networking beim Neujahrsempfang des Diplomatischen Korps 2016
Danach war Zeit zum entspannten Austausch bei Wasser, Saft und Wein.

Video:
Neujahrsempfang des Diplomatischen Korps bei Bundespräsident Gauck

Autor: Matthias Baumann

Dienstag, 13. Oktober 2015

Brexit und die vier Körbe

Verunsicherung macht sich breit, wenn es um den Brexit geht. Brexit ist die liebevolle Abkürzung des Ausstiegs der Briten aus der EU.

Wer immer Verwandte auf dem europäischen Festland habe, nutze zur Zeit die Option der doppelten Staatsbürgerschaft. Denn auch in Großbritannien steht man dem Brexit skeptisch gegenüber. Etwa die Hälfte der Deutschen würden gemäß einer forsa-Umfrage einen EU-Ausstieg der Briten bedauern.

Auch die Export-Wirtschaft ist verunsichert und fragt regelmäßig bei pwc nach: "Wie seht ihr denn das mit dem Brexit"? Die PricewaterhouseCoopers AG - kurz pwc - war deshalb auch der heutige Gastgeber des BCCG Political Events "Quo vadis EU". Minus Eins im Fahrstuhl bedeutet bei pwc am Kapelle-Ufer nicht etwa Tiefgarage oder "Absturz nach Brexit", sondern positiv "Spree-Ebene". Von hier aus gibt es einen atemberaubenden Weitwinkelblick auf die architektonische Linie des Bandes des Bundes und des Kanzleramtes.

Brexit BCCG pwc
Brexit - BCCG Political Event "Quo vadis EU" bei pwc
Ausgangspunkt war die oben erwähnte forsa-Umfrage. Bei Fragen nach Zuständigkeiten der EU versus regionaler Parlamente, gemeinsamer Entscheidungen innerhalb der EU, dem Bedauern über einen Brexit oder der Beibehaltung des Euro hielten sich die Ja- und Neinstimmen die Waage. Anders sah es bei Vetorechten gegenüber EU-Entscheidungen oder Volksentscheiden aus. Diese wollte eine deutliche Mehrheit der Befragten in nationaler Verantwortung sehen.

Interessant an den Volksentscheiden sei jedoch laut Prof. Manfred Güllner von forsa, dass Demokratie gar nicht genutzt werde. Er zitierte ein Beispiel aus Deutschland, wo ein Kandidat 62% der Stimmen auf sich vereinen konnte, jedoch nur ganze 14% der Wahlberechtigten an der Abstimmung teilgenommen hatten. Es gibt weitere Erfahrungen mit Volksentscheiden, die mit erheblichem Aufwand initiiert wurden und letztlich keine Ergebnisse bringen konnten. Sind Deutschland und die EU der Demokratie müde?

Als es um die Nutzungsrechte an Sozialleistungen in anderen EU-Staaten ging, entschieden sich über 2/3 für ein klares Nein. Es sei bereits jetzt ein Sozialleistungs-Tourismus zu verzeichnen, der die Sicherungssysteme einiger weniger Staaten belaste, da es keine EU-weiten Standards gebe.

Brexit BCCG pwc
Diskussionsrunde im Rahmen des BCCG Political Event "Quo vadis EU" zum Brexit bei pwc
Und genau dieses Thema fand sich in einem der Baskets (Körbe) von Philippa Saunders, EU-Sekretärin an der Britischen Botschaft, wieder. Die britische Regierung habe zur Zeit ein Themenpaket aus vier Baskets. Der wichtigste Punkt für die Briten sei der Umgang mit Sozialleistungen im Zusammenhang mit Migration. In den weiteren drei Körben liegen die Solidarität innerhalb der EU, die allgemeine Wettbewerbsfähigkeit und das Verhältnis zu Staaten mit und ohne Euro.

Dass sich die Briten nicht mit Sprüchen abspeisen lassen, zeigt die gehaltvolle Formulierung, dass sich Premierminister Cameron für eine reformierte EU einsetze. Die Betonung liegt auf "reformiert". Der Brexit würde auch für die Briten nicht nur Pluspunkte bringen. Es kursieren bereits Bezeichnungen wie "Little England" oder "Singapore in the Channel". Das größte Interesse an einem Verbleib Großbritanniens in der EU sollten Deutschland und Irland haben. Bei einem Brexit würde zwischen Irland und UK plötzlich eine EU-Außengrenze verlaufen.

Es wird erwartet, dass das Referendum zum Brexit in jedem Fall stattfindet und bis Ende 2017 durch ist. Der Ausgang ist noch völlig unklar. Beeinflusst wird das Referendum in Zeitpunkt und Stimmung durch die jeweils aktuellen Krisen. Einmal wird Putin auffällig, dann kommen die Flüchtlinge und dann schwächeln die Griechen. Immer wieder ändern sich durch die jeweiligen Krisen bedingt die Koalitionen innerhalb der EU. Und immer wieder verschieben sich die Prioritäten zu Lasten des Referendums. Immerhin benötigt es mindestens sechs Monate Vorlaufzeit und hat auch anschließend gewisse Fristen einzuhalten.

Zum viel strapazierten Flüchtlingsthema wurde darauf verwiesen, dass die Maßnahmen der Briten viel früher ansetzen und massiv in den Ausbau der Flüchtlingslager in den eigentlichen Krisengebieten investiert werde.

Autor: Matthias Baumann

Donnerstag, 8. Oktober 2015

8th Commonwealth Dialogues mit Ceylon Tea

Aus Respekt gegenüber den Chatham House Rules beschränken wir uns wieder auf die offiziell bekannten oder inhaltlich unwesentlichen Details der gestrigen 8th Commonwealth Dialogues im Châlet Suisse.

Commonwealth Dialogues Châlet Suisse
Commonwealth Dialogues mit Cocktails und Ceylon Tea
Die Commonwealth Dialogues haben bereits einen festen Platz in unserem Kalender, so dass wir gerne der Einladung des Botschafters von Sri Lanka, Karunatilaka Amunugama, gefolgt waren. Wegen der rotierenden Gastgeber lernt der regelmäßige Besucher die Stärken und Herausforderungen so einiger Regionen der Welt kennen, deren Lage erst einmal im Atlas nachgeschlagen werden muss.

Green, ohne Ozonbelastung und nach sämtlichen Normen zertifiziert zeigt sich die Wirtschaft Sri Lankas sehr selbstbewusst. Sri Lanka ist insbesondere wegen seines Ceylon Teas berühmt, der prompt an diesem Abend gereicht wurde. Man produziere zwar auch Wein, dieser sei jedoch mit seinen über 30% Alkoholgehalt viel zu stark für den deutschen Verbraucher. Die Zusammensetzung der bunten Cocktails blieb an diesem Abend ein Geheimnis. Alkohol schmeckte man jedenfalls nicht heraus.

Nach den anschaulich vorgetragenen Informationen zu Sri Lanka mischten sich die Botschaftsangehörigen unter die Gäste und es begann das übliche Networking. Was wir dabei über die geostrategische Lage von Australien, das allgemeine Umdenken innerhalb der EU und mögliche Kooperationen mit regionalen Dienstleistern beredet hatten, dürfen wir in Sicht auf die oben erwähnten Chatham House Rules an dieser Stelle leider nicht weiter vertiefen.

Vielen Dank an den Botschafter Sri Lankas, Rödl & Partner und die BCCG British Chamber of Commerce in Germany.

Autor: Matthias Baumann

Montag, 28. September 2015

Britischer Botschafter Sebastian Wood akkreditiert

Seit dem sommerlichen Botschafterempfang im Kanzleramt gab es einige Wechsel im Diplomatischen Korps, so auch bei den Briten. Die höchste Beständigkeit am Einsatzort scheinen nur die Nuntien des Vatikans zu haben. Sir Simon McDonald war uns in den letzten Jahren insbesondere durch die BCCG British Chamber of Commerce in Germany sehr vertraut geworden und wurde nun zum Permanent Undersecretary to the Foreign and Commonwealth Office, also zum Staatssekretär im Außenministerium, berufen.

Britischer Botschafter Sebastian Wood
Sir Sebastian Wood KCMG - Akkreditierung im Schloss Bellevue
Sir James Sebastian Lamin Wood KCMG ist ebenfalls Ritter (Knight) und Träger des "Order of St. Michael and St. George". Als einer der wichtigsten Partner Großbritanniens in Europa werden in Deutschland immer sehr erlesene Diplomaten eingesetzt. Simon McDonald war zuvor in Israel akkreditiert. Sebastian Wood war die letzten fünf Jahre Botschafter in China.

Der neue Hausherr in der Wilhelmstraße 70 hatte gute Kontakte zur British Chamber of Commerce in China. So war es selbstverständlich, dass heute Tony Sims, der Direktor von UK Trade & Investment, zu seiner Gefolgschaft zählte. Das lässt auf eine gute und enge Zusammenarbeit mit der BCCG hoffen.

Sebastian Wood studierte Mathematik und Philosophie, spricht Mandarin und war außerdem in Bangkok, Macao und Washington DC für sein Land tätig. 2008 bis 2009 arbeitete er für die Rolls-Royce Group. Er und seine Frau Sirinat haben vier Kinder.

Britischer Botschafter Sebastian Wood
Sir Sebastian Wood KCMG - Akkreditierung als britischer Botschafter im Schloss Bellevue
Joachim Gauck nimmt normalerweise die Beglaubigungsschreiben mehrerer Botschafter an einem Tag entgegen. Vor Sebastian Wood waren heute die neuen Botschafter von Griechenland (Daskarolis) und Ägypten (Abdelatty) terminiert. Beide Länder füllen immer wieder die Schlagzeilen, so dass die Gespräche zwischen dem Bundespräsidenten und den Exzellenzen etwas länger dauerten.

Sebastian Wood fuhr gegen 17:37 Uhr vor und wurde sehr herzlich begrüßt. Dann folgte der protokollarisch übliche Ablauf:

1) Eintrag ins Gästebuch des Schlosses (nur Botschafter)
2) Übergabe des Beglaubigungsschreibens an den Bundespräsidenten
3) Foto Botschafter und Joachim Gauck
4) Gespräch Botschafter und Bundespräsident - dazu parallel ...
5) Eintrag ins Gästebuch (Botschaftsangehörige)
6) Zusammenkunft der Botschaftsangehörigen mit ihren deutschen Amtskollegen
7) Gruppenfoto
8) Ehrenformation und Hissen der Staatsflagge
9) Verabschiedung und Abfahrt

Britischer Botschafter Sebastian Wood Bundespräsident Gauck
Sir Sebastian Wood KCMG und Bundespräsident Joachim Gauck

Britischer Botschafter Sebastian Wood
Sir Sebastian Wood KCMG - Eintrag ins Gästebuch des Schlosses Bellevue

Britischer Botschafter Sebastian Wood
Sirinat (Ehefrau), Sebastian Wood, Jürgen Mertens, Nick Pickard (von links nach rechts)

Britischer Botschafter Sebastian Wood
Tony Sims OBE (Director UKTI) und der britische Verteidigungsattaché Rob Rider CBE
Video: Akkreditierung im Schloss Bellevue - Verabschiedung und Abfahrt

Autor: Matthias Baumann

Freitag, 4. September 2015

Sommerfest der Internationalen Wirtschaftsvereinigungen 2015

Das Sommerfest der Internationalen Wirtschaftsvereinigungen im Châlet Suisse wird immer internationaler. Erstmalig war auch ProChile dabei und repräsentierte neben der AmCham den zweiten über den Atlantik orientierten Wirtschaftsclub.

Von ProChile waren jedoch keine offiziellen Teilnehmer erschienen, da heute der Nationaltag des chilenischen Weines gefeiert wurde. Deshalb schlüpfte der Vorstand der Spanischen Handelskammer in die Rolle des chilenischen Nuntius und begründete dessen Abwesenheit.

Chile und Argentinien sind mit insgesamt 11,1 Hektolitern Wein viertgrößter Weinexporteur. Die ersten drei Plätze des Weinexportes belegen Italien (22,2 hl), Spanien (18,7 hl) und Frankreich (14,8 hl). Die Gäste all dieser Handelskammern erfreuten sich an einem 2014er Picpoul de Pinet, einem trockenen Weißwein aus Südfrankreich.

Sommerfest der Internationalen Wirtschaftsvereinigungen
Sommerfest der Internationalen Wirtschaftsvereinigungen im Châlet Suisse (Grunewald)
Neben uns unterhielt man sich auf Französisch, gegenüber sprach man Italienisch, wie immer internationales Flair. Gelegentlich schreckten die Gäste durch einen platzenden Luftballon auf, wenn ein Kind beim Bogenschießen einen Treffer erzielte. Bogenschießen war jedoch nicht die einzige Möglichkeit, Gesprächspausen zu überbrücken. Die Spielbank Berlin hatte zwei Tischkicker und einen größeren Roulettetisch aufgebaut. Es wurde nicht um Geld gespielt.

Sommerfest der Internationalen Wirtschaftsvereinigungen
Spielbank Berlin beim Sommerfest der Internationalen Wirtschaftsvereinigungen
Allgemeine Zustimmung fand auch der Begrüßungsteil mit sehr kurzen Ansprachen der einzelnen Kammervorstände. War doch aus den Vorjahren bekannt, dass anschließend das deftige Grillbuffet eröffnet wird. Man folgte auch diesmal der Tradition.

Vielen Dank an das Team des Châlet Suisse und die Organisatoren, insbesondere der BCCG British Chamber of Commerce für den gelungenen Abend.

Autor: Matthias Baumann

Mittwoch, 24. Juni 2015

Queen in Berlin

Der englischsprachige Raum hat nur sehr wenige deutsche Begriffe wie Autobahn oder Kindergarten übernommen. Im Neudeutschen gibt es hingegen sehr viele Anglizismen: "das Mail", "das Smartphone", "der Controller", "das Ticket" oder eben "die Queen".

Die Queen hatte sich während ihrer langen Amtszeit rar gemacht, wenn es um den Besuch des einstigen Kriegsgegners auf dem Festland ging. Sie war gerade 13 Jahre alt, als der Zweite Weltkrieg ausbrach. Im Juli 2000 besuchte sie Berlin zur Eröffnung der Britischen Botschaft in der Wilhelmstraße. Eine Tafel im Treppenhaus erinnert noch heute daran.

Queen Berlin Schloss Bellevue
Queen in Berlin - Ankunft und Begrüßung im Schloss Bellevue
Schon im Vorfeld ihres fünften Deutschland-Besuches gab es Pressekonferenzen und nur ein begrenztes Kontingent an Akkreditierungen für diesen auch durch die Regenbogenpresse beachteten Staatsbesuch. Standesgemäß begann dieser in einem Schloss. Im Schloss Bellevue bei Bundespräsident Gauck. Daniela Schadt, die selten mit Kopfbedeckung zu sehen ist, trug heute einen hellen Hut mit roter Blume. Joachim Gauck und der Duke of Edinburgh trugen Anzug und Krawatte. Die Queen kam ganz in Weiß.

Pünktlich um 10:35 Uhr fuhr der Konvoi auf den Vorplatz des Schlosses.

Völlig ungewöhnlich für einen britischen Staatsbesuch war das Wetter. Es regnete nicht.

Queen Berlin Schloss Bellevue
Queen in Berlin - Militärische Ehren im Schloss Bellevue
Queen Elizabeth II absolvierte die üblichen protokollarischen Stationen: Foto auf der Treppe vor dem Schloss, Eintrag ins Gästebuch, Begrüßung der Delegationen, Nationalhymnen, Abschreiten der Ehrenformation und die Begrüßung von Schülern.

Anschließend stand eine Bootsfahrt auf dem Programm. Die Spree windet sich durch das Band des Bundes und eröffnet dem Berlin-Besucher einen faszinierenden Blick in das Regierungsviertel. Die Bootsfahrt endete am Reichstag, wo die Queen wieder in ihren voll gepanzerten Bentley stieg und mit über 400 Pferde(stärke)n Richtung Kanzleramt fuhr.

Queen Berlin Bundeskanzlerin Angela Merkel
Queen in Berlin - Ankunft und Begrüßung durch Angela Merkel und Peter Altmaier
Im Kanzleramt wurde sie von Angela Merkel und Kanzleramtsminister Peter Altmaier empfangen. Das Protokoll hatte dafür nur ein kurzes Zeitfenster vorgesehen, zumal am Nachmittag auch Premierminister David Cameron zu einer Unterredung mit der Bundeskanzlerin zusammentrifft.

Die Queen fuhr bereits eine halbe Stunde später Richtung Neue Wache und sorgte im Stadtverkehr für einige Aufregung. Abgeschaltete Ampeln, Motorrad-Eskorte und brauner Bentley mit Klarsichtglas und weiß gekleideter Queen dahinter fallen auf.

Queen Berlin Bentley
Queen Berlin Bentley
Auffällig war auch ihre großzügige Zeitplanung beim anschließenden Besuch der Technischen Universität. Im Presseprogramm war zu lesen: "Official ceremony to mark the 50th anniversary of the Queen's Lecture". Damals war sie 39.

Am Abend wird es im Schloss Bellevue einen Empfang zu Ehren der britischen Königin geben.

Morgen reist sie nach Hessen und wird dort Familienangehörige und Regionalpolitiker treffen. Sie besucht zudem das ehemalige Konzentrationslager Bergen-Belsen, welches damals von britischen Truppen befreit worden war.

Der mehrtägige Deutschland-Besuch endet am Freitag mit einem publikumswirksamen Überschreiten des Pariser Platzes und einem Durchschreiten des Brandenburger Tores.

Videos:
Queen in Berlin - Ankunft im Schloss Bellevue
Queen in Berlin - Militärische Ehren - Schloss Bellevue

Autor: Matthias Baumann

Freitag, 29. Mai 2015

7th Commonwealth Dialogues auf Afrikaans

Das durch Rödl & Partner und die BCCG British Chamber of Commerce in Germany initiierte Format der Commonwealth Dialogues fand gestern bereits das siebte Mal statt.

Die Commonwealth Dialogues haben bereits einen festen Platz in unserer Terminplanung. Neben interessanten Gästen aus Wirtschaft und Diplomatie gab es auch diesmal wieder jede Menge spannender Gesprächsthemen über wirtschaftspolitische Trends sowie provokante Nachfragen zur internationalen Zusammenarbeit.

Die Chatham House Rules ermöglichen eine ungezwungene Kommunikation der Teilnehmer zu brisanten Themen. Man lacht, unterhält sich über Privates, trinkt südafrikanischen Wein, redet über ernste Dinge und tauscht die Visitenkarten aus.

Commonwealth Dialogues Rödl & Partner BCCG
Commonwealth Dialogues - Gastgeber war diesmal der südafrikanische Botschafter Makhenkesi Arnold Stofile
Auch wenn über die konkreten Inhalte hier nicht berichtet werden darf, so ist doch offiziell bekannt, dass zur gestrigen Veranstaltung im Châlet Suisse der südafrikanische Botschafter eingeladen hatte. Botschafter Makhenkesi Arnold Stofile spricht Englisch, IsiXhosa, IsiZulu, Afrikaans, se Tswana und einige Worte Deutsch. So lief die gestrige Konversation fast vollständig auf Englisch ab. Selbst als sich mehrere Deutsche um den Tisch scharten, bemühte man sich sprachlich international zu bleiben.

Makhenkesi Arnold Stofile ist eine interessante Persönlichkeit. Mit seinen siebzig Jahren wirkt er immer noch aktiv, wird aber auch gerne als erfahrener Botschafter von seinen Kollegen gehört. Sein Lebenslauf zeigt eine bewegte Vergangenheit. In den 1970ern begann er als Pfarrer der presbyterianischen Kirche, studierte, promovierte und qualifizierte sich somit zum Theologie-Dozenten an der Universität Fort Hare. Nebenbei arbeitete er für den ANC und wurde 1995 dessen Finanzchef. Und jetzt arbeitet er in Berlin.

Autor: Matthias Baumann

Samstag, 23. Mai 2015

Jaguar XE - XF und XJ bekommen ein Brüderchen

Der ab Juni zum Verkauf stehende kleine Bruder der Jaguar-Limousinen XF und XJ wird seit Mitte Mai in verschiedenen deutschen Städten präsentiert. Ein sehr gut geschultes Promotion-Team reist fast einen Monat lang mit zwanzig XE-Vorführwagen durch das Land und bietet halbstündige Probefahrten an.

Jaguar XE
Jaguar XE 20d mit 8-Gang-Automatik und 180 PS
Dresden und Potsdam sind dabei die einzigen Stationen in der Nähe Berlins, so dass wir uns kurzerhand für eine Probefahrt in Potsdam entschieden hatten. Direkt vor dem Brandenburger Tor ist ein Infostand aufgebaut und ringsherum die fünf Modellvarianten in verschiedenen Lackierungen abgestellt. Senioren, Jugendliche, Familien mit Kinderwagen fluten um die Fahrzeuge, verweilen kurz und stürzen sich dann in das lebhafte Treiben der Brandenburger Straße. Eine Volltreffer-Location für die Präsentation des Jaguar XE.

Fast überfahren wir einen Familienvater, der mit verklärtem Blick zum Objekt seiner Probefahrt schreitet und jeglichen Bezug zur ihn umgebenden Verkehrslage verloren zu haben scheint.

Jaguar XE
Jaguar XE 20d
Jaguar XE
Jaguar XE 20d - die Endrohre geben Auskunft über die Motorisierung
"Schade, dass man den Jaguar gar nicht mehr sofort als solchen erkennt", sagt meine Frau als wir uns auf die Heckpartien mehrerer Jaguar XE zubewegen. Wir werden das Gefühl nicht los, dass der Rücklichtbereich sehr viel von Audi A5 oder A7 hat. "Aber sieh mal vorne", sage ich und zeige ihr den markanten Grill mit der an zentraler Stelle herausschauender Raubkatze. Ganz abgesehen von der eleganten Chromleiste um die Seitenfenster.

Am Infostand nimmt uns eine junge Dame in ihre Obhut und fragt, welches Modell wir denn gerne fahren möchten. Benziner mit 200 PS oder Diesel mit 180 PS. Bei 20 PS Unterschied wählen wir den Diesel und sie führt uns zu einem schneeweißen XE mit schwarzem Kühlergrill. Beeindruckend!

Beim Öffnen der Fondtür fällt sofort das schwarze Leder mit weißer Kontrastnaht auf. Die Rücksitze seien umlegbar, um das Kofferraumvolumen von 415 auf 830 Liter zu erweitern. Auch die Kofferraumklappe macht im Vergleich zum XF einen überzeugenden Eindruck. Die Beinfreiheit im Fond ist für mitreisende Kinder ausreichend, für die Nutzung im diplomatischen Umfeld kommt jedoch eher der XF oder XJ in Frage.

Unsere Begleiterin verfügt über ein fundiertes Detailwissen. Nur die Fahrzeuglänge von 4,672 m muss sie nachschlagen, ansonsten kann sie ohne Zögern alle Fragen zu Zylinderanzahl, 8-Gang-Getriebe, Fahrassistenten, Sportmodi oder Heckantrieb beantworten. Auch beeindruckend!

Jaguar XE
Jaguar XE - Multifunktionslenkrad mit Schaltwippen, Meridian-Soundsystem, Leder mit Kontrastnaht
Kaum haben wir uns in die Sportsitze fallen lassen und die Tür geschlossen, fühlen wir uns wie in einem klassischen Sportwagen. Der Blick schweift über die Armaturen und sondiert die Bedienelemente. Der Wagen hat vieles von dem, was aktueller technischer Standard ist. Selbst die von BMW bekannten Annehmlichkeiten wie Head Up Display oder Surround View lassen sich konfigurieren. Der Touchscreen überzeugt durch eine hohe Auflösung bei Einstellungsseiten und Rückfahrkamera. Viele der Funktionen lassen sich auch per Schalter am Lenkrad oder über Spracheingabe steuern.

Wie auch bei den großen Brüdern XF und XJ wird das Getriebe per Drehknopf geschaltet. Beim XE ist dieser ebenfalls in der Mittelkonsole versenkt und fährt beim Anlassen des Wagens nach oben. Ein verspieltes Detail, das so manch ein Männerherz höher schlagen lässt. Die Getriebemodi lassen sich bemerkenswert leicht und präzise schalten. Hinzu kommen noch die Gangschaltungswippen am Lenkrad und verschiedene separate Knöpfe für sparsames oder sportliches Fahren.

Die Fahrt beginnen wir mit Getriebestellung "S" wie sportlich. Diese Einstellung demonstriert uns das hervorragende Potenzial für den innerstädtischen Ampelstart. Zwischen den ersten Ampeln schalten wir die Getriebemöglichkeiten durch und testen deren Wirkung. Der ECO-Modus reagiert ähnlich entschleunigt wie bei BMW. Aber auch im Jaguar XE lassen sich Kombinationen schalten, so dass man letztlich den für den Fahrzweck richtigen Modus erhält.

Jaguar XE
Jaguar XE - Designelemente der Sportlichkeit
Beim Test des Heckantriebes lässt sich der XE allerdings gar nicht aus der Ruhe bringen. "Drücken Sie doch mal den Knopf ganz rechts", meint unsere Begleiterin und verweist damit auf die Möglichkeit, die Traktionskontrolle abzuschalten. Da wir uns mitten im Kreisverkehr befinden ist mir das zu riskant.

Das Fahrgeräusch ist sehr angenehm. Nur das Abrollen der Räder ist zu hören. Der typische Dieselklang scheint völlig gedämmt. Auch bei 220 kmh solle man sich noch gut unterhalten können. Auf der kurzen Fahrt können wir das leider nicht ausprobieren. Was allerdings mehrfach auffällt, ist die Verzögerung zwischen Gasgeben und Reaktion des Fahrzeuges. Man hat das Gefühl, das Fahrzeug möchte, darf aber nicht. Fehlen die Leistungsreserven oder werden sie künstlich an der Entfaltung gehindert? Unserer Begleiterin schien das noch nicht aufgefallen zu sein. Sie empfiehlt uns deshalb eine weitere Probefahrt mit einem der drei Benziner.

Bis auf den Jaguar XE S mit 340 PS sind alle XE mit einem Zwei-Liter-Vier-Zylinder-Motor ausgestattet und entsprechend per Turbo auf 163, 180, 200 bzw. 240 PS aufgeladen. Die Benziner gibt es ausschließlich mit 8-Gang-Automatikgetriebe und die Diesel wahlweise als 6-Gang-Schalter. Die Energieeffizienz der Diesel ist bei A angesiedelt und der Verbrauch entspricht ebenfalls den aktuellen Richtwerten. Begünstigt wird letzteres noch durch den Trend zur Leichtbauweise, die die XE-Modelle durchschnittlich 1,5 Tonnen auf die Waage bringen lässt.

Die vorgesehene halbe Stunde wird nun doch deutlich überschritten, was jedoch bei zwanzig verfügbaren Jaguar XE gut kompensierbar ist. Wir bedanken uns und schlendern nun selbst noch durch die Brandenburger Straße. Wo kommen nur die vielen Menschen her? Das Wetter oder Interesse am neuen Jaguar XE?

Autor: Matthias Baumann