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Mittwoch, 15. Juni 2016

Georgischer Ministerpräsident bei Angela Merkel

Die Pressebegegnung zum Antrittsbesuch des georgischen Ministerpräsidenten Giorgi Kvirikashvili verfolgten wir per Livestream über die Mediathek der Bundesregierung. Die vielen freien Sitzplätze dokumentierten, dass das Medieninteresse an anderen Staatsbesuchen deutlich größer ist. Vielleicht hatten die Text- und Bildredakteure aber auch Angst um ihre Dienstwagen, Navigationsgeräte, Kugelschreiber oder Fotoapparate. Kommt es doch seit einigen Monaten verstärkt zu Diebstählen journalistischen Equipments, welches früher recht unbesorgt als Platzhalter für die besten Fotopositionen verwendet werden konnte.

Auf die direkte Anfrage eines Reuter-Mannes nach der überproportionalen Auffälligkeit von georgischen Staatsbürgern bei der organisierten Kriminalität, antwortete Kvirikashvili mit schwammigen Phrasen zur Dankbarkeit über die guten bilateralen Beziehungen. Die Kanzlerin hingegen nahm die Sorgen sehr ernst und berichtete, dass sie genau zu diesem Thema vorab den Innenminister konsultiert habe. Dieser habe ihr bestätigt, dass die Zusammenarbeit der Strafverfolgungsbehörden aktiv intensiviert werde und man gemeinsam gegen die Banden vorgehen werde.

Georgischer Ministerpräsident Giorgi Kvirikashvili Angela Merkel
Georgischer Ministerpräsident Giorgi Kvirikashvili bei Angela Merkel (Fotoaufnahme: BMVg 27.11.2015)
Die Frage nach der Verbrechensbekämpfung zielte empfindlich auf die durch Georgien angestrebte Visafreiheit ab. Laut Angela Merkel habe das Land, so wie auch die Ukraine, die Kriterien der EU-Kommission erfüllt. Man müsse jedoch noch den Mechanismus des "snap back" verfeinern, der einen schnellen Widerruf der Visafreiheit ermögliche. Die Erfahrungen der aktuellen Asylbewerberflut hätten gezeigt, dass Visafreiheit durchaus missbraucht werden könne. Aus diesen Fehlern, insbesondere in Sicht auf einen bestimmten Balkanstaat, habe man gelernt und sei nun sehr vorsichtig.

Laut eines georgischen Fragestellers wurde die Pressekonferenz von vielen Georgiern live verfolgt, da sie nur darauf warten, ohne Visum nach Deutschland reisen zu können. Giorgi Kvirikashvili verpackte diesen Wunsch in einen touristischen Austausch, der für beide Länder profitabel sei. Er lud die Kanzlerin zu einem Besuch nach Georgien ein, was sie mit dem Lob der Hauptstadt Tblissi als einer schönen Stadt beantwortete.

Georgien hat nur eine Million Einwohner mehr als Berlin und eine strategisch interessante Lage, die gelegentlich die Begehrlichkeiten der Nachbarn weckt. Deshalb ging es in der Pressebegegnung auch mehrfach um militärische Bündnisfragen, die die Kanzlerin kompetent mit den jeweiligen Ergebnissen zurückliegender NATO-Gipfel beantworten konnte.

Autor: Matthias Baumann

Samstag, 11. Juni 2016

Schloss Meseberg - Tag der offenen Tür

Das war nun schon der dritte Besuch innerhalb eines halben Jahres in Meseberg: Ende Dezember die Weihnachtsgans, Anfang Mai der japanische Ministerpräsident Shinzō Abe und heute der Tag der offenen Tür.

Das Haus von Onkel Gerd war wieder unsere erste Adresse in Meseberg bei Gransee. Wollten sich doch einige Familienmitglieder die Schweine ansehen und nach dem Wohlbefinden des weihnachtlichen Federviehs erkundigen. Dreißig Bio-Landeier wurden in den Kofferraum verladen. Dichte Staubwolken umhüllten die Peripherie des Schlosses Meseberg. Berliner, OHVer, ein Bentley, Null-140er, Kleinbusse der Bundespolizei und andere weitgereiste Gäste suchten auf den Wiesen von Meseberg ein schattiges Parkplätzchen und erfüllten den Ort bei der Durchfahrt mit einem Hauch von Sandsturm. Mein Schwager hatte sein fernöstliches Wohnmobil dabei und zauberte frischen Kaffee, Tee, Decken und Campingmöbel hervor. Sobald sich der Nebel vorbeifahrender Städter gelichtet hatte, erkannten wir Oblaten, Erdbeeren, Bouletten, Nudelsalat und Kekse.

Schloss Meseberg Tag der offenen Tür
Picknick in Meseberg - Der Schein des sauberen Autos trügt.
Ähnliche Dinge hätten wir auch in den zahllosen Buden vor dem Schloss kaufen können. Eine etwa einhundert Meter lange Schlange markierte den Weg zum Eingang. Die dortige Sicherheitskontrolle mit Metalldetektor und Taschenprüfung war jedoch so gut organisiert, dass die Wartezeit gefühlte fünf Minuten betrug. Direkt hinter dem Eingang standen Goody Bags für die Freunde der Bundesregierung bereit. Es gab ein Heftchen mit Informationen zu Meseberg und dem Schloss sowie eine Autogrammkarte der Kanzlerin.

Schloss Meseberg Tag der offenen Tür
Schloss Meseberg - Blick in den Ehrenhof - So schaut die Kanzlerin auf den herannahenden Staatsgast.
Entspannt schlenderten wir über das Kopfsteinpflaster. Kurz vor dem Tor zum Ehrenhof wünschte die Oma ein gestelltes Gruppenfoto mit Familie, Bundesregierungswerbetasche und Schloss im Hintergrund. Cheese! Dann traten wir in den Ehrenhof, wo eine schwarze Limousine für uns bereit stand. Es handelte sich um ein Fremdprodukt aus dem Hause Audi. Ein akzeptabel motorisierter A8 in der Langversion. Er war nicht gepanzert. Nach einem Spiegelungsfoto im Typenschild versagte der Akku des ersten Fotoapparates. Lag das an der Automarke? Audi hatte den Zuschlag zur Lieferung der im Inland verwendeten Regierungsfahrzeuge bekommen, während BMW aktuell für die Ausstattung der deutschen Diplomaten im Auslandseinsatz zuständig ist.

Schloss Meseberg Tag der offenen Tür
Schloss Meseberg - Spiegelung im Audio A8 L wie Langversion
Heute war zu sehen, dass das Geländer vor der hölzernen Eingangstür entfernt werden konnte. Dort war ein Lift für Rollstuhlfahrer angebracht. Wir betraten das recht enge Foyer des Schlosses. Der Weg für die Besucher war durch schwarze Absperrbänder klar definiert und überall standen freundliche Mitarbeiter des Hauses. Die dicken Teppiche waren durch noppenreiche Gummimatten geschützt. Es ging zuerst durch den Empfangssalon Ost mit Blick ins Frühstückszimmer, durch den Gelben Salon mit Blick auf den Park, durch den Gartensaal, wo die eigentlichen Meetings stattfinden und eine Freitreppe in den Park führt, zurück ins Foyer, in den Empfangssalon West, weitere drei Zimmer und wieder in den Gartensaal. Damit hatte der Besucher alle Räume des Erdgeschosses gesehen. Die Suiten im ersten Stock waren nicht zur Besichtigung freigegeben.

Schloss Meseberg Tag der offenen Tür
Schloss Meseberg- stilecht bis ins Detail
Schloss Meseberg Tag der offenen Tür
Schloss Meseberg - der Moment, wo die Ehegattin Anregungen für den heimischen Tapetenwechsel bekommt
Ältere Besucher schwärmten von den Zeiten vor der Renovierung. Andere kamen aus dem Staunen über den vermeintlichen Luxus der Tapeten, Leuchter, Möbel und der eingedeckten Tafeln nicht mehr heraus.

Schloss Meseberg Tag der offenen Tür
Schloss Meseberg - Promenade mit Eiben und akkurat gepflegten Rasenhängen
Unser Interesse galt dem Park an der Westseite des Schlosses. Exakt geschnittene kegelförmige Eiben - ähnlich wie im Hof vor dem Schloss Bellevue, nur viel kleiner und zahlreicher - säumten die Uferpromenade. Die gepflegten Rasenflächen und Hänge ließen anwesende Gärtner über die Methoden des Mähens ins Grübeln kommen. Als wir zum Gartenpavillon aufstiegen, bewunderten wir die optischen Täuschungen bei Wegen und Grünflächen. Im Pavillon standen bereits große Teller mit Keksen und Kaffeegeschirr bereit. Uns wurde erklärt, dass die Kekse vermutlich abgezählt seien und zum Enthaltsamkeitstest der Mitarbeiter dienten. Eine Absperrung sollte den Zugriff durch interessierte Bürger verhindern. Ein besonders besorgter Bürger sinnierte mehrfach über die Kompatibilität der historischen Stühle mit dem Hausherren des Wirtschaftsministeriums. Die angebrachten Armlehnen können das Besorgnis erregende Szenario jedoch bereits im Vorfeld kanalisieren.

Schloss Meseberg Tag der offenen Tür
Schloss Meseberg - Hubschrauber der Bundespolizei
Nach einem kurzen Spaziergang durch den Barockpark gelangten wir zu einer Maueröffnung und traten auf eine große Freifläche mit Hubschrauber. Es war ein blauer Drehflügler der Bundespolizei mit sechs bequemen VIP-Sitzen und einer Kühlbox für Getränke. Die 800-PS-Maschine fliegt Angela Merkel mit bis zu 300 km/h in etwa zwanzig Minuten vom Kanzleramt nach Meseberg. Der A8 im Ehrenhof sollte ohne elektronische Abriegelung etwa bei 275 km/h liegen, die jedoch wegen diverser Kurven und Ampeln auf der B96 nicht konstant einzuhalten sind.

Schloss Meseberg Tag der offenen Tür
Schloss Meseberg - Innenausstattung großflächig in Pastelltönen gehalten
Während des Rundganges hatten die Goody Bags der Bundesregierung gute Dienste als verlängerter Arm zur Bewegungsmotivation weiterer Besucher geleistet. Privatgespräche am Durchgang zum Theatersalon oder sonstige Entschleunigungen mit teilweisem Stillstand konnten so wieder in Gang gebracht werden. Inzwischen lagen auch Jacken, zwei Fotoapparate mit leerem Akku und weitere Dinge auf dem Autogrammfoto der Kanzlerin. Goldene Löffel hatten wir nirgends entdeckt. Waren diese bereits in den Regierungstüten der ersten Besucher verschwunden?

Generell lief der Tag der offenen Tür auf Schloss Meseberg sehr professionell ab, so dass zusammenfassend gesagt werden kann: "Hut ab, vor dem Organisationsteam".

Autor: Matthias Baumann

Donnerstag, 2. Juni 2016

CDU Medianight #cdumn16

Beim letzten Mal hatte Peter Tauber noch das Ausdrucken des Internets favorisiert. Heute freute er sich, dass das klassische Fernsehen immer noch so hohe Marktanteile habe. Bei Media denkt man ja inzwischen fast nur noch an Social Media, Digitalisierung und sämtliche 4.0-Derivate. Erwartungsgemäß wurde der 4.0-Teil von EU-Kommissar Günther Oettinger übernommen. Er diskutierte auf der Bühne mit Vertretern von Google und einem Privatsender. Die Intendanten von ZDF und mdr hörten im Plenum zu. Friede Springer, Monika Grütters und Alexander Dobrinth flankierten die Intendanten in den vorderen Sitzreihen.

CDU Medianight #cdumn16
CDU Medianight #cdumn16 - Technik
Als die Kanzlerin erschien, gab es herzlichen Applaus.Sie sprach frei und meisterte souverän einige kleine Versprecher wie die Begrüßung des Präsidiums der CSU. Bei Digitalisierung ist Angela Merkel als ungekrönte Social Media Queen voll im Thema. Fernsehen schaut sie zeitversetzt über das Internet. Die Zuhörer erfuhren, dass 60% der Bundesbürger kein Vertrauen zu den Medien haben. Während der weiteren Rede- und Diskussionsbeiträge beschäftigte sich die Bundesvorsitzende mit ihrem Smartphone, obwohl der Empfang an einigen Stellen des Konrad-Adenauer-Hauses gut abgeschirmt ist.

CDU Medianight #cdumn16
CDU Medianight #cdumn16 - Medienkompetenz mit Smartphone - Twittern sie gerade unter #cdumn16?
Es waren 1.600 Gäste angemeldet, so dass der Erhalt unserer Sitzplätze mit sämtlichen verfügbaren Mitteln verteidigt werden musste. Auf den Treppen, am Rand und in den Nebenräumen drängten sich die Besucher der Medianight. Sie wurden rot und blau angeleuchtet und drehten unzählige Smartphone-Videos. Als Einstieg zur letzten Diskussionsrunde wurde wahllos ein junger Teilnehmer herausgepickt und in ein kurzes Interview verwickelt. Er hieß Alex - Alex aus dem Don-Bosco-Zentrum in Marzahn.

CDU Medianight #cdumn16
CDU Medianight #cdumn16 - Selfies mit der Kanzlerin
Im Anschluss an den offiziellen Teil herrschte wieder eine sehr ausgelassene Stimmung in der Bundesgeschäftsstelle der CDU. Nachdem diverse Selfies mit Angela Merkel und anderen Ministern absolviert waren, begab sich die CDU-Spitze in die erste Etage. Doch bevor es etwas zu essen gab, stand ein Rundgang zu den Sponsoren der Medianight auf dem Programm. Microsoft, Deutsche Post, BVK und andere konnten den Reigen der Merkel-Fotos mit eigenem Logo im Hintergrund fortsetzen. Emsig durch die Massen pirschende Damen reichten uns Brot mit exotischem Aufstrich. Dann gab es ein asiatisches Süppchen. Angela Merkel hatte für heute in genug Kameras und Monitore geschaut. Deshalb senkte sie den Blick und schaute direkt in meine Suppenschale. Sie nickte und ließ sich den Weg zu ihrer Essecke bahnen.

Wir versorgten uns mit Rotwein und liefen antizyklisch an den Ständen vorbei. Hamburger mit Lachs, Hamburger mit Schwein, Currywurst, Zigarren, Bier, Kartoffelecken mit Quark, Sprudelwasser, Medienvertreter, Minister, Staatssekretäre und Geschäftskontakte begegneten uns auf der Tour. Einen längeren Stopp legten wir in der Raucherlounge ein. Die starke Zigarre nahm kein Ende und so sahen wir neben den Rauchwolken auch die Gäste an uns vorbeiziehen. Manche davon mehrfach.

CDU Medianight #cdumn16
CDU Medianight #cdumn16 - unkonventionelle Werbeideen beim Rundgang
Aus dem Atrium waren die dumpfen Klänge tanzbarer Musik zu hören. Diese wurden vom einem gut abgestimmten Lichtspiel begleitet. Kein Wunder, dass das deutsche Wort Partei mit Party ins Englische übersetzt wird. Während die Tanzfläche gut genutzt wurde, begegneten wir kurz noch einmal Peter Tauber und verließen dann die zwölfte CDU Medianight. Auch die Nachbarschaft konnte am Event im Konrad-Adenauer-Haus partizipieren.

Video:
Eindrücke von der CDU Medianight 2016

Autor: Matthias Baumann

Mittwoch, 4. Mai 2016

G7 in Landidylle - Japanischer Ministerpräsident Shinzō Abe auf Schloss Meseberg

Die Kanzlerin kam mit dem Hubschrauber.
Shinzō Abe folgte mit Motorradeskorte und schwarzer S-Klasse.

Japan Shinzō Abe Angela Merkel Meseberg
Japanischer Ministerpräsident Shinzō Abe auf Schloss Meseberg
Ausgerechnet zu Beginn des verlängerten Himmelfahrt-Wochenendes traf sich Angela Merkel mit dem japanischen Ministerpräsidenten in Brandenburg nahe der B96. Die Ampeln auf dem Weg waren durch Polizisten ersetzt worden, die den Verkehr durchwinkten. Die Zufahrt nach Meseberg konnte nur mit Presseausweis oder anderen Akkreditierungen passiert werden. Einheimische Mütter zogen ihre Kleinkinder samt Dreirad auf den Gehweg, da das baldige Entlangdonnern schwerer Motorräder, Limousinen und schwarzer Busse zu erwarten war.

Die Presse traf sich dem Schloss gegenüber im Haus der Messerschmitt-Stiftung. Der Raum für die Pressekonferenz war vorbereitet, aber sehr klein. Die Bildpresse war gepoolt, also auf bestimmte Orte des Geschehens restriktiert. Schreibende Journalisten konnten wiederum an der Pressekonferenz teilnehmen. Es wurden weitere japanische Medienvertreter erwartet. Sehr viele sollten es sein. Man sah sie nicht, aber die Erfahrungen des Besuches von Shinzō Abe vor fast genau zwei Jahren ließen diese Aussage realistisch erscheinen.

Japan Shinzō Abe Angela Merkel Meseberg
Japanischer Ministerpräsident Shinzō Abe auf Schloss Meseberg - Blick vom Gehöft der Messerschmitt-Stiftung
Als der Helikopter zu hören war, gingen wir zum Vorplatz des Schlosses. Die Kanzlerin lief durch den Garten und betrat das Schloss von der Rückseite. Kurz darauf traf Shinzō Abe ein. Nach einer kurzen Begrüßung begannen die Unterredungen zur Vorbereitung des G7-Gipfels, der für den 26. und 27. Mai im japanischen Ise-Schima geplant ist. Shinzō Abe befindet sich im Rahmen seiner G7-Präsidentschaft zur Zeit auf einer Rundreise zu allen G7-Mitgliedern.

Bei den Gesprächen ging es um sehr verschiedene Themen wie die Bekämpfung von Fluchtursachen, die japanische CeBIT-Partnerschaft im nächsten Jahr, die Konfliktherde in Südostasien, die Gesundheitspolitik, Pandemien, Freihandel zwischen EU und Japan sowie die jüngsten Erdbeben in der Region.

Japan Shinzō Abe Angela Merkel Meseberg
Japanischer Ministerpräsident Shinzō Abe auf Schloss Meseberg - Begrüßung durch Angela Merkel
Der Ministerpräsident würdigte die Führungsstärke von Angela Merkel. "Du bist die stärkste Politikerin weltweit und hast die größte Einflusskraft", sagte er und forderte damit das Verantwortungsbewusstsein der Kanzlerin heraus. Die besonders schwierigen Themen der Sicherheitspolitik wurden auf das anschließende Abendessen verlegt.

Da sich Shinzō Abe für eine "expansive Fiskalpolitik" ausgesprochen hatte, wurde er nach Details gefragt. Er wich der Frage mit Hinweis auf weiteren Gesprächsbedarf aus. Die Kanzlerin hielt drei Dinge für wichtig: die Strukturreformen, die unabhängige Geldpolitik der Zentralbank und den Einklang zwischen Fiskalpolitik und Investitionsklima. Dass in Deutschland keine Steuererleichterungen vorgesehen sind, hatte Finanzminister Schäuble drei Stunden zuvor auf einer Pressekonferenz verkündet. In Sicht auf die regionale Gründerszene wäre jedoch eine steuerliche Begünstigung von Wagniskapital überfällig.

Japan Shinzō Abe Angela Merkel Meseberg
Japanischer Ministerpräsident Shinzō Abe auf Schloss Meseberg - Arbeitsplatz der Journalisten
Die Prognosen und Erfahrungen täuschten nicht. Pünktlich zur Pressekonferenz erschienen tatsächlich noch mehrere Busse mit japanischer Begleitpresse in Meseberg.

Video:
Ankunft des japanischen Ministerpräsidenten Shinzō Abe in Meseberg
Bericht bei CCTV (chinesischer Nachrichtensender) 

Autor: Matthias Baumann

Dienstag, 22. März 2016

Angela Merkel besucht Don Bosco in Marzahn

"Schön, dass du da bist", begrüßt der grüne Bus die Besucher und Projektteilnehmer der Manege gGmbH im Don-Bosco-Zentrum Berlin-Marzahn. Über der Silhouette des nordöstlichen Stadtteils ist ein weiterer Slogan angebracht: "Ich arbeite an der Zukunft". Ein Satz, der im Don-Bosco-Zentrum praktiziert und erlebt wird.

"Manege" ist ein Pilotprojekt für schwer erreichbare Jugendliche. Jugendliche, die aufgrund von Behinderungen oder ihrer sozialen Herkunft kaum Chancen auf dem allgemeinen Ausbildungsmarkt hätten. Der Bund unterstützt achtzehn solcher Projekte als Arbeitsmarktinstrument.

Don Bosco Angela Merkel Marzahn
Jugendliche des Manege-Projektes im Don-Bosco-Zentrum bereiten sich auf den Besuch der Bundeskanzlerin vor
Manege-Geschäftsführerin Schwester Margareta läuft eifrig die Reihen der Jugendlichen und Betreuer ab, gibt letzte Anweisungen zum protokollarischen Ablauf und begrüßt dann Petra Pau, die als erste der erwarteten Spitzenpolitikerinnen vorfährt. Die Begegnung wirkt herzlich.

Don Bosco Angela Merkel Marzahn
Kulturstaatsministerin Monika Grütters wird von Alex aus dem Don-Bosco-Zentrum begrüßt
Dann erscheint ein schwarzer Audi und Kulturstaatsministerin Grütters steigt aus. Sofort wird sie von Alex begrüßt und dabei freudig umarmt. Das ist Bürgernähe im Wahlkreis. Bei Don Bosco geht es deutlich ungezwungener ab als bei den sonstigen Anlassen, wo wir Monika Grütters begegnen.

Die Kanzlerin lässt sich Zeit. Als sie eintrifft haben die Jugendlichen bereits diverse Selfies geschossen und sind aufgeregt, dass sie vermutlich das erste und einzige Mal im Leben einer Bundeskanzlerin ganz nah sein dürfen. Applaus - Applaus - Applaus - Angela Merkel schreitet die Reihe der jungen Leute ab und schüttelt viele Hände. Dann gibt es ein Gruppenfoto vor dem grünen Bus: "Schön, dass du da bist".

Don Bosco Angela Merkel Marzahn
Gruppenfoto mit Angela Merkel vor dem grünen Manege-Bus
Während die Kanzlerin, Frau Grütters, Petra Pau, die Poolfotografen und Schwester Margareta durch die Werkstätten laufen, stehen für die Pressevertreter Kekse und Getränke bereit. "Heute ist alles kostenlos", sagt die Dame hinter dem Tresen und löst eine Welle der Getränkebestellungen bei Jugendlichen und Kameramännern aus. Einige verdrücken sich in die Nachbarräume und essen Kekse. Unter den Anwesenden ist auch Pater Albert von der benachbarten katholischen Kirche.

Don Bosco Angela Merkel Marzahn
Angela Merkel informiert sich über das Manege-Projekt im Don-Bosco-Zentrum Marzahn
Nach einem ausgedehnten Rundgang gibt Angela Merkel ein Pressestatement ab, in dem sie das Engagement der Mitarbeiter des Projektes würdigt und sich darüber freut, dass auf diesem Wege benachteiligten Jugendlichen der Weg in die Arbeitswelt gebahnt wird. Sie wechselt noch einige Worte mit Bezirksstadträtin Dagmar Pohle und verlässt Marzahn durch eine Menge applaudierender Jugendlicher. Jemand hat eine Deutschlandfahne mitgebracht.

"Wir denken an Sie", verabschiedet Schwester Margareta die Kanzlerin.

Video:
Angela Merkel besucht das Don-Bosco-Zentrum in Marzahn

Autor: Matthias Baumann

Dienstag, 16. Februar 2016

6. Deutsch-Israelische Regierungskonsultationen

Völlig überrascht stürzten die Fotografen an ihre Plätze. Es hatte wohl niemand damit gerechnet, dass die Pressekonferenz zu den 6. Deutsch-Israelischen Regierungskonsultationen pünktlich beginnen werde.

6. Deutsch-Israelische Regierungskonsultationen Benjamin Netanjahu Angela Merkel
Hand drauf! Jetzt geht es um die Zukunft - 6. Deutsch-Israelische Regierungskonsultationen
Benjamin Netanjahu und Angela Merkel wirkten entspannt und mit den Ergebnissen der Unterredungen zufrieden. Das Wort "Schoah" fiel nur einmal kurz zur Einleitung und ansonsten ging es um Themen der Gegenwart und Zukunft.

An den Konsultationen hatten die jeweiligen Minister für Inneres, Wirtschaft und Justiz sowie der israelische Minister für Einwanderung, Bauministerin Hendricks, Kanzleramtsminister Altmaier und einige israelische Ministerialdirektoren teilgenommen.

Benjamin Netanjahu hatte einen scheinbar nicht endenden Stapel Papier vor sich, den er während seiner Rede umschichtete. Kein Wunder, denn auch die ausgegebene Presseerklärung der Bundesregierung umfasste acht komplett bedruckte Seiten.

6. Deutsch-Israelische Regierungskonsultationen Benjamin Netanjahu Angela Merkel
Umfangreiche Agenda - 6. Deutsch-Israelische Regierungskonsultationen
Die 4.0-Verantwortliche Dorothee Bär war ebenfalls dabei. Klar, dass es dann auch um die Digitale Agenda, die seit letztem Jahr bestehende Partnerschaft "EXIST Start-up Germany", die Intensivierung von Forschungsprogrammen und den Technologietransfer ging.

Das tangierte auch die Spezialthemen von Sigmar Gabriel und Barbara Hendricks. eMobility, erneuerbare Energien und Klimawandel wurden beredet. Letzterer wird inzwischen als "Bedrohung" bezeichnet. Bedrohung gibt es für die einzige Demokratie im Nahen Osten auch durch Terror und Nichtanerkennung. Angela Merkel sprach sich für eine Zweistaatenlösung aus und lobte die Vorbildwirkung Israels bei der Integration von Zuwanderern.

Bedrohungen bringen auch Cybertechnologien mit sich. Deshalb wird eine Intensivierung des Austausches bei der Cybersicherheit angestrebt und ein entsprechendes Papier unterzeichnet. Es ging ferner um Sport, Kultur, Literatur, Wissenstransfer, Denkmalschutz und vieles mehr.

6. Deutsch-Israelische Regierungskonsultationen Benjamin Netanjahu Angela Merkel
6. Deutsch-Israelische Regierungskonsultationen - Angela Merkel und Benjamin Netanjahu
Wegen dieser gut gefüllten Agenda gingen auch nach der Pressekonferenz die Diskussionen der Spitzenpolitiker weiter, so dass sich die Abfahrt der Delegation verzögerte und selbst Journalisten ihre Fahrzeuge nicht aus dem weiträumig abgesperrten Areal herausbewegen konnten.

Die nächsten Konsultationen dieser Art sind für 2017 in Jerusalem geplant.

Video:
Pressekonferenz 6. Deutsch-Israelische Regierungskonsultationen

Autor: Matthias Baumann

Freitag, 12. Februar 2016

Polnische Ministerpräsidentin Beata Szydło bei Angela Merkel

Beata Szydło hatte ihre Fans mitgebracht. Die Schlange der zur Pressekonferenz erschienenen Journalisten vor dem Kanzleramt muss eine gewisse Anziehungskraft auf die polnischen Bürger gehabt haben. Eine Sonderaufgabe für die Bundespolizei.

Polnische Ministerpräsidentin Beata Szydło wird mit V12-Limousine zu Angela Merkel gefahren
In der Presse-Ecke debattierten einige Text-Redakteure über Beata Szydłos Aussage, dass die Flüchtlingskrise außer Kontrolle sei. Andere witzelten über die neuesten Peinlichkeiten eines "Horst". Es war wohl der bayerische Ministerpräsident gemeint. Bildredakteure tauschten sich über ihre Ansichten zum Thema Flüchtlinge und die Verkaufspreise ihrer Fotos aus.

Die Kanzlerin hatte offensichtlich auch viel zu bereden mit der frisch gebackenen polnischen Ministerpräsidentin, so dass die Pressekonferenz mit zwanzig Minuten Verspätung begann.

Polnische Ministerpräsidentin Beata Szydło bei Bundeskanzlerin Angela Merkel
Es ging unter anderem um die Umsiedlung von 160.000 Flüchtlingen nach Polen, um die Grenzsicherung, den Jugendaustausch, die Sprachförderung von Polen mit deutscher Staatsangehörigkeit, die gemeinsame Linie bei der Einbeziehung Griechenlands und der Türkei in die Lösung der Herausforderungen der EU sowie um humanitäre Hilfe in Syrien vor Ort. Bei dieser umfangreichen Agenda spielte das 25. Jubiläum des deutsch-polnischen Nachbarschaftsvertrages nur noch eine untergeordnete Rolle, rundete aber das gut inszenierte Miteinander ab.

Um ihre Prioritäten in Europa klar zu machen, zog Beata Szydło in ihrer dreimonatigen Amtszeit den Antrittsbesuch in Ungarn einer Visite ihres westlichen Nachbarns vor. Vielleicht waren auch deshalb so viele polnische Presseagenturen erschienen, weil Meinungsfreiheit im eigenen Land nicht mehr so gern gesehen wird.

Polnische Ministerpräsidentin Beata Szydło
Angela Merkel und Beata Szydło waren sich bereits zweimal auf europäischer Ebene begegnet und hatten nun die Gelegenheit zum direkten Austausch im Rahmen des offiziellen Antrittsbesuches. Die polnische Ministerpräsidentin war heute mit militärischen Ehren im Bundeskanzleramt empfangen worden und machte einen selbstbewussten und zielstrebigen Eindruck.

Ganz im Gegensatz zu ihrer Vorgängerin Ewa Kopacz, die während ihres Antrittsbesuches im Oktober 2014 über den roten Teppich hinauslaufen wollte und nur durch einen beherzten Griff der Kanzlerin auf den Weg des Protokolls zurückgebracht werden konnte. Wegen ihres besonderen Auftretens wurde sie auch mit rüder Kritik aus der eigenen Bevölkerung bedacht.

Frau Szydło und Angela Merkel sprachen ferner über die Folgen eines möglichen Brexits und beschlossen ein verstärktes Umwerben des EU-Partners Großbritannien. Das passt, denn immerhin trifft die Bundeskanzlerin den britischen Premierminister David Cameron heute Abend in Hamburg.

Videos:
Pressekonferenz mit Beata Szydło und Angela Merkel

Autor: Matthias Baumann

Dienstag, 26. Januar 2016

Kunst aus dem Holocaust

"Holocaust" wird in der lateinischen Bibel, der Vulgata, immer im Zusammenhang mit Brandopfer verwendet. Angela Merkel präferiert in ihren Reden den hebräischen Begriff "Schoah", der mit Katastrophe oder Untergang zu übersetzen wäre.

Am gestrigen Abend fand die Eröffnung der Ausstellung "Kunst aus dem Holocaust - 100 Werke aus der Gedenkstätte Yad Vashem" im Deutschen Historischen Museum statt. Neben den Vorständen von Yad Vashem waren auch Kulturstaatsministerin Monika Grütters, der israelische Botschafter Yakov Hadas-Handelsman und Bundeskanzlerin Angela Merkel erschienen. Angela Merkel eröffnete die Ausstellung und hielt anschließend im Schlüterhof eine Rede.

Kunst aus dem Holocaust DHM Yad Vashem
"Kunst aus dem Holocaust" - Ausstellungseröffnung durch Angela Merkel - Gruppenfoto vlnr. BILD-Herausgeber Kai Diekmann, Ausstellungs-Kuratorin Eliad Moreh-Rosenberg, Bundeskanzlerin Angela Merkel, Vorsitzender der Stiftung Kunst und Kultur Walter Smerling
Die Ausstellung umfasst gemäß ihrem Titel einhundert Werke von fünfzig teilweise unbekannten Künstlern. Vierundzwanzig dieser Künstler überlebten die Zeit in den Konzentrationslagern nur durch ihre Werke. Die übrigen Maler trugen die Erfahrungen dieser herausfordernden Zeit noch bis zum Lebensende in sich. Siebzig Jahre sind inzwischen vergangen und es gibt bei Opfern und Tätern nur noch wenige persönlich ansprechbare Zeitzeugen.

Kunst aus dem Holocaust DHM Yad Vashem
"Kunst aus dem Holocaust - 100 Werke aus der Gedenkstätte Yad Vashem" im Deutschen Historischen Museum
Für die Kinder- und Enkelgeneration ist der Holocaust inzwischen so weit weg wie für den einheimischen Grundschüler das geteilte Deutschland. Bei einem Besuch der Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem möchte der deutsche Besucher jedoch gerne im Boden versinken. Braucht er doch keine hebräischen oder englischen Untertitel zu den Exponaten übersetzen, sondern kann die Texte der Befehle, Anordnungen und Bescheide in stilechtem Amtsdeutsch lesen. Da werden 5.000 "Einheiten" zum Bau einer Fabrik bestellt oder als mangelhaft reklamiert.

Fünfzig solcher "Einheiten" hatten in verschiedenen Konzentrationslagern die oben erwähnten Bilder geschaffen. Bilder, die den Lageralltag darstellen, Mitmenschen porträtieren oder eine optimistische Gegenrealität zeichnen. Das Leitmotiv der Ausstellung ist daher auch ein Blick durch den Stacheldrahtzaun, auf dem ein Schmetterling sitzt. Ein Stacheldrahtzaun, der den Blick in die Weite nicht versperren kann. Hoffnung in einer Lebenssituation, deren Ausgang zu dem Zeitpunkt noch völlig offen war.

Link: Zum Bericht des Mitinitiators BILD ...

Autor: Matthias Baumann

Freitag, 25. Dezember 2015

Schloss Meseberg und die Bio-Gans

Die Pute von Panem hat nun eine aristokratische Gefährtin gefunden: die Gans von Meseberg.

Meseberg - ein Dorf mit etwa 150 Einwohnern - liegt nördlich von Berlin inmitten der Seenlandschaft von Stechlin, Gransee und Rheinsberg.

Schloss Meseberg
Schloss Meseberg
Nur knapp 60 Kilometer muss der Staatsgast vom Flughafen Tegel bis zu seiner temporären Residenz am Huwenowsee zurücklegen. Auch den Fahrern der Motorradeskorte sollte die Überlandfahrt auf der B96 Freude bereiten. Die berüchtigten Blitzer Brandenburgs fehlen auf dieser Strecke und der Feldweg von der B96 nach Meseberg ist nun einer glatten, gut und schnell befahrbaren Asphaltstraße gewichen. Die Kanzlerin erscheint hier auch gelegentlich - per Bundeswehrhubschrauber.

Aber warum Brandenburg? Warum Meseberg? Schloss Meseberg war vor zwanzig Jahren noch eine Bauruine. Wir besuchten damals Tante Marianne, bei der meine Frau viele Jahre ihre Sommerferien verbracht hatte. Enten, Gänse und Hunde tollten hinter dem Haus. Eine Katze fauchte uns an. Einige Jahre später, während der Beerdigung von Marianne, ließ unsere Tochter ihre ersten lauten Sätze in der renovierungsbedürftigen Dorfkirche erschallen. Der Pfarrer war über das ungeplante "Echo" irritiert.

Schloss Meseberg diente nach dem Krieg als Kindergarten und Schule. Onkel Gerd kann sich noch gut an diese Zeit erinnern. Nach der Wende hatte es Zeit zum weiteren bausubstanziellen Verfall. 1995 wurde das Schloss von der Messerschmidt-Stiftung gekauft und innerhalb der folgenden zehn Jahre denkmalgerecht saniert und restauriert. 2004 entschied sich die Bundesregierung zur Nutzung des Schlosses als Gästehaus. Drei Jahre später erfolgte die Schlüsselübergabe an den damaligen Kanzleramtschef Thomas de Maizière.

Auch die Dorfkirche hat inzwischen eine Renovierung erlebt. Thymo von Rauchhaupt, der Schlossherr von Dieskau, erklärte uns einst die Regel: "Zuerst die Kirche. Dann das Schloss"!

Schloss Meseberg Dorfkirche
Dorfkirche in Meseberg - rechts im Hintergrund das Schloss
Als wir an den hohen Zaun treten, fahren vorsorglich die rot leuchtenden Poller herunter. Das Tor bleibt jedoch verschlossen. Einmal im Jahr gibt es einen Tag der offenen Tür. Bei der ersten Öffnung waren noch 2.500 Neugierige erschienen. Inzwischen habe sich der Ansturm etwas gelegt, weiß Onkel Gerd zu berichten. Die Kanzlerin sei dann auch immer vor Ort. Er habe sogar schon mit Thomas de Maizière ein Bier getrunken und über seinen Alltag als Bauer von Meseberg geredet. Im Dorfkrug erfahren wir, dass Angela Merkel gerne ein Gläschen Wein trinkt und immer bar bezahlt. Die Bundesregierung schreibe nicht an. Deshalb können auch wir das leckere Essen nicht mit Karte bezahlen. Nur Bares ist Wahres.

Frau und Tochter von Onkel Gerd arbeiten im Schloss bzw. dem sich daran anschließenden Schloss-Hotel. Das Schloss hat den Bewohnern von Meseberg neue Perspektiven eröffnet. Bundespolitik und Weltpolitik ganz nah. Es wird schon von einem deutschen Camp David geredet. Medwedew, Cameron und George W. Bush waren bereits zu Gast in Meseberg. Wolfgang Schäuble sei auch öfter hier. Mehrere Klausurtagungen der Bundesregierung haben auf Schloss Meseberg stattgefunden.

Schloss Meseberg Dorf Bauern Gans
Gans von Meseberg auf dem Tisch von Oma und Opa
Onkel Gerd zeigt uns seine Werkstatt, während sein ununterbrochen arbeitender Sohn Berge von Baumstämmen zersägt. Vier kleine Schweine holt er aus einem Stall und lässt die Städter staunen. Ein ganz großes Schwein besuchen wir im Nachbarstall. Enten und Gänse sehen wir nicht. Die sind schon alle für Weihnachten vorbereitet. Zum krönenden Abschluss unseres Besuches überreicht er uns eine prall gefüllte Tüte: eine echte Gans von Meseberg!

Autor: Matthias Baumann

Mittwoch, 16. Dezember 2015

Angela Merkel empfängt Angehörige von Soldaten und Polizisten im Auslandseinsatz

Der Text in der Einladung lautete: "Bundeskanzlerin Merkel empfängt Angehörige von Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr sowie von Polizistinnen und Polizisten im Auslandseinsatz".

Angela Merkel Angehörige Soldaten Polizisten Auslandseinsatz
Angela Merkel empfängt Angehörige von Soldaten und Polizisten im Auslandseinsatz im Bundeskanzleramt
Wer lesen kann, ist klar im Vorteil. Etwa 80% der heute anwesenden Pressevertreter hatten Sterne, Uniformen und blank geputzte Schuhe erwartet. Stattdessen konnte der aufmerksame Journalist bereits am Eingang des Kanzleramtes über die ungewohnte Präsenz junger Mütter stutzig werden. Kinderwagen wurden im Foyer an Alexander Dobrindt und Manuela Schwesig vorbeigeschoben.

Angela Merkel Angehörige Soldaten Polizisten Auslandseinsatz
Angela Merkel mit Kindern von Soldaten und Polizisten im Auslandseinsatz
Es ging also nicht um die Angehörigen der Bundeswehr oder Polizei selbst, sondern um die Angehörigen der Angehörigen von Bundeswehr und Polizei im Auslandseinsatz. Wobei damit auch wiederum nicht die Angehörigen im Auslandseinsatz gemeint waren, sondern die Angehörigen der Angehörigen von Bundeswehr und Polizei, die sich zur Zeit im Auslandseinsatz befinden.

Angela Merkel Angehörige Soldaten Polizisten Auslandseinsatz
Angela Merkel mit Kindern von Soldaten und Polizisten im Auslandseinsatz
Die Angehörigen jedenfalls mit ihren Kindern sahen sich zunächst das Bundeskanzleramt an. Ein äußerst interessanter Bau, der von den Berlinern liebevoll als "Waschmaschine" bezeichnet wird und im Inneren so manch eine spannende Sichtachse freigibt. Ganz oben befindet sich die Skylobby. Von dort aus führen zwei runde Treppen auf eine runde Zwischenebene. Von der runden Zwischenebene aus führen zwei weitere runde Treppen zur nächst tieferen Etage. Die Optik erinnert an die Zentrifugalwirkung des Wassers im Schleudergang eines Waschvollautomaten.

Bundeskanzleramt Skylobby
Bundeskanzleramt - Skylobby mit Blick auf den Bundestag
Die Zwischenetage wurde heute von der Kanzlerin für eine kurze Ansprache genutzt, während sich die Angehörigen der Angehörigen wie in einem Amphitheater auf der einen runden Treppe platziert hatten. Auch Innenminister Thomas de Maizière, Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen, Polizeihauptkommissarin Diana Rempis und das Angehörigenkind Lennox waren dabei.

Es herrschte eine familiäre Stimmung.

Angela Merkel avisierte für den Nachmittag eine Konferenzschaltung zu den verschiedenen Einsatzorten der Angehörigen. Die Bundeswehr engagiert sich inzwischen in vielen Teilen der Welt:

Resolute Support in Afghanistan
KFOR im Kosovo
Ausbildungsunterstützung im Irak
EUNAVFROD MED "Sophia" im Mittelmeer
ATALANTA am Horn von Afrika
EUTM in Mali
UNAMID in Darfur
MINURSO in der Westsahara
UNMIL in Liberia

Polizisten seien zwar nicht so zahlreich, aber dafür mit besonderen Kompetenzen auf dem Erdball unterwegs:

EUMM in Georgien
UNMISS im Südsudan
German Police Protection Team in Afghanistan
Generalkonsulat Masar-e Sharif in Afghanistan

Die obige Aufstellung zeigt, dass es bei den Einsätzen neben militärischen Zwecken auch um Schulung zur Selbsthilfe und humanitäre Einsätze geht.

Die Bundeskanzlerin dankte den Angehörigen, dass sie ihren Angehörigen im Ausland hier vor Ort so gut den Rücken frei halten.

Angela Merkel Soldaten Polizisten Auslandseinsatz
Angela Merkel empfängt Angehörige von Soldaten und Polizisten im Auslandseinsatz
Neu war in ihrer Rede auch der Trend zur Präventivbehandlung des Flüchtlingsthemas vor Ort.

So könne es nicht sein, dass Deutschland in Afghanistan für Schutz sorge und dennoch ein Exodus der dortigen Bevölkerung nach Europa stattfinde. Das Ausmaß der Inlandsflucht in Syrien und Irak ist gigantisch. Zählt man die sieben Millionen Syrer und die dreieinhalb Millionen Iraker zusammen, kommt man bereits auf eine achtstellige Anzahl sich allein regional bewegender Flüchtlinge.

Video:
Rede von Bundeskanzlerin Angela Merkel vor Angehörigen von Angehörigen der Bundeswehr und der Polizei

Autor: Matthias Baumann

Dienstag, 24. November 2015

BDA Deutscher Arbeitgebertag 2015

Fahrzeugfabrikate aus Frankreich mit Diplomatenkennzeichen und Kopfhörer auf den Plätzen im großen Saal des Estrel Convention Centers an der Sonnenallee sprachen eine deutliche Sprache: Französisch.

BDA Deutscher Arbeitgebertag 2015
BDA Deutscher Arbeitgebertag 2015 auf französisch
Nach der Mittagspause des Deutschen Arbeitgebertages 2015 der BDA Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände wurden Wirtschaftsminister Gabriel und sein französischer Amtskollege Macron erwartet.

Bei Rednern und Gästen gab es deutliche Schnittmengen zum BDI Tag der Deutschen Industrie 2015. Auch Angela Merkel war für eine Rede angekündigt. Nur dass heute statt des britischen Finanzministers der französische Wirtschaftsminister eingeladen war.

Die britische Botschaft ist von der französischen nur durch den - wie tendenziös - Pariser Platz getrennt und deren Botschafter eifern regelmäßig um die besten Zahlen bei den Beziehungen zu Deutschland. Emmanuel Macron brach heute ein Tabu: er redete auf Englisch. Konvergenz?




BDA Deutscher Arbeitgebertag 2015
BDA Deutscher Arbeitgebertag 2015 - französischer Wirtschaftsminister Emmanuel Macron
Zunächst ging er detailliert auf die Divergenzen in der EU ein, lobte die Großzügigkeit der Deutschen in der aktuellen Flüchtlingssituation und kam dann wieder auf Divergenzen und deren Risiken zurück. Am Ende seiner Rede platzierte er die Forderung nach Konvergenz bei der Schaffung eines gemeinsamen Haushaltes und den Einsatz eines gemeinsamen Kommissars.

Interessant waren seine politisch korrekten Beschreibungen der Attentäter von Paris. Es sagte, dass es Franzosen und Belgier gewesen seien und differenzierte nicht zwischen Staatsangehörigkeit und Zuwanderungsgeschichte.


BDA Deutscher Arbeitgebertag 2015
BDA Deutscher Arbeitgebertag 2015 - Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel
Das war eine gelungene Vorlage für Sigmar Gabriel. Dieser nehme in Deutschland eine wachsende Nationalisierung wahr, die aus den oben genannten Divergenzen hervorgehe. Deutschland als Zahlmeister, der bei Hilfegesuchen allein gelassen werde. Renationalisierung und Desintegration mache sich zunehmend in europäischen Regierungen breit. Die EU werde als Problem statt als Lösung gesehen, was einen fatalen Befund darstelle.

Die EU habe lange die hellen Seiten der Globalisierung gesehen und genossen: Märkte, Umsätze, Möglichkeiten. Bei den dunklen Seiten habe man weggeschaut. Und wo ist sie nun, die Solidarität in Europa? Die Antwort auf die Herausforderungen seien in der EU das Erbsenzähler- oder das Sankt-Florians-Prinzip: "Heiliger Sankt Florian, verschon mein Haus, zünd andre an". Applaus gab es, als Sigmar Gabriel zum Schulterschluss mit Russland aufrief. Große Koalition im Kampf gegen den Terrorismus.


BDA Deutscher Arbeitgebertag 2015
BDA Deutscher Arbeitgebertag 2015
Laut Sigmar Gabriel werde die Politik zur Zeit von den Tatsachen überrannt und könne sich gar nicht mehr auf die kurz vorher noch als wichtigste Aufgaben deklarierten Themen konzentrieren. So forderte auch er die Rückkehr zum liegen gebliebenen Tagesgeschäft.

Konvergenz - das lebt er praktisch. Am Wochenende nahm er kurzentschlossen seine Frau und seine Tochter mit nach Frankreich und besuchte dort die Familie Macron. Der persönliche Austausch unter Spitzenpolitikern kann so manch eine Weiche stellen, die über Jahre im Sumpf der Bürokratie eingerostet war.


BDA Deutscher Arbeitgebertag 2015
BDA Deutscher Arbeitgebertag 2015
Neben den Wirtschaftsministern und der Bundeskanzlerin traten heute noch Telekom-Vorstand Timotheus Höttges, Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer, der Migrationsbeauftragte Frank-Jürgen Weise, Bundesminister Alexander Dobrindt und weitere spannende Persönlichkeiten auf.

Frank-Jürgen Weise versuchte die angespannte Qualifizierungslage bei den Zuwanderern zu beschwichtigen. Innerhalb von fünf Jahren sollten 50% in Beschäftigung sein und innerhalb von zehn Jahren sogar 70%. Analphabeten gebe es nicht nur unter Flüchtlingen, sondern auch zur Genüge in Deutschland. Während den Deutschen sämtliche Bildungswege offen stünden, habe ein Flüchtling vielleicht bisher nie die Chance zum Besuch einer Schule gehabt.

Die Arbeitgeber an den Stehtischen löffelten milde lächelnd ihre Kartoffelsuppe und betrachteten die Ausführungen ambivalent.

BDA Deutscher Arbeitgebertag 2015
BDA Deutscher Arbeitgebertag 2015 - Charta der Vielfalt
Networking nahm bei diesem Deutschen Arbeitgebertag 2015 des BDA einen hohen Stellenwert ein. Dazu gab es diverse Pausen und große einladende Stände von Telekom, Deutscher Bank & Co. Auch die Charta der Vielfalt präsentierte sich mit frischem Design und neuen Imagebroschüren. Die Deutsche Bank und die Deutsche Bahn sind Vorreiter beim Thema Diversity. Divergenz? Nein, Diversity! Chancen der Vielfalt statt Risiken der Vielfalt. Die Charta der Vielfalt macht es vor, wie aus Divergenz mithilfe von Diversity eine neue Qualität der Konvergenz geschaffen werden kann.

Autor: Matthias Baumann

Mittwoch, 4. November 2015

Wirtschaft 4.0 bei der CDU/CSU-Fraktion

Fraktionsvize Michael Fuchs begann bei der Dampfmaschine und dem Buchdruck. Der Fraktionsvorsitzende Volker Kauder setzte mit Erfahrungen aus seinem durch den Mittelstand geprägten Wahlkreis Rottweil und Tuttlingen fort.

Der Bewahrer von heute sei der Verlierer von morgen oder anders formuliert: wer nicht mit der Zeit geht, geht mit der Zeit. Großkonzerne der Region gäben bereits digitale Standards vor, die teilweise aktiv in die Geschäftsprozesse der Zulieferer eingreifen. Man könne sich dem zwar für eine kurze Zeit entziehen, müsse dann aber in Kauf nehmen, dass sich "die Großen" nach einer überschaubaren Übergangszeit an den Wettbewerber wenden.

Volker Kauder zeigte sich als Freund von Wirtschaft 4.0 und erhob einen gewissen Anspruch auf die durch ihn produzierten Daten. Der in diesem Zusammenhang mehrfach zitierte Fahrstuhl, der automatisch Wartungsintervalle an den Reparatur-Dienstleister übermittelt, verblasst neben den technischen Möglichkeiten intelligenter Häuser mit automatischer Kühlschrankbefüllung oder dem fahrerlos einparkenden Auto.

Wirtschaft 4.0 CDU/CSU-Fraktion
Angela Merkel zu "Wirtschaft 4.0 - Chancen für Deutschland"
Angela Merkel bekannte sich zur distanzfreien Nutzung neuer Technik, wolle sich davon jedoch nicht beherrschen lassen. Eine Landkarte im Kofferraum könne auch bei reger GPS-Nutzung nicht schaden. Die Autoindustrie bietet sich immer wieder gerne als Beispiel für den Vergleich mit dem Weltmarkt an. Die USA seien inzwischen mit digitalen Produkten weit vorne und Deutschland dürfe auf keinen Fall den Anschluss verpassen. Weltweit gilt Deutschland immer noch als Vorreiter im Ingenieurswesen. Aber das könne sich schnell ändern. Klöckner-Chef Giesbert Rühl verschärfte diese Aussage. Wenn nur ein Drittel dessen umgesetzt werde, was er bei den amerikanischen Vordenkern gesehen habe, dann müsse sich "die deutsche Autoindustrie warm anziehen".

Die Kanzlerin war noch gut im Thema, da sie bereits auf dem gestrigen BDI Tag der Deutschen Industrie eine gute halbe Stunde zur Digitalisierung der Industrie referiert hatte.

Wirtschaft 4.0 CDU/CSU-Fraktion
Angela Merkel zu "Wirtschaft 4.0 - Chancen für Deutschland"
"Wirtschaft 4.0 - Chancen für Deutschland" war auch der Leitgedanke der heutigen Veranstaltung bei der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag. Das Hauptschlagwort wurde regelmäßig durch "digitale Wirtschaft" ersetzt. Der Mythos digitaler Wirtschaft wurde gegen die "reale" Wirtschaft auszuspielen versucht. Angela Merkel nannte das Beispiel 30-jähriger Internetunternehmer, deren Firmen von den Großen gekauft würden, so dass die jungen Leute problemlos in den Vorruhestand gehen könnten. So etwas sei in der "realen Wirtschaft" eines Handwerkers nicht vorstellbar.

Catharina von Delden, Gründungsmitglied der innosabi GmbH, holte die Kanzlerin etwas auf den Boden der Tatsachen zurück. Sie berichtete, dass sie jeden verdienten Cent in das Unternehmen reinvestiere und selbst auf der Gehaltsliste ganz unten stehe. "Passion" sei die Hauptmotivation oder wie Florian Langenscheidt es einmal formulierte: "Money follows Passion". Das ist praktisch gelebtes "Loslassen" eines modernen Unternehmers. Loslassen von Verantwortung in die Hände mündiger Mitarbeiter. Auch beim Stahlkonzern Klöckner werde das laut Giesbert Rühl praktiziert. Dazu habe man dort ein Ampelsystem für Entscheidungsprozesse eingeführt.

Catharina von Delden hatte zwei Wünsche: mehr gute Entwickler und mehr öffentliche Vergaben an innovative kleine Unternehmen. "Ich nehme das mal auf", sagte die Kanzlerin und löste damit eine rege Diskussion in sämtlichen sozialen Netzwerken aus. Die innosabi-Chefin diskutierte noch während der Veranstaltung fleißig per Smartphone mit und berichtete dann über den Meinungstrend.

Wirtschaft 4.0 CDU/CSU-Fraktion
Diskussionsrunde zu "Wirtschaft 4.0 - Chancen für Deutschland"
Im Rahmen dieses nahen Dialoges zwischen Politik und Wirtschaft wurde deutlich, dass Unternehmer nicht auf langwierige Entscheidungsprozesse der Politik warten können. Unternehmer denken in Lösungen und müssen sich schnell den Marktgegebenheiten anpassen. Laut Catharina von Delden suche der Gründer die Verantwortung zuerst bei sich selbst und sehe vieles schon aus Prinzip eher positiv.

Prof. Dr. Michael Hüther vom Institut der deutschen Wirtschaft Köln sprach von der durchbrochenen Lernkurve. Es sei inzwischen nicht mehr so, dass ein heute erfolgreiches Unternehmen automatisch auch morgen noch am Markt sei. Disruption! Disruption als Ablösung bekannter Produkte durch innovativere Produkte, Disruption in gewachsenen Abteilungen einer Firma, Disruption in Denkmustern oder Disruption in der Automobilindustrie beim Nachentwickeln innovativer eMobility-Konzepte à la Tesla.

Disruption übrigens auch innerhalb der Gesellschaft, nämlich zwischen vernetzten und unvernetzten Menschen. Digital Natives und Digital Immigrants behalten den allgemeinen Anschluss. Die Rentnerin ohne DSL und Smartphone kann aber vielleicht bald keinen Schnittkäse auf ihr Brötchen legen, weil sie nicht weiß, wie sie dem Kühlschrank mitteilt, dass er per Twitter eine Bestellung beim Lebensmittelversand auslösen soll. Auch Lehrer sind zunehmend disruptiert, wenn sie mit neuer Technik wie Smartboards konfrontiert werden. Angel Merkel empfahl, dass doch einfach die Schüler ihre Lehrer einweisen sollten und dann zum eigentlichen Unterricht wieder die Rollen getauscht werden. So machen Digital Natives ihre Lehrer zu Digital Immigrants.

Überhaupt müssten laut der Kanzlerin viele Begriffe neu definiert werden. "Was ist ein Auto", kann zukünftig ganz anders beantwortet werden als noch vor zehn Jahren. Wobei wir wieder bei der Ausgangsfrage von Michael Fuchs wären: "Was ist eine Dampfmaschine"?

Autor: Matthias Baumann

Dienstag, 3. November 2015

BDI Tag der Deutschen Industrie 2015

Der Postbahnhof am Ostbahnhof ist normalerweise Austragungsort von Konzerten, Dance Partys oder SPD-Parteitagen. Gestern und heute fand dort der Tag der Deutschen Industrie 2015 statt.

Passend zur Location fungierte radioeins-Moderator Jörg Thadeusz als Voice of Event. Veranstalter war jedoch der BDI Bundesverband der Deutschen Industrie oder wie es auf dem großen Screen über den Referenten hieß: "BDI The Voice of German Industry".

BDI Tag der Deutschen Industrie 2015
BDI Tag der Deutschen Industrie 2015 - BDI-Präsident Ulrich Grillo
Etwa 1.000 Teilnehmer hatten den großen Saal im Postbahnhof bis auf den letzten Stuhl besetzt und viele der Gäste mussten sogar am Rand stehen. In der ersten Reihe nahmen abwechselnd die Bundeskanzlerin, der Wirtschaftsminister, der amerikanische Botschafter, der britische Finanzminister, dessen Botschafter Sebastian Wood und andere interessante Redner Platz.

Die Themen der Reden wiesen diverse Schnittmengen auf und immer wieder Dank an die deutsche Industrie für ihr Engagement beim Erhalt des Wohlstandes.

BDI-Präsident Ulrich Grillo sprach viel über die EU und forderte eine Union der Europäer, die auch als Union gelebt werde. Die EU müsse enger zusammen rücken, da uns die Geschichte zu Entscheidungen zwinge, die nur in Einheit zu lösen seien. Zum Thema Flüchtlinge wies er darauf hin, dass auch die Familie Grillo vor einigen hundert Jahren nach Deutschland gekommen sei, weil Protestanten in Italien nicht mehr erwünscht waren. Er sei damit ein Beispiel erfolgreicher Integration.

BDI Tag der Deutschen Industrie 2015
Bundeskanzlerin Angela Merkel auf dem BDI Tag der Deutschen Industrie 2015
Nach Ulrich Grillo folgte eine längere Rede der Bundeskanzlerin. Sie sprach kurz über die Flüchtlinge und den Spagat zwischen illegal und legal. Vieles sei deshalb illegal, weil es gar keine Regelungen für bestimmte Szenarien gebe.

In Sicht auf den Anlass ihrer Rede bemerkte sie immer wieder, dass viel zu tun sei und die Herausforderungen in Zusammenarbeit von Industrie und Regierung durchaus zu meistern seien. Man arbeite als Regierung auf Hochtouren an förderlichen Rahmenbedingungen für die deutsche Wirtschaft. Dazu gehörten unter anderem TTIP, der Netzausbau und die Dekarbonisierung. Endlich wieder ein neues Wort gelernt. Die Kanzlerin entfaltete einen bunten Blumenstrauß von Anglizismen, die vorwiegend die Stärkung von Industrie 4.0 und des digitalen Binnenmarktes betrafen.

BDI Tag der Deutschen Industrie 2015
BDI Tag der Deutschen Industrie 2015
Darauf folgte Wirtschaftsminister Gabriel und gewann das Publikum mit dem Hinweis auf seine Kindheit, wo er im Fußballverein linker Verteidiger gewesen sei. Fußball spiele er nun nicht mehr, sei aber linker Verteidiger geblieben. Dann wurde er ernst und mahnte zur Vorsicht vor Selbstüberschätzung: "Wenn es einem so scheinbar gut geht, kann man sich schon mal umdrehen und schauen, was da kommt". Kinder als Garant kontinuierlichen Wohlstandes werden knapp. Angesichts dessen wäre man "mit dem Klammerbeutel gepudert", wenn man die bereits anwesenden Flüchtlinge nicht auch für den Erhalt des Wohlstandes nutzen würde.

SPD und Wirtschaft sehen Industrielle normalerweise als Widerspruch an. Auf diese Befindlichkeiten ging Sigmar Gabriel deshalb mehrfach ein. Ähnliche Argumentationen sind auch von Bauministerin Hendricks vor Immobilienunternehmern bekannt. Um Salz in die Wunde zu streuen, erinnerte Sigmar Gabriel an die zahlreichen Verbandsgründungen vor 125 Jahren. Im März 1890 war der erklärte Sozialistenfeind Bismarck zurückgetreten.

BDI Tag der Deutschen Industrie 2015
Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel auf dem BDI Tag der Deutschen Industrie 2015
Wie wichtig es sei, dass die deutsche Industrie nicht den Anschluss verliere, verdeutlichte er am Beispiel seiner 27-jährigen Tochter. Wenn sie Mobilität suche, gehe sie ins Internet und prüfe die Optionen für Woche und Wochenende oder Sommer und Winter und wechsele dann entsprechend die Transportmittel. Es seien nicht mehr die Autokonzerne, die wissen wie der Kunde tickt, sondern Google. Damit dränge sich eine ganz neue Wertschöpfungsplattform in den Markt.

Während Sigmar Gabriel noch redete, lief der neue britische Botschafter Sebastian Wood an uns vorbei. Um den Fluss hochkarätiger Referenten nicht abreißen zu lassen, stand anschließend der britische Finanzminister George Osborne auf dem Programm.

BDI Tag der Deutschen Industrie 2015
Britischer Finanzminister George Osborne auf dem BDI Tag der Deutschen Industrie 2015
Der Botschafter und sein Minister hatten die Poppy im Knopfloch. Die Mohnblume (Poppy) ist ein Symbol des Gedenkens an die Opfer der beiden Weltkriege. Jörg Thadeusz hatte den Finanzminister mit einem Lob über die englischen "sausages" anmoderiert. Dieser freute sich darüber und startete seine Rede mit einer Schilderung seiner Zuwanderungsgeschichte, nämlich aus Ungarn. Ungarn sei fast schon ein Symbol für Zuwanderung und ermöglichte Flucht, insbesondere in Sicht auf die Ereignisse im Sommer und Herbst 1989.

Da sich in Europa immer wieder Unmut über die Position der Briten in der Flüchtlingsfrage breit macht, ging George Osborne auf das britische Engagement in den Krisenregionen selbst ein. Diese Maßnahmen überträfen vielfach den allgemeinen EU-Einsatz vor Ort.

Das Referendum zum Brexit erwarte er Ende 2017 und hob es als besonderen Ausdruck von Demokratie hervor. Auch könne man den britischen Steuerzahler nicht mit Kosten belasten, die durch den Euro hervorgerufen wurden. Interessant wäre noch gewesen, worüber sich George Osborne gestern Abend in der Pizzeria mit Wolfgang Schäuble unterhalten hatte. Diese Arbeitsessen zwischen "Wolfgang and George" sind oft weit wertvoller als öffentliche Statements und Diskussionspanels.

Angela Merkel und Sigmar Gabriel nutzten jedenfalls die Steilvorlage von Ulrich Grillo und appellierten an die Briten: "Stay in"!

Siehe auch: Rede des britischen Finanzministers George Osborne

Autor: Matthias Baumann