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Montag, 15. Mai 2017

Einen Tag nach Amtsantritt besucht Emmanuel Macron die Bundeskanzlerin

Emmanuel Macron trafen wir 2014. Damals war er Wirtschaftsminister und gewann durch sein jugendlich charmantes Auftreten. Er trug eine schlichte Krawatte, wie sie für 39 Euro bei Casa Moda oder vergleichbaren Herrenausstattern zu kaufen ist. Er grüßte freundlich, als würden wir uns schon lange kennen und er brachte die Anliegen Frankreichs zusammen mit seinem Kollegen Sapin gegenüber der Bundesregierung vor. Anliegen, die nicht unbedingt Sympathie erzeugten.

Emmanuel Macron Berlin
Emmanuel Macron - Antrittsbesuch in Berlin
Emmanuel Macron blieb auch bei seiner Abfahrt konsequent auf der Linie Frankreichs. Für ihn und Finanzminister Michel Sapin standen zwei silberne Familienkutschen der Marke Citroen bereit, während die anderen Gesprächspartner mit schwarzen Limousinen aus deutscher Produktion vom Hof des Finanzministeriums rollten.

Heute fuhr Emmanuel Macron mit einer schwarzen Mercedes S-Klasse im Ehrenhof des Kanzleramtes vor. Nicht mehr als Wirtschaftsminister, sondern als frisch gebackener Staatspräsident Frankreichs. Seit gestern im neuen Amt und schon zu Besuch in Berlin. Das nennt man Freundschaft. Seidig glänzte die Tricolore in der Sonne. Sogar den Frühling schien Emmanuel Macron mitgebracht zu haben.

Emmanuel Macron Berlin
Emmanuel Macron - Antrittsbesuch in Berlin - eine Minute Foto-Shooting am Eingang
Blau-weiß-rote Spruchbänder und Fahnen säumten die Straße. Solch eine gute Stimmung ist bei Staatsbesuchen selten zu erleben. Das letzte Mal wohl, als Griechenlands Premierminister Tsipras nach Berlin kam. Dieser war vor dem Kanzleramt erst einmal ausgestiegen und hatte persönlich die Menge begrüßt.

Macron kam später als erwartet. Das Ehrenbataillon hatte bereits eine halbe Stunde lang vor dem roten Teppich gestanden. "Jetzt geht's lohoooos", schallten die Sprechchöre in den Ehrenhof. Doch ohne Wirkung. Es kam erst Bewegung ins Geschehen, als laute Motorradgeräusche und Signalhörner zu hören waren. Als Teaser fuhr der Protokollchef vor. Die Kameras wurden startklar gemacht. Der Oberstleutnant drehte sich zur Ehrenformation.

Emmanuel Macron Berlin
Emmanuel Macron - Antrittsbesuch in Berlin - Sitz der Krawatte
Motorräder - Merkel - Macron. Blitzlichtgewitter im Eingangsbereich. Etwa eine Minute lang badeten der 39-jährige Macron und Angela Merkel in der Aufmerksamkeit der Fotografen. Das ist sehr lange. Erst dann gingen sie zu den Delegationen und schüttelten deren Hände. Auf dem Weg zum Podest rückte Emmanuel Macron seine Krawatte zurecht und winkte seinen Fans außerhalb des Sperrbereiches zu. Auch Angela Merkel winkte. Sie war sichtlich gerührt und genoss den Halo-Effekt ihres Gastes.

Emmanuel Macron Berlin
Emmanuel Macron - Antrittsbesuch in Berlin - Gruß an die Fans vor dem Tor
Die Marseillaise wurde mit so viel Dynamik vorgetragen, dass dem dirigierenden Oberstleutnant schon fast die französische Ehrenbürgerschaft zuerkannt werden müsste. Den weiteren Weg über den roten Teppich meisterte der junge Staatschef mit Exzellenz, verneigte sich vor der Truppenfahne und verschwand unter lautem Jubel in der Waschmaschine, so wie der Volksmund den Amtssitz der Kanzlerin nennt.

Heinrich IV hatte Angela Merkel nie empfangen. Emmanuel Macron war der vierte französische Präsident, den sie während ihrer Amtszeit begrüßen konnte. Trotz der parteipolitischen Unterschiede freute sich die Kanzlerin über den Newcomer aus Paris.

Macron hat sich viel vorgenommen. In der Pressekonferenz brachte er wieder einige der alten Themen vor, zu denen ein europäischer Investitionsfonds gehört. Mit Elan möchte er die EU reformieren und benötigt dazu die Unterstützung Deutschlands. Seinen ehemaligen Kollegen, Sigmar Gabriel, hat er schon auf seiner Seite.

Video:
Militärische Ehren zum Antrittsbesuch von Emmanuel Macron

Autor: Matthias Baumann

Sonntag, 18. November 2018

Volkstrauertag 2018 - Bundesregierung legt gemeinsam mit Emmanuel Macron Kränze nieder zum 100. Jahrestag des Endes des Ersten Weltkriegs

"Vorletzter Sonntag des Kirchenjahres", so steht es in den einschlägigen Kalendern umrahmt mit Bibelsprüchen, alten Kirchenliedern und den Predigttexten für den vorletzten Sonntag vor dem ersten Advent. Der Volkstrauertag hat eine lange Tradition. Er wurde 1919 - also kurz nach Ende des Ersten Weltkriegs - vorgeschlagen und erstmalig 1925 begangen. Damals noch im März.

Volkstrauertag 2018 Kranzniederlegung Neue Wache Macron Merkel Steinmeier
Volkstrauertag 2018 - Kranzniederlegung an der Neuen Wache durch Emmanuel Macron, Frank-Walter Steinmeier und Angela Merkel
Im Ersten Weltkrieg starben etwa 17 Millionen Menschen. Das entspricht der Gesamtbevölkerung von Chile oder der ehemaligen DDR. Panzer und Flugzeuge hatten jedoch in dieser Zeit noch nicht so eine große Bedeutung wie zwei Dekaden später im Zweiten Weltkrieg. Deutschland und Frankreich standen sich mal wieder feindlich gegenüber, während Frankreich seine Erzrivalen England und Russland als Verbündete gewinnen konnte.

Volkstrauertag 2018 Kranzniederlegung Neue Wache Macron Merkel Steinmeier
Volkstrauertag 2018 - Kranzniederlegung an der Neuen Wache durch Emmanuel Macron, Frank-Walter Steinmeier und Angela Merkel
Inzwischen ist Frankreich auch mit Deutschland verbündet. Es gibt die deutsch-französische Brigade zusammen mit der Bundeswehr, es gibt den deutsch-französischen Ministerrat und Frankreich ist nach Deutschland der größte Nettozahler der EU. Dann kommt erst einmal gar nichts, gefolgt von Italien mit einem Drittel der EU-Einzahlungen Frankreichs.

Das Verhältnis zu Frankreich kann - zumindest auf politischer Ebene - als herzlich bezeichnet werden. Besonders herzlich wirkte bei der heutigen Kranzniederlegung das Verhältnis zwischen Bundespräsident Steinmeier und Frankreichs Präsident Macron. Angela Merkel lief am Rande. Sie wirkte traurig und hatte den Kopf gesenkt. In der Hand eine Blume. Claudia Roth von den Grünen lief zwischen Macron und Merkel und drängte die scheidende Kanzlerin beim Betreten der Neuen Wache fast ab. Claudia Roth vertrat in Funktion der Vizepräsidentin den Bundestag.

Volkstrauertag 2018 Kranzniederlegung Neue Wache Macron Merkel Steinmeier
Volkstrauertag 2018 - Kranzniederlegung an der Neuen Wache - Spitzenpolitiker warten auf die zweite Kranzniederlegungsgruppe - v.l.n.r.: Andreas Voßkuhle (Präsident des Bundesverfassungsgerichtes), Claudia Roth von den Grünen (Vizepräsidentin des Bundestages), Daniel Günther (Präsident des Bundesrates, CDU Schleswig-Holstein), Emmanuel Macron (Präsident Frankreichs), Frank-Walter Steinmeier (Bundespräsident)
Auch nach der Kranzniederlegung stand die Kanzlerin abseits der rege plaudernden Spitzenpolitiker. Die erste Gruppe musste noch warten, bis auch der Generalinspekteur, der Bundesrat und das Berliner Abgeordnetenhaus ihre Kränze platziert hatten. Die schwarzen Limousinen aus deutscher Produktion warteten ebenfalls. Ganz vorne der Audi der Kanzlerin. Anhand der Standarten konnte jeder sein Fahrzeug wiedererkennen. Die Prominenz verteilte sich auf die Autos und fuhr dann im Konvoi Richtung Bundestag.

Volkstrauertag 2018 Kranzniederlegung Neue Wache Macron Merkel Steinmeier
Volkstrauertag 2018 - Kranzniederlegung an der Neuen Wache durch Angela Merkel, Frank-Walter Steinmeier und Emmanuel Macron (v.l.n.r.)
Frank-Walter Steinmeier und Emmanuel Macron teilten sich ein Fahrzeug. Eskortiert vom satten Sound weiß-blauer Motorräder bogen sie als Letzte auf die Straße Unter den Linden ein. Der französische Präsident sollte gleich vor dem Bundestag reden.

Video:
Kranzniederlegung zum Volkstrauertag 2018 an der Neuen Wache

Autor: Matthias Baumann

Montag, 20. Oktober 2014

Frankreichs Minister für Wirtschaft und Finanzen treffen Sigmar Gabriel und Wolfgang Schäuble

Die Stimmung war gut. Sigmar Gabriel, Wolfgang Schäuble und ihre französischen Amtskollegen Finanzminister Michel Sapin und Wirtschaftsminister Emmanuel Macron erschienen pünktlich zur heutigen Pressekonferenz im Bundesministerium für Finanzen.

Gut, dass es keine britischen Minister waren. Ansonsten hätte sich wohl der wolkenverhangene Himmel über den großen Flaggen und den heran eilenden Journalisten entladen.

Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel Finanzminister Wolfgang Schäuble
Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel und Finanzminister Wolfgang Schäuble
Finanzminister Schäuble bezeichnete das Verhältnis als vertrauensvoll, wodurch die anstehenden Probleme gut lösbar seien. Dieses Treffen finde in Zeiten des wirtschaftlichen Rückganges statt. Deshalb habe man ein besonderes Augenmerk auf die Förderung von Investitionen gelegt.

Michel Sapin präzisierte das noch dahingehend, dass insbesondere private Investitionen gefördert werden sollten, da Frankreich zur Zeit 21 Mrd. Euro seiner öffentlichen Ausgaben kürzt. Er zeigte sich enttäuscht über das Wachstum in der Eurozone. Dieses sei deutlich geringer als gedacht. In Frankreich spüre man dieses besonders an der zunehmenden Jugendarbeitslosigkeit.

Französische Finanzminister Michel Sapin und Wirtschaftsminister Emmanuel Macron
Frankreichs Finanzminister Michel Sapin und Wirtschaftsminister Emmanuel Macron
Wirtschaftsminister Gabriel sprach sich für umfassende Strukturreformen aus, die keinesfalls als Strohfeuer fungieren sollten. Energie sei in Deutschland zu teuer, so dass energieeffizientes Wirtschaften forciert werden solle. Zudem gehe es darum, junge Unternehmen zu unterstützen und gute Rahmenbedingungen für diese zu schaffen. Letztlich habe das zur Folge, dass die Wettbewerbsfähigkeit des Kontinentes gestärkt werde.

Für Wirtschaftsminister Macron blieb dann nur noch anzumerken, dass seine Vorredner bereits alles gesagt hätten. Der 39-jährige kam aber so richtig in Schwung, als er eine "neue Dynamik" forderte. Europa solle wieder zu einer "schönen Idee" werden, die nicht durch Regulierungen aus Brüssel bürokratisch verstaubt werde. Emmanuel Macron schwärmte vom "europäischen Traum", den wir wieder in Besitz nehmen sollten.

Französischer Wirtschaftsminister Emmanuel Macron
Französischer Wirtschaftsminister Emmanuel Macron
Abwechselnd durften deutsche und französische Pressevertreter ihre Fragen stellen. Immer wieder fiel das Wort "Pakt", welches gar nicht auf alle Beziehungen zu Frankreich anwendbar war. Die deutschen Journalisten schossen sich auf kritische Fragen zur Stabilität des Euro ein. Da wurde dann seitens der französischen Minister gerne einmal auf die unvollständige Simultan-Übersetzung der Frage abgestellt und entsprechend unvollständig geantwortet.

Als die französische Forderung nach 50 Mrd. Euro Investitionsvolumen deutscher Unternehmen in Frankreich hinterfragt wurde, ruderten Macron und Sapin zurück und sagten, dass man Deutschland keine Auslands-Investitionen vorschreiben könne. Umgekehrt gehe das ja auch nicht.

Die Frage, ob Frankreich immer noch eine weitere Abwertung des Euro zur Ankurbelung der Wirtschaft wünsche, wurde von Finanzminister Sapin an die EZB und deren unabhängige Entscheidungsprozesse verwiesen. Sigmar Gabriel warf ein, dass der Stabilitätspakt nicht nur ein Pakt für die Stabilität sei, sondern in seiner Funktion und vollen Bezeichnung ein Stabilitäts- und Wachstumspakt. Gabriel sprach sich gegen eine Änderung der Regeln und für ein Ausschöpfen der Spielräume aus. Alles mit dem Ziel des wirtschaftlichen Wachstums. Michel Sapin fügte dem noch hinzu, dass eine Änderung der Regeln keine Probleme löse. Ein gutes Wort, welches Hoffnung auf wirtschaftliche Stabilisierung und Aufschwung vermittelt.

Video:
Tagesschau vom 20.10.2014 zum Treffen der Minister

Autor: Matthias Baumann

Bundesministerium für Finanzen Pressekonferenz
Bundesministerium für Finanzen - hohes Medieninteresse an der Pressekonferenz

Dienstag, 24. November 2015

BDA Deutscher Arbeitgebertag 2015

Fahrzeugfabrikate aus Frankreich mit Diplomatenkennzeichen und Kopfhörer auf den Plätzen im großen Saal des Estrel Convention Centers an der Sonnenallee sprachen eine deutliche Sprache: Französisch.

BDA Deutscher Arbeitgebertag 2015
BDA Deutscher Arbeitgebertag 2015 auf französisch
Nach der Mittagspause des Deutschen Arbeitgebertages 2015 der BDA Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände wurden Wirtschaftsminister Gabriel und sein französischer Amtskollege Macron erwartet.

Bei Rednern und Gästen gab es deutliche Schnittmengen zum BDI Tag der Deutschen Industrie 2015. Auch Angela Merkel war für eine Rede angekündigt. Nur dass heute statt des britischen Finanzministers der französische Wirtschaftsminister eingeladen war.

Die britische Botschaft ist von der französischen nur durch den - wie tendenziös - Pariser Platz getrennt und deren Botschafter eifern regelmäßig um die besten Zahlen bei den Beziehungen zu Deutschland. Emmanuel Macron brach heute ein Tabu: er redete auf Englisch. Konvergenz?




BDA Deutscher Arbeitgebertag 2015
BDA Deutscher Arbeitgebertag 2015 - französischer Wirtschaftsminister Emmanuel Macron
Zunächst ging er detailliert auf die Divergenzen in der EU ein, lobte die Großzügigkeit der Deutschen in der aktuellen Flüchtlingssituation und kam dann wieder auf Divergenzen und deren Risiken zurück. Am Ende seiner Rede platzierte er die Forderung nach Konvergenz bei der Schaffung eines gemeinsamen Haushaltes und den Einsatz eines gemeinsamen Kommissars.

Interessant waren seine politisch korrekten Beschreibungen der Attentäter von Paris. Es sagte, dass es Franzosen und Belgier gewesen seien und differenzierte nicht zwischen Staatsangehörigkeit und Zuwanderungsgeschichte.


BDA Deutscher Arbeitgebertag 2015
BDA Deutscher Arbeitgebertag 2015 - Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel
Das war eine gelungene Vorlage für Sigmar Gabriel. Dieser nehme in Deutschland eine wachsende Nationalisierung wahr, die aus den oben genannten Divergenzen hervorgehe. Deutschland als Zahlmeister, der bei Hilfegesuchen allein gelassen werde. Renationalisierung und Desintegration mache sich zunehmend in europäischen Regierungen breit. Die EU werde als Problem statt als Lösung gesehen, was einen fatalen Befund darstelle.

Die EU habe lange die hellen Seiten der Globalisierung gesehen und genossen: Märkte, Umsätze, Möglichkeiten. Bei den dunklen Seiten habe man weggeschaut. Und wo ist sie nun, die Solidarität in Europa? Die Antwort auf die Herausforderungen seien in der EU das Erbsenzähler- oder das Sankt-Florians-Prinzip: "Heiliger Sankt Florian, verschon mein Haus, zünd andre an". Applaus gab es, als Sigmar Gabriel zum Schulterschluss mit Russland aufrief. Große Koalition im Kampf gegen den Terrorismus.


BDA Deutscher Arbeitgebertag 2015
BDA Deutscher Arbeitgebertag 2015
Laut Sigmar Gabriel werde die Politik zur Zeit von den Tatsachen überrannt und könne sich gar nicht mehr auf die kurz vorher noch als wichtigste Aufgaben deklarierten Themen konzentrieren. So forderte auch er die Rückkehr zum liegen gebliebenen Tagesgeschäft.

Konvergenz - das lebt er praktisch. Am Wochenende nahm er kurzentschlossen seine Frau und seine Tochter mit nach Frankreich und besuchte dort die Familie Macron. Der persönliche Austausch unter Spitzenpolitikern kann so manch eine Weiche stellen, die über Jahre im Sumpf der Bürokratie eingerostet war.


BDA Deutscher Arbeitgebertag 2015
BDA Deutscher Arbeitgebertag 2015
Neben den Wirtschaftsministern und der Bundeskanzlerin traten heute noch Telekom-Vorstand Timotheus Höttges, Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer, der Migrationsbeauftragte Frank-Jürgen Weise, Bundesminister Alexander Dobrindt und weitere spannende Persönlichkeiten auf.

Frank-Jürgen Weise versuchte die angespannte Qualifizierungslage bei den Zuwanderern zu beschwichtigen. Innerhalb von fünf Jahren sollten 50% in Beschäftigung sein und innerhalb von zehn Jahren sogar 70%. Analphabeten gebe es nicht nur unter Flüchtlingen, sondern auch zur Genüge in Deutschland. Während den Deutschen sämtliche Bildungswege offen stünden, habe ein Flüchtling vielleicht bisher nie die Chance zum Besuch einer Schule gehabt.

Die Arbeitgeber an den Stehtischen löffelten milde lächelnd ihre Kartoffelsuppe und betrachteten die Ausführungen ambivalent.

BDA Deutscher Arbeitgebertag 2015
BDA Deutscher Arbeitgebertag 2015 - Charta der Vielfalt
Networking nahm bei diesem Deutschen Arbeitgebertag 2015 des BDA einen hohen Stellenwert ein. Dazu gab es diverse Pausen und große einladende Stände von Telekom, Deutscher Bank & Co. Auch die Charta der Vielfalt präsentierte sich mit frischem Design und neuen Imagebroschüren. Die Deutsche Bank und die Deutsche Bahn sind Vorreiter beim Thema Diversity. Divergenz? Nein, Diversity! Chancen der Vielfalt statt Risiken der Vielfalt. Die Charta der Vielfalt macht es vor, wie aus Divergenz mithilfe von Diversity eine neue Qualität der Konvergenz geschaffen werden kann.

Autor: Matthias Baumann

Freitag, 15. September 2017

Französischer Premierminister Édouard Philippe in Berlin

Seit vier Monaten ist Édouard Philippe Premierminister in Frankreich. Der große 46-Jährige hatte sein Abitur in Bonn gemacht und war seither politisch in der Sozialdemokratie angesiedelt. Mit 31 Jahren schwenkte er zur rechten Mitte um und fungierte zeitweilig als Bürgermeister.

Französischer Premierminister Édouard Philippe in Berlin
Französischer Premierminister Édouard Philippe in Berlin
Staatspräsident Macron hatte ihn einen Tag nach seinem Amtsantritt zum Premierminister ernannt und somit eine heterogene Landschaft in der Regierung geschaffen. Der mediale Rummel um Macron lässt die anderen Player des Parlamentes verblassen. Philippe zeigte sich heute entsprechend unsicher und blickte im Ehrenhof des Kanzleramtes lieber auf das Muster des roten Teppichs als in die Kameras der Journalisten.

In Frankreich wird bereits Unmut über das vermeintliche Nichtstun und diverse Fehlentscheidungen Macrons laut. Er sei medial überbewertet. Allerdings gehen die Medien noch vorsichtig mit ihm um, da sie ja schließlich vor der Wahl massiv an seinem Image gefeilt hatten.

Französischer Premierminister Édouard Philippe in Berlin
Französischer Premierminister Édouard Philippe in Berlin
Beim heutigen Treffen im Kanzleramt ging es hauptsächlich um den Euro. Frankreich hegt schon lange den Wunsch nach einem europäischen Finanzminister, einer gemeinsamen Wirtschaftsregierung und einem eigenen Budget für die Eurozone. An Finanzminister Schäuble waren Sapin und Macron als damalige Wirtschafts- und Finanzminister bereits abgeprallt. Die Kanzlerin machte verbale Zugeständnisse, die jedoch den Zeitrahmen offen ließen. Angela Merkel regte zudem einen europäischen Währungsfonds an.

Im Gegensatz zu Macron wird Édouard Philippe wohl eher unterbewertet. Er war Pressesprecher Juppés und hat zwei Politthriller verfasst: Stunde der Wahrheit und Im Schatten. Beide Bücher sind zurzeit nur auf Französisch verfügbar. Er ist verheiratet und hat drei Kinder.

Video:
Militärische Ehren für Édouard Philippe

Autor: Matthias Baumann

Donnerstag, 26. April 2018

Frankreichs Verteidigungsministerin Florence Parly fliegt zum Antrittsbesuch in Berlin ein

Die Halbwertzeit der ersten Mitstreiter von Emmanuel Macron war vergleichbar mit den Hire-Fire-Szenarien der aktuellen amerikanischen Politik. Die erste Verteidigungsministerin unter Macron, Sylvie Goulard, hatte wenige Tage nach ihrer Amtseinführung das Kleid aus dem Pariser Chic auf dem Hof des Bendlerblocks präsentiert. Nach einem Monat war sie dann weg vom Fenster. Als Nachfolgerin wurde am 21. Juni 2017 Florence Parly eingesetzt.

Frankreich Verteidigungsministerin Florence Parly Berlin
Frankreichs Verteidigungsministerin Florence Parly zum Antrittsbesuch in Berlin
Dann kamen erst einmal die Sommerferien und die elend lange Zeit der Regierungsbildung in Deutschland. Anlässlich der ILA 2018 war es dann soweit, dass Florence Parly ihren Antrittsbesuch in Berlin absolvieren konnte. Immerhin hat sie nun schon zehn Monate in der Regierung Macron durchgehalten.

Sie ist mit ihren knapp 55 Jahren eine der ältesten Personen mit Ministerposten in Frankreich. Mit dem Alter bringt sie auch jede Menge Erfahrungen mit. 1987 hatte sie mit der Beratung verschiedener Ministerien begonnen. Von 2008 bis 2014 war sie stellvertretende Chefin der Air France und zeichnete dort für die strategische Ausrichtung verantwortlich. Danach stieg sie bei der Französischen Staatsbahn (SNCF) ein. Seit Juni 2017 fungiert sie als Verteidigungsministerin Frankreichs. Ihr Ehemann, Martin Vial, war übrigens Chef von La Poste, einem großen französischen Postunternehmen.

Frankreich Verteidigungsministerin Florence Parly Berlin
Frankreichs Verteidigungsministerin Florence Parly in Berlin: Ursula von der Leyen gibt den Weg vor. Wer geht mit?
Deutschland und Frankreich arbeiten militärisch sehr eng zusammen. Mit Amtseinführung des neuen Generalinspekteurs Eberhard Zorn wird sich das wohl noch intensivieren. Immerhin stammt Eberhard Zorn aus dem Saarland und hat auch die französische Generalstabsausbildung durchlaufen. In den heutigen Gesprächen soll es um die Beschleunigung der Einsatzfähigkeit und weitere konkrete Projekte gehen. Die großen gemeinsamen Aktivitäten sind MINUSMA in Mali, SOPHIA im Mittelmeer und die NATO-Ostflanke in Litauen.

Der Presseinfostab des Verteidigungsministeriums war schon in der letzten Woche ganz aus dem Häuschen über den heutigen Termin mit Florence Parly. Nach der Begrüßung mit militärischen Ehren stand noch eine kurze Unterredung der Delegationen auf dem Programm.

Anschließend begeben sich die beiden Amtskolleginnen nach Tegel und fliegen von dort aus mit dem Airbus A400M nach Schönefeld. Ein logistisch absurdes Unterfangen, aber ein Akt mit hoher Symbolkraft. Auf der ILA sollen weitere Verträge zwischen Deutschland und Frankreich unterzeichnet werden.

Girls'Day BMVg Infotag Arbeitgeber Bundeswehr
Girls'Day im BMVg - über 4.000 Schülerinnen informieren sich über den Arbeitgeber Bundeswehr
Zeitgleich fand im Bendlerblock auch noch der Girls'Day der Bundeswehr statt. Über 4.000 Schülerinnen informierten sich über die Bundeswehr als zukünftiger Arbeitgeber. Einige dieser Mädchen kamen in den Genuss, zusammen mit der Ministerin fotografiert zu werden und die militärischen Ehren für Florence Parly hautnah mitzuerleben.

Autor: Matthias Baumann

Dienstag, 2. Dezember 2014

47. Deutsch-Französicher Finanz- und Wirtschaftsrat

Weihnachtlich erleuchtet ist auch das Bundesministerium für Finanzen. Auf dem Balkon vor dem Matthias-Erzberger-Saal funkelt ein Weihnachtsbaum. Im Treppenhaus steht ein weiterer bunt geschmückter Baum. Ein Sicherheitsbeamter weist darauf hin, dass dieser Baum mit Wünschen von Schulkindern behängt sei.

Und tatsächlich, neben dem Wunschzettel eines Fünfjährigen für eine Taschenlampe in "Mariechen-Käfer"-Optik hatte die 16-jährige Jenni einen roten Zettel mit der Bitte um "einen Gutschein für Rossmann oder DM" angebracht. DM? Die wurde doch vor 13 Jahren durch den Euro abgelöst.

47. Deutsch-Französicher Finanz- und Wirtschaftsrat
Wunschzettel von Schülern am Weihnachtsbaum im Bundesministerium der Finanzen
Die Zusammensetzung der heutigen Pressekonferenz war recht pikant und ließ einige spannende Informationen zum Euro und den Begehrlichkeiten der EZB erwarten.

Frankreich war durch Finanzminister Michel Sapin und Wirtschaftsminister Emmanuel Macron vertreten. Ihre deutschen Amtskollegen, Wolfgang Schäuble und Sigmar Gabriel, standen ebenfalls für Fragen der Presse zur Verfügung.

47. Deutsch-Französicher Finanz- und Wirtschaftsrat
Amtskollegen beim 47. Deutsch-Französichen Finanz- und Wirtschaftsrat
Das Besondere war die Flankierung der vier Minister durch die jeweiligen Notenbank-Chefs. Bundesbank-Präsident Jens Weidmann, von David Marsh als Merkels wichtigster Mann gehandelt, gab sein gut formuliertes Statement vor der stellvertretenden Präsidentin der Banque de France, Anne Le Lorier, ab. Jens Weidmann sehe "durchaus  positive Entwicklungen". Die "expansive Geldpolitik" stütze diese Entwicklung. Hinzu käme die sehr "positive Stimmung" an den Finanzmärkten, wobei hier zwischen "Stimmung" und Tatsachen zu unterscheiden sei. Auch könne Geldpolitik Strukturprobleme nicht nachhaltig beheben. Es bedürfe klarer Strukturreformen. Da bereits solche Reformen eingeleitet seien, könne man bereits eine gewisse "Reformdividende" einfahren.

47. Deutsch-Französicher Finanz- und Wirtschaftsrat
Bundesbank-Präsident Jens Weidmann
Der Bundesbank-Präsident freute sich auch darüber, dass die EU darauf verzichtet hatte, auf besonders ambitionierte Ziele zu setzen. Die Frage nach einer geplanten strategischen Abwertung des Euro verneinte er.

Seine Amtskollegin Le Lorier ging kurz auf die unterschiedlichen Positionen im innereuropäischen Bankenwesen ein und wünschte sich eine zunehmende Vereinheitlichung. Das Bankensystem solle "gesünder" gestaltet werden, was nach französischer Auffassung durch Regulierung zu erreichen sei.

"Ich muss das auf Englisch sagen. Das entspricht dem Geist der deutsch-französischen Zusammenarbeit", kennzeichnete Wolfgang Schäuble das gute Verhältnis zu Sapin und Macron. Sigmar Gabriel sprach sogar von einer "Modernisierungs-Partnerschaft" zwischen Deutschland und Frankreich.

Beim heutigen 47. Deutsch-Französischen Finanz- und Wirtschaftsrat ging es unter anderem um eine Verdoppelung der Investitionen. Man wolle nun sehr schnell vorankommen und laut Wirtschaftsminister Macron innerhalb der nächsten vierzehn Tage konkrete Projekte vorstellen. Dabei solle es um private Investments im öffentlichen Bereich gehen. Finanzminister Sapin will deshalb nur bei bestehenden Kostenfaktoren kürzen und Investments zur vollen Entfaltung kommen lassen.

47. Deutsch-Französicher Finanz- und Wirtschaftsrat
Sigmar Gabriel und Wolfgang Schäuble beim 47. Deutsch-Französichen Finanz- und Wirtschaftsrat
Sigmar Gabriel wurde sehr leidenschaftlich, als von einem Amerikaner die Frage gestellt wurde, ob nun das Geld die Projekte suche, oder die Projekte das Geld. "Wenn die Projekte gut sind, findet sich das Geld", war Gabriels Bekenntnis zu zielführenden Ideen. Man müsse sehen, dass die Projekte kein Strohfeuer darstellen, sondern zur nachhaltigen Positionsverbesserung auf dem internationalen Markt führen. Auch wies er auf die dünner werdende Luft für Europa im Wettbewerb mit Amerika und Asien hin. Aus diesem Grunde habe sich der Wirtschaftsrat auch mit Elektro-Mobilität, Energie-Themen und der Digitalwirtschaft beschäftigt. Auch Freihandel sei ein wichtiger Aspekt, bei dem es nicht den Anschluss zu verlieren gelte.

47. Deutsch-Französicher Finanz- und Wirtschaftsrat
Jens Weidmann und Sigmar Gabriel beim 47. Deutsch-Französichen Finanz- und Wirtschaftsrat
Und dann kam sie wieder, die Frage nach dem Ausstieg aus dem Euro und der Wiedereinführung der DM. Wolfgang Schäuble wies jegliche Informationen über die Ausarbeitung von Ausstiegsplänen als "Spekulation der Medien" zurück und bekannte sich deutlich zum Euro. Jens Weidmann lächelte.

Autor: Matthias Baumann

Samstag, 15. Februar 2020

#MSC2020 - Die schwere Entscheidung zwischen Zuckerberg und Golfkrise

Der gemeine Hauptstadtjournalist ist normalerweise erst nach mehreren Tassen Kaffee und bei Terminen ab zehn Uhr einsatzfähig. Die Münchner Sicherheitskonferenz (MSC) forderte Teilnehmer und Presse auf ihre sehr spezielle Weise heraus. Denn schon um halb acht beginnen die ersten Gesprächsrunden - Breakfast genannt. Da sich der Terminplan sehr kurzfristig ändern oder erweitern kann, tut man gut daran, auch schon um diese Zeit vor Ort zu sein und den verschlafenen Blick auf den Ticker an den Großleinwänden zu werfen. Profis haben neben der Kaffeetasse sogar noch das druckfrische Programmheftchen des Tages zu liegen.

Unter permanentem Abgleich von Ticker und Programmheft läuft der Rest des Tages nur bedingt planbar ab. Flexibilität und schnelle Entscheidungen sind gefordert. Nachdem das Kreuzchen bei den Reden von AKK und Sergey Lavrov in der Conference Hall gesetzt sind, blättert man auf die nächste Seite und sieht einen Paralleltermin im Königssaal. Was ist jetzt wichtiger? Passt das mit den Anschlussterminen? Anhören im Pressezelt oder Dabeisein im Königssaal? Wann ist Pooling und wie lang sind die Wege zwischen den Terminen? Darf schreibende Presse bleiben oder muss sie mit der Bildpresse nach fünf Minuten den Raum verlassen?

#MSC2020 MSC Münchner Sicherheitskonferenz
#MSC2020 Münchner Sicherheitskonferenz - Informationsmaterial zur Planung des Tagesablaufs
Es gibt viele Abstufungen in der Zutrittsberechtigung. In diesem Jahr ist die Presse Gelb. Dann gibt es noch Gelb mit Blau und Gelb mit doppelt Blau. Je mehr blaue Streifen, umso weiter der Bewegungsradius. Es gibt Grün und Blau und Grau. Da die Badges Fotos und einen Transponder enthalten, kann beim Durchlaufen eines Eingangs immer gesehen werden, ob das Badge zur herzutretenden Person passt. Auf einem Display erscheint ein riesiges Passfoto nebst Namen. Die namentliche Begrüßung der Herzutretenden muss relativ frühzeitig ausgesetzt worden sein.

Samstag ist der Powertag bei der MSC: Präsidenten, Verteidigungsminister, Außenminister und andere wichtige Personen geben sich die Klinke in die Hand. Mitarbeiter des Hotels stürzen mit Bergen von Tischdecken, Gläsern und Stühlen durch die Gänge. Es gibt eine gefühlte 1:1-Betreuung durch Sicherheitspersonal im zarten Jugendalter. Generale und Staatssekretäre drängen sich an wartenden Delegationen vorbei. Präsidenten, die kürzlich noch auf dem roten Podest im Kanzleramt standen, wühlen sich mit ihren Personenschützern durch die Massen. Handschlag? Selfie? Kein Problem.

In dieser geballten Form kommen wohl nur noch in Davos die Spitzenpolitiker zusammen. Die MSC ist jedoch kein Wirtschaftsforum, sondern betrachtet sämtliche Themen aus dem Blickwinkel der Sicherheitspolitik. Das betrifft auch Corona, Big Data, Social Media oder den Klimawandel. Zu letzterem Thema durfte diesmal Jennifer Morgan von Greenpeace eine Einleitungsrede halten. Für das Fachpublikum war diese jedoch nicht annähernd so spannend und überzeugend, wie die wissenschaftlichen Hochrechnungen von Prof. Schellnhuber auf der MSC 2019.

#MSC2020 MSC Münchner Sicherheitskonferenz
#MSC2020 Münchner Sicherheitskonferenz - Kasachstans Präsident Kassym-Jomart Tokayev
Der Vorteil an diesem Umstand war, dass ad hoc auf eine Parallelveranstaltung im Königssaal umdisponiert werden konnte. Nämlich die Geografie in Asien - eine Diskussionsrunde mit den Präsidenten Kasachstans und Afghanistans. Kassym-Jomart Tokayev hatte Ende des letzten Jahres die Kanzlerin auflaufen lassen, indem er demonstrativ zur eigenen Nationalhymne aufgestanden war und sogar die Hand aufs Herz gelegt hatte. Auch in dieser Runde gab er sich konsequent loyal gegenüber Russland und China. Die Sandwich-Position seines Landes sei ein Segen, da es von Russland und China profitiere. Afghanistan zeigte sich hingegen loyal gegenüber den USA und der NATO. Da sich die Drogenproduktion für Afghanistan lohne, werde kaum etwas dagegen unternommen. Das tangiert auch den Nachbarn Kasachstan. Kasachstan dient schon lange als Transitland und hat inzwischen eine steigende Zahl an Konsumenten. Mit One Belt One Raod (OBOR) werden die chinesischen Partner sicher für eine weitere Vereinfachung der Drogenlogistik sorgen.

Vor dem Königssaal gab es das übliche dichte Gedränge. Der Leiter Protokoll BMVg bahnte sich einen Weg. Es war zu erfahren, dass Annegret Kramp-Karrenbauer wie am Fließband bilaterale Gespräche mit Amtskollegen führe. Nur die Bundeswehrredaktion war für die Auftaktbilder zugelassen.

Klimawandel und asiatische Geografie waren nicht die einzigen Herausforderungen des Tages: "Zuckerberg oder Golfkrise?", war die Frage. Wer möchte ihn nicht einmal live sehen, den berühmten Mark Zuckerberg von Facebook? Gemäß der Altersstruktur der MSC-Teilnehmer konnte die Prognose gewagt werden, dass die Conference Hall voll ist. Deshalb fiel die Entscheidung leicht, sich dem Thema "Deeskalation in der Golf-Region" zuzuwenden. Und dazu wurde im Königssaal alles aufgefahren, was in der Region Rang und Namen hat: Mohammad Javad Zarif (Außenminister des Iran), Sheikh Mohammed bin Abdulrahman Al Thani (Außenminister von Katar), Sheikh Ahmed Nasser Al-Mohammed Al-Sebah (Außenminister von Kuwait), Mevlüt Cavesoglu (Außenminister der Türkei), Yusuf bin Alawi bin Abdulla (Außenminister von Oman), Prince Faisal bin Farhan Al Saud (Außenminister von Saudi Arabien) und der in dieser Runde eher unspektakulär wirkende US-Senator Christopher Murphy.

#MSC2020 MSC Münchner Sicherheitskonferenz
#MSC2020 Münchner Sicherheitskonferenz - Afghanistans Präsident Mohammad Ashraf Ghani (rechts) im Gespräch mit dem Moderator Richard N. Haas
Achtung! Hier endet die Aufzählung der Namen. Die Liste deutet jedoch an, wie wichtig diesen Spitzenpolitikern der Dialog bei der Münchner Sicherheitskonferenz ist. Ja es ist sogar so, dass sie sich auf eine Moderatorin wie die BBC-Korrespondentin Lyse Doucet einlassen. Da kann man nie wissen, welche Fragen sie stellen wird und wie sie in ihrer unerbittlichen Art das Gespräch auf den Kern zurückführt. Mohammad Javad Zarif aus dem Iran sah das gelassen. Er lehnte sich auf seinem Stuhl zurück und ließ den Dialog selbstsicher und entspannt über sich ergehen.

Bei den Ausführungen des Mannes aus dem Iran kam zum Ausdruck, dass man sich von den USA nicht "austrocknen" lasse. Überhaupt sehe man nicht ein, warum man den USA entgegenkommen solle, wenn diese ihrerseits keine Zugeständnisse machen. Der türkische Außenminister setzte noch einen drauf, indem er den momentanen Feind Nummer Eins - China - als "ein Glück" für die Türkei bezeichnete. Die Türkei sei schließlich das Zentrum der neuen Seidenstraße OBOR.

Etwas moderater argumentierten die Scheichs aus Katar und Kuweit. Auch für ihre Länder stehe viel auf dem Spiel, wenn der Iran den Seeweg abschneidet. Deshalb sei man sehr an einer Deeskalation und einer dauerhaften Lösung des Problems interessiert. Die Region brauche den Handel und die Abnahme ihres Öls. Nachdem Prince Faisal bin Farhan Al Saud sehr direkt mit dem jüngsten Journalistenmord konfrontiert worden war, sprach er sich für eine weitere gute Zusammenarbeit mit der Trump-Administration aus. Auch das Jemen-Problem wolle man friedlich lösen. Der Erfolg sei aber auch von anderen Playern abhängig.

Apropos Trump: Die Eröffnungsstatements dieses Samstags wurde von Mike Pompeo (Außenminister der USA) und Mark Esper (Verteidigungsminister der USA) gehalten. Für die USA gibt es demnach momentan nur eine Priorität: China. China ist eine Diktatur, China verbreitet einen Virus, China rüstet auf, China überholt den Westen technologisch, China ist ein Risiko für die Werte des Westens. Man habe sich in China getäuscht. Vor 20 Jahren war China in die WTO aufgenommen worden, um das Land sukzessive in eine Demokratie umzufunktionieren. Stattdessen sei China wirtschaftlich erstarkt und tue heute so, als sei ihr kommunistisches System den westlichen Demokratien überlegen. Man habe sich verkalkuliert. Während die Europäer Russland als Hauptbedrohung ausgemacht haben, spielt Russland in der Betrachtung der USA nur eine weit untergeordnete Rolle. Mike Pompeo erwähnte zwar die erfolgreichen "Russian Desinformation Campaigns", wechselte dann aber gleich wieder das Thema und wiederholte in gut dosierten Abständen: "The West is winning!" - "The West is winning!" (Der Westen gewinnt!)

Das China-Bashing zeigte sehr deutlich, dass amerikanische und europäische Interessen auseinanderdriften. Ein Umstand, der nicht ungefährlich ist, wenn man die anschließenden Ausführungen von Emmanuel Macron reflektiert. Seine Worte schlugen wie ein Gewitter in das für Europa typische politisch korrekte Wischiwaschi ein. Keine Floskeln, sondern ein klar formuliertes Lagebild. Noch Stunden später war ein NDR-Kollege erschüttert von der Aussage, dass Europa "keine Antikörper mehr zum Schutz unserer Demokratie" hätte. Wir seien inzwischen "sehr, sehr verletzlich".

#MSC2020 MSC Münchner Sicherheitskonferenz
#MSC2020 Münchner Sicherheitskonferenz - Conference Hall - Der Inspekteur der Streitkräftebasis, Generalleutnant Martin Schelleis, schaut sich im Publikum um.
Laut Macron habe es China richtig gemacht. China habe in seine Zukunft investiert, während in Europa durch eine verfehlte Finanzpolitik - das war ja schon immer sein Thema - der Mittelstand geschwächt und nahezu abgeschafft worden sei. Und was der Mittelstand noch gehabt habe, hätte er an die Chinesen verkauft. Im Gegensatz zu seinen amerikanischen Vorrednern, ging Macron auf Russland ein. Russland sei per se schwach und könne auf längere Sicht keinen heißen Konflikt - wie einen Krieg - mit Europa austragen. Russland nutze daher schamlos die europäische Verletzlichkeit aus und befeuere sehr professionell das Thema Desinformation. Deshalb müsse Europa weiterhin misstrauisch gegenüber Russland sein sowie "brutal", "konsequent" und "glaubwürdig" auftreten. Ein Tenor, der sich vor zwei Tagen auch durch die Rede von Generalleutnant Jörg Vollmer gezogen hatte. Macron gab Donald Trump Recht, dass dieser mehr Eigenverantwortung bei der Selbstverteidigung Europas einfordert. Im Verteidigungsbündnis Europas spiele auch der Brexit keine Rolle.

Der Reiz der MSC besteht darin, dass auch Kontrahenten zu Wort kommen. So trat dann auch der Außenminister Chinas, Wang Yi, auf. In einer überaus blumigen Sprache lobte er die Weisheit und Stärke der Führung von Xi Jing Ping. Man führe derzeit einen "Krieg ohne Rauch" gegen den Corona-Virus. Man kämpfe und schütze jeden in der Bevölkerung vor dem Virus. Die Größe und Effizienz der Maßnahmen sei bewundernswert und zeigten die Vorteile des chinesischen Systems. Am Kampf seien ganz viele Arbeiterinnen und Arbeiter beteiligt, die als Helden bezeichnet werden. "Der Morgen naht und wir sehen das Licht", war der optimistische Ausblick zum Sieg über den Virus. "Wir sind eine dankbare Nation", wurde eine Aufzählung in einer interessanten Reihenfolge eingeleitet: Republik Korea, Weißrussland, Russland ... Grußkarten, Telegramme ... Italien, Großbritannien, Frankreich. Überhaupt habe China schon immer Völker in ihrem gerechten Kampf unterstütz, wie zum Beispiel die Palästinenser.

Da vor dieser Rede viel auf China eingeprügelt worden war, plädierte Wolfgang Ischinger, der Leiter der MSC, dafür, auch endlich einmal Worte der Ermutigung für China zu finden. Immerhin hätten sie gerade mit dem Virus erhebliche Herausforderungen zu meistern. Wang Yi knüpfte an diesem Punkt an und sagte, dass die "Schmierenkampagnen" der US-Repräsentanten "alles Lügen, keine Tatsachen" seien. Wenn man das umdrehe und auf die USA anwende, werden "aus Lügen Tatsachen". Der Außenminister sprach sich für eine engere Zusammenarbeit mit der EU aus und legte damit einen gefährlichen Köder zur Abspaltung gegenüber der USA. China kennt die Befindlichkeiten der Europäer und nutzt diese konsequent für eigene Zwecke aus. Die neue Seidenstraße soll schließlich auch durch Europa gehen.

Wer es geschafft hat, bis zu dieser Stelle zu lesen, dem sei gesagt, dass es sich hier um das Pensum nur eines Tages der Münchner Sicherheitskonferenz handelt. Es liefen noch diverse Parallelveranstaltungen wie "Politik und Big Date" oder "Ein Update zu Nagorny-Karabach", ganz abgesehen von den vielen bilateralen Unterredungen, die kaum jemand mitbekommen hat, die aber die Geschichte in einigen Regionen der Welt in eine positive Richtung lenken. Der Wert dieser Konferenz kann nicht mit Geld aufgewogen werden, da hier in kleinen und größeren Formaten lebenswichtige Entscheidungen getroffen und auch Konflikte beigelegt werden.

Video:
#MSC2020 - Impressionen von der Münchner Sicherheitskonferenz

Autor: Matthias Baumann

Dienstag, 17. November 2020

2. Grundsatzrede von AKK: Bekenntnis zu NATO, USA und Eigenverantwortung

Während sich die Bevölkerung in Deutschland uneins darüber ist, ob es Corona überhaupt gibt, verschiebt sich außerhalb des Schengen-Raums bereits das Machtgefüge. Diesem ist es egal, was hierzulande diskutiert und geglaubt wird. Es passiert einfach. Wenigstens hat die Verteidigungsministerin noch einen Blick für die "strategische Gesamtlage". Diesen Blick teilen im Bundestag nur wenige Kollegen mit ihr.

So bemerkte sie in ihrer heutigen zweiten Grundsatzrede, dass sich das Parlament wegen der Historie befangen fühle und deshalb so zaghaft auf die weltweit geforderte deutsche Führungsrolle blicke. Das wirke sich auch auf die Geschwindigkeit von Entscheidungsprozessen aus. Deutschland trete deshalb schnell als Unterstützer auf, scheue sich aber vor Robustheit. Robustheit bedeutet: Kampfeinsätze mit direktem Feindkontakt. Auch Soldaten beklagen, dass sie als Kämpfer in die Bundeswehr eingestiegen waren, in der Öffentlichkeit aber immer nur als Brunnenbohrer und Helfer im Gesundheitsamt wahrgenommen werden. Wenn es nach AKK ginge, würde sich das ändern. Das letzte Wort hat jedoch der demokratische Diskurs.

2. Grundsatzrede von Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer #AKK vor Studenten der Universität der Bundeswehr in Hamburg
2. Grundsatzrede von Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer #AKK vor Studenten der Universität der Bundeswehr in Hamburg - Die Rede wurde über den Twitter-Account des BMVg übertragen.

Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, was sie bis zur nächsten Wahl noch bewegen kann. Ihre 3-Punkte-Agenda bietet jede Menge Ansatzpunkte zur parlamentarischen Auseinandersetzung. Erstens möchte sie die Fähigkeiten bei der Verteidigung ausbauen und weitere Finanzen trotz Corona akquirieren. Zweitens bekennt sie sich klar zur NATO und den durch Deutschland unterzeichneten Verpflichtungen. Drittens sieht sie die EU an der Seite der USA, wenn es um die China-Politik geht. Gerade das ist eine Gratwanderung, weil sich Deutschland gegenüber China nicht so weit aus dem Fenster lehnen kann.

Taktisch setzt die Ministerin auf "Verteidigungsdiplomatie" und darauf, Flagge zu zeigen für unsere Werte, Interessen und Partner. Die Interessen sind relativ neu im Sprachgebrauch unserer Spitzenpolitiker, aber ein wichtiger Schritt in Richtung Führungsrolle. Da die USA offensichtlich nicht mehr führen wollen - auch unter Joe Biden nicht - möchte AKK die Eigenverantwortung stärken und vom "hilfsbedürftigen Schützling" der USA zu deren Partner werden. Sie sieht darin keinen Widerspruch zur herben Kritik des französischen Präsidenten Macron. Dieser hat schon eine starke europäische Armee vor Augen, während AKK die nüchterne Bilanz zieht, dass für einen Verzicht auf die USA einige Jahrzehnte und sehr viel mehr Geld investiert werden müssten. Hier scheidet sich wohl der Optimist Macron von der Realistin Kramp-Karrenbauer.

Zur Untermauerung zählte die Ministerin dann noch die Fähigkeiten der US-Streitkräfte auf, die wir bislang so selbstverständlich mitbenutzen: 70% der "strategic enabler" (strategische Möglichmacher) wie Aufklärung, Hubschrauber, Luftbetankung und Satellitenkommunikation. Sie stellen fast 100% der Abwehr gegenüber ballistischen Raketen sowie einen Großteil der nuklearen Abschreckung. Hinzu kommen 76.000 US-Soldaten in Europa und eine enorme Zahl von Reservekräften. Damit realisieren die USA etwa 75% der gesamten NATO-Fähigkeiten.

Was die Fähigkeiten der Bundeswehr betrifft, wird die Ministerin keine Großprojekte mehr genehmigen, wenn nicht gleichzeitig die Grundausstattung der Soldaten gesichert ist. Mit diesem Thema war schon ihre Vorgängerin bei Truppenbesuchen konfrontiert worden. AKK obliegt es nun, das auch umzusetzen.

Autor: Matthias Baumann

Mittwoch, 5. September 2018

Tschechischer Ministerpräsident Andrej Babiš verzögert seinen Antrittsbesuch in Berlin

Andrej Babiš ist seit Dezember 2017 im Amt. Da kein Élisée-Vertrag existiert, kann man sich mit dem südöstlichen Nachbarn etwas mehr Zeit lassen. Mit Frankreich muss der gegenseitige Antrittsbesuch innerhalb eines Tages erfolgen. Deshalb wurde auch Emmanuel Macron einen Tag nach Amtsantritt mit militärischen Ehren empfangen.

Tschechischer Ministerpräsident Andrej Babiš Antrittsbesuch Angela Merkel
Tschechischer Ministerpräsident Andrej Babiš absolviert seinen Antrittsbesuch bei Angela Merkel. Eines der wenigen Serienfotos mit Blick nach vorn. Draußen skandierten die Sprechchöre "Babiš is a Liar"
Andrej Babiš konnte am Sonntag seinen 64. Geburtstag feiern und hat damit das gleiche Alter wie Angela Merkel. Babiš ist allerdings schon das zweite Mal verheiratet und hat je zwei Kinder, also insgesamt vier Kinder. Er stammt aus Bratislava, das inzwischen zur Slowakei gehört.

Er startete zunächst mit einer kommunistischen Karriere, hatte aber durch seine Eltern einen Außenhandelsbezug zu verschiedenen westlichen Ländern. Das verschaffte ihm nach dem politischen Wechsel der 1990er Jahre eine gute Ausgangsposition für seine weitere Entwicklung. Durch clevere Investitionen und ein Aufkaufen ausländischer Firmen galt er 2015 als der reichste Slowake und der zweitreichste Tscheche. Er besitzt übrigens auch die Lieken AG mit den Marken Lieken Urkorn und Golden Toast.

2011 gründete Andrej Babiš in Tschechien seine eigene Partei ANO 2011. Schon zwei Jahre später konnte ANO fast 20% der Wähler-Stimmen gewinnen. Flankiert wurde das wohl durch die an sein Firmen-Netzwerk angeschlossenen Medien-Unternehmen. Ein wenig erinnert das an italienische Politik, die ja auch in der Slowakei ihre Spuren hinterlassen hat.

Tschechischer Ministerpräsident Andrej Babiš Antrittsbesuch Angela Merkel
Tschechischer Ministerpräsident Andrej Babiš absolviert seinen Antrittsbesuch bei Angela Merkel - Handkuss des tschechischen Botschafters Tomáš Jan Podivínský - Andrej Babiš schaut fast auf allen Serienfotos nach unten.
Der Ministerpräsident hat regelmäßig mit Vorwürfen der Mitarbeit im Geheimdienst der ehemaligen Tschechoslowakei zwischen 1982 und 1985 zu tun. Wegen der Immunitätsregeln für Abgeordnete läuft die Strafverfolgung jedoch recht zäh. Gleiches gilt für die Aufklärung von Vorwürfen der Korruption und der unrechtmäßigen Nutzung von EU-Subventionen. Wieder mal kein leichter Gesprächspartner aus der ehemaligen Tschechoslowakei für Angela Merkel.

Heute bekam Andrej Babiš seine militärischen Ehren im Kanzleramt. Vor dem Ehrenhof skandierten Sprech-Chöre auf Tschechisch und Englisch: "Babiš is a Liar", was auf Deutsch übersetzt heißt: "Babiš ist ein Lügner". Dass er inzwischen um Aufhebung seiner Immunität zwecks Beschleunigung der Verfahren gebeten hat, wird wohl eher als cleverer Schachzug gewertet. Das Vertrauen hat er in seinem Land maßgeblich verspielt und der Geruch des Kriminellen verfolgt ihn bis nach Berlin.

Tschechischer Ministerpräsident Andrej Babiš Antrittsbesuch Angela Merkel
Tschechischer Ministerpräsident Andrej Babiš absolviert seinen Antrittsbesuch bei Angela Merkel
Nach der Begrüßung folgten ein Mittagessen und bilaterale Gespräche. Tschechien ist ja mit Deutschland eng verflochten, insbesondere in der Automobil-Industrie. 30% des tschechischen Exportes gehen nach Deutschland und die deutschen Investitionen im Nachbarland liegen bei 16%. Andrej Babiš warb um eine engere Zusammenarbeit in der Rüstungsindustrie. Tschechien habe die niedrigste Arbeitslosigkeit in der EU und lasse deshalb nur Personen mit Arbeitsvisum dauerhaft zureisen.

So wurde heute auch das heiße Eisen der europäischen Quotenregelung bei der Aufnahme von Flüchtlingen angefasst. Die Quoten waren nach dem Mehrheitsprinzip entschieden worden. Der tschechische Innenminister hatte nicht dafür gestimmt. Die Unstimmigkeiten sind nach wie vor erhalten. Tschechien habe alternativ 100 Millionen Euro nach Afrika gepumpt, um Entwicklungshilfe vor Ort zu leisten. Die EU-Gelder für den Außengrenzenschutz sollten laut Andrej Babiš ebenfalls lieber in Hilfsprojekte fließen.

Dass Babiš erst nach über neun Monaten nach Berlin reist, wertet die tschechische Presse als Ausdruck seiner Ablehnung gegenüber der Flüchtlingspolitik der Kanzlerin. Angela Merkel sei wegen ihrer Quoten-Forderung ohnehin nicht sehr beliebt im Nachbarland. Ein zu früher Besuch hätte demnach auch dem Image des als Populisten geltenden Andrej Babiš geschadet.

Video:
Militärische Ehren zum Antrittsbesuch des tschechischen Ministerpräsidenten Andrej Babiš

Autor: Matthias Baumann

Mittwoch, 17. Juli 2019

AKK ersetzt UvdL als Verteidigungsministerin

Gelächter schallte über den Parkplatz des Verteidigungsministeriums (BMVg). Ein Kameramann hatte gerade den Witz "AKK47" gerissen, der eine Kombination aus der Abkürzung AKK für Annegret Kramp-Karrenbauer und dem russischen Sturmgewehr AK47 (Kalaschnikow) ist. Während AKK im Saarland eine geschätzte Persönlichkeit war, macht sie sich in der Hauptstadt ständig zum Gespött der Medien. Wird über AKK berichtet, dann über eine linkische Reaktion auf die YouTube-Szene oder einen peinlichen Versprecher im Kreise von CDU-Freunden.

Beim Pressestatement nach ihrem heutigen Amtsantritt waren keine Fragen zugelassen. Das liegt zwar in der Natur eines Statements, war aber für die reichlich anwesende Presse wenig befriedigend. So wird sie wohl nicht nur an den Fronten in Mali, Afghanistan und anderen Auslandseinsätzen kämpfen müssen, sondern einen erheblichen Gegenwind von der Presse bekommen. Sie wäre nicht die erste Spitzenpolitikerin, die mit der Presse steht und fällt. Macron wurde durch die Presse zum Präsidenten "gemacht", Martin Schulz wurde durch die Presse hochgejubelt und Martin Schulz wurde durch die Presse "wie eine Tontaube" abgeschossen.

AKK Kramp-Karrenbauer neue Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen Bendlerblock militärische Ehren
#AKK Annegret Kramp-Karrenbauer wird neue Verteidigungsministerin. Mit Ursula von der Leyen steht sie auf dem roten Podest im Bendlerblock und bekommt zum Amtsantritt die vorgesehenen militärische Ehren.


Die Entscheidung, Annegret Kramp-Karrenbauer zur Nachfolgerin Ursula von der Leyens zu machen, muss wohl sehr kurzfristig gefallen sein. Vermutlich gestern kurz vor halb eins. Das Wachbataillon stand nämlich im Ehrenhof des Kanzleramtes und wartete auf das Erscheinen von Angela Merkel. Sie sollte ein Geburtstagskind aus dem Musikkorps der Bundeswehr beglückwünschen. Zuvor hatte der betreffende Musiker noch Fotos mit Instrument und Luftballon aufgenommen und freute sich auf das Händeschütteln mit der Kanzlerin. Die Kanzlerin erschien jedoch nur wenige Sekunden vor dem Eintreffen der Ministerpräsidentin von Moldawien. Sie hatte im Büro bis Ultimo mit AKK geredet.

Die Saarländerin hatte wohl auch im BMVg niemand als Nachfolgerin auf dem Radar. Ein Wunschkandidat wäre Peter Tauber gewesen. Immerhin ist er Hauptmann der Reserve. Insgesamt bleibt bei diesem spontanen und intransparenten Personalkarussell ein gewisser Beigeschmack. Wer entscheidet? Nach welchem Schema laufen die Entscheidungsprozesse?

AKK muss zeigen, was sie als ehemalige Innenministerin des Saarlandes über Sicherheitspolitik gelernt hat. Sie muss Erfolge bei der Ausrüstung der Bundeswehr vorweisen und dem Bundestag die 2% des Bruttoinlandsproduktes für den Verteidigungshaushalt aus den Rippen leiern. Wenigstens hat sie Peter Tauber und Thomas Silberhorn als Parlamentarische Staatssekretäre bestätigt. Zudem hat sie einen regionalen Bezug zum Generalinspekteur. Eberhard Zorn stammt nämlich auch aus dem Saarland. Die frankophile AKK könnte einen wichtigen Beitrag zum Aufbau gemeinsamer europäischer Streitkräfte leisten. Vielleicht war das der finale Punkt zur Entscheidung.

Der nächste wichtige Schritt für die neue Ministerin ist wohl, die Truppe für sich zu gewinnen.

Video:
Militärische Ehren zum Amtsantritt von Annegret Kramp-Karrenbauer #AKK

Autor: Matthias Baumann

Samstag, 20. Februar 2021

#MSC2021 - Klimawandel beschäftigt jetzt auch alte weiße Männer

"Das sagt doch Greta Thunberg schon lange." - "Ja, nur wer hört auf ein kleines schwedisches Mädchen?" Die gestrige virtuelle Münchner Sicherheitskonferenz (MSC) hat neben Corona und der stark verbesserten Qualität der transatlantischen Beziehungen einen spürbaren Fokus auf den Klimawandel gelegt. Vor zwei Jahren war das Thema bereits im Hauptsaal der MSC diskutiert worden - am Samstag, dem wichtigsten Tag der Konferenz. Eingeleitet wurde die Podiumsdiskussion damals durch einen Vortrag von Prof. Schellnhuber. Prof. Schellnhuber ist Direktor des Potsdam Institute for Climate Impact Research (Institut für Klima-Folgen-Forschung in Potsdam).

Seine Folien wurden leider nicht mitgefilmt und sind zurzeit auch nicht für die Veröffentlichung gedacht. Sie behandeln verschiedene Szenarien der Erderwärmung je nach konkretem Anstieg der Temperaturen. Sicher sei jedoch, dass einige Gebiete in Äquatornähe bald nicht mehr bewohnbar sein werden. Das betrifft große Teile Brasiliens und Länder wie Ghana, Nigeria und die Elfenbeinküste. Indonesien würde wie das sagenumwobene Atlantis in die Geschichte eingehen. Gefolgt von den Inseln der Karibik und den Malediven.

#MSC2021 Klimawandel Bill Gates
#MSC2021 - Bill Gates zur Bekämpfung der Pandemie und zum Umgang mit dem Klimawandel - Foto (C) MSC Special Edition 2021, Munich, 19/02/2021

Nur, was interessiert uns hier im Norden, was auf den Malediven passiert? NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg sprach es gestern aus: Klima ist ein sicherheitspolitisches Thema. So wie die Pandemie nicht an Grenzen halt macht, so werden auch die Flüchtlinge aus den klimatisch unbewohnbaren Regionen in den Norden strömen. Ein großer Teil wird sich in den zumeist fragilen Staatsgebilden erst einmal gegenseitig töten. Ethnische Minderheiten werden davon besonders betroffen sein. Wer das überlebt, wird sich auf den langen Weg nach Norden machen.

Bill Gates, der eigentlich wegen der Corona-Bekämpfung dabei war, sprach davon, dass durch den Klimawandel und dessen Folgen wie Missernten fünf Mal mehr Menschen pro Jahr sterben werden als durch Pandemien. Dieses Statement wurde so nüchtern und abgeklärt vorgetragen, dass an dieser Aussage kaum Zweifel aufkommt. Ein Young Leader (MSC-Nachwuchs) aus Bangladesch sprach von bis zu 30 Millionen Menschen, die sich in Bewegung setzen würden, wenn sein Land im Golf von Bengalen versinkt. Der ehemalige US-Außenminister John Kerry ist unter Joe Biden für den Klimaschutz zuständig. Bei genauem Zuhören war festzustellen, dass der buchstäbliche Untergang vieler Inseln und Küstenregionen gar nicht mehr in Frage steht. Es geht jetzt vielmehr darum: Was passiert mit den vielen Leuten, die dort jetzt noch wohnen?

#MSC2021 Klimawandel John Kerry
#MSC2021 - John Kerry zum Klimawandel - Foto (C) MSC Special Edition 2021, Munich, 19/02/2021

Joe Biden, der übrigens seine allererste außenpolitische Rede hier auf der virtuellen #MSC2021 gehalten hat, war mit einer seiner ersten Amtshandlungen zum Pariser Klimaabkommen zurückgekehrt. Klimawandel betreffe uns alle. Sehr dankbar zeigte er sich über die "Führungsstärke Europas" in dieser Sache. Seine "gute Freundin Angela Merkel" sprach nach ihm und möchte "durch Taten überzeugen". Auch Emmanuel Macron erwähnte das Klima am Rande seiner sehr kurzen Ausführungen.

John Kerry hatte entsprechend seines Ressorts kein anderes Thema. Er plädiert für Null CO2 bis 2050 und setzt sich dafür ein, dass das bisherige Ziel für 2030 deutlich nachgebessert werde. Sei das Ökosystem erst einmal nachhaltig geschädigt, könne man es nicht wie nach einer Pandemie wiederherstellen. John Kerry ist ein großer Freund der CO2-Bepreisung. Private und staatliche Akteure sollten massiv zur Kasse gebeten werden, um die Situation noch in eine erträgliche Bahn zu lenken. Als 77-Jähriger könnte ihm das Klima eigentlich egal sein. Aber er sorgt sich um die nachrückenden Generationen. Um diesem altruistischen Ansatz weitere Geltung zu verschaffen, lädt er zu den Klimakonferenzen nicht nur die Industrienationen des Nordens ein, sondern auch Betroffene aus den Regionen, die bald nicht mehr bewohnbar sein werden.

Autor: Matthias Baumann

Mittwoch, 7. Juni 2017

Bulgarischer Fußballer Borissov läuft zum dritten Mal durch das Tor des Kanzleramtes

Boyko Borissov ist ein Multitalent mit Führungsqualitäten. Als Mittelstürmer des Zweitligisten FC Witoscha Bistritsa ist er Kämpfe um den Ball und um die Macht gewohnt. Vor seinem Amtsantritt als Ministerpräsident Bulgariens am 4. Mai 2017 hatte er dieses Amt bereits von 2009 bis 2013 und von 2014 bis Januar 2017 inne.

Bulgarischer Ministerpräsident Boyko Borissov
Bulgarischer Ministerpräsident Boyko Borissov zum dritten Antrittsbesuch in Berlin
Es geht turbulent zu in der bulgarischen Innenpolitik: Amtsenthebung, Rücktritt, Neuwahlen, Lagerwechsel von Parteien. Es rotieren Kommunisten, Nationalisten und Europafreunde. Borissovs Partei GERB macht sich für eine Integration in der EU stark und ist zurzeit die maßgebliche politische Kraft Bulgariens.

Kraft hatte Borissov nicht nur im Fußball bewiesen sondern auch bei seiner Tätigkeit als oberster Polizeichef und Staatssekretär im Innenministerium. 2006 gründete er die GERB und erlebte die oben beschriebenen Höhen und Tiefen.

Bulgarischer Ministerpräsident Boyko Borissov
Bulgarischer Ministerpräsident Boyko Borissov zum dritten Antrittsbesuch in Berlin
Heute hatte der ehemalige Bodyguard Borissov seinen schwarzen Gürtel als Karate-Kämpfer gegen einen Ledergürtel ersetzt. Rein rechnerisch konnte er nun seinen dritten Antrittsbesuch bei Angela Merkel feiern. Entsprechend herzlich war auch die Begrüßung. Mit einem kraftvollen Sound rauschte die schwarze S-Klasse vom Ehrenhof, während sich Angela Merkel und Boyko Borissov an der durchbrechenden Sonne freuten.

Beim anschließenden Arbeitsessen ging es um die politische Entwicklung in Bulgarien, die Herausforderungen der EU durch den Brexit und mögliche Kooperationen bei der Berufsausbildung. Zudem solle die Nutzung des europäischen Binnenmarktes weiter ausgebaut werden. Auf der Agenda standen auch der Umgang mit Flüchtlingen und die Sicherung der Grenzen in der Westbalkan-Region.

Der Besuch fand in der deutschen Presse wenig Beachtung. Ergänzend sei erwähnt, dass der Gast vom Schwarzen Meer um die Einbeziehung seines Landes in den Schengen-Raum und die Aufnahme in die Euro-Zone warb. Dazu gab es in den letzten Tagen bereits ein Gespräch zwischen Borissov und Emmanuel Macron.

Video:
Antrittsbesuch des bulgarischen Ministerpräsidenten Boyko Borissov

Autor: Matthias Baumann

Freitag, 14. Februar 2020

#MSC2020 - Westlessness und Desinformation

"Ich habe es an Sergej geschickt", bemerkte ein Mann im Pressezelt. "Ja, wir müssen noch auf die Antwort aus Moskau warten", bestätigte sein Kollege auf Sächsisch. Besonders erheitert waren die beiden über das Thema der diesjährigen Münchner Sicherheitskonferenz "Westlessness". Das werde wieder alles nur auf die übliche "Desinformation" hinauslaufen und das Gejammer über den "armen Westen". Missgelaunt richteten sie ihren Arbeitsplatz ein. In einem anderen Bereich des großen Zeltes bereitete sich der russische Sender RT auf die ersten Interviews und Kommentare vor.

Der speziell für die MSC entwickelte Begriff der Westlessness könnte mit "Westlosigkeit" oder "ohne den Westen" übersetzt werden. Ein deutscher Buchautor würde es eventuell so formulieren: "Der Westen schafft sich ab". Diese Entwicklung wird zwar aktiv von außen befeuert. Allerdings hat auch der Westen selbst erheblich dazu beigetragen.

#MSC2020 MSC Münchner Sicherheitskonferenz Westlessness
#MSC2020 Münchner Sicherheitskonferenz - Information, Desinformation, Halbinformation, Tendenzinformation: Wie demontieren wir eine Spitzenpolitikerin?
Beginnen wir mit dem Stichwort Arroganz: Die USA und ihre europäischen Partner waren es gewohnt, irgendwo aufzutauchen und die Regeln vorzugeben. Idealerweise sollten diese Regeln die westlichen Werte in die entsprechenden Regionen transportieren und dort etablieren. So war es auch mit der Aufnahme Chinas in die Welthandelsorganisation (WTO) geplant. China hat das Potenzial erkannt, die Chance genutzt, die Wirtschaft aufleben lassen und dann einfach die eigenen Regeln und Werte gefestigt. Einer der ersten Diskussionsteilnehmer auf der MSC-Bühne ergänzte dazu: "China versteht unsere Prinzipien gar nicht" - eine Erkenntnis, die in Europa Seltenheitswert hat.

Aber es tut sich etwas. Bei den jüngeren Verantwortungsträgern wie Sebastian Kurz oder Emmanuel Macron ist die Angst vor der fortschreitenden Westlessness angekommen. Die Westlessness muss als mehrschichtiges Thema betrachtet werden.

Auch hier bietet China eine gute Vorlage. Durch die Erstarkung Chinas in wirtschaftlicher und militärischer Hinsicht fühlen sich die USA plötzlich einem ernst zu nehmenden Wettbewerber gegenüber. China und die USA haben ihre Militärausgaben im letzten Jahr noch einmal deutlich nach oben korrigiert, während Saudi Arabien und Russland auf den Plätzen 3 und 4 ihr Budget reduziert haben. China hat eine erhebliche Staatsverschuldung. das ist auch den USA bekannt. Deshalb versuchen sie mit Sanktionen das Land "auszutrocknen". Das "Austrocknen" ist eine amerikanische Taktik, die auch im Nahen und Mittleren Osten und sonstigen Gegnern zum Einsatz kommt. Irgendwann werde der fragile Staat schon zusammenbrechen und das gewünschte Vakuum entstehen.

Das geschaffene Vakuum ist den USA und ihren Partnern in letzter Zeit mehrfach auf die Füße gefallen. Der britische Chilcot-Report geht in 13 dicken Bänden auf die Fehleinschätzungen des Westens und deren Folgen ein. Er gibt aber auch Handlungsempfehlungen, um diese aus kultureller Arroganz entstandenen Fehler nicht noch einmal zu begehen. Das Wort "austrocknen" nahm auch der Iran auf der Konferenz in den Mund und stellte seine Entschlossenheit dar, sich das nicht gefallen zu lassen.

Die USA sehen derzeit in China ihre Herausforderung Nummer Eins. Russland und andere Länder spielen in ihrer momentanen Betrachtung kaum eine Rolle. Zu viel Energie muss gegen den roten Feind im Westen aufgewendet werden. Oder liegt China für die USA im Osten? Jedenfalls fokussiert sich die USA in Richtung Westen nach China und hat kaum noch einen Blick nach Osten zu seinen westlichen Verbündeten in Europa. Diese Partner hatten es sich bisher recht leicht gemacht. Die USA machen schon, wenn es ein Problem gibt. Die USA zahlen schon für unsere Sicherheit. Seit Donald Trump ist damit Schluss. Europa sieht sich plötzlich mit Eigenverantwortung konfrontiert. Europa ist nun auf Donald Trump so sauer wie ein Mittvierziger, der aus der elterlichen Wohnung ausziehen soll.

Es gibt Kinder, die ziehen rechtzeitig aus und können sich in der freien Wildbahn behaupten. Ein Mittvierziger kann sich nur noch schwer vom elterlichen Kühlschrank und seinem geliebten Kinderzimmer trennen. Deshalb wird der Prozess auch deutlich schmerzhafter verlaufen. Geschwächt vom Stress mit Mama und Papa ist der Mittvierziger eine leichte Beute für falsche Freunde. Hier kommt die weitere Schicht der Westlessness ins Spiel. Die vermeintlichen Freunde nähren den Hass auf die gemeinen Eltern und treiben einen Keil in die Familie. Diese Art des Trostes wird gerne angenommen. Russland, China und andere Staaten nutzen diesen Abstand zum Papa in Amerika geschickt aus, um ihre eigenen Akzente zu setzen.

#MSC2020 MSC Münchner Sicherheitskonferenz Westlessness
#MSC2020 Münchner Sicherheitskonferenz - Suchbild: Wer findet den Bundespräsidenten?
Auch Frank-Walter Steinmeier beschwerte sich in seiner Rede über den Abstand der USA, während seine Parteigenossen wichtige Maßnahmen der Eigenverantwortung im Bereich der Landesverteidigung blockieren. Das Westbündnis zwischen Europa und den USA hatte in der Vergangenheit mehrere Höhen und Tiefen erlebt. 1945 war es am Tiefpunkt, schwang sich bis 1960 in die Höhe und stürzte bis 1970 wieder ab. 1989 erreichten die Beziehungen einen neuen Höhepunkt und wurden danach wieder konsequent abgebaut.

Sebastian Kurz aus Österreich wandte sich gegen die vielen Kompromisse, die Europa schon bezüglich seiner Grundprinzipien gemacht hat. "Meinungsfreiheit, Medienfreiheit, Rechtstaatlichkeit sind nicht verhandelbar". Diese und weitere Werte des Westens gelte es zu verteidigen und zwar nicht nur militärisch. Laut Sebastian Kurz färbten die Gesellschaften auf andere Regionen der Welt ab, die erfolgreich seien. Solange der Westen wirtschaftlich erfolgreich ist, bewegten sich die Flüchtlingsströme Richtung Westen und andere Staaten versuchten das Erfolgsmodell zu kopieren. Erfolg muss aber ständig neu erarbeitet werden, so dass der Wettbewerb aus Fernost durchaus beachtet werden sollte.

Eine Chinesin fragte, ob denn der Westen im Zuge von Huawei und 5G Angst habe. Immerhin zeige doch 5G die technologische Überlegenheit der chinesischen Gesellschaftsordnung. In der Tat kann 5G über die Nachfrage am Markt einiges umkrempeln und den Westen bei der Steuerung seiner Datenströme empfindlich verletzlich machen. Dass technische Innovationen gleichzeitig auf die Attraktivität der chinesischen Gesellschaftsform zurückschließen lasse, wurde im Publikum bezweifelt. Ein Journalist der Deutschen Welle fragte, wann denn in China die Deutsche Welle, Twitter und andere Dienste erreichbar wären. Damit hatte sich dieser Diskussionspunkt erledigt.

Sebastian Kurz wandte sich gegen das Selbstmitleid. man habe viel in Europa erreicht und vieles laufe wirklich gut. Ein neues Selbstbewusstsein müsse her. Europa habe allen Grund dazu. In Europa läuft wohl vieles in der Metaebene ab. Das Denken, die Meinung, die Wahrnehmung, das Fühlen entscheiden die Stimmung und die nachgelagerten Handlungsweisen. Dankbarkeit für Erreichtes, Selbstbewusstsein und ein optimistisches Herangehen an die nächsten Herausforderungen täten Europa als Bestandteil des Westens gut.

Damit das Selbstbewusstsein nicht zu stark wird und gar nicht erst Mut zum konstruktiven Angehen der Herausforderungen aufkommt, gibt es noch das Stilmittel der Desinformation. Eine besondere Expertise auf diesem Gebiet wird den Nachbarn Estlands nachgesagt. Damit sind wohl nicht die Finnen gemeint. Diese estnischen Nachbarn hatten deshalb auch nicht am Personal gespart und viele ihrer Experten zur MSC entsandt. Bereits am ersten Abend gab es in der Palaishalle des Bayerischen Hofs eine Diskussionsrunde zur "Zukunft der Desinformation". Die Veranstaltung lief "Off the Record" und enthielt keine bahnbrechenden Neuigkeiten. Lediglich die Wahrnehmung, dass deutsche Zuständigkeiten das Thema Desinformation nicht als virulent ansehen.

Autor: Matthias Baumann

Dienstag, 16. Mai 2017

Die erste Million im YouTube-Kanal von BTB concept

69 Jahre nach der Staatsgründung Israels, drei Tage nach dem Geburtstag meiner Mutter, einen Tag nach Amtsantritt des französischen Staatspräsidenten Emmanuel Macron war es endlich soweit:

Der YouTube-Kanal von BTB concept erklomm gestern die Marke von 1 Million Videoaufrufen.

Ein herzliches Dankeschön an die etwa 700 Abonnenten und die geneigten Zuschauer!

BTB concept YouTube Kanal 1 Million Videoaufrufe
BTB concept YouTube-Kanal mit 1 Million Videoaufrufen
Langer Atem

Es hatte etwa dreieinhalb Jahre gedauert: zu Silvester wurde die Marke von 500.000 überschritten. Dann ging es wie bei einer Zinskurve - wie sie früher mal aussah - kontinuierlich weiter. Pro Monat wurden über 100.000 Videos angeschaut.

Freunde

Die Freunde des Kanals rekrutieren sich vorwiegend aus der Bundeswehr und an militärischen Dingen interessierten Zuschauern. Es entstehen Diskussionen über die Haltung der Gewehre, die beim Staatsbesuch gespielten Musikstücke, die Performance beim Antritt und die Kleiderordnung.

Statistik

Rein statistisch flimmern 6,5 Tage Videomaterial pro Tag über die Monitore und Displays der Smartphones. Bei den Endgeräten liegen PCs und Notebooks mit 50% ganz vorn. Smartphones belegen mit 30% den zweiten Platz, gefolgt von Tablets mit 16%. Der Rest verteilt sich auf TV-Geräte, Spielekonsolen und sonstiges.

Die stärkste Zuschauergruppe bilden die 25 bis 34-Jährigen, umrankt von denen die zwischen 18 und 44 sind. Ein jugendlicher Kanal also, der gut mit dem zarten Alter des neuen französischen Staatschefs harmoniert.

Werbeeinnahmen

Gescheiterte Unternehmer rechtfertigen sich gerne mit dem Satz: "Ich arbeite jetzt an der zweiten Million; mit der ersten hatte es nicht geklappt". Ähnlich ernüchternd sieht es mit den Werbeeinnahmen aus der einen Million Videoaufrufen aus:

Über die Gesamtlaufzeit wurde ein Betrag erwirtschaftet, der gerade mal einen Jahresbeitrag für die British Chamber of Commerce deckt.

YouTube scannt kurz nach dem Upload die Tonspuren und stellt schnell und präzise fest, wer Rechte an den gefilmten Musikstücken hat. Dann erfolgt der Vorschlag, die Werbung für das jeweilige Video abzuschalten oder die Werbeeinnahmen zu teilen. Zum besseren Verständnis muss die Bedeutung von Teilen in diesem Zusammenhang erklärt werden: Der Rechteinhaber bekommt 100% und der Videoersteller darf das Video weiterhin ohne Stress mit dem Copyright zeigen. Gibt es mehrere Rechteinhaber wie im IGA-Video, erfolgt eine 50%-Verteilung, nämlich 50% an den einen und 50% an den anderen Musikschöpfer und dessen Dunstkreis.

17 Millionen

Ein Teenager rollte über die Euphorie der einen Million die Augen und entgegnete gelangweilt: "Erfolgreiche YouTuber werden ab 17 Millionen gezählt". Das ist dann noch eine gewisse Wegstrecke.

Autor: Matthias Baumann