Mittwoch, 24. Juni 2015

Queen in Berlin

Der englischsprachige Raum hat nur sehr wenige deutsche Begriffe wie Autobahn oder Kindergarten übernommen. Im Neudeutschen gibt es hingegen sehr viele Anglizismen: "das Mail", "das Smartphone", "der Controller", "das Ticket" oder eben "die Queen".

Die Queen hatte sich während ihrer langen Amtszeit rar gemacht, wenn es um den Besuch des einstigen Kriegsgegners auf dem Festland ging. Sie war gerade 13 Jahre alt, als der Zweite Weltkrieg ausbrach. Im Juli 2000 besuchte sie Berlin zur Eröffnung der Britischen Botschaft in der Wilhelmstraße. Eine Tafel im Treppenhaus erinnert noch heute daran.

Queen Berlin Schloss Bellevue
Queen in Berlin - Ankunft und Begrüßung im Schloss Bellevue
Schon im Vorfeld ihres fünften Deutschland-Besuches gab es Pressekonferenzen und nur ein begrenztes Kontingent an Akkreditierungen für diesen auch durch die Regenbogenpresse beachteten Staatsbesuch. Standesgemäß begann dieser in einem Schloss. Im Schloss Bellevue bei Bundespräsident Gauck. Daniela Schadt, die selten mit Kopfbedeckung zu sehen ist, trug heute einen hellen Hut mit roter Blume. Joachim Gauck und der Duke of Edinburgh trugen Anzug und Krawatte. Die Queen kam ganz in Weiß.

Pünktlich um 10:35 Uhr fuhr der Konvoi auf den Vorplatz des Schlosses.

Völlig ungewöhnlich für einen britischen Staatsbesuch war das Wetter. Es regnete nicht.

Queen Berlin Schloss Bellevue
Queen in Berlin - Militärische Ehren im Schloss Bellevue
Queen Elizabeth II absolvierte die üblichen protokollarischen Stationen: Foto auf der Treppe vor dem Schloss, Eintrag ins Gästebuch, Begrüßung der Delegationen, Nationalhymnen, Abschreiten der Ehrenformation und die Begrüßung von Schülern.

Anschließend stand eine Bootsfahrt auf dem Programm. Die Spree windet sich durch das Band des Bundes und eröffnet dem Berlin-Besucher einen faszinierenden Blick in das Regierungsviertel. Die Bootsfahrt endete am Reichstag, wo die Queen wieder in ihren voll gepanzerten Bentley stieg und mit über 400 Pferde(stärke)n Richtung Kanzleramt fuhr.

Queen Berlin Bundeskanzlerin Angela Merkel
Queen in Berlin - Ankunft und Begrüßung durch Angela Merkel und Peter Altmaier
Im Kanzleramt wurde sie von Angela Merkel und Kanzleramtsminister Peter Altmaier empfangen. Das Protokoll hatte dafür nur ein kurzes Zeitfenster vorgesehen, zumal am Nachmittag auch Premierminister David Cameron zu einer Unterredung mit der Bundeskanzlerin zusammentrifft.

Die Queen fuhr bereits eine halbe Stunde später Richtung Neue Wache und sorgte im Stadtverkehr für einige Aufregung. Abgeschaltete Ampeln, Motorrad-Eskorte und brauner Bentley mit Klarsichtglas und weiß gekleideter Queen dahinter fallen auf.

Queen Berlin Bentley
Queen Berlin Bentley
Auffällig war auch ihre großzügige Zeitplanung beim anschließenden Besuch der Technischen Universität. Im Presseprogramm war zu lesen: "Official ceremony to mark the 50th anniversary of the Queen's Lecture". Damals war sie 39.

Am Abend wird es im Schloss Bellevue einen Empfang zu Ehren der britischen Königin geben.

Morgen reist sie nach Hessen und wird dort Familienangehörige und Regionalpolitiker treffen. Sie besucht zudem das ehemalige Konzentrationslager Bergen-Belsen, welches damals von britischen Truppen befreit worden war.

Der mehrtägige Deutschland-Besuch endet am Freitag mit einem publikumswirksamen Überschreiten des Pariser Platzes und einem Durchschreiten des Brandenburger Tores.

Videos:
Queen in Berlin - Ankunft im Schloss Bellevue
Queen in Berlin - Militärische Ehren - Schloss Bellevue

Autor: Matthias Baumann

Samstag, 20. Juni 2015

Angela Merkel auf der 50. Bundestagung des Evangelischen Arbeitskreises der CDU/CSU

Während Europa nur noch 7% der Weltbevölkerung stellt, ist auch bei der deutschen Christenheit ein sichtliches Abschmelzen durch Überalterung festzustellen. Der Altersdurchschnitt bei der gestrigen 50. Bundestagung des EAK Evangelischer Arbeitskreis der CDU/CSU lag gefühlt bei 70.

Aber nicht nur das Alter, auch eine allgemeine inhaltliche Erschlaffung machen den Christen in unserem Land zu schaffen. Eine aktuelle Statistik besagt, dass nur 4% jemals einen anderen Menschen für den Glauben an Jesus Christus gewonnen haben. Der Rest ergibt sich aus traditioneller Zugehörigkeit, Transferwachstum und biologischer Auffrischung.

50.Bundestagung des Evangelischen Arbeitskreises der CDU/CSU
Angela Merkel auf der 50. Bundestagung des Evangelischen Arbeitskreises der CDU/CSU
So mahnte die Bundeskanzlerin in ihrer Rede auch ein neues christliches Selbstbewusstsein an. Ein Selbstbewusstsein, das nicht immer nur auf missionsfreudige andere Religionen zeige, sondern selbst positive Akzente in der Umgebung setze. Christen sollten viel mehr zu ihrem Glauben stehen und Sinn stiftend wirken. Dazu könne auch das Vorlesen von Bibelversen gehören.

Christen sollten zudem nicht immer auf ihre konfessionellen Unterschiede schauen, sondern sich in Einheit auf die Grundlagen ihres Glaubens konzentrieren. Das "Wandern im Gottvertrauen" sei die Basis der Union. Eine Rückbesinnung auf das Wertefundament schaffe den Zugang zu den Kraftquellen Gottes.

Angela Merkel würdigte ferner das Engagement Volker Kauders bei der Hilfe für verfolgte Christen.

Im weiteren Verlauf ging sie auf die aktuelle Flüchtlingspolitik ein, freute sich über die beschleunigten Antragsverfahren und dankte der Bundeswehr für die bereits geleistete humanitäre Hilfe im Mittelmeer.

Die Bundestagung des EAK stand unter dem Motto "Menschenwürde am Ende des Lebens". Der Schwerpunkt lag auf der Sterbebegleitung und der Haltung von CDU/CSU zu aktiver Sterbehilfe per Suizid und anderer Aspekte bei der Begleitung Sterbender. Der Hauptvortrag fiel deshalb dem thematischen Experten in Person des Gesundheitsministers Hermann Gröhe zu.

Autor: Matthias Baumann

Freitag, 19. Juni 2015

Deutscher Filmpreis #lola15

Roter Teppich, Shuttle-Service mit BMW 7er-Limousinen, Models, Schauspieler - ein Déjà-vu zur gestrigen Bertelsmann Party 2015.

Die Kulturszene kommt gar nicht mehr aus dem Feiern heraus. Mittendrin Kulturstaatsministerin Grütters mit breiter Gefolgschaft. Auch Bürgermeister Michael Müller und seinen Vorgänger Klaus Wowereit erspähen wir in der Menge. Der ehemalige Kulturstaatsminister Naumann läuft uns bei den alkoholfreien Getränken über den Weg. An Detlev Buck drängen wir uns auf dem Weg zur Terrasse des Palais am Funkturm vorbei. Am Zigarrenstand kommen wir mit altgedienten DDR-Schauspielern über deren erste Fernreise ins Gespräch.

Deutscher Filmpreis #lola15
After Show Party #lola15
Freier Rücken, elegante Designertasche, großzügiger Blick auf die optischen Waffen der Frau bleiben auch den Fotografen nicht verborgen. So manch eine Schönheit posiert auf der Wendeltreppe und holt sich anschließend ein Tellerchen mit Sushi, vegetarischem Spinatklößchen oder profaner Currywurst. Einige der Gäste halten ihre Lola in den Händen. Die güldene Skulptur ist auf die Dauer gar nicht so leicht und lässt sich wegen ihrer Größe auch nicht einfach in der Handtasche verstauen.

Die After Show Party brachte die ersehnte Erleichterung nach etwa drei Stunden Fernseh-Aufzeichnung mit nur einer Szenenwiederholung. Man sah den nominierten Filmschaffenden die Spannung an kurz bevor der Gewinner der jeweiligen Lola bekannt gegeben wurde.

Prämiert wurden neben den besten Haupt- und Nebendarstellern unter anderem auch die besten Cutter, Kostümbildner, Tongestalter oder Regisseure. Die Laudatoren kündigten die Gewinner mit Charme und viel Humor an. "Victoria" räumte passend zum Namen gleich sechs Lolas ab. Die weiteren Skulpturen gingen an "Zeit der Kannibalen", "Who Am I", "Labyrinth des Schweigens", "Wir sind jung. Wir sind stark" und an "Jack". All diese Filme stellen soziale und politisch brisante Themen dar, sind aber in ihrer Machart sehr unterschiedlich. Preise gingen auch an Dokumentarfilme wie "Citizenfour" oder den besucherstärksten Film "Honig im Kopf".

Deutscher Filmpreis #lola15
Deutscher Filmpreis #lola15 - Til Schweiger bedankt sich und holt anschließend sein Team auf die Bühne
Was bei den Dankesreden auffiel: "Ihr ward so ein tolles Team", "Ohne Euch hätten wir das nie geschaftt". Das Team spielt beim Film eine elementare Rolle. Alle Arbeitsbereiche müssen perfekt aufeinander abgestimmt sein. Regie, Schnitt, Kostüm, Maske, Szenenbild, Kamera, Nebenrollen, Drehbuchautor, Soundtechniker und Hauptdarsteller - sie alle funktionieren nur in der Symbiose des Gesamtprojektes.

Der Deutsche Filmpreis gilt als der höchst dotierte Preis dieser Art in Deutschland und wird von der Deutschen Filmakademie vergeben.

Autor: Matthias Baumann

Donnerstag, 18. Juni 2015

Bertelsmann Party 2015 #BParty15

Ein Smalltalk mit dem Regierenden Bürgermeister Michael Müller und ein handsignierter Netzplan von BVG-Chefin Nikutta waren nur einige der persönlichen Highlights der heutigen Bertelsmann Party 2015 in der neuen Hauptstadt-Repräsentanz Unter den Linden 1.

Während im benachbarten Kronprinzenpalais das Sommerfest des BAP Bundesarbeitergeberverband der Personaldienstleister in vollem Gange war, nahm die Kolonne der schwarzen Limousinen vor dem Bertelsmann-Haus kein Ende. Ein Promi nach dem anderen schritt über den langen roten Teppich, wurde von Vorständen und Familienvertretern begrüßt, konnte noch ein Interview für RTL geben und tauchte anschließend in das illustre Treiben innerhalb des architektonisch sehr offen gestalteten Gebäudes ein.

Bertelsmann Party 2015 - Stadtschloss
Bertelsmann Party 2015 - Blick von der Dachterrasse auf den Rohbau des Stadtschlosses
Ein nur durch eine mittelalterlich schmale Gasse getrennter Neubau spendet der verglasten Südfront des Bertelsmann-Hauses inzwischen sehr viel Schatten. Die Sicht von der Dachterrasse war frei und bot einen traumhaften Blick auf die Museumsinsel und das Gebäudeensemble des Alexanderplatzes. Bei italienischem Rotwein konnte man das Eingangsportal des Schlosses und den Richtkranz über dessen Kuppel begutachten.

Bertelsmann Party 2015
Bertelsmann Party 2015 - Treppenhaus Unter den Linden 1
Blitzlichtgewitter holte uns immer wieder aus der Stadtbildbetrachtung zurück zum eigentlichen Geschehen der Party. Top-Models, Filmproduzenten, ein Hochzeitspaar, Staatsministerin Böhmer, Bankier Woltmann, Sigmar Gabriel und Florian Langenscheidt waren unter den etwa 600 geladenen Gästen.

Bertelsmann präsentierte auf den einzelnen Etagen und im Treppenhaus seine Innovationskraft. In einem der Räume verzehrte man das liebevoll dekorierte Dessert in einer Art 3D-Welt. Alles war bis ins Detail abgestimmt und abgeschmeckt. Kreationen wie Pudding aus Zahnpastatuben, kleine Holzkisten mit Nüssen, Schokolade auf Eisblöcken oder Käsehäppchen mit grünen Crackern zeigten den Einfallsreichtum der Veranstalter. Im Erdgeschoss war Tim Raue am Werk, der Starkoch aus der RTL-Show "Das Erfolgsrezept".

Bertelsmann ist ein breit aufgestelltes Unternehmen im Bereich Medien, Dienstleistung und Bildung. Zum Konzernverbund gehören unter anderem die RTL Group, Dienstleister Arvato und Relias Learning. Bertelsmann ist in 50 Ländern vertreten und beschäftigt 112.000 Mitarbeiter.

Autor: Matthias Baumann

Dienstag, 16. Juni 2015

Let's talk about Australia

Als die Bundeskanzlerin im letzten Jahr Australien besuchte, stellte sie fest "wir sollten mehr über Australien reden".

Australien ist Traumreiseziel vieler Deutscher und mit seinen 15.500 km fast so weit von uns entfernt wie der Nordpol zum Südpol. Ein Tunnelprojekt durch den Erdkern könnte die Anreise eventuell beschleunigen, so man die Gravitation außer Acht lässt. Dennoch wagen fast 200.000 zumeist junge Menschen aus Deutschland jedes Jahr den langen Flug auf den entfernten Kontinent.

German-Australian Symposium 2015
1. German-Australian Symposium 2015 - Staatsministerin Prof. Dr. Maria Böhmer und Botschafter David Ritchie
Tourismus, Kängurus und rötliche Felsen sind jedoch nur ein Teil der Bedeutung, die Australien auf dem Globus zukommt. Weitestgehend unbeachtet ist die Tatsache, dass Australien den südöstlichen Pol der westlichen Wertegemeinschaft ausmacht. Durch seine strategische Lage hat es einen direkten Blick auf die Entwicklungen in Asien und Ozeanien. Australien kontrolliert und sichert die Handelswege südlich von China.

Beim heutigen 1. German-Australian Symposium 2015 in der Konrad-Adenauer-Stiftung zeigte sich Botschafter David Ritchie erfreut darüber, dass sein Land endlich auch in politischer und strategischer Hinsicht beachtet werde. Es sei eine "remarkable" Veranstaltung. Er führte es auf den oben zitierten Anstoß der Kanzlerin zurück, dass die Beziehungen in Gang kommen.

Aktuell sind 780 deutsche Firmen in Australien angesiedelt, aber "it could be better". Staatsministerin Böhmer nannte in ihrer kurzen Rede weitere Zahlen und Gerhard Klein MdB von der Deutsch-Australischen-Freundschaftsgruppe im Bundestag stellte einen mehrere Punkte umfassenden Katalog von Forderungen zur Intensivierung der Beziehungen mit Australien vor.

German-Australian Symposium 2015
1. German-Australian Symposium 2015 - Dr. Gerhard Wahlers und Alan Stockdale (Liberal Party of Australia)
Der ehemalige Präsident der Liberalen Partei Australiens war eigens zu diesem ersten Symposium angereist und redete über die vielen Facetten und Entwicklungen der australischen Wirtschaft und Politik. Einen kritischen Blick warf er auf die Einflussnahme des Commonwealth im Bereich der Bildung und des Gesundheitswesens.

Das Programm war sehr umfangreich und tangierte im weiteren Verlauf insbesondere Aspekte der Sicherheit, den Kampf gegen Terrorismus, multikulturelle Strömungen und mögliche Kooperationen bei Wirtschaft und Forschung.

Autor: Matthias Baumann

Mittwoch, 10. Juni 2015

Die Sachsen und die Deutsche Einheit

Schaut man sich in der sächsischen Landesregierung um, trifft man viele Fachkräfte aus den alten Bundesländern. Dass auch der klassische Ossi, der echte Sachse, etwas reißen kann, zeigte die heutige Veranstaltung des Mitteldeutschen Rundfunks in der Landesvertretung Sachsen.

Mit der Wende entstand auch der MDR, der in seinen Archiven einiges Material über Menschen gesammelt hatte, die die Veränderungen vor 25 Jahren auf sehr unterschiedliche Weise wahrgenommen und genutzt hatten.

Landesvertretung Sachsen mdr Mitteldeutscher Rundfunk
Die Sachsen 25 Jahre nach der Wende - Mitteldeutscher Rundfunk in der Landesvertretung Sachsen
Gewohnheiten mussten überarbeitet werden und so manch ein riskanter Neuanfang wurde gewagt. Frühere Mitwirkende des Systems waren plötzlich mit einem Umdenkungsprozess konfrontiert, der nicht jedem gelang. Die neue Situation gab aber auch Raum für bisher verwehrte Perspektiven.

Der MDR strahlt in diesem Jahr eine Serie von Dokumentarfilmen über Personen aus, die nach dem "Umbruch" ihr Leben zu meistern hatten. Einige der Protagonisten standen heute auf der Bühne. Sehr unterschiedliche, aber äußerst interessante Menschen. Menschen mit einer bewegten Vergangenheit, mit Höhen und Tiefen, Pleiten und Neuanfängen.

Dachdeckermeister Peter Elsner lernte unmittelbar nach dem Fall der Mauer die Hilfsbereitschaft seiner westlichen Kollegen zu schätzen. Während um ihn herum alle Bekannten "erst mal guggen" wollten, praktizierte er die Ratschläge der anderen Meister und avancierte zu einem Unternehmen mit 200 Mitarbeitern. Dann kam die Baupleite Schneider und der komplette Zusammenbruch der Firma. Inzwischen beschäftigt er wieder zehn Dachdecker und auch sein Sohn führt dieses Gewerbe mit einem eigenen gut laufenden Unternehmen fort.

Ob die Politikerin Stefanie Rehm oder Verleger und Regisseur Jan Peter, so verschieden die Berufe, Interessen und Lebensläufe auch waren, sie waren fast alle von Krise und Aufstehen geprägt.

"Wer sich nicht bewegt und das Glück sucht, hat auch kein Glück", war nur eines der Zitate aus den Biografien. Mit dem Geld, das Peter Elsner in den letzten 25 Jahren verloren hatte, hätte er, wie er sagte, halb Leipzig kaufen können. Aber:

"Ärmel hochkrempeln und weiter"!

Sehr beeindruckend dieser Entwicklungs- und Durchhaltewille. Jan Peter, der durch den Zusammenbruch seiner "Die andere Zeitung" schon Anfang der 1990er Jahre ein hohes Maß an Stressresistenz gelernt hatte, fasste diese an den American Dream erinnernde Lebenseinstellung begeistert wie folgt zusammen:

1) Mit nichts anfangen
2) Scheitern
3) Weitermachen

Autor: Matthias Baumann

Montag, 1. Juni 2015

Hong Kong Gala Dinner mit Gregory SO Kam-Ieung

Hong Kong ist ein interessanter und ambivalenter Ort. Natur und hohe Glasfassaden teilen sich engsten Raum. Wirtschaftssysteme treffen sich. Freiheit und politische Enge arrangieren sich.

Für den europäischen Investor bietet sich Hong Kong als ein Sprungbrett in den asiatischen Markt an. In Hong Kong spricht man Englisch und auch die Sprache des potenziellen chinesischen Kunden, und das nicht nur im verbalen Sinne.

Die neben mir sitzende Chinesin präzisierte die Bedeutung Hong Kongs und empfahl unbedingt auch Direktkontakte nach China.

Gregory SO Kam-Ieung Hong Kong Gala Dinner
Gregory SO Kam-Ieung - Hong Kong Gala Dinner
Hong Kong hatte heute zu einem Gala Dinner ins Grand Hyatt eingeladen.

Nach einer kurzen Begrüßung durch Betty S P Ho von Hong Kong Economic and Trade in Berlin trat Gregory SO Kam-Ieung ans Pult.

Seine durch Frau Ho zuvor verlesenen Zuständigkeiten sind so umfangreich, dass deren Zitat wohl diese Bildschirmseite füllen würde. Die Kurzfassung lautet: Secretary for Commerce & Economic Development of the Hong Kong Special Administrative Region of the People's Republic of China.

Sein Vortrag war sehr lebendig und wurde mit einer Hommage an die Deutschen eingeleitet. Die Autos, das Bier und viele andere Dinge lassen Deutschland im fernöstlichen Alltag präsent sein. Mehrere Tausend Deutsche leben in Hong Kong und man wünscht sich noch mehr: "Welcome to Germans".

Plötzlich holte er einen Reisestecker-Würfel hervor und verglich ihn mit Hong Kong. "Super connecting" war sein mehrfach genutzes Schlagwort zu den Möglichkeiten der Special Administrative Region. Besonderes Interesse erweckte seine Darstellung der modernen Seidenstraße, die Hong Kong, China, Indien, Russland, Europa, den Nahen Osten und den Indischen Ozean verbindet. Per Smartphone versuchten einige Tischnachbarn die animierte Seidenroute zu fotografieren.

Aristo Sham Hong Kong Gala Dinner
Pianist Aristo Sham beim Hong Kong Gala Dinner
Das war allerdings nur der Vorgeschmack auf einen weiteren hochkarätigen Gast aus Hong Kong. Der Secretary hatte den Pianisten Aristo Sham mitgebracht, der im Anschluss drei Stücke von Chopin spielte. Mit einer sagenhaften Leichtigkeit und Präzision flitzten die Finger von Aristo Sham über die Tasten. Am Flügel erlebten wir ein Höchstmaß an Körperbeherrschung und ein vollständiges Hinabtauchen in seine Musik. Bei einigen Passagen schienen sich die Töne in sanft rieselnden Sommerregen zu verwandeln.

Den krönenden Abschluss gab dann das eigentliche Gala Dinner mit spannenden Kreationen der regionalen Küche gepaart mit einem edlen Barbera d' Alba von Enrico Serafino. Dabei kamen wir an unserem Tisch gut ins Gespräch, so dass der Abend sehr abgerundet ausklang.

Autor: Matthias Baumann

Freitag, 29. Mai 2015

7th Commonwealth Dialogues auf Afrikaans

Das durch Rödl & Partner und die BCCG British Chamber of Commerce in Germany initiierte Format der Commonwealth Dialogues fand gestern bereits das siebte Mal statt.

Die Commonwealth Dialogues haben bereits einen festen Platz in unserer Terminplanung. Neben interessanten Gästen aus Wirtschaft und Diplomatie gab es auch diesmal wieder jede Menge spannender Gesprächsthemen über wirtschaftspolitische Trends sowie provokante Nachfragen zur internationalen Zusammenarbeit.

Die Chatham House Rules ermöglichen eine ungezwungene Kommunikation der Teilnehmer zu brisanten Themen. Man lacht, unterhält sich über Privates, trinkt südafrikanischen Wein, redet über ernste Dinge und tauscht die Visitenkarten aus.

Commonwealth Dialogues Rödl & Partner BCCG
Commonwealth Dialogues - Gastgeber war diesmal der südafrikanische Botschafter Makhenkesi Arnold Stofile
Auch wenn über die konkreten Inhalte hier nicht berichtet werden darf, so ist doch offiziell bekannt, dass zur gestrigen Veranstaltung im Châlet Suisse der südafrikanische Botschafter eingeladen hatte. Botschafter Makhenkesi Arnold Stofile spricht Englisch, IsiXhosa, IsiZulu, Afrikaans, se Tswana und einige Worte Deutsch. So lief die gestrige Konversation fast vollständig auf Englisch ab. Selbst als sich mehrere Deutsche um den Tisch scharten, bemühte man sich sprachlich international zu bleiben.

Makhenkesi Arnold Stofile ist eine interessante Persönlichkeit. Mit seinen siebzig Jahren wirkt er immer noch aktiv, wird aber auch gerne als erfahrener Botschafter von seinen Kollegen gehört. Sein Lebenslauf zeigt eine bewegte Vergangenheit. In den 1970ern begann er als Pfarrer der presbyterianischen Kirche, studierte, promovierte und qualifizierte sich somit zum Theologie-Dozenten an der Universität Fort Hare. Nebenbei arbeitete er für den ANC und wurde 1995 dessen Finanzchef. Und jetzt arbeitet er in Berlin.

Autor: Matthias Baumann

Mittwoch, 27. Mai 2015

Bionnale 2015 - Biotech und Pharma treffen sich in der IHK Berlin

Das erlesene Fachpublikum füllt den großen Saal der IHK Berlin. Kurze Vorträge zu verschiedenen Themen der Biotechnologie und Pharmazie wechseln sich ab. Hochkarätige Redner aus Forschung und Industrie stehen auf dem Podium.

Pfizer, TU Dresden, Leibniz Institut, Fraunhofer IZI oder Bayer HealthCare sind nur einige der bekannten Namen des Pharma-Biotech-Sektors.

Die Bionnale findet in diesem Jahr zum dreizehnten Mal statt. Sie bietet neben Fachimpulsen zu Forschungsergebnissen auch Informationen zu neuesten Entwicklungen am Markt. Je nach Interesse kann sich der Teilnehmer über "Big Data in clinical development", industrielle Biotechnologie oder Enzyme Technologies informieren. Der Abend steht im Zeichen angeregter Kontaktpflege.

Für Letzteres bietet der Standort Berlin besonders gute Voraussetzungen. Immerhin wickelt die Hauptstadtregion 13% der bundesdeutschen Pharmaproduktion ab. Drei von zehn Euro, die in Berlin investiert werden, kommen aus diesem Wirtschaftssegment. Verkaufszahlen und Arbeitsplatzsituationen sind sehr stabil. Allein Bayer HealthCare beschäftigt 4.400 Personen am Standort Berlin. Hinzu kommen diverse Zulieferbetriebe, die vom Outsourcing profitieren.

Die Wertschöpfungskette von Pharma und Biotech ist so gesund, dass das Potenzial 150 Unternehmen mit insgesamt über 14.000 Mitarbeitern umfasst.

Auch in Sicht auf die Forschung punktet die Region mit fünf Universitäten, vier Hochschulen und diversen Instituten wie Max Planck, Leibniz, Fraunhofer oder Helmholtz.

Autor: Matthias Baumann

Samstag, 23. Mai 2015

Jaguar XE - XF und XJ bekommen ein Brüderchen

Der ab Juni zum Verkauf stehende kleine Bruder der Jaguar-Limousinen XF und XJ wird seit Mitte Mai in verschiedenen deutschen Städten präsentiert. Ein sehr gut geschultes Promotion-Team reist fast einen Monat lang mit zwanzig XE-Vorführwagen durch das Land und bietet halbstündige Probefahrten an.

Jaguar XE
Jaguar XE 20d mit 8-Gang-Automatik und 180 PS
Dresden und Potsdam sind dabei die einzigen Stationen in der Nähe Berlins, so dass wir uns kurzerhand für eine Probefahrt in Potsdam entschieden hatten. Direkt vor dem Brandenburger Tor ist ein Infostand aufgebaut und ringsherum die fünf Modellvarianten in verschiedenen Lackierungen abgestellt. Senioren, Jugendliche, Familien mit Kinderwagen fluten um die Fahrzeuge, verweilen kurz und stürzen sich dann in das lebhafte Treiben der Brandenburger Straße. Eine Volltreffer-Location für die Präsentation des Jaguar XE.

Fast überfahren wir einen Familienvater, der mit verklärtem Blick zum Objekt seiner Probefahrt schreitet und jeglichen Bezug zur ihn umgebenden Verkehrslage verloren zu haben scheint.

Jaguar XE
Jaguar XE 20d
Jaguar XE
Jaguar XE 20d - die Endrohre geben Auskunft über die Motorisierung
"Schade, dass man den Jaguar gar nicht mehr sofort als solchen erkennt", sagt meine Frau als wir uns auf die Heckpartien mehrerer Jaguar XE zubewegen. Wir werden das Gefühl nicht los, dass der Rücklichtbereich sehr viel von Audi A5 oder A7 hat. "Aber sieh mal vorne", sage ich und zeige ihr den markanten Grill mit der an zentraler Stelle herausschauender Raubkatze. Ganz abgesehen von der eleganten Chromleiste um die Seitenfenster.

Am Infostand nimmt uns eine junge Dame in ihre Obhut und fragt, welches Modell wir denn gerne fahren möchten. Benziner mit 200 PS oder Diesel mit 180 PS. Bei 20 PS Unterschied wählen wir den Diesel und sie führt uns zu einem schneeweißen XE mit schwarzem Kühlergrill. Beeindruckend!

Beim Öffnen der Fondtür fällt sofort das schwarze Leder mit weißer Kontrastnaht auf. Die Rücksitze seien umlegbar, um das Kofferraumvolumen von 415 auf 830 Liter zu erweitern. Auch die Kofferraumklappe macht im Vergleich zum XF einen überzeugenden Eindruck. Die Beinfreiheit im Fond ist für mitreisende Kinder ausreichend, für die Nutzung im diplomatischen Umfeld kommt jedoch eher der XF oder XJ in Frage.

Unsere Begleiterin verfügt über ein fundiertes Detailwissen. Nur die Fahrzeuglänge von 4,672 m muss sie nachschlagen, ansonsten kann sie ohne Zögern alle Fragen zu Zylinderanzahl, 8-Gang-Getriebe, Fahrassistenten, Sportmodi oder Heckantrieb beantworten. Auch beeindruckend!

Jaguar XE
Jaguar XE - Multifunktionslenkrad mit Schaltwippen, Meridian-Soundsystem, Leder mit Kontrastnaht
Kaum haben wir uns in die Sportsitze fallen lassen und die Tür geschlossen, fühlen wir uns wie in einem klassischen Sportwagen. Der Blick schweift über die Armaturen und sondiert die Bedienelemente. Der Wagen hat vieles von dem, was aktueller technischer Standard ist. Selbst die von BMW bekannten Annehmlichkeiten wie Head Up Display oder Surround View lassen sich konfigurieren. Der Touchscreen überzeugt durch eine hohe Auflösung bei Einstellungsseiten und Rückfahrkamera. Viele der Funktionen lassen sich auch per Schalter am Lenkrad oder über Spracheingabe steuern.

Wie auch bei den großen Brüdern XF und XJ wird das Getriebe per Drehknopf geschaltet. Beim XE ist dieser ebenfalls in der Mittelkonsole versenkt und fährt beim Anlassen des Wagens nach oben. Ein verspieltes Detail, das so manch ein Männerherz höher schlagen lässt. Die Getriebemodi lassen sich bemerkenswert leicht und präzise schalten. Hinzu kommen noch die Gangschaltungswippen am Lenkrad und verschiedene separate Knöpfe für sparsames oder sportliches Fahren.

Die Fahrt beginnen wir mit Getriebestellung "S" wie sportlich. Diese Einstellung demonstriert uns das hervorragende Potenzial für den innerstädtischen Ampelstart. Zwischen den ersten Ampeln schalten wir die Getriebemöglichkeiten durch und testen deren Wirkung. Der ECO-Modus reagiert ähnlich entschleunigt wie bei BMW. Aber auch im Jaguar XE lassen sich Kombinationen schalten, so dass man letztlich den für den Fahrzweck richtigen Modus erhält.

Jaguar XE
Jaguar XE - Designelemente der Sportlichkeit
Beim Test des Heckantriebes lässt sich der XE allerdings gar nicht aus der Ruhe bringen. "Drücken Sie doch mal den Knopf ganz rechts", meint unsere Begleiterin und verweist damit auf die Möglichkeit, die Traktionskontrolle abzuschalten. Da wir uns mitten im Kreisverkehr befinden ist mir das zu riskant.

Das Fahrgeräusch ist sehr angenehm. Nur das Abrollen der Räder ist zu hören. Der typische Dieselklang scheint völlig gedämmt. Auch bei 220 kmh solle man sich noch gut unterhalten können. Auf der kurzen Fahrt können wir das leider nicht ausprobieren. Was allerdings mehrfach auffällt, ist die Verzögerung zwischen Gasgeben und Reaktion des Fahrzeuges. Man hat das Gefühl, das Fahrzeug möchte, darf aber nicht. Fehlen die Leistungsreserven oder werden sie künstlich an der Entfaltung gehindert? Unserer Begleiterin schien das noch nicht aufgefallen zu sein. Sie empfiehlt uns deshalb eine weitere Probefahrt mit einem der drei Benziner.

Bis auf den Jaguar XE S mit 340 PS sind alle XE mit einem Zwei-Liter-Vier-Zylinder-Motor ausgestattet und entsprechend per Turbo auf 163, 180, 200 bzw. 240 PS aufgeladen. Die Benziner gibt es ausschließlich mit 8-Gang-Automatikgetriebe und die Diesel wahlweise als 6-Gang-Schalter. Die Energieeffizienz der Diesel ist bei A angesiedelt und der Verbrauch entspricht ebenfalls den aktuellen Richtwerten. Begünstigt wird letzteres noch durch den Trend zur Leichtbauweise, die die XE-Modelle durchschnittlich 1,5 Tonnen auf die Waage bringen lässt.

Die vorgesehene halbe Stunde wird nun doch deutlich überschritten, was jedoch bei zwanzig verfügbaren Jaguar XE gut kompensierbar ist. Wir bedanken uns und schlendern nun selbst noch durch die Brandenburger Straße. Wo kommen nur die vielen Menschen her? Das Wetter oder Interesse am neuen Jaguar XE?

Autor: Matthias Baumann

Dienstag, 5. Mai 2015

eMobility - Wo bleibt der Anschluss?

Lautlos gleiten die S-Klassen am Haus des Tagesspiegels vorbei. Ein Shuttle-Service in Schwarz und in Weiß. In den Luxuslimousinen werkeln Verbrennungsmotoren mit 333 PS und ein Elektromotor mit über 100 PS. Zusammen eine beachtliche Leistungsentfaltung und fast lautlos.

Schwarz und weiß, fossil oder elektrisch, Autohochburg Deutschland versus weltweiter Wettbewerb um die mobile Vormachtstellung der Zukunft und noch viele weitere Themen beschäftigen seit gestern die Experten und politisch Verantwortlichen beim 5. Elektromobilitäts-Gipfel beim Tagesspiegel - neudeutsch "eMobility Summit".

eMobility Summit 2015 Tagesspiegel
eMobility Summit 2015 im Tagesspiegel - grün und elektrisiert
So sind auch in diesem Jahr wieder hochkarätige Redner und Diskussionspartner wie Daimler-Chef Dieter Zetsche, Matthias Wissman vom Verband der Automobilindustrie (VDA), Norbert Barthle aus dem Verkehrsministerium oder Henning Kagermann von der Plattform Elektromobilität angereist. Reisen ist ja mit eMobility bisher nur im Tesla möglich. Alle anderen Hersteller möchten bis 2025 die Reichweite verdoppeln, was beim BMW i8 beispielsweise siebzig Kilometer wären und bei nicht ganz so sportlichen Wagen etwas mehr. Ob die zehn Jahre für den Erhalt eines Wettbewerbsvorsprungs zu entspannt bemessen sind wird die Praxis zeigen.

China drängt bereits in den eMobility-Markt und fördert überproportional die inländischen Projekte, da sich mit dem Elektrofahrzeug auch eine intensive Vernetzung der Verkehrsteilnehmer begründen lässt. Google auf der Straße, das "Internet der Autos" und Überwachung kinderleicht gemacht. China setze zudem eigene Trends bei der Normung und Standardisierung. Bleibt zu hoffen, dass es nicht noch mehr Ladestecker geben wird, als die drei der internationalen ISO 15118 entsprechenden Varianten.

eMobility Summit 2015 Tagesspiegel
eMobility Summit 2015 im Tagesspiegel - der Elektro-Daimler mit Effizienzklasse A+
Die im Zelt vor dem Verlagshaus ausgestellten Mercedes-Modelle punkteten alle mit der Effizienzklasse A+. Das ist besser als unser Drei-Liter-Auto aus dem Hause BMW, welches mit Effizienzklasse A angegeben ist. Dafür hat es aber keinen Elektromotor für den Antrieb.

Der größte Engpass der eMobility besteht zur Zeit bei den Akkus. Deutschland hat zwar allgemein bei Autos die Nase vorn, hinkt jedoch bei den Batterietechnologien der USA und Fernost hinterher. Kein Wunder also, dass auch namhafte Firmen wie RWE, BASF, Linde und Siemens beim eMobility Summit mitreden. Die Batterie macht beim Elektroauto etwa 40% der Wertschöpfung aus. Deshalb verkaufen sich diese Fahrzeuge hierzulande auch so schleppend. Die Angst vor einer teuren Ersatzbatterie ab 100.000 km und damit ausgerechnet nach der Garantiezeit ist berechtigt hoch. Dieser erhebliche Wertverlust schlägt sich auch auf Leasingraten nieder, die für ein kleines Elektroauto schnell einmal bei den Raten eines Oberklassewagens landen können.

Kosten versus Nutzen?

Das fragt sich der clevere Geschäftsmann und greift dann vielleicht nur aus Imagegründen zum eAuto.

eMobility leisten sich momentan zu 60% gewerbliche Abnehmer und schwemmen nach dem Neuwagenleasing die aus der Garantie gekommenen Kostenrisiken auf den Gebrauchtwagenmarkt.

Gemäß einer Statistik des KBA sollen rund 85% des privaten Ladebedarfs heute bereits abgedeckt sein. Im öffentlichen Bereich seien es nur 15%. Da eMobility wegen der noch zu verdoppelnden Reichweite weitestgehend für urbane Zwecke beworben wird, können wir uns die 85% Privatnutzer nur im Einfamilienhaus-Areal vorstellen. Ein auf Ökologie bedachter Autofahrer aus Prenzlauer Berg bräuchte ein recht langes Ladekabel von seinem vierten Stock zum zwei Straßen weiter geparkten eMobil.

Laut Henning Kagermann verschmelze zur Zeit die reale mit der digitalen Welt. Das mache auch vor der Mobilität keinen Halt. Gerade angesichts der Wettbewerbsverschiebungen bei Antriebstechniken und in Sicht auf die "Mobilitätswende" forderte er verbesserte Rahmenbedingungen zu Anschaffung und Unterhalt von Elektrofahrzeugen. Das beginne bei der Besteuerung und ende bei der Ladeinfrastruktur.

Insgesamt ein sehr vielschichtiges und interessantes Thema.

Autor: Matthias Baumann

Mittwoch, 15. April 2015

Luther und die Fürsten in Torgau

Beim Lesen der Bibel fällt auf, dass es nur in wenigen Fällen die offiziellen Priester waren, die etwas im Auftrag Gottes bewegt hatten. "Wenn sie die Fürsten nicht an ihrer Seite haben, dann geht da nichts", fasste Prof. Dr. Dirk Syndram, Direktor des Grünen Gewölbes und der Rüstkammer, auch das Verhältnis von Reformatoren und Staatsgewalt zusammen. Die "Freiheit des Christenmenschen" sei gleichzeitig auch die Freiheit der Fürsten gewesen.

Bei der heutigen Veranstaltung in der Landesvertretung Sachsen wurde die vom 15. Mai bis 31. Oktober 2015 in Torgau zu sehende Sonderausstellung "Luther und die Fürsten" präsentiert. Ganz Torgau mit seinem gut erhaltenen Renaissance-Stadtkern wird zu einem begehbaren Exponat. Das Schloss Hartenfels bildet dabei das berührbare Zentrum und gilt damit als Hauptexponat. Hinter dem Schloss gebe es sogar Parkplätze.

Luther und die Fürsten Torgau
"Luther und die Fürsten" Sonderausstellung in Torgau - Rede von Prof. Dr. Dirk Syndram
Torgau-Besucher können ab Mai insgesamt 290 historische Stücke bestaunen. Es handelt sich vielfach um Leihgaben aus aller Welt inklusive des Vatikans. Auch wenn Luther im Titel zuerst genannt wird, hat die Ausstellung doch eher einen säkularen Fokus und konzentriert sich insbesondere auf die Selbstdarstellung der Fürsten zur Zeit der Reformation. Fürsten, die sogar die Größe besaßen, die kaiserliche Krone abzulehnen. Ein Jahrhundert der Umdenkungsprozesse und verbaler Neuschöpfungen wie "Machtwort", "Denkmal" oder "Sündenbock".

Oberbürgermeisterin Andrea Staude schwärmte in ihrem Grußwort davon, dass diese Begriffe in Torgau in den offiziellen Wortschatz aufgenommen worden waren. Sie wusste auch davon zu berichten, dass Luther zu seiner Hochzeit eigens ein Fass mit Bier aus Torgau bestellt hatte. Da Torgau im Zweiten Weltkrieg von einer Bombardierung verschont wurde, fühlt man sich auch heute noch bei einem Spaziergang ins 16. Jahrhundert zurück versetzt.

Luther und die Fürsten bewegten jedoch nicht nur die Entwicklungen ihrer Gegenwart, sondern auch jede Menge Gäste zum Besuch der Veranstaltung in der Landesvertretung Sachsen. So mussten kurz vor Beginn noch Stühle herangeschafft werden und die Begrüßungsformeln der Oberbürgermeisterin nahmen fast mehr Zeit in Anspruch als die eigentliche Rede.

Musikalisch wurde der Abend durch die Schwestern Alma-Elisabeth und Marie-Alice Stoye umrahmt, die uns mittelalterliche Klänge auf Viole da Gamba zu Gehör brachten.

Autor: Matthias Baumann

Dienstag, 7. April 2015

#wirtschaftfm und die Reziprozität eines Podiumsgespräches im Wirtschaftsministerium

Das Markenzeichen deutscher Fachbücher manifestiert sich in einer überaus großen Dichte an Fremdwörtern. Wenn nach der Lektüre fünf neue Begriffe in den eigenen Wortschatz aufgenommen werden konnten, hat sich das Studium eines 70-Euro-Werkes mit 450 Seiten bereits gelohnt, zumal dann bekannt ist, dass es sich um einen großen Autoren der deutschen Wissenschaft gehandelt haben muss. Die Vermittlung fachlicher Inhalte ist dabei sekundär.

Beim "homo oeconomicus" bestimmen allerdings Effektivität und zielführender Wissenserwerb das Handeln, so dass in unseren Regalen vorwiegend Fachbücher englischsprachiger Autoren zu finden sind. Kein Wunder also, dass uns nach dem heutigen Gespräch zwischen Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel und Prof. Dr. Armin Falk die Frage beschäftigte: "Wie korrelieren Paternalismus, soziale Präferenzen und altruistische Reziprozität"?

wirtschaftfm Wirtschaft für Morgen Sigmar Gabriel Armin Falk
#wirtschaftfm - Wirtschaft für morgen - Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel im Gespräch mit Prof. Dr.Armin Falk
Reziprozität zog sich durch die gesamte Veranstaltung "Wirtschaft für morgen". Reziprozität gibt es als positive und negative Variante, wobei Männer wohl eher zur Negativversion tendieren. Der Professor stellte diverse Studien vor, in denen die Motivation von Mitarbeitern oder Steuerzahlern im gesellschaftlichen Sozialgefüge getestet wurden. Was wird als fair und was als unfair wahrgenommen? Wie wirken sich Divergenzen der Arbeitsatmosphäre hinsichtlich Vertrauen und Misstrauen gegenüber Mitarbeitern auf die Gesamtergebnisse eines Unternehmens aus? Wie schlägt eine gerechte oder als ungerecht empfundene Entlohnung auf den Gesundheitszustand von Arbeitnehmern durch?

Armin Falk machte anhand von Studien deutlich, dass ein als fair empfundenes Steuersystem nachhaltig positive Auswirkungen auf die Steuermoral habe. In seinem nahezu frei gesprochenen Vortrag ging er auch mehrfach auf die vorherige Rede des Wirtschaftsministers ein.

Während der finalen Diskussionsrunde zwischen Sigmar Gabriel und Armin Falk hatten das anwesende und das multimedial verbundene Publikum Gelegenheit zu Koreferaten und Fragen. Die Koreferate wurden relativ gut gekürzt und die Fragen direkt an die beiden Herren auf dem Podium durchgereicht. Sigmar Gabriel wurde auch mit der üblichen Frage "Wie kann ich mitbestimmen" konfrontiert und konterte mit einem klaren: "Einfach machen"! Auf die kürzlich durch einen Schüler gestellte Frage, was er denn gegen dessen Politikverdrossenheit tun wolle, sagte er: "Gar nichts". Damit forderte er zur aktiven Teilnahme am politischen Geschehen auf.

Es kamen auch Fragen zur aktuellen Situation mit Griechenland. Im Bezug auf eine positive Reziprozität handelten die Griechen äußerst "dumm". Immerhin wollten sie ja etwas von Deutschland. Die "leichte politische Übung" werde durch unpassende Äußerungen oder thematisch abgekoppelte Reparationsforderungen zu einer negativen Reziprozität geführt. Griechenland habe seine Ressourcen selbst ausgeweidet und wundere sich nun über den Paternalismus der europäischen Geldgeber. Mit seichten Nudge-Methoden sei da nichts mehr zu stabilisieren.

Video-Empfehlung:
Mitschnitt der Veranstaltung aus der BMWi-Mediathek

Autor: Matthias Baumann

Mittwoch, 1. April 2015

200. Geburtstag von Bismarck

"In Sachsen-Anhalt hat alles begonnen", bemerkte Dr. Reiner Haseloff, Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt, in seinem Grußwort. Auch heute noch verzeichne Sachsen-Anhalt die höchste Dichte an Nachfahren Bismarcks, der übrigens als "Deichgraf" sämtliche Deiche dieser Region gebaut hatte. Alle hätten bisher gehalten. Die bei den letzten Fluten gebrochenen Deiche seien viel später gebaut worden. Dr. Haseloff schwärmte von seinem Bundesland und warf als Ergänzung noch Martin Luther in die Waagschale.

Immer wieder ging es um das Alter und die epochale Spannweite des Lebens von Bismarck. Immerhin war er für 22 Jahre ein Zeitgenosse Adenauers. Bei seiner Geburt gab es keine Eisenbahn in Deutschland. Aber zu seinem Tode wurden bereits U-Boote mit Torpedos ausgerüstet.

200. Geburtstag Otto von Bismarck
Grußwort des Bundespräsidenten beim Festakt zum 200. Geburtstag von Otto von Bismarck
Bundespräsident Gauck zählte in seinem Grußwort sämtliche Titel Bismarcks auf und endete mit einem "kurz: Eiserner Kanzler". Dass Otto von Bismarck ein direkter Wegbereiter Hitlers gewesen sei, wies er als "falsche Be- und Verurteilung" zurück. Joachim Gauck ging auf die bahnbrechende Sozialgesetzgebung ein und auf das Engagement, "Reichsfeinde" ausfindig zu machen und zu eliminieren. Dieses Feindbild fand seine Definition in Katholiken und Sozialisten.

200. Geburtstag Otto von Bismarck
Rudolf Seiters beim 200. Geburtstag von Otto von Bismarck
Interessanterweise erreichte Bismarck mit einigen seiner harten Durchgriffe genau das Gegenteil, so dass letztlich ein Wachstum dieser Bevölkerungsgruppen angeregt wurde.

Eine gewisse Ambivalenz wies auch die Selbsteinschätzung Bismarcks auf.

Laut Kanzleramtsminister a.D. Rudolf Seiters waren Bismarcks wundeste Punkte "Dank und Anerkennung". Einige Jahre später wollte er davon jedoch nichts mehr wissen.

200. Geburtstag Otto von Bismarck
Finanzminister Wolfgang Schäuble - Festrede zum 200. Geburtstag von Otto von Bismarck
Finanzminister Wolfgang Schäuble bemühte in seiner Festrede verschiedene Vergleiche zu heutigen Personen und Staatsgebilden. Er resümierte dann jedoch, dass alle diese Vergleiche hinkten und solch ein einzigartiger Politiker seinesgleichen suche. Man könne jedoch viele Dinge von ihm lernen, was er mit dem Zitat "Die Historie macht uns nicht klug für ein andermal, sondern weiser für die Ewigkeit" untermauerte. Man könne Handlungsweisen nicht für spätere Situationen kopieren, sondern müsse Prinzipien daraus ableiten, die man in ähnlichen Situationen anwende.

200. Geburtstag Otto von Bismarck
Bismarck-Familie beim Festakt zum 200. Geburtstag von Otto von Bismarck
200. Geburtstag Otto von Bismarck
Botschafter zu Gast beim Festakt zum 200. Geburtstag von Otto von Bismarck
Im Schlüterhof des Deutschen Historischen Museums waren heute neben den bereits genannten Spitzenpolitikern auch der amtierende Kanzleramtsminister Altmaier, der ehemalige amerikanische Botschafter Kornblum, der britische Botschafter Simon McDonald KCMG, Angehörige der Bismarck-Familie, Klaus-Rüdiger Landowsky, Volker Tschapke und weitere bekannte Persönlichkeiten erschienen.

Die Begrüßung teilten sich Prof. Dr. Alexander Koch von der Stiftung Deutsches Historisches Museum und Dr. Rüdiger Kass von der Otto-von-Bismarck-Stiftung.

200. Geburtstag Otto von Bismarck
Wolfgang Schäuble (ganz links) übergibt die ersten 10-Euro-Gedenkmünzen und 62-Cent-Briefmarken
200. Geburtstag Otto von Bismarck
Sonderpostwertzeichen "200. Geburtstag Otto von Bismarck"
Ein besonderes Bonbon war die Übergabe der 10-Euro-Gedenkmünze sowie des Sonderpostwertzeichens - umgangssprachlich Briefmarke - zum 200. Geburtstag Otto von Bismarcks durch Wolfgang Schäuble.

Autor: Matthias Baumann