Flankiert wurde dieser Duktus der heutigen Veranstaltung "Suchmaschinen zwischen Neutralität, Eigenoptimierung und Marktdominanz - Welche Regeln braucht das Netz?" in der Landesvertretung Rheinland-Pfalz durch das einleitende Video des Open Internet Project. Darin wurde reklamiert, dass Google seine marktbeherrschende Stellung zur Lancierung bezahlter oder eigener Angebote auf Kosten organischer Suchergebnisse misbrauche. Als der Held des Videos dann hilfesuchend zur EU Kommission schaute, ging ein spontanes Gelächter durch die Reihen der Internetunternehmer, Journalisten und Politiker.
Das Video bot eine Steilvorlage für die anschließende Schilderung der Frusterfahrungen des Visual Meta Chefs Robert M. Maier. Immerhin stehe im Koalitionsvertrag, dass Neutralität von Suchmaschinen zu verlangen sei und Ergebnisse diskriminierungsfrei präsentiert werden sollen. Google beherrsche nicht nur die Suchmaschinenlandschaft, sondern habe mit Gmail, YouTube und weiteren Angeboten bereits viele Internetdienstleistungen vereinnahmt. Ferner seien bereits 85% der aktuell ausgelieferten Smartphones mit dem Google-Betriebssystem Android ausgestattet.
Zur Untermauerung zeigte Robert M. Maier einen Screenshot mit Google-Maps-Hinweisen oberhalb der organischen Suchergebnisse. Es könne nicht sein, dass solche Eigendarstellungen insbesondere auf kleineren Displays erfolgen. Gerade dieses Chart mit den von uns als sehr praktisch erfahrenen Regionalverweisen erhärtete den Eindruck, dass Herr Maier hier eine private Rechnung mit Google begleichen wolle.
Beim Blick auf die Referentenliste fiel zudem auf, dass kein Google-Vertreter für die Vorträge oder die Podiumsdiskussion vorgesehen war. Bei der CDU-Medianight 2013 konnte wenigstens noch Dr. Haller von Google Deutschland einen Dialog mit seinen vier Kontrahenten auf dem Podium führen.
Suchmaschinen zwischen Neutralität, Eigenoptimierung und Marktdominanz - Welche Regeln braucht das Netz? |
Staatssekretär Björn Böhning (SPD) ging auf die Euphorie der Nutzer ein, die eine kritische Betrachtung verdecke.
Dr. Günter Krings MdB, Parlamentarischer Staatssekretär im Innenministerium, betrachtete den erheblichen Einfluss der Suchergebnisse auf die Entscheidungen des Nutzers. Das betreffe inzwischen den Kauf des Autos, das Ziel für die Urlaubsreise oder politische Ausrichtungen. Über Google angebotene Suchmöglichkeiten für Shopping, allgemeine Informationen und News hätten einen dramatischen Einfluss auf die Meinungspluralität. Da sich ein Großteil der Bevölkerung inzwischen auf die Dienste von Google verlasse, sei es ein integraler Bestandteil der Infrastruktur geworden, der deshalb staatlich reguliert werden müsse.
Nach einer kurzen Podiumsdiskussion wurde das Mikrofon für Fragen aus dem Publikum freigegeben. Der gefährlichste Moment im Leben eines Moderators. Werden doch gerade diese Situationen gerne für Koreferate genutzt.
Es meldete sich Sabine Frank. Leiterin der Abteilung Regulierung/Jugendschutz/Medienkompetenz bei Google. Sie zeigte sich "irritiert über das Vorgehen hier". Google sei nicht als Diskussionspartner eingeladen worden, stehe hier aber durchweg in der Kritik. Sie wurde begleitet von Google-Anwältin Julia Holtz, die auf einige Details der Anschuldigungen einging. Dabei wurde sie immer wieder von Robert M. Maier unterbrochen. Die klare Antwort war, dass Google den Nutzern Informationen geben und nicht Traffic auf Webseiten erzeugen wolle.
Es wurde noch einmal deutlich gemacht, dass Google sich in einem harten Wettbewerb behauptet hatte und immer wieder neu an dieser Marktposition feilen müsse. Man finanziere sich durch Werbung und platziere deshalb entsprechende Inhalte an repräsentativer Stelle. Dennoch arbeite man beständig an der Optimierung der Suchalgorithmen, um den Nutzern wertige Ergebnisse zu liefern. Die Nutzer seien nicht dumm. Wenn Google nur Werbung und minderwertige Ergebnisse liefern würde, wären sie bald kein Marktführer mehr.
Im Jahr laufen etwa 1.000 Experimente und es gebe durchschnittlich zwei Neuerungen pro Tag. Man habe sogar die Algorithmen nach Brüssel einsenden müssen, wo sie geprüft und für "unproblematisch" befunden wurden. Eine Regulierung habe immer eine Qualitätsminderung zur Folge, da sich technische Neuerungen in keinem praktikablen Verhältnis zu politischen Entscheidungsprozessen entwickeln lassen.
Autor: Matthias Baumann